Freitag 23.1.2009

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Mathematik für Ingenieure I, WS 2008/2009
Freitag 23.1
$Id: folgen.tex,v 1.5 2009/01/26 11:02:37 hk Exp $
III. Analysis
§11
Reelle und komplexe Zahlenfolgen
11.2
Grenzwerte von Zahlenfolgen
Die vorigen beiden Beispiele divergenter Folgen, also an = (−1)n und an = sin(n) sind
dabei beschränkte Folgen. Unbeschränkte Folge, wie zum Beispiel an = n sind sowieso
immer divergent. Tatsächlich ist jede konvergente Folge auch beschränkt, es liegen ja
fast alle ihre Glieder nahe beim Grenzwert. Für Situation wie im Beispiel an = n,
ist es nützlich eine etwas verallgemeinerte Notation einzuführen. Diese Folge ist zwar
divergent, aber auf eine ganz andere Art als das Beispiel an = (−1)n . Wir führen hierzu
die Symbole −∞ und ∞ ein, und bilden die erweiterte Zahlengerade
R := R ∪ {−∞, ∞}.
Wir sagen, dass eine reelle Folge (an )n∈N gegen ∞ konvergiert, wenn es für jedes a ∈ R
ein n0 ∈ N mit an > a für alle n ≥ n0 gibt. Analog konvergiert (an )n∈N gegen −∞, wenn
es für jedes a ∈ R ein n0 ∈ N mit an < a für alle n ≥ n0 gibt. Trotzdem nennt man
die Folge weiterhin divergent, manchmal spricht man von einer bestimmt divergenten
Folge. Konvergiert die reelle Folge (an )n→∞ gegen ∞ oder −∞ und ist an 6= 0 für alle
n ∈ N, so ist (1/an )n∈N eine Nullfolge. Die Umkehrung gilt nicht, wie etwa die Folge
an = (−1)n n zeigt. Oft schreiben wir auch an → a anstelle von (an )n∈N konvergiert
”
gegen a“. Wenn wir wollen, können wir die Konvergenz komplexer Zahlenfolgen auf
diejenige reeller Zahlenfolgen zurückführen, für eine komplexe Zahlenfolge (an )n∈N gilt
nämlich:
h
i
lim = an ⇐⇒ lim Re(an ) = Re(a) ∧ lim Im(an ) = Im(a) .
n→∞
n→∞
n→∞
Für das Rechnen mit Grenzwerten sind die folgenden Rechenregeln nützlich:
Satz 11.2 (Rechenregeln für Grenzwerte)
Seien (an )n∈N und (bn )n∈N zwei konvergente Folgen.
(a) Die Folge (an + bn )n∈N ist konvergent mit
lim (an + bn ) = lim an + lim bn .
n→∞
n→∞
n→∞
(b) Für jedes c ∈ C ist die Folge (can )n∈N konvergent mit
lim (can ) = c · lim an .
n→∞
n→∞
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(c) Die Folge (an bn )n∈N ist konvergent mit
lim (an bn ) = lim an · lim bn .
n→∞
n→∞
n→∞
(d) Gelten limn→∞ bn 6= 0 und bn 6= 0 für alle n ∈ N, so ist auch die Folge (an /bn )n∈N
konvergent mit
lim an
an
lim
= n→∞ .
n→∞ bn
lim bn
n→∞
(e) Jede Teilfolge (ank )k∈N von (an )n∈N ist konvergent mit
lim ank = lim an .
n→∞
k→∞
(f ) Sind (an )n∈N , (bn )n∈N reelle Folgen und gibt es ein n0 ∈ N mit mit an ≤ bn für alle
n ≥ n0 , so ist auch
lim an ≤ lim bn .
n→∞
n→∞
Diesen Satz wollen wir hier nicht beweisen, sondern einige seiner Anwendungen diskutieren. Es wird sich herausstellen, dass wir für sehr viele konkrete Berechnungen
von Grenzwerten mit diesen Rechenregeln auskommen werden, auf die Definition eines
Grenzwerts werden wir uns, glücklicherweise, eher selten beziehen müssen. Betrachten
wir einmal den Grenzwert
2n3 − 7n + 5
lim
.
n→∞ 3n3 + 6n2 − n + 9
Wir würden hier natürlich gerne die Rechenregel (d) verwenden, nur ist diese für diesen
Grenzwert gar nicht zuständig, da weder im Zähler noch im Nenner konvergente Folgen
stehen. Dieses Problem kann man aber leicht beheben, wir erweitern den Bruch mit
1/n3 und erhalten
2 − n72 + n53
2n3 − 7n + 5
=
lim
.
n→∞ 3n3 + 6n2 − n + 9
n→∞ 3 + 6 − 12 + 93
n
n
n
lim
Jetzt wissen wir bereits, dass die Folge 1/n, und auch die Potenzen 1/n2 , 1/n3 gegen
Null konvergieren. Damit sagt Rechenregel (b), dass auch die Folge 7/n2 gegen 7 · 0 =
0 konvergiert, und ebenso sind alle die anderen Bruchterme in Zähler und Nenner
Nullfolgen. Die konstanten Folgen konvergieren schließlich trivialerweise gegen selbige
Konstante, und damit haben wir
7
5
7
5
lim
2
−
+
3
2
3
n
n
2 − n2 + n3
2n − 7n + 5
2
= .
lim
= lim
= n→∞
6
1
9
6
1
9
3
2
n→∞ 3n + 6n − n + 9
n→∞ 3 +
3
− n2 + n3
lim 3 + n − n2 + n3
n
n→∞
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Ein ähnliches Beispiel ist der Grenzwert
2n2 + 7n − 1
lim
n→∞
n3 − 5
nur das diesmal der Grad im Nenner größer als der im Zähler ist. Trotzdem führt hier
derselbe Rechengang zum Erfolg
7
2
1
+
lim
2
2 − n3
n
n
2n + 7n − 1
0
= = 0.
= n→∞
lim
5
3
n −5
1
lim 1 − n3
n→∞
Betrachten wir noch ein weiteres, diesmal etwas komplizierter wirkendes Beispiel
2n2 + sin(2n + 1)
.
n→∞ 3n3 − 6 cos(n2 )
lim
Da sich die Terme sin(2n + 1) und cos(n2 ) in einer schwer zu überschauenden Weise
verhaltem, erwartet man zunächst Probleme bei der Berechnung dieses Grenzwerts.
Trotzdem wird erneut der obige Rechenweg zum Erfolg führen, denn so kompliziert die
Sinus- und Cosinuswerte auch sind, sie bewegen sich doch alle nur zwischen −1 und
1. Insbesondere ist | sin(2n + 1)/n2 | ≤ 1/n2 und somit ist sin(2n + 1)/n2 , und ebenso
auch cos(n2 )/n2 , ein Nullfolge. Also haben wir diesmal
sin(2n+1)
sin(2n+1)
lim 2 + n2
2 + n2
2
2n2 + sin(2n + 1)
n→∞
= .
=
lim
lim
=
2)
2
3
2
cos(n
n→∞ 3 − 6
n→∞ 3n − 6 cos(n )
3
2
lim 2 − 6 cos(n )
n
n2
n→∞
Behandeln wir schließlich einen Fall in dem der Grad des Zählers größer als derjenige
des Nenners ist
n + n13
n4 + 1
lim
= lim
.
n→∞ 19n3 + 23n + 9
n→∞ 19 + 232 + 93
n
n
Um hier weiterzukommen müssen wir ausnutzen, dass die Rechenregeln für Grenzwerte
auch für Konvergenz gegen ±∞ gelten, solange nur Terme der Form
Reelle Zahl ± ∞, (Reelle Zahl 6= 0) · (±∞),
Reelle Zahl 6= 0
±∞
oder (±∞) · (±∞)
und Ähnliches auftauchen, also Ausdrücke deren Bedeutung unmißverständlich klar
ist, aber keine Terme wie 0/0 oder ∞ − ∞. Da im Beispiel der Zähler gegen ∞ und
der Nenner gegen 19 konvergieren haben wir
n + n13
n4 + 1
=
lim
n→∞ 19n3 + 23n + 9
n→∞ 19 + 232 +
n
lim
9
n3
=
∞
= ∞.
19
Allgemein führt das in den obigen Rechnungen verwendete Argument zu folgenden
Satz:
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Satz 11.3: Seien r, s ∈ N0 und a0 , . . . , ar , b0 , . . . , bs ∈ C mit ar 6= 0 und bs 6= 0. Für
den Fall s ≥ r gilt dann
(
ar
, r = s,
ar nr + ar−1 nr−1 + · · · + a0
br
lim
=
s
s−1
n→∞ bs n + bs−1 n
+ · · · + b0
0, s > r.
Sind dagegen a0 , . . . , ar , b0 , . . . , bs alle reell und haben wir s < r, so ist
(
∞,
ar bs > 0,
ar nr + ar−1 nr−1 + · · · + a0
=
lim
n→∞ bs ns + bs−1 ns−1 + · · · + b0
−∞, ar bs < 0.
Mit den genannten Rechenregeln kann man zwar bereits einen Gutteil der üblicherweise,
zumindest in Übungsaufgaben, vorkommenden Grenzwerte berechnen, aber nicht alle.
Ein komplizierteres Beispiel ist der Grenzwert
√
lim n n,
n→∞
der sich als 1 herausstellen wird. Um dies einzusehen beginnen wir mit der folgenden
Rechnung, die wieder auf der binomischen Formel des §3 beruht
n X
√
n √
n
n
( n n − 1)k .
n = (1 + ( n − 1)) =
k
k=0
√
Beachte das zumindest n n ≥ 1 ist, und damit sind alle Terme in der Summe auf der
rechten Seite nichtnegativ. Der Ausdruck verkleinert sich also wenn wir einige dieser
Terme fortlassen, und wir lassen hier alle, bis auf den quadratischen Term, weg. Dies
führt zu
n X
n √
n √
n(n − 1) √
k
n
( n n − 1)2 ,
n=
( n − 1) . ≥
( n n − 1)2 =
k
2
2
k=0
und dies können wir noch zu
0≤
√
n
r
n−1<
√
2
2
=√
n−1
n−1
√ √
√
umformen. Die Folge n n − 1 ist also stets zwischen
0
und
der
Nullfolge
2/ n − 1.
√
n
Der folgende Satz zeigt uns dann, daß damit auch n − 1 eine Nullfolge ist.
Satz 11.4 (Einschnürungssatz)
Seien (an )n∈N , (bn )n∈N und (cn )n∈N drei reelle Zahlenfolgen mit an ≤ bn ≤ cn für alle
n ∈ N, oder auch alle n ≥ n0 für eine natürliche Zahl n0 ∈ N. Die Folgen (an )n∈N und
(cn )n∈N seien konvergent mit demselben Grenzwert
a := lim an = lim cn .
n→∞
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n→∞
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Dann gilt auch
lim bn = a.
n→∞
√
n
n − 1 an. Diese wird von rechts durch die
Wir wenden√diesen
Satz
auf
die
Folge
b
=
n
√
Folge cn = 2/ n − 1 begrenzt. Aber wir haben auch eine sehr einfache Folge auf der
linken Seite,
√ nämlich die konstante Folge an = 0. Der Einschnürungssatz liefert folglich
limn→∞ ( n n − 1) = 0, und eine weitere Anwendung der Rechenregeln für Grenzwerte
ergibt dann
√
lim n n = 1.
n→∞
Weiter können wir nun auch limn→∞
c ≥ 1 haben wir nämlich
1≤
√
n
c≤
√
n
√
n
c = 1 für jede reelle Zahl c > 0 zeigen. Für
n für alle n ∈ N mit n ≥ c,
√
und der Einschnürungssatz liefert sofort limn→∞ n c√= 1. Den anderen Fall, also 0 <
c < 1 kann so leider nicht behandelt werden, da n c dann für jedes n ∈ N kleiner
als 1 ist. Wir können aber c = 1/(1/c) schreiben, und wegen 1/c > 1 ergeben die die
Rechenregeln für Grenzwerte dann erneut
lim
n→∞
√
n
1
c = lim q =
n→∞
n
1
c
1
lim
n→∞
q = 1.
n
1
c
Als ein letztes Beispiel in diesem Abschnitt wollen wir noch die Folge
an =
1
1+
n
n
behandeln. Wir haben bereits eingesehen, dass diese Folge streng monoton steigend
und nach oben beschränkt ist. Nun ist es eine Eigenschaft der reellen Zahlen, dass jede
solche Folge konvergiert, dies ist die sogenannte Vollständigkeit der reellen Zahlen. Bei
unserer Besprechung reeller Zahlen in §4 hatten wir die Axiome eines angeordneten
Körpers aufgelistet, und vermerkt das die reellen Zahlen all diese Axiome erfüllen, die
Axiome umgekehrt aber nicht ausreichen die reellen Zahlen zu beschreiben. Das noch
fehlende Axiom, durch das die reellen Zahlen dann festgelegt sind, ist das sogenannte
Vollständigkeitsaxiom:
Vollständigkeitsaxiom: Jede monoton steigende, nach oben beschränkte
Folge reeller Zahlen ist konvergent.
Dass dies eine Eigenschaft der reellen Zahlen ist, ist anschaulich klar
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an
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M
sup a n
n
Dass die Folge nach oben beschränkt ist, bedeutet das sie stets unterhalb einer gewissen
Schranke M verläuft. Zugleich soll die Folge monoton steigend sein, wird also ständig
größer. Da sie nicht über die Zahl M hinauslaufen kann, muss sie sich letztlich einem
größtmöglichen annähern. Der Grenzwert der Folge stellt sich dann als die bestmögliche
obere Schranke der Folge heraus, das sogenannte Supremum der Folge.
Die hier gegebene Form des Vollständigkeitsaxioms ist nicht die üblicherweise verwendete Formulierung, aber zu dieser äquivalent. Normalerweise formuliert man das
Vollständigkeitsaxiom in Termen oberer und unterer Schranken von Mengen reeller
Zahlen mit dem Begriff des Supremums, den wir in dieser Vorlesung an dieser Stelle noch nicht einführen wollen. Die Formulierung in Termen von monoton steigenden
Folgen ist für uns an zunächst auch etwas bequemer als die übliche Formulierung.
Durch Übergang zur Folge (−an )n∈N folgt aus dem Vollständigkeitsaxiom auch, dass
jede nach unten beschränkte, monoton fallende reelle Folge konvergent ist. Insbesondere
ist jede monotone und beschränkte reelle Zahlenfolge konvergent. Folglich existiert auch
der Grenzwert
n
1
e = lim 1 +
,
n→∞
n
und es stellt sich heraus, dass dieser mit der eulerschen Zahl e = 2, 71828... identisch
ist.
11.3
Häufungspunkte und Cauchyfolgen
Wir hatten bereits eingangs bemerkt, dass Folgen weniger für rechnerische Anwendungen, sondern mehr als Hilfsmitteln in Beweisen, und für Überlegungen innerhalb der
Mathematik verwendet werden. Auf die beiden in diesem Abschnitt behandelten Begriffe, Häufungspunkte und Cauchyfolgen, trifft dies in nochmals verstärkter Form zu.
Daher wollen wir diese Begriffe auch nur kurz und nicht sehr ausführlich behandeln.
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Wir kommen noch einmal zum Beispiel der Folge an = (−1)n zurück. Diese wechselt
ständig zwischen −1 und 1 hin und her, konvergiert aber gegen keine dieser beiden
Zahlen. Trotzdem würde man natürlich am liebsten sagen, dass sie gegen beiden Zahlen
zugleich konvergiert. Einen derartigen Begriff gibt es tatsächlich man spricht nur nicht
mehr von Grenzwerten, sondern von sogenannten Häufungspunkten.
Definition 11.6: Sei (an )n∈N eine Folge. Ein Häufungspunkt von (an )n∈N ist eine Zahl
a ∈ C für die eine gegen a konvergente Teilfolge (ank )k∈N existiert. Im Fall einer reellen
Folge lassen wir auch −∞ und ∞ als Häufungspunkte zu.
Eine konvergente Folge hat genau einen Häufungspunkt, nämlich ihren Grenzwert.
Dies trifft auch auf reelle Folgen, die gegen ±∞ konvergieren zu. Andere Folgen können
mehrere Häufungspunkte haben. Beispielsweise hat die Folge an = (−1)n genau zwei
Häufungspunkte nämlich −1 und 1, die Häufungspunkte sind hier also wirklich die
beiden Grenzwerte“ der Folge. Ebenso hat die Folge an = (−1)n n genau die beiden
”
Häufungspunkte −∞ und ∞. Eine Folge kann durchaus auch unendlich viele Häufungspunkte haben. Es stellt sich beispielsweise heraus, daß jede reelle Zahl zwischen −1 und
1 ein Häufungspunkt der Folge (sin(n))n∈N ist.
Es stellt sich heraus, daß eine reelle Zahlenfolge immer Häufungspunkte hat (hierfür
brauchen wir das −∞ und ∞ als Häufungspunkte zugelassen sind), dies ist der sogenannte Satz von Heine-Borel. Wir können damit für jede reelle Zahlenfolge die folgenden beiden Zahlen definieren:
Definition 11.7: Sei (an )n∈N eine reelle Zahlfolge. Dann heißt der kleinste Häufungspunkt von (an )n∈N der Limes Inferior der Folge, und der größte Häufungspunkt heißt
der Limes Superior, geschrieben als
lim inf an
n→∞
und
lim sup an .
n→∞
Beispielsweise sind
lim inf (−1)n = −1,
lim sup(−1)n = 1,
n→∞
n→∞
lim inf (−1)n n = −∞, lim sup(−1)n n = ∞,
n→∞
n→∞
lim inf sin(n) = −1,
n→∞
lim sup sup(n) = 1.
n→∞
Für viele theoretische Überlegungen zu Folgengrenzwerten ist der Begriff der Cauchyfolge entscheidend. Vom rein rechnerischen Standpunkt aus gesehen, ist dieser Begriff
nicht besonders bedeutsam, daher werden wir ihn hier nur sehr kurz besprechen.
Definition 11.8: Eine Folge (an )n∈N heißt eine Cauchyfolge, wenn es für jedes > 0
einen Index n0 ∈ N mit |an − am | < für alle n, m ∈ N mit n, m ≥ n0 gibt.
Es stellt sich dann heraus, daß Cauchyfolgen überhaupt dasselbe wie konvergente
Folgen sind:
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Satz 11.5 (Vollständigkeit der reellen und komplexen Zahlen)
Eine Zahlenfolge ist genau dann konvergent, wenn sie eine Cauchyfolge ist.
Der Vorteil von Cauchyfolgen ist, dass man die Bedingung an eine Cauchyfolge nachprüfen kann, selbst wenn der Grenzwert der Folge nicht bekannt ist. Man kann dann
also die Konvergenz einer Folge beweisen, selbst wenn man ihren Grenzwert nicht kennt.
Den Beweis des Satzes wollen wir hier nicht vorführen, sondern nur eine kurze Zusammenfassung der Argumentation angeben. Dass jede konvergente Folge eine Cauchyfolge
ist, ist einfach. Liegen nämlich für große n alle Folgenglieder an nahe beim Grenzwert,
so liegen sie auch nahe beieinander. Die eigentliche Arbeit liegt darin, zu zeigen das
eine Cauchyfolge (an )n∈N einen Grenzwert hat. Zuerst überlegt man sich dazu das eine Cauchyfolge beschränkt sein muss. Dann kann man zeigen, dass eine beschränkte
Folge immer einen von ∞ und −∞ verschiedenen Häufungspunkt hat. Damit gibt es
einen Häufungspunkt a ∈ C der Folge, und es läßt sich zum Schluß einsehen, dass ein
Häufungspunkt einer Cauchyfolge bereits ein Grenzwert sein muss.
Da für uns Cauchyfolgen wie gesagt erstmal nicht besonders wichtig sind, wollen
wir diesen Abschnitt nun mit einer kleinen Bemerkung zur Definition einer Cauchyfolge
abschließen. Es reicht nicht aus, dass die Abstände direkt
√ aufeinanderfolgender Folgenglieder klein werden. Betrachte etwa die Folge an = n. Diese ist nicht konvergent,
also sicherlich keine Cauchyfolge. Für jedes n ∈ N haben wir andererseits
√
√
√
√
√
√
1
( n + 1 + n) · ( n + 1 − n)
√
=√
n+1− n=
√
√ ,
n+1+ n
n+1+ n
und somit ist
√
√
lim ( n + 1 − n) = 0.
n→∞
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