Sehr geehrte Medienvertreterin, sehr geehrter

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Sehr geehrte Medienvertreterin, sehr geehrter Medienvertreter,
selbstverständlich sind wir sehr erfreut, dass sich aus den Grabungen in Herxheim mit dem
außergewöhnlichen und wirklich spektakulären Fundplatz der frühen Jungsteinzeit ein solch tolles
Projekt entwickelt hat und dies auch in den Medien auf großes Interesse gestoßen ist. Damit
verbunden ist eine zunehmende Komplexität sowohl auf der Seite der Auswertung und
Aufarbeitung der Grabung selbst, als auch auf der Seite der beteiligten Institutionen und Personen.
Deshalb haben wir Ihnen hier einmal alle diesbezüglichen Fakten zusammengestellt.
Beteiligte Institutionen und Personen:
– Die Grabungen im Gewerbegebiet West von 1995 bis 2002 wurden durch das Landesamt für
Denkmalpflege, Archäologische Denkmalpflege, Amt Speyer durchgeführt. Die
wissenschaftliche Betreuung lag bei Herrn Prof. Dr. Helmut Bernhard, dem Amtsleiter. Die
Grabungsleitung vor Ort lag für den Bereich des früh-jungsteinzeitlichen (= bandkeramischen)
Fundplatzes bei Frau Annemarie Häußer M.A.
– Die Aufarbeitung der Ausgrabungen des bandkeramischen Fundplatzes erfolgt in einem durch
die DFG (Deutsche Forschungsgemeinschaft) finanzierten Projektes dessen Leitung ebenfalls
in der Person von Frau Dr. Andrea Zeeb-Lanz beim Landesamt für Denkmalpflege,
Archäologische Denkmalpflege, Amt Speyer liegt. Die einzelnen Fundgruppen und die
aufgefunden Strukturen werden von Spezialisten, angegliedert an verschiedene Institutionen, wie
folgt aufgearbeitet: Prof. Dr. Christian Jeunesse (Universität Strasbourg), Dr. Samuel van
Willigen (Landesmuseum Zürich): Keramik; Dr. Miriam Haidle (Universität Tübingen) und Dr.
Jörg Orschiedt (Universität Hamburg): Menschenknochen; Dr. Rose-Marie Arbogast
(Universität Basel): Tierknochen; Dr. Angela Kreuz (Landesamt für Denkmalpflege Wiesbaden):
Pflanzenreste; Dr. Katja Schmidt (Centre Départemental d´Archéologie du Bas-Rhin):
Untersuchung der beiden Grubenanlagen; Dirk Schimmelpfennig M.A. (Universität Köln):
Steingeräte; Fabian Haack M.A. (Landesamt für Denkmalpflege Speyer): Knochen-, Geweihund Zahngeräte, Schmuck, Innenbefunde.
– Das Museum Steinzeit im Scheunenkeller wurde durch eine Kooperation der Gemeinde
Herxheim in Person von Museumsleiter Herrn Ullrich Brand-Schwarz und seinem Mitarbeiter
Herrn Stefan Schittly M.A. und dem Landesamt für Denkmalpflege Speyer in Person von Frau
Dr. Andrea Zeeb-Lanz konzipiert. Die Finanzierung trägt die Gemeinde Herxheim, gefördert
durch EU-Mittel (PAMINA). In der konkreten Arbeit des Museums besteht weiterhin eine
Kooperation mit dem Archäologiemuseum im elsässischen Niederbronn-les-Bains.
– Ab Juli 2005 werden die Grabungen in einem weiteren Teil des jungsteinzeitlichen Fundplatzes
wieder aufgenommen. Sie werden durch das Landesamt für Denkmalpflege Speyer in Person
von Frau Dr. Andrea Zeeb-Lanz betreut und durch Herrn Fabian Haack M.A. und Michael
Münzer (beide ebenfalls Landesamt für Denkmalpflege Speyer) gleitet. Die Gemeinde
Herxheim engagiert sich wesentlich bei der Finanzierung der Grabung. Weiterhin wird die
Grabung durch die Firmen CATEM und Möbel Gilb unterstützt.
Geschichte der Grabung:
– durch Prospektion (Luftbilder, Begehen der Flächen und Aufsammeln von Funden) war bereits
vor Baubeginn bekannt, dass sich im Bereich des Gewerbegebietes West zahlreiche
archäologische Fundstellen unterschiedlicher Zeitstellung befinden.
– vor dem eigentlichen Baubeginn wurden die Flächen durch das Landesamt für Denkmalpflege
Speyer seit 1995 bauvorbereitend untersucht.
– 1996 wurden die Grubenanlagen der bandkeramischen Siedlung angeschnitten und die ersten
menschlichen Skelettreste archäologisch dokumentiert. Als sich die Bedeutung des Fundplatzes
abzeichnete wurde als Grabungsleiterin vor Ort Frau Annemarie Häußer M.A. durch das
Landesamt für Denkmalpflege Speyer angestellt. Die Gemeinde Herxheim beteiligte sich
außerdem finanziell und logistisch an den Grabungen.
– 1999: die Grabungen in dem gefährdeten Teil des bandkeramischen Fundplatzes wurden im
Frühjahr abgeschlossen.
– 1995-2002: Grabungen durch das Landesamt für Denkmalpflege Speyer in den anderen
gefährdeten Bereichen des Gewerbegebietes. Dabei wurden Siedlungsreste und wenige Gräber
der mittleren und jüngeren Jungsteinzeit, der Bronzezeit, der Eisenzeit und der römischen
Kaiserzeit aufgedeckt. Eine Besiedlung dieses Platzes hat also von der Jungsteinzeit bis in die
Römerzeit zwar nicht durchgehend, aber immer wieder stattgefunden.
– Sommer 2005: Die Grabungen werden durch das Landesamt für Denkmalpflege Speyer,
finanziell maßgeblich unterstützt durch die Gemeinde Herxheim, in einem Teilbereich des
bandkeramischen Fundplatzes wieder aufgenommen.
Um Ihnen weiterhin eine Orientierung für die zeitliche und strukturelle Einordnung des
bandkeramischen Fundplatzes zu geben, haben wir Ihnen hier einige Fakten zusammengestragen:
Der kulturelle Horizont, in sich der Fundplatz einordnen lässt wird als Bandkeramik bezeichnet.
Die Archäologie bedient sich gerne sehr plastischer Bezeichnung für ihre Gruppen; namensgebend
in diesem Fall sind die Bänderverzierungen aus den Keramikverzierungen. Die Bandkeramik steht
am Beginn der Jungsteinzeit, die Zeit in der Menschen erstmals Häuser an dauerhaften Siedlungen
errichteten und die Wirtschaftsform hauptsächlich durch Ackerbau und Viehhaltung geprägt war.
Im Fall von Herxheim haben wir eine Besiedlung von der älteren bis in die jüngste Bandkeramik,
dies lässt sich anhand der Keramik belegen; der Zeitraum umfasst etwa 5.300 bis 4.950 v. Chr.
Über den gesamten Zeitraum war die durch die beiden parallelen Grubenanlagen eingeschlossen
Fläche durchgehend besiedelt und es standen dort die typischen Langhäuser, wie Sie eines im
Museum als rekonstruiertes Modell bestaunen können.
Die beiden die Siedlung umschließenden Grubenanlagen, sind allerdings, wie im Museum
gleichfalls sehr anschaulich erläutert, nicht als durchgehende Gräben angelegt worden, sondern
bestehen aus lauter einzelnen, längeren Gruben, deren Enden sich überlappen. Erst durch diese
Überlagerung der einzelnen Gruben entsteht der Eindruck von durchgehenden Gräben. Da sich
Eingänge in Form von Aussparungen eindeutig nachweisen lassen, liegt die Errichtung dieser
Gruben entlang einer vorher festgelegten Trasse nahe. Diese einzelnen Langgruben, die in der
Summe die Grubenanlagen ergeben, wurden über den gesamten Zeitraum immer wieder angelegt,
in dem auch die Innenfläche besiedelt war. Für die steinzeitlichen Menschen hat also ein
durchgehender Graben tatsächlich nie existiert.
Der spektakulärste Teil, die Ansammlungen der Schädelkalotten und der anderen Gegenstände,
findet sich dann in solchen, für die Niederlegung errichteten Langgruben, aber auch in in bereits
verfüllte Langgruben nochmals eingetieften kleineren Gruben. Die die Grabung bearbeitenden
Wissenschaftler gehen mittlerweile davon aus, dass es sich bei diesen Ansammlungen um rituelle
Deponierungen, und damit letztlich um eine sehr außergewöhnliche und für die Vorgeschichte
singuläre Form von Bestattungen handelt. Im Moment sind die Wissenschaftler dabei den Charakter
dieser Depots anhand der Funde und der Zeichnung zu entschlüsseln. Dabei zeichnet sich ab, dass:
– Die Depots nur in der letzten Phase der Besiedlung stattgefunden haben und einen Zeitraum von
maximal 50 Jahren erfassen; also etwa von 5000 bis 4950 v. Chr.
– In den Depots regelhaft abgetrennte Schädelkalotten überwiegen, aber auch komplette Schädel,
Schädelteile, im anatomischen Verband liegende Skelettteile (also etwa 1 Arm oder ein
Oberschenkelknochen noch in der Beckenpfanne) und sehr stark zerschlagene menschliche
Knochen vorkommen. Die Menschenknochen lassen erkennen, dass sowohl zum Teil schon
längere Zeit verstorbene Menschen, als auch solche, die erst kurz verstorben waren und daher
Fleischteile (etwa die Kopfhaut) noch entfernt werden mussten
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Zumindest in den Verfüllungen der Grubenanlagen der Anteil von Hundeknochen relativ hoch
ist und diese ebenfalls teilweise im anatomischen Verband liegen und daher eine Verbindung
mit den Depots zu vermuten ist.
In den Depots sehr aufwendig verzierte Keramikgefäße vorkommen, die zum Teil absichtlich
zerstört worden sind.
In den Depots viele Stücke von Mahlsteine, also den damaligen Getreidemühlen, liegen.
Insgesamt konnten etwa 450 verstorbene Menschen nachgewiesen werden. Davon waren etwa 10 in
der typischen Form als Hockerbestattung mit eng angezogenen und angewinkelten Extremitäten in
Gruben innerhalb der Siedlung und in den Gräben niedergelegt worden.
Wir hoffen Ihnen mit dieser Auflistung eine Orientierung durch die verwirrende Vielfalt an
Informationen zu den Grabungen, dem Museum und den beteiligten Insitutionen gegeben zu haben,
und freuen uns auf die weitere Zusammenarbeit mit Ihnen.
Dr. Andrea Zeeb-Lanz
Fabian Haack M.A.
(Projektleitung Herxheim)
(Grabungsleitung Herxheim)
Landesamt für Denkmalpflege
Archäologische Denkmalpflege
Amt Speyer
Kleine Pfaffengasse 10
67346 Speyer
Tel. 06232-6757-40
[email protected]
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