Deutsche Bank medNachrichten Die Quartals-Zeitung für niedergelassene Ärzte und Zahnärzte Einkommenschancen machen Niederlassungen ­attraktiv Das Einkommen der Ärzte und Zahnärzte liegt über dem Durchschnitt vergleichbarer Berufsgruppen. Für die Berufswahl sind ­solche Zahlen sicher nicht entscheidend. Dennoch können sie ­helfen, Nachwuchs auch für die Niederlassung zu interessieren. Der Arztberuf bleibt auch wegen des Verdienstes attraktiv für Berufsanfänger. Derzeit stehen angestellte Ärzte mit einem durchschnittlichen Bruttojahresgehalt in Höhe von über 64.000 Euro über alle Altersklassen an der Spitze bei den Gehältern und damit vor Juristen, Ingenieuren und IT-Fachkräften. Diese Zahlen einer OnlineStellenbörse basieren auf Gehaltsdaten von über 50.000 Fach- und Führungskräften in Deutschland. Das durchschnitt­liche Einkommen liegt rund 12.000 Euro unter dem der Ärzte. Ärzte mit mehr als zehn Jahren Berufserfahrung in Kliniken kommen laut Report auf 83.734 Euro im Jahr. Allerdings gibt es starke U ­nterschiede zwischen den Geschlechtern und den ­Regionen – am besten verdienen Ärzte in Rheinland-Pfalz, Bayern und Baden-Württemberg, am wenigsten in Berlin, SachsenAnhalt und Brandenburg. Bedeutung für Niedergelassene gewinnt der Gehaltsreport dadurch, dass er junge Menschen bei der Berufswahl beeinflusst und damit für potenzielle Praxispartner oder Nachfolger sorgen kann. Viele Ärzte und Zahnärzte erwirtschaften in ihren Ausgabe 2 / 2016 Medizintourismus boomt Deutschlands Ärzte und Kliniken stehen bei ausländischen Patienten hoch im Kurs. Mehr als 250.000 Patienten kamen 2014 nach Deutschland, um sich stationär oder ambulant behandeln zu lassen. Dies entspricht einem Zuwachs um 4,4 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Laut Hochschule Bonn-Rhein-Sieg flossen hierdurch 1,2 Milliarden Euro in das deutsche Gesundheitssystem. Die meisten ausländischen Patienten kamen aus Russland (rund 9.800 stationäre und 15.000 ambulante Behandlungen). Am stärksten nachgefragt sind Einrichtungen in Bayern, Nordrhein-Westfalen und Baden-Württemberg, hohes Wachstum gab es in Berlin / Brandenburg. In dieser Ausgabe IT-FachFach- und Juristen Ärzte Ingenieure kräfte Führungskräfte insg. 52.000 € 57.900 € 63.100 € 64.110 € 61.100 € Durchschnittseinkommen von Angestellten (brutto). Quelle: Stepstone. © weseetheworld / fotolia.com Praxen höhere Überschüsse, als angestell­ te Klinikärzte verdienen, und beweise­ n damit, dass die Investition in die Praxi­s nach wie vor lohnend sein kann. Das jüngste Jahrbuch der Kassenzahnärztlichen Bundesvereinigung etwa zeigt, dass die Überschüsse steigen. Im zuletzt ausgewiesenen Jahr 2013 betrug der durchschnittliche Überschuss 155.600 Euro – trotz steigender Kosten. Fördernd ist auch der Kooperationstrend bei (Zahn-)Ärzten, der nicht nur den Anspruch auf Teamarbeit erfüllt, sondern auch die Kosten auf mehrere Schultern verteilt. Seite Gesundheitsmärkte Krisenfeste Branche 2 Aus den Regionen Rhön-Kliniken gehen auf Ärzte zu 3 Aus aller Welt Zwiespältige Bilanz in den Niederlanden 4 Honorar Sechs neue EBM-Ziffern in der Geriatrie 5 Praxis QM jetzt sektorübergreifend 6 Steuern und Recht Zweigpraxis auch gegen Bedarfsplan 7 Finanzen Jetzt Investitionen realisieren 8 Weitere Informationen: www.deutsche-bank.de/heilberufe [email protected] Terminservice funktioniert ohne Kliniken Die von den Kassenärztlichen Vereinigungen (KVen) eingerichteten Terminservicestellen (TSS) arbeiten nach ersten Bilanzen reibungslos. Die Erfahrungen zeigen, dass die Mehrzahl der Patienten weiterhin ohne TSS-Unterstützung Termine in Facharztpraxen vereinbaren. Die Zahl der Anrufer variiert regional, bleibt bundesweit aber gering. Die KVen sehen sich damit in ihrer Einschätzung bestätigt, dass die TSS nicht erforderlich sind. In vielen TSS dreht es sich nur bei rund der Hälfte der Anrufer tatsächlich um eine Überweisung. In Nordrhein etwa meldeten sich in den ersten vier Wochen 2.500 Anrufer, von denen die Hälfte Anspruch auf einen Termin hatte. Vermittelt wurden dort v. a. Termine bei Neurologen, Radiologen und Kardiologen. Besonders wichtig ist für Fachärzte, dass die TSS die gemeldeten freien Sprechstundenzeiten rechtzeitig freigeben, wenn diese Seite 1 nicht besetzt werden. Nach ersten Erfahrungen funktioniert dieses Vorgehen. Zudem zeigen die ersten Wochen seit dem Start am 25. Januar, dass es kaum Patienten gibt, für die keine Termine in Praxen vermittelt werden können. In solchen Fällen sind die TSS zur Vermittlung ambulanter Facharzttermine in den Kliniken – zu Lasten des Budgets der niedergelassenen Fachärzte – angehalten. Dies passiert aber kaum, die Budgets werden also praktisch nicht belastet. GESUNDHEITSMÄRKTE Deutsche Bank medNachrichten | Ausgabe 2 / 2016 Gesundheitsbranche krisenfest Trotz eingetrübter Stimmung zu Jahresbeginn sind die Voraussetzungen für einen Aufschwung der Weltwirtschaft weiterhin gegeben. Konjunkturunabhängig fließen in das Gesundheitswesen in Deutschland mehr und mehr Mittel. Trotz hoher Haushaltsüberschüsse des Staates und obwohl aus der Wirtschaft positive Zahlen verkündet werden, fielen die Stimmungsbarometer im ersten Quartal 2016. So sank etwa der ifo-Geschäftsklima­ index dreimal in Folge – in Wirtschaftskrei­ sen gilt dies als Signal für eine Abkühlung der Konjunktur. Die Führungskräfte in der Wirtschaft beurteilten die Geschäftsaussichten nicht mehr ganz so optimistisch. Die Gründe liegen u. a. im befürchteten Ende des Wirtschaftsaufschwungs in den USA, aber auch in der Angst vor Grenzschließungen in Europa und vor Behinderungen des Warenverkehrs. Markt Honorarentwicklung 1. – 4. Quartal 2015 GKV und privatärztlich 7 6 5 4 3 2 Arznei- und Verbandmittel +4,9 % Ärztliche Behandlung +4,1 % Krankenhausbehandlung +3,7 % Behandlung durch Zahnärzte +2,4 % Bruttoinlandsprodukt +1,7 % 1 %0 Quelle: REBMANN RESEARCH sind nur mittelbar über die Beschäftigung von Wirtschafts­schwan­kungen betroffen. Für die Erwerbstätigkeit in Deutschland sind bislang aber keine negativen Auswirkungen festzustellen. Die Erwerbsquote ist 2015 weiter gestiegen, damit waren auch höhere Einnahmen für die gesetzliche Krankenversicherung verbunden.¹ Entsprechend positiv fiel die Honorarentwicklung im vergangenen Jahr aus. Die Ausgaben für die ärztliche Behandlung stiegen um 4,1 Prozent. Übertroffen wurde das Wachstum des ärztlichen Honorars nur von den Ausgaben für Arznei- und Verbandmittel (plus 4,9 Prozent). Für Krankenhausbehandlungen stiegen die Honorare um 3,7 Prozent, für zahnärztliche Behandlungen um 2,4 Prozent. Alle Bereiche blieben damit deutlich über der Steigerungs­ rate des deutschen Bruttoinlandsprodukts (plus 1,7 Prozent). Auch der anhaltend niedrige Ölpreis hat nicht nur positive Auswirkungen, weil damit massive Einnahmeausfälle der Öl exportierenden Länder verbunden sind. Als Folge verschieben diese Länder Investitionen oder sie verzichten darauf. Betroffen davon sind auch deutsche Unternehmen: Im Gegensatz dazu erleben exportierende Hersteller aus der Gesundheitswirtschaft wie etwa der Medizintechnik wachsende Exportraten. Denn die Heilberufe arbeiten weitgehend konjunkturunabhängig und Prävention: Boom hilft Ärzten Gesundheitswesen als Jobmotor Das im Sommer 2015 beschlossene Prä­ ven­tionsgesetz setzt starke Impulse für den zwei­ten Gesundheitsmarkt. Es bietet große Chancen für Fitnessstudios, aber auch für Ärzte. Ärzte können insbesondere in der betrieblichen Gesundheitsförderung ge­ meinsam mit Studios auftreten. Denn von der im Gesetz festgelegten Erhöhung der Kassenausgaben für Präventionsangebote von 3,09 auf 7,00 Euro pro Person können beide Seiten mit entsprechenden Angeboten profitieren. Das deutsche Gesundheitswesen bietet rund 5,2 Millionen Menschen Arbeit. Wie eine aktuelle Auswertung des Statistischen Bundesamts für das Jahr 2014 zeigt, entspricht dies einem Anstieg um zwei Prozent gegenüber dem Vorjahr, womit der Wachstumstrend sich fortgesetzt hat. In den vergangenen zehn Jahren sind 900.000 neue Arbeitsplätze in der Gesundheitswirtschaft entstanden. Rund 3,8 Millionen der Beschäftigten haben eine Vollzeitstelle. Niedergelassene Ärzte und Zahnärzte tragen zu diesen Zahlen nicht nur bei, sie profitieren auch davon. Denn durch steigende Beschäftigung zahlen mehr Menschen in die GKV ein und stellen mit den Beiträgen mehr Mittel für die Versorgung bereit. Zwei der sieben Euro sollen in betrieb­ liche Gesundheitsförderung fließen. Hierzu zählen zertifizierte Präventionskurse, die Fitnessstudios und Ärzte gemeinsam anbieten können. Bei diesen Kursen rechnet der Branchenverband DSSV mit einem Boom. Die Studios erwarten, dass in den kommenden fünf Jahren ein Viertel ihrer Einnahmen aus der betrieblichen Gesundheitsförderung stammen wird. Schon derzeit bezuschusst jeder dritte­Arbeitgeber seinen Beschäftigten Fitness- oder Sportangebote. Die Ausgaben der Kassen für Prävention werden 2016 auf rund 490 Millionen Euro steigen. Hinzu kommt der Eigenanteil, den Versicherte für viele Angebote zahlen. Besonders der ambulante Bereich erweist sich als Jobmotor. 77 Prozent der Arbeitnehmer im Gesundheitswesen waren im ambulanten Sektor tätig. Die Zahl der Human- und Zahnmediziner ist im Jahresvergleich um 9.000 gewachsen, zugleich stellten sie 13.000 zusätzliche Beschäftigte in Praxen als Hilfen ein. Damit waren in Arztpraxen 676.000 Ärzte und MFA tätig, in Zahnarztpraxen 344.000 Zahnärzte und Fachassistenten. Einen hohen Zu­ Seite 2 ¹ Quelle: REBMANN RESEARCH wachs verzeichnete auch die Altenpflege, wo 21.000 Stellen entstanden sind – ein Plus von rund vier Prozent gegenüber dem Vorjahr. Um mehr als fünf Prozent stiegen die Beschäftigtenzahlen in der ambulanten Pflege und um 3,7 Prozent in Praxen sonstiger medizinischer Berufe wie etwa Physiooder Ergotherapie. Auch im Einzelhandel mit Gesundheitsprodukten stieg die Beschäftigung mit einem Plus von 3,5 Prozent deutlich. Unter­ durchschnittlich stieg die Beschäfti­gung in den Krankenhäusern mit 1,2 Pro­zent an. In Vorsorge- und Rehaeinrichtungen sanken die Beschäftigungszahlen um 0,5 Prozent. Hohe Wertschöpfung schafft Arbeit Durchschnittliche Wachstumsraten, jährlich in % Gesamtwirtschaft 2,4 Dienstleistungssektor 2,3 Verarbeitendes Gewerbe 2,5 Gesundheitswirtschaft 3,5 Quelle: Bundesministerium für Wirtschaft und Energie, Arbeitsstab für Gesundheitswirtschaft (Ausgabe 2014) AUS DEN REGIONEN Deutsche Bank medNachrichten | Ausgabe 2 / 2016 Konzept für Marburg Auf Kooperation statt Konkurrenz setzt der Rhön-Konzern mit seinen neuen Plänen für die ambulanten Leistungen am Marburger Universitätsklinikum. Von einem Ausbau der eigenen ambulanten Ver­ sorgungsstrukturen nimmt man Abstand. Das Marburger Universitätsklinikum plant ein Facharztzentrum auf seinem Klinikgelände, das über drei Etagen selbstständig tätigen Haus- und Fachärzten in eigener Niederlassung Praxisräume anbieten soll. Das zum Rhön-Konzern zählende Hochschulklinikum will als Vermieter für die Praxisräume auftreten und einen Teil der Infrastruktur für die voraussichtlich zweistellige Zahl an niedergelassenen Ärzten und medizinischen Dienstleistern stellen. Zugleich sollen die Hochschulambulanzen neu strukturiert werden. Mit diesem überarbeiteten Konzept reagiert der Klinikkonzern auf Bedenken gegen seine ursprünglichen Pläne (medNachrichten 3 / 2015). Nach ersten Überlegungen wollte Rhön die ambulante Flächenversorgung in der Region selbst übernehmen oder steuern. Dazu wollte man die ambulanten Versorgungsstrukturen am Marburger Universitätsklinikum ausbauen und mit telemedizinischer Unterstützung Verbundlösungen für die länd- Das UKGM: Auf dem Campus in Marburg soll jetzt ein Ärztezentrum entstehen. © T.X. Stoll / Rhön Klinikum AG liche Versorgung schaffen. Damit wäre der Klinikkonzern in den Wettbewerb mit den niedergelassenen Ärzten getreten. Daran hatten neben Ärzten und ihren Verbänden auch einige Politiker Kritik geübt. Die neuen Pläne sehen keinen Eigenbetrieb mehr vor und setzen auf Kooperation statt Konkurrenz. Die Ärzte im Facharztzentrum könnten autonom arbeiten und über den Grad der Zusammenarbeit selbst bestimmen. Anders als bei den ursprünglichen Plänen hat die regionale Ärztegenossenschaft keine Einwände gegen das neue Konzept. Vergleichbare Modelle der Zusammenarbeit zwischen Klinikträgern und niedergelassenen Ärzten funktionieren auch schon an anderen Standorten. Die neuen Pläne dürften durch die massive Inanspruchnahme der Notfall­ ambulanz begünstigt sein. Viele Patienten, die auch Sprechstunden niedergelassener Ärzte nutzen könnten, tragen zu einer defizitären Situation von Notfallambulanzen in Deutschland bei. Neues Konzept zur Überwindung der Sektoren Drei Landkreise in Baden-Württemberg sollen eine umfassende Zusammenarbeit in der Gesundheitsversorgung erproben. Das Modellprojekt der Landesregierung sieht eine Kooperation über Kreis- und Sektorengrenzen hinweg vor. Die Regierung erhofft sich Impulse für die Versorgungsplanung auch in anderen Regionen. Damit sind Auswirkungen auf die bislang isoliert vorgenommene Bedarfsplanung für niedergelassene Ärzte verbunden. Bislang berücksichtigt diese lediglich das Verhältnis zwischen Einwohnern einer Region und Zahl der niedergelassenen Ärzte einer Fachgruppe, adjustiert um Pendlerströme. Eine übergreifende Planung kann zu anderen Rückschlüssen über die Versorgung kommen und einen Mehr- oder Minderbedarf aufzeigen. Für das Projekt in den Landkreisen Reutlingen, Biberach und Ravensburg soll eine breite Gruppe an der Konzepterstellung beteiligt werden. Neben Ärzten, Gesundheitsberufen, Krankenkassen und öffentlichem Gesundheitsdienst sind nach Angaben des Landesgesundheitsministe­ riums auch die KV, Krankenkassen, Klinikträger, kommunale Entscheidungsträger und Bürger zur Mitarbeit aufgerufen. Eine Datenanalyse untersucht die Morbidität, das medizinische Angebot und die Patientenströme. Auch der künftige Versorgungsbedarf soll aufgezeigt werden. Dafür werden auch Daten an der Schnittstelle zu Pflege, Gesundheitsförderung und Prävention einbezogen. Die so gewonnenen Planungskennziffern sind eine wichtige Grundlage für Investitionsentscheidungen niedergelassener Ärzte. Ärzte kehren nach dem Auslandsaufenthalt zurück Die meisten deutschen Ärzte kommen nach einem Auslandsaufenthalt zurück in die Heimat und gehen damit nicht dauerhaft für die medizinische Versorgung in Deutschland verloren. Dies zeigt eine Zehn-Jahres-Analyse der Landesärztekammer Hessen, die auch die Motive der vorwiegend jüngeren Ärzte für den Weg in das Ausland untersucht hat. Im Zeitraum zwischen 2005 und 2015 hatten 1.477 Ärzte in Hessen die für eine Auslandstätigkeit erforderliche Unbedenklichkeitsbescheinigung beantragt. Die ­Analyse hat gezeigt, dass die Befragten in den ersten Jahren noch mehrheitlich angaben, dass sie im Ausland auf eine bessere Bezahlung und bessere Ar- beitsbedingungen setzen. In den ­darauf folgen­den Jahren überwog dagegen der Wunsch nach Erfahrungen in einem als interessant eingestuften Arbeitsgebiet. Auch karitative und familiäre Gründe wurden verstärkt genannt. hat die Schweiz (von 3 auf 20 Prozent). Auch die Dauer des Aufenthaltes hat sich verändert. Zu Beginn der Analyse wollte ein Großteil der Ärzte dauerhaft fernbleiben, heute stehen befristete Aufenthalte von bis zu einem Jahr im Vordergrund. Diese Trends spiegeln sich auch in den Ländern wider, die von den auswandernden Ärzten präferiert werden. Seit 2012 ist fast jeder fünfte von ihnen in ein Land der Dritten Welt gegangen, zu Beginn der Analyse waren dies nur sieben Prozent. An Attraktivität eingebüßt hat Großbritannien: In den ersten Jahren wollte noch jeder dritte Auswanderer dorthin, mittlerweile zieht das Land nur noch elf Prozent von ihnen an. An Beliebtheit gewonnen Auch mit einer anderen Zahl kann die Befürchtung, dass abwandernde Ärzte einen Ärztemangel in Deutschland verstärken könnten, widerlegt werden. Im Jahr 2014 meldeten sich 59 Ärzte bei der Ärztekammer in Hessen ab, um im Ausland zu leben und zu arbeiten. Im selben Zeitraum wanderten aber 234 ausländische Ärzte nach Hessen zu. Die ursprünglich befürchtete kontinuierliche Abwanderung hat sich somit nicht bestätigt. Seite 3 AUS ALLER WELT Deutsche Bank medNachrichten | Ausgabe 2 / 2016 Zwiespältige Reformbilanz Auch zehn Jahre nach der umfassenden und in Deutschland aufmerksam verfolgten Reform des ­holländischen Gesundheitssystems fallen Vergleiche unterschiedlich aus. Je nach Blickwinkel ­schneidet das reformierte System besser oder schlechter als das deutsche Gesundheitssystem ab. Das Gesundheitssystem in den Niederlanden wird oft als Vorbild für Reformansätze in Deutschland genannt. Mit ihrem 2006 grundlegend reformierten System haben die Niederländer das Nebeneinander von gesetzlicher und privater Krankenversicherung abgeschafft, ein einheitliches Basis-Leistungspaket sowie eine einkommensunabhängige Finanzierung eingeführt. In den Niederlanden gibt es ein Hausarztmodell, das Patienten den direkten Zugang zum Facharzt nicht erlaubt. Fachärzte gibt es nur in Kliniken. Die Hälfte des Beitragsaufkommens stammt aus einer einheitlichen Kopfpauschale für jeden Bürger, die andere Hälfte wird als prozentualer Satz vom Einkommen erhoben und vom Arbeitgeber getragen. Die Basisversicherung erstattet die Kosten u. a. für ambulante und stationäre Behandlungen, die Zahnarztbehandlungen aber nur bei Minderjährigen. Neben dem Basispaket kann jeder Versicherte individuell Zusatzversicherungen abschließen. sundheitssysteme in Deutschland und den Niederlanden beschäftigt. Jedoch fallen die Ergebnisse der Studien sehr unterschiedlich aus. Das Wissenschaftliche Institut der Privaten Krankenversicherung (WIP) hat die am­ bulante Versorgung untersucht. Es stellt zwar für beide Länder einen „Zugang zu einer umfassenden gesundheitlichen Versorgung, unabhängig von Einkommen und Gesundheitszustand“, fest. Bei den Krite­ rien Arztdichte, direkter Zugang zum Facharzt, Wartezeiten und Zuzahlungen schneidet das deutsche System in dieser Bewertung aber besser ab. Nach WIP-Ansicht schützen die Leistungsversprechen der PKV in Deutschland auch GKV-Versicherte vor Rationierung, weil die GKV teilweise im Wettbewerb zur PKV steht. Diese Konkurrenz fehlt in den Niederlanden. einer Deregulierung beigetragen. Zugleich sehen sie eine breite gesellschaftliche Akzeptanz für das neue System, Zustimmung zur Reform und eine breite Inanspruchnahme der Wahlmöglichkeiten. Außerdem hat die Reform nach Auffassung der Autoren die Transparenz von Kosten und Leistungsangebot für die rund 16,9 Millionen Einwohner der Niederlande verbessert. Ausgaben im Vergleich 2013 Gesundheitsausgaben pro Kopf NL OECD 3.453 $ Stationäre Versorgung 32 % 29 % DE 28 % OECD Zehn Jahre nach der Reform haben sich zwei Institute mit dem Vergleich der Ge- Datendiebstahl in Japan Iran benötigt neue Krankenhäuser In Japan ist ein Fall massiven Datendiebstahls bekannt geworden, der u. a. das Gesundheitswesen betrifft. Der Datendiebstahl wurde erst kürzlich bekannt, obwohl er vermutlich bereits 2008 stattgefunden hat. Listen mit persönlichen Informationen über insgesamt 103.000 Menschen, die u. a. deren staatliche Krankenversicherungsnummern enthielten, wurden gestohlen und weiterverkauft. Nach bisherigen Erkenntnissen handelt es sich um Listen, die von Krankenhäusern und Apothekern erstellt worden waren. Die Nummern der staatlichen Krankenversicherung dienen in Japan zur persönlichen Identifikation. Sie können beispielsweise dazu verwendet werden, Bankkonten zu eröffnen oder Kreditkarten zu beantragen. Der Diebstahl birgt die Gefahr, dass die Daten missbräuchlich verwendet werden, z. B. zur Ausstellung einer neuen Krankenversicherungskarte oder zur Kontoeröffnung. Nach dem Ende der Wirtschaftssanktionen gegen den Iran erhoffen sich viele deutsche Unternehmen neue Handelsbeziehungen im Mittleren Osten. Auch im Gesundheitswesen bieten sich Gelegenheiten zur Kooperation. Die iranische Regierung ist an ausländischen Investoren für diesen Bereich interessiert. Im persischen Gesundheitswesen besteht erheblicher Investitionsstau. Die Infrastruktur medizinischer Einrichtungen gilt als ungenügend. Der Staat, der für das Gesundheitswesen bislang die Verantwortung trägt, will sich bei Ausbau und Modernisierung nur eingeschränkt engagieren. Seite 4 4.819 $ NL Die Friedrich-Ebert-Stiftung hat die Rolle des Wettbewerbs in den Gesundheitssystemen näher untersucht. Die Abschaffung des Nebeneinanders von gesetzlicher und privater Krankenversicherung in den Niederlanden hat nach Ansicht der Studienautoren zum Abbau von Bürokratie und zu Unter anderem plant die Regierung, die Bettenkapazitäten deutlich zu erhöhen. Über die aktuellen stationären Kapazitäten gibt es nur schwankende Angaben. Die Statistik für den Zeitraum 2012 / 2013 weist 850 Krankenhäuser mit insgesamt 5.131 $ DE Ambulante Versorgung NL DE OECD 22 % 30 % 33 % Quelle: OECD 131.140 Betten aus. Im vergleichbar einwohnerstarken Deutschland waren es im Vergleichszeitraum rund 500.000 Betten. Rund 90.000 Betten in 531 Kliniken im Iran befinden sich in staatlicher Trägerschaft. Nur zehn Prozent sind in privater Hand. Perspektivisch möchte die Regierung den Anteil privat geführter Kliniken auf 60 Prozent erhöhen und die Betten­ kapazität um 115.000 steigern. Außerdem sollen 50.000 Betten in bestehenden Kliniken modernisiert werden. Für 94 Krankenhausprojekte hat das Land Bauland reservieren lassen. Ein Blick in die Demografieprognosen unterstreicht den Bedarf zur Modernisierung der Gesundheitsversorgung und Investition in Infrastruktur. Die Bevölkerungszahl von derzeit rund 79 Millionen Iranern wird voraussichtlich schnell steigen. Demografen erwarten, dass die Einwohnerzahl in fünf Jahren bereits bei rund 84 Millionen Menschen liegen wird. HONORAR Deutsche Bank medNachrichten | Ausgabe 2 / 2016 EBM: Sechs neue Ziffern Im Einheitlichen Bewertungsmaßstab (EBM) gelten ab Juli sechs neue Abrechnungsziffern für Diagnostik und Therapie bei geriatrischen Patienten mit besonders aufwendigem Versorgungsbedarf. Der Bewertungsausschuss hat einen neuen EBM-Abschnitt („30.13“) zur Vergütung spezialisierter geriatrischer Diagnostik und Versorgung beschlossen. Diese EBM-Änderung tritt am 1. Juli in Kraft. Danach wird die geriatrische Versorgung um sechs Positionen erweitert, die extrabudgetär dotiert sind. Die neuen Gebührenordnungspositionen (GOP) sind Konsequenz der seit 2012 im SGB V verankerten Möglichkeit, geriatrische Kliniken, Klinikabteilungen und spezielle Fachärzte zur Teilnahme an der geriatrischen Versorgung zu ermächtigen (§118a SGB V). Die Rahmenvorgabe dafür gilt seit 1. Oktober 2015. Im Zuge dessen hatte die Selbstverwaltung festgelegt, dass bis 1. April 2016 eine EBM-Vergütung zu regeln sei. Die sechs neuen Leistungen in Kürze: —Die neue GOP 30980 bewertet die „Abklärung vor Durchführung eines weiterführenden geriatrischen Assessments“ mit 194 Punkten. Diese Ziffer können nur Hausärzte oder ausnahmsweise bestimmte Fachärzte in Kooperation mit Hausärzten einmal im Krankheitsfall abrechnen; dazu zählen Neurologen, Psychiater, Fachärzte für Nervenheilkunde sowie Vertragsärzte mit Zusatzbezeichnung Geriatrie. —Den identischen Leistungsinhalt können geriatrisch spezialisierte Fachärzte und geriatrische Institutsambulanzen (GIA) nach der neuen GOP 30981 abrechnen, die mit 131 Punkten bewertet ist. Zusätzliches Honorar für Haus- und Fachärzte verspricht das neue EBM-Kapitel 30.13. © nito / fotolia.com — Für ein „weiterführendes geriatrisches Assessment“, das spezialisierten Geriatern und ermächtigten Kliniken vorbehalten ist, kann einmal im Krankheitsfall die neue GOP 30984 abgerechnet werden (882 Punkte). Dauert das „weiterführende Assessment“ länger als eine Stunde, können bis zu zweimal im Krankheitsfall für je eine weitere vollendete halbe Stunde 325 Punkte zugeschlagen werden (GOP 30985), für die danach folgenden 30 Minuten 234 Punkte (GOP 30986). —Die letzte neue Geriatrie-Ziffer, die GOP 30988, gilt nur für Hausärzte und be­ sagte fachärztliche Kooperationspartner: Ein­mal im Krankheitsfall kann der Zuschlag von 65 Punkten „für die Einleitung und Koordination von Therapiemaßnahmen“ auf die Gebührenordnungspositionen 03362 („hausärztlich geriatrischer Betreuungskomplex“), 16230, 16231, 21230 und 21231 aufgeschlagen werden. Der aktuelle Honorartipp Abrechnung bei Kassenwechsel In den ersten Monaten des Jahres 2016 hatten viele gesetzlich Krankenversicherte aufgrund gestiegener Zusatzbeiträge die Möglichkeit, ihre Mitgliedschaft in der Krankenkasse zu kündigen und zu wechseln. Diese Kündigungen werden nach zwei Monaten wirksam, also im ersten oder zweiten Quartal dieses Jahres. Kommt ein Patient innerhalb eines laufenden Quartals einmal vor und einmal nach dem Kassenwechsel in die Praxis, dürfen Vertragsärzte alle Leistungen, die bei der Abrechnung auf den Arzt-, Behandlungs- oder Krankheitsfall begrenzt berechnungsfähigen Leistungen erneut abrechnen. So zum Beispiel die Versicherten- bzw. Grundpauschale oder auch das geriatrische Basisassessment. Der Grund: Mit dem Kassenwechsel beginnt ein neuer Krankheits- und auch ein neuer Arztund Behandlungsfall. Die zusätzlichen Abrechnungsmöglichkeiten sind nicht die einzigen Punkte, die beim Kassenwechsel zu beachten sind. So ist bei Disease-Management-Programmen eine Neueinschreibung fällig, ebenso sieht es bei anderen Selektivverträgen aus – soweit die neue Krankenkasse überhaupt an dem Vertrag beteiligt ist. Auch bei Verordnungen müssen teils die Voraussetzungen geklärt werden: So muss bei Heilmittelverordnungen außerhalb des Regelfalls über die Dauer der Kassenzugehörigkeit hinaus diese neu beantragt werden. Auch SAPV und häusliche Krankenpflege müssen neu verordnet werden. ASV: noch immer nur eine Randgröße in der Versorgung Bescheidene Bilanz für die ambulante spezialfachärztliche Versorgung (ASV): Diese ist auch vier Jahre nach ihrem Start eine Randgröße im Versorgungsgeschehen. Bei bundesweit 37 ASV-Teams w ­ urden im dritten Quartal 2015 lediglich 334 Patienten im Rahmen der ASV behandelt – trotz extrabudgetärer Vergütung. Das geht aus einer Antwort der Bundesregierung auf eine parlamentarische Anfrage der Grünen-Frak­tion im Bundestag hervor. Drei krankheitsspezifische Richtlinien­ beschlüsse des Gemeinsamen Bundesausschusses (GBA) sind mittlerweile in Kraft getreten: zur Tuberkulose, zu gas- trointestinalen Tumoren und zum Marfan-Syndrom. Jedoch zeigen Auswertungen aus dem dritten Quartal 2015, dass bei einer Inzidenz von 4.488 Tuberkulose-­ Patienten lediglich 221 Patienten in der ASV behandelt wurden. Bei Patienten mit gastrointestinalen Tumoren waren es nur 113 Behandlungen bei eine­ r Inzidenz von rund 128.000. Für die in der ASV behandelten Patienten mit diesen Erkrankungsbildern liegen auch erst seit Juli 2015 Regeln zur Budgetbereinigung vor. Seit Inkrafttreten des Richtlinienbeschlusses für das Marfan-Syndrom im Juni 2015 wurde von den rund 8.000 Patienten kein einziger in der ASV Seite 5 behandelt. Grund: Es fehlt an Versorgungsteams. Im laufenden Jahr wird der GBA voraussichtlich dennoch Beschlüsse zu den Indikationen gynäkologische Tumoren und pulmonale Hypertonie für die ASV fassen. Fünf Jahre nach dem Start sollen KBV, GKV-Spitzenverband und die Deutsche Krankenhausgesellschaft erstmals eine Evaluation der ASV vorlegen – die Studie soll bis Ende März 2017 vorliegen. Ziel ist es, Relevanz und therapeutisches Potenzial dieser sektorübergreifenden Versorgungsform im Vergleich zur Regelversorgung zu ermitteln. PRAXIS Deutsche Bank medNachrichten | Ausgabe 2 / 2016 Praxis-Kalender 04.05. – 07.05.2016 | Berlin 51. Diabetes Kongress der Deutschen Diabetes Gesellschaft 04.05. – 07.05.2016 | Leipzig 97. Deutscher Röntgenkongress 23.05. – 27.05.2016 | Usedom 23. Sommersymposium des Freien Verbands Deutscher Zahnärzte 08.06. – 10.06.2016 | Berlin Hauptstadtkongress 2016 Medizin und Gesundheit Umfangreiches Angebot von Praxisseminaren für Ärzte und Zahnärzte: www.deutschebank.de/heilberufe Mehrsprachige Praxishilfen Ärzten mit vielen fremdsprachigen Patien­ ten bietet die Kassenärztliche Bundesvereinigung auf ihrer Website einen guten Überblick über die von unterschiedlichen Stellen angebotenen Übersetzungshilfen. Das Angebot umfasst elektronische und gedruckte Unterstützungen. Darunter sind auch Übersetzungen in Sprachen, die von Flüchtlingen gesprochen werden. Die Auswahl an Dokumenten und Internetquellen ist nach den Kriterien Anamnese, allgemeine Informationen, medikamentöse Therapie, Erkrankungen, Prävention und Qualitätsmanagement gegliedert. Den Überblick finden Ärzte unter www.kbv.de (Suche: „Mehrsprachige Praxishilfen“). Eine für alle: QM jetzt sektorübergreifend Ärzte, Zahnärzte und Krankenhäuser müssen sich in Zukunft auf einheitliche Richtlinien für das Qualitätsmanagement einstellen. Ziel des Gemeinsamen Bundesausschusses ist mehr Transparenz in der Qualität der sektorübergreifenden Versorgung. Für Arzt- und Zahnarztpraxen sowie für Krankenhäuser gelten in Kürze einheitliche Anforderungen an das interne Qualitätsmanagement (QM). Der Gemeinsame Bundesausschuss (GBA) hat die erste Fassung einer sektorübergreifenden Richtlinie beschlossen. Sie regelt die grundsätzlichen Anforderungen an das stationäre und ambulante QM und löst die bislang geltenden getrennten Richtlinien für den vertragsärztlichen, den vertragszahnärztlichen und den stationären Bereich ab. Gefordert wird künftig etwa ein Schnittstellenmanagement, das abgestimmte Prozesse und gezielte Kommunikation ermöglichen soll – die Praxen müssen also Ablaufbeschreibungen oder Checklisten für diese Schnittstellenbereiche erarbeiten. In allen größeren Praxiseinheiten, in denen mehr als ein Arzt beschäftigt ist, muss ein „verantwortlicher QM-Arzt“ ernannt werden – zusätzlich zum QM-Beauftragten, der auch aus dem Kreis der Praxismitarbeiter /-innen stammen kann. Neu ist auch, dass die Patientenaufklärung und -information als eigene QM-Maßnahme angeführt wird. Für den Arzt-Patienten- Die rechtlichen Rahmenbedingungen fürs QM ändern sich mit der neuen Richtlinie. © vege / fotolia.com Kontakt sollen die Einrichtungen verständliche Informationen sowie Angebote von Selbsthilfeorganisationen und Beratungsstellen zusammenfassen. Zur Pflicht werden ein System zur Arzneimitteltherapiesicherheit und ein spezielles Management für Schmerzpatienten. Beschwerde- und Fehlermanagement werden künftig konsequent voneinander gelöst. Das Fehler­ management bezieht Praxismitarbeiter bei der Ausarbeitung von Maßnahmen zur Verhinderung von Fehlern mit ein. So sollen beinahe oder tatsächlich eingetretene Fehler gemeldet werden. Neu ist auch eine regelmäßige Mitarbeiterbefragung. Der „Antrag auf den Antrag“ ist nicht mehr erforderlich Die Verordnung medizinischer Rehabilitation hat sich seit April deutlich vereinfacht. Der Gemeinsame Bundesausschuss hat das früher geltende zweistufige Verordnungsverfahren und damit das Formular 60 abgeschafft – der „Antrag auf den Antrag“ ist somit nicht mehr erforderlich. Das Formular nach Muster 60 galt unter Vertragsärzten als Inbegriff der Bürokratie. Bislang mussten sie über dieses Formular noch vor der eigentlichen Reha-Verordnung prüfen lassen, ob die gesetzliche Krankenversicherung leistungsrechtlich zuständig ist. Erst danach erhielten sie von der Krankenkasse das Muster 61 zur Ausstellung einer Verordnung. Die Verordnung selbst durften auch nur Ärzte ausstellen, die dafür eine Genehmigung hatten. Dies führte mitunter dazu, dass Patienten einen weiteren Arzt aufsuchen mussten, wenn ihr Arzt keine Genehmigung besaß – was im Arzt-Patienten-Verhältnis mitunter für Irritationen sorgte. Die Zuständigkeitsprüfung ist künftig nicht mehr vorgeschrieben. Auch dürfen nun alle Vertragsärzte Rehabilitations­ leistungen verordnen, und zwar direkt auf dem Formular 61. Sollte sich ein Arzt bei einem Patienten nicht sicher sein, ob die gesetzliche Krankenversicherung oder z. B. die Unfall- oder Rentenversicherung als Kostenträger leistungsrechtlich zuständig ist, kann er dies vorab von der Krankenkasse prüfen lassen. Dazu gibt es auf Seite 6 Formular 61 einen neuen Teil A, den der Arzt für seine Anfrage nutzen kann. Hiermit kann auch eine Beratung des Patienten durch die Krankenkasse veranlasst werden. Der Nachweis einer zusätzlichen Quali­ fikation zur Verordnung medizinischer Rehabilitation ist nicht mehr erforderlich. Die bislang notwendige Abrechnungsgenehmigung entfällt. Die speziellen Kenntnisse in der Anwendung der ICF (Internationale Klassifikation der Funktionsfähigkeit, Behinderung und Gesundheit) sind weitestgehend Gegenstand der Weiterbildung. Ärzten, die diese Kenntnisse erweitern und vertiefen wollen, bieten die KVen künftig Fortbildungsveranstaltungen an. STEUERN, RECHT, FINANZEN Deutsche Bank medNachrichten | Ausgabe 2 / 2016 Zweigpraxis auch gegen Bedarfsplan Wer in eine Zweigpraxis investieren möchte, muss sich nicht von der Bedarfsplanung ausbremsen lassen. Wichtig ist die Frage, ob das zusätzliche Angebot zur Versorgungsverbesserung führt. Die Zulassungsgremien in RheinlandPfalz hatten seinen Antrag jedoch abge- Eine Zweigpraxis im Nachbarort? Eine solche Expansion ist genau zu kalkulieren. © Gajus / fotolia.com lehnt. Auch das Landessozialgericht in Mainz hatte keine ausreichende Grundlage zur Genehmigung der Zweigpraxis gesehen. Das BSG dagegen erkennt Verbesserungen für die Versorgung auch für das nähere Umland der Gemeinde, weil die Versicherten sonst zu weiter entfernten Orten fahren müssten. Der Antrag könne deshalb nicht mit der Begründung abgelehnt werden, die Zweigpraxis sei für die Versorgung nicht relevant. Eine Zulassung ist damit aber noch nicht verknüpft – der Berufungsausschuss muss sich nun erneut mit dem Fall beschäftigen. (Az.: B 6 KA 37 / 14 R) Partnerschaft mit Anwälten ist möglich Ärzte und Apotheker dürfen künftig Partner in gemeinsamen Gesellschaften mit Rechtsanwälten werden. Ein entsprechendes Verbot in der Bundesrechtsanwaltsordnung (BRAO) wurde vom Bundesverfassungsgericht als verfassungswidrig eingestuft. Damit öffnen sich neue Kooperationsmöglichkeiten, etwa für Beratungen im Arztrecht oder für gutachterliche Tätigkeiten, eventuell auch für Zahnärzte. Erwirkt hatten das Urteil ein Rechtsanwalt, eine Ärztin und eine Apothekerin aus der Region Würzburg, die trotz des Verbots in der BRAO eine Gesellschaft für die oben genannten Tätigkeitsfelder gründen wollten, aber bei der Eintragung in das Partnerschaftsregister gescheitert waren. Amts- Marktbereinigung fürs Depot Die hohen Schwankungen an den Kapital­ märkten und das niedrige Zinsniveau machen es Anlegern immer schwerer, die Ausgewogenheit ihres Portfolios zu wahren. Eine mögliche Anlagealternative könnten Investments sein, die von den allgemeinen Marktentwicklungen abgekoppelt sind. Mehr dazu und zu weiteren Kapitalmarktthemen erfahren Sie unter www.deutschebank.de/perspektiven, dem Investment Infoportal mit Einschätzungen von­ Dr. Ulrich Stephan, Chef-Anlagestratege für Privat- und Firmenkunden der ­Deutschen Bank. Für die Errichtung einer Zweigpraxis ist die Frage der Angebotsverbesserung vor Ort ausschlaggebend – solange es nicht zu einer Verschlechterung der Versorgung am Ort der Hauptpraxis kommt. Wenn dies der Fall ist, hat die Zweigpraxis laut Bundessozialgericht (BSG) eine Chance auf Genehmigung, selbst wenn die Bedarfsplanung dagegen spricht. Das gilt selbst für Praxen mit Großgeräten. Das BSG hatte sich mit der Klage eines in Nordrhein niedergelassenen Nuklearmediziners beschäftigt. In einem 15 Kilometer entfernten Ort in Rheinland-Pfalz mit rund 7.000 Einwohnern möchte er Kassenpatienten MRT-Leistungen in einer Zweigpraxis anbieten. Wirtschaftlich könnte dies für ihn rentabel sein, weil das Gerät bereits vorhanden ist. Der Nuklearmediziner ist dort für eine Rehaklinik tätig, die ihre MRT-Untersuchungen ausgegliedert hat. Zudem untersucht der Arzt am Ort schon Privatpatienten. Mit Erweiterung der Zweigpraxis für Kassenpatienten wäre das Gerät besser ausgelastet. Aktuelle Finanzmarktthemen gericht und Oberlandesgericht hatten dies abgelehnt, erst der Bundesgerichtshof hatte verfassungsrechtliche Bedenken und verwies die BRAO-Vorschrift nach Karlsruhe. Das Bundesverfassungsgericht hält die BRAO-Regelung für nicht mit dem Grundrecht auf Berufsfreiheit vereinbar. Sinn einer berufsübergreifenden Partnerschaftsgesellschaft ist der Austausch fachlicher Kompetenzen. Für Beratungsqualität und den wirtschaftlichen Erfolg einer Kanzlei seien solche Kooperationen oft entscheidend und der Eingriff in die Berufsfreiheit erheblich, so die Richter. Das Risiko für den Bruch der Verschwiegenheit dagegen beurteilen sie als gering, weil alle drei Berufsgruppen der Schweigepflicht unterliegen. (Az.: 1 BvL 6 / 13) Seite 7 Keine Zulassung für Klinikärzte in Vollzeit Niedergelassene Ärzte müssen keine Konkurrenz durch angestellte Kollegen fürchten, die schon in Vollzeit an einem Krankenhaus tätig sind. Mit einer vollen Stelle am Krankenhaus kann ein Arzt keinen Versorgungsauftrag erhalten – auch keinen geteilten. Diese Entscheidung fällte das Bundessozialgericht (BSG) in Kassel, das damit zwei klagende Professoren aus Univer­ sitätskliniken in Niedersachsen und Bayern abwies. Die frühere Rechtsprechung sah vor, dass neben einem vollen Versorgungsauftrag eine weitere Beschäftigung von maximal 13 Stunden pro Woche möglich war. Ausschlaggebend für die Begründung der Richter war: Auch ein niedergelassener Arzt mit voller Zulassung könne nicht zusätzlich noch eine hälftige Zulassung bekommen. (Az.: B 6 KA 5 / 15 R und B 6 KA 19 / 15 R) Bewertungsportale: Zahnärzte und Ärzte durch BGH gestärkt Bewertungsportale müssen Einschätzungen ihrer Nutzer künftig gründlicher überprüfen und Nachweise zum Wahrheitsgehalt liefern können. Der Bundesgerichtshof hat entschieden, dass Bewertungsportale auf Verlangen stichhaltig belegen müssen, ob ein Nutzer tatsächlich in der Praxis eines bewerteten Arztes oder Zahnarztes war. Namen eines Bewerters müssen Portale aber auch in Zukunft nicht nennen. Im konkreten Fall ging es um einen Zahnarzt, der sich im Portal jameda.de zu Unrecht schlecht bewertet sah. (Az.: VI ZR 34 / 15) FINANZEN Deutsche Bank medNachrichten | Ausgabe 2 / 2016 Jetzt Investitionen realisieren? Der ambulante Gesundheitsmarkt ist eine nachhaltige Wachstumsbranche, die grundsätzlich gute Investitionsbedingungen aufweist. Trotzdem ist seit Jahren ein zurückhaltendes Investitionsverhalten zu beobachten. Diese Entwicklung kann insbesondere bei Praxen in der Zukunftssicherungsphase zu Nachteilen bei der späteren Praxisübergabe führen. Attraktive Investitionsbedingungen Die aktuellen Bedingungen für Praxis­ investitionen sind ausgesprochen vorteilhaft. Der Gesundheitsmarkt ist nach wie vor eine weitgehend konjunkturunabhängige und nachhaltige Wachstumsbranche. Ärzte profitieren bei Investitionsvorhaben von einem historisch niedrigen Zinsniveau für mittel- bis langfristige Kredite. Zudem ­haben sie aufgrund ihrer Branche, Einkommenssituation und der unterdurchschnitt­ lichen Kreditausfallrate besonders guten Zugang zu Finanzierungsmitteln. Strategischer Weitblick ist gefragt Trends in der ambulanten Medizin, wie die Zunahme kooperativer Strukturen, und regelmäßige Veränderungen der Rahmen­ bedingungen erfordern von Ärzten strategischen Weitblick zur künftigen Positionie­ rung ihrer Praxis im Wettbewerb. Denn der wirtschaftliche Erfolg einer Praxis ist heute keine Selbstverständlichkeit mehr. Für eine erfolgsorientierte Praxisstrategie ist es deshalb wichtig, vor dem Hintergrund eines sich ständig wandelnden Umfelds Handlungsbedarf zu erkennen und entsprechende Maßnahmen umzusetzen. Regelmä­ßige Investitionen können einen wesentlichen Einfluss auf die Leistungsfähigkeit und Attraktivität der Praxis haben, die sich sowohl auf die Zufriedenheit der Patienten als auch auf das Personal auswirken. Amortisationschancen prüfen Bei Investitionsentscheidungen sind grund­ sätzlich die Amortisationschancen zu prüfen. Während (Ersatz-)Investitionen, die Impressum Herausgeber: Deutsche Bank Privat- und Geschäftskunden AG, Theodor-Heuss-Allee 72, 60486 Frankfurt am Main Vorsitzender des Aufsichtsrats: Christian Sewing Vorstand: Rainer Burmester (Sprecher), Alp Dalkilic, Dr. Markus Pertlwieser, Joachim von Plotho Redaktion: Springer Medizin, Postfach 2131, 63243 Neu-Isenburg, Hauke Gerlof (V. i. S. d. P. für S. 1 bis 7), Nina Dabringhausen, Thilo Schäpers, Zielgruppenmanagement Heilberufe, ­ Deutsche Bank Privat- und Geschäftskunden AG (V. i. S. d. P. für S. 8), Silke Jung, [email protected], ­ www.deutsche-bank.de/heilberufe Konzeption und Gestaltung: Christa Marek, Köln Bei diesen Informationen handelt es sich um Werbung. Trotz sorgfältiger Prüfung der veröffentlichten Inhalte kann keine Garantie für die Richtigkeit der Angaben gegeben werden. Alle Rechte vorbehalten. Nachdruck und Vervielfältigung, auch aus­ zugsweise, sind nur mit Genehmigung der Deutsche Bank Privatund Geschäfts­kunden AG erlaubt. ausschließlich der GKV-Versorgung dienen, häufig nur schlecht amortisierbar sind, haben Investitionen, die zu einem ver­ besserten Angebot für Privat- und IGeLPatienten führen, das Potenzial, sich zu einem wichtigen Wettbewerbsfaktor zu entwickeln. Gleiches gilt für Investitionen zur Praxisexpansion durch Kooperationen und Zukäufe. Bei allen Entscheidungen sind der regionale Wettbewerb und die Marktgegebenheiten sowie die fortlaufenden Änderungen in der Gesundheitspolitik und Honorarabrechnung im Blick zu be­ halten. Investitionen sollten aber nicht nur die Praxisstrategie und -philosophie im ­Fokus haben, sondern auch die persönliche ­Lebenssituation berücksichtigen. 5 Schritte zu einer erfolg­reichen Investition 1Investitionen und Praxisstrategie in Einklang bringen Prüfen Sie, inwiefern die Investitionen die strategische Ausrichtung Ihrer Praxis unterstützen. Können ggf. neue Honorar­ chancen genutzt werden? 2 Investitionsvorhaben prüfen Eine Wirtschaftlichkeitsbetrachtung hilft bei der Beurteilung der Investition: Wie viele Patienten kommen für die Behandlung in­ frage? Kann zusätzliches Honorar erzielt werden? Welche zusätzlichen Kosten oder Einsparmöglichkeiten entstehen durch die Investition? 3 Passende Finanzierungslösung wählen Besprechen Sie im Finanzierungsgespräch, welche Finanzierungsmethoden für Sie ge­ eignet sind. Fragen Sie auch, ob öffentliche Fördermittel genutzt werden können. Erfahrene Berater verbinden immer auch Ihre private und geschäftliche Finanzplanung miteinander. 4 Auf Fristenkongruenz achten Die Nutzungsdauer Ihrer Investitionsgüter sollte mit der Finanzierungslaufzeit übereinstimmen. 5 Steuerberater einbinden Sprechen Sie frühzeitig mit Ihrem Steuer­ berater über Ihr Investitionsvorhaben und das Finanzierungskonzept. Ist die Entscheidung für eine Investition getroffen, lohnt eine Vergleichs- und Wirtschaftlichkeitsbetrachtung verschiedener­ Investitionsmöglichkeiten. Einen guten Überblick bieten Tools, die z. B. bei der Bewertung von Investitionen in Medizin­ geräte durch Berechnung von Amortisa­ tionsdauer und der aus der Anschaffung Seite 8 © Gina Sanders / fotolia.com resultierenden Überschussliquidität unterstützen. Sie können bei der Beantwortung der Frage helfen, ab welchem Zeitraum sich eine Investition rechnet und wie sich die Rentabilität sowie Liquidität der Praxis in der Amortisationszeit unter Berücksichtigung der hinterlegten Finanzierung sowie der Abschreibungsdauer entwickeln. Das passende Finanzierungskonzept Investitionen brauchen ein tragfähiges Finanzierungskonzept. Ob Neu-, Erweite­ rungs- oder Ersatzinvestitionen, wichtig ist, dass die spezifischen Anforderungen des Vorhabens und der jeweiligen Praxis erfüllt werden. Darüber hinaus muss geklärt werden, welche Auswirkung die Investition auf die Liquidität der Praxis hat. Die Laufzeit der Finanzierung sollte sich an der steuerlichen Abschreibungsdauer­ orientieren, da sich in dieser Zeit der zu versteuernde Gewinn um die Abschreibung reduziert. Die ersparten Steuern können zur Tilgung der Finanzierung genutzt werden. Die detaillierte Planung Ihres Investi­ tionsvorhabens stellt eine besondere Herausforderung dar. Neben der Investitionsentscheidung ist die finanzielle Planung ein bedeutender Faktor des Vor­ habens. Ihr Heilberufe Betreuer der Deutschen Bank unterstützt Sie gerne bei der Investitionsentscheidung mit einem InvestitionsCheck und fundierten Analysen. Vereinbaren Sie einen Gesprächs­ termin unter (069) 910-10061.