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Dennis Kämmerer [email protected]
Experimente in der Ethologie
Experimente in der Ethologie
Im Rahmen des Biologieunterrichts haben wir die Aufgabe bekommen, eine Hausarbeit über ein
beliebiges Thema aus dem Bereich der Ethologie zu verfassen. Ich wählte Experimente, die zur
Ethologie durchgeführt wurden, von denen die meisten heute weltberühmt sind, weil ich mich
auch privat sehr für Psychologie, bzw. für benachbarte Forschungsgebiete, wie der Ethologie und
solcher Materie interessiere und befasse.
Pawlows Studien zum Speichelreflex des Hundes
Das wohl bekannteste Experiment, das je im Bereich der Ethologie durchgeführt wurde, war wohl
das von Pawlow.
Iwan Petrowitsch Pawlow (1849-1936) war ein russischer Mediziner und Physiologe1 sowie
Nobelpreisträger, der durch seine Studien über den Speichelreflex beim Hund bekannt wurde. Er
war einer der bedeutendsten Physiologen in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Pawlow
wurde in Ryazan als Sohn eines russisch-orthodoxen Geistlichen geboren und studierte an der
Universität und der Militärmedizinischen Akademie Sankt Petersburg. Von 1884 bis 1886
studierte er in Breslau und Leipzig. Bis zur Russischen Revolution war Pawlow Leiter der
physiologischen Abteilung am Institut für Experimentelle Medizin in Sankt Petersburg und
gleichzeitig Professor für Medizin an der dortigen Militärmedizinischen Akademie. Trotz seiner
kritischen Haltung gegenüber dem Kommunismus konnte Pawlow seine Forschung weiter
betreiben. Die russische Regierung baute ihm 1935 sogar ein Labor. Pawlow ist bekannt für
seine grundlegenden Arbeiten über die Physiologie des Herzens, des Nervensystems und des
Verdauungssystems. Im Jahr 1889 begann er seine berühmten Experimente über den
konditionierten und unkonditionierten Speichelreflex beim Hund. Diese beeinflußten die
physiologisch orientierten behavioristischen2 Theorien innerhalb der Psychologie Anfang des
Jahrhunderts nachhaltig. Im Jahr 1904 erhielt er für seine Arbeiten über die Drüsen des
Verdauungstraktes den Nobelpreis für Physiologie oder Medizin. Seine wichtigste Schrift ist „Die
bedingten Reflexe“ (1926; deutsch 1972).
Iwan P. Pawlow experimentierte mit unbedingten Reflexen.
Unbedingte Reflexe sind fest im Nervensystem verankerte Schaltungen, die durch unseren Willen
nicht beeinflußbar sind. Ein klassisches Beispiel ist der Lidschlußreflex. Das heißt, daß sich das
Augenlid unabwendbar schließt, wenn ein bestimmter Auslöser (zum Beispiel eine Faust, die
schnell auf das Auge zukommt) den Reflex hervorruft.
Ein anderes Beispiel für einen solchen unbedingten Reflex ist das Absondern von Speichel durch
die Speicheldrüsen, sobald Nahrung in die Mundhöhle kommt.
Pawlow spritzte Hunden Fleischbrühe ins Maul und maß die abgesonderte Speichelmenge.
Wenn er mehrmals unmittelbar vor dem Füttern der Tiere eine Glocke ertönen ließ, geschah
etwas Seltsames. Die Hunde sonderten bereits beim bloßen Hören der Glocke Speichel ab, so
als hätten sie bereits Futter erhalten. Dieses Verbinden von zwei Dingen, die ursprünglich nichts
miteinander zu tun hatten, nennt man „Klassisches Konditionieren“.
Beispiele dafür begegnen uns im Alltag auf Schritt und Tritt. So läuft einem vielleicht schon allein
beim Anblick eines leckeren Eisbechers oder beim Duft von einer Mahlzeit das Wasser im Munde
zusammen. Oder man muß gähnen, sobald man jemand anderen auch nur beim Gähnen zusieht.
Viele unserer sogenannten „Gewohnheiten“ sind nichts anderes als solche konditionierten
Reaktionen.
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Experimente in der Ethologie
Die Skinner-Box
Ein anderes sehr bekanntes Experiment, welches in der Ethologie durchgeführt wurde, fertigte
wohl Burrhus Frederic Skinner, ein amerikanischer Psychologe und Verhaltensforscher an.
Dazu möchte ich zunächst auf die Person Skinner eingehen.
Skinner wurde am 20. März 1904 in Susquehanna (Pennsylvania) geboren. Nach seinem
Studium lehrte er ab 1937 als Professor zunächst an der University of Minnesota, daran
anschließend (1945-1948) an der Harvard University. Beeinflußt durch die Arbeiten von Pawlow
in der Sowjetunion experimentierte Skinner zunächst mit Ratten und Vögeln, die er in so
genannte Problemkäfige setzte und einfache Aufgaben lösen ließ. Die hieraus gewonnenen
Erkenntnisse übertrug er teilweise auf seine behavioristische Lerntheorie – was einen
wesentlichen Kritikpunkt an seiner Arbeit darstellt. Außerdem entwickelte er den programmierten
Unterricht, eine linear verlaufende Lehrmethode, die, an eine technische Apparatur (Computer,
Tonband etc.) gebunden, dem Schüler kleine, abgeschlossene Lerneinheiten präsentiert, die
aufeinander aufbauen.
Er verfaßte mehrere Schriften, darunter „Behaviour of organisms“ (1938; „Verhalten der
Organismen“), den Roman „Walden two“ (1948; „Futurum zwei“) und „The technology of
teaching“ (1968; „Erziehung als Verhaltensforschung“). In „Beyond freedom and dignity“ (1971;
„Jenseits von Freiheit und Würde“) sprach sich Skinner dafür aus, Massenkonditionierung als
Mittel sozialer Kontrolle einzusetzen. Zu seinen späteren Arbeiten zählen „Particulars of my life“
(1976; „Angaben zu meinem Leben“) und „Recent issues“ in „the analysis of behaviour“ (1978;
„Neueste Ergebnisse zur Analyse des Verhaltens“). Burrhus Frederic Skinner starb am
18. August 1990.
In Skinners Projekt zum „Instrumentellen Konditionieren“, an der er seine Theorie testete, sah die
Versuchsanordnung folgendermaßen aus:
Eine hungrige Ratte wurde in einen Käfig gesetzt. In diesem Käfig, nach seinem Erfinder
„Skinner-Box“ genannt, befand sich eine Taste. Wie alle hungrigen Lebewesen lief die Ratte
unruhig im Käfig umher. Dabei drückte sie irgendwann aus Zufall die Taste, worauf ein
Futterkügelchen in den Käfig rollte, das die hungrige Ratte sofort verputzte. Bald betätigte sie
erneut die Taste, und wenn sie wiederum Erfolg damit hatte, noch einmal und immer wieder. Auf
diese Weise lernte sie die Taste zu drücken, selbst dann, wenn es noch komplizierter wurde,
wenn sie zum Beispiel nur bei jedem vierten Tastendruck ein Futterkügelchen erhielt oder vor
dem Drücken das Aufleuchten eines Lichtes abwarten mußte.
Die Ratte hat also durch Belohnung (in der Fachsprache durch Verstärkung, weil das Verhalten
stärker gemacht wird) ein neues Verhalten (das Tastendrücken) gelernt.
In zahlreichen Versuchen konnte gezeigt werden, daß auch beim Menschen viele Lernvorgänge
auf ähnliche Weise ablaufen. Ein kleines Kind lernt zum Beispiel, sein „Geschäft“ nicht mehr in
die Windeln, sondern ins Töpfchen zu machen, indem es dafür gelobt, geherzt und abgeküßt und
eventuell noch zusätzlich durch Spielzeuge und Süßigkeiten belohnt wird. Für Erwachsene sind
Geld, Erfolg und Anerkennung häufig ein wirksamer Verstärker.
Bei seinen Experimenten stellte Skinner noch etwas anderes Interessantes fest. Die Ratte lernte
nicht nur, die Taste zu drücken, wenn sie dafür „belohnt“ wurde, sondern auch, wenn sie damit
etwas Unangenehmes (zum Beispiel einen elektrischen Schlag) vermeiden konnte.
Ähnlich ist es auch beim Menschen. Man lernt nicht nur, sich zum Beispiel für die Schule
anzustrengen, weil man dafür belohnt wird (durch Lob, Zuwendung, Geld, Spaß, wenn es
interessant ist, Erfolg und anderes), sondern auch, weil man damit Unangenehmes vermeidet
(schlechte Noten, nicht versetzt werden, Dispute und Streitigkeiten mit den Eltern).
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Experimente in der Ethologie
Ein weiteres berühmtes Experiment: Wie würde sich ein Mensch
verhalten, wenn sämtliche Umweltreize entzogen würden?
Psychologen und Verhaltensforscher haben sich natürlich auch Gedanken darüber gemacht, was
passieren würde, wenn einem Menschen sämtliche, seine Sinne ansprechenden Reize entzogen
würden. Um dieser Frage nachzugehen, haben sie sich ein interessantes Experiment
ausgedacht: Die Probanden3 wurden von möglichst allen äußeren Reizen abgeschirmt, so daß
sie kaum noch etwas wahrnehmen konnten. „Reizentzug“ nennt man dieses Phänomen in der
Fachsprache.
Freiwillige Versuchspersonen sollten sich so lange wie möglich in einer Art „breitem Bett“ liegend
aufhalten. Sie bekamen geräuschdämpfende Ohrenschützer, sowie Brillen aus Milchglas
aufgesetzt und um die Arme dicke Polster und Manschetten gewickelt, damit sie keine
Berührungsreize erleben konnten. Bis auf die Mahlzeiten, den Gang zur Toilette und die
gelegentliche Durchführung von Tests war ihre Situation also äußerst reizarm und monoton.
Die meisten von ihnen schliefen erst einmal. Danach hingen sie ihren Gedanken nach. Als ihr
Reizhunger immer stärker wurde, versuchten sie sich durch Selbstgespräche, Gesang und
Bewegung zu unterhalten. Doch bald quälten sie neben der Langeweile zunehmend auch
Trugwahrnehmungen, also Fata Morganen. Sie nahmen plötzlich Lichtpunkte, Bilder und
Geräusche wahr, wo überhaupt keine waren und verloren das Zeitgefühl. Je länger das
Experiment dauerte, um so mehr ließ auch die Konzentrations- und Leistungsfähigkeit nach, um
so verwirrter und unausgeglichener wurden sie. Manche konnten sich am Ende kaum noch
orientieren und brauchten sogar Hilfe, wenn sie zur Toilette mußten.
Keiner der Testpersonen hielt es länger als 48 Stunden aus.
Dieses Experiment wurde in zahlreichen Variationen wiederholt. Sie alle kamen zu dem Ergebnis,
daß Außenreize und ihre Wahrnehmungen außerordentlich wichtig für die psychologische
Gesundheit des Menschen sind. Fehlen sie, so treten Bewußtseinsstörungen auf, der Mensch
gerät durcheinander, wird verwirrt. Sehr treffend charakterisiert unsere Alltagssprache solche
Zustände mit: „nicht alle Sinne beisammen haben“, „von Sinnen sein“.
Bei diesen Experimenten konnte auch nachgewiesen werden, daß ein länger dauernder
Reizentzug nicht nur eine Methode ist, einen Menschen mürbe zu machen, sondern auch seinen
Hunger nach jeder Art von Informationen erhöht und ihn damit äußerst anfällig für die
Beeinflussung, etwa durch Propaganda zu machen. Ein Faktor, den sich „tyrannische“ Staaten
schon lange zunutze machen, indem sie bei ihrem politischen Umerziehen und Gehirnwäsche
auch zu Mitteln des Reizentzugs greifen, wie zum Beispiel Isolierung, Nachrichtensperre,
Einzelhaft.
Lernen durch Einsicht: Köhlers Experimente mit Affen
Wolfgang Köhler (1887-1967) war amerikanischer Psychologe mit deutscher Herkunft. Er war
Mitbegründer der Gestaltpsychologie4. Köhler wurde am 21. Januar 1887 in Reval (Estland)
geboren. Er studierte in Berlin, wo er später auch eine Professur erhielt (1922). Als Direktor eines
Forschungszentrums auf den Kanarischen Inseln führte er Experimente zur Wahrnehmung und
zum Lernen bei Affen durch. Später kehrte er als Direktor des Psychologischen Instituts nach
Berlin zurück. 1935 emigrierte er in die Vereinigten Staaten und wurde am Swarthmore College
und später am Dartmouth College Professor für Psychologie. Köhler starb am 11. Juni 1967 in
Lebanon (New Hampshire). Zu seinen bekanntesten Büchern zählen „The Mentality of Apes“
(1925), „Gestalt Psychology“ (1929) und „Dynamics in Psychology“ (1940).
Als der Erste Weltkrieg ausbrach, befand sich der deutsche Psychologe Wolfgang Köhler gerade
auf der Insel Teneriffa und wurde dort festgehalten. Er nutze diesen unfreiwilligen Aufenthalt
dazu, auf der dortigen Forschungsstation für Menschenaffen (vor allem Schimpansen) Versuche
durchzuführen und ein Buch über diese intelligenten Tiere zu schreiben.
Bei seinen Versuchen legte Köhler den Schimpansen unter anderem auch Bambusstöcke in den
Käfig, mit denen sie herumspielen und alles mögliche ausprobieren konnten.
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Experimente in der Ethologie
Nachdem die Tiere die Stöcke auf diese Weise erkundet hatten, legte Köhler einem der Affen
eine Banane vor den Käfig, und zwar so weit entfernt, daß der hungrige Schimpanse sie nicht mit
der Hand erreichen konnte. Der Affe versuchte zunächst, die Gitterstäbe auseinanderzubiegen
und sich hindurchzuzwängen. Als ihm dies nicht gelang, zog er sich in eine Ecke seines Käfigs
zurück und beobachtete die Szene. Dabei fiel sein Blick auch auf den Stock. Plötzlich sprang der
Schimpanse auf, packte den Stock und angelte sich damit die Banane.
Er war zu der Einsicht gekommen, daß man mit dem Stock nicht nur spielen, sondern ihn auch
als „verlängerten Arm“ benutzen konnte.
In einem anderen Experiment, bei dem man die Banane so weit entfernte, daß sie mit einem
einzigen Stock nicht erreichbar war, kam ein Schimpanse sogar darauf, zwei hohle
Bambusstöcke ineinanderzuschieben und sich so einen ausreichend langen Stock zu basteln.
Auf ähnliche Weise erkannten Köhlers Schimpansen, wenn sie vorher Gelegenheit gehabt
hatten, mit Kisten herumzuspielen, daß sie diese nur aufeinanderzutürmen brauchten, um an
Bananen heranzukommen, die sonst in unerreichbarer Höhe über ihnen im Käfig hingen.
Das Lernen durch Einsicht gilt als eine der wichtigsten Arten des Lernens, weil es erlaubt,
Einsichten, die man gewonnen hat, auch neue, ähnliche Situationen anzuwenden, sie zu
übertragen. Hatten Köhlers Schimpansen zum Beispiel einmal gelernt, daß man Stöcke auch als
Werkzeuge benutzen kann, so konnten sie auch bei anderen praktischen Problemen davon
Gebrauch machen.
Warum wir einander brauchen: das Bedürfnis nach Sozialkontakt
Aus dem Mittelalter wird ein Experiment berichtet, das einen sehr tragischen Ausgang nahm.
Kaiser Friedrich II. (1212-1250), der an wissenschaftlichen Untersuchungen außerordentlich
interessiert war, wollte erforschen, wie sich Kinder verhalten, und welche Ursprache sie
entwickeln würden, wenn sie keinerlei Möglichkeit zum sprachlichen Austausch mit anderen
Menschen hätten. Um dies herauszufinden, ließ er Neugeborene von Pflegerinnen versorgen, die
die strickte Anweisung erhielten, die Kinder zwar zu waschen und zu füttern, aber kein Wort mit
ihnen zu sprechen und auch sonst keinerlei Kontakt zu ihnen aufzunehmen.
Der Kaiser, der übrigens spekuliert hatte, die gesuchte Ursprache könnte Hebräisch, Griechisch,
Latein oder Deutsch sein, mußte bald aufgeben, denn die Kinder starben alle nach kurzer Zeit.
„Ohne daß Händepatschen, das fröhliche Grimassenschneiden und die Koseworte ihrer Ammen
vermochten die Kinder nicht zu leben“, schlußfolgerte eine Chronik.
Ähnlich traurige Erfahrungen machte man später auch in Waisenhäusern und Heimen. Obwohl
die Kinder ausreichend ernährt und hygienisch einwandfrei versorgt wurden, verkümmerten sie
seelisch, weil ihnen Zärtlichkeit und liebevolle Ansprache fehlten. Die Kinder zeigten deutliche
Entwicklungsrückstände (wie zum Beispiel beim Laufen- und Sprechenlernen), sie wirkten
bedrückt und apathisch und waren sehr anfällig gegen Krankheiten. Viele von ihnen starben nach
kurzer Zeit. Inzwischen weiß man, daß Kinder, um sich gesund entwickeln zu können, besonders
in den ersten Lebensjahren einen Menschen brauchen, der zuverlässig für sie da ist und ihnen
liebevolle Zuwendung gibt.
Aus diesem Grund versucht man heute in Waisenhäusern und Heimen durch kleine
familienähnliche Gruppen den Kindern mehr Geborgenheit zu geben. Doch leider kommt es noch
immer vor, daß einzelne Kinder zwischen verschiedenen Pflegefamilien und Heimen hin- und
hergeschoben werden und sich nirgendwo zugehörig fühlen können.
In solchen Heimen konnte man auch sehr oft ein ganz bestimmtes Phänomen beobachten, daß
Hospitalismus genannt wird: Kinder, die zwar physisch sehr gut versorgt wurden, also genügend
und vor allem auch ausgewogene Nahrung erhalten hatten;diese Waisenhäuser verfügten
außerdem über ausreichende sanitäre Anlagen und sie waren relativ sauber, doch die
Waisenkinder wiesen plötzlich sehr starke Verhaltensstörungen auf. In russischen
Waisenhäusern beobachtete man Kinder, die stundenlang auf ihrem Bett einfach nur hin- und
hergewippten, obwohl sie eigentlich immer von anderen Kindern umgeben waren und ihnen nie
hätte langweilig sein müssen. Ihnen war aber keineswegs langweilig, ihnen fehlte nur
menschliche Zuneigung und die Sozialfürsorge einer Bezugsperson.
Ähnliches beobachtete man in Zoos auf der ganzen Welt; die in Gefangenschaft lebenden
Pandas, die in den meisten Fällen keinen „Ansprechpartner“ hattenen in „Einzelhaft“
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Experimente in der Ethologie
stundenlang auf und ab, bis sie vor Kummer bzw. dem Bedürfnis nach Kontakt zu Artgenossen –
so vermutet man- jämmerlich verendet sind.
Aber nicht nur Kinder, sondern auch Erwachsene brauchen Sozialkontakte. Sowohl aus
schriftlichen Aufzeichnungen von Schiffbrüchigen als auch aus wissenschaftlichen
Untersuchungen an Menschen, die in der Antarktis überwintert haben, geht klar hervor, daß
Isolierung, selbst dann, wenn man sie mit einem oder zwei anderen Menschen teilt, zu extremen
Verhaltensstörungen führen kann. Die Betroffenen fühlen sich unglücklich und klagten über
Schlafstörungen, Angstzustände, Reizbarkeit und Streit mit den Leidensgenossen.
Ebenso ergeht es Tieren. Das Verhalten eines Entenkükens, das als Ersatzmutter ein Plüschtier
mit einem Wecker als Herzersatz erhält, ist sozial angepaßter und es entwickelt sich „normaler“
als ein Küken mit einem Holzmodell oder einem Metallstück.
Der Kontakt zu anderen Menschen ist jedoch nicht nur wichtig fürs Überleben, für eine ungestörte
Entwicklung und für die Gesundheit, sondern er ermöglicht auch die Anpassung an die
Gesellschaft, in der man lebt.
Die Kaspar-Hauser-Versuche
Ein anderes Beispiel für das Bedürfnis von sozialen Kontakten sind die Kaspar-Hauser-Versuche,
bei denen Tiere bei der Aufzucht isoliert wurden, wodurch verhindert wird, daß diese bestimmte
Verhaltensweisen von Artgenossen erlernen können. Derartige Experimente dienen dazu
herauszufinden, welche Fähigkeiten angeboren und welche erworben sind, ähnlich wie das
Experiment von Kaiser Friedrich II. Dieses verhaltensbiologische Versuchsmodell ist nach dem
Findelkind Kaspar Hauser benannt, der Anfang des 19. Jahrhunderts wahrscheinlich isoliert in
Gefangenschaft aufwuchs.
Kaspar Hauser (um 1812 bis 1833) war Findling unbekannter Herkunft, Gerüchten zufolge ein
badischer Erbprinz aus dem Geschlecht der Zähringer. Kaspar Hauser tauchte am 26. Mai 1828
verwahrlost und mit unsicherem Gang auf dem Nürnberger Unschlittplatz auf. Auf Befragen von
Passanten nach seiner Herkunft stammelte er nur den rätselhaften Satz „Ä sechtene Reutä
möcht i wähn wie mei Vottä wähn is“ („Ein solcher Reiter möchte ich werden, wie mein Vater
einer gewesen ist“). In einem Brief wurde der verstörte Fremde, der der Sprache kaum mächtig
war, als Sohn eines Rittmeisters ausgewiesen. Der Junge wies jegliche Nahrung bis auf Brot und
Wasser voller Ekel ab, schrieb, als man ihm Tinte und Feder reichte, ungelenk „Kaspar Hauser“
auf ein Blatt Papier und gab an, am 30. April 1812 geboren und, mit einem Holzpferd als
Spielzeug, in einem lichtlosen Raum eingesperrt aufgewachsen zu sein. Körperliche
Deformationen ließen darauf schließen, daß Hauser seine frühe Kindheit in kauernder Haltung
hatte verbringen müssen.
Hauser kam in die Obhut des Nürnberger Professors und Schriftstellers Georg Friedrich Daumer
(Enthüllungen über Kaspar Hauser, 1859; Kaspar Hauser. Sein Wesen und seine Unschuld,
1873). Dieser nahm zahlreiche medizinische und magnetistische Experimente an ihm vor und
versuchte, ihm elementare Bildung wie Lesen, Schreiben und Rechnen beizubringen. Gleichzeitig
wurde der Fall des rätselhaften Fremden, der von der Zivilisation isoliert groß geworden war,
international bekannt. Zahlreiche Monarchen (darunter König Ludwig I. von Bayern und der
russische Großfürst Nikolaj Michajlowitsch) machten sich für ihn stark. Auch verkehrte er an
Höfen und in Salons des In- und Auslands, wo er als wunderlicher Wilder und „Kind von Europa“
herumgereicht wurde.
Bereits kurz nach dem Auftauchen Hausers war durch einen anonymen Hinweis aus Baden der
Verdacht laut geworden, der Findling sei der von der Gräfin Luise von Hochberg kurz nach seiner
Geburt gegen das todkranke Kind einer Bediensteten ausgetauschte Sohn des Großherzogs
Karl-Friedrich und dessen Gattin Stéphanie; die Gräfin habe durch diesen Kindertausch die
Erbfolge ihrer eigenen Linie in Baden sicherstellen wollen. Zwei nie aufgeklärte Attentatsversuche
1829 und 1831 gegen Kaspar Hauser schienen das Gerücht zu bestätigen. Auch der damalige
Präsident des ansässigen Appellationsgerichts, Paul Johann Anselm von Feuerbach, der sich
Hausers angenommen und ihn nach den Attentatsversuchen dem Ansbacher Volksschullehrer
J. G. Meyer anvertraut hatte, kam in seiner Studie Kaspar Hauser. Beispiel eines Verbrechens
am Seelenleben des Menschen (1832) zu einem ähnlichen Schluß: „Kaspar Hauser ist das
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Experimente in der Ethologie
eheliche Kind fürstlicher Eltern, welches hinweggeschafft worden ist, um andern, denen er im
Wege stand, die Sukzession5 zu eröffnen.“
Am 14. Dezember 1833 wurde Hauser eine Stichwunde beigebracht, an der er drei Tage später
verstarb. Sein Schicksal regte zahlreiche Schriftsteller zu Bearbeitungen an, darunter Karl
Gutzkow (Die Söhne Pestalozzis, 1870), Paul Verlaine (Gaspar Hauser chante, 1881), Jakob
Wassermann (Caspar Hauser oder Die Trägheit des Herzens, 1908), Georg Trakl (Kaspar
Hauser Lied, 1915) und Peter Handke (Kaspar 1968). Kurt Tucholsky benutzte für seine Artikel in
der Weltbühne den Namen des Findelkinds sogar als Pseudonym. Darüber hinaus existieren
zwei Verfilmungen des Stoffes, eine von Werner Herzog (Jeder für sich und Gott gegen alle,
1974), die andere von Peter Sehr von 1993, die dezidiert die These von der adeligen Herkunft
Hausers in den Mittelpunkt stellte.
Die adelige Herkunft Kaspar Hausers galt auch in Expertenkreisen lange als unumstößlich.
Zahlreiche Biographen hatten mit Hilfe von Indizien den Standpunkt zu erhärten gewußt. Im
November 1996 erbrachte eine genetische Untersuchung der Blutflecke auf Kaspar Hausers
Kleidung, daß er in keinem verwandtschaftlichen Verhältnis zu dem Hause Baden stand.
Allerdings fehlt der eindeutige Beweis, das die untersuchte Kleidung tatsächlich diejenige Kaspar
Hausers war. Die Herkunft Kaspar Hausers bleibt weiterhin im Dunkeln. Von daher hat die
lateinische Inschrift auf Kapar Hausers Grabstein auf dem Sankt-Johannis-Friedhof in Ansbach
ihre Berechtigung: „Hic jacet Casparus Hauser. Aenigma sui temporis, ignota nativitas, occulta
mors“ („Hier ruht Kaspar Hauser. Rätsel seiner Zeit, von unbekannter Herkunft, rätselhaft sein
Tod“).
Abschließend zu meiner Hausarbeit, bleibt mir eigentlich nur noch zu sagen, daß die
beschriebenen Experimente sicher nicht die einzigen sind und vor allem werden sie auch nicht
die letzten ihrer Art sein. Meiner Meinung nach sind einige Experimente sehr grausam, vor allem
die aus früheren Zeiten, wie zum Beispiel das von Kaiser Friedrich II. über die Bedeutung der
Sozialkontakte der Menschen. Dabei ist mir aufgefallen, daß die moralisch-ethische Komponente
ausgespart wurde, obwohl ich mir sehr gut vorstellen kann, daß dieser Kaiser, Friedrich II., nicht
gefühllos war. Ich denke, daß sein Mitgefühl eigentlich über seinen Wissensdurst hätte siegen
müssen, aber darüber kann ich leider nicht urteilen, da ich zu wenig über seinen Charakter und
die gesellschaftlichen Umstände zu dieser Zeit weiß. Darauf hin ist mir die Frage gekommen, ob
solche Experimente auch heute noch durchgeführt werden könnten und ich bin zu dem
eindeutigen Ergebnis gekommen, daß so etwas nicht passieren würde, weil es zum einen
Menschenrechtsgesetzte gibt, die so etwas verbieten und zum anderen könnte ich mir auch nicht
vorstellen, daß es Eltern gibt, die einen Säugling so herzlos von sich geben würden – jedenfalls
nicht in unserer westlichen Welt-, auch weil sie hierzulande unter einem gewissen
gesellschaftlichen Zwang stehen, sozusagen ein ungeschriebenes Gesetz, das besagt, die
menschliche Würde zu achten.
Außerdem denke ich, daß Pawlow und Skinner Pioniere der Ethologie sind, da sie verschiedene
Theorien auf eindrucksvolle Weise bestätigt haben. Ich bin mir auch sehr wohl darüber bewußt,
daß der „Fall“ Kaspar Hauser nicht unbedingt etwas mit dieser Hausarbeit zu tun hat, aber ich
empfand es als meine Pflicht, wenigstens einen kurzen Einblick in das Leben des Kaspar
Hausers zu gewähren und die Zusammenhänge von Ethologie und der literarischen Figur Kaspar
Hauser ein bißchen näher zu erläutern.
Ganz ähnlich wie Kaspar Hauser ergeht auch heute noch Millionen von Kindern auf der ganzen Welt,
seien es solche, die - wie schon erwähnt - in Kinderheimen aufwachsen, oder auch solchen die in gestörten
Familien leben bzw. vielleicht sogar auf der Straße. Sie zeigen häufig abnorme soziale Auffälligkeiten in
ihrem Verhalten – was statistisch erwiesen ist - , weil ihnen keiner „die Spielregeln des Lebens“ –so nenne
ich es - beigebracht hat; sie können einfach nicht zwischen Recht und Unrecht unterscheiden. Auch
sprachliche Defizite, wie Kaspar Hauser sie aufwies, sind später sehr schlecht wieder wettzumachen, wenn
nicht sogar irreparabel, auch sehr schön zu sehen an dem „Fall“ Kaspar Hauser; er hat zwar gelernt mehr
oder weniger gut mit anderen Menschen zu kommunizieren, doch er lernte niemals wirklich sich verbal mit
anderen auseinanderzusetzen.
7
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Experimente in der Ethologie
Inhaltsverzeichnis
(Einführung)
Seite 2
Pawlows Studien zum Speichenreflex des Hundes
Seite 2
Die Skinner-Box
Seite 3
Ein weiteres berühmtes Experiment
Seite 4
Lernen durch Einsicht: Köhlers Experimente mit Affen
Seite 4
Warum wir einander brauchen
Seite 5
Die Kaspar-Hauser-Versuche
Seite 6
(Schlußwort)
Seite 7
Anhang:
Erläuterungen zum Referat
Seite 8
Pawlows Experimente zum Speichelfluß des Hundes
Seite 9
Die Skinner-Box
Seite 10
Wie sich ein Mensch unter „Reizentzug“ verhält
Seite 11
Köhlers Experimente mit Affen
Seite 12
Quellenangaben
Seite 13
8
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Experimente in der Ethologie
Quellenangaben
Bücher:
Verhaltenslehre (Materialien für die Sekundarstufe II Biologie)
von Gerhard Hornung/Wolfggang Miram
erschienen im Schroeder Verlag
Von Dir und den anderen – Eine erste Begegnung mit der
Psychologie
von Monika Hartig
erschienen im Oetinger Verlag
Der Kriminalfall Kaspar Hauser
von Ferdinand Mehle
erschienen im Norstadt Verlag
Biologiebuch Natura
von Roman Claus/ Hans-Jürgen Dobler/Roland Frank/ Gert Haala/ Volker Lauer/ Jürgen Schweizer/
Frithjof Stephan/ Hewlmut Strecker/ Gühnter Wickert
erschienen im Ernst Klett Verlag
Lexika:
Microsoft Encarta Enzyklopädie ’99
Der Brockhaus in 24 Bänden
9
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