Flüssiges Gold in den Adern - Freiburger Akkordeon Orchester

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20. Mai 2014
Flüssiges Gold in den Adern
Beim aktuellen Freiburger Mehrklang-Festival wurde ein breites Spektrum an
zeitgenössischer Musik geboten .
Zeitgenössische Musik im Planetarium? Eine überraschende Kombination. In diesem Fall war
es naheliegend: Das Mehrklang-Festival begann mit einer Aufführung von Stockhausens
"Tierkreis", bei dem die Besucher die Sternzeichen, um die es in der Komposition geht,
direkt vor Augen hatten. Stockhausen hat den zwölf Sternzeichen je einen der zwölf Töne
der chromatischen Tonleiter zugeordnet und Melodien geschrieben, die um den jeweiligen
Ton kreisen. Mike Svoboda (Posaune) und Michael Kiedaisch (Percussion) improvisierten bei
ihrer Interpretation nicht nur über das gegebene Material, sondern gleichzeitig auch mit
verschiedenen Instrumenten und Spieltechniken und erzeugten dabei spannende Effekte.
Während im Planetarium das Licht langsam gedimmt wurde, baute Kiedaisch eine
Geräuschkulisse auf, die etwa an einen Sonnenuntergang in der Savanne erinnerte. Für den
"Löwen" erzeugte Svoboda ein furioses Brüllen. Bei den Übergängen zwischen den
Tierkreiszeichen kamen jazzige Elemente zum Tragen. Im Zeichen des "Schützen" endete der
Zyklus mit eruptiver Virtuosität.
Während diese Sternstunde" im Planetarium ein Novum darstellte, hat sich die
"Klangentdeckungstour" durch die Brauerei Ganter schon bewährt. Auch diesmal lohnte sich
der Abstieg in die Kellergewölbe. Das Freiburger Schlagzeugensemble ging voraus und wies
mit einem "Carillon" von John Cage den Weg. Im Sudhaus improvisierte Klaus Burger und
entlockte seiner Tuba Obertöne und Mehrklänge. Bemerkenswert auch der Auftritt des
Freiburger Akkordeonorchesters, das neben Cage eine groteske Tango-Fantasie von Jukka
Tiensuu beisteuerte. Die Tour endete im Kesselhaus mit dem "Télégramme de Dakar" des
Freiburger Komponisten Robert C. Bauer, dargeboten von Joanne Calmel (Mezzosopran) und
Nenad Ivanović (Akkordeon).
Eine weitere Neuheit des Festivals stellte das Format "Extreme Erfahrung" da: Im Rahmen
zweier Konzertabende traten Menschen auf, die auf extreme Situationen oder
Entscheidungen zurückblicken, und erzählten von diesen Erfahrungen. So berichtete ein
ehemaliger Soldat aus der Armee Sadam Husseins, wie er sich in den Wüstensand vergrub,
um sich vor Panzern zu verstecken. Burger wiederum erzählte bei seinem zweiten FestivalAuftritt auf charmante Weise, was die Gründe dafür sein könnten, dass er barfuß läuft.
Insgesamt wirkten hier gerade die Erzählungen besonders gelungen, die nicht ästhetisch
überformt waren.
Ein Glücksfall war die Wahl des Kunstvereins für den zweiten dieser beiden Konzertabende.
Die von Ensemble Aventure und Freiburger Schlagzeugensemble subtil interpretierten Stücke
wie Cages "Five" oder James Tenneys "Koan: Having Never Written A Note For Percussion"
entfalteten eine starke Wirkung. Gerade mit der aktuellen Ausstellung, den streng und
klassisch gehängten Bildern von Mark Grotjahn ergaben sich Interferenzen. Ein Stück aus
Bernardo Kuczers Tonband-Zyklus "Civilizacíon o Barbarie" bildete den dramaturgischen und
dynamischen Höhepunkt, der schon allein wegen der extremen Lautstärke unter die Haut
ging. Da ist ein neues Klangerlebnis da. Bernhard Wulff, der das Festival mit Beate Rieker,
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