ULLRICH RECHTSANWÄLTE ARBEITSRECHT JANUAR 2012 Verfall von Urlaubsansprüchen gen war die Forderung eines in den Jahren 2006 bis 2008 erkrankten Arbeitnehmers gegen seinen vormaligen Arbeitgeber, den in den Krankheitsjahren angesammelten Urlaub nach § 7 Abs. 4 BUrlG abzugelten, nachdem er im Jahr 2008 aus dem Arbeitsverhältnis ausgeschieden war. Der Zweck des Urlaubsanspruchs umfasse zwei Aspekte, nämlich dem Arbeitnehmer zu ermöglichen, sich von seiner Arbeit zu erholen und über einen Zeitraum für Entspannung und Freizeit zu verfügen. Allerdings dürfe die Übertragung des Jahresurlaubs eine gewisse zeitliche Grenze nicht überschreiten, da in diesem Fall die positive Wirkung für den Arbeitnehmer als Erholungszeit fehle. Darüber hinaus müsse der Übertragungszeitraum den Arbeitgeber vor der Gefahr von zu langen Abwesenheitszeiträumen des Arbeitnehmers und den Schwierigkeiten schützen, die sich hieraus für die Arbeitsorganisation ergeben könnten. Als Übertragungszeitraum, nach dessen Ende der Anspruch auf bezahlten Jahresurlaub erlöschen könne, sah das Gericht einen Zeitraum von 15 Monaten an. Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat mit Urteil vom 22.11.2011 erneut eine wichtige Entscheidung zum Verfall von Urlaubsansprüchen erkrankter Arbeitnehmer getroffen und damit die hierzu ergangene Rechtsprechung modifiziert. Der EuGH hatte in zwei Urteilen am 20.01.2010 (Az. C 350/06 und C 520/06) entschieden, dass ein Verfall des Urlaubsanspruchs durch die Mitgliedsstaaten zwar geregelt werden könne, allerdings bei einer Erkrankung des Arbeitnehmers Ausnahmen zu gelten hätten. In den Fällen, in denen Arbeitsunfähigkeit, das heißt Krankheit, den Grund für nicht genommenen Urlaub darstellt, sollte nach den vorgenannten Urteilen der Urlaubsanspruch des Arbeitnehmers nicht zum 31.03. des Folgejahres erlöschen können. Diese europäische Rechtsprechung wurde durch das Bundesarbeitsgericht in verschiedenen Urteilen seit März 2010 bestätigt (u.a. Urteil vom 23.03.2010, 9 AZR 128/09), so dass zumindest der gesetzliche Mindesturlaub von 24 Werk- bzw. 20 Arbeitstagen bei einem durchgängig erkrankten Arbeitnehmer nicht nach § 7 Abs. 3 BUrlG verfalle. Alle darüber hinaus gehenden vertraglichen Ansprüche unterlagen danach auch weiterhin dem Verfall nach § 7 Abs. 3 BUrlG. Nach dieser Rechtsprechung wäre es dem Arbeitnehmer daher möglich, fast unbegrenzt Urlaubsansprüche anzusammeln, die er wegen krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit nicht nehmen konnte. Praxishinweis Nach wie vor sollte der Arbeitgeber in seinem Arbeitsvertrag festhalten, dass mit der Erteilung des Urlaubs zunächst der gesetzliche Mindesturlaubsanspruch erfüllt wird und im Übrigen der über den gesetzlichen Anspruch hinausgehende Urlaubsanspruch auch dann verfällt, wenn es dem Arbeitnehmer wegen fortdauernder Arbeitsunfähigkeit unmöglich war, den Urlaub zu nehmen. Darüber hinaus könnten im Arbeitsvertrag Klauseln aufgenommen werden, wonach der wegen fortdauernder Arbeitsunfähigkeit nicht genommene gesetzliche Urlaub nach einem Zeitraum von 15 Monaten verfällt. Mit der nunmehr ergangenen Entscheidung vom 22.11.2011 hat der EuGH ein grenzenloses Ansammeln von Urlaubsansprüchen aber ausdrücklich verneint. Dem voraus gegan- Carsten Ullrich Rechtsanwalt Fachanwalt für Arbeitsrecht 1 Telefon Telefax +49 (0)351 424 73 9-11 +49 (0)351 424 73 9-60 E-Mail Internet [email protected] www.ullrich-rechtsanwaelte.de