Labor Fluidmechanik I Prof. Dr.-Ing. J.A. Szymczyk Dipl. Ing. T. Panten Versuch FLM 2 Luftströmungen Luftströmungen FLM 2 Luftströmungen Labor Fluidmechanik I Grundlagen 1 Bei der Behandlung von Strömungsvorgängen in Rohrleitungen müssen einige Betrachtungen zur Kompressibilität vorangestellt werden. Unter der Kompressibilität soll in diesem Zusammenhang die Druckabhängigkeit des Volumens von Flüssigkeiten, Gasen und Dämpfen verstanden werden. Setzt man eine Flüssigkeit in einem absolut starren Gefäß unter eine sehr große Druckkraft, so stellt man bei konstanter Temperatur nur eine sehr kleine Änderung des Volumens und damit auch nur geringe Dichteänderung fest. Bei der Beschreibung der meisten praktischen Strömungszustände darf die Kompressibilität der Flüssigkeiten vernachlässigt werden. Man spricht dann von inkompressiblen Strömungen. Für ideale Gase, die in einem Behälter eingeschlossen sind, besteht zwischen Volumen und Gasdruck bei gleichbleibender Temperatur der bekannte Zusammenhang von Boyle/Mariotte. p1 ⋅ v 1 = p2 ⋅ v 2 = konst . Gl:1 Für reale Gase und Dämpfe beschreibt diese Gleichung den Zusammenhang nur angenähert. Es gilt: ρ= p Z ⋅R j ⋅ T Gl:2 Bei der Strömung von Gasen und Dämpfen in Rohrleitungen oder um Körper können erhebliche Druck-, Geschwindigkeits- oder Temperaturänderungen auftreten, die Dichte- und Volumenänderungen zur Folge haben, die nicht mehr vernachlässigbar sind. Derartige Strömungen sind kompressibel. Nur bei sehr kleinen Dichteänderungen dürfen Dichte und Volumen als konstant angesehen werden und Berechnungen mit den Gesetzen der inkompressiblen Strömung durchgeführt werden. Bei strömenden Gasen und Dämpfen hängt die Kompressibilität nicht nur vom statischen Druck, sondern auch von der Strömungsgeschwindigkeit ab. Bei Geschwindigkeiten unter 100 m/s in Gasen und Dämpfen dürfen die Strömungsvorgänge als inkompressibel betrachtet werden. Die Kompressibilität muss Berücksichtigung finden, wenn diese Geschwindigkeit überschritten wird. Ausgehend von der Strömungsgeschwindigkeit wird die Mach-Zahl als wichtige Kenngröße für die Beurteilung der Kompressibilität von strömenden Gasen und Dämpfen eingeführt. Das Verhältnis aus Geschwindigkeit w und Schallgeschwindigkeit a wird als Mach Mach--Zahl Ma bezeichnet. Ma = w a Gl:3 Werte für die Schallgeschwindigkeit in Luft können aus Nachschlagewerken entnommen werden. Die Formel für die Berechnung lautet: a= (κ ⋅ R ⋅ T ) Gl:4 Mit dem Isentropenexponent κ=1,4 , der speziellen Gaskonstante R= 287 J/(kg K), K) einer Strömungsgeschwindigkeit w = 100 m/s und üblichen Raumtemperaturen Version WS 2012/13 2 FLM 2 Luftströmungen Labor Fluidmechanik I ergibt sich eine Mach-Zahl von etwa 0,3, 0,3 die als Grenzwert für die Berücksichtigung der Kompressibilität angesehen werden kann. Mit der vorhandenen Technik wird dieser Grenzwert im Labor nicht erreicht. Es kann also davon ausgegangen werden, dass sich die weiteren Betrachtungen zum Versuch auf die Gesetzmäßigkeiten der inkompressiblen Strömung beziehen. Insbesondere werden die Geschwindigkeits- und Druckverteilungen innerhalb des strömenden Gases behandelt. Bild 1: Prozentualer Fehler bei Betrachtung der Luft als inkompressible Flüssigkeit Dabei handelt es sich in Rohrleitungssystemen um eine Expansionsströmung, da der Druck infolge der Strömungsverluste durch Reibung abnimmt. Neben dem Druck ändern sich mit der Längenkoordinate l auch Temperatur, Dichte und Geschwindigkeit. Im Gegensatz zur inkompressiblen Strömung von Flüssigkeiten ist der Druckverlust ∆pv längs der Rohrleitung nicht linear und die Strömungsgeschwindigkeit w nicht konstant. In Abb. 1 sind inkompressible und kompressible Rohrströmung gegenübergestellt. Bild 2: Gegenüberstellung von inkompressibler und kompressibler Rohrströmung Die isotherme und die adiabatische Rohrströmung sind Grenzfälle, da bei realen Rohrströmungen immer ein Wärmeaustausch auftritt und auch die Temperatur nicht immer konstant bleibt. Bei kompressibler Rohrströmung in Rohren mit kreisförmigem Querschnitt wird stationäre Strömung vorausgesetzt. Den Ausgangspunkt bildet die Beziehung für den Druckverlust turbulenter inkompressibler Rohrströmung, die für ein Rohrelement mit der Länge dl (Bild 3), der Nennweite d und der Rohrreibungszahl λ , folgende Form hat: Version WS 2012/13 3 FLM 2 Luftströmungen dp = −λ ⋅ ρ ⋅ w 2 ⋅ dl 2⋅d Labor Fluidmechanik I Gl:5 Das negative Vorzeichen auf der rechten Seite des Therms resultiert aus der Abnahme des Drucks mit zunehmender Rohrlänge. Bild 3: Verlauf der Strömungsgrößen über die Länge einer Rohrleitung Die Dichte ρ lässt sich mit Hilfe der Zustandsgleichung idealer Gase durch Druck und Temperatur ausdrücken: ρ = ρ1 ⋅ T1 p ⋅ T p1 Gl:6 Die Strömungsgeschwindigkeit w kann über die Kontinuitätsgleichung bei kompressiblen Strömungen für konstanten Querschnitt wie folgt bestimmt werden: w = w1 ⋅ T ⋅ p1 T1 ⋅ p Gl:7 Setzt man die Gleichungen ein, so erhält man die Differentialgleichung für den Druckverlust längs der Rohrleitung: dp = −λ ⋅ ρ1 ⋅ w 12 T p1 2⋅d ⋅ ⋅ ⋅ dl T1 p Gl:8 Die Integration von Gl.4 ist analytisch nicht möglich. Um den Druckverlust ∆pv näherungsweise zu bestimmen geht man von folgenden Vereinfachungen aus: - Die Rohrreibungszahl λ ist konstant. (T1 + T2 ) ersetzt. - Die Temperatur T wird durch eine mittlere Temperatur T = 2 - Die Beschleunigungskräfte infolge der Geschwindigkeitszunahme werden vernachlässigt. Damit lässt sich eine Integration durchführen und es ergibt sich: Version WS 2012/13 4 FLM 2 Luftströmungen p12 − p 22 w2 l T = λ ⋅ ⋅ ⋅ ρ1 ⋅ 1 2 ⋅ p1 d T1 2 Labor Fluidmechanik I Gl:9 Für konstante Temperatur längs der Rohrleitung (isotherme Strömung) entfällt das Temperaturglied T/T1 und es genügen zur Bestimmung des Druckverlustes ∆pv die Werte von ρ ,w ,ν , Re, λ sowie die Rohrlänge l und die Nennweite d. Für die Bestimmung der Rohrreibungszahl werden Rohrreibungsdiagramme verwendet. Dafür müssen die Reynolds-Zahl und die relative Rauhigkeit d/k berechnet werden. Die Problematik adiabater Strömung wird an dieser Stelle nicht näher betrachtet. Zur Erleichterung der Bestimmung des Druckverlustes gibt es in der Literatur spezielle Diagramme. In Abb. 4 ist ein derartiges Diagramm nach VDI 2087 dargestellt. Bild 4: Druckabfall von Luftströmungen in Rohrleitungen mit kreisförmigem Querschnitt Wie bei inkompressiblen Strömungen von Flüssigkeiten sind in Rohrleitungssysteme kompressibler Fluide neben geraden Rohrleitungsstrecken auch Rohrleitungselemente integriert. Diese verursachen einen zusätzlichen Druckverlust ∆pVE : ∆pVE w2 =ζ ⋅ρ ⋅ 2 Version WS 2012/13 Gl:10 5 FLM 2 Luftströmungen Labor Fluidmechanik I Für das Rohrleitungselement Drosselklappe sind die Widerstandsbeiwerte in Bild .5 zusammengestellt. Bild 5: Widerstandsbeiwerte einer Drosselklappe Der Widerstandsbeiwert eines Umlenkrohres (im Versuch bestehend aus zwei 90°Segmentkrümmern) ist ζ = 1. 1.1 Messverfahren zur Bestimmung von Volumenströmen Strömungstechnische Messungen in Rohrleitungs-systemen mit Wirkdruckgebern, die am Beispiel einer Luftströmung auch Gegenstand des vorliegenden Versuches sind, können als eine mögliche Anwendung der Kontinuitäts- und BernoulliGleichung betrachtet werden. Wirkdruckgeber werden zur Messung des Volumenstroms in geschlossenen und vollständig gefüllten Rohrleitungen angewendet. Das Messverfahren beruht auf der Veränderung der Strömungsverhältnisse beim Durchströmen einer Drosselstelle. Der Volumenstrom in einer Rohrleitung ist nach der Kontinuitätsgleichung von der Strömungsgeschwindigkeit und vom Rohrquerschnitt abhängig. Beim Einbau eines Wirkdruckgebers (auch als Drosselgerät bezeichnet) erhöht sich an der Einschnürungsstelle die Strömungsgeschwindigkeit auf Kosten der Druckenergie (Bernoulli-Gleichung). An dieser Stelle entsteht eine Druckdifferenz, die als Wirkdruck ∆pw bezeichnet wird. Hinter dem Wirkdruckgeber wird die erhöhte Strömungsenergie nur zum Teil wieder in Druckenergie umgesetzt, während der übrige Teil als bleibender Druckverlust ∆pv auftritt (Bei der Berechnung nach Gl.6 ist die Strömungsgeschwindigkeit vor der Drosselstelle einzusetzen). Für den Volumenstrom Vɺ ergibt sich nach einigen Umformungen aus Kontinuitäts- und Bernoulli- Gleichung: 2 ⋅ ∆pw Vɺ = α ⋅ ε ⋅ m ⋅ AD ⋅ ρ1 Gl:11 Dabei stellen α eine dimensionslose Durchflusszahl, ε eine dimensionslose Expansionszahl, m ein dimensionsloses Öffnungsverhältnis, AD den Rohrquerschnitt und ρ1 die Dichte des Mediums vor der Drosselstelle dar. Mit der Durchflusszahl α wird der Einfluss von Reibung und Einschnürung der Strömung berücksichtigt. Sie hängt von verschiedenen Einflussgrößen, wie Strömungsgeschwindigkeit, Viskosität, Öffnungsverhältnis, Ort der Druckmessung, Oberflächenbeschaffenheit der Rohrleitung, ab. Für ihre Bestimmung gibt es Nomogramme (Anlage 1). Die Expansionszahl ε berücksichtigt die Dichteänderung kompressibler Medien infolge der Ausdehnung nach dem Wirkdruckgeber. Für Flüssigkeiten ist ε=1, Die Expansionszahl der Gase sind aus den Nomogrammen der Anlage 2 ersichtlich. Version WS 2012/13 6 FLM 2 Luftströmungen Labor Fluidmechanik I Die drei im Versuch verwendeten Wirkdruckgeber werden nachfolgend vorgestellt: - Venturirohr Venturirohre bestehen aus einem düsenförmigen Einlaufteil, einem zylindrischen Teil (Einschnürung) und einem Diffusor. Die Abbildung 6 zeigt den schematischen Aufbau eines Venturirohres. Bild 6: Venturirohr mit Druckverlauf In dieser Abbildung ist auch der charakteristische Druckverlauf eingezeichnet, wie er prinzipiell ähnlich bei Normblende und -düse auftritt. Bei dem verwendeten Venturirohr handelt es sich um ein nicht genormtes Drosselgerät. Die nach DIN 1952 genormte Ausführung wird als Normventuridüse bezeichnet. - Normblende, Normdüse Eine Normblende Abb. 7 besteht aus einer ebenen Scheibe mit kreisförmiger scharfkantiger Einlauföffnung sowie Fassungsringen, die Druckentnahmebohrungen bzw -schlitze enthalten. Bild 7: Normblende und Normdüse Die Messung mit Normblenden ist sehr genau. Es tritt aber aufgrund der Wirbelbildung an der plötzlichen Querschnittsverengung ein relativ hoher bleibender Druckverlust auf. Dieser Nachteil tritt bei der Normdüse nicht auf. Version WS 2012/13 7 FLM 2 Luftströmungen Labor Fluidmechanik I In Abb. 8 ist ein Diagramm zur Bestimmung der Widerstandsbeiwerte von Wirkdruckgebern dargestellt.Normblenden und Normdüsen sind nach DIN 1952 standardisiert. Zusammenfassend sind in Tab. 1 die Vor- und Nachteile der Wirkdruckgeber gegenübergestellt. Blende Düse Venturidüse Vorteile einfache Form Messung größerer sehr kleiner Druckverlust leichte Herstellung Strömungsgeschwindig- geringe Schmutz und niedriger Preis keiten Korrosionsempfindlichkeit geringe Masse unempfindlich gegen kurze Einbaulänge verschmutzte Medien Steckblende als Blenden Nachteile empfindlich gegen größere Masse sehr große Masse Verschmutzung größerer Preis schwierige Herstellung und Korrosion gegenüber der Blende sehr hoher Preis erhöhter nicht ganz einfache sehr große Baulänge Verschleiß bei Herstellung großen umständlicher Einbau Temperaturen und Geschwindigkeiten Tab. 1 Gegenüberstellung standardisierter Wirkdruckgeber Bild 8: Widerstandsbeiwerte von Wirkdruckgebern (Drosselgeräten) Bei der Verwendung von Wirkdruckgebern ist auf ihre richtige Anordnung in der Rohrleitung zu achten, da sie sehr empfindlich auf Störungen in der Zulauf- und Ablaufströmung reagieren. Rohreinbauten, die derartige Störungen verursachen können (z.B. Krümmer, Ventile), müssen daher in genügendem Abstand vom Wirkdruckgeber eingebaut sein. Der Wirkdruck selbst wird meist mit U-RohrManometern gemessen. Das Messprinzip eines U-Rohr-Manometers beruht auf Version WS 2012/13 8 FLM 2 Luftströmungen Labor Fluidmechanik I dem Vergleich der Druckkraft, die vom zu messenden Druck verursacht wurde, mit dem Gewicht einer Flüssigkeitssäule in einem U-förmigen meist aus Glas gefertigten dünnen Rohr. Die Flüssigkeit im U-Rohr wird als Sperrflüssigkeit bezeichnet. Die Auswahl der Sperrflüssigkeit erfolgt nach der gewünschten Größe des Messbereiches. Dabei ist die Dichte ρSp das Auswahlkriterium. Übliche Sperrflüssigkeiten sind Wasser, Quecksilber, Alkohol oder Tetrachlorkohlenstoff. Abb. 11 zeigt den prinzipiellen Aufbau eines einfachen U-Rohr-Manometers. Bild 9: Gleichschenkliges U-Rohr-Manometer Der Druck wird entweder direkt oder als Höhendifferenz h beider Menisken der Sperrflüssigkeit abgelesen. Es gilt: p1− p2 = (ρ Sp − ρ M ) ⋅ g ⋅ h Gl:12 Bei gas- und dampfförmigen Fluiden kann ρM gegenüber ρSp vernachlässigt werden. Für sehr genaue Messungen muss der Einfluss der Temperatur auf die Ausdehnung von Sperrflüssigkeit und Gerät sowie die Wirkung von Kapillarität und Oberflächenspannung berücksichtigt werden. Die Ablesegenauigkeit kann durch Verwendung besonderer Ablesevorrichtungen mit Nonius oder optischer Vergrößerung verbessert werden. 1.2 Messverfahren zur Bestimmung des Geschwindigkeitsprofiles In der Rohrströmung tritt je nach Größe der Reynolds-Zahl laminare oder turbulente Strömung auf. Die ReynoldsReynolds-Zahl Re gibt das Verhältnis der an den Strömungsteilchen angreifenden Trägheitskräfte zu den Zähigkeitskräften an. Die dimensionslose Reynolds-Zahl ist definiert als Quotient aus dem Produkt Geschwindigkeit w mal einer charakteristischen Länge l (bei Rohrströmungen entspricht die charakteristische Länge dem Durchmesser d) und der kinematischen Zähigkeit ν. Dabei ist die kinematische Zähigkeit ν der Quotient aus der dynamischen Viskosität ηund der Dichte ρ. Re = w ⋅l ν Gl:13 Bei der laminaren Strömung oder Schichtströmung bewegen sich die Teilchen auf zur Rohrachse parallelen Stromlinien, ohne sich untereinander zu vermischen. Bei der turbulenten oder wirbelbehafteten Strömung treten neben der in Rohrachse gerichteten Transportbewegung noch Querbewegungen auf, die zu einer ständigen Vermischung der Strömungsteilchen führen. Rohrströmungen mit Version WS 2012/13 9 FLM 2 Luftströmungen Labor Fluidmechanik I Re < 2320 sind stets laminar. Oberhalb davon tritt turbulente Strömung auf. Die meisten in der Praxis auftretenden Rohrströmungen sind turbulent. Die Geschwindigkeitsverteilung ist drehsymmetrisch und unabhängig von der jeweiligen axialen Lage, d.h. an einem bestimmten Radius herrscht überall die gleiche Geschwindigkeit w. Die Geschwindigkeit ändert sich mit dem Radius r. An der Wand haftet das Medium, die Geschwindigkeit ist Null; zur Rohrmitte hin nimmt die Geschwindigkeit zu. Abb.2 Geschwindigkeitsverteilung bei laminarer Rohrströmung In der Rohrachse erreicht sie ihr Maximum. Bei laminarer Rohrströmung ergibt sich die in Abb.2 dargestellte parabelförmige Verteilung. Die Geschwindigkeitsverteilung hat die Form nach Gleichung 6 w= ( p1 − p 2 ⋅ r02 − r 2 4 ⋅η ⋅ l ) Gl:14 Diese Gleichung wird als Stokes`sches Gesetz bezeichnet. Für die mittlere Geschwindigkeit gilt: w mittel = 0,5 ⋅ w max Gl:15 Auch bei der turbulenten Rohrströmung haftet das Medium an der Rohrwand, d.h. die Geschwinigkeit wird für r = d/2 zu Null. Die Geschwindigkeitsverteilung bei turbulenter Strömung (Abb. 4) ist wesentlich gleichmäßiger, d.h. abgeflachter. Sie ist abhängig von der Reynolds-Zahl und von der Wandrauhigkeit. Je größer die Reynolds-Zahl und je glatter die Rohrwand, desto flacher ist die Kurve, die die Geschwindigkeitsvektoren umhüllt. Bild 10: Version WS 2012/13 Geschwindigkeitsverteilung bei turbulenter Rohrströmung 10 FLM 2 Luftströmungen Labor Fluidmechanik I Das Geschwindigkeitsverteilungsgesetz läßt sich wie folgtangeben: 1 w 0,5 ⋅ d − r n = w max 0,5 ⋅ d Gl:16 Dabei besteht zwischen maximaler und mittlerer Geschwindigkeit folgender Zusammenhang: w 2 ⋅ n2 = w max (n + 1) ⋅ (2n + 1) Gl:17 Darin ist n der Exponent der Geschwindigkeitsverteilung in kreisförmigen Rohren. Bild 11: Exponent der Geschwindigkeitsverteilung in kreisförmigen Rohren Die experimentelle Ermittlung der mittleren Geschwindigkeit wird nach Bild 12: durchgeführt. Die Messstelle der mittleren Geschwindigkeit nach Aichelen liegt bei M Aichelen = 0,119 ⋅ d von der Rohrwand und ist unabhängig von Re und sonstigen Einflüssen. Der Fehler schwankt zwischen 0,7 und 2,5 % und hängt vom Grad der Rauhigkeit ab. Bild 12: Messung der mittleren Geschwindigkeit (nach Aichelen) Die Druckbegriffe statischer und dynamischer Druck lassen sich mit Hilfe von Piezorohr und Pitotrohr in einer Flüssigkeitsströmung leicht veranschaulichen (Bild 13:). Der in der Rohrleitung herrschende statische Druckpst wirkt nach allen Seiten gleichmäßig. Seine Größe wird in dem senkrecht zur Rohrleitung angeschlossenen Version WS 2012/13 11 FLM 2 Luftströmungen Labor Fluidmechanik I Standrohr (Piezorohr) angezeigt. Der dynamische Druck pdyn wirkt nur in Strömungsrichtung an der Eintrittsöffnung des gebogenen Rohres (Pitotrohr), da die Öffnungsfläche senkrecht zur Geschwindigkeit w steht. Da außerdem noch der im gesamten Rohrquerschnitt gleiche statische Druck pst auf die Pitotrohröffnung wirkt, weist die Flüssigkeitssäule im Pitotrohr eine dem Gesamtdruck proportionale Höhe auf. Die Höhendifferenz zwischen den Flüssigkeitssäulen im Pitot- und Piezorohr entspricht dem dynamischen Druck pdyn, der bei gasförmigen Medien als Staudruck bezeichnet wird. Bild 13: Messung der Druckkomponenten Analog lassen sich die Druckverhältnisse an einem umströmten Körper messen (Bild 14:). Am vorderen Staupunkt S: wird die Geschwindigkeit auf Null abgebremst (aufgestaut). Bringt man in diesem Punkt eine kleine Bohrung an und verbindet sie mit einem Manometer, so zeigt dieses den Gesamtdruck an. Eine an der Seitenwand des Körpers senkrecht zur Strömung angebrachte Bohrung B wird ebenfalls mit einem Manometer verbunden. Da die Bohrung senkrecht zur Strömungsgeschwindigkeit steht, kann in ihr nur der richtungsunabhängige statische Druck wirken und am Manometer angezeigt werden. Der Staudruck hat keinen Einfluss, da er nur in Richtung der Strömungsgeschwindigkeit wirkt, die senkrecht zur Bohrung erichtet ist. Bild 14: Messung der Drücke am umströmten Körper Die Differenz der beiden Manometerausschläge ist ein Maß für die Geschwindigkeit w, mit der der Körper angeströmt wird. Version WS 2012/13 12 FLM 2 Luftströmungen w= 2 ⋅ (p ges − p st ) ρ Labor Fluidmechanik I = 2 ⋅ p dyn ρ Gl:18 Bei der Geschwindigkeitsberechnung muß wieder zwischen kompressibler und inkompressibler Strömung unterschieden werden. Gleichung (18) gilt nur für Geschwindigkeiten in Flüssigkeiten und Geschwindigkeiten unter 100 m/s in Gasen und Dämpfen. Sie berücksichtigt auch nicht den Zähigkeitseinfluß, der sich bei niedrigen Reynolds-Zahlen bemerkbar macht. Bei Gas- oder Dampf Strömungen mit Geschwindigkeiten über 100 m/s muß die Kompressibilität in Form der MachZahl berücksichtigt werden. w= 2 ⋅ p dyn (1+ 0,25 ⋅ Ma )⋅ ρ 2 Gl:19 Die hier beschriebenen Zusammenhänge zwischen der Geschwindigkeit und den verschiedenen Druckarten werden bei der Konstruktion von Geschwindigkeitsmeßgeräten wie Prandtl-Rohr, Richtungssonden usw. ausgenutzt. Die globale, vereinfachte Ableitung der Energiegleichung führt zu den einfachen Aussagen, die für die meisten praktischen Anwendungsfälle, bei denen die Reibung vernachlässigt werden kann, völlig ausreichend sind. Staurohre werden in Verbindung mit Differenzdruckmessern zur Ermittlung von Druck, Geschwindigkeit und Menge strömender Gase verwendet. Im Gegensatz zu Düsen und Blenden verursachen Staurohre in Rohrleitungen keinen nennenswerten Druckverlust. Sie sind weitgehend lageunabhängig. Abweichungen zwischen Strömungsrichtung und Achse des Staurohrkopfes bis zu 15° beeinflussen die Messungen praktisch nicht. Bild 15: Auswirkung des abweichenden Anströmwinkels auf den Meßfehler Einwandfreie Messergebnisse lassen sich jedoch nur erzielen, wenn die Strömung an der Messstelle frei von Drall und Turbulenz ist. Sollte die Strömung nicht so beschaffen sein muss vor dem Staurohr ein Gleichrichter vorgesehen werden. Das Prandtl`sche Staurohr (Bild 16:) stellt eine Kombination aus Pitot - Rohr (Staudruck) und Piezo - Rohr (statischer Druck) dar. Das Staurohr erzeugt bei bekannter Strömungsrichtung einen von der Geschwindigkeit abhängigen Druckunterschied. Bei Verwendung von hochpräzisen Mikromanometern erlaubt die Staurohrmessung weitaus genauere Messwerte als andere Meßmethoden. Version WS 2012/13 13 FLM 2 Luftströmungen Bild 16: Labor Fluidmechanik I Prandtl-Rohr nach Firma Lambrecht Der Vorteil eines Staurohres besteht in der Tatsache, dass eine relativ kleine Durchgangsbohrung in der Kanalwand ausreicht, um jederzeit eine schnelle Messung zu ermöglichen. Im Vergleich zu anderen Methoden der Geschwindigkeitsmessung hat die Methode Staurohr/ Mikromanometer einen weiteren Vorteil das es keinen Durchfluss des Mediums durch das Messgerät gibt. Version WS 2012/13 14 FLM 2 Luftströmungen 2 Labor Fluidmechanik I Versuchsaufbau Der Versuch wird an einer Rohrleitungsstrecke NW 160 (∅155mm) mit einem Radialventilator durchgeführt. Der Versuchsstand besteht aus mehreren Einbauelementen. Dazu kommen noch 4 gerade Rohrleitungsabschnitte mit einer Gesamtlänge von 8,5 m. Der Aufbau des Versuchsstandes, der auch für andere strömungstechnische Untersuchungen genutzt wird, ist aus Abb. 10 ersichtlich. Ebenso ist die Anordnung der Messstellen erkennbar. - Eintrittsblende (variabler Durchmesser) - Saugrohr (l = 1,4 m) - Radialventilator (V = 2000 ... 8000 m3/h) - Druckkammer mit Sichtfenster - Ausflusskollektor - Normblende - Venturirohr - Drosselklappe (ßDK = 0 ... 90°) - Umlenkrohr (2 x 90° Segmentkrümmer) - Gleichrichter (l = 0,3 mm) - Prandtl-Rohr (3 mm) - Prandtl-Rohr (stromlinienförmig) - Prandtl-Rohr (10 mm) - Normdüse - Abschlussrohr - MS l ...7 Messstutzen - RK l ... 11 Ringkollektoren Bild 17: Version WS 2012/13 (1) (2) (3) (4) (5) (6) (7) (8) (9) (10) (11) (12) (13) (14) (15) Skizze des Versuchsstandes 15 FLM 2 Luftströmungen 3 Labor Fluidmechanik I Versuchsdurchführung Inbetriebnahme des Versuchsstandes und des Radialventilators nach den Anweisungen des Laborleiters/ -ingenieurs. Bei der Durchführung der Versuche sind die folgenden Messwerte aufzunehmen. Teilversuch 1: Zur Ermittlung der Rohrleitungsparameter werden folgende Messwerte aufgenommen. - atmosphärische Lufttemperatur t [°C] - atmosphärischer Luftdruck pu [mbar] - bei einer vorgegebenen Radiallüfterdrehzahl n1 mit den Drosselklappenöffnungswinkel ßDK = 0° bis 70° - statischer Druck (Eintritt) pstat [kPa] - Wirkdruck Venturirohr ∆pwVR [kPa] - Wirkdruck Normdüse ∆pwND [kPa] - Druckverlust Drosselklappe ∆pVDK [kPa] ∆pVGl [kPa] - Druckverlust Gleichrichter - Druckverlust Umlenkrohr ∆pVUR [kPa] - Druckverlust der gesamte Rohrstrecke ∆pVGe [kPa] - Geschwindigkeit am Austrittsrohr (Rohrmitte) wR [m/s] Die Messung der Geschwindigkeit am Austritt erfolgt mit einem Hitzdrahtanemometer oder Flügelradanemometer. Bei diesen Messungen hat eine Mehrfachmessung zu erfolgen damit der zeitliche Mittelwert gebildet werden kann. Die Messwerte werden an den möglichen Stellen auch mit einem Datenlogger mitgeschrieben und um weitere Messwerte erweitert. Teilversuch 2: Damit ein Profil der Strömung abgebildet werden kann, sind für verschiedene über den Durchmesser verteilte Positionen des Staurohres die Werte für den dynamischen Druck aufzunehmen. - bei einer vorgegebenen Radiallüfterdrehzahl mit den Drosselklappenöffnungswinkel - Staudruckverteilung Prandtl-Rohr 3 mm und/oder 10 mm - Staudruck bei 0,119 d Prandtl-Rohr 3 mm und/oder 10 mm n ßDK = 0°, 60° [mbar] pdyn pdyn [mbar] Dabei ist zu beachten, dass die Werte nach Aichelen von beiden Seiten aufgenommen werden müssen. Nach den Messungen ist der Versuchstand außer Betrieb zu nehmen. Version WS 2012/13 16 FLM 2 Luftströmungen 4 Labor Fluidmechanik I Auswertung der Ergebnisse Aus den Messwerten sind die folgenden Größen zu berechnen und in übersichtlicher tabellarischer Form darzustellen: Berechnung der Messergebnisse für die jeweiligen Drehzahlen n Teilversuch 1: a) - Luftdichte ρL [kg/m³] mit den Normwerten ρN= 1,225 kg/m³, TN = 273,15 K, pN= 1013,25 mbar - Volumenstrom an der Normblende VɺNB [m³/s] mit den Normwerten α= 0,55, d = 100 mm , D= 155 mm - Volumenstrom an der Venturidüse VɺVR [m³/s] mit den Normwerten α= 1,15, d=125mm, D=155 mm - Volumenstrom an der Normdüse VɺND [m³/s] mit den Normwerten α= 0,8, d=100mm,D=155 mm - Volumenstrom mit der Austrittsgeschwindigkeit VɺA [m³/s] - gemittelter Volumenstrom Vɺ [m³/s] M - Strömungsgeschwindigkeit in der Rohrleitung b) wRL - Reynolds – Zahl für die geraden Abschnitte ReRL -5 mit der Viskosität der Luft von νLuft= 1,5 10 m²/s, - Druckverlust Drosselklappe ∆pVDK 2 - Druckverlust Umlenkrohr ∆pVUR 2 - Druckverlust der gesamtem Rohrstrecke ∆pVGe 2 Teilversuch 2 - Geschwindigkeitsverteilung für Prandtl-Rohr - mittleren Geschwindigkeit nach Aichelen aus dem Staudruck für die 2 Messstellen [m/s] [-] [kPa] [kPa] [kPa] [m/s] [m/s] Darstellung der Ergebnisse Es sind folgende Zusammenhänge in geeigneter Form grafisch darzustellen: - w RL = f (β DK ) - ∆pvGe = f (β DK ) berechnet und gemessen - Vergleich der Volumenströme - w = f (d) für das Prandtl-Rohr bei verschiedenen Drosselklappenwinkeln Diskussion der Ergebnisse - Bewertung der Kurvenverläufe - Vergleich der Volumenströme mit der Analyse der Fehler - Vergleich der berechneten und gemessenen Druckverluste - Beurteilung der Messergebnisse - Beurteilung der Strömungsform und der Strömungsart - Vergleich der ermittelten mittleren Geschwindigkeiten mit der Austrittsgeschwindigkeit und der Geschwindigkeit nach Aichelen - Beurteilung der Fehler mit den entsprechenden Begründungen Version WS 2012/13 17 FLM 2 Luftströmungen Labor Fluidmechanik I Anlage 1 Diagramm zur Bestimmung der Durchflusszahlen von Wirkdruckgebern nach DIN Version WS 2012/13 18 FLM 2 Luftströmungen Labor Fluidmechanik I Anlage 2 Nomogramm zur Bestimmung der Expansionszahl Version WS 2012/13 19 FLM 2 Luftströmungen Labor Fluidmechanik I 5 Literaturhinweise und Quellenangabe /1/ Technische Strömungslehre; Bohl, W. /2/ Strömungsmechanik A-Z; Herwig, H. /3/ Strömungslehre; Siekmann, H. E. /4/ Einführung in die Strömungsmechanik; Gersten, K. /5/ Technische Fluidmechanik; Sigloch, H. /6/ Strömung und Duckverlust; Wagner, W. /7/ Technische Strömungslehre; Böswirth, L. /8/ Vorlesungsmanuskript; Prof. Dr.-Ing. J.A. Szymczyk, Fachhochschule Stralsund Version WS 2012/13 20