S301 AK-171.1 Sepsis - Eine alte Krankheit? H. Petermann

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AK-171.1 Sepsis - Eine alte Krankheit?
H. Petermann
Universitätsklinikum Münster
Im Jahr 1874 stellte Peter Panum die Frage, ob und in wie fern die in faulenden
Flüssigkeiten vorhandenen mikroskopischen Organismen (namentlich die
Bakterien) die bei der so genannten „Septicämie“ auftretenden Symptome
verursachen oder nicht. Seiner Meinung nach müsse man bei der Beantwortung
den Forderungen der Logik genügen und die einzelnen Punkte durch streng
wissenschaftliche Untersuchungen aufklären.[1]
Bereits 1674 hatte Antonie van Leeuwenhoek mit dem von ihm entwickelten
Lichtmikroskop das erste Mal Bakterien beobachtet und ihre Formen beschrieben.
Hermann Boerhaave sah um 1700 schädliche Substanzen in der Luft als Auslöser
einer (Wund)Infektion. Im Jahr 1847 beschrieb Iganz Semmelweis das
Kindbettfieber und dessen Auslöser. Diese Erkenntnis war die Grundlage weiterer
Untersuchungen nach Etablierung der naturwissenschaftlichen Medizin (1850).
Louis Pasteur entdeckte, dass Bakterien und Mikroben die Verursacher von
Fäulnis und Verwesung sind. Eine Einteilung der „Septicämie“ und „Pyämie“ folgte
1872 sowie 1874 und 1878 die Veröffentlichungen von Robert Koch über
Milzbrand und die Ätiologie der Wundinfektionskrankheiten. 1879 wies Richard
Pfeiffer Endotoxin als Ursache des septischen Schocks nach. Im Rahmen dieser
Untersuchungen wurde die „Sepsis“ als Krankheit klassifiziert. Hans Schottmüller
referierte 1914 über „Wesen und Behandlung der Sepsis“ und, dass man von einer
Sepsis spreche, „wenn die Krankheitserreger eine Allgemeininfektion des
Organismus herbeigeführt haben.“[2]
Retrospektiv betrachtet finden sich bereits in der frühen Medizingeschichte in
Krankheitsbeschreibungen wie den Hippokratischen Schriften (4.Jh.v.Chr.) bereits
Schilderungen der Sepsis. Allerdings prägten diese Zeit noch magischanimistische, dämonologische und theurgische Krankheitsvorstellungen. Die
naturwissenschaftliche Explikation von Krankheit, wie wir sie heute kennen,
etablierte sich erst Mitte des 19. Jahrhunderts. Aus dieser Zeit ist eine Reihe von
Experimenten belegt, die sich mit der Wirkung von „putriden Giften“ als Auslöser
der Sepsis beschäftigten. Der Diagnose folgten erste Therapieversuche bis zur
hinreichenden Diagnostik und Therapie des „Amoklaufes der Abwehrkräfte“ nach
1945 (Antibiotika, Intensivmedizin).
„Sepsis“ ist als Form eine „alte“ Krankheit, im Bezug auf das heutige
Krankheitsverständnis wurzelt sie im 19. Jahrhundert.
Literatur: [1] Real-Encyclopädie der gesammten Heilkunde. Bd.22. 1899. [2]
Verhandlungen Dt. Kongress für Innere Medizin. 31. 1914, S.257.
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