Unterrichtseinheit: Stammzellen DEFINITION von Stammzellen Eine Stammzelle ist eine Zelle, die sich vermehren kann und überdies in der Lage ist, sich zu einem oder mehreren spezialisierten Zelltypen weiterzuentwickeln (= Differenzierung) Drei notwendige Eigenschaften unterscheiden eine Stammzelle von einer ausgereiften, vollständig spezialisierten Zelle: "NichtDifferenzierung", "Vermehrung" und "Selbstregenerierung“. • Nicht-Differenzierung: Die meisten "normalen" Zellen des Körpers erfüllen eine bestimmte, ganz spezifische Aufgabe. Man spricht daher von starker Differenzierung. Die Zellen der Haut, der Organe, des Bluts, etc., eignen sich nur zur Erfüllung ihre sehr spezifische Funktion und können die Funktionen anderer Zellen nicht übernehmen. Die vollständige Information des genetischen Materials der DNA einer Person als Ganzes steckt in jedem Zellkern. Durch Anbringen von Methyl-Gruppen (-CH3) auf den entsprechenden Genen werden die Informationen für andere Funktionen unzugänglich, und die Zelle spezialisiert sich für eine bestimmte Funktion und ist somit differenziert. Diese Spezialisierung und Differenzierung der Zelle ist im Prinzip unumkehrbar. Die Stammzelle ist hingegen nicht differenziert und hat die Fähigkeit, spezifische Zelltypen hervorzubringen und auch sich selbst zu reproduzieren. • Vermehrung: Eine normale Zelle multipliziert sich selten oder nie. Eine Stammzelle hingegen kann sich über lange Zeit hinweg durch Teilung erneuern. Die Wissenschaft nennt dies Selbst-Erneuerung (self-renewal). Eine Stammzelle kann sich auch sehr schnell vermehren und weist keine nachweisbaren Anzeichen von Alterung auf, dank ihrer besonderen Telomere. Bei Teilung einer Stammzelle behält die Stammzelle all ihre Eigenschaften, ist aber auch in der Lage, spezialisierte Tochterzellen zu entwickeln. Unter normalen Umständen oder mittels eines entsprechenden Signals wird sich eine Stammzelle in verschiedene Zelltypen differenzieren, die den Organismus bilden. Stammzellen entwickeln sich zu reifen Zellen mit speziellen Funktionen wie z. B. Herz-, Haut-und Nervenzellen. Stammzellen finden sich in allen mehrzelligen Organismen. Es gibt hierfür auch Beispiele aus der Pflanzenwelt. • Funktion der Wiederherstellung (Selbstregenerierung) Es wurde festgestellt, dass Krebszellen in der Lage sind, die MethylGruppen im Kern der Zellen zu entfernen, die damit erneut ihre Fähigkeit zur Zellteilung gewinnen. Die Fähigkeit zur Differenzierung geht bei Krebszellen meist verloren. Ein wichtiger Unterschied zwischen Krebszellen und Stammzellen ist also die Fähigkeit der Stammzellen, Organe oder Gewebe korrekt wiederherzustellen, während sich Krebszellen unkontrolliert (ohne die Grenzen zu anderen Gewebsarten zu berücksichtigen) und nutzlos / ineffizient vermehren. Arten von Stammzellen Die Arten von Stammzellen werden nach Bezugsquelle (sprich in welchem Entwicklungsstadium sie dem menschlichen Körper entnommen worden sind) und Potential (zu welchen Zellen können sich diese Stammzellen noch weiterentwickeln) bestimmt. • Bezugsquelle: Woher stammt die Stammzelle? Embryonale und erwachsene Stammzellen Embryonale Stammzellen sind Zellen, die zwischen der ersten Phase der befruchteten Eizelle (auch Zygote genannt), die der Fusion von Eiund Samenzelle unmittelbar folgt, und dem Entwicklungsstadium der Blastula oder Blastozyste entnommen werden. Nach dem Verschmelzen von Ei- und Samenzellen beginnt sich die befruchtete Eizelle zu teilen, zunächst in zwei Tochterzellen, dann vier, acht, sechzehn Zellen, etc. Dieses frühe Stadium des Embryos, bis vier Tage nach der Befruchtung und einer Anzahl von 64 bis 128 Zellen, nennt man „Morula", weil das Zellgebilde wie eine Maulbeere aussieht. Eine embryonale Stammzelle dieses Entwicklungsstadiums wird somit innerhalb von 4 Tagen nach der Befruchtung entnommen. Auf das Morula-Stadium folgt das Stadium der Blastozyste. Ab dem fünften Tag nach der Befruchtung führen die nachfolgenden Zellteilungen zur Bildung eines Embryos, der Anfangs die Form eines hohlen Ball hat und daher Blastozyste (griechische Wort BLASTOS = Keim) heißt. Erste Unterschiede zwischen den Zellen sind bereits erkennbar: zu diesem Zeitpunkt enthält der Embryo drei KeimSchichten, die jeweils die Basis zur Bildung unterschiedlicher Gewebsarten legen. Stammzellen in diesem Stadium werden der innersten Zellmasse (Englisch: "inner cell mass“) der Blastozyste entnommen und in Kulturen angesetzt. Embryonale Stammzellen werden auch als ESC-Zellen (embryonal stem cell) bezeichnet. Erwachsene (adulte) Stammzellen sind Stammzellen, die bereits ausdifferenziert sind. Nach der Phase der Morula und der Blastozyste sind Stammzellen bereits in eine bestimmte Richtung entwickelt. Diese Bezeichnung bezieht sich somit nicht auf eine Zelle im Körper eines Erwachsenen, sondern auf die Tatsache, dass diese Zellen nicht mehr in der Lage sind, sich zu allen Zelltypen weiterzuentwickeln. Sie sind daher eher "nicht-embryonale" Stammzellen; diese erwachsenen Stammzellen trifft man in verschiedenen Geweben, sowohl im Fötus, bei Neugeborenen, bei Kindern und Erwachsenen. Erwachsene Stammzellen sind beim Erwachsenen eher selten anzutreffen und schwer zu identifizieren. Erwachsene Stammzellen können theoretisch sowohl in Geweben mit schnellen Erneuerungszyklen als auch in Geweben mit langsamen Erneuerungszyklen angetroffen werden. In drei Arten von Gewebe, die sich rasch erneuern, wurden erwachsene Stammzellen bereits angetroffen: in der Epidermis (Haut), im Darmgewebe und im Knochenmark. In Geweben mit langsamen Erneuerungszyklen gibt es auch Stammzellen, die jedoch viel schwieriger zu lokalisieren sind. Beispiele hierfür sind Muskel- und Leberzellen. Im Gehirn gibt es auch Stammzellen. Die Forschung konzentriert sich derzeit auf Stammzellen in der Zahnpulpa, Hornhaut und Netzhaut. Erwachsene Stammzellen sind schwer zu identifizieren, weil sie nur als Stammzellen identifiziert werden können, wenn sie ihre Kapazität zur Vermehrung und Differenzierung unter Beweis stellen. Außerdem können erwachsene Stammzellen nicht von anderen Zellen im Gewebe unterschieden werden. • Potenzial: Zu welchen Zellen kann sich diese Stammzelle noch weiterentwickeln? Die Unterscheidung nach „Potenzial“ spiegelt wieder, welche weiteren Entwicklungen man von einer Stammzelle erwarten kann. Man unterscheidet drei Arten: totipotent, pluripotent und multipotent. Die Eizelle hat die Kraft oder das Potenzial, sich nach der Befruchtung zu einem vollständigen Menschen weiterzuentwickeln. Das bedeutet, dass die befruchtete Eizelle „totipotent“ ist: ein kompletter Mensch kann sich aus der Eizelle entwickeln. Auch noch nach den ersten Teilungen behält jede Zelle ihren totipotenten Charakter. Ein Beispiel hierfür sind eineiige Zwillinge: Die Eizelle teilt sich in zwei Teile und jeder Teil wird sich getrennt weiterentwickeln zu genetisch identischen Zwillingen. Jene Zellen, die der ersten Teilung einer befruchteten Eizelle entspringen, können jede für sich einen neuen Menschen bilden. Das ist jedoch nur bis zu einer Teilung in 8 Zellen möglich. Jede Zelle hat noch die uneingeschränkte Möglichkeit (Potenz), jede (toti) Art menschlichen Gewebes zu bilden. Nach dieser Phase werden die Stammzellen spezifischer. Stammzellen, die einer Blastozyste entnommen werden, können keinen kompletten Menschen mehr bilden. Sie sind „pluripotent“: Alle möglichen Arten von Zellen können sich aus der Stammzelle bilden, aber kein kompletter Mensch mehr. Denn diese Stammzellen haben schon eine kleine Differenzierung durchgemacht. Dennoch können diese pluripotenten Stammzellen zu einer der mehr als 200 Arten menschlicher Zellen heranwachsen, sofern sie ausreichend und spezifisch stimuliert werden. Die Basis für alle drei Typen Keimgewebe ist noch uneingeschränkt vorhanden (Mesoderm, Endoderm und Ektoderm). Erwachsene Stammzellen sind nicht totipotent (aus ihnen kann kein vollständiger Mensch mehr heranwachsen) und auch nicht pluripotent (die drei Arten Keimgewebe können nicht mehr gebildet werden), sie sind „multipotent“. Diese Stammzellen produzieren eine bestimmte Art Gewebe und haben zugleich die Fähigkeit zur dauernden Selbsterneuerung. Trotz der Tatsache, dass sie sich zu verschiedenen Zelltypen auswachsen können, gehören diese Zelltypen alle zur gleichen Familie. So können hämatopoetische Stammzellen (das sind Stammzellen des Knochenmarks) zu roten und weißen Blutkörperchen, Blutplättchen und Makrophagen auswachsen, hingegen aber nicht mehr zu Muskel- oder Nervenzellen. Bestimmte Stammzellen sind „unipotent“ und können nur eine Art von Zellen bilden. Das ist zum Beispiel bei Haut-, Leber- und Darmzellen der Fall. Eizelle (ovula, Ovozyten) Im Folgenden betrachten wir im Einzelnen die verschiedenen Entwicklungsstufen von der Eizelle zum erwachsenen Menschen. Die in einer bestimmten Phase ihrer Entwicklung entnommenen Stammzellen haben jeweils spezifische Eigenschaften, mit all ihren Vor- und Nachteilen, die ihre Verwendungsmöglichkeiten beeinflussen. Die erste Kategorie von Stammzellen ist die „Urstammzelle“, sprich die Eizelle. Jede Frau mit einem gesunden Fortpflanzungssystem kommt mit einer Reihe von (potentiellen) Eizellen in ihren Eierstöcken zur Welt. Die Eizellen wachsen in den Eierstöcken heran. Sobald sie reif werden, wandern sie in ihrem Follikel - ein Säckchen, in das sie eingewickelt sind - an die Oberfläche des Eierstocks. Normalerweise reift ein Ei pro Monat in seinem Follikel voll aus. Das Follikel platzt und das Ei „fällt“ in das Trichterförmige Ende des Eileiters: Man nennt dies den "Eisprung", der etwa 14 Tage nach Beginn der letzten Menstruation eintritt. Um Eizellen "in vivo" untersuchen zu können, werden sie gewissermaßen "gepflückt und geerntet“. Dies ist ein medizinischer Eingriff, d.h. eine aufwändige medizinische Intervention ist hierzu vonnöten. Die Frau oder das Mädchen wird hormonell stimuliert, damit mehrere Follikel mit Eizellen zugleich reifen. Die körpereigene hormonelle Produktion der Hypophyse wird zunächst unterbunden und die Bildung von Eizellen in den Eierstöcken wird durch Zuführung körperfremder Hormone angeregt. Sobald genügend Follikel vorhanden sind (was mittels vaginalem Ultraschall festgestellt werden kann), werden andere Hormone verabreicht, die die Reifung und Abstoßung der Eizellen anregen. Dies ermöglicht die Entnahme von einem Dutzend oder mehr Eizellen pro Stimulierungszyklus. Sowohl die vorbereitende Behandlung der weiblichen Eizellen-Spenderin als auch die Entnahme selbst können medizinische Komplikationen verursachen, etwa das Hyper-Stimulations-Syndrom, Blutungen oder Infektionsrisiken. Die Entnahme von Eiern ist ein zeitraubendes Verfahren mit verbindlich einzuhaltenden Terminen, das auch noch einige andere Unannehmlichkeiten mit sich bringt. Man geht davon aus, dass mehr als 60 Stunden medizinischer Interventionen notwendig sind, die sich über mehrere Wochen hinziehen. Die meisten Ei-Entnahmen erfolgen im Rahmen von In-vitroBefruchtungen, abgekürzt IVF (in vitro fertilisation). (Kinderwunsch, der bislang an Fruchtbarkeitsproblemen scheiterte: siehe auch Kapitel über Beeinträchtigung der Fruchtbarkeit). Diese Technik ist bereits über 30 Jahre alt. Dennoch sind die langfristigen Risiken noch nicht vollständig bekannt. Die Verabreichung von Hormonen kann zu Überstimulierung (ovarian hyperstimulation syndrom) führen und diese Eventualität ist nur schwer vorhersehbar. Die Symptome einer Überstimulierung sind vielfältig und reichen von Übelkeit zu schweren Komplikationen wie Thrombosen oder Tod. Ernsthafte Komplikationen sind jedoch selten und betreffen weniger als 1%. Aber auch später auftretende Störungen der Fruchtbarkeit bei der Eizelle-Spenderin wurden gemeldet, diese Risiken sollten daher weiter untersucht werden. Überzählige Eizellen, die nicht mehr zur Erfüllung des Kinderwunsches benötigt werden, werden auch für Forschungswecke verwendet. Die Anlage von Zelllinien, aber auch therapeutisches Klonen erfordert viele Eizellen. Klonen bedeutet, dass der Zellkern (nucleus) der Eizelle durch den Zellkern einer Zelle des zu behandelnden Patienten ersetzt wird. Die mit dem Kernmaterial des Patienten versehene Zelle wird dann stimuliert, um sich zu teilen und eine Blastozyste zu bilden. In diesem Stadium werden embryonale Stammzellen (die voll kompatibel sind mit dem Patienten) entnommen, die in Zellkulturen weiterentwickelt werden und später für eine Zelltherapie verwendet werden können. (siehe Kapitel: andere Anwendungen) Morula Im Stadium der Morula beginnt sich die befruchtete Eizelle zu teilen. Die befruchtete Eizelle teilt sich in zwei, vier etc. Zellen. Diese Zellen werden auch als Blastomeren bezeichnet. Wenn sich die befruchtete Eizelle zweiteilt und sich die beiden Zellen getrennt weiterentwickeln, werden daraus eineiige Zwillinge. Die Morula ist so beschaffen, dass jede Zelle nach der Teilung noch zu einem vollständigen Lebewesen heranwachsen kann. Diese Zellen sind totipotent. Es ist möglich, eine Zelle der Morula zu entnehmen, ohne das Heranwachsen des Fötus und des Kindes zu beeinträchtigen. Die Weiterentwicklung des Embryos bleibt möglich. Bei IVF (In-vitro-Fertilisation) kann der Morula eine Zelle zu Diagnosezwecken entnommen werden. Dies bedeutet, dass man genetisch übertragbare Krankheiten oder gewünschte BlutKompatibilität vorab testen kann. Danach ist es möglich, im Rahmen einer IVF nur die ausgewählten Embryonen einzupflanzen. Ein Beispiel hierfür ist das "Saviour Baby" („rettendes Baby“): durch IVF wird ein Baby gezeugt, dessen Blut mit dem Blut eines an Leukämie erkrankten Geschwisterkindes kompatibel ist. Dieses Baby ist ein geeigneter Spender für den kranken Bruder oder die kranke Schwester. Unmittelbar bei der Geburt wird ein Teil des Nabelschnurbluts des „Retter-Babys“ aufgefangen, um die zur Spende geeigneten Stammzellen zu entnehmen. Die Entnahme einer Stammzelle aus der Morula tastet die Lebensfähigkeit des Embryos nicht an: Der Embryo kann sich zu einem Baby weiterentwickeln. Die Entnahme von Stammzellen in einem späteren Stadium (Blastozyste) führen hingegen zum Absterben des Embryos, und das stellt viele Menschen vor ein ethisches Dilemma in Bezug auf die Stammzellenforschung. Das Absaugen einer Zelle zur Gewinnung embryonaler Stammzellen aus der Morula könnte die ethische Debatte rund um das Absterben des Embryos theoretisch beenden. Man nennt diese Methode auch Embryo-bewahrende Technik. Blastozyste (Blastula) Fünf bis sechs Tage nach der Befruchtung sind durch Zellteilungen der befruchteten Eizelle etwa 100 bis 200 Zellen entstanden. Diese Zellen haben die Form eines hohlen Balls angenommen. Die äußere Schicht der Zellen wird sich zum Mutterkuchen (Plazenta)und verschiedenen Membranen rund um den Fötus weiterentwickeln. An der Innenseite der hohlen Kugel befindet sich eine kleine Zellmasse. Diese so genannte "innere Zellmasse (ICM)“ der Blastozyste ist der Fötus selbst. Genau diese Zellen sind die wichtigste Quelle menschlicher embryonaler Stammzellen. Diese embryonalen Stammzellen können zu allen Arten von menschlichem Gewebe, aus denen ein Mensch besteht, ausdifferenzieren und sind somit pluripotent. Rund 200 unterschiedliche Gewebe sind bekannt, die man in drei Keimblätter einteilt: Ektoderm, Mesoderm und Endoderm. Diese Stammzellen sind nicht mehr totipotent, da kein komplettes Lebewesen mehr aus einer einzelnen der inneren Zellmasse entnommenen Zelle entstehen kann. Jeder dieser Zelltypen (z.B. Leber-, Muskel- und Hautzellen) kann sich fast unbegrenzt vermehren, wenn er in einem geeigneten Nährmedium angesetzt wird: Dies nennt man Stammzelllinien. Diese stabilen und homogenen Zellkulturen bestimmter Gewebearten können vielleicht einmal für Zelltherapien verwendet werden und Organtransplantationen ersetzen. Jedoch gilt es noch mindestens drei große Probleme zu lösen, um Organtransplantationen durch Zelltherapien ersetzen zu können: - Man benötigt eine enorm hohe Anzahl von Stammzellen, um ein Organ zu ersetzen; - Embryonale Zellen haben ihre eigene DNA und werfen die gleichen Probleme von Kompatibilität und Abstoßung auf wie jedes andere Transplantat - Embryonale Stammzellen können beim Empfänger wild weiterwachsen und eine Art Tumor bilden. Menschliche embryonale Stammzellen werden aus der Blastozyste entnommen und führen damit zum Absterben des Embryos. Die Zerstörung des Embryos steht im Zentrum der ethischen Debatte, die rund um die Forschungsaktivitäten mit embryonalen Stammzellen geführt wird. Für embryonale Stammzellenforschung werden Zellen aus überzähligen befruchteten Blastozysten oder Embryonen (nach Invitro-Fertilisation) entnommen. Paare, die im Falle von Fruchtbarkeitsproblemen eine IVF Behandlung beginnen, müssen dazu ihre Zustimmung oder "informed consent" geben. Die befruchteten Eizellen werden im Rahmen einer in-vitro-Fertilisation als Blastozyste eingefroren und können später bei der Mutter oder Leihmutter eingepflanzt werden. Die restlichen Blastozysten können von den Eltern anderen Paaren gespendet werden, zerstört werden oder für die wissenschaftliche Forschung verwendet werden. Darüber hinaus kann eine Frau auch beschließen, Eizellen ohne eigenen Kinderwunsch zu spenden. Diese Eizelle wird dann zu Forschungszwecken mit anonymem Spendersamen befruchtet. Stammzelllinien können somit auch aus solchen speziell für wissenschaftliche Zwecke erzeugten Blastozysten angelegt werden. Das Problem mangelnder Kompatibilität bei Zelltherapien kann durch Klonen gelöst werden. Man kann das genetische Material der Frau aus der Eizelle entfernen und stattdessen den Zellkern (Nucleus) des Patienten einsetzen - dies nennt man Kerntransfer somatischer Zellen (SCNT). In der Folge wird diese "künstlich befruchtete Eizelle“ durch elektrische Stimulierung zur Teilung angeregt. Somit entsteht eine Blastozyste, aus der embryonale Stammzellen entnommen werden können, die die DNA des Patienten enthalten. Die letztgenannte Möglichkeit nennt man "therapeutisches Klonen". Diese Methode unterliegt sehr strengen gesetzlichen Einschränkungen. Dabei ist es wichtig zu wissen, dass die Klon-Forschung eine überaus große Anzahl von Eizellen erfordert. Der überwiegende Teil der Stammzellenforschung wird mit Stammzellen aus der Blastozyste ausgeführt, die in Kulturschalen angesetzt werden. Die Anlage von Zelllinien auf Basis entnommener Stammzellen erfordert viel Know-how und optimierte Nährlösungen. Die richtigen Nährstoffe, die korrekte Temperatur und die Vermeidung von Kontamination durch Bakterien und Pilze sind dabei von großer Bedeutung. Die aktuellen Techniken und hohen Anforderungen, um Stammzelllinien am Leben zu erhalten, machen eine weit verbreitete Nutzung embryonaler Stammzellen für Zelltherapien derzeit praktisch unmöglich. Zudem existiert derzeit (noch) keine direkte Zelltherapie-Behandlung für Patienten auf Grundlage rein totipotenter und pluripotenter Stammzellen. Vor allem das starke Wachstumspotenzial (Proliferation) und die Ausdifferenzierung von undifferenzierten embryonalen Stammzellen sind schwer unter Kontrolle zu halten. Sie können nach eine Injektion im Rahmen einer Zelltherapie beim Patienten zu Wildwuchs und zur Bildung eines Tumors führen, auch Teratom genannt. Die Erforschung der genauen Art und Weise, wie sich Stammzellen in eine bestimmte Richtung entwickeln und wie diese Entwicklung gesteuert werden kann, ist voll im Gange. Embryonalen Stammzellen werden in erster Linie für die wissenschaftliche Grundlagenforschung verwendet. Man kann diese Stammzellen zur Differenzierung anregen, um eine bestimmte Gewebeart auszubilden und im Rahmen von Studien die Wirkung und Toxizität von Medikamenten untersuchen, bzw. die Kenntnisse über die Funktionsweise dieser Art von Zellen verbessern. Die Untersuchung von Stammzellen mit bestimmten Genen (z.B. Stammzelllinien, die Träger der Mutation deltaF508 sind, die Mukoviszidose auslöst) ermöglicht die wissenschaftliche Erforschung dieser genetischen Krankheiten sowie ihre Nutzung als Test-Modell für mögliche Behandlungen. Die Suche nach chemischen Faktoren, die stimulierend wirken oder Differenzierung induzieren, wird wahrscheinlich zur Entdeckung neuer Wachstumshormone führen. In der Vergangenheit hat man so EPO, das Wachstumshormon für rote Blutkörperchen, entdeckt. Neben der allgegenwärtigen Frage, ob die "Zerstörung" des Embryos durch Entnahme embryonaler Stammzellen moralisch vertretbar ist, ebenso wie die Schaffung von Embryonen ausschließlich zu Forschungszwecken, muss man sich auch die folgende ethische Frage stellen: Ist es vertretbar, junge Mädchen und Frauen zu Eizellspenden zu ermutigen, obwohl man von langfristigen Risiken für ihre Gesundheit weiß? (siehe Kapitel bio-ethische Fragen). Die Klärung dieser Frage ist umso dringlicher als der Bedarf und die Nachfrage nach Eizellen sehr groß ist, sei es in Form einer Spende an kinderlose Paare oder für Forschungszwecke. Fötus Nach dem Stadium der Blastozyste entstehen im Embryo die verschiedenen differenzierten Zelltypen, die später Organe, Haut, usw. bilden. Die im Fötus vorhandenen Stammzellen sind nicht mehr "embryonale" Stammzellen sondern "erwachsenen" (adulte)Stammzellen. Adulte Stammzellen sind multipotent und nicht mehr pluripotent. Sie sind nicht mehr in der Lage, sich zu allen Zelltypen weiterzuentwickeln. Überdies sind diese Zellen schwerer zu finden und verfügen über ein geringeres Teilungspotenzial. Daher ist die Suche nach Stammzellen in Föten nach Abtreibungen oder Fehlgeburten momentan wenig zielführend. Die Debatte rund um die Abtreibung ist auch eine gesellschaftliche und ethische Frage. Die Verwendung von Föten zur Gewinnung von Stammzellen für Forschungszwecke ist allzu vorbelastet und wird daher verworfen. Nabelschnurblut Bei der Geburt eines Babys kann nach Abklemmen der Nabelschnur das in der Nabelschnur auf der Seite der Plazenta verbleibende Blut eingesammelt werden. Die Nabelschnur wird zuerst vom Baby abgeklemmt, bevor ein Einstich in das Blutgefäß der Nabelschnur vorgenommen wird. Das Blut aus dem Mutterkuchen wird in einem eigenen Beutel gesammelt. Nach ersten Sicherheitstests und der Typenbestimmung werden diese Blutproben eingefroren. In diesem Nabelschnurblut befinden sich adulte Stammzellen, die blutbildende oder hämatopoetische Eigenschaften besitzen. Aus ihnen können Zellen entstehen, die Blutzellen bilden können und die Immunität verbessern. Es handelt sich um hämatopoetische Stammzellen, die später nur mehr im Knochenmark angetroffen werden können. Diese Stammzellen sind multipotent und können sich nur zu Blut- oder Bindegewebszellen weiterentwickeln. Diese Zellen eignen sich daher sehr gut für die Behandlung von Leukämie-Patienten. Obwohl Stammzellen aus Nabelschnurblut adulte Stammzellen sind, verfügen sie über hohe Plastizität und Vitalität. Im Vergleich zu adulten Stammzellen aus dem Knochenmark von Erwachsenen sind hämatopoetische Stammzellen aus dem Nabelschnurblut viel unreifer, man nennt sich daher auch "naiv": Die Umwelt hat das Genmaterial dieser Zellen noch nicht beeinflusst und ihre Immun-Eigenschaften sind noch nicht vollständig ausgebildet. Dies verringert das Risiko einer Abstoßung durch den Organismus des Patienten und führt zu weniger Infektionen bei der Übertragung. Verglichen mit der Entnahme blutbildender Zellen aus dem Knochenmark durch Punktieren sind Stammzellen aus Nabelschnurblut wesentlich einfacher zu gewinnen. Darüber scheint es auch wesentlich leichter, die Sammlung von Blutproben zu organisieren als Knochenmarkspenden. Allerdings ist die Menge von Blut-Stammzellen in diesen Proben von Nabelschnurblut zu gering, um an Leukämie erkrankte Erwachsene ausreichend zu behandeln. Pro Mutterkuchen können maximal bis zu 100 Milliliter Blut gewonnen werden. Dies ist zu wenig, um eine Transplantation bei Erwachsenen vornehmen zu können. Für das Baby allerdings ist es viel: Das durchschnittliche Blutvolumen eines Kindes von 3 kg liegt bei 300 ml. Die Menge an Nabelschnurblut ist höher bei • vaginalen Geburten • bei höherem Gewicht des Babys • Abklemmen unmittelbar bei der Geburt: 30 Sekunden nach der Geburt des Babys ist mit 35 ml / kg zu rechnen, nach 2 Minuten nur mehr mit 14 ml pro kg Körpergewicht des Kindes. Zu schnelles Abklemmen kann jedoch Anämie oder Blutarmut beim Baby verursachen. Ein Vorteil ist, dass Nabelschnurblut als Bezugsquelle von Stammzellen nicht an die ethischen Fragen rührt, die der Status des menschlichen Embryos aufwirft. NABELSCHNURBLUTBANKEN In diesem Zusammenhang ist die Abwägung gesellschaftlicher Interessen (Leukämie-Behandlung, Pool öffentlicher Nabelschnurblutbanken) und privater Interessen (tief gefrorenes Nabelschnurblut für spätere Selbst-Therapie oder für die Behandlung von Sportverletzungen von Vater / Mutter) im Auge zu behalten. NETCORD ist eine weltweite Datenbank, die Angaben über die verschiedenen Typen von Stammzellen aus Nabelschnurblutproben enthält, die in öffentlichen Banken eingefroren sind. Netcord hält für Leukämie-Patienten, die auf diese Therapie angewiesen sind, einen Vorrat an Stammzellen bereit. Es gibt aber auch viele rein kommerziell agierende private Banken, die Nabelschnurblut von Neugeborenen gegen Bezahlung und unter Namen einsammeln und für zukünftigen Gebrauch einfrieren. Es gibt Eltern, die das Nabelschnurblut ihrer Kinder als zukünftige Quelle von Stammzellen für den eigenen Gebrauch einfrieren lassen. Im Falle der Leukämie des Kindes ist eine Übertragung des eigenen Blutes jedoch nicht die beste Option. In einigen Fällen hoffen Leute, dass aus dem Nabelschnurblut ihrer Kinder bald Stammzellen gewonnen werden können, die für die Regenerierung ihrer eigenen Knorpel nach einer sportlichen Karriere verwendet werden können. Die Verbreitung dieser Methoden wirft auch ethische Fragen auf, vor allem wenn man berücksichtigt, dass die Haltbarkeit von Nabelschnurblut maximal 20 Jahre beträgt. Mittlerweile gibt es viel mehr private (über 130) als öffentlich-rechtliche Nabelschnurblutbanken (fünfzig). In Belgien ist eine kommerzielle Blutbank Namens Cryo-Save tätig. Hingegen gibt es mehrere öffentliche Nabelschnurblutbanken in Leuven, beim Roten Kreuz Flandern, Brüssel und Lüttich. Bisher hat die private Nabelschnurblutbank jedoch mehr Proben an Nabelschnurblut gesammelt als alle öffentlichen Nabelschnurblutbanken zusammen genommen. Die Abnahme von Nabenschnurblut durch öffentliche Blutbanken unterliegt strengen Auflagen und ist nur in einer begrenzten Anzahl von Gebärkliniken möglich. Sofort nach Abnahme der Proben werden Untersuchungen über potenzielle Risiken durchgeführt und eine Typisierung vorgenommen. Die meisten öffentlich-rechtlichen Banken sind an NETCORD angeschlossen, so dass im Fall einer Leukämieerkrankung jenes Blut eingesetzt werden kann, das die höchste Kompatibilität aufweist. Dieses System basiert auf dem Prinzip der Solidarität. Private Nabelschnurblutbanken nehmen Blut in jedem Krankenhaus ab und verrechnen für den Kauf und die Lagerung von Nabelschnurblut mehrere tausend Euro. Sie führen auch keine weiteren Untersuchungen durch. Forschungsbemühungen sind in vollem Gange, um zu versuchen, auch andere Zelltypen aus Stammzellen des Nabelschurbluts zu züchten, die sich nicht nur zu Blutzellen oder Knochenzellen weiterentwickeln, sondern auch Zellen der Bauchspeicheldrüse oder der Leber bilden können. Diese Untersuchungen bezeichnet man als "TransDifferenzierung." Adulte Stammzellen aus erwachsenen Individuen Seit zwanzig Jahren werden adulte hämatopoetische Stammzellen erfolgreich bei Knochenmark-Transplantationen zur Behandlung von Leukämie und anderen Krankheiten eingesetzt. Inzwischen ist es auch gelungen, die eher selten vorkommenden hämatopoetischen Stammzellen aus dem peripheren Blut in vitro zu vermehren und dann wie Knochenmark-Transplantat zu verwenden. Den gleichen Ansatz verfolgt man - mit einigem Erfolg - mit Haut- und Hornhaut-Stammzellen. Einige klinische Studien sind im Gange, um Anwendungen auch für Knorpelzellen, Herzmuskelzellen und andere Zelltypen zu finden. Der Erfolg ist noch nicht gesichert. Der Einsatz von Zellen Erwachsener, um diese in leistungsfähige Stammzellen zu verwandeln, wäre eine Lösung für die Debatte rund um die Verwendung von embryonalen Stammzellen. Im Moment ist dies jedoch noch nicht möglich. Stammzellen aus einem erwachsenen Körper sind multipotent und könne nur die spezifische Art von Zellen oder Gewebe bilden, für die sie bestimmt sind. So können etwa hämatopoetische Stammzellen nur Blutzellen bilden, jedoch keine Nervenzellen. Aufgrund der Tatsache, dass diese Zellen von Erwachsenen ein gewisses Alter aufweisen, sind sie auch den Auswirkungen von Umweltfaktoren wie Licht und Giftstoffen ausgesetzt. Durch zahlreiche Teilungen sind ihre Chromosome/ Telomere durch den Einfluss des Enzyms Telomerase verkürzt. All diese verschiedenen Aspekte machen es schwierig, aus Stammzellen von Erwachsenen berechenbare und sichere Stammzellen für den therapeutischen Einsatz zu gewinnen. Catherine Verfaillie, eine weltweit bekannte flämische Wissenschaftlerin, zeigte in ihrem Labor in Minnesota, dass Erwachsene zusätzlich zu den normalen Stammzellen spezielle Zellen mit potenzieller Pluripotenz besitzen. Dies bedeutet, dass es auch adulte Stammzellen gibt, die sich in eine andere Art von Stammzelle verwandeln und damit jede beliebige Zelle bilden können. Catherine Verfaillie bezeichnet sie als MAPC oder Multipotent Adult Progenitor Cell. Wahrscheinlich sind diese Zellen nicht von vornherein in einem normalen Körper vorhanden, sondern wurden künstlich induziert. Daneben untersucht auch eine Reihe von Wissenschaftlern, ob sich Stammzellen von Erwachsenen mittels bestimmter Anreize gezielt in andere genau definierte Richtungen weiterentwickeln lassen. Im Jahr 2007 kam es zu einem neuen wissenschaftlichen Durchbruch: Zwei verschiedenen wissenschaftlichen Teams aus den USA und aus Japan gelang es, menschlichen Fibroblasten (adulte Gewebszellen z. B. der Haut) in ESC-artige (also wie embryonale Stammzellen) zu verwandeln, so genannte iPS Zellen oder "induzierte pluripotente Stammzellen". Diese Zellen weisen viele Merkmale echter embryonaler Stammzellen (ESC) auf: Sie können sich zu allen menschlichen Zelltypen auswachsen, sie vermehren sich selbst sehr stark ohne zu altern oder fast ohne zu altern, aufgrund ihrer langen Telomere. Diese iPS-Zellen wurden mittels genetischer Veränderungen hergestellt, insbesondere durch Einfügen mehrerer Gene, die immer in ESC angetroffen werden. Das Team von Thompson in den USA hat die Gene Oct3 / 4, Sox2, NANOG und LIN28 eingepflanzt, während das japanische Forscherteam rund um Yamanaka Oct3 / 4, Sox2, Klf4 und c-MCN in erwachsene Zellen „eingebaut“ hat. Die Implantierung eines Gens kann durch Mitwirkung von Retroviren erreicht werden. Allerdings birgt die Herstellung dieser Zellen auch das Risiko der Entstehung von gut- oder bösartigen Tumoren (Tumor Genesis) durch das Gen c-myc (Krebsgen), und es muss noch nachgewiesen werden, dass diese iPS-Zellen tatsächlich alle Eigenschaften von embryonalen Stammzellen haben, Gewebe in vivo bilden können und keinen Wildwuchs oder Komplikationen verursachen. Trotz der "fantastischen" wissenschaftlichen Durchbrüche, die gern von der Presse aufgegriffen werden, konnte die wissenschaftliche Forschung noch nicht den Nachweis erbringen, das iPS-Zellen aus erwachsenen Zellen auf sichere Art und Weise im menschlichen Organismus verwendet werden können. Fruchtbarkeit 1. BASISBEGRIFFE Fruchtbarkeit ist die Möglichkeit, „Leben“ zu schenken. Frucht-bar: dieser Begriff weist auf die mögliche Entstehung einer "Frucht" hin, als Mittel der Fortpflanzung durch sexuelle Befruchtung oder Bestäubung. Baum > Blume + Bestäubung durch eine andere Blume > Frucht > neuer Baum Fruchtbarkeit bei Säugetieren beruht auf der Verschmelzung von Eiund Samenzellen. Tiere > Eier + Sperma > Frucht > neues Tier Das besondere Merkmal und der Vorteil dieser Fortpflanzungsweise ist die Entstehung von immer neuen, einzigartigen Mischungen von Merkmalen durch die Vermischung der Gene. Erst im 19. Jahrhundert wurde die biologische Grundlage für die Übertragung erblicher Merkmale von Lebewesen erstmals erkannt. Aufgrund der Beobachtung der Übertragung einfacher Merkmale beim Erbsenzüchten konnte Gregor Mendel (1822-1884) die Übertragung von Eigenschaften von Eltern auf ihre Nachkommen nachvollziehen, die er in seinen "Mendel’schen Gesetzen" - später Genetik genannt festhielt. Sie bilden immer noch die Grundlage für traditionelle Zuchtmethoden und Verbesserungen in Land- und Gartenbau. Charles Darwin (1809-1882) löste eine wissenschaftliche Revolution aus. Die Vorstellung, dass alle Lebewesen der Erde in einer bleibenden, unveränderlichen Form geschaffen wurden, wich der allgemeinen Anerkennung der Evolutionstheorie im Sinne des Darwinismus. Der "Kreationismus", d.h. die Lehre, wonach alle Lebewesen von einem Schöpfer erschaffen wurden, war sowohl von Wissenschaftlern als auch Theologen allgemein anerkannt, bis die Evolutionstheorie dank Lamarck und Darwin in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts entstand. Die Fruchtbarkeit zu beherrschen, insbesondere die Befruchtung der weiblichen Eizellen, ist ein sehr alter Traum. Die „Machbarkeit von Mensch“ (und Natur) gründet auf der Idee, dass die medizinischen und biologischen Entwicklungen der letzten Jahrzehnte es ermöglichen werden, die Natur und das Leben zu beherrschen. Der Traum, Einfluss auf den Befruchtungsprozess nehmen zu können und damit auf die Entstehung des Lebens selbst sowie auf die Übertragung genetischer Merkmale, nimmt immer mehr Form an. Die "unbefleckte Empfängnis", d.h. die Entstehung neuen Lebens im Schoß einer Frau ohne männliche Befruchtung mit Sperma ist in der Geschichte von Jesus Christus beschrieben. Im Jahre 1850 wurden erste wissenschaftliche Schritte unternommen, um die Fruchtbarkeit zu beeinflussen. Jean Rostand experimentierte mit Froscheiern, die er in Kulturschalen zur Teilung brachte, indem er sie in eiskaltes Wasser tauchte. Er untersuchte das Phänomen der Parthenogenese (aus dem Griechischen παρθένος Parthenos, "Jungfrau", + γένεσις Genesis, "Schöpfung"), sprich die Fortpflanzung auf ungeschlechtliche Weise (ohne Einsatz von Sperma)dank Teilung einer – unbefruchteten – Eizelle. Im frühen 20. Jahrhundert wurden mit der künstlichen Besamung von Pferden erste Schritte gesetzt, um die Fruchtbarkeit und die Übertragung von genetischen Merkmalen auf die Nachkommenschaft wissenschaftlich zu „steuern“. Die Verbesserung der genetischen Qualität der Nachkommenschaft wird in der Landwirtschaft allgemein akzeptiert. Wenn jedoch genetische Eigenschaften beim Menschen beeinflusst oder manipuliert werden, wird dies oft als "Eugenik" umschrieben. Der englische Statistiker Francis Galton untersuchte statistisch den Einfluss der Abstammung bei einer Reihe von „Persönlichkeiten“ in seiner Veröffentlichung von 1869: „Heriditary Genius“. Bei seinen Untersuchungen bemerkte er, dass neben Umwelteinflüssen auch erbliche Merkmale den Geist und Körper eines Menschen bestimmen. Die von ihm beschriebene Eugenik sollte der Menschheit zu positiver Eugenetik verhelfen, und vor allem "wertvollen" Menschen der Gesellschaft helfen, sich fortzupflanzen. Die Ideen eugenischer Maßnahmen waren unter anderen in den Vereinigten Staaten und in Deutschland im frühen 20. Jahrhundert sehr verbreitet. Dies führte zu politischen Maßnahmen wie Zwangssterilisierung psychisch kranker Menschen und bestimmter Bevölkerungsgruppen (Alkoholiker, Ureinwohner Australiens, Kriminelle, etc.). Die extremen eugenische Maßnahmen im Deutschland Hitlers hatten zum Ziel, ein "rein germanisches Volk" zu fördern. Nach der Katastrophe des Zweiten Weltkrieges ist die Eugenik aus der Mode gekommen. Doch die Wissenschaft stand nicht still und erzielte vor allem in den 50er und 60er-Jahren Durchbrüche in der Biotechnologie und Genetik, sodass man von "neuer Genetik" sprach. Am Ende der 50er Jahre ist es gelungen, das Ei eines Kaninchens in einer Kulturschale zu befruchten und einzusetzen. Dies war der Vorläufer der IVF (In-vitroFertilisation). Louise Brown wurde im Jahr 1978 als erstes Baby nach einem IVF-Verfahren in Großbritannien geboren. Die 60er und 70er-Jahre waren auch jene Jahre, in denen Hormonpräparate größte Verbreitung fanden. Die "Pille" als Mittel der Empfängnisverhütung wurde weltweit eingesetzt. Hormonpräparate ermöglichten auch die Stimulierung der EiProduktion, so dass die Entnahme von Eiern wesentlich produktiver wurde. Dies führte zur Entwicklung neuer Technologien, die in dieser Lektion besprochen werden, etwa IVF, ICSI oder Klonen. Neben der Genetik kam auch der Begriff "Epigenetik" auf. Unter dem Begriff Epigenetik versteht man die Erforschung des Einflusses von Faktoren, die nicht in der (in der DNA kodierten) genetischen Information enthalten sind, aber dennoch die Entwicklung eines Organismus beeinflussen und Veränderungen von einer Generation auf die nächste verursachen. Diese epigenetischen Faktoren agieren also zusätzlich zu der genetischen Information in der DNA. Beispiele für epigenetische Einflüsse sind etwa der Einfluss der RNA des Zytoplasmas oder der Einfluss der Komponenten der Nährlösung auf die Entwicklung der Zellen. Das Studium der epigenetischen Faktoren ist im Kontext der Stammzellenforschung von großer Bedeutung. Sie sind von großem Interesse für die Anwendung von biotechnologischen Verfahren etwa zur Bildung von Gewebe aus Stammzellen, und scheinen zunehmend an Bedeutung zu gewinnen. 2. Unfruchtbarkeit und In-vitro-Befruchtung IVF wurde als Lösung für Fruchtbarkeitsprobleme entwickelt, die eine natürliche Befruchtung durch Verschmelzung von Ei- und Samenzellen in der Gebärmutter oder im Eileiter verhinderten. Beim IVF-Verfahren werden Eier entnommen, die man außerhalb des weiblichen Körpers mit Sperma verschmilzt und danach wieder in die Gebärmutter einsetzt. Mehr über die Entnahme von Eiern aus dem weiblichen Körper ist im Kapitel „Stammzellen § 3. Eizellen“ nachzulesen. Eine Ei-Entnahme ist ein invasives medizinisches Verfahren, das auch langfristige Risiken birgt. Es ist überdies ein zeitaufwändiges Verfahren. Der Erfolg eines IVF-Verfahrens ist nicht immer gewährleistet. Bei einer Frau unter 35 Jahren liegen die Chancen auf eine normale Geburt bei rund 65% nach 6 IVF-Verfahren. Dann nehmen die Erfolgschancen ab und betragen noch rund 23% bei 40-Jährigen. (siehe New England Journal of Medicine, 15. Januar 2009) In den Anfangszeiten der IVF stellten Mehrlingsgeburten ein häufig auftretendes Problem dar. Derzeit enthält das IVFBehandlungsprotokoll jedoch eine Begrenzung der Anzahl von eingepflanzten Embryonen vor. Klar ist auch, dass vor dem Beginn einer IVF die Ursachen der Unfruchtbarkeit gründlich untersucht werden müssen. Professor Ivo Brosens, emeritierter Professor für Gynäkologie und Geburtshilfe an der Universität Leuven, schrieb am 13. August 2008 in der Zeitung „De Standaard“: „Unfruchtbarkeit ist ein grundlegender Aspekt der Fortpflanzung beim Menschen, und daher in erster Linie keine Krankheit. Der Mensch ist von Natur aus unfruchtbar, weil der Eisprung im Verborgen stattfindet und der Partner keine verlässlichen Signale sieht oder empfängt, wann die unfruchtbaren Tage sind. Im Laufe der letzten Jahrzehnte wurden jedoch viele Studien zur Identifizierung des Fruchtbarkeitsfensters durchgeführt. Dank verlässlicher Methoden konnte nachgewiesen werden, dass dieses Fruchtbarkeitsfenster bei Frauen mit Fruchtbarkeitsproblemen keine fünf Tage dauert, sondern kürzer ausfällt und manchmal nicht einmal einen Tag lang dauert. Je kürzer dieses Fenster ist, desto höher ist das Risiko, dass eine Schwangerschaft länger ausbleibt und sich Paare Sorgen machen und unnötigerweise in medizinische Behandlung begeben.“ Er plädiert für mehr Informationen über die Methoden aktiver Bewusstmachung fruchtbarer Zeitfenster im Rahmen der sexuellen Aufklärung. Probleme mit Samen: Eine wichtige Technik, die bei In-vitro-Fertilisation zum Einsatz kommt ist die ICSI = intrazelluläre Zytoplasma Spermien Injektion. Spermien, die weniger mobil sind und unter natürlichen Bedingungen zur keiner Befruchtung der Eizelle führen können, werden bei dieser Technik direkt in den Kern der Eizelle injiziert. Bei fehlendem oder ungeeignetem Samen ist eine künstliche Befruchtung mit Spender-Samen möglich. Die Frage nach Ursachen für die in den letzten Jahrzehnten offenbar zunehmende Unfruchtbarkeit bei Männern kann Thema einer weiteren Studie sein. Es ist klar, dass auch der Lebensstil hier von Bedeutung ist. Probleme bei Frauen: Unfruchtbarkeit kann bei Krebsbehandlung im Bereich der Eierstöcke auftreten. Es ist heute möglich sowohl Eier als auch einen Teil der Eierstöcke einzufrieren. Das Gewebe der Eierstöcke wird in Kulturen angesetzt und die Vorläufer der Eizellen können in dieser Umgebung zu Eizellen ausreifen. Die jüngsten Gefriermethoden, die dies ermöglichen nennt man auch „Vitrifikation“. Die Eier werden im IVFVerfahren zu einem späteren Zeitpunkt befruchtet und in die Gebärmutter eingepflanzt. Unfruchtbarkeit bei Frauen kann unterschiedliche Ursachen haben: • Eileiter: Infektionen, angeborene Anomalien, Sterilisierung • Eierstöcke: nicht vorhanden, unterentwickelt oder nicht wirksam genug, Alter (ab 37-40 Jahren nimmt die Fruchtbarkeit aufgrund geringerer Aktivität der Eierstöcke stark ab). • Gebärmutter: zu klein, Abweichungen der Form, Polypen, Myomen, Endometriose, IUD (intrauterine device) oder "Spirale" • Hormonell: unausgewogene Produktion von Hormonen (Estrogene, Progesterone, Hypophysen-Hormone, Schilddrüsenhormone ...) kann das Ausreifen der Eizellen und das Einnisten der Blastozyste in die Gebärmutter verhindern. Tritt auch bei Einnahme der „Pille“ auf und im Fall von Anorexie. • Gebärmutterhals: falsche Zusammensetzung des Schleims, Alter • Antikörper in der Gebärmutter führen zur Abstoßung des Samens • Andere Einige dieser Probleme können dank IVF umgangen werden, andere nicht. Es ist nicht ungewöhnlich, dass Frauen nach Jahren andauernder Unfruchtbarkeit plötzlich auf natürliche Weise schwanger werden. 3. Spenden von Eizellen an Paare Unbehebbarer Unfruchtbarkeit eines Paares kann manchmal mittels Eizellenspende begegnet werden. Zu diesem Zweck bittet man junge Frauen mit besserer Fruchtbarkeit, einige ihrer Eizellen zu spenden. Diese Spenderinnen müssen sich einem umfangreichen und zeitaufwändigen Verfahren unterziehen, das nicht ohne Risiko abläuft. Eines der Risiken besteht darin, dass sie später vielleicht auch mit Fruchtbarkeitsproblemen zu kämpfen haben. 4. Leihmütter Wenn die Sterilität durch das Fehlen der Gebärmutter hervorgerufen wird, kann vielleicht eine Leihmutter Abhilfe bringen. Im komplexen Umfeld unerfüllter Kinderwünsche rückt die Rolle der Leihmutter in letzter Zeit zunehmend in den Vordergrund. Man erinnere sich an Zeitungsmeldungen über eine belgische Frau, die das Kind, das sie trug, zwei verschiedenen Paaren "verkauft" hat. Man spricht von einer Leihmutter, wenn eine Frau eine befruchtete Eizelle bis zur Geburt des Kindes austrägt und dann das Baby der Frau oder dem Paar, das sich Kinder wünscht, überlässt. Die Umstände und Beweggründe rund um Leihmutterschaft sind sehr unterschiedlich, auch kommerzielle Zwecke sind ein häufiges Motiv. Es ist klar, dass der Status des "zu verkaufenden“ Kindes bestimmte rechtliche und ethische Probleme aufwirft, auch in Bezug auf das Recht jedes Menschen zu wissen, wer seine Eltern sind. 5. Saviour Baby oder das Baby als „Heilmittel“ Fruchtbarkeitstechnologie und Stammzellenforschung kommen gemeinsam bei der Behandlung von Leukämie zum Einsatz. Die bewusste und zielgerichtete Zeugung eines kompatiblen Geschwisterkindes unter anderem zur Behandlung eines kranken Kindes der Familie ermöglicht es, das größte Problem bei Stammzellübertragungen zu umgehen, sprich mangelnde Kompatibilität. So ist der Begriff "Retter-Baby" entstanden. Die Eltern eines an Leukämie erkrankten Kindes beschließen ein Kind mit kompatiblen Eigenschaften in die Welt zu setzen, das den kranken Bruder/Schwester möglicherweise „retten“ (saviour) kann. Bei der Geburt des „Retter“ Babys wird Nabelschnurblut abgenommen und dank der zahlreichen blutbildenden Stammzellen im Nabelschnurblut kann eine Transplantation beim an Leukämie erkrankten Bruder oder Schwester vorgenommen werden. Der Mutter werden zu diesem Zweck zuerst einige Eizellen entnommen und in vitro mit dem Sperma des Vaters befruchtet. Dem sich daraus bildenden 8-Zell-Embryonen wird eine Zelle entnommen und auf Kompatibilität mit dem kranken Kind getestet. Die Technik der Präimplantationsdiagnostik macht dies möglich. Der Embryo mit der höchsten Kompatibilität wird dann in die Gebärmutter der Mutter eingesetzt. Die Technik der Präimplantationsdiagnostik kann auch zur Früherkennung von Erbkrankheiten dienen, wird aber auch zur Überprüfung des Geschlechts eingesetzt. In einigen Ländern ist es sehr wichtig, einen männlichen Erben auf die Welt zu bringen. Systematische Präimplantationsdiagnostik und die Implantierung von ausschließlich männlichen Embryonen kann gravierende Folgen haben. 6. Klonen Aus der Eizelle wird der Kern mit dem DNA-Material entfernt und durch den Kern einer erwachsenen Zelle (z.B. der Haut) mit Spender-DNA einer erwachsenen Person ersetzt. So erhält man einen Embryo mit genetischem Material, das mit dem Spender der erwachsenen (Haut)Zelle identisch ist. Die erste bekannte erfolgreiche Anwendung dieser Technik führte zur Geburt des Schafes Dolly, dessen genetisches Material zur Gänze vom Mutterschaf stammte, das auch das Ei produziert hat und sich somit selbst befruchtet hat. Die Anwendung der Klontechnologie beim Menschen kann von therapeutischem Nutzen sein, um Kulturen von Gewebezellen anzusetzen, die Träger der eigenen DNA des Patienten sind. Dies nennt man therapeutisches Klonen. Diese Technik vermindert das Risiko einer Abstoßung. Allerdings sollte man dabei nie vergessen, dass das Klonen zu therapeutischen Zwecken immer bedeutet, dass ein menschlicher Embryo aus einer Eizelle geschaffen wird. Man muss also danach trachten, die zur Anlage der Gewebezellkulturen notwendigen Zellen dem Embryo in einem sehr frühen Stadium, d.h. in der Blastozyste, zu entnehmen. Das weitere Wachstum des Embryos hin zu einem lebensfähigen Individuum - reproduktives Klonen - muss unter allen Umständen vermieden werden. Das echte „Kopieren“ einer Person durch reproduktives Klonen wird allgemein als verwerflich angesehen. Die Erforschung der wissenschaftlichen Möglichkeiten des Klonens erfordert eine sehr große Anzahl von Eispenden. So scheint der koreanische Professor Hwang Woo Suk, der im Jahr 2004 als erster über erfolgreiches Klonen von Menschen publizierte, für sein Bravourstück 2236 Eier von 122 Frauen benötigt zu haben, und nicht ein paar hundert wie er vorgab. Die Verheimlichung dieser Zahlen löste den so genannten koreanischen Stammzell-„Skandal“ aus. Die neueste Technologie, die anstelle von embryonalen Zellen erwachsene Zellen zu Stammzellen-artigem Verhalten anzuregen (iPS = induzierte pluripotente Stammzellen)versucht, kommt ohne Eizellen aus. Die letztendliche Verwendbarkeit dieser Zellen ist noch ungeklärt. Daher bleibt auch weiterhin die Forschung an "echten" embryonalen Stammzellen unter Heranziehung von Eizellen unverzichtbar. ANWENDUNGEN Unterrichtseinheit: ANDERE ANWENDUNGSBEREICHE 1. Forschung • Zellfunktionen: Stammzellenforschung bedeutet, die Vermehrung und Differenzierung von Zellen zu untersuchen. Wichtige neue Erkenntnisse über die ersten Entwicklungsstadien und die Zellspezialisierung werden aus dem Studium der Stammzellen gewonnen. Chemische Stoffe werden gesucht, die das Wachstums oder die Differenzierung von Stammzellen beeinflussen. So hat man in der Vergangenheit zum Beispiel Wachstumsfaktoren wie EPO entdeckt. (EPO ist jene chemische Substanz im Blutkreislauf, die BlutStammzellen zur verstärkten Produktion von roten Blutkörperchen anregt.) Bei genetisch vererbten Krankheiten kann man die Entstehung des Krankheitsbildes untersuchen. Die Ähnlichkeiten und Unterschiede zwischen Krebszellen und Stammzellen führen zu neuen Einsichten und neuen Möglichkeiten in der Krebstherapie. • Kulturlösungen: Die Zellen werden in Nährlösungen angesetzt, deren Zusammensetzung für das Wachstum und die Differenzierung von Stammzellen sehr entscheidend ist. Das Testen neuer Nährlösungen, um die Entwicklung von Stammzellen in eine bestimmte Richtung zu steuern, ist ein wichtiger Bestandteil der Stammzellforschung. 2. Pharmakologie • Neue Medikamente können auf menschlichen Zellkulturen getestet werden. So kann man direkt am Gewebe, in dem das Medikament zum Einsatz kommen soll, feststellen, welche Wirkungen und Nebenwirkungen auftreten. So lässt sich tatsächlich die Toxizität auf menschlichen Zelllinien testen. Diese Zellen sind aus einer Stammzelle der Blastozyste entstanden und haben alle die gleichen Eigenschaften. So könnte man zum Beispiel den Einsatz von Versuchstieren und Testpersonen drastisch verringern. Seitens der pharmazeutischen Industrie besteht großes Interesse an diesen Anwendungsmöglichkeiten. • Das Studium von Stammzellen ermöglicht eine bessere Kenntnis der verschiedenen körpereigenen Substanzen, die dem Wachstum und dem Schutz dienen. Dieses Wissen kann in der Pharmakologie eingesetzt werden, um diese Abläufe zu verbessern oder durch Medikamente zu beeinflussen. 3. Zelltherapie Anstatt Organ- und Gewebespenden zur Wiederherstellung beschädigter Organen und Gewebe einzusetzen, kann man auch Stammzellen therapeutisch verwenden (= Zelltherapie). Die tatsächliche Verwendung von Stammzellen für Zelltherapien ist jedoch nach wie vor sehr begrenzt. Die hohen Erwartungen, die man in den sicheren und allgemein verfügbaren Einsatz von Stammzellen in der Zelltherapie setzt rechtfertigen den großen finanziellen Einsatz zugunsten der Stammzellforschung. • Aktuelle Zelltherapien: Hierfür werden nur erwachsene Stammzellen (ASC = adult stem cell) verwendet. Ein Beispiel ist die Anwendung von Stammzellen aus Nabelschnurblut (HSC = hämatopoetische Stammzellen) bei der Behandlung von Leukämie bei Kindern oder die Verwendung von ASC aus Knochenmark zur Leukämie-Behandlung. Auch die Verwendung von Zellkulturen aus Haut- und HornhautStammzellen zur Wiederherstellung dieser Gewebe zählt zu den bestehenden Zelltherapien. • Experimentelle Zelltherapie: Im Rahmen der experimentellen Zelltherapie werden Anwendungsmöglichkeiten von erwachsenen (ASC)- als auch embryonalen (ESC)-Zellen erforscht. Das Anlegen von Kulturen verschiedener Arten von erwachsenen und embryonalen Stammzellen, z. B. Zellkulturen von Nerven-Stammzellen oder Stammzellen für die Hautbildung, sowie zahlreiche Versuche, das Potenzial und damit den Anwendungsbereich dieser Zellen zu vergrößern, stehen im Zentrum der experimentellen Zelltherapie. Die Hoffnung, Stammzellen eines Tages zur Regeneration bei Rückenmarksverletzungen einsetzen zu können, ist hierfür ein Beispiel. Der verstorbene Schauspieler Christopher Reeve, bekannt geworden in der Rolle des Superman und nach einem Sturz vom Pferd gelähmt, war ein großer Verfechter der Stammzellforschung. Derzeit setzt man die größten Hoffnungen auf Anwendung der Zelltherapie bei Krankheiten in Folge des Verlusts von gesundem Gewebe nach einer Unterbrechung der Blutversorgung oder Thrombose, z. B. Herzinfarkt, Schlaganfall, Gangrän, Parkinson, Diabetes. Dabei herrscht ein Mangel an diesen Zellen im Gewebe, jedoch gibt es keinen Krankheitsprozess, der diese Zellen erneut angreifen könnte. 4. Zukünftige Therapiemöglichkeiten: • Nicht-reproduktives, therapeutisches Klonen Aus dem Ei wird der Kern entfernt. Der Kern wird durch einen Zellkern des Patienten ersetzt, was bedeutet, dass das genetische Material oder die Gene des Patienten das ursprüngliche genetische Material der Eizelle ersetzen. Die Eizelle mit dem „fremden“ Kern wird zur Teilung angeregt und bildet eine Blastozyste. Dieser Blastozyste wird eine Zelle entnommen, die als ESC eine Zellkultur mit dem genetischen Material des Patienten bilden wird. Eine medizinische Verwendung von Gewebe, das aus diesen ECS entstanden ist, senkt das Risiko einer Abstoßung. Klonen nennt man auch Zellkerntransplantation oder SCNT (somatic cell nuclear Transplantation). In Zukunft hofft man, solcherart alle Zelltypen und Gewebearten mit optimaler Kompatibilität wachsen lassen zu können, da sie die Gene des Patienten enthalten. Dies würde die Behandlung vieler Krankheiten enorm verbessern: z. B. durch Schaffung von Herzgewebe, Knochengewebe oder Nervenzellen. Derzeit ist eine klinische Anwendung dieser Technik in großem Ausmaß jedoch noch nicht möglich. Hinweis: Es ist wichtig darauf hinzuweisen, dass bei therapeutischem / nicht-reproduktivem Klonen das Wachstum der Eizelle mit den Genen des Patienten zeitgerecht gestoppt wird, und zwar im Stadium der Blastozyste. Man verfolgt damit nicht den Zweck, Eizellen mit transplantiertem Kern weiter zu Embryonen, Föten oder möglicherweise lebensfähigen Babys weiterwachsen zu lassen. Dies wäre reproduktives Klonen und ist streng verboten. Bioethische Fragen FRAGEN rund um Stammzellenforschung und Eizellspende: Rechtliche / ethische Debatte Rechtliche / ethische Debatte 1. Über die Verwendung von überzähligen Embryonen 2. Über die Schaffung von Embryonen ausschließlich zu Forschungszwecken 3. Rund um Eigentumsrechte und geistiges Eigentum 4. Zu Eizellspenden 5. Kann man Frauen durch Druck oder finanzielle Anreize zur Eizellspende bewegen ? 6. Wirtschaftliche Fragen rund um kommerzielle Eizellspenden 7. Fragen zur Leihmutterschaft 8. Fragen rund um das Klonen 9. Nabelschnurblutbanken: privat oder öffentlich-rechtlich? Oben genannte Diskussionspunkte sind nicht als erschöpfende Aufzählung zu betrachten, sondern dienen als Anregung und Unterstützung für Debatten rund um dieses Thema. 8 Die angeführten Informationen sind nicht erschöpfend und haben Beispielfunktion. 8 1. Die Verwendung überzähliger Embryonen: Kann man überzählige IVF Embryonen in der Stammzellenforschung einsetzen? Gilt der volle rechtliche Schutz des Individuums auch für einen Embryo? Die Kontroverse um die Verwendung von Stammzellen dreht sich in erster Linie um die Frage, ob es vertretbar ist, menschliche Embryonen für die wissenschaftliche Forschung und die Verbesserung der Gesundheit zu verwenden, obwohl dies ihr Absterben bewirkt. Diese Diskussion ist vergleichbar mit jener, die rund um die Abtreibung geführt wird. Diese Kontroverse betrifft einzig embryonale Stammzellen, nicht jedoch erwachsene Stammzellen. 2. Schaffung von Embryonen ausschließlich zu Forschungszwecken: Wird durch die Erzeugung von Embryonen jenseits von Fruchtbarkeitstherapien und Kinderwunsch und / oder durch therapeutisches Klonen, für das eine Eizelle benötigt wird, das Ei zur Ware ? Kann man Eizellen zur Herstellung von ESC-Zellkulturen in großem Umfang einsetzen, um Zelltherapien oder andere pharmazeutische Ziele zu erreichen? Die reale Umsetzung dieser Zukunftsperspektiven wird noch sehr viel Zeit in Anspruch nehmen. Es ist jedoch heute schon klar, dass bei erfolgreicher Weiterentwicklung dieser Forschungsansätze die Nachfrage nach Eiern als "idealer" Grundlage für Zelltherapie rapide ansteigen wird! 3. Rund um Eigentumsrechte und geistiges Eigentum: Kann ein Patent auf Eizellen, Embryonen, Zelllinien oder ESC eingereicht werden? In unserer modernen Gesellschaft haben Patente wesentliche Bedeutung für die Aufrechterhaltung sowohl der Wirtschaft als auch der wissenschaftlichen Forschung. Im traditionellen Recht ist ein menschlicher Körper "res nullius" und kann keinesfalls Eigentum sein. Dennoch ermöglicht es die Gesetzgebung in vielen Ländern, körpereigene Bestandteile in einem kommerziellen Rahmen zu verwenden. Die Zulassung von Patenten auf Stammzellen, Stammzelllinien und manipulierte Eizellen wie in den USA wird auch in Europa gefordert. Eizellen kommen auf diese Art und Weise in einen kommerziellen Kreislauf und werden zur Quelle von „Profit“. Dies erhöht auch die Nachfrage nach Eiern und das Ei kann zum Gegenstand eines Geschäfts werden. Wenn Eizellen Elemente sind, mit denen gehandelt werden kann, müsste man dafür einen fairen Preis bezahlen. Wie kann man den Preis festsetzen? Wenn man wie etwa in Belgien den Standpunkt vertritt, dass es sich um eine „Gabe“ oder „Spende“ handelt, dann muss dem ein „Gegengeschenk“ gegenüber stehen, sei es Dank, soziale Anerkennung, Gegenseitigkeit, moralische philanthropische Satisfaktion, etc. Belgischen Gesetze: - 23. September 2007 über die Verwendung menschlichen Gewebes - 11. Mai 2003 in Bezug auf Embryonenforschung 28. Mai 2003 Datum der Veröffentlichung im belgischen Staatsblatt - 6. Juli 2007 über die medizinisch unterstützte Fortpflanzung In Belgien hat das Gesetz über Embryonenforschung vom 11. Mai 2003 (Belgisches Staatsblatt 28. Mai 2003) grundsätzlich Forschung an überzähligen Embryonen nach einer IVF erlaubt. Wichtig dabei ist, dass der belgische Gesetzgeber die Forschungsmodalitäten (z. B. durch anerkannte Labors, unter Aufsicht einer Ethik-Kommission, nach der richtigen Methodik, unter Aufsicht eines spezialisierten Arztes und nur dann, wenn keine andere Forschungsmethode in Betracht kommt). Überdies ist das maximale Alter des Embryos auf 14 Tage festgelegt: Untersuchungen an Embryonen können nur in den ersten 14 Tagen der Entwicklung des Fötus durchgeführt werden, die Gefrierperiode nicht mit eingerechnet. Die informierte, schriftliche Einwilligung aller Beteiligten ist erforderlich. Belgien und das Vereinigte Königreich sind die einzigen Länder in der EU, die über einen rechtlichen Rahmen für die Schaffung von Embryonen für Forschungszwecke und Kerntransfer oder Klonen verfügen: Es ist somit er erlaubt, ein Embryo in vitro für Forschungszwecke zum Wachsen zu bringen, sofern alle Bedingungen des Gesetzes über Embryonenforschung erfüllt sind und unter der Voraussetzung, dass die Untersuchung nicht auf eine andere Weise möglich ist, um das gleiche Forschungsziel zu erreichen. 4. Eispenden: Vorerst muss man unterscheiden zwischen Spenden überzähliger Embryonen (oder Eier) durch Frauen oder Paare mit eigenem Kinderwunsch, die bereits ein IVF-Verfahren durchlaufen haben, und Spenden von Eizellen von jungen Frauen, die vorläufig ohne eigenen Kinderwunsch sind, aus Beweggründen wie Altruismus, aufgrund finanzieller Vergütung oder aus anderen psychosozialen Gründen. Bei letztgenannter Gruppe muss berücksichtigt werden, dass das Verfahren nicht nur sehr zeitaufwändig ist, sondern auch potenzielle Gefahren birgt. Nicht nur während der hormonellen Behandlung und der Eiabnahme gibt es Risiken, sondern auch später kann der Wunsch nach eigenen Kindern davon beeinträchtigt werden. Auf lange Sicht ist das mögliche Auftreten anderer Krankheitsbilder noch nicht ausreichend identifiziert. Es gibt zwei Zielgruppen, für die Eizellen bestimmt sind: - Paare, im weitesten Sinne des Wortes, mit Kinderwunsch und eigenen Fruchtbarkeitsproblemen - Forschungszentren 5. Kann man Frauen durch Druck oder finanzielle Anreize zur Eizellenspende bewegen ? Müssen Schwächere geschützt werden? Sind Frauen schwach oder unvorbereitet? Steht dies im Gegensatz zum absoluten Selbstbestimmungsrecht von Frauen? Auf welchem Weg erreicht die Information die betreffende Frau, damit sie ihre informierte Einwilligung (informed consent) für eine Eizellspende geben kann? Wann verfügt sie über ausreichende Kenntnisse für eine Eizellspende? Eizellspenden werden durch Stimulierung erreicht. Um den Eisprung anzuregen und mehrere Eizellen gleichzeitig „pflücken“ zu können, werden Hormonspritzen verabreicht. Diese Technik ist ähnlich wie bei einer IVF: Dennoch macht es einen großen Unterschied, ob man sich dieser Hormonkur unterzieht, um selber schwanger zu werden oder ob man als Eizellspenderin fungiert. Letztere Situation gibt Anlass zu größter Sorge, vor allem wenn "schwächeren" Frauen unter Druck gesetzt werden, um zu spenden oder finanziell geködert werden, wodurch Handel mit Eizellen betrieben werden kann. Der belgische Gesetzgeber hat Eizellspenden mit Blick auf die Stammzellenforschung zugelassen. Die Frau muss allerdings volljährig sein, ihre schriftliche Zustimmung gegeben haben und die hormonelle Stimulierung muss wissenschaftlich begründet sein (Art. 4 § 2 Embryonenforschungs-Gesetzes). Dennoch löste ein von der Universität Leuven an Studentinnen gerichteter Aufruf zur Spende von Eizellen gegen finanzielle Entschädigung eine Menge Protest aus. Das Selbstbestimmungsrecht der Frauen berechtigt sie, ihre gültige Einwilligung zu Eizellspenden zu geben. Dennoch mahnen Organisationen wie Zonta International und der belgische Frauenrat zu größter Vorsicht! Auf welcher Grundlage kann eine Frau ihr Recht auf Selbstbestimmung geltend machen? Dies ist mittels "informed consent" möglich: Der Patient muss aufgrund ausreichender Sachkenntnis eine informierte Entscheidung treffen. Das belgische Gesetz über Patientenrechte (Artikel 8) sieht vor, dass Frauen als Eispenderinnen über die relevanten Risiken und Nebenwirkungen des Eingriffs informiert werden müssen. Die spezifisch zu erwähnenden Risiken sind mögliche Hyperstimulation (in 2 bis 5% aller Fälle), Gefahr von Blutungen und / oder Infektionen bei der Entnahme der Eizellen, die Gefahr von Reaktionen auf Betäubungsmittel. Es gibt auch Meinungsverschiedenheiten über die Bewertung des Risikos von Hyperstimulation. Es ist noch nicht klar, welche – vor allem langfristigen - Auswirkungen diese hormonellen Stimuli haben werden, z. B. häufigeres Auftreten bestimmter Krebsarten. Dazu gibt es noch keine ausreichenden Daten oder Studien. Häufigeres Auftreten von gutartigen Gebärmutterproblemen ist jedoch bereits belegt. Die Zustimmung der Eizellspenderin muss immer schriftlich erfolgen und kann widerrufen werden bis zu dem Zeitpunkt, an dem die Untersuchungen beginnen. 6. Wirtschaftliche Fragen rund um Eizellspenden Die Kommerzialisierung des menschlichen und vor allem des weiblichen Körpers im Rahmen der GRM (Guided Reproductive Medicine) oder Fortpflanzungsmedizin in diversen Fertilitätskliniken ist ein sehr wichtiges Diskussionsthema. "ART" ist die Abkürzung für "Assisted Reproductive Technologies", Englisch für "medizinisch unterstützte Fortpflanzung“: Was assoziieren Sie mit diesem Begriff? Wie reagieren Sie darauf? Eizellspenden für kommerzielle Zwecke sind in Belgien verboten und werden mit Haftstrafen von 1 bis 5 Jahren oder einer Geldstrafe von 1 000 bis 10 000 € € geahndet. a. In Belgien vertritt man die Position, dass Eizellen kein Geschäftsgegenstand sein können. Nur direkt damit verbundene Unkosten können rückerstattet werden. Allerdings wird z.B. auf Samenspender verwiesen, die sehr wohl Entschädigungszahlungen erhalten, sowie Vergütungen für freiwillige Teilnehmer an medizinischen Experimenten. Für diese Gruppen wird allgemein akzeptiert, dass sie bezahlt werden. Im Rahmen des Projekts einer Fertilitätsklinik in Leuven wurden 2008 Vergütungen zwischen 400 und 750 € angeboten: Kann das eine faire Vergütung für ein Prozedere sein, dass mindestens 60 Stunden in Anspruch nimmt? Überdies werden dabei weder die damit verbundenen Unannehmlichkeiten oder mögliche kurz- und langfristige Komplikationen berücksichtigt. b. In den USA ist der kommerzielle Verkauf von Eizellen möglich. Es wird dafür ein ähnlicher Preis bezahlt wie der Stundensatz für Samenspenden. Eine Samenspende (ein völlig natürlicher Vorgang, der keine hormonelle Stimulierung erfordert) dauert 1 Stunde und bringt etwa 75 $ ein. Eine Eispende (die kein natürlicher Prozess ist) erfordert etwa 56 bis 70 Stunden Einsatz, u.a. für die ärztlichen Untersuchungen selbst und für die notwendigen Follow-ups der verschiedenen medizinischen Verfahren, und kostet rund $ 4 000, wenn die gleichen Stundensätze wie bei Samenspendern verrechnet werden. Bei diesem Vergleich werden etwaige Unannehmlichkeiten und spätere Komplikationen nicht berücksichtigt, die natürlich bei Samenspenden nicht auftreten. 7. Fragen rund um Leihmutterschaft Neben der Nachfrage nach den "besten", sprich "jungen" Eizellen (wie in Absatz 6 erwähnt), gilt es auch das Angebot und die Nachfrage nach Leihmutterschaft oder "Surrogate Mothers" zu diskutieren. Bei Google finden Sie bei Eingabe dieses Begriffs mehr als eine Million Textreferenzen! Alle oben genannten Punkte gelten auch hier. Die Mutter-Kind-Beziehung beruht auf mindestens drei Säulen: - Die Eizelle: oder der Anteil der sogenannten "biologischen" Mutter, die ihre DNA und erblichen Merkmale an das Kind weitergibt; - Die Leihmutter oder Gebärmutter nach einem IVF-Verfahren: der Anteil der "Epigenetik", d.h. aller Faktoren aus der Umgebung, in der sich die befruchtete Eizelle entwickelt und die die Entwicklung des werdenden Kindes beeinflussen; - Die "legalen" Eltern, die für die Versorgung und Erziehung des Kindes verantwortlich sind, wie z. B. bei einer Adoption. Der Vergleich mit Adoptionen kann hier von Nutzen sein. Dennoch ist die Problematik rund um Leihmutterschaft viel komplizierter. 8. Fragen zum Klonen Die Erschaffung eines vollständig identischen Menschen oder Tiers mit technischen Mitteln, also reproduktives Klonen, wirft zahlreiche Fragen auf. In fast allen Kulturen wird Fortpflanzung durch Klonen abgelehnt. Das Buch „Brave New World“ von Aldous Huxley beschreibt eine zukünftige Welt mit einer Bevölkerung, die identisch geklont ist. Mittlerweile wurde das Klonen von (identischen) Tiere bereits ins Auge gefasst, sei es wegen ihrer außergewöhnlichen Eigenschaften oder um vom Aussterben bedrohte Arten zu retten. Die Technologie existiert also, das reproduktive Klonen von Menschen wird jedoch nach wie vor überall abgelehnt. Dennoch findet die Erzeugung von "direkten" embryonalen Stammzellen mit der DNA des Patienten in der Zelltherapie bereits statt. Eine ethische Debatte ist dringend notwendig: Die Erfahrungen mit Klonen bei Tieren (siehe Dolly, das geklonte Schaf) haben in der Tat gezeigt, dass die gesundheitlichen Risiken, die bei einem geklontes Baby auftreten könnten, unvorhersehbar sind. Ein derartiges Risiko in Bezug auf ein menschliches Kind einzugehen, kann man nur rundweg ablehnen. In Bezug auf therapeutisches Klonen stellt sich die Frage, ob die Entnahme vieler menschliche Eizellen für Forschung und Behandlung trotz vorderhand geringer Erfolgsquoten gerechtfertigt ist. Der Einsatz tierischer Eizellen, mit denen „eigenes“ Gewebe oder Organe hergestellt werden kann (ein Ohr wächst auf einer Maus), stellt eine mögliche Alternative dar. Dies ist in Großbritannien bereits erlaubt. So stellte man „Schimären“ oder Hybride her. Bei dieser Technologie ist der Einfluss der Epigenetika noch wenig bekannt, d.h. all jener Faktoren mit Ausnahme der DNA des transplantierten Zellkerns, die die Eigenschaften der „Frucht“ beeinflussen. 9. Nabelschnurblutbanken: privat oder öffentlich-rechtlich? In diesem Zusammenhang ist es wichtig zwischen gesellschaftlichem Interesse (z. B. für die Behandlung von Leukämiepatienten: öffentliche Nabelschnurblutbanken arbeiten hier zusammen) und privaten Interessen abzuwägen (z. B. das Einfrieren von Nabelschnurblut von Kindern für eine zukünftige Zelltherapie des Vaters oder der Mutter, die nach ihrer Sportlerkarriere verletzte Knorpel wiederherstellen wollen). NETCORD ist eine weltweite Datenbank, in der die Daten und spezifischen Eigenschaften von Stammzellen abgerufen werden können, die sich eingefrorenen Nabelschnurblutproben in öffentlichen Nabelschnurblutbanken befinden. So können Leukämiepatienten, die diese Therapie benötigen, eine größere Menge von geeigneten Stammzellen zur Verfügung gestellt werden. Das eingefrorene Nabelschnurblut hat eine maximale Haltbarkeit von 20 Jahren. Es gibt mittlerweile viel mehr private (über 130) als öffentliche Nabelschnurblutbanken (50). In Belgien ist eine kommerzielle Blutbank, Cryo-Save, tätig. Daneben gibt es mehrere öffentlich-rechtliche Nabelschnurblutbanken in Leuven, beim Roten Kreuz Flandern, Brüssel und Lüttich. Bisher hat die private Nabelschnurblutbank jedoch mehr Proben von Nabelschnurblut gesammelt als alle öffentlichen Nabelschnurblutbanken zusammen. Die Abnahme von Nabelschnurblut für öffentliche Nabelschnurblutbanken unterliegt strengen Auflagen und ist daher nur in einer begrenzten Anzahl von Entbindungskliniken möglich. Unmittelbar nach der Abnahme werden Tests über potenzielle Risiken durchgeführt und eine Typenbestimmung vorgenommen. Die meisten öffentlich-rechtlichen Banken sind an NETCORD angeschlossen, so dass im Fall von Leukämie die meist kompatible Blutprobe verwendet werden kann. Dieses System basiert auf dem Prinzip der Solidarität. Private Nabelschnurblutbanken nehmen Blutproben in jedem Krankenhaus ab und verrechnen für die Abnahme und Lagerung von Nabelschnurblut mehrere tausend Euro. Sie führen auch keine weiteren Untersuchungen durch. Oben genannte Diskussionspunkte sind nicht als erschöpfende Aufzählung zu betrachten, sondern dienen als Anregung und Unterstützung für Debatten rund um diese Thematik. Die angeführten Informationen sind nicht erschöpfend und haben Beispielfunktion.