NS-Zwangsarbeit Sprockhof Stand 10.2015

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Der Zwangsarbeitereinsatz in Sprockhof
Kriegsgefangene
In Sprockhof arbeiteten ab 1940 zunächst mindestens zwei Kriegsgefangene des in Elze
stationierten polnischen Arbeitskommandos 380 für den landwirtschaftlichen Betrieb Peters. Später
waren es dann belgische und französische Kriegsgefangene des ebenfalls in Elze untergebrachten
Arbeitskommandos 1045. So arbeitete jeweils ein Belgier bei den Landwirten Giesemanns, Hemme,
Münkels, Rahlfs und Töns.
Die Tochter des Landwirtes H. hatte eine Liebesbeziehung mit dem auf dem Hof der Familie
eingesetzten Franzosen.
Das „Merkblatt über die Behandlung der im Reichsgebiet eingesetzten fremdvölkischen
Arbeitskräfte auf Grund der bis zum 31.12.1942 ergangenen Erlasse des Reichsführers SS und
Chefs der Deutschen Polizei“ verfügte, daß der Geschlechtsverkehr und Liebesverhältnisse
zwischen Reichsdeutschen, sowie Volksdeutschen und Angehörigen nichtgermanischer Völker, zu
denen nach der rassistischen Doktrin der Nationalsozialisten neben Belgiern, Bulgaren, Kroaten,
Rumänen, Slowaken, Spaniern und Ungarn auch Franzosen gehörten, unerwünscht und zu
unterbinden sei. Flog so ein Verhältnis auf, erfolgte eine Anzeige bei der Ortspolizeibehörde, dem
Ortsgruppenleiter und der Geheimen Staatspolizei (Gestapo). Oft wurde die Frau zunächst noch
gedemütigt, indem ihr meist vom örtlichen Friseur, öffentlich der Kopf kahlrasiert wurde.
Anschließend wurde sie, begleitet von Schaulustigen und Parteiorganen der NSDAP, durch den Ort
ins Gefängnis oder den Karzer geführt. Nach der Vernehmung mit oft begleitender Folter durch die
Gestapo erfolgte später vor dem zuständigen Sondergericht ein Prozeß wegen Verbrechens gegen
§ 4 der Verordnung zum Schutze der Wehrkraft des deutschen Volkes vom 25.11.1939. Die Frau
wurde mit Zuchthaus und Ehrverlust, ihr ausländischer Partner mit KZ-Haft wenn nicht gar mit dem
Tode bestraft.
Im Sprockhofer Fall gelang es den Eltern aber anscheinend, den Urheber der Schwangerschaft ihrer
Tochter verheimlichen zu können, da diese keine Sanktionen für das Paar nach sich zog.1
Zwangsarbeiter auf dem Hemme-Hof
Etwa ab August 1940 mußte der Wallone Roger Gérard beim Landwirt Hemme arbeiten. Unklar ist,
ob er aus der Kriegsgefangenenschaft in den Zivilarbeiterstatus entlassen wurde. Gérard soll zwar
auf dem Hemme-Hof untergebracht worden sein, wurde aber noch bis Februar auf der Lohnliste des
Arbeitskommandos geführt. Es entwickelte sich eine freundschaftliche Beziehung zur Familie
Hemme, die auch nach Kriegsende in Gestalt von regem Briefverkehr und gegenseitigen Besuchen
weiter aufrecht erhalten wurde.
1
Niedersächsisches Landesarchiv Hauptstaatsarchiv Hannover, Foto 3 Nr. 1530
Privatarchiv Otto Hemme, Ordner Kriegsgefangenunterlagen u. a. 1937 - 1941; Ordner Kriegsgefangenunterlagen
1942 - 1945; Lohnquittungsjournal Kriegsgefangenenarbeitskommando 1045, 10/1944 - 05/1945
Ebd. Teilungs- und Verkoppelungsinteressentenschaft; S. 100f
Aus: Sommer, Stefan; Der Arbeitseinsatz von Kriegsgefangenen in der Landwirtschaft - Eine Untersuchung anhand
des Beispiels der Arbeitskommandos in der Wedemark bei Hannover; Hausarbeit, Hannover 1998
Aus: Anschütz, Janet/Heike, Irmtraud; Feinde im eigenen Land. Zwangsarbeit in Hannover im Zweiten Weltkrieg;
Verlag für Regionalgeschichte, Bielefeld 2000
Aus: Mechler, Wolf-Dieter; Kriegsalltag an der „Heimatfront“. Das Sondergericht Hannover im Einsatz gegen
„Rundfunkverbrecher“, „Schwarzschlachter“, Volksschädlinge“ und andere „Straftäter“ 1939 bis 1945;
Hannoversche Studien, Schriftenreihe des Stadtarchivs Hannover, Band 4, Hannover 1997
Gespräche mit Jürgen Hemme; Sprockhof, 24. und 31.03.2014
Privatbesitz Familie Hemme, Sprockhof; Briefe, Fotos und Rechnungsbuch 1940 - 1943
Außerdem mußten ab Herbst 1941 der 16jährige Ukrainer Franz und ab Dezember 1941 die Polin
Julia auf dem Hof arbeiten.2
Der ehemalige belgische Kriegsgefangene Roger Gérard, vermutlich Anfang der 1950er Jahre3
Der Ukrainer Franz und Else Hemme in den 1940er Jahren4
© Helge Kister, Arbeitskreis Regionalgeschichte e. V.
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Ebd. Niedersächsisches
Ebd. Sommer
Ebd. Gespräche
Ebd. Privatbesitz
ebd. Privatarchiv
Privatbesitz Familie Hemme
Ebd.
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