Giersch - Sabine Hinz Verlag

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Giersch
Der Giersch ist meine Lieblingspflanze. Vielleicht weil ich schon immer diejenigen in
Schutz nahm, die besonders ungerecht behandelt werden? Mit Sicherheit aber auch, weil er
hervorragend schmeckt. Giersch gilt als nicht
bekämpfbares Unkraut! Je mehr man ihn jätet,
um so mehr verbreitet er sich. Jedes noch so
kleine vergessene Wurzelstückchen ergibt eine
neue Pflanze. Ich kenne keinen Gartenbesitzer,
der bei der bloßen Erwähnung des Wortes
„Giersch” nicht dunkelrot sieht. Dabei gibt es
in Wirklichkeit nichts Besseres, als einen Garten voller Giersch zu haben. Giersch entlastet
jeden Gärtner (er muss nicht erst mühevoll essbares Grünzeug anpflanzen) und schenkt darüber hinaus kostenlos Gesundheit (Giersch ist
weitaus vitalstoffreicher als jeder Kultursalat).
Warum nur weiß das niemand zu schätzen?
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von Kristina Peter
Aegopodium podagraria
Erkennungsmerkmal:
•Giersch liebt Halbschatten und breitet sich gerne unter Obstbäumen, Hecken, Parkbäumen, aber auch in frisch angelegten
Beeten aus. Wo Giersch wächst, ist die Erde sehr nährstoffreich – vor allem reich an Stickstoff.
•Die 40 bis 80 Zentimeter hohen Stängel sind hohl, kantig, unten kahl und oben mit feinen Härchen bedeckt.
•Die Oberseite der Blätter ist kahl, die Unterseite dicht behaart.
•Giersch ist ein Doldenblütler. Seine Doldenblüte erscheint im Sommer und wird gerne von Insekten besucht.
•Giersch schmeckt würzig und erinnert ein wenig an Petersilie, ist aber von weitaus milderem Geschmack.
•Nur der Giersch hat Blattstiele, deren Querschnitt ein Dreieck darstellt. Auf diese Weise lassen sich Verwechslungen mit
anderen Doldenblütlern, wovon manche nicht ungiftig sind, sicher verhindern.
Wissenswertes...
•Giersch wird oft auch „Geißfuß” oder „Zipperleinskraut” genannt. Letzteres weist
auf seinen früheren Einsatz als Anti-Gicht-Mittel hin. In der Medizin trägt die unerträglich schmerzende, rot geschwollene Zehe bei einem Gichtanfall den Namen „Podagra”, was wiederum deutliche Ähnlichkeit mit des Giersches lateinischer Bezeichnung „podagraria” hat.
•Im Mittelalter wurde Giersch in Klostergärten kultiviert. Heilkundige empfahlen
„Podagra” – so nennt man die
ihn bereits Ende des 16. Jahrhunderts gegen Schmerzen in der Hüfte. Mitte des 17.
höllisch schmerzende Gichtzehe
Jahrhunderts wird in einem Kräuterbuch gar die Auffassung vertreten, das schon allein das Bei-Sich-Tragen der Pflanze Gichtschmerzen lindern helfe. Im 19. Jahrhundert galt Gierschtee mit Wein bei Arthrose und Gicht als heißer Tipp.
Das Schicksal des Giersch im 21. Jahrhundert
„Mit vehementer Zielstrebigkeit schickt der Giersch seine Ausläufer in alle Richtungen, ein klassisches Wurzelunkraut also. Kommt er zur Samenreife, dann hat er sein Überleben langfristig gesichert. Gierschsamen kann über viele Jahre im Boden keimfähig verharren. Er ist also Wurzel- und Samenunkraut in einem – eine unschlagbare Doppelstrategie.” (www.br-online.de)
Hobbygärtnerforen sind aufgrund dieser „Unschlagbarkeit” des Gierschs voller Tipps, wie man denselben am besten vernichtet. Dazu werden als vielversprechendste Lösung Unkrautvernichtungsmittel der Sorte „Roundup” empfohlen.
„Roundup” ist das Produkt eines jener Megakonzerne, die ihren Daseinszweck in der Genmanipulation von Pflanzen und
Tieren, in der Patentierung von Saatgut und im massenhaften Verkauf von hochgiftigen Chemikalien sehen. Es ist schlimm
genug, wenn die von der Agrarindustrie versklavten Landwirte diese Gifte auf ihren Feldern ausbringen. Wenn das aber Hobbygärtner tun und allein um der eher zweifelhaften Optik ihrer meist ziemlich nutzlosen Zierpflanzen willen eine wohlschmeckende Wildgemüsepflanze mutwillig zerstören (von der gleichzeitigen Vernichtung des Bodenlebens samt Regenwürmer einmal ganz abgesehen), dann handelt es sich um eine fast schon tragische Form der Gedankenlosigkeit.
Anbau und Ernte
•Vermutlich wird dies die weltweit erste Publikation sein, die erklärt, wie man den Giersch sät und in seinen Garten holt: Da
es Gierschsamen nicht zu kaufen gibt, bitten Sie jemanden, der Giersch im Garten hat, darum, einige Gierschwurzeln oder
-samen aus dessen Garten entwenden zu dürfen. Er wird Sie zwar für vollkommen übergeschnappt halten, aber stellen Sie
sich folgendes vor: Immer mehr Leute lernen den Giersch zu schätzen und machen dasselbe wie Sie. Nach spätestens dem
dritten Besuch eines begeisterten Gierschsamensammlers wird auch Ihr Nachbar sein chemisches Unkrautvernichtungsmittel im Schrank lassen und vorsichtig ein Blättchen jener Pflanze probieren, die bei diesen „verrückten” Zustandsverbesserern – von denen es plötzlich nur so zu wimmeln scheint – so gefragt ist.
•Giersch kann vom Frühjahr bis in den Spätherbst geerntet werden. Die jungen Blätter eignen sich für Salate, die älteren für
ein spinatähnliches Gemüse. Auch die Samen können verwendet werden. Sie erinnern geschmacklich an Kümmel.
besser leben 03/2007 · Sabine Hinz Verlag · Alleenstr. 85 · 73230 Kirchheim · Tel. (07021) 7379-0 · Fax:-10 · [email protected] · www.kent-depesche.com
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