Bericht der Sitzung im Juni 2016

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Bericht von der Sitzung des Bundesausschusses am 25./26. Juni in
Berlin
Offenkundig wegen der neuen Situation in Europa („Brexit“) waren außergewöhnlich viele Teilnehmer gekommen. Dieser
Situation war aber auch geschuldet, dass wegen anderweitiger Verpflichtungen kein Mitglied des Parteivorstandes kommen
konnte. Am zweiten Tag kam der Bundesschatzmeister Thomas Nord, um über die Vermögensverhältnisse der Partei zu
berichten.
Für den Ältestenrat der Partei sprach Hans Modrow.
Als Berichterstatterin unserer Delegation im EU-Parlament war Cornelia Ernst gekommen.
Für die Bundestagsfraktion berichtete Sevim Dagdelen.
Für die Europäische Linke (EL) kamen Diether Dehm (Schatzmeister der EL), Claudia Haydt und Judith Benda (beide
Mitglieder des EL-Vorstandes).
Hans Modrow sprach angesichts der neuen Situation in Europa von einer Zäsur, der DIE LINKE klare eigene Positionen
entgegensetzen müsse.
Zunächst aber ging er auf den ungeheuerlichen Umgang mit dem 75. Jahrstag des Überfalls auf die Sowjetunion ein:.
Bekanntlich wurde es abgelehnt im Bundestag eine Gedenkstunde durchzuführen. Stattdessen fand im Bundeskanzleramt
ein Treffen der „Westallierten statt, um zu besprechen, wie mit der vierten Siegermacht umzugehen ist“. (Auch in der
„vereinbarten Debatte“ im Bundestag, die auf Antrag der Linksfraktion stattfand, hat außer den LINKEN niemand ein
ehrendes Wort für die Opfer der Sowietunnion und der Roten Armee gefunden.)
Überlegungen zu Schwerpunktsetzung waren:
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Die Parteibasis muss besser über die Europäische Linke und das EU-Parlament informiert sein.
Erstmals seit 1945 kann womöglich eine Partei wie die AfD bei den Landtagswahlen in Mecklenburg-Vorpommern
stärkste Partei werden. Es ist Aufgabe der deutschen Linken die „allgemeine Verchärfung der Situation“ (soziale
Ungerechtigkeit, Aushöhlung demokratischer Rechte usw) aufzunehmen und entsprechende Antworten zu finden.
Deutschland ist zweigeteilt – der Osten ist wirtschaftlich nach wie vor abgehängt ... Wir als deutsche Linke
kämpfen gegen die „Zweiheit“ im Land.
Cornelia Ernst forderte den Bundesausschuss auf, die gesamte Delegation der LINKEN im EU-Parlament einzuladen. Sie
wies darauf hin, dass die Delegation dem Bundesausschuss Rechenschaft ablegen muss – mindestens einmal in der
Legislatur.
Es gilt als erwiesen, dass in Bulgarien Flüchtlinge gefoltert werden.
Die in der Fraktion GUE/NGL vertretenen Parteien vertreten angesichts des „Brexit“ unterschiedliche Positionen
Die einen sind EU-kritisch und wollen einen Neustart für ein Europa der sozialen Gerechtigkeit und Demokratie
Andere begrüßen den Schritt Groß Britanniens und bereiten sich bereits auf eigene Referenden vor
Die Krise der EU ist das Ergebnis der verfahlten Politik in Brüssel und London. Zudem hat Cameron falsch gepokert.
Die EU-Kommission hat sich zu einem „autokratischen Monster“ entwickelt. Dazu gehört auch die Knebelung Griechenlands.
(Beschäftigungsmaßnahmen bzw. Programme werden von Thomas Händel mit Syriza diskutiert.) Zudem wird das EUParlament zunehmend aus politischen Debatten ausgegrenzt – zB bei dem Flüchtlingsdeal mit der Türkei.
Der „Brexit“ bietet die Chance zur Eröffnung einer breiten Diskussion über einen Neustart der EU. Die Linken in Europa
müssen mit einer Stimme reden. Nur dann werden sie eine bedeutende Rolle in der Debatte spielen.
Die anstehenden Austrittsverhandlungen zwischen der EU und Groß Britannien müssen transparent gestaltet werden.
Vorrangig müssen die Parlamente in Brüssel und London einbezogen werden. Es liegt auf der Hand, dass der
bevorstehende Prozess Modellcharakter für Andere haben wird.
Unklar ist noch was mit den britischen Abgeordneten geschieht – welche Rechte haben sie noch angesichts des
bevorstehenden Austritts?
Und welche Auswirkung hat die aktuelle Situation auf den Friedensprozess in Nordirland?
Sevim Dagdelen kritisierte das Vorgehen der Bundesregierung scharf. Angela Merkel hat gegenüber den
Fraktionsvorsitzenden keine politische Einschätzung eigener Fehler abgegeben. Vielmehr hat sie gefordert, keine
inhaltlichen Initiativen zu starten, sondern die technische Abwicklung zu organisieren.
Auch Sevim betont: Die EU wird „entweder sozial und gerecht sein oder sie wird nicht sein“.
Sie betonte, dass die „Brexitbefürworter“ nicht notwendiger Weise „Rechtspopulisten“ sind. (Eine später in der Aussprache
gemachte entsprechende Behauptung bezeichnete sie als „arrogant“ und gefährlich falsch.) Auch sie kritisierte das Agieren
der Labor Party, die stets eine nationalstaatliche und keine internationalistische Perspektive angenommen hat. Sie hat so die
trügerische Hoffnung geschürt, den Menschen, die nicht zur Upper Class gehören, ginge es durch einen Austritt aus der EU
besser.
Sie berichtete davon, dass im Bundestag keine ehrende Feierstunde anlässlich des 75. Jahrestags des faschistischen
Überfalls auf die Sowietunion stattgefunden hat. Stattdessen fand auf Antrag der Linksfraktion eine „Vereinbarte Debatte“ zu
diesem Thema statt. Gregor Gysi hielt eine gute Rede, ansonsten war die Debatte von „widerlichen Ausfällen gegen
Russland“ gekennzeichnet.
Ferner: Die Integration von in Deutschland Schutzsuchenden und Neubürgern bedarf einer neuen sozialen Initiative. Wenn
die Länder 15 Mrd. für Integration bereitstellen, der Bund aber nur 2 Mrd., dann erzeugt das zu Recht die Angst, dass
dadurch Geld in sozialen Bereichen gekürzt werden. Sevim wies zudem darauf hin, dass sich am 26. Eine „Türkenpartei“
gründen werde, die die Erdogan-Politik vorbehaltlos unterstützen soll.
Cornelia Ernst und Sevim Dagdelen: Unter dem Eindruck der Entwicklung in der Türkei wurde auf Initiative der EL bzw.
wird auf Initiative der Linksfraktion eine Aktion „Parlamentarier schützen Parlamentarier“ gestartet. Im Eu-Parlament wird
dies von Grünen, den Sozialdemokraten und einigen Liberalen unterstützt. Im Bundestag startet die Aktion in der
kommenden Woche.
Aussprache: Medien stellen EU-Kritik als „Sache der AfD“ dar. Wir müssen jedoch ein EU-kritische Debatte für eine soziale
und demokratische Änderung der EU führen.
Unsere Kritik an der Realität der EU liegt hinter der anderer Linksparteien in der EU.
Wir müssen klarer und verständlicher in der Sprache sein.
Wir haben dem Anfang der AfD zu wenig entgegen gestellt.
Bericht zur Europäischen Linken „teilten“ sich unsere drei Vorstandsmitglieder
Claudia Haydt, Judith Benda, Dieter Dehm: Die EL ist zunehmend von Spaltung bedroht. EU verteidigen vs. EU verlassen
– das zusammen zu halten ist ein schwieriger und permanenter Prozess.
Die EL ist eine Allianz von 26 Parteien – außerdem weitere 6 Parteien, die einen sogenannten Beobachterstatus haben. Die
Parteien haben natürlich jeweils unterschiedliche Ausgangslagen – in der Regierung – in Parlament(en) – in keinem
Parlament vertreten. In dieser Allianz findet ein Austausch zu strategischen, programmatischen Fragen statt. Das Ziel sind
gemeinsame Aktionen und Kampagnen. Trotz aller Unterschiede hält die EL zusammen. Als Ort der Diskussion und
Verständigung ist die EL zZt wichtiger denn je.
Jede Mitgliedspartei hat – unabhängig von ihrer Größe – 12 Delegierte zu den EL-Konferenzen. Die großen Parteien können
sich also nicht über die kleinen erheben. Es gibt auch keine für alle Parteien verbindlichen Beschlüsse. Die EL soll
ausdrücklich keine „Kommintern“ sein.
Der nächste Kongress der EL wird im Dezember in Berlin stattfinden. In Kürze wird ein Entwurf zu einem sogenannten
„Politischen Dokument“ (Leitantrag) zur Verfügung stehen.
Es wurde appelliert die EL stärker in der Partei zu verankern. Das könnte mit Bildungsveranstaltungen geschehen. Die
Europäische Linke soll „erlebbar“ gemacht werden, etwa durch Wahlpartys zu Wahlen in anderen europäischen Ländern.
Bericht von Präsidiumsklausur. Dabei ging es wesentlich um Arbeitsteilung und Verantwortlichkeiten. Auch wurde
festgestellt, dass der Bundesausschuss von den Landesverbänden „nicht wirklich getragen wird“. Deshalb schlägt das
Präsidium vor, dass an Sitzungen des Landesvorstandes auch Ausschussdelegierte teilnehmen sollten.
Der Bundesausschuss muss sich in der ersten Sitzung 2017 intensiv mit dem Rechtsruck auseinandersetzen. Dabei geht es
um dessen Ursachen und Ausmaß, sowie Fragen wie zB sich das auf Wahlen auswirkt.
Dazu wird der Bundesausschuss den PV, die Landesverbände bis runter zu den Kreisverbänden bitten, über ihre Aktivitäten
und Initiativen gegen Rechtsentwicklung zu berichten.
Das Präsidium hat Schwierigkeiten die Fülle der anliegenden Themen in den kommenden Sitzungen unterzubringen.
Für die Septembersitzung liegt zB die Wahl unserer 12 Delegierten (sowie deren Stellvertreter) in der Europäischen Linken
an. Außerdem Behandlung und Beschlussfassung zu einigen der vom Parteitag an den Bundesausschuss überwiesenen
Anträge. In der Novembersitzung sollen dann restlichen überwiesenen Anträge behandelt und beschlossen werden.
Spätestens im Frühjahr 2017, wahrscheinlich aber zur Novembersitzung sollen die EU-Abgeordneten eingeladen werden.
Bericht des Bundesschatzmeisters Thomas Nord zum Parteivermögen: Hierbei ging es wesentlich um die Immobilien
Karl-Liebknecht-Haus und das Hotel Am Wald in thüringischen Elgersburg. Für beide Objekte wurde Ende der 1990er ein
Kredit aufgenommen, der zum September 2017 ausläuft und von der Bank nicht verlängert werden wird. Es ist dann jedoch
noch ca. 1 Mio Kreditsumme offen. Diese muss dann abgelöst werden. Es gibt Überlegungen Rücklagen von Bundespartei,
Landesverbänden bis zu Kreisverbänden – auf freiwilliger Basis und gegen garantierte Zinsen – zusammen zu führen.
Überlegungen etwa das Hotel in Elgersburg zu verkaufen, sind aber angesichts der Geschichte des Hauses vom Tisch. Da
das Hotel künftig wirtschaftlich besser dastehen muss, werden Möglichkeiten zur Steigerung der Attraktivität für die Nutzung
für Veranstaltungen von Landesverbänden, etwa Klausurtagungen von Vorständen, geprüft.
Es gab keine besonderen politischen Beschlüsse des Bundesausschusses
Martina Bornstein, Klaus-Dieter Brügmann
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