Vision RauchfRei - Rauchfrei durchstarten

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Vision
Rauchfrei
Was Deutschland von den politischen Strategien
seiner europäischen Nachbarn lernen kann
inhAlT
ediToriAl
1. Editorial
03
2. Fakten
04
3. Analyse
06
4. Porträt
08
5. Experteninterview
09
6. Vorbilder
10
7. Ländervergleich
12
8. Aussichten
14
Liebe Leser,
eigentlich gilt Deutschland als ein Land, dessen Bürger gesundheitsbewusst sind. Und im globalen Vergleich hat Deutschland auch eines der
modernsten Gesundheitssysteme. Beim Thema Rauchen scheint jedoch
alles anders zu sein: Derzeit ist jeder dritte erwachsene Bundesbürger ein
Raucher. Das kostet allein hierzulande mehr als hunderttausend Menschen
jährlich das Leben und verursacht immense Ausgaben für das Sozialsystem.1 Deutschland ist im europäischen Vergleich eines der Schlusslichter,
wenn es darum geht, an diesem Zustand etwas zu verändern. Das belegen
die kürzlich veröffentlichten Ergebnisse des Reports „Europe QUItting:
Progress and Pathways“ (EQUIPP), die auch Basis dieser Broschüre sind.
Gleichzeitig hat die Weltgesundheitsorganisation (WHO) eine umfassende
Strategie entwickelt, um der Tabakepidemie entgegenzuwirken. Im Rahmen
der „Framework Convention on Tobacco Control“ (FCTC ) werden unter
anderem die Länder dazu aufgefordert, Rauchentwöhnungstherapien zu
gewährleisten. Im vorliegenden Report lesen Sie, welchen Weg andere
europäische Länder gehen und welche politischen Rahmenbedingungen
dafür in Deutschland notwendig wären. Wir wünschen Ihnen interessante
Einblicke bei der Lektüre.
Peter Albiez
Geschäftsführer Primary care
Pfizer
2
Peter Marx
Leiter Market access
Pfizer
3
FAKTen
Auf über
21 Milliarden Euro belaufen sich
die Gesamtkosten (direkt und indirekt)
des Tabakrauchens in Deutschland
jährlich.5
23,4 %
der deutschen Bevölkerung waren
im Jahr 2009 Raucher: 28,6 % aller Männer
und 18,5 % aller frauen.5
59%
um mit dem Rauchen aufzuhören,
würden sich 63 % (ca. 13 Millionen) aller
deutschen Raucher an ihren arzt und
43 % (ca. 9 Millionen) an ihre Krankenkasse
wenden. Das zeigt: Wer mit dem Rauchen
aufhören will, braucht dabei hilfe.4
aller Raucher in Deutschland
wollen aufhören. Das sind
12 Millionen Menschen.4
110 000 bis 140 000
59 %
der Raucher denken,
dass Rauchentwöhnungsprogramme für alle Raucher
erstattet werden sollten.4
53 % aller Raucher und sogar 66 % aller
nichtraucher sind der Meinung, dass mehr Mittel
in die Reduzierung der Raucherquote als
in die Behandlung der folgeerkrankungen
investiert werden sollten.4
tabakbedingte Todesfälle gibt es
in Deutschland jährlich.1
41 %
aller Raucher würde die finanzielle
Belastung davon abhalten, Produkte zur
Rauchentwöhnung zu verwenden.4
Am höchsten ist die Raucherquote
bei jungen Menschen zwischen
22 und 25 Jahren:
Männer 42,0 % , Frauen 40,7 %.1
64 % der Raucher
und 50 % aller nichtraucher denken,
dass Rauchen und nikotinsucht als
Krankheit angesehen und behandelt
werden sollten.4
4
Mehr als 40 %
aller deutschen Raucher wünschen sich
größere finanzielle unterstützung bei
der medikamentösen und psychologischen
Behandlung ihrer sucht.4
5
AnAlYSe
FCTC
Ganzheitlich gegensteuern
Deutschland ist im internationalen Vergleich eines der schlusslichter im Kampf gegen die nikotinsucht. Dabei gibt es gute
Gründe und nachweisliche erfolgskriterien für einen Weg zu
einem nichtraucherland Deutschland.
in Deutschland ist immer noch jeder
dritte erwachsene Raucher – das zeigen
die Daten des kürzlich veröffentlichten
Drogen- und suchtberichts 2011 der Bundesregierung.5 Die Zahlen machen zudem deutlich: 13 Prozent aller Todesfälle
sind direkte folge des Rauchens. Das sind
110 000 Tote jährlich. Die Behandlungskosten, aber auch die volkswirtschaftlichen Kosten, die beispielsweise durch
erwerbsunfähigkeit oder arbeitsausfall
entstehen, sind enorm. allein für das Jahr
2007 werden sie mit 21 Milliarden euro
beziffert. Rund 40 Prozent der Krankheitskosten entfallen auf tabakbedingte
Krebserkrankungen. ein Drittel nimmt die
Behandlung von herz-Kreislauf-erkrankungen in anspruch. und rund ein Viertel
6
musste für die Therapie von atemwegserkrankungen aufgewendet werden, die
durch das Rauchen verursacht wurden.
Nachholbedarf im europäischen
Vergleich
Die Zahlen dokumentieren es eindrucksvoll: Rauchen ist das größte vermeidbare
Gesundheitsrisiko. Das ist in Deutschland
nicht anders als in allen übrigen industriestaaten. im unmittelbaren Vergleich
mit anderen europäischen Ländern zeigt
sich aber, dass Deutschland erheblichen
nachholbedarf bei der Bekämpfung der
nikotinabhängigkeit hat. Dies geht aus
den ergebnissen des im März 2011 veröffentlichten eQuiPP-Reports hervor. er
analysiert zum ersten Mal die situation
des nichtraucherschutzes und der Bekämpfung der nikotinabhängigkeit in
20 europäischen Ländern.
nach ansicht führender experten für
suchterkrankungen, Rauchentwöhnung
und Tabakkontrolle, die an der erstellung
des Reports mitgewirkt haben, erfüllt
Deutschland bis heute die Verpflichtungen aus der Who-Rahmenkonvention
„framework convention on Tobacco control“ (fcTc) nicht in vollem umfang. obwohl die Bundesregierung sich bereits im
Jahr 2003 dazu verpflichtete, einen umfangreichen Maßnahmenkatalog gegen
die sucht umzusetzen. Bislang ist dies jedoch noch nicht gelungen: eine nationale
strategie gegen das Rauchen ist nicht zu
erkennen. Regelungen zum nichtraucherschutz sind von Bundesland zu Bundesland verschieden.
Zu wenig Therapieangebote sowie
schlechte Aus- und Fortbildungsbedingungen zur Rauchentwöhnung
in allen Bundesländern einheitlich sind
hingegen die erstattungsregelungen für
Rauchentwöhnungstherapien: Weil die
verhaltenstherapeutische Rauchentwöhnungstherapie im sozialgesetzbuch V als
Präventionsmaßnahme eingestuft ist,
können Krankenkassen lediglich einen Teil
der psychologischen Behandlung erstat-
ten. Medikamente fallen sogar gänzlich
aus der erstattung zur Rauchentwöhnung,
da sie als „Lifestyle-arzneimittel“ gelten.
und das, obwohl den eQuiPP-experten
zufolge 59 Prozent aller Raucher gerne
aufhören würden. und obwohl die Richtlinien zur Tabakentwöhnungsbehandlung
verschiedener fachgesellschaften klar und
eindeutig eine Kombination aus kognitivverhaltenstherapeutischer Beratung mit
unterstützender Medikation empfehlen.
Dementsprechend schlecht ist auch die
Versorgungssituation für Raucher, die von
ihrer nikotinsucht loskommen wollen. Die
infrastruktur für kompetente Beratung
durch allgemeinmediziner und suchtexperten ist regional sehr unterschiedlich
und insgesamt dürftig. Das liegt mitunter
an der fehlenden Qualifikation vieler Ärzte:
in den ausbildungscurricula für Medizinstudenten finden sich keine inhalte zur
Behandlung von Rauchern. Dabei könnten gerade hausärzte ein bundesweites
netzwerk an unterstützung bieten.
es gibt in Deutschland also dringenden
Verbesserungsbedarf, um Menschen bei
der Bekämpfung ihrer sucht zu unterstützen. für ein Gegensteuern ist es längst
noch nicht zu spät. Die erfahrungen anderer Länder können helfen, den richtigen
Weg einzuschlagen.
Mit der Rahmenkonvention „Framework Convention on Tobacco Control“ (FCTC) legt die
Weltgesundheitsorganisation (WHO) eine umfassende Strategie vor, um der Tabakepidemie entgegenzuwirken. Der Vertrag umfasst
38 Artikel, die in internationaler Zusammenarbeit erstellt wurden und eine koordinierte
Bekämpfung der Nikotinsucht zum Ziel haben.
Artikel 14 behandelt speziell die Tabakentwöhnung und Behandlungsstrategien. Darin
werden die Vertragsparteien aufgefordert, integrative Leitlinien zu erarbeiten, die auf wissenschaftlichen Erkenntnissen sowie bewährten
Praxiserfahrungen basieren und den Tabakverzicht nachhaltig fördern. Konkret sollen
die Länder darüber hinaus das Angebot von
Rauchentwöhnungstherapien gewährleisten.6
EQUIPP
Der „Europe QUItting: Progress and Pathways“Report (EQUIPP) analysiert erstmalig den
Stand und die Entwicklung der Maßnahmen
zum Nichtraucherschutz in den europäischen
Ländern. Darüber hinaus gibt der Report Empfehlungen für die (Gesundheits-)Politik und
die Leistungsträger des Gesundheitswesens
in 20 europäischen Ländern, darunter auch
Deutschland. Ziel ist es, die Infrastruktur für
die Rauchentwöhnung und den Nichtraucherschutz zu verbessern und sicherzustellen, dass
Raucher, die mit dem Rauchen aufhören wollen, professionelle Unterstützung finden. Zudem bietet der Report praktische Anhaltspunkte zur Implementierung des Artikels 14 der
„Framework Convention for Tobacco Control“
(FCTC) der Weltgesundheitsorganisation.
7
PorTräT
eXPerTeninTerVieW
endlich wieder atmen –
eine Raucherin schafft den absprung
eigentlich wollte Kirsten Janssen gar nicht
aufhören zu rauchen. „ich fand das ja schick“,
sagt sie. sie rauchte seit 30 Jahren, im schnitt
war es eine schachtel am Tag. Die 44-Jährige
litt seit Jahren an atemwegserkrankungen, die
zuletzt in eine beginnende chronische Lungenerkrankung (coPD) mündeten. „Die mich behandelnden Ärzte sagten: ‚Was, sie rauchen?
Damit sollten sie aufhören.‘ Mehr kam dazu
nicht.“ erst der Lungenspezialist, der sie auch
heute noch behandelt, reagierte anders. „Bei
anderen wurde Rauchen immer als Kavaliersdelikt betrachtet, so nach der art: Rauchen
ist zwar schlimm, aber wer raucht nicht? Mit
meinem Lungenarzt konnte man keine Witze
darüber machen, der war bierernst. er hat
gesagt: ‚hören sie auf zu rauchen, es gibt
medikamentöse Möglichkeiten, die Rauchentwöhnung zu unterstützen.‘“
„Rauchen war für mich Freiheit, Lässigkeit,
Eleganz und Entspannung“
ihr arzt schlug vor, einmal zu einem der informationsabende zu kommen, die ein Psychologe veranstaltet, der auf das Thema Rauchentwöhnung spezialisiert ist. Der Psychologe
erklärte den anwesenden, wie das nikotin im
Gehirn wirkt, warum es abhängig macht und
schließlich: welche Möglichkeiten der Therapie
es gibt. „an dem abend war ich die einzige
unter den acht Teilnehmern, die immer noch
nicht mit dem Rauchen aufhören wollte, obwohl ich wusste, dass die alternative zum
8
nichtrauchen hieß: Zigarette im Mund und
sauerstoffgerät in der nase. aber ich war neugierig geworden, ob die Rauchentwöhnung
auch bei mir klappt.“
Das tat es, Kirsten Janssen hat sich für eine
medikamentöse Therapie entschieden. Die
begleitende verhaltenstherapeutische unterstützung, zu der ihr der arzt riet, hat sie ausgeschlagen. für sie war das der richtige Weg.
„ich habe es genommen, habe weiter geraucht wie bisher, aber schon nach ein paar
Tagen habe ich mich gefragt: Was soll ich mit
der Zigarette in der hand?“ nach drei Wochen
kam der Tag, an dem sie ihre letzte Zigarette
rauchte. Mittlerweile ist Kirsten Janssen seit elf
Monaten rauchfrei.
„Heute weiß ich: Freiheit ist, nicht mehr
rauchen zu müssen“
„Das nichtrauchen hat mein Leben komplett
verändert. Bevor ich mit dem Rauchen aufgehört habe, bin ich keine Treppe mehr hochgekommen. heute lasse ich jede Rolltreppe
und jeden aufzug links liegen und fahre täglich 20 Kilometer mit dem Rad.“ Warum? „Weil
ich festgestellt habe, wie schön das ist, wenn
man atmen darf“, sagt sie. und weil sie sich
nun insgesamt mehr Gedanken um ihre Gesundheit macht. ein neues Leben also. Das
wünscht Kirsten Janssen auch den vielen Rauchern, die aussteigen wollen. „sie sollten nicht
alleingelassen werden.“
„Tabakentwöhnung ist Therapie,
nicht Prävention“
Dr. med. Thomas Hering, Facharzt für Lungen- und Bronchialheilkunde
und stellvertretender Vorstandsvorsitzender des Bundesverbandes der
Pneumologen, über deutsche Defizite bei der Tabakentwöhnung und
schlecht qualifizierte Ärzte auf diesem Gebiet
Herr Dr. Hering, was sind die Erfolgskriterien für eine effektive Tabakentwöhnung?
Die erkenntnislage ist eindeutig: Verhaltenstherapie und medikamentöse unterstützung
zusammen führen zu den maximal möglichen
entwöhnungsergebnissen. Gerade bei der verhaltenstherapeutischen Behandlung kommt
es aber darauf an, dass hier experten mit langjähriger erfahrung arbeiten – je erfahrener sie
sind, desto erfolgreicher ist die Therapie. ebenfalls eine Rolle spielt, wo die entwöhnungstherapie stattfindet: Die Therapieerfolge in
Praxisräumen sind größer als in anderen umgebungen.
Welche Unterstützung erhalten Menschen,
die von der Nikotinsucht dauerhaft wegkommen wollen?
Bislang werden nur bestimmte verhaltenstherapeutische Programme erstattet. und diese
auch nur teilweise. Medikamentöse Therapien
werden in Deutschland als Lifestyle-Präparate,
genauso wie beispielsweise haarwuchsmittel,
gewertet und fallen damit komplett aus der
erstattung – eine klare fehleinordnung, die
dem wissenschaftlichen stand in keiner Weise
entspricht. Das einzige, was Krankenkassen
derzeit zu einem Teil unterstützen können,
sind die verhaltenstherapeutischen Gruppenprogramme. sie fallen aber unter „Prävention“.
auch das ist für die bereits Kranken unzutreffend. Tabakentwöhnung ist nicht Prävention,
sondern in vielen fällen wichtigste Therapiemaßnahme bei Menschen, die an den schweren folgeerkrankungen des Rauchens wie
herzkrankheiten oder einer chronisch obstruktiven Lungenerkrankung (coPD) leiden.
Was müsste sich Ihrer Meinung nach ändern?
sowohl die verhaltenstherapeutische als
auch die medikamentöse Behandlung sollten
endlich eingang in die erstattungsfähigkeit
finden – in erster Linie für chronisch kranke
Raucher. ein anderer wichtiger aspekt ist die
Qualifikation der Ärzte: es herrscht in Deutschland ein großes unwissen über die Risiken des
Tabakmissbrauchs und die Möglichkeiten der
entwöhnung. Das muss sich ändern. Doch
bislang ist die fortbildung Privatsache der Ärzte. und solange die Tabakentwöhnung nicht
erstattet wird, haben sie keinen anreiz, sich
ausbilden zu lassen.
Welche Auswirkungen hat die mangelnde
Qualifikation der Ärzte?
Die direkte folge ist die schlechte Versorgungssituation für die Patienten. an den Gruppenprogrammen der Krankenkassen nehmen
jährlich lediglich ca. 9 000 Menschen teil – von
mindestens 16 Millionen Rauchern in Deutschland insgesamt. Das ist viel zu wenig. um das
zu ändern, bräuchten wir eine angemessene
angebotsstruktur mit gut ausgebildeten experten, die in ärztlichen Praxen Raucher coachen. und dieses coaching samt begleitender
medikamentöser Therapie muss erstattet werden, zumindest für kranke Raucher, aber auch
für Menschen mit niedrigem einkommen. aktuelle studien beweisen, dass sich dies auch
gesundheitsökonomisch lohnen würde: Die
rund 600 euro für eine einmalige kombinierte
entwöhnungstherapie sind wesentlich günstiger als die immensen Kosten, die für die Krankenkassen bei der Behandlung der typischen
folgekrankheiten von Rauchern anfallen.
9
Vorbilder
Rauchzeichen. Europäische Wege aus der Sucht
Um die Suchtspirale zu durchbrechen, brauchen Raucher bestmögliche Unterstützung. Wie
der Ausstieg mithilfe gesundheitspolitischer Maßnahmen in Deutschland gelingen kann,
beleuchtet der EQUIPP-Report: Neben einem absoluten Rauchverbot in der Öffentlichkeit sind
die Einrichtung regionaler Netzwerke für Rauchentwöhnung und eine bessere Ausbildung von
medizinischem Fachpersonal sowie die Erstattung ganzheitlicher Therapien wirksame Ansätze.
Unsere europäischen Nachbarn zeigen, wie dies umgesetzt werden kann.
10
Niederlande
Großbritannien
Krankenkassen erstatten ganzheitliche Therapie
Erster Ansprechpartner ist der Hausarzt
90 Prozent der Nikotinsüchtigen, die mit dem Rauchen aufhören, fangen sechs Monate später wieder damit an. Für nachhaltigen Erfolg empfehlen evidenzbasierte Richtlinien ganzheitliche
Rauchentwöhnungsprogramme. Dazu gehören medikamentöse
Therapien genauso wie die verhaltenstherapeutische Behandlung. Gelänge es, die Raucherquote um nur drei Prozent zu senken, ließen sich erhebliche Kosten sparen. Um die Raucherquote
zu senken, haben die Niederlande im Januar 2011 das „Smoking
Cessation Integrated Care Package“ aufgelegt. Seither erstatten
die gesetzlichen Krankenkassen medikamentöse Therapien – vorausgesetzt, sie werden mit einer Verhaltenstherapie kombiniert.
Hausärzte sind für viele Patienten die wichtigste Anlaufstelle für
alle Fragen rund um ihre Gesundheit. Sie sollten nach Ansicht
von Experten auch in Deutschland zur zentralen Anlaufstelle
beim Thema Rauchentwöhnung werden. Ziel ist es, dass sie
den Betroffenen eine effektive Rauchentwöhnungstherapie anbieten können oder gegebenenfalls an einen Spezialisten überweisen. In Großbritannien wurde ein erfolgsbasiertes Honorarsystem für Ärzte geschaffen, das Anreize geben soll, sich stärker
für die Rauchentwöhnung einzusetzen. Zudem übernehmen die
Krankenkassen medikamentöse Therapien, was die Motivation
seitens des Patienten erhöht.
Portugal
Finnland
Ein Netzwerk für Gesundheit
Bessere Ausbildung, bessere Rauchentwöhnung
Hand in Hand arbeiten portugiesische Experten in regionalen
Netzwerken für Rauchentwöhnung: Ärzte, Psychologen, Pflegepersonal und Rauchentwöhnungskliniken bündeln ihr Knowhow, um den Patienten zu helfen. Die meisten Betroffenen
finden in ihrer Region die professionelle Hilfe, die sie benötigen.
Wer auf der Suche nach Rauchentwöhnungsangeboten ist, erhält alle Informationen auf den Websites des portugiesischen
Gesundheitsministeriums oder der lokalen Behörden. Zusätzliche Anlaufstellen sind Krankenhäuser oder Gesundheitszentren
vor Ort. In Deutschland fehlt es hingegen an einem übergreifenden Expertenaustausch. Die Rauchentwöhnungstherapien sind
zudem hierzulande sehr heterogen und genügen nicht einheitlichen Standards.
Eine nachhaltige Rauchentwöhnung braucht professionelle
medizinische Unterstützung. Einer Umfrage unter deutschen
Ärzten im Rahmen des EQUIPP zufolge glaubt aber mehr als die
Hälfte von ihnen (55 Prozent), dass ihre Ausbildung nicht ausreicht, um diese Hilfestellung effektiv gestalten zu können. Um
Mediziner, insbesondere Hausärzte, für die Rauchentwöhnung
zu sensibilisieren, sollte das Thema in die Lehrpläne des Medizinstudiums aufgenommen werden. Hier geht Finnland mit positivem Beispiel voran: Das Nationale Institut für Gesundheit und
Soziales und die Universität Ost-Finnland kooperieren miteinander und integrieren das Thema Rauchentwöhnung in vier der
fünf medizinischen Fakultäten Finnlands. In der fünften Fakultät
sind Rauchentwöhnungsschulungen bereits fester Bestandteil
der Medizinerausbildung.
11
LänderVergleich
Das Nichtraucherland
Großbritannien
Finnland
Niederlande
Portugal
Spanien
Frankreich
Deutschland
Tabakabhängigkeit wird offiziell als
Krankheit anerkannt.
In gewissem Umfang.
Medizinisches Fachpersonal erkennt
die Bedeutung des gesundheitlichen
Problems überwiegend an.
Rauchen gilt immer noch als
‚Lifestyle-Gewohnheit‘.
In gewissem Umfang.
Allgemein gilt Rauchen immer
noch als Angewohnheit. Vom
medizinischen Fachpersonal wird
Rauchen zunehmend als Krankheit angesehen.
Tabaksucht wird als Abhängigkeit,
nicht als Krankheit angesehen.
Rauchen gilt immer noch als
‚Lifestyle-Gewohnheit‘.
Beobachtung der Rauchprävalenz
und Erfolgskontrolle der Rauchentwöhnungsangebote.
Land setzt Maßnahmen um.
Rauchprävalenz und Erfolge
der Rauchentwöhnungsangebote
werden jährlich überwacht.
Regelmäßige Erhebungen, aber
keine Erfolgskontrolle der Rauchentwöhnungsangebote.
Regelmäßige Erhebungen, aber
keine Überwachung der Qualität
oder des Erfolgs von Rauchentwöhnungsinterventionen.
Regelmäßige Erhebungen, aber
keine Überwachung der Rauchentwöhnungsangebote.
Regelmäßige Erhebungen und Überwachung der Rauchentwöhnungsrichtlinien, aber keine Erfolgskontrolle
der Rauchentwöhnungsangebote.
Wenige kleinere Erhebungen,
aber keine obligatorischen Beobachtungen zur Erfolgskontrolle
der Rauchentwöhnungsangebote.
Therapien zur Rauchentwöhnung
werden erstattet.
Land setzt Maßnahmen um.
Angebote des öffentlichen Sektors
und des betriebsärztlichen Dienstes
werden erstattet. Angebote des
privaten Sektors werden vom Sozialversicherungsinstitut erstattet,
Medikamente jedoch nicht.
Rauchentwöhnungsangebote
und Behandlungen werden seit
Januar 2011 erstattet.
Rauchentwöhnungsangebote
werden auf allgemeinärztlicher und
auf fachärztlicher Versorgungsebene vollständig erstattet, Medikamente jedoch nicht.
Rauchentwöhnungsangebote sind
verfügbar. Medikamente werden
nicht in gleicher Weise zentral
erstattet wie andere Arzneimittel,
allerdings gibt es einige regionale
Ausnahmen.
Die ambulanten Rauchentwöhnungszentren der Krankenhäuser können
mit Sozialversicherungskarte kostenlos in Anspruch genommen werden.
Medikamente werden jedoch nur bis
50 Euro erstattet.
Die meisten Krankenversicherungen
bieten einen Zuschuss für Gruppenkurse zur Rauchentwöhnung an.
Keine Erstattung von Medikamenten
und ärztlichen Leistungen.
Vollständige Umsetzung und
Inkraftsetzung von Gesetzen zur
Rauchfreiheit erfolgt.
Jede Nation verfügt über eigene
Gesetze zur Rauchfreiheit.
Die schottische Gesetzgebung ist
in einigen Fragen strenger.
Land setzt Maßnahmen um.
Es bestehen Probleme mit Ausnahmeregelungen und der
Inkraftsetzung von Gesetzen
zur Rauchfreiheit.
Die Umsetzung der Nichtraucherschutzgesetze in Portugal wurde
nicht von unabhängiger Stelle
begutachtet und unveröffentlichte
Untersuchungen weisen auf Probleme mit der Durchsetzung hin.
Seit Januar 2011 gilt ein Rauchverbot an allen geschlossenen
öffentlichen Orten.
Rauchen ist in gemeinschaftlich
genutzten Räumen streng verboten,
draußen darf jedoch geraucht
werden. Raucherräume sind unter
sehr strengen Bedingungen erlaubt.
Die Nichtraucherschutzgesetze
variieren in jedem Bundesland und
werden unterschiedlich streng
überwacht. Viele Ausnahmen in der
Gastronomie.
Rauchentwöhnungsstrategie mit
Leitlinien zu den entsprechenden
Leistungen sind vorhanden
und werden von der Regierung
befürwortet.
Jede Nation hat ihre eigene
Strategie.
Land setzt Maßnahmen um.
Nationales Tabakkontrollprogramm
2006 – 2010.
Nationales Rauchentwöhnungsprogramm ist vorhanden. Es gibt
zentrale Rauchentwöhnungsnetzwerke in den Regionen.
Es existieren einige regionale Vereinbarungen. Die jüngsten Gesetze
zur Rauchfreiheit enthalten eine
allgemeine Empfehlung, Rauchentwöhnungsprogramme einzuführen
und neue Rauchentwöhnungsangebote zu fördern.
Regierungsleitlinien finden bisher
keine Anwendung, außerdem ist eine
Aktualisierung notwendig.
Es ist keine Strategie und keine
von der Regierung unterstützte Leitlinie vorhanden.
Ärzte werden in der Rauchentwöhnung ausgebildet und geschult.
Ein nationales Schulungsprogramm
zur Rauchentwöhnung ist notwendig:
Das nationale Schulungszentrum
für Rauchentwöhnung [National
Smoking Cessation Training Centre
(NSCTC)] bietet derzeit keine Programme für Allgemeinärzte, Spezialisten oder Pflegepersonal an.
Ausbildung für Ärzte in der allgemeinärztlichen Versorgung vorhanden, diese wird aber lokal,
bezirks- und regionsweise organisiert.
STIVORO bietet eine Ausbildung
für Allgemeinärzte an, jedoch
existieren keine Maßnahmen seitens
der Regierung.
Einige Ausbildungsprogramme
werden in der allgemeinärztlichen
Versorgung angeboten, aber
mehr Ausbildung notwendig.
Wird meistens angeboten von den
medizinischen Fachgesellschaften
und regional organisiert.
Es erfolgt keine offizielle Schulung
der Allgemeinärzte zur Rauchentwöhnung. Die fachärztliche Versorgung ist krankenhausspezifisch.
Auf Eigeninitiative können sich
Ärzte in verschiedenen Angeboten
zur Rauchentwöhnung zertifizieren lassen.
Rauchen und Rauchentwöhnung
sind Teil der Ausbildung von Medizinstudenten.
Das Lehrangebot variiert je
nach Fakultät.
Land setzt Maßnahmen um.
Rauchentwöhnung ist kein Bestandteil der Ausbildung.
Das Lehrangebot zum Thema
Tabakabhängigkeit ist begrenzt
und optional.
Es ist kein landesweiter Lehrplan
zum Thema Rauchen und Rauchentwöhnung vorhanden.
Gewisses Lehrangebot ist in einigen
medizinischen Fakultäten vorhanden, nicht immer obligatorisch.
Rauchentwöhnung ist derzeit kein
einheitlicher Bestandteil der ärztlichen universitären Ausbildung.
Lehrinhalte beschränken sich hauptsächlich auf durch Rauchen
verursachte Gesundheitsschäden.
12
Land setzt Maßnahmen um.
Land setzt Maßnahmen zum Teil um.
Land setzt Maßnahmen nicht um.
13
AUSSichTen
Wo ein Wille ist ...
ist auch ein Weg? Den ergebnissen des
eQuiPP -Reports zufolge würde eine
klare Mehrheit aller Raucher in europa
gerne von ihrer sucht loskommen. Der
Wille allein – auch das zeigen die aktuellen ergebnisse – reicht bei einer sucht
nicht aus. Zu groß ist die ambivalenz,
einerseits aufhören zu wollen, andererseits aber zu glauben, dass es ohne
Rauchen nicht geht.
Raucher brauchen deshalb vielfältige
unterstützung: anlaufstellen, Beratung
durch hausärzte und erstattungsfähige
Therapien. um in den kommenden
Jahren eine nachhaltige Reduzierung
der Raucherquote zu erreichen, muss
mehr getan werden als bisher. Gefragt
ist eine umfassende und langfristig angelegte strategie, um das Ziel „nichtraucherland“ zu erreichen.
„Möchten Sie aufhören zu rauchen?“
Luxemburg
83 %
17 %
Irland
79 %
21 %
Portugal
75 %
25 %
Großbritannien
72 %
28 %
Spanien
67 %
33 %
Finnland
67 %
Italien
67 %
33 %
Deutschland
59 %
41 %
Niederlande
57 %
43 %
ja
14
33 %
nein
Quellen
Weitere Quellen
Impressum
Soweit nicht anders vermerkt, stammen
die Quellen aus:
Bridgehead International,
EQUIPP : Europe Quitting:
Progress and Pathways, London, 2011.
http://www.ersnet.org/images/stories/weekly/
EQUIP_REPORT_COMPLETE.PDF
1 Deutsche Hauptstelle für Suchtfragen e. V.,
Jahrbuch Sucht 2011.
2 WHO. Tobacco Atlas. Chapter 11:
Costs to the economy, 2006.
http://www.tobaccoatlas.org/downloads/
maps/Chap11_EconomicCosts.pdf
Last accessed January 2011.
Umgerechnet analog aktuellem Dollarkurs
(Stand: März 2011)
3 Statistisches Bundesamt, Statistisches
Jahrbuch 2010, 2010.
4 Studie von Insites Consulting im
Februar 2011 mit 20 010 Rauchern
und 22 683 Nichtrauchern in
20 europäischen Ländern.
5 Die Drogenbeauftragte der Bundesregierung (Hrsg.), Drogen- und Suchtbericht
der Bundesregierung, Stand März 2011.
6 World Health Organisation,
WHO Framework Convention on
Tobacco Control, 2005.
Pfizer Deutschland GmbH
Governmental Relations & Policy Affairs
Linkstraße 10
D-10785 Berlin
[email protected]
www.pfizer.de
15
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