Elektromagnetisches Optikrechnen – eine Einführung

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Optikdesign
Elektromagnetisches Optikrechnen –
eine Einführung
Frank Wyrowski, Friedrich-Schiller-Universität Jena,
Hagen Schimmel, LightTrans GmbH, Jena
Die Nutzung eines elektromagnetischen Feldmodells im Optikrechnen
bedeutet nicht die Abkehr vom Einsatz der geometrischen Optik. Elektromagnetisches Optikrechnen ist vielmehr eine Verallgemeinerung bestehender Verfahren, die mit der heutigen Computertechnik auch immer
geeigneter für praktische Anwendungen wird. Analog zur Einführung des
Raytracing liegt hierin der nächste große Schritt für das Optikrechnen.
Das Berücksichtigen elektromagnetischer
Effekte im Optikrechnen wird oft mit
unverhältnismäßig hohem Rechenaufwand
gleichgesetzt. Es geht beim elektromagnetischen Optikrechnen tatsächlich aber nicht
um die durchgehend rigorose Lösung der
Maxwellschen Gleichungen. Vielmehr geht
es darum, die gewaltigen Vorteile der elektromagnetischen Modellierung und des
Designs in der Praxis verfügbar zu machen.
Auch die Methoden der geometrischen
Optik haben ihren Platz im elektromagnetischen Optikrechnen.
Warum elektromagnetische
Modellierung?
Innovative Optikentwicklungen sind immer
stärker auf umfassende Informationen über
die Eigenschaften des Lichts im optischen
System und insbesondere in der Zielregion angewiesen. Dort soll ja durch Licht
ein bestimmter Effekt ausgelöst werden.
Die mathematische Formulierung dieses
Effekts ist der Schlüssel, um ein System
durch Simulationstechnik zu optimieren.
Für abbildende Systeme gibt es vielfältige
entsprechende Gütekriterien, neue kommen durch immer weitergehende Anforderungen dazu. Die Wirkungsweise nichtabbildender optischer Systeme wird oft
durch ganz speziell ausgelegte Funktionen
bewertet. Für die Einkopplung von Laserlicht in eine monomodige Glasfaser beispielsweise ist diese Funktion die Einkoppeleffizienz in ihrer mathematischen Form
des Überlappintegrals von Grundmode der
Faser und der einzukoppelnden Lichtverteilung. Auch in der Lasermaterialbearbeitung werden spezielle Anforderungen
an den räumlichen Verlauf der Lichtverteilung gestellt. Zunehmend werden auch die
Polarisation und die Kohärenz des Lichts
Eingangsfeld
Komponenten
Ziel
Bild 1: Mögliches Szenario einer Modellierungsaufgabe: Das durch eine Quelle erzeugte
Eingangsfeld soll von einer Linse fokussiert und auf seinem Weg zur fokalen Region durch
ein mikrostrukturiertes Oberflächenelement, zum Beispiel zur Strahlformung, zusätzlich
manipuliert werden
genutzt, um spezielle Effekte zu optimieren. Bereits diese Beispiele illustrieren die
unterschiedlichen Anforderungen an die
zu erzeugenden Lichtverteilungen, die zu
einer Fülle von verschiedenen Gütefunktionen führt.
Was bedeutet das nun für das Optikrechnen? Offensichtlich muss es Zugriff auf alle
Parameter der Lichtverteilung gewähren,
also insbesondere auf deren räumlichen
und (bei Pulsen) zeitlichen Verlauf unter
Berücksichtigung der Kohärenz, der Polarisation und der spektralen Zusammensetzung. Nur dann werden die unterschiedlichsten Bewertungskriterien überhaupt in
einem Simulationsmodell verfügbar und
können in entsprechenden Algorithmen
formuliert werden. Eine vollständige Erfassung der Parameter des Lichtfeldes ist nur
durch die elektromagnetische Beschreibung gegeben. Daher muss zukunftsweisendes Optikrechnen auf einer elektromagnetischen Feldbeschreibung des Lichts
basieren, ohne dabei die bewährten geo-
metrisch-optischen Techniken zur Ausbreitung des Lichts bei der Modellierung völlig
auszuschließen. Im Folgenden werden einige Grundideen des elektromagnetischen
Optikrechnens skizziert. Die hier formulierten Grundlagen sind in der Software
LightTrans VirtualLab umgesetzt, mit der
auch die gezeigten Simulationen durchgeführt wurden1.
Elektromagnetische Felddarstellung und Identifikation
redundanter Feldkomponenten
Bei der Ausbreitung des Lichts durch ein
System findet man immer einen Wechsel
der Ausbreitung des Lichts durch homogene Medien wie Luft oder Glas, und
durch inhomogene Regionen, zum Bei1
Die Beispiele dieses Artikels sind auf
www.lighttrans.com unter Download zum Herunterladen bereitgestellt und können anhand einer TestVersion selbstständig durchgeführt werden.
Sonderdruck aus Photonik 6/2006
1
Optikdesign
Bild 2: Propagation des
Feldes im homogenen Medium zwischen Linse und
mikrostrukturiertem Element (a) und weiter durch
diese Komponente (b)
spiel Grenzübergänge zwischen Medien
oder indexmodulierte optische Komponenten (Bild 1). Somit ist das Feld in einem
homogenen Medium für alle Systeme von
besonderer Bedeutung und wird daher
zum Ausgangspunkt der Diskussion des
elektromagnetischen Ansatzes.
Natürlich sind die Maxwellschen Gleichungen für die Formulierung eines elektromagnetischen Ansatzes zentral, denn
deren Lösungen definieren die elektromagnetischen Felder. In einem homogenen, dielektrischen Medium haben sie
die Form:
∇ × E r = iω0µ0 H(r
(1)
∇ × H r = −iω0ε0εr ω0 E r
∇E r = 0
(3)
∇H r = 0
(2)
(4)
E r = Ex x , y , z , Ey x , y , z , Ez x , y , z
sind dabei die komplexen Amplituden des
zugehörigen harmonischen elektrischen
Feldes der Winkelfrequenz ω0 und entsprechend H(r) für das magnetische Feld.
Die relative elektrische Permittivität ist
durch εr ausgedrückt. Die Formulierung
der Gleichungen in der obigen Form setzt
voraus, dass das Medium optisch linear,
isotrop und nichtmagnetisch auf elektromagnetische Felder optischer Frequenzen
reagiert.
Auf den ersten Blick könnte man denken, eine vollständige elektromagnetische
Beschreibung eines optischen Feldes würde
die Angabe aller sechs Feldkomponenten im gesamten Raum eines optischen
Systems verlangen. Dies ist aber erfreulicherweise nicht der Fall: anhand von Gleichung 1 kann das magnetische Feld aus
dem elektrischen ausgerechnet werden,
sobald E(r) bekannt ist. Weiterhin zeigt
Gleichung 3, dass die Komponenten des
elektrischen Feldes nicht unabhängig sind,
sondern zum Beispiel Ez(r) durch
(5)
aus den anderen beiden Komponenten
2 Sonderdruck aus Photonik 6/2006
ausgerechnet werden kann. Damit folgt,
dass eine vollständige elektromagnetische
Betrachtung schon dann gegeben ist,
wenn man den Feldvektor
(6)
f r = Ex r , Ey r
mit der geforderten Genauigkeit bestimmt.
Die restlichen Komponenten können daraus abgeleitet werden.
Konzept der
Propagationsoperatoren
Mit der Darstellung des elektromagnetischen Feldvektors gemäß Gleichung 6
ist immer noch die Berechnung des Feldes
im gesamten dreidimensionalen Raum
verbunden, obwohl man eigentlich im
Wesentlichen an der Verteilung in einigen
Subregionen, insbesondere in der Zielregion, interessiert ist. So ist im Beispiel aus
Bild 1 die Darstellung des Feldes zwischen
Linse und mikrooptischem Element oft
nicht nötig. Es würde reichen, das Feld in
den Ebenen direkt hinter der Linse und vor
dem nächsten Element zu kennen. Dies ist
durch die Ebenen senkrecht zur z-Achse in
den Schnittpunkten zj und zj+1 in Bild 2a
illustriert.
Propagation im homogenen Medium
Durch die Einführung von Propagationsoperatoren kann man die Behandlung des
Feldes auf genau diese Ebenen beschränken. Die Propagation des Feldes von zj
nach zj+1 lässt sich formal mathematisch
in einem homogenen und isotropen Medium durch die folgenden Operatorengleichungen beschreiben:
f x , y , zj+1 = PΔz f x , y, zj
(7)
kein Übersprechen zwischen den beiden
Komponenten während der Propagation.
Das führt auf die diagonale Matrixform mit
identischem Operator für x- und y-Kanal.
Durch ihren Bezug auf den Feldvektor f (r)
ist die elektromagnetische Beschreibung
des Problems sichergestellt. Von der Wahl
des Operators PΔz hängt es ab, ob die beiden Feldkomponenten mit der geforderten
Genauigkeit propagiert werden. Sobald
das der Fall ist, sprechen wir von einer elektromagnetischen Modellierung in der Region zwischen zj und zj+1 . Daher können in
Abhängigkeit von
a priori
Informationen
über das Feld f x , y , zj und dem Abstand
Δz verschiedene Modelle zur Formulierung
von PΔz angewendet werden [1]:
• Das “Spectrum of Plane Waves“-Integral (SPW) unterliegt keinen Beschränkungen an das Feld, kann aber bei großen Propagationsabständen zu hohem
numerischem Aufwand führen.
• Das Rayleigh-Sommerfeld-Integral kann
als alternative Formulierung des SPWIntegrals aufgefasst werden und besitzt
andere numerische Eigenschaften, die
in der Praxis nützlich sein können.
• Das Fresnelintegral darf nur für paraxiale Felder angewendet werden.
• Die Fernfeldnäherung des SPW-Integrals
kommt für ausreichend großen Abstand
der Propagation zur Anwendung.
• Auch die geometrische Optik kann zur
Formulierung von PΔz genutzt werden,
wenn das Feld lateral entsprechend
langsam variiert. In der Praxis entspricht
dies Raytracing mit striktem Bezug auf
die Felddarstellung gemäß Gleichung 6
durch komplexe Amplituden f (r).
Diese Auswahl verdeutlicht sehr klar: Nicht
die verwendete Methode für den Operator
PΔz macht die elektromagnetische Modellierung aus, sondern ihre Anwendung im
Rahmen der Gleichung 8.
Propagation durch Komponenten
Für die Propagation des Feldes in zj+1
durch die Komponente nach zj+2 entsprechend Bild 2b folgt eine verallgemeinerte
Version der Gleichungen 7 und 8 gemäß
f x , y , zj+2 = S f x , y, zj+1
(9)
und in Matrixform
und in Matrixform
(10)
(8)
mit dem Abstand Δz = zj+1 − zj und dem
Operator PΔz . Die 2x2-Struktur ergibt
sich direkt aus der Diskussion der Felddarstellung und deren Ergebnis Gleichung 6.
Durch die Isotropie des homogenen Mediums gibt es keine Vorzugsrichtungen und
Bei der Propagation durch inhomogene
Medien darf im Allgemeinen keine Diagonalform der Operatorenmatrix mehr
angenommen werden, selbst dann nicht,
wenn nur isotrope Medien in der Region
vorkommen. Die Operatorenmatrix S steht
für eine sehr große Vielfalt möglicher
Optikdesign
x-Komponente
y-Komponente
z-Komponente
Bild 3: Darstellung der elektrischen Feldkomponenten eines Donut-Modes in der Taillenebene
Methoden. Die Jones-Matrix stellt den
einfachsten Spezialfall von S dar. Dann
sind die einzelnen Operatoren in der Matrix
nichts anderes als konstante komplexe
Zahlen. Am anderen Ende der Komplexität
können die Operatoren rigorose Techniken
auf Basis der Gittertheorie und der finiten
Elemente formulieren. Gerade bei der Propagation durch Komponenten sind auch
geometrisch-optisch basierte Techniken
sehr wichtig [2]. Große Bedeutung werden
in Zukunft die hybriden Methoden bekommen, die geometrisch- und physikalischoptische Methoden kombinieren [3-5].
Zusammenfassend sprechen wir von einer
elektromagnetischen Modellierung der
Propagation durch eine Komponente,
wenn abhängig von der Komponente und
von
a priori
Informationen über das Feld
f x , y , zj+1 ) eine Methode für S gewählt
wird, die im Rahmen der Gleichung 10
die
Genauigkeit für das Feld
geforderte
f x , y , zj+2 sicher stellt. In diesem Gebiet
ist noch viel Forschung und Entwicklung
Bild 4: Die Intensität |Ex|2+|Ey|2 des DonutModes mit Kennzeichnung der entstehenden azimutalen Polarisation
zu leisten, doch sind die bisher erreichten
Ergebnisse schon sehr vielversprechend.
Die elektromagnetische Methode im
Optikrechnen erlaubt eine unglaubliche
Vielfalt der möglichen Anwendungen. Im
Folgenden werden wenige Beispiele aus
dem Gebiet der Optik der Laserstrahlen
dargestellt.
Beispiel: Donut-Mode
In Bild 3 sind die Amplituden der drei
elektrischen Feldkomponenten eines
Donut-Modes dargestellt. Diese so genannten hybriden Moden können in Laserresonatoren angeregt werden und besitzen
interessante Polarisationseigenschaften. Für
die Simulation der x- und y-Komponenten
wurden ein Taillenradius von 30 µm und
eine Wellenlänge von 633 nm gewählt.
Die z-Komponente wurde aus den beiden
anderen Komponenten über Gleichung 5
berechnet. Das Maximum der Amplitude
der z-Komponente ist um den Faktor 1000
kleiner als das der anderen beiden Komponenten. Das legt es nahe, das definierte
elektrische Feld als paraxial einzuordnen.
Die Berechnung der magnetischen Feldkomponenten aus denen des elektrischen
Feldes ist direkt möglich, wird hier aber
nicht gezeigt.
In Bild 4 wird deutlich, warum der Mode
den Namen Donut bekommen hat. Die
typische Form wird bei Überlagerung der
x- und y-Komponenten zu |Ex|2+|Ey|2
sichtbar. Der Donut-Mode ist nicht global
polarisiert, sondern weist eine azimutal
variierende lokale, lineare Polarisation auf.
Unter Anwendung der Gleichung 8 wird
das Feld um Δz = 3 mm mit dem SPWIntegral für PΔz propagiert. Die resultierende Intensität ist in Bild 5 dargestellt. Offenbar hat sich auch die lokale Polarisation
verändert. Die durch die Propagation eingeführten sphärischen Phasen führen zu
elliptischen Anteilen in der Polarisation und
damit auf veränderte Eigenschaften für alle
Anwendungen, bei denen die Polarisation
den gewünschten Effekt beeinflusst.
Beispiel: Linsenfokus
Abschließend soll die Fokussierung eines
Laserstrahls im Grundmode mit einer Linse
der NA=0,68 (aus einem Linsenkatalog entnommen) illustriert werden. Der Eingangsstrahl hat einen Taillenradius von 1,25 mm
und eine Wellenlänge von 830 nm. Er
ist in x-Richtung linear polarisiert und
besitzt damit keine y-Komponente in der
Eingangsebene der Linse. Zur Analyse des
Systems werden wellenoptische Freiraumpropagationen und die Propagation durch
die Linse gemäß den Gleichungen 8 und
10 implementiert. Die Propagation durch
die Linse erfolgt auf Basis einer geometrisch-optischen Technik [5]. Das Ergebnis
ist in Bild 6 dokumentiert: Die x-Komponente ist durch Aberrationen leicht gestört.
Bild 5: Die Intensität des Donut-Modes
nach 3 mm Propagation mit Kennzeichnung der entstehenden lokalen Polarisation
Sonderdruck aus Photonik 6/2006
3
Optikdesign
genauerer Blick auf die Propagationsoperatoren. Der Ansatz des elektromagnetischen
Optikrechnens kann auch für so genannte nicht-sequenzielle Problemstellungen
angewendet werden und die Generalisierung auf partiell kohärentes Licht, Felder
thermischer Strahler und ultrakurze Pulse
ist möglich und praktikabel.
Literaturhinweise
[1]
[2]
y-Komponente
x-Komponente
Bild 6: Falschfarbendarstellung
der elektrischen Feldkomponenten
eines Gaußschen Grundmodes im
Fokus einer Linse mit NA=0,68
wird offenbar, obwohl „nur“ eine geometrisch-optische Technik für die Linsenpropagation angewendet wurde. Das zeigt
deutlich die fundamentale Bedeutung der
Operatorengleichung 10 für elektromagnetisches Optikrechnen und gleichzeitig
die Flexibilität bei der Wahl der Propagationsmethode je Komponente und Region in
einem System.
z-Komponente
Der resultierende M2-Wert erhöht sich
von 1 auf 1,2. Die resultierende z-Komponente im Fokus wurde wieder gemäß
Gleichung 5 aus den anderen beiden Komponenten gewonnen. In diesem deutlich
nicht-paraxialen Fall tritt eine signifikante
z-Komponente auf. Bemerkenswert ist das
Auftreten der sehr schwachen y-Komponente, obwohl nur isotrope Medien
einbezogen sind. Offensichtlich führt die
Propagation durch die Linse zu einem
geringen Übertrag von der x- zu der yKomponente. Dieser Polarisationseffekt
Zusammenfassung und Ausblick
Das Einbeziehen elektromagnetischer
Betrachtungen in das Optikrechnen wird
in Zukunft immer wichtiger werden. Ein
weiter wachsender Bedarf an vollständigen Informationen über Lichtverteilungen
und die durch sie ausgelösten Prozesse
gepaart mit den steigenden Möglichkeiten
moderner Computertechnik weisen ganz
eindeutig in diese Richtung. Nachdem
hier das Prinzip des elektromagnetischen
Optikrechnens dargestellt wurde, folgt in
der nächsten Ausgabe der Photonik ein
[3]
[4]
[5]
L. Mandel, E. Wolf, Optical coherence and quantum
optics, Cambridge University Press, 1995
H. Lajunen, J. Tervo, J. Turunen, T. Vallius, F. Wyrowski,
Simulation of light propagation by local spherical interface approximation, Appl. Opt. 42, 6804-6810, 2003
G.N. Lawrence, Integrating geometrical and physical
optics with the lensgroup operator method, Optical
Design and Analysis Software SPIE 3780, 56-65, 1999
K. Brenner, W. Singer, Light propagation through microlenses: a new simulation method, Appl. Opt. 32(26),
4984-4988, 1993
F. Wyrowski, J. Turunen, Local interface techniques in
wave-optical engineering, in T. P. Jannson (ed.),Tribute
to Emil Wolf, SPIE Press, 379-400, 2005
Kontakt
Prof. Frank Wyrowski
Friedrich-SchillerUniversität Jena
Max-Wien-Platz 1
D-07743 Jena
Tel. 03641/821274
Fax 03641/207521
[email protected]
www.iap.uni-jena.de/optical-engineering
Hagen Schimmel
LightTrans GmbH
Wildenbruchstr. 15
D-07745 Jena
Tel. 03641/675431
Fax 03641/664354
[email protected]
www.lighttrans.com
7JS U V B M- BC— FMFDUSPNBHOFUJDNPEFMJOHNBEFFBTZ
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4 Sonderdruck aus Photonik 6/2006
Optikdesign
Elektromagnetisches Optikrechnen –
Lichtausbreitung
von rigoros bis geometrisch-optisch
Frank Wyrowski, Friedrich-Schiller-Universität Jena
Hagen Schimmel, LightTrans GmbH, Jena
Das Prinzip des elektromagnetischen Optikrechnens als Verallgemeinerung
und Erweiterung bestehender Verfahren des Optikdesigns wurde bereits im
ersten Teil dieser Reihe erläutert: die Ausbreitung des Lichts kann für jeden
Abschnitt des Systems durch geeignete Propagationsoperatoren beschrieben werden. Dieser Beitrag wirft einen näheren Blick auf diese Operatoren.
Im elektromagnetischen Optikrechnen
wird das optische System in geeignete
Subsysteme zerlegt, durch die das Licht mit
unterschiedlichen Methoden propagiert
wird. Insbesondere hilft es, für homogene
und inhomogene Medien unterschiedliche
Propagationstechniken zu verwenden. So
können in der Berechnung eines Systems
rigorose bis geometrisch-optische Techniken zum Einsatz kommen. Die Ausbreitung des Feldes zwischen zwei Orten wird
durch eine Matrix von Propagationsoperatoren beschrieben. Die große Herausforderung liegt in der Auswahl der Operatoren, bzw. der jeweils geeigneten Methoden. In diesem Artikel wird zunächst die
Ausbreitung idealer harmonischer Felder
betrachtet, die als Grundlage für die weiteren Propagationsbetrachtungen dient,
die Generalisierung auf nicht-harmonische
Lichtfelder folgt in der nächsten Ausgabe
der Photonik. Für die Lichtausbreitung in
homogenen Medien und Komponenten
werden verschiedene Methoden und ihr
Einsatzbereich verglichen. Dabei wird die
besondere Bedeutung der geometrischen
Optik für die Propagation durch optische
Komponenten auch im elektromagnetischen Optikrechnen diskutiert.
f x , y , zj = J U x , y, zj
Harmonische Felder
Ein harmonisches elektromagnetisches Feld
f (x , y , zj) in einer Ebene zj senkrecht zur
optischen Achse ist durch Angabe der
komplexen Amplituden der x- und y-Komponente des elektrischen Feldes in einer
Ebene zj komplett beschrieben:
(1)
Seine Ausbreitung von zj nach zj+1
beschreibt die PropagationsoperatorenMatrix S:
(2)
Harmonische Felder sind wegen des deterministischen Zeitverlaufs eiw0t immer polarisiert. Im Allgemeinen sind die x- und
Bild 1: Freiraum-Simulationsbei
spiel für U x , y, zj : Gauß-Funktion, die bei ihrer 1/e Ausdehnung
abgeschnitten wurde. Einmal mit
20 µm Durchmesser und 3,2°
Divergenz bei einer Wellenlänge
von 632,8 nm und einmal als
nichtparaxiales Beispiel mit 2 µm
Durchmesser und 32° Divergenz
y-Komponenten des Feldes unterschiedlich
verteilt, so dass die Polarisation lokal variiert (s. Bilder 4 und 5 in Photonik 6/2006,
S. 56).
Der Spezialfall global oder uniform polarisierten Lichts lässt sich beschreiben durch
Felder der Form:
(3)
Der Jones-Vektor J bezeichnet die konstante x- und y-Komponente des Feldes
und damit dessen Polarisation, während
die skalare Funktion U(x , y , zj) die gemeinsame laterale Verteilung der Komponenten
ausdrückt. Einfache Überlegungen zeigen,
dass die Uniformität der Polarisation nur
erhalten bleibt für Operatorenmatrizen S
vom Typ:
S = JS
(4)
Das bedeutet, die Operatorenmatrizen
haben selbst die Form von Jones-Matrizen.
Der skalare Operator S verändert U und
der globale Polarisationszustand, ausgedrückt durch den Jones-Vektor J, wird
durch die Jones-Matrix J modifiziert. Die
Elemente der Jones-Matrix sind nur komplexe Zahlen und nicht selber Operatoren
wie bei der allgemeinen Matrix S. Bei Propagationen, die die Polarisation des Feldes
nicht verändern, bei denen also J die
Identitätsmatrix (Diagonalen 1, sonst 0) ist,
1
Beispiele zu den Betrachtungen in diesem Artikel
sind in den beiden Anwendungsszenarien Free Space
Propagation Techniques und Geometrical Optics Propagation Techniques vorbereitet und erläutert und auf
www.lighttrans.com unter Solutions zum Download
bereitgestellt. Sie können anhand einer Test-Version
selbstständig durchgeführt werden.
Sonderdruck aus Photonik 1/2007
5
Optikdesign
Bild 2: Illustration der Propagation des nichtparaxialen Gauß mit dem SPW-Operator (links) bzw. dem Fresnelintegral entlang der z-Achse
wird die gesamte Lichtausbreitung durch
die laterale Veränderung der Funktion U
beschrieben, so dass gilt:
f x , y , zj+1 = J U x , y, zj+1
= J S U x , y, zj
(5)
Für diese skalare Modellierung wurde keine
Näherung gemacht, sondern nur Annahmen über die Physik der Propagation (vollständig uniform polarisiertes harmonisches
Feld, polarisationsneutrale Propagation).
Falls diese Annahmen erfüllt sind, stellt die
skalare Modellierung keine Näherung dar!
Propagation in homogenen Medien
Die Propagation elektromagnetischer Felder durch homogene Medien ist für die
x- und y-Komponente des Feldes identisch
und voneinander unabhängig, solange das
Medium, wie zum Beispiel bei Glas und
Luft, isotrop ist. Daher erfüllt die Freiraumausbreitung in isotropen Medien immer
die oben abgeleitete Bedingung für eine
skalare Modellierung ohne jede Näherung,
so dass sich die Diskussion im Folgenden
ohne Einschränkung der Allgemeinheit auf
die Propagationsgleichung
U x , y , zj+1 = PΔz U x , y, zj
(6)
des Wellenzahlvektors. Über eine Fouriertransformation F kann man nun U in
ebene Wellen zerlegen, diese mit P(kz , Δz)
multiplizieren und die Zerlegung über eine
inverse Fouriertransformation rückgängig
machen. Im Ergebnis ergibt sich eine rigorose Formulierung von P gemäß:
U x , y , zj+1 = PΔz U x , y, zj
(8)
-1
= F P kz , Δz F U x , y, zj
Dies ist eine sehr kompakte Formulierung
des Spectrum of Plane Waves Propagation
Integral (SPW-Operator), das mathematisch in das Rayleigh-Sommerfeld-Integral
überführt werden kann. Offensichtlich ist
sie für Computersimulation sehr geeignet, wenn man F mittels einer schnellen
Fouriertransformation (FFT) umsetzt. Tatsächlich ist dies die Basis wellenoptischer
Simulationstechnik.
Näherungen des SPW-Integrals:
Paraxial und Fernfeld
Man könnte vermuten, dass mit dem SPWIntegral alle Freiraumprobleme gelöst werden könnten. Physikalisch ist das richtig.
Doch numerisch sieht es anders aus. Das
kann man leicht in Bild 2 erkennen: Sobald
man weite Strecken propagieren will, wandert das Licht an den Rändern heraus.
Diese Ränder sind in der Simulation durch
die Feldgröße gegeben. Große Propagationsabstände verlangen also große Felder
und das kann sehr schnell zu unrealistischen Anforderungen an Speicherplatz
und Rechenkapazität führen. Daher sind
Näherungen des SPW-Integrals von großer praktischer Bedeutung! Diese dürfen
allerdings nicht willkürlich oder im guten
Glauben eingesetzt werden, sondern man
muss sicherstellen, dass die Näherung im
Rahmen der geforderten Feldgenauigkeit
erlaubt ist. Zwei Näherungen des SPWIntegrals sind von besonderer Bedeutung:
(1) Die paraxiale Näherung, die auf das
Fresnelintegral führt und (2) die Fernfeldnäherung, die zum Fernfeldintegral führt.
Das Fresnelintegral verhält sich numerisch komplementär zum SPW-Integral. Es
führt auf hohen Rechenaufwand für kurze
Abstände und für größere Abstände sind
die Anforderungen moderat. Bild 2 zeigt
die Ausbreitung des nichtparaxialen Gauß
(Divergenz 32°), propagiert einmal mit
dem SPW-Integral und einmal mit dem
Fresnel-Integral. Wie zu erwarten, sind die
Ergebnisse nicht identisch. Bild 3 zeigt die
Abweichung für die verschiedenen Abstände, sowohl für den Gauß mit 32° als auch
für den mit 3,2° Divergenz. Obwohl man
annehmen würde, dass letzterer mit seinen
3,2° paraxial ist, treten für die größeren
konzentrieren kann. U steht hier für die
x- oder die y-Komponente des Feldes, P
für den Freiraumoperator und Δz für den
Propagationsabstand.
Rigorose Technik:
Spektrum ebener Wellen (SPW)
Eine rigorose Formulierung für P lässt sich
leicht ableiten: Für ebene Wellen kennt
man die Lösung im homogenen Raum.
Damit kann man formal auch angeben,
wie sich eine ebene Welle bei der Propagation entlang der z-Achse verändert. Die
ebene Welle in zj wird mit dem Faktor
P kz , Δz = eikzΔz
(7)
multipliziert und ergibt die ebene Welle
in zj+1. kz steht für die z-Komponente
6 Sonderdruck aus Photonik 1/2007
Bild 3: Fehler bei der Propagation mit dem Fresnelintegral gegenüber der mit dem SPWIntegral beim nichtparaxialen (links) bzw. paraxialen Gauß. Ein Fehlerwert von 0,1 entspricht mittleren Amplitudenschwankungen von 10% um die Referenz
Optikdesign
Abstände auch hier deutliche Fehler auf.
Der Einsatz der paraxialen Näherung muss
also sehr gewissenhaft überprüft werden.
Bei der Fernfeldnäherung ist das entsprechende Fehlerverhalten für kleine und
große Divergenzen identisch (Bild 4). Für
große Divergenzen sinken die Fehler der
Fernfeldnäherung nur wesentlich eher.
Dies ist besonders hilfreich bei der Modellierung für die Strahlung von Laserdioden
und LEDs.
Zusammenfassend gilt: Für kleine Abstände ist das SPW-Integral die richtige Wahl.
Sobald der numerische Aufwand für größere Abstände überhand nimmt, muss man
genau überprüfen, ob das Fresnel- oder
das Fernfeldintegral hinreichend genau ist.
Einfache Regeln, um in konkreten Simulationssituationen eine Entscheidung zu
treffen, gibt es nicht. Man muss durch
partielles Proberechnen versuchen, den
Fehler zu schätzen. Dies ist eine große
Herausforderung im elektromagnetischen
Optikrechnen. Es kann sehr wohl zu Situationen kommen, in denen der Rechenaufwand für die Freiraumpropagation extrem
groß wird.
Propagation durch optische
Komponenten
Optische Komponenten sind formal gesehen inhomogene Regionen im System und
Propagation durch sie wird durch Gleichung 2 allgemein erfasst. Was steckt nun
aber hinter den formalen Operatoren in
der Matrix S? Ganz sicher gilt: Im Allgemeinen sind alle Komponenten in S verschieden und eine skalare Modellierung ist
nicht möglich.
Rigorose Techniken
Die Komplexität der rigorosen Lösung der
Propagation wird deutlich, wenn man die
einfachste aller Inhomogenitäten betrachtet, nämlich den ebenen Übergang von
Bild 5: Zerlegt man die Propagation des
einfallenden Feldes lateral, so kann man
näherungsweise an der Grenzfläche von
einer einfallenden ebenen Welle und einer
ebenen Grenzfläche ausgehen
Bild 4: Fehler bei der Propagation des
nicht-paraxialen Gauß mit dem Fernfeldintegral. Der Verlauf entspricht dem des
paraxialen Falls, bei dem der Propagationsabstand allerdings von 0 bis 5 mm läuft
einem isotropen dielektrischen Medium in
ein anderes. Die rigorose Lösung für eine
ebene einfallende Welle setzt sich zusammen aus: Reflexionsgesetz, Brechungsgesetz und den Fresnelschen Gleichungen
inklusive Brewster-Gesetz und Totalreflexion. Bezieht man die endliche laterale
Ausdehnung des einfallenden Feldes noch
ein, dann beobachtet man noch den GoosHänchen-Shift. Sobald man komplexere
Inhomogenitäten betrachtet, sind geschlossene Lösungen nicht mehr bekannt. Dann
basieren rigorose Techniken grundsätzlich
auf der numerischen Lösung der Maxwellschen Gleichungen in der Frequenzoder Zeitdomäne. Dabei kann man zum
Beispiel folgende Techniken unterscheiden: Modenentwicklungstechniken, Finite
Elemente und Differenzen Techniken,
Randwerttechniken. In der Optik sind die
Modenentwicklungstechniken besonders
verbreitet, auch weil sie immer neben der
Lösung des Problems zusätzliche physikalische Einsichten vermitteln. Durch die
wachsende Leistung von Computern werden allerdings auch die mathematischnumerischen Ansätze wie die Finite-Elemente-Methoden immer attraktiver. In den
nächsten Jahren sind deshalb wesentliche
Entwicklungen bei rigorosen Techniken
zu erwarten. Trotzdem muss man realistisch bleiben und verstehen, dass die
rigorosen Techniken noch auf lange Zeit
nur Teilprobleme im elektromagnetischen
Optikrechnen lösen können.
Als Beispiel betrachten wir die besonders
populäre Fourier-Modale-Methode (FMM),
die zur rigorosen Lösung der Propagation
durch Gitter jeglicher Art verwendet werden kann. Eine Abschätzung des numerischen Aufwands sieht wie folgt aus: Man
kann auf einem PC Eigenwertprobleme
von Matrizen in der Größenordnung von
1000×1000 lösen. Für FMM löst man je
Beugungsordnung einen Eigenwert. Man
muss mindestens alle propagierenden Ordnungen beachten, d.h. 2 d/λ Ordnungen
wenn d die Gitterperiode darstellt. Also ist
die Methode auf Perioden um d ≤ 500 λ
beschränkt. Das gilt für Gittermodulationen in einer Richtung. Für Modulationen
in x- und y-Richtung ist die Periode auf
d ≤ √500 λ ≈ 20 λ beschränkt. Man kann
FMM nicht nur für Gitter anwenden, sondern auch auf nichtperiodische Strukturen.
Dann wird die Periode d allerdings zur
Ausdehnung der optischen Komponente
selber. Wenn man also durch eine Linse mit
FMM rigoros propagieren möchte, dann ist
diese auf einen Durchmesser von ungefähr
20 λ beschränkt.
Auch wenn das alles nur Abschätzungen
sind, stimmt dieses Ergebnis tendenziell
für alle rigorosen Techniken: Die Regionen
müssen sehr klein sein und sind typischerweise auf wenige 10-100 Wellenlängen
beschränkt. Das macht sie sehr nützlich für
die Diskussion von Effekten in der Mikround Nanooptik. Bei umfassendem elektromagnetischen Optikrechnen stoßen sie
allerdings noch sehr schnell an ihre Grenzen. Alternative Techniken, die natürlich
immer Näherungen beinhalten müssen,
sind dringend erforderlich.
Geometrisch-optische Techniken
Die geometrische Optik ist nicht nur das
Arbeitspferd im klassischen Optikdesign,
sie ist auch unverzichtbar im elektromagnetischen Optikrechnen. Auf ihrer Basis
lassen sich praxisgerechte Propagationstechniken durch Komponenten entwickeln.
Dazu betrachten wir die Propagation durch
eine beliebig geformte, glatte Grenzfläche
zwischen zwei homogenen Medien. Praktisch formuliert besteht die Grundidee der
geometrischen Optik darin, eine komplexe
Bild 6: Propagiert eine deformierte Kugelwelle mittels Strahlen, die von einem äquidistanten Raster ausgehen, dann zerstört
die Propagation die Regularität und man
erhält die Feldinformationen auf einem
nichtäquidistanten Raster
Sonderdruck aus Photonik 1/2007
7
Optikdesign
Propagationsaufgabe in Teilprobleme zu
zerlegen, deren Lösung bekannt ist. Die
rigorose Propagation ebener Wellen durch
ebene Grenzflächen ist bekannt. Daher versucht man, ein generelles Problem geeignet
zu zerlegen (Bild 5). Bei der Propagation
der lateralen Abschnitte werden die Beugungseffekte am Rand nicht beachtet. Dies
ist das Wesen der geometrisch-optischen
Näherung. Die Kunst besteht nun darin,
die geometrisch-optische Näherung nur für
ganz kurze Strecken entlang der z-Achse
zu nutzen, sozusagen „so viel geometrische Optik wie nötig und so wenig wie
möglich“. Allerdings existiert ein noch
nicht aufgelöstes Dilemma: Da keine rigorose Referenz existiert, ist keine endgültige
Fehlerabschätzung möglich. Hier gibt es
noch viel Forschungsbedarf.
Numerisch gibt es eine weitere Herausforderung bei der Anwendung der geometrischen Optik. Typischerweise folgt einer
geometrisch-optischen Propagation wieder
eine Freiraumausbreitung entsprechend
Gleichung 8. Die Nutzung der FFT verlangt
dafür ein äquidistant abgetastetes Feld.
Eine geometrisch-optische Technik liefert
aber typischerweise die Werte an Orten,
an denen Strahlen landen, wie es in Bild 6
gezeigt ist. Und diese Orte liegen nicht
auf einem äquidistanten Raster. Dieses
Problem lässt sich durch geeignete Interpolationstechniken lösen, die die Physik der
Propagation beachten.
Hybride Techniken
Der Einsatz geometrisch-optischer Techniken muss auf kurze Propagationsabstän-
8 Sonderdruck aus Photonik 1/2007
de beschränkt bleiben. Sobald allerdings
dicke Komponenten oder sogar zusammengesetzte Objektive zu betrachten sind,
oder eine indexmodulierte Region, treten
unweigerlich größere Propagationsabstände auf. Damit wird die Näherung durch
geometrische Optik immer ungenauer.
Dann kommen hybride Techniken zum
Einsatz, die Freiraumausbreitung und die
geometrische Optik geeignet vereinen. Die
bekannte Beam Propagation Technik ist
ein typischer Vertreter dieses Ansatzes: Die
Region wird in Scheiben zerlegt, in denen
geometrisch-optisch propagiert und wellenoptisch korrigiert wird. So geht man von
Scheibe zu Scheibe. Außerdem kann man
das Eingangsfeld selber in Moden zerlegen,
bevor man geometrische Optik anwendet.
Auch so kann man die Anwendung der
geometrischen Optik auf wenige Raumanteile im System begrenzen. Im Bereich
der hybriden Techniken sind wesentliche
Entwicklungen zu erwarten.
Zusammenfassung und Ausblick
Die Modellierung der Lichtausbreitung ist
für das elektromagnetische Optikrechnen
zentral. Die Freiraumpropagation ist gut
verstanden, rigorose Methoden zur Propagation durch Komponenten werden immer
besser anwendbar, doch sind sie typischerweise noch auf die Modellierungen von
Regionen mit Ausdehnungen von einigen
10 bis 100 Wellenlängen beschränkt. Die
geometrische Optik ist daher unverzichtbar, um durch Komponenten propagieren
zu können. Gerade in Verbindung mit
den Freiraummethoden können sehr wirkungsvolle hybride Techniken entwickelt
werden. Insgesamt gibt es allerdings noch
einen riesigen Bedarf an Forschung und
Entwicklung für das elektromagnetische
Optikrechnen. Durch die aktuell schnell
wachsende Verfügbarkeit von Multikernprozessoren und insbesondere die Einführung der 64Bit-Technologie werden die
hohen Anforderungen an die Rechenkapazität für das elektromagnetische Optikrechnen aber immer besser erfüllt. In der nächsten Ausgabe der Photonik wird die Modellierung von Lichtquellen betrachtet und die
Propagation auf nicht-harmonische und
nicht-kohärente Felder ausgeweitet.
Kontakt
Prof. Frank Wyrowski
Friedrich-SchillerUniversität Jena
Max-Wien-Platz 1
D-07743 Jena
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www.iap.uni-jena.de/optical-engineering
Hagen Schimmel
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Optikdesign
Elektromagnetisches Optikrechnen –
Modellierung realer Lichtquellen
Frank Wyrowski, Friedrich-Schiller-Universität Jena
Hagen Schimmel, Michael Kuhn, LightTrans GmbH, Jena
Harmonische elektromagnetische Felder und ihre Propagation durch optische Systeme waren Thema der ersten Beiträge dieser Reihe zum elektromagnetischen
Optikrechnen. Einzelne harmonische Felder eignen sich allerdings nur mehr oder
weniger gut zur Modellierung der Felder realer Lichtquellen, denn diese sind
zeitlich und räumlich nicht vollständig kohärent. Außerdem sind sie oft nicht
polarisiert. In diesem Beitrag wird der Ansatz verfolgt, die Felder realer Lichtquellen durch eine Kombination vieler harmonischer Wellen zu modellieren.
Die Modellierung allgemeiner elektromagnetischer Felder ist eng verbunden mit
der statistischen Optik und der Kohärenztheorie. Optikbücher zu diesen Gebieten
konfrontieren oft mit Methoden, deren
physikalische Bedeutung sich nicht einfach
erschließt und werden vor allem durch
Diskussion der Kohärenzfunktion dominiert. Die Modellierung der Felder realer
Lichtquellen ist eine wirkliche Herausforderung mit immer noch vielen ungelösten
Problemen. Allerdings lassen sich moderne
Ansätze zur Feldmodellierung, die wesentlich weniger auf die Kohärenzfunktion als
Zentrum aller Betrachtungen setzen, durch
wenige fundamentale Ideen zusammenfassen.
Allgemeine elektromagnetische Felder
Bild 1 illustriert die grundlegende Situation, die wir in diesem Artikel besprechen wollen. Im emittierenden Medium
einer Quelle wird das elektromagnetische
Feld erzeugt, welches in der Ebene z0 zu
bestimmen ist. Dieses Feld wird durch
den elektrischen Feldvektor E(x, y, z0, t)
beschrieben. Das zugehörige magnetische
Feld kann daraus über die Maxwellschen
Gleichungen prinzipiell berechnet werden.
Wie in der Optik üblich, konzentrieren wir
uns daher auf das elektrische Feld. In den
ersten Beiträgen dieser Artikelreihe haben
wir elektromagnetisches Optikrechnen für
harmonische Felder in z0 und deren Propagation durch ein System besprochen. Um
bei der Verallgemeinerung die Ergebnisse
für harmonische Felder als
Grundlage nutzen zu können,
sollen allgemeine Felder durch
eine geeignete Kombination
von harmonischen Feldern
beschrieben werden. Solange das System linear agiert,
können dann die Ergebnisse
für harmonische Felder direkt
angewendet werden. Die zentrale Frage lautet also: Wie
kann man die Felder realer
Bild 1: Das emittierende Medium einer Quelle erzeugt
Lichtquellen durch harmoein elektromagnetisches Feld in der Ebene z0
nische Felder repräsentieren?
Dazu betrachten wir zunächst die grundledes Pulses durch harmonische Analyse
genden Eigenschaften allgemeiner elektrobestimmen und findet eine Zerlegung des
magnetischer Felder.
elektrischen Feldes in harmonische Felder,
für die untereinander feste PhasenbeziePulse und stationäre Felder
hungen gelten. Tatsächlich ist dieses VorFür eine harmonische, also kosinusförmige
gehen für lineares elektromagnetisches
Zeitabhängigkeit, wird das Feld E(x, y, z0, t)
Optikrechnen mit ultrakurzen Pulsen gut
geeignet.
durch die komplexen Amplituden Ex(x, y, z0)
Bei Pulsfolgen, zum Beispiel erzeugt durch
und Ey(x, y, z0) eines einzigen harmonischen
Kopplung axialer Moden im Resonator,
Feldes beschrieben. Für alle anderen Zeitkönnen statistische Schwankungen von
abhängigkeiten des Feldes kann dies nicht
Puls zu Puls entstehen [1]. Dies ist typisch
mehr der Fall sein. Zudem sind allgemeine
für reale Lichtquellen: Das zeitliche Signal
Zeitabhängigkeiten immer mit polychroist nicht deterministisch, sondern die Pulsmatischem Licht verbunden, also dem Aufform unterliegt zufälligen Schwankungen.
treten vieler Wellenlängen bei der Emission
Verallgemeinert man die Vorstellung von
des Lichts. Eine Zerlegung des allgemeinen
der Entstehung der Pulse, indem man als
Zeitsignals in harmonische Felder bietet
Ursache jede Art von Emissionsereignis
sich daher an.
mit einer bestimmten Dauer τ0 zulässt,
Betrachten wir zunächst Felder mit einem
deterministischen Zeitverlauf. Dies ist in
eröffnet man sich ein intuitives Verständder Praxis insbesondere für gepulste Laser
nis für die Ursache des statistischen Verder Fall, wenn wir einen einzelnen Puls
haltens eines Feldes. Wir nennen diese
betrachten. Ausgehend von der Pulsform
verallgemeinerten Pulse Elementarfelder
kann man die spektrale Zusammensetzung
einer Quelle. Ultrakurze Pulse gehören per
Sonderdruck aus Photonik 2/2007
9
Optikdesign
Definition dazu. Nehmen wir nun an, dass
eine Folge von statistisch schwankenden
Elementarfeldern zeitlich so eng zusammen rückt, dass sie auf der Zeitachse ein
fortlaufendes Feld ergeben. Dann resultiert ein sogenanntes stationäres Feld [2].
Solche Felder sind typisch für die meisten
Quellen mit denen wir es in der Optik zu
tun haben. Die Zeit τ0 charakterisiert die
zeitliche Kohärenz des Feldes in z0 und
damit cτ0 die zeitliche Kohärenzlänge.
Die Elementarfelder haben ihren Ursprung
in Emissionsereignissen im Medium der
Quelle. Jedes Elementarfeld kann man
formal harmonisch zerlegen und so durch
harmonische Felder repräsentieren, die wir
in ihrer Gesamtheit Elementarmoden nennen. Da die Elementarfelder in dem stationären Feld allerdings statistisch schwanken, wird auch die Zerlegung in Elementarmoden nicht deterministisch sein. Bevor
wir die praxisgerechte Zerlegung für eine
stationäre Quelle beschreiben, betrachten
wir weitere Eigenschaften eines stationären Feldes.
Räumliche Kohärenz
Die statistische zeitliche Entwicklung des
elektrischen Feldes bezieht sich typischerweise auf die gesamte laterale Verteilung
des Feldes. Dies kann verstanden werden
als Resultat der Erzeugung von Elementarfeldern an verschiedenen Orten des
emittierenden Mediums der Quelle. Analog zur Kohärenzzeit τ0 kann man einen
Abstand µ0 einführen, welcher die räumliche Kohärenz des resultierenden Feldes in
der Quelle charakterisiert.
Polarisationsgrad
Die statistische Entwicklung des Feldes
betrifft alle drei Feldkomponenten und
damit auch die Polarisation des Feldes. Harmonische Felder sind in jedem Fall lokal,
können aber auch global polarisiert sein.
Die Spitze des elektrischen Feldvektors
bewegt sich also lokal immer auf der Oberfläche eines Ellipsoiden. Für allgemeine
stationäre Felder muss das nicht mehr so
sein. Abhängig vom Grad der Polarisation
bewegt sich die Spitze des elektrischen
Feldvektors mehr oder weniger zufällig im
Raum.
Harmonische Elementarmoden
von Lichtquellen
Die bisherigen Überlegungen bieten einen
Zugang zur Darstellung stationärer Felder
durch harmonische Wellen: die physikalische Diskussion der Entstehung der Elementarfelder. Durch Übergang in den Frequenzraum vollzieht man die Zerlegung in
die harmonischen Elementarmoden. Diese
10 Sonderdruck aus Photonik 2/2007
Elementarmoden müssen die räumliche
und zeitliche Kohärenz und die partielle
Polarisation richtig beschreiben. Wenden
wir uns zuerst räumlichen Eigenschaften
allgemeiner Felder zu.
Ortsraum der Elementarfelder
Die Elementarfelder, die wir mit E(x, y, z, t)
bezeichnen, entstehen durch atomare
Emissionsereignisse in der Quelle. Wenn
wir den einzelnen Emissionsereignissen
formal einen Index ℓ zuordnen, kann das
gesamte Feld durch Elementarfelder der
Form
E(x – xℓ , y – yℓ , z – zℓ , t)
(1)
beschrieben werden. Dabei haben wir vereinfachend angenommen, dass die Emissionsereignisse an allen Orten zu identischen
Elementarfeldern führen. Diese Annahme über die Quelle heißt quasihomogen
[3]. Die Ursprünge (xℓ , yℓ , zℓ) der Elementarfelder erfüllen gemäß Bild 1 die Ungleichungen: xsmin ≤ xℓ ≤ xsmax, ysmin ≤ yℓ ≤ ysmax
und zsmin ≤ zℓ ≤ zsmax. Es ist hilfreich, zwei
Spezialfälle zu definieren:
1. Punktlichtquellen: Die Ausdehnung der
Quelle ist vernachlässigbar im Vergleich
zur Ausdehnung des optischen Systems.
Dann haben alle Elementarfelder nur
einen Ursprung (0, 0, zs). In der Praxis
finden wir diesen Fall für Felder, die
räumlich zum Beispiel durch Pinholes
gefiltert wurden oder wenn die Quelle
weit von der Ebene z0 entfernt ist.
2. Planare Quellen: Die Quelle ist viel
weniger tief als lateral ausgedehnt.
Dann haben alle Elementarfelder ihren
Ursprung in einer Ebene zs = zsmin =
zsmax. Diese Annahme ist zum Beispiel
gut für LEDs geeignet.
Frequenzraum der Elementarmoden
Liegt der zeitliche Verlauf eines Elementarfeldes E(x, y, z, t) fest, kann man das Feld
Fourier-transformieren. Für einen einzelnen
Puls ist das ein praktisches Verfahren.
Für statistisch variierende Elementarfelder
benötigt man nicht die Fouriertransformation jedes Elementarfeldes, sondern nur
deren Leistungsspektrum, da keine festen
Phasenbeziehungen zwischen den harmonischen Anteilen auftreten. Betrachten wir
zunächst die Emission durch einen einfachen
Strahlungsübergang mit der Frequenz ωm
und entsprechend λm = 2πc / ωm. Die Frequenz des emittierten Lichts wird durch die
natürliche Lebenszeit des Übergangs um
ΔωL verbreitert. Das zugehörige Leistungsspektrum S(ω) wird durch eine Lorentzkurve beschrieben:
(2)
Bild 2: Das Feld Ex(0, 0, z0, t) eines linear polarisierten fs-Pulses (oben) und das Feld des
fokussierten Pulses auf der optischen Achse
ΔωL vergrößert sich durch Stöße der
emittierenden Atome. In Gasen kommt
der Dopplereffekt dazu, der durch ein
Gaußsches Leistungsspektrum beschrieben
wird:
(3)
Die Kombination aller Effekte führt auf
eine Linienverbreiterung Δω, die durch ein
Voigt-Profil beschrieben wird. Das jeweils
resultierende Leistungsspektrum spezifiziert
den Frequenzraum für die harmonischen
Elementarmoden je Strahlungsübergang
ωm. Wenn die Quelle mehrere Übergänge
nutzt, sind alle entsprechend verbreitert.
Für thermische Quellen ist der Frequenzraum der Elementarmoden angenähert
durch das Plancksche Strahlungsgesetz
gegeben:
(4)
In der Praxis müssen die spektralen Eigenschaften einer Quelle im Allgemeinen vermessen werden. Die angegebenen Überlegungen bieten aber eine physikalische
Erklärung für die beteiligten Prozesse.
Kennt man das Leistungsspektrum S(ω)
der Quelle, kann man jedes Elementarfeld
in harmonische Elementarmoden zerlegen.
Für das Feld mit dem Index ℓ folgen die
harmonischen Moden aus
Eℓ (x, y, z, ω) = √S(ω) Eω(x ‒ xℓ , y ‒ yℓ , z ‒ zℓ) (5)
Dabei kennzeichnet Eω die komplexe Amplitude der harmonischen Moden. Die konkrete Form hängt von der Quelle ab.
Polarisationsraum der Elementarmoden
Die harmonischen Fundamentalmoden sind
durch die x- und y-Komponenten des komplexen Amplitudenvektors Eω gegeben.
Grundsätzlich ist dieses Feld lokal polarisiert, kann aber immer als Überlagerung
zweier global polarisierter Felder dargestellt werden. Daher kann man sich direkt
Optikdesign
von Uω(x, y, z) abgeleitet werden. Sobald
diese Bedingungen erfüllt sind, kann man
das stationäre Feld E(x, y, z ≥ z0, t) durch
die Simulation vieler Emissionsereignisse
und die Propagation der resultierenden
harmonischen Moden konstruieren. In der
Praxis vereinfacht sich diese Prozedur noch
einmal erheblich.
Bild 3: Die Komponenten Ex, Ey und Ez
(von oben nach unten) des fokussierten
Pulses im achsnahen Punkt (x = 1,6 µm,
y = 1,6 µm, zf)
auf global polarisierte Fundamentalmoden
beschränken. Je Emissionsereignis an der
Position (xℓ , yℓ , zℓ) wird die Polarisation des
Elementarfeldes im Allgemeinen statistisch
schwanken. Das kann durch die Wahl
Eω,ℓ,α(x, y, z) = Jα Uω(x – xℓ , y – yℓ , z – zℓ) (6)
der Elementarmoden berücksichtigt werden. Der Jones-Vektor J wird für nicht
polarisiertes Licht zufällig mit dem ganzzahligen Index α variiert. Falls das Licht
der Quelle teilweise polarisiert ist, wird die
Schwankung von Jα entsprechend eingeschränkt.
Zusammenfassung des Modenkonzeptes
Die bisherige Betrachtung lässt sich wie
folgt zusammenfassen: Zur Formulierung
der harmonischen Fundamentalmoden
benötigt man eine gute Annahme über des
Leistungsspektrum S(ω) der stationären
Quelle oder dessen Messung. Des Weiteren
muss durch geeignete Modelle und Messungen ein Ansatz für die konkrete Form
Zeitlich gemittelte Detektorsignale
Optische Felder werden wegen ihrer hohen
Frequenz im zeitlichen Mittel detektiert. In
der Optiksimulation bedeutet dies, dass
nicht das Feld selbst, sondern ein zeitlich
gemitteltes Detektorsignal Ziel der Berechnungen ist. So interessiert zum Beispiel
nicht die zeitlich aufgelöste Energiedichte,
sondern die zeitliche Mittelung derselben,
um die Intensität eines Feldes in einer Ebene
zu bestimmen. Eine Diskussion der Effekte
solcher Zeitmittelungen ist Gegenstand der
statistischen Optik und führt wesentlich
auf folgende Ergebnisse [2]: Gemäß dem
Wiener-Khintchine-Theorem entkoppeln
die Moden mit verschiedenen Frequenzen
eines stationären Feldes, d.h. man kann
das Detektorsignal jeweils für eine Frequenz auswerten und alle Ergebnisse überlagern. Dasselbe gilt für die harmonischen
Moden Eω, die ihren Ursprung in verschiedenen Positionen (xℓ , yℓ , zℓ) haben. Daher
müssen in der Simulation nur harmonische
Moden Eω aus verschiedenen Positionen
der Quelle und verschiedene Frequenzen
durch das System propagiert werden. Das
Detektorsignal setzt sich wegen der Zeitmittelung kumulativ aus den Signalen pro
Mode zusammen. Dies erlaubt eine effektive Implementierung solcher Konzepte in
Optiksimulationen1. Im Folgenden sollen
einige Beispiele der beschriebenen Konzepte illustriert werden.
1
In der im 1. Halbjahr 2007 erscheinenden Version
3.5 von LightTrans VirtualLab sind die beschriebenen
Konzepte implementiert. Die folgenden Beispiele sind
mit einer α-Version durchgeführt worden.
Bild 4: Die Amplitude des Leistungsspektrums der e-Linie der Quecksilberdampflampe im Simulationsexperiment
Femtosekunden-Laser:
Fokussierungsexperiment
In Bild 2 ist oben das Feld Ex(0, 0, z0, t) eines
linear polarisierten fs-Pulses dargestellt.
Dieser Puls, dessen räumlicher und zeitlicher Verlauf gaußförmig gewählt wurde,
soll durch eine Linse mit NA = 0,68 propagiert und das Feld im Fokus zf berechnet
werden. Dazu wird der Puls über Fourier-Transformation in harmonische Felder
zerlegt und diese werden in den Fokus
propagiert. In der Simulation wurde mit
100 Feldern gerechnet. Für die Berechnung
der Form des propagierten Pulses ist die
richtige Beachtung der relativen Phasenbeziehungen zwischen den harmonischen
Feldern fundamental. Im Fokus werden
die berechneten harmonischen Felder in
die Zeitdomäne zurück transformiert, um
das elektromagnetische Feld des Pulses im
Fokus zu erhalten. Das Ergebnis ist in Bild 2
unten für den Ort (0, 0, zf) gezeigt. Dort
treten keine y- und z-Komponenten auf.
Bild 3 zeigt, dass dies für Punkte in Achsennähe anders ist. In allen Fällen gibt die
Simulation Informationen über die Verän-
Bild 5: Interferenzbilder ohne Glasplatte, mit 4 mm
und 6 mm dicker
Glasplatte vor
einem der Spalte.
Die Profile zeigen
die Modulation der
Interferenzbilder
Sonderdruck aus Photonik 2/2007
11
Optikdesign
Bild 6: Lichtverteilung der emittierenden Fläche (links), zum Beispiel einer LED, und Beugungsbilder an Doppellochblende: Kreisblenden
für emittierende Flächen mit den Ausdehnungen 50, 90 und 200 µm
derungen der Pulsform und -dauer sowie
den Chirp des Pulses im Fokus. Dispersion
und Linsenfehler sind bei der Simulation
berücksichtigt worden.
Quecksilberdampflampe:
Interferenzexperiment
Im Folgenden wird ein optisches Experiment durch Simulation nachvollzogen, das
im Buch “Optics“ von Hecht und Zajac [4]
beschrieben ist. Es handelt sich um ein
Interferenzexperiment mit dem Licht einer
Quecksilberdampflampe. Für die Simulation wird ein Experiment mit der e-Linie
von 546 nm angenommen, die Bandbreite
wird mit 0,1 nm als Ergebnis der Dopplerverbreiterung angesetzt (Bild 4). Dies
entspricht einer zeitlichen Kohärenzlänge von ca. 3 mm. Außerdem nehmen
wir eine polarisierte Punktlichtquelle an,
deren Fundamentalmode Uω(x, y, zs) gaußförmig ist. Dieses Licht wird durch einen
Doppelspalt mit folgenden Abmessungen
geschickt: jeder Spalt hat die Ausdehnung
0,1 × 2,5 mm2; Die Spalte haben einen
Abstand von 0,4 mm. Vor einem der Spalte wird nacheinander eine Glasplatte von
erst 0, dann 4 und 6 mm platziert, der
Brechungsindex beträgt n = 1,5. In Bild 5
sind die entsprechenden Interferenzbilder
und ihre Modulation gezeigt. Für 6 mm
Glas ergibt sich eine optischen Wegdifferenz von 3 mm und das Interferenzbild
verschwindet vollständig. Offenbar werden
die zeitlichen Kohärenzeffekte in der Simulation richtig berücksichtigt.
Leuchtdiode (LED):
Beugungsexperiment
Abschließend soll ein weiteres optisches
Experiment aus demselben Buch in einer
Simulation nachgestellt werden: ein Beugungsexperiment an einer Doppellochblende im Fall einer räumlich partiell kohärenten Quelle. In der Simulation machen
12 Sonderdruck aus Photonik 2/2007
wir folgende Annahmen: Wir betrachten
eine Quelle mit der Wellenlänge 630 nm.
Die harmonischen linear polarisierten Fundamentalmoden Uω(x – xℓ , y – yℓ , zs) werden
als gaußförmig und in einer Ebene liegend (planares Modell) angesetzt. Dies
wäre auch für eine LED ein guter erster
Ansatz in einer Simulation. In der vorliegenden Simulation wird allerdings nur
eine Divergenz von 1° für das Quellenfeld
angenommen. Die quadratische, emittierende Fläche wächst in den Simulationen
an. Ihre Ausdehnungen sind: 50, 90 und
200 µm. Links in Bild 6 ist das Quellfeld
illustriert. Dieses Licht wird 10 mm propagiert, bevor es eine Doppellochblende
passiert, in der die 25 µm durchmessenden
Blenden 80 µm voneinander entfernt platziert sind. Das Beugungsbild wird im Ausgang eines anschließenden 2f-Aufbaus mit
f = 100 mm untersucht. Die Ergebnisse für
unterschiedliche Emitterflächen sind ebenfalls in Bild 6 dargestellt. Wie zu erwarten,
nimmt die räumliche Kohärenz in der
Ebene des Doppelspaltes mit zunehmender
Emitterfläche ab.
Zusammenfassung und Ausblick
Die Simulationsergebnisse zeigen, dass der
beschriebene Ansatz zur Modellierung der
Felder allgemeiner Lichtquellen eine praxisgerechte Umsetzung erlaubt. Zeitliche
und räumliche Kohärenzeffekte werden
richtig abgebildet. Dies ist für die Praxis des
Optikrechnens von entscheidender Bedeutung, wenn man insbesondere an Excimer-Laser, LEDs und multimodige Fasern
denkt. Auch der Grad der Polarisation
kann in die Simulation mit einbezogen
werden. Trotz der vorliegenden Erfolge
werden in den nächsten Jahren noch viele
theoretische und praktische Aufgaben bei
der Modellierung von realen Feldern zu
lösen sein. Auch in diesem Gebiet des
elektromagnetischen Optikrechnens sind
in naher Zukunft wesentliche Fortschritte
zu erwarten. Die Forschungen zu diesem
Beitrag wurden vom Bundesministerium
für Bildung und Forschung im Rahmen der
Optischen Technologien / Physikalischen
Technologien (FKZ: 13N8420) gefördert.
Literatur
[1] A.E. Siegman, Lasers, University Science Books, Mill
Valley, California 1986
[2] L. Mandel, E. Wolf, Optical coherence and quantum
optics, Cambridge University Press, Cambridge,
1995
[3] P. Vahimaa, J. Turunen‚ Finite-elementary-source
model for partially coherent radiation, Opt. Express
14(4), 2006, 1376-1381
[4] E. Hecht, A. Zajac, Optics, Addison-Wesley, 1974
Kontakt
Prof. Frank Wyrowski
Friedrich-SchillerUniversität Jena
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Tel. 03641/821274
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Optikdesign
Elektromagnetisches Optikrechnen –
Design zur Lichtformung
Frank Wyrowski, Friedrich-Schiller-Universität Jena
Hagen Schimmel, LightTrans GmbH, Jena
Elektromagnetisches Optikrechnen erlaubt Zugriff auf alle Parameter des Feldes. So erhält man unbegrenzte Flexibilität bei der Formulierung von Qualitätskriterien, die es beim Design von optischen Systemen
zu optimieren gilt. Außerdem kann jede Art von Effekt auf die Felder
im System beim Design berücksichtigt werden. Dieser letzte Beitrag
der Reihe zum elektromagnetischen Optikrechnen diskutiert das Design
optischer Systeme zur Formung der räumlichen Verteilung von Licht.
Optikrechnen wird oft direkt mit dem
Design von Linsen für abbildende optische
Systeme assoziiert. In den letzten Jahren
hat zusätzlich das Design von optischen
Systemen zur Beleuchtung immer mehr
an Bedeutung gewonnen. Konventionelles
Optikrechnen, welches Licht durch Strahlenbündel beschreibt, hat sich in diesen
Bereichen des Optikdesigns bewährt. Allerdings wird auch die elektromagnetische
Untersuchung in diesen Anwendungsgebieten wichtig, wenn die numerischen
Aperturen im Ein- oder Ausgang des Systems groß werden. Auch die korrekte
Einbeziehung der Kohärenz der Quellen in
solchen Anwendungen verlangt elektromagnetisches Optikrechnen [1]. Darüber
hinaus eignet sich das elektromagnetische
Optikrechnen natürlich für die Analyse der
Modulationsübertragung (MTF) und der
Punktabbildung (PSF) von Abbildungssystemen ohne die in Raytracern üblichen
Näherungen. Bei der Berechnung von
Beleuchtungssystemen mit LEDs kann die
wellenoptische Modellierung des Lichts
sogar effizienter sein als das Durchrechnen
vieler Millionen Strahlen. Und durch den
unbegrenzten Zugriff auf alle Feldinformationen in jeder Ebene des Systems können
die Quellen von Aberrationen im System
systematisch ergründet werden.
Ganz natürlich ist das elektromagnetische
Optikrechnen dann anzuwenden, wenn es
um das Design von optischen Komponenten geht, die physikalisch-optische Effekte
ausnutzen, wie photonische Kristalle oder
Antireflexbeschichtungen mittels Nanostrukturierung.
Die Universalität des elektromagnetischen
Ansatzes erlaubt die Formulierung und
Anwendung beliebiger Gütefunktionen
zur Auslegung und Simulation optischer
Systeme. Insbesondere kann das Design
optischer Systeme zur räumlichen Lichtformung theoretisch und praktisch behandelt
werden. Die Lichtformung kann als eine
Generalisierung von abbildenden Systemen
aufgefasst werden und beinhaltet auch die
Behandlung von Beleuchtungsaufgaben.
Transformation
elektromagnetischer Felder
Ein harmonisches Feld fin(x, y, zin) =
(Ex(x, y, zin), Ey(x, y, zin)) in der Eingangsebene zin eines optischen Systems soll beim
Durchgang durch das System (Bild 1 oben)
umgeformt werden zu einem „Signalfeld“
fsig(x, y, zout) = (Ex(x, y, zout), Ey(x, y, zout)).
Die gewünschte Transformation fsig = Sfin =
SoutSformSinfin verknüpft vektoriell die
elektrischen Felder im Ein- und Ausgang
miteinander. Im Folgenden konzentrieren
wir uns auf Systeme, in denen die Lichttransformation der x- und y-Komponenten
voneinander unabhängig umgesetzt wird,
so dass die Operatorenmatrix S diagonal
ist. In den meisten Anwendungen werden die beiden Feldkomponenten identisch
behandelt und die gesamte Transformation
kann durch die Gleichung
Usig(x, y, zout) = S Uin(x, y, zin)
(1)
beschrieben werden. Hier steht U für
einen der beiden Kanäle, welche die
Transformation der x- und y-Komponen-
Bild 1: Schema eines Systems zur räumlichen Lichtformung, das durch drei Module beschrieben werden kann (oben). Im
unten dargestellten einfachen Spezialfall
wird das Eingangsfeld durch eine formende Komponente geschickt und dann
mittels eines 2f-Aufbaus in die Ausgangsebene transformiert
ten des Feldes beschreiben. Eine skalare
Näherung ist damit nicht verbunden. In
der Praxis kann auch eine unterschiedliche
Formung für beide Kanäle interessant
sein, die zum Beispiel durch den Einsatz
anisotroper Materialien oder durch Transformation in einem Interferometeraufbau
mit polarisierendem Strahlteiler realisiert
werden kann. Das Zusammenspiel der
beiden Kanäle kann dazu genutzt werden,
neben den räumlichen zusätzlich die Polarisationseigenschaften des Signalfeldes
zu kontrollieren. Damit wird auch direkt
Einfluss auf die z-Komponente des Feldes
genommen [2], und so kann über diesen Ansatz sogar die z-Komponente des
Sonderdruck aus Photonik 3/2007
13
Optikdesign
Signalfeldes geformt werden. In jedem
Fall liegt das Grundproblem im Design
eines Systems, welches die Gleichung (1)
erfüllt. Ziel ist die laterale Kontrolle von
Amplitude und Phase der Signalwelle.
Auch eine dreidimensionale Formung der
Signalwelle ist auf ein Problem der Form
(1) zurückzuführen, da die 3D-Variation
eines harmonischen Feldes durch die komplexe Amplitude Usig(x, y, zout) vollständig
festgelegt ist [3].
Lichtformung als
generalisierte Abbildung
Gleichung (1) beschreibt sehr generelle
Lichttransformationen, also natürlich auch
die Abbildung von Uin und Beleuchtungssystem-Berechnungen, je nach der Form
der Signalwelle. Systeme für allgemeine
Lichttransformationen gemäß Gleichung
(1) lassen sich vergleichen mit einer Filzstift-Zeichnung: Der Filzstift steht für die
Strahloptik, die aus dem Eingangsfeld
Uin in der Ausgangsebene ein geeignetes
Ubeam erzeugt – die Schreibspitze des Stifts.
Die Hand, die mit dem Stift das endgültige
Bild bzw. die Verteilung Usig in der Zielebene malt, entspricht dem Formungsmodul
zwischen Ein- und Ausgang, das Ubeam in
Usig überführt.
Wichtig ist die Umsetzung einer geeigneten Verkleinerung oder Vergrößerung
zwischen Uin und Ubeam, die konkrete Form
von Ubeam ist oft nicht entscheidend. So
kann z.B. ein System zur Abbildung oder
zur Fokussierung die Aufgabe lösen. Wie
in Bild 1 gezeigt, wird dazu das Eingangsfeld durch zwei Linsenmodule gelenkt.
Das Eingangsmodul kann zum Beispiel ein
Abbildungssystem, eine Strahlaufweitung
oder eine Kollimationsoptik sein. Für paraxiale Eingangsfelder kann oft zumindest
auf das Eingangsmodul verzichtet werden. Am anderen Ende des Systems wird
das Licht durch das zweite Linsenmodul,
das Ausgangsmodul, zu Ubeam(x, y, zout)
transformiert. Dieses Ausgangsmodul kann
ein weiteres Abbildungssystem oder ein
System zur Skalierung der Taille von Laserstrahlen mit dem Spezialfall einer Fokussierung sein. Das Filzstift-Modell beschreibt
auch entscheidende Funktionsprinzipien
jeder Lichtformungsoptik:
• Hochaufgelöste Signalfelder Usig verlangen eine feine Filzstiftspitze, d.h. ein
Ubeam mit hinreichend kleinem Durchmesser. Diese Forderung stellt Bedingungen an die Strahloptik.
• Das Formungsmodul hat die Aufgabe,
den Filzstift zu führen, bzw. Ubeam abzulenken.
• Das Formungsmodul muss das Feld in
viele Richtungen gleichzeitig ablenken.
14 Sonderdruck aus Photonik 3/2007
Ganz grundsätzlich benötigt dies geeignete Kombinationen lokaler Prismen und/
oder Gitter. Darin liegt die Aufgabe und
Bedeutung von diffraktiven, refraktiven
(Freiformflächen) und hybriden optischen
Elementen in dem Formungsmodul.
• Die Zielfeldkoordinaten (xm, ym) entsprechen im Modell den Stellen, an denen
der Stift auf das Papier gedrückt wird
und sein charakteristisches Muster Ubeam
hinterlässt.
• Grenze des Vergleichs: Ein helleres
oder dunkleres Muster entsteht durch
Gewichtung mit Tform(m). Zudem hat die
optische Verteilung neben der Amplitude auch eine Phase, entsprechend wird
Tform(m)=|Tform(m)|e(iτ(m)).
meinen Fall liegen die Positionen (xm, ym)
dicht und Tform(x, y, zout) wird zu einer kontinuierlich definierten Funktion. In unserem
Vergleich entspricht das zusammenhängenden Strichen mit dem Filzstift anstatt
über das Papier zu tupfen. Sobald stark
nicht-paraxiale Ablenkungen durch die Formungsoptik zu realisieren sind, wird (3) auf
einer Kugeloberfläche formuliert. Dies ist
völlig analog zur Diskussion der Bildfeldkrümmung in rein abbildenden Systemen.
Je achsferner ein Problem wird, desto komplizierter und aufwändiger wird es, Aberrationen verschiedener Art zu verhindern.
Mathematisch kann die Aufgabe des Formungsmoduls durch
Die Ablenkungen gemäß (2) lassen sich in
drei Gruppen aufteilen:
Strahlformer: Usig ist eine vollständig festgelegte Funktion. Um sie durch die
Ablenkprozedur zu realisieren, müssen
die abgelenkten Ubeam überlappen und
ihre Interferenz kontrolliert werden.
Dies stellt hohe Ansprüche an Amplitude und Phase von Tform(x, y, zout). Oft ist
die Phase von Usig zumindest teilweise
als freier Parameter nutzbar [4].
Strahlteiler: Die abgelenkten Ubeam überlappen einander nicht. Liegen alle Orte
Usig(x, y, zout) =
Σ
T (m)Ubeam(x-xm, y-ym, zout)
m form
(2)
beschrieben werden. Gleichung (2) lässt sich
auch durch eine Faltung ∗ darstellen, d.h.
Usig(x,y,zout)=Ubeam(x,y,zout)∗Tform(x,y,zout) (3)
wobei
T (m) δ(x-xm, y-ym) (4)
Tform(x, y, zout) = Σ
m form
mit der Delta-Distribution δ(x, y). Im allge-
Grundlegende Typen
der Lichtformung
Bild 2: Der Top-Hat (links
oben) entsteht durch Formung eines Gauß im Eingang und die Phasentransmission eines Strahlformers
entsprechend dem linken
unteren Bild. Die harten
Grenzen zwischen schwarz
und weiß sind jeweils Phasensprünge um 2π. Oben
rechts das Höhenprofil für
die refraktive Umsetzung
Optikdesign
Bild 3: Simuliertes Ausgangsfeld für
einen diffraktiven (links) und
einen refraktiven (rechts)
Strahlformer
und mehrfarbiges Licht
(400-650 nm)
(xm, ym) auf einem äquidistanten Raster,
dann sind die resultierenden Strahlteiler spezielle Beugungsgitter. Es ist
allerdings auch möglich, die Positionen
(xm, ym) bei diffraktiven Strahlteilern
völlig frei zu wählen [5].
Diffusor: Hier überlappen die abgelenkten
Ubeam, aber die resultierende Interferenz
wird nicht gänzlich kontrolliert, d.h.
Usig ist nicht vollständig definiert. In der
kohärenten Optik führt zum Beispiel
eine zufällige Interferenzbildung im Allgemeinen zu einem Specklemuster. So
wird zwar die allgemeine Form von Usig
dargestellt, wo genau aber ein Lichtpunkt oder ein dunkler Fleck (konstruktive/destruktive Interferenz) auftritt, ist
nicht vorhersagbar.
Ohne Beschränkung der allgemeinen Gültigkeit der Folgerungen konzentrieren wir
uns in der folgenden Diskussion auf den
ganz elementaren Aufbau aus Bild 1: Das
Eingangsfeld wird direkt durch ein Element
mit der Transmission Tform(x, y, zin) geführt,
und wird in allen Beispiel-Simulationen
als Gaußsche Welle mit 1 mm Taillendurchmesser angesetzt. Die Wellenlänge
ist je nach Beispiel 532 nm oder 633 nm.
Das Ausgangsmodul ist ein 2f-Aufbau,
die Brennweite der Linse beträgt 100 mm.
Ubeam(x, y, zout) ist dann auch eine Gaußsche Welle deren Taille ungefähr 80 µm
(λ = 633 nm) oder 70 µm (λ = 532 nm)
Durchmesser hat. Alle folgenden Beispiele
wurden mit der Optiksoftware VirtualLab
gerechnet.
Strahlformer
Die Transformation einer Gaußschen Eingangswelle in ein Ausgangsfeld Usig, dessen Amplitude die Form eines rechteckigen
Top-Hat hat, ist ein wichtiges Beispiel für
eine Strahlformung. Für die folgende Simulation wurde ein Top-Hat mit der Breite
500 µm gewählt. Bild 2 zeigt die Phase
der Transmissionsfunktion Tform(x, y, zt)
und das geformte Feld im Ausgang. Hier
und in allen weiteren Berechnungen gilt
|Tform(x, y, zt)| = 1, d.h. es werden reine
Phasenfunktionen betrachtet, um keine
Energieverluste im Element selber einführen
zu müssen [4]. Die Formungsoptik realisiert
offenbar die gewünschte komplexwertige
Faltung gemäß (3). Die resultierende Phase
(Bild 2 links unten) hat geschlossene Konturlinien und kann somit entfaltet werden,
d.h. man kann die 2π-Sprünge glätten. Ein
solches Strahlformungselement kann diffraktiv oder refraktiv hergestellt werden. Im
diffraktiven Fall werden die Phasensprünge
in Sprünge im Höhenprofil übertragen.
Für die refraktive Lösung wird die Phase
geglättet und es entsteht ein Höhenprofil
entsprechend Bild 2 rechts. Für monochromatische Eingangsfelder Uin wirken der
diffraktive und der refraktive Strahlformer
identisch und Vor- und Nachteile liegen
mehr in der unterschiedlichen Fabrikati-
Bild 4: Durch
Wiederholung,
Verkleinerung,
und Optimierung
der Strahlformerverteilung aus
Bild 2 erhält man
den Strahlteiler
für die rechts
abgebildete Verteilung (links:
Ausschnitt des
Strahlteilers)
onstechnik. Anders ist es bei mehrfarbigem
Licht, wie Bild 3 zeigt. Diffraktive Elemente
sind wesentlich empfindlicher gegenüber
Schwankungen der Wellenlänge. Refraktive Strahlformer zeigen hingegen nur die
typischen chromatischen Effekte durch die
Materialdispersion, die durch den Einsatz
von zum Beispiel zwei Materialien im Prinzip ausgeglichen werden kann. Refraktive Strahlformer, die aus zwei Materialien
kombiniert werden, eignen sich auch für
Wellenlängen-Multiplexing. Damit lassen
sich zum Beispiel für zwei verschiedene
Wellenlängen unterschiedliche Strahlformungsergebnisse erzielen.
Strahlteiler
Von dem zuvor berechneten Strahlformer
kann man direkt zu einem Strahlteiler
übergehen. Dazu denken wir uns den
Strahlformer wie in einem Linsenarray periodisch fortgesetzt. Reduziert man dann
die laterale Skalierung des Arrays, dann
beleuchtet die Eingangswelle (Durchmesser 1 mm) immer mehr Perioden und damit
bildet Tform(x, y, zout) diskrete Ordnungen
aus, mit denen Ubeam gefaltet wird. Wenn
wir das Array um den Faktor 10 verkleinert
haben und so 10 × 10 Perioden beleuchten,
entsteht im Ausgang das Feld aus Bild 4
rechts. Dazu musste die Strahlformerzelle
noch korrigiert werden, um der veränderten Beleuchtungssituation Rechnung zu
tragen. Ein Ausschnitt von 2 × 2 Perioden
ist links in Bild 4 gezeigt.
Anstatt von einem Strahlformer auszugehen, kann man Strahlteiler auch direkt
berechnen. Dann wird jede gewünschte
Ablenkung als lineare Phase in Tform(x, y, zt)
berücksichtigt. Alle Ablenkungen gemeinsam führen auf eine kohärente Summe der
linearen Phasen. Durch iterative Verfahren
wird aus dieser Summe eine reine Phasenfunktion berechnet, welche die Transmission des Strahlteilers beschreibt. Ein Beispiel
ist die Phasendarstellung in Bild 5. Solche
Phasen lassen sich natürlich nur durch diffraktive Elemente realisieren.
Diffusor
Der Übergang zu einem Diffusor lässt sich
gut am Beispiel des letzten Strahlteilers
erläutern. Wenn man die Periode nicht
so klein wählt, dass 10 × 10 Perioden von
unserem Eingangsstrahl beleuchtet werden,
sondern nur der durch den Kreis in Bild 5
links gekennzeichnete Ausschnitt, so sind
die Abstände zwischen den Ordnungen so
klein, dass die wiederholten Ubeam überlappen. Die resultierende Interferenz führt
auf das rechts dargestellte Ausgangsfeld,
hier für eine Wellenlänge von 633 nm.
Ein diffraktiver Strahlteiler kann also auch
als Diffusor eingesetzt werden, wenn die
Sonderdruck aus Photonik 3/2007
15
Optikdesign
Bild 5: 2 × 2 Perioden der Phase eines diffraktiven Strahlteilers (links). Der Kreis bezeichnet den Bereich, der beleuchtet wird, um das Ausgangsfeld rechts im Bild zu erhalten.
Beleuchtung von 10 × 10 Perioden ergibt ein Feld, das dem in Bild 4 ganz ähnlich ist
Periode des Teilers und der Durchmesser
des Eingangsstrahls oder die Strahloptik geeignet gewählt werden. Zusätzlich
kann die Periodizität des Strahlteilers durch
geeignete Zufallsverfahren aufgebrochen
werden. Dies führt insbesondere für Strahlteiler mit einer Strahlformerzelle (siehe
Bild 4) zu Strukturen, die zufällig gestörten
Mikrolinsenarrays ähneln. Durch geeignete
Auslegung der Strahloptik und des Diffusors lässt sich die Grobheit der Specklestruktur weitgehend kontrollieren. So kann
z.B. Specklerauschen in einer Anwendung
erlaubt werden, wenn es zu hochfrequent
ist, um noch von einem Detektor aufgelöst
zu werden.
Besonders geeignet sind Diffusoren natürlich in Kombination mit partiell kohärenten
Quellen, wie zum Beispiel Excimer-Lasern
und LEDs. Dann findet keine oder nur eine
sehr schwache Interferenz zwischen den
abgelenkten Ubeam statt und das Specklerauschen kann vollständig verschwinden
[1]. Ein Beispiel ist in Bild 6 gezeigt: Die
simulierte Jenaer “Skyline“ wurde experimentell realisiert. Dazu wurde der berechnete Diffusor mit einer LED (630 nm)
beleuchtet. Als Eingangsmodul wurde ein
Abbildungssystem genutzt, welches die
leuchtende Fläche der LED abbildet. Der
resultierende Spot Ubeam ist größer als
für einen Laser, was die Unschärfe von
Usig verursacht. Offenbar bieten Diffusoren
eine interessante Option zur komplexen
Formung des Lichts einer LED.
Zusammenfassung und Ausblick
Die elektromagnetische Beschreibung von
Licht eröffnet eine faszinierende Flexibilität
beim Optikdesign. Diese ergibt sich zum
Beispiel aus der Freiheit, jede beliebige
Gütefunktion zu formulieren und anzuwenden sowie auch realistische Quellenmodelle zu verwenden. Aus der Vielfalt
der Möglichkeiten haben wir uns in die-
sem Artikel der räumlichen Lichtformung
zugewendet. Diese verbindet klassische
Linsensysteme mit diffraktiven oder refraktiven Elementen zur Lichtformung. Dieser
Systemansatz wird in Zukunft noch viele
Neuerungen beim Design erlauben, wobei
insbesondere die Einbeziehung der partiellen Kohärenz und der chromatischen
Effekte eine wichtige Rolle spielen werden.
Zusätzlich erwarten wir, dass das Design
von Systemen zur gezielten Manipulation der lokalen Polarisation an Bedeutung
gewinnen wird. Uns ist es wichtig zu
betonen, dass das Design von Systemen
zur Transformation von Licht mit Hilfe elektromagnetischer Betrachtung eine Generalisierung und Erweiterung des klassischen
strahlbasierten Designs von reinen Linsensystemen darstellt.
Die Forschungen zu diesem Beitrag wurden vom Bundesministerium für Bildung
und Forschung im Rahmen der Optischen
Technologien / Physikalischen Technologien
(FKZ: 13N8420) gefördert.
Literatur
[1] F. Wyrowski, H. Schimmel, M. Kuhn, Elektromagnetisches Optikrechnen – Modellierung von Lichtquellen,
Photonik 2/2007 S. 66-70
[2] F. Wyrowski, H. Schimmel, Elektromagnetisches Optikrechnen – eine Einführung, Photonik 6/2006, S. 50-55
[3] F. Wyrowski, H. Schimmel, Elektromagnetisches Optikrechnen – Lichtausbreitung von rigoros bis geometrisch-optisch, Photonik 1/2007, S. 54–57
[4] H. Aagedal, F. Wyrowski, M. Schmid, Paraxial beam splitting and shaping, in: J. Turunen, F. Wyrowski (eds.), Diffractive optics for industrial and commercial applications,
p. 165-188. Akademie Verlag, Berlin, 1997
[5] S. Bühling, F. Wyrowski, Arbitrary spot location diffractive beam splitting elements, J. Opt. Soc. Am. A,
19(12):2414-2423, 2002
Kontakt
Bild 6: Oben: Simuliertes
Ausgangsfeld eines Diffusors, der mit kohärentem
Licht beleuchtet wird. Die
Ablenkungen ergeben eine
Lichtverteilung in Form der
``Skyline‘‘ von Jena. Im Detail
ist die typische Specklestruktur zu erkennen. Unten das
Ergebnis der Beleuchtung
des realisierten Diffusors mit
einer LED und geeigneter
Strahloptik. Offenbar lässt die
geringe Kohärenz der LED
die Speckle verschwinden
16 Sonderdruck aus Photonik 3/2007
Prof. Frank Wyrowski
Friedrich-SchillerUniversität Jena
Max-Wien-Platz 1
D-07743 Jena
Tel. 03641/821274
Fax 03641/207521
[email protected]
www.iap.uni-jena.de/optical-engineering
Hagen Schimmel
LightTrans GmbH
Wildenbruchstr. 15
D-07745 Jena
Tel. 03641/6754-31
Fax 03641/6754-35
[email protected]
www.lighttrans.com
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