Biologische Vielfalt - Nutzökosystem Grünland

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Department für Agrarökonomie
und Rurale Entwicklung
Biologische Vielfalt
‐ Nutzökosystem Grünland
Rainer Marggraf , Sandra Rajmis, Jan Barkmann
& Micha Stracks
Inhalt
I
II
III
IV
Politikrelevanz
Analyse des ökonomischen Werts von artenreichem Grünland
In‐Wert‐Setzung durch Agrarumweltprogramme
Fazit
I
Politikrelevanz
Europäisches Agrarmodell: Multifunktionalität der Landwirtschaft
Landwirtschaft erbringt vielfache gesellschaftliche Leistungen
Dies rechtfertigt eine politische und finanzielle Unterstützung der Landwirtschaft
Stellt der Erhalt artenreichen Grünlands eine gesellschaftliche Leistung dar, die staatlicherseits unterstützt werden muss?
Ökonomische Antwort:
Die Gesellschaftsmitglieder selbst sollen bestimmen, ob und inwieweit der Erhalt artenreichen Grünlands eine gesellschaftliche Leistung darstellt Die Auffassungen dazu unterscheiden sich
Mit dem Erbringen einer gesellschaftlichen Leistung ist notwendigerweise ein Verzicht auf andere gesellschaftliche Leistungen verbunden ( Opportunitätskosten) Staatliche Zahlungen für artenreiches Grünland müssen ihr Geld wert sein
II Analyse des ökonomischen Werts von artenreichem Grünland
• Die Gesellschaftsmitglieder selbst sollen bestimmen, ob und inwieweit der Erhalt artenreichen Grünlands eine gesellschaftliche Leistung darstellt
• Dabei wird die Wertschätzung der Gesellschaftsmitglieder für den Erhalt des artenreichen Grünlands gemessen (= ökonomische Bewertung)
Ökonomische Bewertung
• Die Bewertung fokussiert dabei auf Veränderungen der Biodiversität und ihrer Leistungen, nicht auf die Biodiversität als solches
• D.h. die Messung der Wertschätzung der Gesellschaftsmitglieder bezieht sich auf Veränderungen gegenüber dem Status Quo €
€
Untersuchungsgebiet
Naturparkregionen Thüringer Schiefergebirge und Frankenwald
Im Netzwerk der 50 EUROPARC ‐Schutzgebiete zum Nachhaltigen Tourismus Aufbau des Fragebogens
– Wissensfragen zu Wiesen und Weiden – Informationen zu den Ökosystem‐Dienstleistungen des Grünlandes an Befragte
– Erhebung der Wertschätzung für ökosystemare
Dienstleistungen des Grünlands
– Erhebung von soziodemographischen Eigenschaften der Befragten
– Werthaltungen und Moralische Überzeugungen
Empirische Studie
•
•
•
•
Qualitative Vorstudie (n = 10) 2008
Pre‐test Interviews (n = 48) 2008
Pilotstudie (n = 117) 2008
Hauptstudie (n = 310) 2009
– Zweistufige Zufallsstichprobe nach PPS (= probability proportional to size)
Bewertet wurden Veränderungen der Ökosystem‐
Dienstleistungen des Grünlandes im Hinblick auf:
• Ästhetische bzw. kulturelle Leistungen (Freizeit & Tourismus)
– Vielfalt an Wiesenblumen
• Leistungen der Versorgung Trinkwasser
• Regulierende Leistungen: Ökologische Stabilität durch Artenvielfalt – Vorsorge/Schutz vor Umweltveränderungen
Des weiteren wurden untersucht:
• Leistungen des Naturschutzes
– gefährdete Arten/Biotope Schutz vor invasiven Arten
• Weitere „kulturelle Leistungen“: – Erhalt von traditionellen Haustierrassen (genetische Vielfalt)
Moralische Überzeugungen Strack & Gennerich (unpublished); Witte & Doll (1995)
• Utilitarismus
– Bei rationaler Überlegung ist klar, dass es langfristig für alle so besser ist
• Intuitionismus
– Gefühlsmäßig liegt mir diese Entscheidung einfach näher
• Hedonismus
– Persönlich geht es mir so am besten
• Deontologie
– Es ist die Pflicht jedes Menschen so zu handeln
• Partikularismus
– Von meiner Situation her bin ich an diese Entscheidung gebunden
Wertekreis nach Schwartz (1992)
Self Transcendence
Universalism
Benevolence
spiritual life
inner
social
harmony justice
equality
Diese Person glaubt, dass Menschen sich um die Natur kümmern sollten. Naturschutz ist für sie wichtig.
Self ‐
direction
unity with
nature
broadminded
freedom
curious
Openess
forgiving
world help‐
honest
at peace full
self‐
devout
Tradition
respect for Sense of life
world of tradition
honoring true love
beauty
responsible of parents
accepting obedient portion in life
wisdom
politeness
true friendship
moderate
creativity
loyal
independent
discipline
social order families security
self‐respect
clean
choose own goals
national security
intelligent
healthy
capable
successful‐
exciting life
daring
social recognition
preserving public image
ambitious
enjoying life
pleasure
influential
authority
wealth
social
power
Hedonism
Achievement
Self-Enhancement
Conservation
reciprocity of favours
sense of belonging
varied life ‐
Stimulation
humble detachment
Power
Security
Wertepyramide nach Rokeach (1968)
Werte
Einstellungen
Verhaltensabsicht
Hier: Zahlungsbereitschaft
Ergebnisse
Foto: J.Heimann
Ergebnisse zur Wertschätzung
85
55
66
38
9
Foto: J Heimann
Ergebnisse zu persönlichen Werten
Erhalt traditioneller Haustierrassen
Self Transcendence
Universalism
Benevolence
spiritual life
inner
social
harmony justice
equality
Self ‐
direction
broadminded
freedom
Ökologische Stabilität durch Pflanzenvielfalt
curious
Openness
humble detachment
world help‐
honest
at peace full
self‐
devout
Tradition
respect for Sense of life
world of tradition
honoring true love
beauty
responsible of parents
accepting obedient portion in life
wisdom
politeness
true friendship
moderate
creativity
loyal
independent
discipline
social order families security
self‐respect
clean
choose own goals
national security
intelligent
healthy
capable
successful‐
exciting life
daring
social recognition
preserving public image
ambitious
enjoying life
pleasure
Conservation
reciprocity of favours
sense of belonging
varied life ‐
Stimulation
Ästhetische und kulturelle Leistungen
unity with
nature
forgiving
Security
influential
authority
wealth
social
power
Hedonism
Achievement
Self-Enhancement
Power
Trinkwasser‐
Bereitstellung
Ergebnisse zu ethischen Prinzipien
• Präferenzen für ökosystemare
Dienstleistungen werden auch hedonistisch, intuitionistisch und deontologisch begründet
• Die Befragten unterscheiden kaum zwischen den verschiedenen Umweltleistungen • Ethik gegenüber Umweltleistungen an sich?
Fazit zur ökonomischen Bewertung artenreichen Grünlands
• Wertschätzung für ökosystemare Dienstleistungen im Grünland spiegelt Nachfrage der Gesellschaft nach artenreichem Grünland wider • Unterscheidung der Dienstleistungen
• Ethische Aspekte und Werte spielen eine Rolle bei der Wertschätzung, Befragten haben keine rein utilitaristischen Motive
• Daher sollten ethische Aspekte und Werte in Studien zur ökonomischen Bewertung von Biodiversität und Ökosystem‐Dienstleitungen berücksichtigt werden
III
In‐Wert‐Setzung durch Agrarumweltprogramme
• ökonomischer Wert und kommerzieller Wert unterscheiden sich „um Lichtjahre“
• Agrarumweltpolitik zur Sicherung des Erhalts von artenreichem Grünland notwendig
• Drei wünschenswerte Eigenschaften:
– Es muss sichtbar werden, dass ein gesellschaftlicher Bedarf an dem Erhalt artenreichen Grünlands besteht
– Der Erhalt dieses Grünlands durch Landwirte muss als gesellschaftliche Leistung anerkannt werden
– Es muss ein Anreiz bestehen, die Opportunitätskosten des Erhalts zu minimieren
• Wenn eine gesellschaftliche Leistung auf einem idealen Markt gehandelt wird, sind diese Bedingungen erfüllt
• Lässt sich ein marktanaloges Agrarumweltprogramm für die In‐Wert‐
Setzung artenreichen Grünlands konstruieren?
• (Wie) lassen sich die vier Komponenten (Nachfrage, Angebot, Güter, Preis) so konkretisieren, dass die positiven Wirkungen eines idealen Marktes eintreten?
Northeim Modell
Regionaler Beirat
Vertreter/innen von …
•
Regionalpolitik (Kreistagsmitglieder per Beschluss)
•
Administration (Untere Naturschutzbehörde, Landwirtschaftskammer)
•
Grundbesitzern (Jagdgenossenschaften, Kirchenkreistag
•
Verbänden (Naturschutzverbände, Niedersächsischer Landvolkverband
Entscheidungen über Güter
Entscheidungen über Wettbewerbsprozess
Ökologisches Gut
Honorierungskriterien
Grünland I
Kräuterartenanzahl  8 / 12,6 m2
Grünland II
1. Kräuterartenanzahl  8 / 12,6 m2
2. Unter diesen (mindestens) 8 Kräuterarten befinden sich in jeder Kontrollparzelle mindestens 2 Arten des Zielartenkatalogs
Grünland III
1. Kräuterartenanzahl  8 / 12,6 m2
2. Unter diesen (mindestens) 8 Kräuterarten befinden sich in jeder Kontrollparzelle mindestens 2 Arten des Zielartenkatalogs 3. In  50 % der Kontrollparzellen befinden sich  4 Arten des Zielartenkatalogs Struktur des Marktprozesses
1. Ausschreibung / Nachfrage
Regionaler Beirat Northeim (Nachfrage‐
katalog)
2. Schlagbezogene Angebote
3. Zuschläge / Absagen
Landwirte als Anbieter ökologischer Güter (artenreiches Grünland)
4. Auszahlung nach Kontrolle
Quelle: Groth 2006
In‐Wert‐Setzung des artenreichen Grünlandes: das Northeim‐Modell
Erfolgreiche Umsetzungsphase
Ausschreibung 2005
Ausschreibung 2006
Angebote
Gut 1
Gut 2
Gut 3
Gut 1
Gut 2
Gut 3
Gesamtfläche (ha)
221,2
53,3
37,0
340,7
82,6
31,6
Mindestgebot (€ ha ‐1)
40
55
100
25
75
150
Höchstgebot (€ ha ‐1)
250
300
350
160
300
450
Mittelwert (€ ha ‐1)
100,9
141,7
202,8
93,9
147,7
257,4
Summe der Angebote
20.385,60
6.974,00 6.388,30 32.482,40
11.489,30
7.509,50
Budgetverteilung*
16.000
7.000
8.667
8.667
7.000
8.667
*Vor Ausschreibungsbeginn festgelegte Budgetverteilung auf die verschiedenen Güter. Nicht ausgeschöpfte Teilbudgets wurden durch Beiratsbeschluss auf andere Güter übertragen
• „Güter“  Ergebnisse, nicht Handlungen
• „Nachfrage“  Gesellschaft, nicht Experten, Verwaltung
• „Angebot“  Landwirte als Unternehmer, nicht als Subventionsempfänger
• „Preis“  Resultat eines Wettbewerbsprozesses, keine (Einheits‐) Prämie
IV Fazit
• Artenreiches Grünland hat einen ökonomischen Wert
• Der ökonomische Wert artenreichen Grünlands muss durch Agrarumweltprogramme in Wert gesetzt werden
• Diese Programme müssen und können im „doppelten“ Sinn dezentral (regional + marktanalog) gestaltet werden
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!
Foto: J. Heimann
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