TRAUMAHILFE AUGSBURG NETZWERK SCHWABEN Umgang mit Trauma in der Asylarbeit Basisinformationen 2015 © Maria Johanna Fath 2015 © Prof.Dr.Andrea Kerres 0 Definition - Trauma • Trauma (griechisch) = Verletzung • Allgemein Ein Mensch gerät in eine lebensbedrohliche, hochgradig ängstigende und ausweglose Situation. Und das kann Folgen haben. • Nicht ein Ereignis selbst ist das Trauma, sondern die Folgen eines Ereignisses. 2016 © Maria Johanna Fath 1 Kategorien von Traumata • • • • Monotrauma Multitrauma Sequentielles Trauma Entwicklungstrauma (Kindheit) • Ursachen: – Naturkatastrophen, Krieg, Flucht, Vertreibung – Unfälle, Krankheiten, plötzlicher Verlust – Von Menschen verursachte Katastrophen und Gewalttaten Maria Johanna Fath 2 Johanna Fath 2016 © Maria 2 Traumatisierung durch Krieg und Flucht • • • • Kriegs- bzw. Bürgerkriegstraumata Flucht Leben im Exil Das dauernde Gefühl von Hilflosigkeit und Ausgeliefertsein 2016 © Maria Johanna Fath 3 Leben im Exil • • • • • Erleben von Misstrauen und Ablehnung Ungewissheit über die Zukunft Unsicherer Aufenthaltsstatus Keine Arbeit, Ausbildungssituation Manchmal Re-traumatisierung durch Verhörähnliche Situation 2016 © Maria Johanna Fath 4 Was passiert bei Traumatisierung im Gehirn? • Bei negativen Erfahrungen und traumatischen Erlebnissen, also existenziell bedrohlichen und ausweglosen Ereignissen - also Extremstress, • kommt es zu Veränderungen der Informationsverarbeitung in unserem Gehirn. 2016 © Maria Johanna Fath 5 Die „Traumatische Zange“ nach L.Besser/M.Huber Äußeres stressreiches Ereignis Angst, Verzweiflung, Schmerz Bindungssystem wird aktiviert Flucht Kampf Keine Kampfmöglichkeit Keine Fluchtmöglichkeit Hilflosigkeit Gedanke Geruch Ohnmacht Erstarren Bild Ausgeliefert-sein Körpergefühl TRAUMA Fragmente Geräusch Fragmente 2016 © Maria Johanna Fath Emotion 6 … wenn Menschen lange und häufig traumatischen Ereignissen ausgesetzt waren…. • …dann hinterlässt dies Spuren im Gehirn • …das Gehirn schaltet auf Notfall 2016 © Maria Johanna Fath 7 Folgen • Wiedererleben – Alpträume, Panikattacken, zwanghaftes Grübeln • Vermeidung – Soziale Isolation, keine Gefühle, sich Betäuben • Übererregung – Übersteigerte Wachsamkeit, Schlafstörungen, Herzrasen, Atemnot, körperliche Beschwerden, Konzentrationsstörungen 2016 © Maria Johanna Fath 8 Symptome – – – – – – – – – Erschöpfung, Müdigkeit, Kopfschmerzen Nervosität, Gereiztheit Konzentrationsprobleme Traurigkeit, Angst Schuldgefühle Schlafprobleme, Alpträume Ärger, Wut, Konflikte Sozialer Rückzug Drogen 2016 © Maria Johanna Fath 9 Diagnostik - PTBS • Posttraumatische Belastungsstörung, F43.1/ PTSD (Posttraumatic Stress Disorder, DSM IV) • Diagnostische Leitlinie nach dem ICD 10: innerhalb von 6 Monaten nach einem traumatisierenden Ereignis. Eine ‚wahrscheinliche‘ Diagnose kann auch gestellt werden, wenn der Abstand mehr als 6 Monate beträgt, vorausgesetzt die klinischen Symptome sind eindeutig und es kann keine andere Diagnose gestellt werden. 2016 © Maria Johanna Fath 10 Was brauchen sie? Stabilisierung-Stabilisierung-Stabilisierung Sicherheit 2016 © Maria Johanna Fath 11 Stabilisierung - Handlungsmöglichkeiten • Prinzipiell geht es in der Phase der Stabilisierung darum, wieder ‚Boden unter die Füßen‘ zu bekommen, ein innerliches Abschließen des Notfallerlebens zu erreichen bzw. ‚das Leben danach‘ wieder zu gestalten, in dem die täglichen Routinen wieder aufgenommen werden und eine gewisse Form der Normalität wieder hergestellt wird. • Die Unterstützung durch das soziale Netzwerk ist in der Zeit sehr wichtig. 2016 © Maria Johanna Fath 12 Theoretische Grundlagen - Stabilisierung • Die Stabilisierung unterstützt den Betroffenen sich aus der Hilflosigkeit zu lösen und wieder Eigenständigkeit und Kontrolle herzustellen. • Ziele der Unterstützung sind, • • • • • in Bewegung kommen, Ressourcen (wieder)finden, Aufgaben anzugehen, Lösungen zu finden und Zukunftsperspektiven aufzubauen. 2016 © Maria Johanna Fath 13 Stabilisierung mit Flüchtlingen Suche nach Ressourcen: • Das Überleben und die Lebensleistung wertschätzen • Kulturspezifischen Ausdruck für Trauer, Verlust und Lebensfreude finden • Gemeinschaft und Unterstützung stärken • Religiöse Orientierung • Körperliche Betätigung • Zukunftsplanung • …Trauma ist nur ein Teil des Lebens… 2016 © Maria Johanna Fath 14 Stabilisierung mit Flüchtlingen Trauma-bezogene Stabilisierung: • Stabile Beziehungen / soziales Netzwerk aktivieren • Innere Stabilisierung, selbst in guten Zustand kommen • Lebensgeschichte im Fluss, im Kontext von Vergangenheit, Gegenwart, Zukunft sehen • Erinnern und Trauern ermöglichen (erzählen) • Kontrolle und Selbstschutz gegen traumatische Erinnerungen aufbauen • Stress reduzieren und regulieren • Selbstwirksamkeit erleben (Bewältigungsstrategien) 2016 © Maria Johanna Fath 15 Stabilisierung durch Psychoedukation • Die Symptome sind eine normale (damals sogar sinnvolle!) Reaktion auf eine alte (damalige) unnormale Situation. Das Wissen über Symptome kann die kognitive Einordnung und Differenzierung von Reaktionsweisen erleichtern und damit das verlorene Gefühl der Kontrolle über sich selbst verbessern. • Bei Kindern entstehen oft Verhaltensweisen als Notreaktionen auf das Erleben – das „Konzept des guten Grundes“ 2016 © Maria Johanna Fath 16 Stabilisierungs- und Distanzierungstechniken • Unter Stabilisierungs- und Distanzierungstechniken werden Interventionen zusammengefasst, die von Betroffene unterstützen, die zunächst unkontrollierbare Überflutung mit traumatischen Bildern, Erinnerungen und Gefühlen zunehmend kontrollieren zu können. 2016 © Maria Johanna Fath 17 Distanzierungstechniken • Kognitive Reorientierung zur Zeit, Ort und Person • 5-4-3-2-1 Technik • Gezielte paradoxe Intervention (falschen Namen ansprechen, Tag und Nacht verwechseln usw.) • 10 Finger Druck Technik • Tresor Übung • Fernbedienung 2016 © Maria Johanna Fath 18 Sekundäre Traumatisierung • Sekundärer traumatischer Stress entsteht als natürliche, konsequente Verhaltensweise und Emotion, durch das Wissen, dass ein anderer Mensch ein traumatisches Ereignis erlebt hat. • Diese Art von Stress entwickelt sich auch, wenn wir traumatisierten oder leidenden Menschen helfen oder helfen wollen. Somit ist sekundäre Traumatisierung eine Traumatisierung von Menschen, die mit den Primär-Trauma-Opfern in Kontakt sind. 2016 © Maria Johanna Fath 19 ABC des Schutzes vor Sekundärer Traumatisierung (Udolf, 2008) • A wie Achtsamkeit: Achten Sie auf sich selbst, auf Ihre Bedürfnisse, Grenzen und Ressourcen • B wie Balance: Achten Sie auf Ihr Gleichgewicht zwischen Arbeit, Freizeit und Ruhe • C wie Connection: Bleiben Sie in Verbindung mit sich selbst, Menschen und der Natur. 2016 © Maria Johanna Fath 20