Gesundheit!– Zecken im Wallis

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Gesundheit! – Zecken im Wallis
Schon seit geraumer Zeit ist klar – Zecken sind auch im Wallis eine Gefahr. Ihr Stich kann unbemerkt bleiben und schmerzlos sein,
doch kann er tragische Folgen haben. Infizierte Zecken können nämlich die Krankheiten Frühsommer-Meningoenzephalitis FSME und
Borreliose übertragen. Antoine Gessler (dt. Text Karin Gruber)
Die schönen Sommertage locken wieder zahlreiche Spaziergänger und
Wanderer hinaus in die Natur. Das
Picknick sicher im Rucksack verstaut
und die Wanderkarte fest in der Hand,
ziehen sie durch Wälder, über Feld und
Flur. Häufig werden sie von einem
Hund begleitet, der im Zickzack hin
und her und vor und zurück rennt, angezogen von Tausenden spannenden
Gerüchen. Doch auch Hund und
Mensch verströmen ihren Geruch, der
für kleine Bewohner des Unterholzes
nicht nur interessant, sondern verlockend und appetitanregend wirkt. Nahezu unbemerkt hält sich Ixodes ricinus, besser bekannt als Zecke, an vorübergehenden Spaziergängern und Tieren fest, die ihren Aussichtsplatz
streifen. Sobald sie an ihrem Opfer
Halt gefunden hat, sucht sich die Zecke eine passende Haut- oder Fellstelle,
ritzt mit ihren Kieferklauen die Haut
auf und bohrt ihren Stachel hinein,
um ihre Blutmahlzeit zu beginnen. Bei
diesem Saugvorgang gibt die Zecke
Speichel in die offene Wunde ihres
Wirts. Dieser Speichel enthält zahlreiche Enzyme, die beispielsweise die
Blutgerinnung hemmen oder das
Schmerzempfinden lindern, damit der
Wirt die Zecke nicht bemerkt. Bei Zecken, die mit Viren oder Bakterien infiziert sind, können über diesen Speichel aber auch Krankheiten übertragen werden. Dr. Olivier Péter, Biologe
und stellvertretender Chef der Abteilung für Infektionskrankheiten im
Zentralinstitut der Walliser Spitäler,
kennt sich bestens mit diesen kleinen,
gefährlichen Blutsaugern aus.
Dr. Péter, wann ist «Zecken-Hochsaison»?
Die eigentliche Hochsaison der Zecken
fällt genau mit der Zeit zusammen, in
der sich die Menschen wieder vermehrt draussen aufhalten. Wenn die
Natur nicht mit Schnee bedeckt ist,
sind Zecken aktiv, sobald die Temperatur 7 Grad übersteigt. Zecken kommen
in der Schweiz auf bis zu einer Höhe
von 1500 Metern über Meer vor, weshalb sie auch jetzt Anfang Sommer ei-
ne Gefahr darstellen können. Sie lieben Feuchtigkeit und Wärme. Daher
sind sie beispielsweise auch nach einem Regentag im Sommer besonders
aktiv.
Was für Krankheiten können
Zecken übertragen?
Zecken können über 50 verschiedene
Krankheiten übertragen, die bekanntesten sind jedoch Frühsommer-Meningoenzephalitis (kurz FSME oder Zecken-Hirnhautentzündung) oder die
Lyme-Krankheit (auch Lyme-Borreliose oder nur Borreliose genannt). Der
FSME-Erreger ist ein Virus, der Erreger
von Borreliose hingegen ist ein Bakterium. Infizierte Zecken übertragen
diese Viren oder Bakterien während
des Blutsaugens auf ihren Wirt. Zecken gehören zur Gattung der Milben
und durchlaufen nach dem Schlüpfen
drei Entwicklungsstadien: Larve, Nymphe, Adult. Sie benötigen in allen Entwicklungsstadien Blut. Während ihrer
Entwicklung suchen sie sich verschiedene Wirte, von deren Blut sie sich ernähren können. Dabei kann es zur
Übertragung von Krankheiten zwischen diesen Wirten kommen. FSME
ist im Prinzip auf kleine geografische
Herde begrenzt, die sich vor allem im
Nordosten der Schweiz befinden. Borreliose-infizierte Zecken hingegen gibt
es unterhalb von 1500 Höhenmetern
nahezu überall.
Wie sieht es im Wallis aus?
Während einer Studie, die der Bund
2009 hat durchführen lassen, wurden
im Wallis zufälligerweise zwei Herde
von
Zecken-Hirnhautentzündung
(FSME) entdeckt: der eine in der Region
Pfyn, der andere in der Gegend von Raron. Dem Kanton waren im Laufe der
vergangenen zwanzig Jahre rund ein
Dutzend Krankheitsfälle gemeldet
worden, doch konnte immer bewiesen
werden, dass sich die Patienten zuvor
in einer Gegend aufgehalten hatten, in
der die Krankheit weit verbreitet ist.
Wir sind nicht sicher, ob die im Wallis
entdeckten Herde schon lange existieren. 2010 haben wir die Suche nach
weiteren Infektionsherden ausgebreitet, seither aber nichts mehr gefunden.
2011 konnten wir die stabile Präsenz
der beiden erfassten Herde bestätigen
und zudem zwei weitere in derselben
Region entdecken. Diese Suche kann
sich als sehr schwierig gestalten, da
man zwanzig Meter an einer betroffenen Zone vorbeilaufen kann, ohne etwas zu finden. Es ist sehr wichtig, die
Bevölkerung darüber zu informieren,
dass in der Region zwischen Visp und
Siders das Risiko besteht, sich über einen Zeckenstich mit FSME anzustecken. Die Studie im Kanton Wallis
wird Ende 2013 abgeschlossen werden.
Bis dahin hoffen wir, Indikatoren zu
finden, um zu bestimmen, ob sich die
infizierten Herde ausbreiten oder sich
nur wenig bewegen.
Gibt es viele infizierte Zecken?
Weniger als 1% der Zecken sind Trägerinnen des FSME-Virus. Die Verbreitung des Virus ist auf gewisse Herde
beschränkt. Borreliose hingegen ist
überall in der Schweiz verbreitet.
Man geht davon aus, dass 25% der Zecken diese Bakterien in ihrem Darm
tragen.
Welche Symptome hat FSME?
Der Krankheitsverlauf von FSME ist
zweiphasig. Zuerst zeigt der Patient
grippeähnliche Symptome mit Fieber,
Kopf- und Gliederschmerzen. Der Organismus bildet Antikörper gegen dieses Virus, und für die meisten Betroffenen ist die Krankheit damit schon
überstanden. Bei rund 10% der infizierten Personen wird die Krankheit
jedoch in Phase 2 übergehen und das
Virus befällt das zentrale Nervensystem. Die Krankheit äussert sich dann
in der mildesten Form in einer Hirnhautentzündung, mit hohem Fieber,
Kopfschmerzen und Nackensteifheit.
Im schlimmsten Fall kann sich die
Krankheit bis zur Gehirnentzündung
verschlimmern und es kann zusätzlich zu Bewusstseins-, Sprach- und
Schluckstörungen, zu psychischen
Veränderungen oder zu Lähmungserscheinungen kommen. 2011 wurden
in der Schweiz 172 Fälle von FSME gemeldet. Leider gibt es keine ursächliche Therapie gegen FSME, d.h. sobald
die Krankheit ausgebrochen ist, gibt es
kein direktes Heilmittel dagegen. Man
kann nur versuchen, die Symptome zu
lindern. Die Sterblichkeitsrate liegt bei
1 bis 2%, doch die Krankheit kann erhebliche Folgeschäden hinterlassen.
Sie ist durchaus ernst zu nehmen.
Und Borreliose?
Drei Tage oder mehrere Wochen nach
dem Zeckenstich bildet sich rund um
die Stichstelle eine Rötung. Diese kann
sich ringförmig immer weiter ausbreiten und bis zu 60 cm Durchmesser erreichen. Da diese Rötung nicht
schmerzhaft ist, wird sie häufig nicht
ernst genommen. Nach einigen Wochen verschwindet sie wieder. Drei
Viertel der Betroffenen genesen in diesem Stadium. Die anderen werden Gelenkschmerzen verspüren und verschiedene neurologische Krankheitsanzeichen entwickeln, von Hirnhautentzündung über starke Schmerzen
bis hin zu Herzproblemen oder sogar
einer Gesichtslähmung. Die Symptome von Borreliose können enorm vielfältig sein, was auch eine direkte Diagnose der Krankheit erschwert. Wenn
sie rechtzeitig erkannt wird, lässt sich
Borreliose gut mit Antibiotika behandeln.
Wie kann man sich schützen?
Am besten und effizientesten ist es, ei-
ne FSME-Impfung machen zu lassen.
Diese wird in drei Dosen über sechs
Monate verabreicht. Der Schutz hält
zehn Jahre an. Gegen Borreliose gibt es
leider keine Impfung. Ganz allgemein
gilt es zu beachten, im Wald oder in
der Nähe von Unterholz lange, helle
Kleider zu tragen, um eventuelle Zecken besser zu erkennen. Die Kleider
und die Haut können mit einem AntiZeckenspray eingesprüht werden. Bleiben Sie im Wald in der Mitte des Weges
und versuchen Sie, Unterholz und Gräser nicht zu streifen – denn dort lauern
die Zecken auf ihr nächstes Opfer. Entgegen der landläufigen Meinung lassen sie sich nämlich nicht von Sträuchern fallen, sondern halten sich an
ihrem Wirt fest, wenn dieser beim Vorübergehen ihren Sitzplatz streift.
Meist halten sie sich im Schatten auf,
da sie 90% Feuchtigkeit benötigen.
Nach einem Spaziergang empfiehlt es
sich, seine Kleidung und seine Haut abzusuchen. Je rascher eine Zecke entfernt werden kann, desto geringer ist
das Risiko einer Infektion. Desinfizieren Sie auf jeden Fall die Stichstelle.
Suchen Sie auch ihre Haustiere nach
Zecken ab, denn wenn sich die Zecke
noch nicht festgebissen hat, kann sie
beim Streicheln des Tieres auf den
Menschen übergehen. Die Zecke ist in
der Wahl ihres Wirts nicht wählerisch:
Mensch, Hund, Katze, Pferd, aber auch
kleinere Säugetiere, Vögel und sogar
Eidechsen und Schlangen dienen ihr
als Wirt.
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