Schnarch

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Fortbildung
Schnarch- und Schlafapnoe-Therapie
Im Schlaf zur individuell angepassten
Schnarchschiene
J Ü RGE N A B RAMS
Operationen sind in der Behandlung von Schnarchen und Schlafapnoe nur die Ultima
ratio und werden von Patienten auch häufig abgelehnt. Für einen Teil der betroffenen
Patienten bietet sich als Alternative eine Unterkiefer-Protrusionsschiene an. Besonders
Erfolg versprechend sind schlafendoskopisch angepasste, individuell gefertigte Schienen.
Für welche Patienten kommt diese Option in Frage und worauf ist dabei zu achten?
D
Ergebnis in vielen Fällen nicht zu prognostizieren ist, zum anderen aber auch
daran, dass die Ergebnisse der Schnarchbzw. der Schlafapnoe-Therapie doch sehr
vom Gewicht und vom körperlichen Status des Patienten abhängen. Leider hat
sich immer wieder gezeigt, dass die Erfolge unserer chirurgischen Maßnahmen
häufig nicht die Halbjahresgrenze überdauern.
Zudem hat sich herausgestellt, dass die
Patienten die Eingriffe häufig fürchten
und sich den operativen Maßnahmen nur
ungern unterziehen. Gründe für das Zurückschrecken sind neben den unzurei-
chenden Ergebnissen vor allem die
Schmerzen aber auch die doch teilweise
nicht unerheblichen Nebenwirkungen.
Auch die Warnung der Kollegen aus den
Nachbarfächern vor HNO-ärztlichen
Operationen verfehlt ihre Wirkung nicht.
Insgesamt ist zu konstatieren, dass die
Bereitschaft, sich wegen Schnarchens
einer HNO-ärztlichen Operation zu unterziehen, eher gering ist. Aus den genannten Gründen sollten sich HNOÄrzte auch mit der Anpassung von Unterkiefer-Protrusionsschienen beschäftigen. Operationen müssen als ergänzende
Maßnahme bzw. als Ultima ratio aller
© alle Fotos: J. Abrams
ie HNO-ärztliche Therapie des
Schnarchens bzw. der Schlafapnoe beschränkt sich im Wesentlichen auf operative Maßnahmen. Im
Vordergrund steht heute die so genannte Multilevel-Chirurgie, die durch Eingriffe an verschiedenen Engstellen des
oberen Atemtraktes zur Verringerung des
Schnarchens und der häufig damit verbundenen Apnoen führen soll. Insgesamt
sind die Langzeitergebnisse der chirurgischen Maßnahmen eher als mäßig zu
betrachten und wissenschaftlich selten
abgesichert. Dies liegt zum einen sicherlich an den operativen Methoden, deren
Abbildung 1: Schienenmodell
HNO-NACHRICHTEN
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Abbildung 2: Bissgabel in situ
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therapeutischen Bemühungen angesehen
werden.
Indikationen und Voraussetzungen
In Ergänzung zur operativen Therapie
und zur PAP-Therapie werden in unserer
Praxis seit längerem Schnarchschienen
angepasst. Nachdem wir jahrelang die
Anpassung von vorgefertigten thermoplastischen Monoblock- bzw. geteilten
Schienen („boil-and-bite“-Schienen) mit
teilweise nur mäßigem Erfolg vorgenommen haben, stellten wir die Therapie
vollständig auf individuell angepasste
Unterkiefer-Protrusionsschienen um. Ein
entscheidender Fortschritt ist für uns die
Herstellung der schlafendoskopisch angepassten Schienen im zahntechnischen
Labor. Dadurch konnten die Erfolgsraten
Schnarch- und Schlafapnoe-Therapie
bezüglich des Schnarchens bei Patienten,
die nach strengen Kriterien vorselektioniert worden sind, auf deutlich über 80%
angehoben werden. Wir verwenden nahezu ausschließlich die IST-Schiene nach
Professor Hinz (Abbildung 1), alternativ
können aber auch andere Schienensysteme eingesetzt werden.
Voraussetzung für die Eingliederung
einer Protrusionsschiene ist eine saubere
und standardisierte Diagnostik, an deren Ende der Erfolg der Schienentherapie mit hoher Wahrscheinlichkeit vorausgesagt werden kann. Wichtig ist,
schon bei der Erstuntersuchung die entscheidenden diagnostischen Schritte zu
kennen, um eine eventuell später notwendige Schienenanpassung durchführen zu können.
Abbildung 3: Schlafendoskopische Untersuchung
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Als Indikation für die Anpassung einer
Unterkiefer-Protrusionsschiene sehen wir
das habituelle Schnarchen, das UpperAirways-Resistance-Syndrom und die
geringe bis mittelgradige obstruktive
Schlafapnoe. Wichtige Kriterien, die bei
der Indikation Schnarchen vor Anpassung einer Schiene vorliegen müssen,
sind ein BMI unter 30 sowie ein ApnoeHypopnoe-Index (AHI) unter 25.
Neben der allgemeinen Anamnese
muss immer eine spezielle schlafmedizinische Anamnese erhoben werden. Wichtig ist die Abklärung möglicher internistischer Erkrankungen, da diese Patienten
von einer Schienenanpassung häufig auszuschließen sind. An die Anamnese, die
durchaus auch in Form eines Fragebogens erfolgen kann, schließt sich die normale HNO-ärztliche Untersuchung an,
wobei hier im Gegensatz zur sonst üblichen Gepflogenheit besonders auch auf
den Zustand des stomatognathen Systems Wert gelegt werden sollte. Zumindest sollte überprüft werden, wie der
Patient mit Zahnprothesen versorgt ist
bzw. ob er ausreichend Zähne hat, die
die mögliche Retention einer Protrusionsschiene erlauben. Hierzu haben wir
einen dentalen Befundbogen entwickelt.
Um die Schwere der Schlafapnoe abschätzen zu können, aber auch zur Therapiekontrolle wird immer eine Polygraphie durchgeführt. Zudem erfolgt ein
Lungenfunktionstest zum Ausschluss
einer gravierenden Atemwegserkrankung,
die Messung des Blutdruckes und die
Messung des Halsumfanges, da sich gezeigt hat, dass Patienten mit einem übermäßigen Halsumfang für die Schienentherapie eher nicht geeignet sind. Zusätzlich ziehen wir unseren Schlaffragebogen
heran, um das vorliegende Krankheitsbild
besser abschätzen zu können.
Nach Vorlage der entsprechenden Befunde wird die Indikation zur weiteren
Therapie gestellt. Kriterien, die den Erfolg einer Schienentherapie wahrscheinlich werden lassen, sind:
¦ BMI-Werte unter 30,
¦ AHI-Werte unter 25,
¦ Halsumfang unter 40 cm,
¦ ausreichende stomatognathe Verhältnisse.
Sollte der BMI über 30 liegen, ist die
konservative Therapie mit einer Schiene
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zunächst auf jeden Fall abzulehnen. Dies
gilt sicherlich auch für operative Maßnahmen. Derart übergewichtigen Schnarchern bieten wir einen von Ökotrophologen geleiteten Ernährungskurs in unserer Praxis an, der den BMI in den gewünschten Bereich bringen soll. Da hier
die Partner der Patienten wegen der
nächtlichen Schlafstörungen den Therapiewunsch häufig forcieren, sind nach
unseren Erfahrungen die Ergebnisse der
Ernährungskurse in solchen Fällen besser,
als in den Kursen, in denen der Patient
aus eigener Motivation den Kurs aufsucht.
Schlafendoskopisch kontrollierte
Anpassung
Liegen die oben definierten Kriterien vor,
raten wir dem Patienten zu einer Schlafendoskopie, um die Engstelle im Bereich
der oberen Atemwege besser lokalisieren
zu können und um ggf. gleichzeitig innerhalb dieser Untersuchung die Bissnahme für eine Unterkiefer-Protrusionsschiene durchzuführen. Die Schlafendoskopie selbst erfolgt in Propofol/Dormicum-Anästhesie und wird durch einen
erfahrenen Anästhesisten bzw. eine Anästhesistin gesteuert. Auch hier haben wir
ein spezielles Untersuchungsprotokoll
entworfen, das den Untersuchungsverlauf
entsprechend wiedergibt. Die Untersuchung wird per Video mit Geräuschdokumentation aufgezeichnet.
Wir verwenden ein flexibles Nasenendoskop mit Absaugvorrichtung, da sich
bei der Untersuchung häufig viel Speichel
bildet, der die exakte Diagnostik erschwert (Abbildung 3). Stellt sich bei der
Untersuchung heraus, dass sich durch
einen Unterkiefervorschub Schnarchen
bzw. Sauerstoffsättigung deutlich bessern,
halten wir in der gleichen Untersuchung
die Ober- und Unterkieferrelation mit
Hilfe einer Bissschiene fest, so dass eine
optimale Einstellung erfolgen kann
(Konstruktionsbiss; Abbildung 2).
Diese Bissnahme wird dann mit einem
Abdruckmaterial fixiert. In den allermeisten Fällen kann unter Beachtung der
oben genannten Selektionskriterien die
Anpassung einer Protrusionsschiene erfolgen. Zusätzliche operative Eingriffe
sind nur in wenigen Fällen erforderlich.
In einer gesonderten Sprechstunde werden dem Patienten bzw. der Patientin die
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Schnarch- und Schlafapnoe-Therapie
Untersuchungsbefunde am Bildschirm
demonstriert und es folgt eine Beratung
zur Schienenanpassung.
Um Modelle für die Protrusionsschienen herstellen zu können, ist ein Abdruck
des Ober- und Unterkiefers nötig. Hierzu werden Alginatabdrücke angefertigt,
die zusammen mit dem im Schlaf erfolgten Konstruktionsbiss in das zahntechnische Labor gesandt werden. Wir
verwenden Schienenmodelle, die dem
Patienten erlauben, den Mund zu öffnen,
was allgemein als sehr angenehm empfunden wird. Um das Entstehen von
Schnarchgeräuschen durch das Zurückfallen des Unterkiefers im Schlaf zu vermeiden, versehen wir unsere Schienen
grundsätzlich mit Ankern, die es ermöglichen Gummizügel einzuhängen.
Beratung der Patienten
und Nachsorge
Bei sauberer Bissnahme und Abdrucknahme von Ober- und Unterkiefer gelingt die
Eingliederung der Schiene im Anschluss
meistens problemlos. Die Patienten müssen in der Handhabung der Schiene ausführlich instruiert werden. Wichtig ist,
darauf hinzuweisen, dass es in den ersten
Tagen morgens durchaus zu Kieferschmerzen bzw. Kiefergelenksschmerzen kommen kann und vor allem morgens zu
einem Druckgefühl auf den Zähnen.
Langfristige nachteilige Folgen sind nur
selten zu erwarten. Bei einer Patientin
sahen wir eine ausgeprägte Disklusion im
Seitenzahnbereich, die einen Abbruch der
Therapie erforderlich machte.
Nach Eingliederung der Schiene wird
mit dem Patienten ein Kontrolltermin in
sechs Wochen vereinbart, zu dem dann
ein Termin zur Kontrollpolygraphie festgelegt werden soll. Weiterhin kontrollieren wir den Erfolg unserer Therapie
durch einen Fragebogen, der den Patienten nach vier Wochen zugesandt wird.
Unsere Erfahrungen zeigen, dass die allermeisten Patienten die von uns vorgeschlagene Kontrollpolygraphie nicht
wahrnehmen, da häufig die Reduktion
des Schnarchens im Vordergrund stand
und der Partner meist bestätigt, dass dies
erreicht wurde.
Insgesamt hat sich die bei uns durchgeführte Schienentherapie des Schnarchens als eine äußerst effektvolle Maßnahme beim habituellen Schnarchen und
beim geringgradigen Schlafapnoesyndrom erwiesen, selten beim mittelgradigen Schlafapnoesyndrom. Die Anzahl der
Weichteileingriffe ist dadurch drastisch
zurückgegangen und die Nachfrage nach
Schienentherapie hat deutlich zugenommen.
Diagnostik und Therapie werden als
individuelle Gesundheitsleistungen
(IGeL) angeboten. Zu Buche schlagen
neben den zahntechnischen Leistungen
die HNO-ärztlich/zahnärztlichen Leistungen und die anästhesiologischen Leistungen. Um auch breiten Patientenschichten den Zugang zu dieser Therapiemethode zu ermöglichen, haben wir
versucht, die Kosten für denPatienten auf
einem vernünftigen Niveau zu halten.
Dadurch haben wir einen hohen therapeutischen Durchsatz erreicht und entsprechende Erfahrung gesammelt.
Fazit
Bei dem hier beschriebenen Verfahren
handelt es sich um eine sehr effektive, für
den Patienten gut akzeptable und im
Vergleich mit anderen Maßnahmen relativ kostengünstige sowie einen langen
Erfolg garantierende Therapie des
Schnarchens und der leichten Schlafapnoe. Wichtig ist, dass der Patient die
Voraussetzungen für eine erfolgreiche
Therapie erfüllt. Ist dies nicht der Fall,
sollte die Behandlung nicht angewandt
werden. Therapiewünsche von Patienten,
die nicht in das aufgestellte Raster fallen,
sind unbedingt abzulehnen.
Unseres Erachtens nach sollte sich der
HNO-Arzt auf diesem Gebiet auf jeden
Fall qualifizieren. Der Wunsch der Patienten nach einer wenig eingreifenden
konservativen Methode mit hoher Erfolgswahrscheinlichkeit ist groß. Operative Maßnahmen sollten auch in unseren
Händen immer nur an letzter Stelle stehen.
Dr. Dr. Jürgen Abrams
Arzt für HNO-Heilkunde und Zahnarzt
Heessener Markt 2
59073 Hamm
E-Mail: [email protected]
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