LUDWIG-MAXIMILIANS-UNIVERSITÄT MÜNCHEN SEITE 1 VON 2 GRUNDKURS ÖFFENTLICHES RECHT I (WS 2016/17) Prof. Dr. Ann-Katrin Kaufhold Prof. Dr. Jens Kersten Prof. Dr. Stefan Korioth Probehausarbeit Im Sommer 2016 kommt es europaweit zu mehreren Anschlägen auf jüdische Einrichtungen. Auch in Deutschland werden Synagogen in mehreren Bundesländern zum Ziel der Anschläge. Die Polizei und die Verfassungsschutzbehörden der Länder ermitteln unter anderem im rechtsradikalen Milieu, allerdings ohne Erfolg. Weite Teile der Öffentlichkeit, Politik und Behörden gehen deshalb davon aus, dass es sich um Verbrechen von Einzeltätern handele. Das Bundeskriminalamt lehnt nach ersten Ermittlungen aus diesem Grund eine zentrale Untersuchung ab und verweist auf die Zuständigkeit der Länder. Die P-Fraktion im Bundestag ist aufgebracht. Sie glaubt nicht, dass es sich um Einzeltäter handelt. Sie ist vielmehr davon überzeugt, dass die Taten von organisierten Neonazis verübt worden sind; zumindest hätte das Bundeskriminalamt verstärkt in diese Richtung ermitteln müssen. Die Mitglieder der P-Fraktion stellen deshalb den Antrag, einen Untersuchungsausschuss einzusetzen, der die bisherigen Ermittlungen des Bundeskriminalamts untersuchen soll. Der Bundestag beschließt daraufhin nach der Bundestagswahl im September 2016 dessen Einsetzung. Die Bundesregierung fürchtet eine Gefährdung der Ermittlungsarbeit der Sicherheitsbehörden durch die Tätigkeit der Untersuchungsausschüsse. Sie beabsichtigt daher, § 14 PUAG im Gesetzgebungsverfahren dahingehend ändern zu lassen, dass künftig die Bundesregierung über den Ausschluss der Öffentlichkeit entscheiden könne. Der Abgeordnete A, der vom Vorhaben der Bundesregierung Kenntnis erlangt, schlägt in einem Zeitungsinterview vor, wenn man schon dabei sei, könne man auch § 18 III PUAG dahingehend ändern, dass die Entscheidung der Bundesregierung über die Herausgabe von Akten keiner gerichtlichen Kontrolle mehr zugänglich sei. Dieser Vorschlag wird aber weder im ausformulierten Gesetzentwurf der Bundesregierung, der von Regierungsfraktionen in den Bundestag eingebracht wird, noch bei den Gesetzesberatungen im Plenum des Bundestages berücksichtigt. Nachdem der Gesetzentwurf im Bundestag verabschiedet und dem Bundesrat zugeleitet wurde, verlangt dieser die Einberufung des Vermittlungsausschusses. In einer nichtöffentlichen Sitzung des Vermittlungsausschusses schlägt ein Mitglied vor, den Vorschlag des A in den Gesetzentwurf aufzunehmen und § 18 III PUAG zu ändern. Für diesen Vorschlag findet sich eine knappe Mehrheit im Ausschuss. Der Vermittlungsvorschlag wird vom Bundestag angenommen. Der Bundesrat widerspricht nicht. Das PUAG-Änderungsgesetz (PUAG-ÄG) wird vom Bundespräsidenten nach Gegenzeichnung ausgefertigt und im Bundesgesetzblatt verkündet. Die Regierung des Landes L hat Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit des Gesetzes. Sie macht geltend, dass dem Bund mangels entsprechender Ermächtigung im Grundgesetz keine Gesetzgebungskompetenz zustehe. Außerdem könne der LUDWIG-MAXIMILIANS-UNIVERSITÄT MÜNCHEN SEITE 2 VON 2 Vermittlungsausschuss nicht einfach die Öffentlichkeit ausschließen. Zudem rügt sie, dass der Vermittlungsausschuss den Gesetzentwurf in unzulässiger Weise erweitert habe, und weist ferner darauf hin, dass das Gesetz den durch die Verfassung garantierten Öffentlichkeitsgrundsatz verletze. Die Regierungsfraktionen, die dem Gesetz zugestimmt haben, können diese Argumentation nicht nachvollziehen. Art. 44 GG lasse ausdrücklich einen Ausschluss der Öffentlichkeit zu. Wie ein solcher Ausschluss durchgeführt werde, müsse ja irgendwie geregelt werden. Auch sei es gerade die Aufgabe des Vermittlungsausschusses, Gesetzentwürfe zu verbessern. Die Landesregierung L überzeugt dies nicht. Sie wendet sich per Telefax an das Bundesverfassungsgericht mit dem Antrag festzustellen, dass das Gesetz verfassungswidrig sei. Bearbeitervermerk: Nehmen Sie zu dem Antrag umfassend gutachterlich Stellung. Gehen Sie dabei – ggf. hilfsgutachtlich – auf alle im Sachverhalt aufgeworfenen Probleme ein. Hinweise: Der Umfang des Gutachtens darf 15 Seiten nicht überschreiten. Folgende Einstellungen sind zu wählen: Seitenränder oben 2,5 cm, unten 2 cm, links 6 cm, rechts 1 cm; Schriftart „Times New Roman“; Schriftgröße Text: 12 pt, Fußnoten: 10 pt; normaler Zeichenabstand (100% Skalierung); Zeilenabstand Text: 1,5-zeilig, Fußnoten: 1-zeilg. Die Hausarbeit ist bis zum 13. Januar 2017 abzugeben. Für nähere Hinweise, insbesondere zu den Formalia, den Abgabemodalitäten und zum Hochladen der Arbeit bei Ephorus, beachten Sie bitte die Angaben auf der Homepage Ihres jeweiligen Grundkurses, da nur diese verbindlich sind.