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Kapitel 1
Einleitung
Verbindungshalbleiter sind aus vielen mikroelektronischen Anwendungen heute
nicht mehr wegzudenken, seien es Transistoren, integrierte Schaltkreise oder
optoelektronische Bauteile. Schon 1997 überschritt der Verkauf von Bauelementen, basierend auf III-V-Halbleitern, die 6 Milliarden US-$ Grenze [1].
Nach Vorhersagen von Wirtschaftsforschungsinstituten erwartet man, daß der
Marktanteil von Galliumnitrid-basierenden Bauelementen am dramatischsten
wächst. So schätzt man, daß der Marktanteil von Galliumnitrid (GaN) bis
zum Jahre 2006 etwa 20%, d.h. ca. 3 Milliarden US-$, vom gesamten Verbindungshalbleitermarkt betragen wird [1]. Hauptsächlich wird dabei der Bedarf
im Bereich optoelektronischer Anwendungen wie Leuchtdioden (LEDs) und
Halbleiterlaserdioden (HL-LD) im kurzwelligen Bereich (blau bis ultraviolett) die
Marktentwicklung von GaN-Bauteilen bestimmen [2]. Ein wichtiger Meilenstein
für die Erfolgsstory von GaN in diesem Jahrzehnt bestand in der Realisierung
von p-leitendem GaN. Diese Entdeckung war die Grundlage für eine extrem
rasante Entwicklung von blauen LEDs und LDs. Ende des Jahres 1998 wurde die
erste blauen GaN-Laserdiode vorgestellt, die den für kommerzielle Anwendungen
notwendigen 10,000 Stunden Dauertest erfolgreich bestand [3, 4].
Eine wichtige Eigenschaft der Gruppe III-Nitride äußert sich in den ternären
Halbleiterverbindungen. Die Bandlücke dieser Halbleiter kann durch Legierung
mit Indium (In) und Aluminium (Al) in einem weiten Bereich vom Roten bis
ins tiefe Ultraviolett (UV) variiert werden. Mittlerweile sind sehr leuchtstarke
grüne und blaue LEDs sowie UV-Detektoren [5] kommerziell erhältlich. Die
Markteinführung der blauen Halbleiter-Laserdiode steht kurz bevor. Diese Erfolge im optoelektronischen Bereich werden große technologische Auswirkungen
haben. So sind in Zukunft großflächige Flachbildschirme und Laserdisplays
realisierbar. Ebenso wird es in anderen Bereichen der Elektronik durch die
Verwendung von GaN zu weiteren signifikanten Fortschritten kommen, z.B. im
5
6
KAPITEL 1. EINLEITUNG
Bereich von Hochfrequenz-Anwendungen aufgrund der großen Driftgeschwindigkeit von Elektronen in GaN für Hochtemperatur-Anwendungen, bei denen
die große Bandlücke von GaN vorteilhaft ist. Obwohl rasante Fortschritte im
Anwendungsbereich gemacht wurden, sind viele grundlegende physikalische
Phänomene noch nicht vollständig erklärt. Forschungsinteresse besteht dabei
sowohl im Bauteilesektor als auch im Grundlagenbereich.
Im Rahmen dieser Arbeit werde ich mich auf das Phänomen der persistenten
Photoleitfähigkeit (engl. persistent photoconductivity PPC) in GaN konzentrieren. Dieser Effekt zeigt sich in GaN bei der Beleuchtung mit Licht unterhalb
der Bandlückenenergie. Die elektrische Leitfähigkeit steigt unter Beleuchtung an
und bleibt nach Beendigung der Lichtanregung für extrem lange Zeiten bestehen.
Dieses metastabile Verhalten wurde in einer Reihe von Arbeiten beschrieben, die
Ursachen sind aber noch weitgehend ungeklärt. Die optische Anregbarkeit mit
Subbandgap-Licht und die langen Zeiten sind ein Hinweis auf tiefe metastabile
Defekte in der Bandlücke von GaN. Solche Zustände können die physikalischen Eigenschaften des Materials ganz entscheidend beeinflussen und die
Leistungsfähigkeit von Bauelementen beschränken. Besonderen Einfluß kann die
persistente Photoleitfähigkeit beispielsweise auf UV-Detektoren auf GaN-Basis
haben. Aufgrund der relativ langen Zeitkonstanten kann nicht mehr zuverlässig
ausgesagt werden, ob eine aktuell erhöhte Leitfähigkeit durch die momentane
Bestrahlung oder durch vorherige Beleuchtung verursacht wird. Wegen der
Anregbarkeit mit Subbandgap-Licht wäre der UV-Detektor bereits für sichtbares
Spektrum sensitiv, für das er aufgrund seiner hohen Bandlückenenergie eigentlich
unempfindlich sein sollte. Grundsätzlich sind solche Metastabilitäten für alle
Bauelemente unerwünscht, weil dann Kennlinien und damit Arbeitspunkte von
der Vorgeschichte des Bauelements abhängen.
In der vorliegenden Arbeit will ich die persistente Photoleitfähigkeit in GaN
genauer untersuchen, denn zur Zeit sind weder der mikroskopische Ursprung
noch der physikalische Mechanismus eindeutig geklärt. Ein Ziel wird es sein,
den verantwortlichen Defekt zu identifizieren. Ich werde insbesondere Sauerstoff
als vermutlich für die persistente Photoleitfähigkeit relevante Verunreinigung
diskutieren. In diesem Zusammenhang werde ich aufzeigen, warum das eigentlich
erst für Alx Ga1−x N mit x > 0.3 vorhergesagte metastabile Verhalten des Defektes
auf die persistente Photoleitfähigkeit bereits bei reinen GaN-Proben auftreten
kann. Über die energetische Charakterisierung werde ich den physikalischen
Mechanismus der Metastabilität erklären, der in mikroskopischen Potentialfluktuationen begründet liegt. Im Rahmen der räumliche Lokalisierung des Defektes
werde ich zeigen, daß der substratnahen GaN-Schicht eine besondere Bedeutung
zukommt in der Erklärung der persistenten Photoleitfähigkeit über solche
7
Potentialfluktuationen. Wie ich zeigen werde, handelt es sich bei dieser Schicht
um einen defektreichen und mechanisch verspannten Bereich in der Probe,
hauptsächlich hervorgerufen durch Wachstumsfehler. In einem Probenvergleich
möchte ich Wege aufzeigen, wie die persistente Photoleitfähigkeit reduziert oder
vielleicht sogar verhindert werden kann.
Die Arbeit ist wie folgt gegliedert. Im Kapitel 2 werde ich das untersuchte
Materialsystem vorstellen und dabei besonders auf Probleme beim heteroepitaktischen Wachstum der dünnen GaN-Filme eingehen. In diesem Kapitel erkläre
ich auch das Phänomen der persistenten Photoleitfähigkeit genauer und werde
einen Überblick über den momentanen Kenntnisstand bezüglich der persistenten Photoleitfähigkeit in GaN geben. Im weiteren werde ich auf verschiedene
Defekte eingehen, die für die PPC verantwortlich sein könnten. Als Abschluß
dieses Kapitels stelle ich die zwei wichtigsten Modelle vor, die den Mechanismus
der persistenten Photoleitfähigkeit sowie den Einfluß einer defektreichen Grenzflächenschicht erklären können. Das nachfolgende Kapitel 3 behandelt die vorbereitende Präparation der Proben sowie die angewandten Meßtechniken. Dabei
werde ich zeigen, wie sich, sozusagen als Nebenprodukt der durchgeführten Messungen zur persistenten Photoleitfähigkeit, Informationen über diverse Parameter
wie Schichtdicken, Aluminiumgehalt oder Defektdichten gewinnen lassen. Kapitel 4 stellt den Hauptteil dieser Arbeit dar und gliedert sich in drei Abschnitte.
Zur Charakterisierung des Defektes konzentriere ich mich auf die Auswertung der
Anregung der metastabilen Leitfähigkeit, da sich aus diesen Aufbautransienten
sowohl Informationen über charakteristische Energien des Defektes als auch dessen räumliche Lokalisierung innerhalb der GaN-Schicht gewinnen lassen. Für die
Klärung des Mechanismus der persistenten Photoleitfähigkeit ist dabei die Frage
interessant, inwiefern Phononen am Anregungsprozeß beteiligt sind. Um diese
Frage beantworten zu können, habe ich eine Vorgehensweise weiterentwickelt,
um die nichtexponentiellen Aufbautransienten auszuwerten. Die Vorstellung und
Diskussion dieses Formalismus stellt den ersten Teil dieses Kapitels dar. Im zweiten Abschnitt von Kapitel 4 werde ich die Ergebnisse aus den Transienten zur
persistenten Photoleitfähigkeit exemplarisch an einer Probe vorstellen. Dabei
werde ich zeigen, daß der Anregungsprozeß stark an Phononen gekoppelt ist.
Aufgrund dieser Erkenntnis und der in diesem Abschnitt ermittelten charakteristischen Energien des Defektes werde ich darstellen, daß sich alle experimentell
gewonnenen Informationen im Rahmen des in Kapitel 2 vorgestellten Modells
der mikroskopischen Potentialinhomogenitäten erklären lassen. Im weiteren werde ich ausführen, daß mit großer Wahrscheinlichkeit Sauerstoffverunreinigungen
für die persistente Photoleitfähigkeit verantwortlich sind. Im dritten Abschnitt
dieses Kapitels möchte ich im Rahmen eines Probenvergleiches erläutern, wie die
persistente Photoleitfähigkeit in GaN vermieden werden könnte. Die defektrei-
8
KAPITEL 1. EINLEITUNG
che Schicht an der Grenzfläche zum Substrat hat einen großen Einfluß auf die
Ausprägung der persistenten Photoleitfähigkeit. Durch Verwendung eines sauerstofffreien, gut angepaßten Substrats kann die persistente Photoleitfähigkeit stark
reduziert werden. Den Abschluß dieses dritten Abschnittes bilden experimentelle
Ergebnisse zur persistenten Photoleitfähigkeit in AlGaN-Filmen. Dabei werde ich
zeigen, daß ein zusätzlicher Defekt in der persistenten Photoleitfähigkeit dieser
Legierungsproben auftritt. Eine Zusammenfassung aller Ergebnisse gebe ich in
Kapitel 5, gefolgt von einem Ausblick auf mögliche Vorgehensweisen zur weiteren
Charakterisierung der persistenten Photoleitfähigkeit bzw. präparative Ansätze
zur Verhinderung der PPC.
Kapitel 2
Grundlagen
Diese Kapitel gliedert sich in fünf Abschnitte. Im ersten werde ich auf das
GaN-System allgemein eingehen, wobei ich aber besonderes Augenmerk auf
die Problematik der passenden Substratwahl beim heteroepitaktischen Wachstum dünner Filme legen werde. Daran anschließend werde ich die persistente
Photoleitfähigkeit beschreiben, die ein bis heute nur unzureichend untersuchtes
Phänomen in GaN ist. Da dieser Effekt der persistenten Photoleitfähigkeit eng
mit im Material vorhandenen Defekten verknüpft sein muß, schließe ich einen Abschnitt über Defekte an, in dem ich nach einer kurzen allgemeinen Beschreibung
tiefer Störstellen vor allem auf die Defekte in GaN eingehen werde. Im vorletzten
Abschnitt dieses Kapitels widme ich mich den Modellen, die Erklärungen für die
persistente Photoleitfähigkeit liefern. Den Abschluß bildet ein kurzer Exkurs über
Grenzflächenschichten, die einerseits Einfluß auf die persistente Photoleitfähigkeit
haben können und andererseits starke Auswirkungen auf Hall-Effekt-Messungen
haben.
2.1
Das GaN-Materialsystem
In diesem Abschnitt will ich einige grundlegende Eigenschaften von GaN-Filmen
aufzeigen. Auf die Problematik der geeigneten Substratwahl beim heteroepitaktischen Wachstum der dünnen GaN-Schichten und die sich daraus ergebenden
Probleme werde ich dabei besonders eingehen. Nach der Beschreibung der zwei
zur Zeit am meisten benutzten Herstellungsverfahren für GaN schließt sich am
Ende dieses Abschnittes eine kurze Vorstellung der untersuchten Proben an.
9
10
2.1.1
KAPITEL 2. GRUNDLAGEN
Allgemeines
GaN ist ein Mitglied der III-V-Verbindungshalbleiter, wie beispielsweise auch das
GaAs. Die III-V-Halbleiter sind in speziellen Anwendungen der Optoelektronik
und integrierten Schaltkreise nicht mehr wegzudenken. GaN ist ebenso wie
das GaAs ein direkter Halbleiter, d.h. Maximum von Valenzbandoberkante
EV und Minimum der Leitungsbandunterkante EC liegen im Impuls-Raum
übereinander. Die Erzeugung eines Elektron-Loch-Paares durch Absorption
eines Photons bedarf nicht der Unterstützung eines zusätzlichen Phonons, wie es
aufgrund der Impulserhaltung im Falle indirekter Halbleiter (klassisches Beispiel
ist hier kristallines Silizium) notwendig ist. Direkte Halbleiter habe in der Regel
einen großen Absorptionskoeffizienten für Photonen mit Energien größer als die
Bandlücke (hν ≥ Eg ). Für GaN bedeutet dies, daß Licht mit Wellenlängen
λ < 365nm innerhalb dünnster Schichten (im sub-µm-Bereich) fast vollständig
absorbiert wird. Die Bandlücke Eg von GaN beträgt 3.4eV und aufgrund dieser
großen Bandlücke wird GaN auch als Wide-Bandgap-Halbleiter bezeichnet. In
Abb. 2.1 ist die Bandlücke verschiedener Halbleiter über ihrer Gitterkonstante
aufgetragen. Auf die Gitterkonstanten werde ich in Abschnitt 2.1.3 vertieft
eingehen.
Im spektralen Bereich von Blau bis Ultraviolett (korrespondierend mit der
Bandlücke von etwa 3.4eV) kommen als Konkurrenten für GaN in optoelektronischen Anwendungen im wesentlichen nur Siliziumkarbid (SiC) und Zinkselenid
(ZnSe) in Frage. Sowohl für ZnSe als auch SiC existieren eine Reihe von technologischen und physikalischen Hindernissen, die eine kommerzielle Nutzung als
z.B. optoelektronische Bauteile in Frage stellen. Eine wesentliche Einschränkung
bei SiC besteht in seiner indirekten Bandlücke. Die Quanteneffizienz für die Photonenemission und -absorption ist deshalb sehr gering. Leuchtdioden (LEDs) auf
SiC-Basis sind zwar schon längere Zeit kommerziell erhältlich, konnten sich allerdings aufgrund ihrer geringen Leuchtdichte und des hohen Preises am Markt nicht
richtig durchsetzen. Beim ZnSe liegt ein wesentliches Problem in der schlechten
Wärmeleitfähigkeit (ZnSe: 0.19W/cm/K im Vergleich zu GaN:1.3W/cm/K). Im
Anwendungsbereich von Hochleistungsbauelementen wirkt sich diese Eigenschaft
nachteilig aus, da entstehende Verlustwärme möglichst gut abgeführt werden
soll. Weiterhin ist die beobachtete extreme Degradation von ZnSe-Laserdioden
während des Betriebs ein großes Problem. Ausgehend von wachstumsinduzierten
Stapelfehlern und Versetzungen, scheinen diese während des Laserbetriebes bis
in die aktiven Quantum-Well-Strukturen weiterzuwachsen und dort schließlich
zu einem Zusammenbruch des Lasers bereits nach 10 bis 100 Betriebsstunden
zu führen [6, 7, 8]. Im Gegensatz dazu hat GaN als Halbleiterlasermaterial die
Schwelle zum kommerziellen Einsatz mit einer Lebensdauer von über 10.000 Stun-
2.1. MATERIALSYSTEM
11
den bereits überschritten [3, 4]. Aus technologischer Sicht sind SiC und ZnSe das
Problem der elektrischen Kontakte gemein. Um möglichst geringe ohmsche Verluste an den Kontakten zu induzieren, ist es notwendig, ohmsche Kontakte mit
geringen spezifischen Kontaktwiderständen auf das Material aufzubringen. Das
Ferminiveau ist sowohl für ZnSe als auch für SiC, im Gegensatz zu GaN, an der
Oberfläche gepinnt. Dadurch sind die Barrierenhöhen nahezu unabhängig von
der Austrittsarbeit des verwendeten Kontaktmetalls. Man erhält Barrierenhöhen
in der Größe einiger hundert meV [9] und damit verknüpft immer hohe Kontaktwiderstände.
Bandlücke Eg [eV]
5
100
4
ZnS
GaN
200
3
ZnSe
6H-SiC
2
InN
CdSe
500
Al2O3
Si
GaAs
1
Wellenlänge λ [nm]
AlN
6
1000
2000
3.0
3.5
4.0
4.5
5.0
5.5
6.0
°
Gitterkonstante a [A]
Abbildung 2.1: Bandlücken verschiedener Halbleiter [10] aufgetragen über der Gitterkonstante a. Die mit der Bandlücke korrespondierende Wellenlänge ist an der rechten Ordinate aufgetragen.
GaN liegt dabei am oberen Ende der Energieskala und ist aufgrund
seiner Bandlücke von 3.4eV prädestiniert für optoelektronische
Anwendungen im blauen bis ultravioletten Bereich. Zusätzlich ist
als senkrechter Marker die Gitterkonstante von Al2 O3 eintragen.
Al2 O3 stellt momentan das am meisten verwendete Substrat für
GaN dar.
GaN kristallisiert in kubischer (Zinkblende), hexagonaler (Wurtzit) oder
Steinsalz-Gitterstruktur [11]. Von besonderem Interesse ist dabei die hexa-
12
KAPITEL 2. GRUNDLAGEN
gonale Wurtzit-Struktur, da sie die Modifikation darstellt, auf der heute fast
alle hergestellten Bauelemente auf GaN-Basis beruhen. Sie stellt bei Raumtemperatur die thermodynamisch stabile Modifikation dar. Erst bei höheren
Drücken kann es zu einem Phasenübergang in die Rocksalt-Struktur kommen.
Die Zinkblende-Struktur des GaN ist metastabil und kann nur durch heteroepitaktisches Wachstum auf ein Substrat mit ähnlichen Gittereigenschaften
hergestellt werden. Wegen der großen Differenzen in der Elektronegativität von
Ga und N haben die Bindungen stark ionischen Charakter. Die Bindungsenergie
beträgt etwa 2.20eV/Bindung [11]. Die Bandlückenenergie von GaN kann durch
Zulegieren von Aluminium oder Indium gezielt variiert werden. So nimmt
sie von reinem Indiumnitrid (InN), ausgehend von Eg,InN =1.9eV, über GaN
mit Eg,GaN =3.4eV bis auf Eg,AlN =6.2eV bei reinem Aluminiumnitrid (AlN) zu [2].
Nominell undotiertes GaN ist immer n-leitend. Dieser Effekt wird auf
Sauerstoff- bzw. Siliziumverunreinigungen im GaN-Material zurückgeführt
[12, 13]. Aber auch Stickstoff-Vakanzen VN im Gitter könnten Ursache der
n-Leitung sein [14, 15, 16, 17]. Eine gezielte n-Dotierung wird durch Einbau
von Silizium (Si) in das Gitter erreicht. Die energetische Lage des Si-Donators
ist 30meV von der Leitungsbandunterkante entfernt [18]. Dotierkonzentrationen
von über 1x1019 cm−3 führen zu metallischem Verhalten der Leitfähigkeit mit
nur geringfügigen Veränderungen der Ladungsträgerkonzentration und Mobilität
zwischen 10K und 300K [19]. Im Gegensatz zur n-Dotierung stellt die pDotierung eine große Schwierigkeit im GaN dar und war lange Jahre hinweg das
größte Hindernis für einen erfolgreichen Einsatz von GaN als bipolare Halbleiterbauelemente. Der einzige zur Zeit bekannte p-Dotierstoff ist Magnesium (Mg).
Dieser Akzeptor liegt energetisch 200meV über der Valenzbandoberkante und
befindet sich damit für eine Dotierung verhältnismäßig tief in der Bandlücke [18].
Dies bedeutet, daß bei Raumtemperatur nicht alle Akzeptoratome ionisiert sind.
Zusätzlich ist nur ein geringer Anteil des eingebrachten Mg für die p-Dotierung
elektrisch aktiv (etwa 10%) [20, 21, 22, 23]. Das restliche Mg wird vermutlich
unter Ausbildung von Mg-H-Komplexen passiviert und trägt damit nicht zur
Dotierung bei [24, 25, 26].
2.1.2
Gitterstruktur
GaN liegt in der Regel in der Wurtzit-Struktur vor (Abb.2.2). Es handelt sich dabei um eine hexagonale Struktur, bei der jedes Atom von vier Atomen der anderen
Sorte regulär tetraedisch umgeben ist. Die Gitterkonstante von GaN beträgt etwa
3.17Å ± 0.01Å und der thermische Ausdehnungskoeffizient αGaN ≈ 5.6x10−6 /K
[27]. Die Unsicherheit in den Angaben rührt von der Tatsache, daß viele kristallo-
2.1. MATERIALSYSTEM
13
graphische Untersuchungen an dünnen, heteroepitaktisch gewachsenen Schichten
durchgeführt worden sind, weil die Herstellung von GaN-Volumenmaterial noch
ziemlich schwierig ist. Da jedoch die Kristalleigenschaften dünner Schichten stark
vom Substrat abhängen, sind inkohärente Literaturangaben die Regel. Weitere
kristallographische Angaben finden sich im Anhang A.3.1.
Abbildung 2.2: Wurtzit-Struktur von GaN bzw. SiC nach [11].
Kleine weiße Kugeln: Ga (Si); große schwarze Kugeln: N (C). Die
Einheitszelle ist grau schraffiert.
2.1.3
Substrate
Im folgenden will ich kurz auf die Problematik bei der Suche nach einem geeigneten Substrat für GaN-Schichten eingehen. GaN-Filme werden in der Regel
heteroepitaktisch auf ein Fremdsubstrat aufgewachsen. Daher benötigt man als
Substrat ein Trägermaterial mit einem dem GaN möglichst angepaßten Gitter,
d.h. daß das Substrat im günstigsten Fall in Wurtzit-Struktur mit einer Gitterkonstanten von ≈ 3.17Å vorliegen sollte. Ein Substrat mit optimal angepaßten
Gitterparametern steht zur Zeit nicht zur Verfügung (vgl. Abb. 2.1). Momentan
wird hauptsächlich Siliziumkarbid (SiC) und α-Aluminiumoxid (Al2 O3 , im folgenden auch als Saphir bezeichnet) als Trägermaterial für die dünnen GaN-Filme
verwendet. Beide bringen jeweils bestimmte Vor- und Nachteile als Substratmaterial mit sich. Neben der Gitteranpassung spielt bei der Wahl des passenden
Substrates der Wärmeausdehnungskoeffizient α eine wichtige Rolle. Da GaN bei
erhöhten Temperaturen gewachsen wird (ca. 1000◦ C), kommt es beim Abkühlen
14
KAPITEL 2. GRUNDLAGEN
zu Verspannungen im Material, wenn der Ausdehnungskoeffizient des Substrates
nicht mit dem der GaN-Schicht übereinstimmt (αGaN = 5.6x10−6 /K [27]).
Siliziumkarbid (SiC) als Substratmaterial
SiC kann in verschiedenen Modifikationen vorliegen, unter anderem existieren
auch mehrere hexagonale Polytypen vom Wurtzit-Typ [27] (Abb.2.2). Für detaillierte Angaben zum Gitter möchte ich auf den Anhang A.3.2 verweisen. Aufgrund
des Gittertyps ist SiC also als Substrat für GaN geeignet. Allerdings stimmen die
Gitterkonstanten für GaN und SiC (aSiC = 3.07Å) nicht exakt überein, und so
kommt es zu einer Gitterfehlanpassung von ca. 2% [28]. Der im Vergleich zu GaN
25% kleinere Wärmeausdehnungskoeffizient für SiC (αSiC = 4.2x10−6 /K [27])
kann dazu führen, daß es beim Abkühlen nach dem Wachsen zu Zugspannungen
im GaN kommt. Die Verspannung kann über die Verschiebung der bandkantennahen Photolumineszenz bzw. mittels Röntgenbeugung und Raman-Spektroskopie
bestimmt werden. Dabei wurden Druck- bzw. Zugspannungen im GaN in der
Größe von σ ≈ 1GPa gemessen [29, 30]. Im Vergleich zu beispielsweise Diamant,
wo erst Druckspannungen um 10GPa als kritisch angesehen werden [31], ist dies
ein eher moderater Wert. Für die kommerzielle Anwendung spielt SiC allerdings
keine bedeutende Rolle, da zur Zeit SiC-Wafer mit nur bis zu 2 Zoll Durchmesser
erhältlich sind. Außerdem liegt SiC deutlich höher im Preis als beispielsweise
Saphir.
Aluminiumoxid (Saphir Al2 O3 ) als Substratmaterial
Im Gegensatz zu SiC ist Saphir (α-Al2 O3 ) weitaus billiger in der Herstellung. Es
hat sich daher zum favorisierten Substratmaterial für GaN-Schichten entwickelt.
Saphir kristallisiert im Korundgitter aus (Abb.2.3), wobei die Sauerstoffatome
eine wenig deformierte, hexagonal dichteste Kugelpackung bilden und diese
Struktur somit der Wurtzit-Struktur von GaN ähnelt. Für weitergehende
Informationen möchte ich auch hier auf den Anhang A.3.3 verweisen. Die Gitterkonstante für Saphir (aAl2 O3 = 4.75Å, [33]) weicht deutlich von der des GaN ab
und führt zu einer Gitterfehlanpassung zwischen GaN und Saphir von 16% [34].
Aufgrund des um 70% größeren Wärmeausdehnungskoeffizienten von Saphir
gegenüber GaN (αAl2 O3 = 9.5x10−6 /K [33]) kann es wieder zu starken Druckspannungen während der Abkühlphase kommen. Die gemessenen Druckspannungen
betragen für das System GaN/Al2 O3 σ ≈ 1GPa [34, 35, 36]. Trotz dieser schlechten Übereinstimmung zwischen GaN und Saphir ist es mittlerweile möglich,
GaN-Schichten auf diesem Substrat so gut herzustellen, daß heute die meisten
Bauteile (Leuchtdioden, Laserdioden und UV-Detektoren) auf Saphir/GaN-Basis
basieren. In Abb. 2.4 sind Querschnitts-Rasterelektronenmikroskop-Aufnahmen
2.1. MATERIALSYSTEM
15
Abbildung 2.3: Korund-Struktur von Al2 O3 nach [32]. Kleine
schwarze Kugeln: Al; große graue Kugeln: O
von GaN-Proben dargestellt, die auf SiC bzw. Saphir als Substrat gewachsen
wurden. Trotz der deutlich schlechteren strukturellen Qualität des Saphirsubstrates (Abb. 2.4(a)) lassen sich in dieser Abbildung keine strukturellen Unterschiede
in der GaN-Film-Qualität im Vergleich zum GaN auf dem SiC-Substrat erkennen.
Obwohl mit SiC und Saphir zwei Substratmaterialien existieren, ist man immer noch auf der Suche nach einem besser angepaßten Substrat mit vergleichbaren
Gitterkonstanten und Wärmeausdehnungskoeffizienten. Mögliche Kandidaten für
bessere Substrate könnten die Oxide LiGaO2 und LiAlO2 darstellen. Mit ihren
Gitterkonstanten von ≈ 3.19Å (LiGaO2 ) und ≈ 3.13Å (LiAlO2 ) hätte man Aussicht auf epitaktisches Wachsen von GaN [37], da die Fehlanpassung hier unter
1% beträgt. Weiterhin stünde prinzipiell auch der großflächigen Substrat-WaferHerstellung nichts im Wege, da man diese Substrate mittels der CzochralskiMethode herstellen kann. Allerdings befinden sich die Untersuchungen und Herstellungsmethoden für diese Substratmaterialien noch in der Anfangsphase und
standen damit für Untersuchungen in dieser Arbeit nicht zur Verfügung.
2.1.4
GaN-Film-Wachstum
Nach den Erläuterungen über die verwendeten Substrate möchte ich in diesem
Abschnitt auf die zwei Wachstumsverfahren eingehen, mit denen auch die in dieser Arbeit untersuchten Proben hergestellt wurden. Dünne GaN-Filme können
16
KAPITEL 2. GRUNDLAGEN
(a)
(b)
GaN
GaN
Al2O3
SiC
Abbildung 2.4:
Raster-Elektronen-Mikroskop-Abbildung der
Bruchkante einer GaN-Probe, gewachsen auf Saphir (a) bzw. SiC
(b) als Substrat. Das Saphirsubstrat ist von deutlich schlechterer kristalliner Qualität als das SiC. Trotzdem lassen sich in dieser Abbildung keine strukturellen Unterschiede in der GaN-FilmQualität erkennen.
auf verschiedene Weise gewachsen werden. Die zur Zeit verbreitesten Wachstumsmethoden sind die metallorganische Gasphasenabscheidung (MOCVD) und die
Molekularstrahlepitaxie (MBE).
MBE-Prozeß
Ein Teil der in dieser Arbeit untersuchten Proben wurden mittels Plasmaunterstützter Molekularstrahlepitaxie (plasma enhanced molecular beam epitaxy, PEMBE) hergestellt [38]. Die Ausgangsprodukte bei diesem Verfahren sind
reines verdampftes metallisches Gallium und Stickstoffradikale, die mittels eines
rf-Plasmas (radio frequency-Plasma) aus molekularem Stickstoff erzeugt werden.
Die Abscheidung der Stoffe erfolgt auf dem ca. 700-800◦ C heißen Substrat, auf
dem sich dann GaN mit Wachstumsraten von 1µm/h bildet [39]. Als Dotierstoffe werden reines Silizium für n-Dotierung bzw. Magnesium für p-Dotierung
während des Wachstums mitverdampft. Da als Ausgangsmaterialien die reinen
Stoffe Gallium und Stickstoff verwendet werden, erlaubt dieser Prozeß die Herstellung von GaN-Filmen höchster Reinheit. Ein Nachteil des MBE-Prozesses ist
allerdings, daß er aufgrund der notwendigen Ultrahochvakuum-Technik äußerst
aufwendig und teuer ist. Eine Hochskalierung dieses Prozesses ist ebenfalls nicht
einfach zu realisieren, d.h. die Abscheidung größerer Flächen ist schwierig.
2.1. MATERIALSYSTEM
17
MOCVD-Prozeß
Im Gegensatz zur MBE stellt die MOCVD eine einfacher zu handhabende und
vor allem billigere Wachstumsmethode für GaN dar. Diese Methode beruht
darauf, daß sich Precursormaterialien in einer Reaktion aus Gruppe III Alkylen (hier NH3 , Ammoniak) und Gruppe V Hydriden (hier Ga(C2 H5 )3 , Triethylgallium TEG) auf dem auf etwa 1000◦ C geheizten Substrat mit einer Rate von wiederum etwa 1µm/h [35] abscheiden. Als Trägergas für die Precursormaterialien dient dabei molekularer Wasserstoff H2 . Die Verwendung eines
Trägergases stellt gleichzeitig eine Verdünnung des Ammoniak und TEG dar. Dadurch kommt es zu einem gleichmäßigeren zweidimensionalen Flächenwachstum,
im Gegensatz zu einer kolumnarartigen Struktur bei höheren Ammoniak- und
TEG-Konzentrationen. Die Dotierung bei diesem Prozeß erfolgt, indem man geeignete Verbindungen des Dotierstoffes mit in die Gasphase gibt, für n-Dotierung
z.B. Disilan (Si2 H6 ). Aufgrund der Einfachheit und problemloseren Hochskalierbarkeit hat sich der MOCVD-Prozeß als Wachstumsmethode in der Herstellung
kommerziell erhältlicher Bauteile durchgesetzt.
Pufferschichten
Im Laufe der Entwicklung des GaN-Wachstumsprozesses hat sich herausgestellt,
daß es zur Optimierung des Wachstums und der elektrischen, optischen und
strukturellen Eigenschaften der GaN-Schicht oft sinnvoll ist, eine sogenannte
Pufferschicht vor dem eigentlich GaN-Film-Wachstum auf das Substrat aufzubringen. Dazu wird oftmals eine dünne (20-100nm) Pufferschicht aus Aluminiumnitrid (AlN) oder Galliumnitrid mittels MOCVD bei niedrigen Temperaturen
(typ. 500◦ C [40]) aufgewachsen bzw. in einem Nitridierungsschritt das erhitzte
Saphir-Substrat einer Stickstoffatmosphäre ausgesetzt, wobei sich dann aus dem
Aluminium des Saphirs und dem Stickstoff wieder AlN bildet. Eine sehr wichtige
Funktion dieser Pufferschichten scheint es auch zu sein, Verspannungen aufgrund
unterschiedlicher Gitterkonstanten und Ausdehnungskoeffizienten innerhalb dieser Schicht abzubauen, damit sie in der darauffolgenden GaN-Schicht weniger
oder keine Auswirkungen mehr haben. In Abb. 2.5 ist schematisch die Schichtfolge der untersuchten Proben abgebildet.
2.1.5
Untersuchte Probensysteme
Eine kurze Zusammenstellung der in dieser Arbeit untersuchten Proben findet sich
in Tabelle 2.1.5. Die Proben wurden mittels MOCVD (Proben SI3, SI6, SM1 und
HP1) bzw. MBE (Proben SM3, SM5, SM12) gewachsen. Als Substrate wurde
für die Probe SI6 SiC verwendet, alle anderen Proben sind auf Saphir gewachsen.
18
KAPITEL 2. GRUNDLAGEN
GaN-Film
Puffer
Substrat
Abbildung 2.5: Schichtstruktur der untersuchten Proben. Mittels
MBE oder MOCVD wird der 1 − 3µm dicke GaN-Film auf das
Substrat (Saphir bzw. SiC) abgeschieden. Optional wird vorher
eine 20-100nm dünne Pufferschicht aus AlN oder GaN in einem
Niedertemperaturprozeß auf das Substrat aufgebracht.
Die Proben SM3, SM5, SM12 und HP1 sind ohne Puffer gewachsen, für die
Probe SM1 wurde ein zusätzlicher 50nm-dicker GaN-Puffer aufgebracht. Die
Proben Si3 und SI6 sind ebenfalls mit einer zusätzlichen Pufferschicht gewachsen
(vermutlich AlN), allerdings waren aus patentschutzrechtlichen Gründen von der
Firma Siemens keine weiteren Informationen erhältlich. Aufgrund intrinsischer
Defekte (s. Abschnitt 2.3) sind alle GaN-Proben n-leitend, wobei die Proben SI3,
Si6, SM5 und SM12 zusätzlich gezielt mit Silizium n-dotiert wurden.
Tabelle 2.1: Probendaten bei 300K laut Herstellerangaben.
∗
Probe
Legierung
Methode
Substrat Puffer
SI3
GaN
MOCVD
Al2 O3
ja∗
Si
SI6
GaN
MOCVD
SiC
ja∗
Si
SM1
GaN
MOCVD
Al2 O3
50nm GaN unint. n-typ
SM3
GaN
MBE
Al2 O3
nein
unint. n-typ
SM5
Al0.15 Ga0.85 N
MBE
Al2 O3
nein
Si
∗∗
MBE
Al2 O3
nein
Si
MOCVD
Al2 O3
nein
unint. n-typ
SM12
Alx Ga1−x N
HP1
GaN
Dotierung (Typ)
Für die Proben SI3 und SI6 waren die Angaben zur Art des Puffers aus patentschutzrechtlichen
Gründen nicht verfügbar.
∗∗
Der genaue Al-Anteil der Probe SM12 war vom Hersteller nicht erhältlich.
2.2. PERSISTENTE PHOTOLEITFÄHIGKEIT
2.2
19
Persistente Photoleitfähigkeit
In diesem Abschnitt möchte ich zunächst kurz erklären, was man ganz allgemein
unter Photoleitfähigkeit versteht, auch um die Abgrenzung zur persistenten
Photoleitfähigkeit aufzuzeigen, die ich im Anschluß daran vorstellen werde.
Die erhöhte elektrische Leitfähigkeit eines Halbleiters unter Beleuchtung wird
als Photoleitfähigkeit bezeichnet. Diese Leitfähigkeitserhöhung kann dabei einerseits durch Superbandgap-Beleuchtung erzeugt werden, d.h. durch Licht, dessen
Energie oberhalb der Bandlückenenergie liegt. Hierbei handelt es sich um eine
sogenannte Band-Band-Anregung, d.h. ein Elektron wird durch Photonenabsorption vom Valenzband ins Leitungsband gehoben und kann somit zur Leitfähigkeit
beitragen. Die Photoleitfähigkeit in GaN ist aber auch durch Subbandgap-Licht
anregbar, d.h. durch Photonen, deren Energie unterhalb der Bandlückenenergie
liegt. Im Falle eines n-Typ-Halbleiters bedeutet dies, daß ein Elektron aus einem Defekt innerhalb der Bandlücke ins Leitungsband gehoben wird und so die
Leitfähigkeit erhöht. Diesem Prozeß entgegengesetzt ist die Rekombination der
Ladungsträger. Im ersten Fall rekombiniert dabei das Elektron mit dem Loch und
im anderen Fall das Elektron mit dem Defekt. Die maximale Lebensdauer, die
ein photogeneriertes Elektron im Leitungsband hat, bevor es wieder vom Defekt
eingefangen wird, läßt sich nach [41] abschätzen zu
τmax =
1
.
vth σmin n
(2.1)
Dabei ist vth die thermische Geschwindigkeit freier Elektronen, σmin der kleinste
denkbare Wirkungsquerschnitt und n die Elektronendichte. Damit ergibt sich
im Falle von GaN bei T=100K für vth ≈ 106 cm/s, σmin ≈ 10−23 cm2 und
n ≈ 1017 cm−3 [10, 42, 43] eine maximale Zeitkonstante von τmax = 1s. Innerhalb
dieser Zeit sollte die Überschuß-Photoleitfähigkeit wieder auf Null abfallen, wenn
die Beleuchtung ausgeschaltet wird.
In Abb. 2.6 ist eine typische Leitwertstransiente bei 100K einer GaN-Probe
unter Beleuchtung mit Subbandgap-Licht bzw. im Dunkeln zu sehen. Von
ihrem thermodynamischen Grundzustand (im Dunkeln) wird die Probe bei t=0
beleuchtet (grau unterlegter Bereich). Man beobachtet einen sehr langsamen
Leitwertsanstieg, der zum Zeitpunkt des Beleuchtungsendes noch keine Sättigung
erreicht hat. Nach 4h wird die Beleuchtung ausgeschaltet, die Probe befindet
sich wieder im Dunkeln. Der Abfall der zusätzlichen Photoleitfähigkeit zeigt
ein nicht-exponentielles Verhalten und ist sehr langsam. Die Zeitkonstante
τ dieses Leitwertabfalls liegt deutlich über den oben berechneten 1s. Selbst
nach mehreren Stunden ist der ursprüngliche Dunkelleitwert noch nicht wieder
20
KAPITEL 2. GRUNDLAGEN
Leitwert G [nS]
80
Licht an
Licht aus
60
PPC
40
20
0
2
4
6
8
Zeit t [h]
Abbildung 2.6: Typischer Verlauf des Leitwertes über der Zeit
in GaN unter und nach Beleuchtung bei 100K. Im grau unterlegten Bereich wird die Probe mit Subbandgap-Licht beleuchtet, die Leitfähigkeit steigt an. Nach Ausschalten des Lichtes
bleibt die Leitfähigkeit noch für Stunden auf einem gegenüber dem
ursprünglichen Dunkelleitwert erhöhten Leitwertsniveau. Dieses
Verhalten wird als persistente Photoleitfähigkeit (PPC) bezeichnet.
erreicht. Dieses Verhalten nennt man persistente Photoleitfähigkeit (engl.
persistent photoconductivity PPC).
Die persistente Photoleitfähigkeit ist ein Effekt, über den 1934 Sharavskii [44]
berichtet hat. Im Laufe der Jahre wurde in vielen poly- und auch einkristallinen
Halbleitermaterialien und -verbindungen persistente Photoleitfähigkeit beobachtet, wie z.B. CdS, CdSe, ZnSe, GaAs, AlGaAs, Cu(In,Ga)Se2 , GaN [43,45-53].
Die in allen Materialien beobachteten PPC-Effekte haben gemeinsam, daß die
langen Lebensdauern der photogenerierten Ladungsträger nicht in der konventionellen Theorie der Photoleitung (s. Gleichung (2.1)) beschrieben werden können
[43]. Deshalb sind andere Erklärungen und Modelle für die physikalischen Prozesse notwendig, die bei der persistenten Photoleitfähigkeit ablaufen. Um die stark
verzögerte Rekombination erklären zu können, muß eine zusätzliche energetische
Barriere angenommen werden, die den Rekombinationsprozeß verlangsamt oder
gar verhindert. Die in der Literatur diskutierten Modelle lassen sich im wesentli-
2.3. DEFEKTE
21
chen auf mikroskopische und mesoskopische Potentialfluktuationen im Halbleiter
zurückführen. Im Abschnitt 2.4 werde ich diese Modelle näher erläutern.
2.3
Defekte
Wie bereits in Abschnitt 2.2 erwähnt, erfolgt die Anregung der persistenten
Photoleitfähigkeit in GaN mit Subbandgap-Licht, d.h. die zur Photoleitfähigkeit
beitragenden Ladungsträger (Elektronen im n-leitenden GaN) werden aus
Zuständen (Defekten) in der Bandlücke heraus angeregt. Deshalb werde ich
in diesem Abschnitt erst kurz auf (tiefe) Defekte in Halbleitern eingehen.
Anschließend werde ich die wichtigsten Defekte in GaN beschreiben.
Ein wesentliches Merkmal von Halbleitermaterialien liegt unter anderem in der
Möglichkeit, ihre elektrische Leitfähigkeit über mehr als zehn Größenordnungen
kontrolliert verändern zu können. Dieses Verhalten wird normalerweise erreicht,
indem man gezielt Verunreinigungen in das Material einbringt (Dotierung). Diese
Verunreinigungen erzeugen dabei elektronische Zustände (Defekte) innerhalb der
Energielücke. Als (energetisch) flache Defekte bezeichnet man dabei Zustände,
deren elektronisches Niveau knapp unter der Leitungsbandunterkante Ec (Donatoren) oder über der Valenzbandoberkante Ev (Akzeptoren) liegen. Die Ladungsträger in diesen flachen Defekten können leicht thermisch angeregt werden
und tragen somit zur Leitfähigkeit des Halbleiters bei. Im Gegensatz dazu besitzen tiefe Defekte elektronische Zustände, die weiter entfernt von den Bandkanten
in der Energielücke sitzen. Die Physik flacher Defekte kann im Rahmen der
Effektiven-Massen-Theorie beschrieben werden (s.a. [54]). Diese Theorie behandelt dabei die Verunreinigung als eine Störung des (sonst regelmäßigen) Gitters.
Die Tatsache, daß die Bewegung des freien Ladungsträgers nicht mehr ungestört
ist, sondern durch das Potential des Gitters beeinflußt wird, findet dabei Beachtung in der Beschreibung durch eine effektive Masse m∗ . Ein weiteres Ergebnis
dieser Theorie ist, daß die Wellenfunktion räumlich sehr ausgedehnt ist. Damit ist
der Defekt im Impulsraum sehr stark lokalisiert. Im Gegensatz dazu gilt für tiefe
Defekte, daß sie durch eine stark lokalisierte Wellenfunktion beschrieben werden
und damit ein starkes, nur kurz-reichweitiges Potential besitzen. In diesem Fall
ist es nicht zulässig, das Potential der Verunreinigung nur mehr als Störung des
Gitters zu betrachten, sondern das Potential der Verunreinigung und das Gitterpotential müssen gleichwertig behandelt werden [54]. Im Rahmen des Modells
der mikroskopischen Potentialfluktuationen in Abschnitt 2.4.2 werde ich darauf
genauer eingehen.
22
KAPITEL 2. GRUNDLAGEN
Tiefe Defekte
Energetisch tiefe Defekte innerhalb der Bandlücke spielen eine wichtige Rolle
für die Qualität von Halbleitermaterialien im Hinblick auf das Bauelement, wo
tiefe Zustände hauptsächlich als Ladungsträgerfallen (engl. trap) bzw. Rekombinationszentren wirken. Sie beeinflussen damit z.B. sehr stark die Effizienz der
Strahlungskonversion (Photon in Elektron-Loch-Paar und umgekehrt) in optoelektronischen Bauelementen [55]. Tiefe Störstellen werden allgemein über die
Rekombinationsstatistik nach Shockley, Read und Hall [56, 57] beschrieben. Die
Rekombinationswahrscheinlichkeit ist dabei umso höher, je energetisch tiefer sich
der Defekt in der Bandlücke befindet [58, 59, 42]. Beim Rekombinationsprozeß
kann man zwei Fälle unterscheiden: nämlich die strahlende Rekombination, d.h.
die freiwerdende Energie wird in Form eine Photons abgestrahlt, und die nichtstrahlende Rekombination, bei der die Energie über den Auger-Effekt, über einer
Kaskade von Einfängen in angeregte Zustände oder aber über Phononen wieder
abgegeben wird (Multiphononemission MPE) [58]. Das in Abschnitt 2.4.2 vorgestellte Modell der mikroskopischen Potentialfluktuationen und Gitterumordnungen beispielsweise ist stark verbunden mit diesen phononischen Prozessen. Bevor
ich die zwei wichtigsten Modelle zur Beschreibung persistenten Photoleitfähigkeit
erläutere, möchte ich auf spezielle Defekte im GaN eingehen.
Defekte in GaN
Trotz der enormen Fortschritte im heteroepitaxialen Wachstum von GaN
enthalten die Schichten immer noch eine große Anzahl von Defekten, die
zum Teil noch nicht eindeutig identifiziert werden konnten. Dabei muß man
unterscheiden zwischen eindimensionalen Punktdefekten, z.B. aufgrund von
Verunreinigungen, und mehrdimensionalen Defekten, die aufgrund struktureller
Gitterdefekte (Fehlanpassung, Einschlüsse einer zweiten Phase, etc.) zustande
kommen können. Bis jetzt ist z.B. noch nicht eindeutig geklärt, woher die
n-Leitfähigkeit bei nominell undotiertem GaN herrührt. Im wesentlichen werden
in der Literatur zwei Möglichkeiten diskutiert. Zum einen kann es sich bei dem
Donator um eine Stickstoff-Fehlstelle VN handeln [14, 15, 16, 17], also einen
intrinsischen Defekt. Um die GaN-Schicht stöchiometrisch zu wachsen, muß ein
hoher Stickstoffpartialdruck in der Wachstumskammer herrschen. Dieser hohe
Druck läßt sich aber nicht immer einhalten. Die Schichten werden deshalb oft
Ga-reich gewachsen und es kommt zur Ausbildung von Stickstoffvakanzen im
Gitter. Zum anderen können auch extrinsische Defekte für die n-Leitfähigkeit
verantwortlich sein. Diskutiert werden dabei vor allem Silizium- und Sauerstoffverunreinigungen. Gerade diese beiden Elemente sind auch während des
Wachstums oft vorhanden. Sauerstoff ist als zweitgrößter Bestandteil in der
2.3. DEFEKTE
23
Atmosphäre in den Wachstumskammern immer präsent. Auch Silizium ist in
Form von Siliziumdioxid in den Fenstern der Präparationskammern während des
Wachstums vorhanden. Theoretische Berechnungen haben gezeigt, daß sowohl
Silizium als auch Sauerstoff in GaN einen flachen Donator bilden, der sich ca.
30meV von der Leitungsbandunterkante entfernt befindet [12, 60].
Neben den oben aufgeführten Punktdefekten gibt es eine Anzahl von 2- und
3-dimensionalen Defekten in GaN. Zu den wichtigsten gehören dabei Versetzungen, Stapelfehler und Korngrenzen sowie Grenzflächen allgemein [9, 61, 62, 63].
Die sogenannten threading dislocations, also schraubenförmige Versetzungen, sind
grundsätzlich in allen GaN-Filmen vorhanden, die auf schlecht angepaßte Substrate wie Saphir und SiC abgeschieden werden. Die Versetzungsdichten können dabei
bis zu 1010 cm−2 betragen [64]. Sie beginnen an der Grenzfläche zum Substrat und
reichen bis weit ins Material (typ. bis 1µm), wobei ihre Dichte und die resultierenden Verspannungen mit zunehmender Entfernung vom Substrat exponentiell
abnehmen [65, 66, 67]. Diese Versetzungen wirken oft als Anhäufungszentrum für
weitere Defekte, wie z.B. Sauerstoffverunreinigungen [68], und können dadurch
die elektrischen Eigenschaften des Materials stark beeinflussen. In Abb. 2.7
ist ein cross-sectional Transmissionselektronenmikroskop-Bild einer GaN-Schicht,
gewachsen auf SiC, abgebildet. An der Grenzfläche zum Substrat erkennt man
eine Vielzahl von Versetzungslinien. Die Dichte dieser Versetzungen nimmt dabei
rapide mit zunehmender Entfernung von der Grenzfläche ab.
PPC-relevante Defekte in GaN
All oben beschriebenen Defekte können sich in verschiedenster Art in elektrischen
und optischen Messungen bemerkbar machen. Mein Interesse richtet sich dabei
vor allem auf Defekte, die mit der persistenten Photoleitfähigkeit in Verbindung stehen könnten. Die persistente Photoleitfähigkeit wird in undotiertem,
n-dotiertem und p-dotiertem GaN unterschiedlicher Herstellungsmethoden
beobachtet [49, 70, 71, 72]. Ebenso findet man in einem zweidimensionalen Elektronengas in einer AlGaN/GaN-Heterostruktur persistente Photoleitfähigkeit
[73]. Diese universelle Existenz der persistenten Photoleitfähigkeit deutet darauf
hin, daß die persistente Photoleitfähigkeit ein materialspezifischer Effekt für
dünne GaN-Filme ist. So wird z.B. vermutet, daß es sich um einen intrinsischen
Defekt handeln könnte, der einem Stickstoff-Antisite NGa [70, 72, 74, 75]
oder der Galliumvakanz VGa [76] zugeschrieben wird. Auch Defekt-Komplexe
(z.B. NGa − Gai ; Galliuminterstitial) werden als Ursache für die persistente
Photoleitfähigkeit diskutiert [72]. Auf der anderen Seite werden auch extrinsische Defekte, insbesondere Sauerstoff für die persistente Photoleitfähigkeit
verantwortlich gemacht [77]. Wie schon erwähnt, ist Sauerstoff eine der
24
KAPITEL 2. GRUNDLAGEN
Abbildung 2.7:
Cross sectional Transmissions-ElektronenMikroskop-Bild einer GaN-Schicht auf SiC-Substrat [69]. Deutlich sind die Versetzungslinien an der Grenzfläche zu sehen, deren
Dichte mit zunehmenden Abstand vom Substrat stark abnimmt.
häufigsten Verunreinigungen in Halbleitern 1 . Eine der bemerkenswertesten
Eigenschaften von Sauerstoff ist, daß er eine Vielzahl von Komplexen mit
anderen Verunreinigungen oder auch intrinsischen Defekten bilden kann. Diese
Eigenschaft beruht hauptsächlich auf dem kleinen Ionenradius und darauf, daß
Sauerstoff bevorzugt Bindungen mit zwei Atomen (ähnlich dem H2 O) eingeht [78].
Eine der am besten untersuchten Verbindungen bezüglich des Sauerstoffeinflusses ist Galliumphosphid [79] (GaP). Der substitutionelle Sauerstoff OP in
GaP ist ein flacher Donator. Weiterhin kann der Sauerstoff auch ein zusätzliches
Elektron aufnehmen. Dabei ändert er seine energetische Lage in der Bandlücke
und wird aufgrund seiner negativen Ladung zu einem tiefen Akzeptor. Da die
Gitteranordnung um dieses negativ geladene Atom aber energetisch ungünstig
und damit unstabil ist, relaxiert der Defekt in einen neuen Gleichgewichtszustand. Der Sauerstoff kann also sowohl als flacher als auch als tiefer Defekt im
selben Halbleiter vorkommen.
Analog zu GaP ist für GaN bekannt, daß Sauerstoff ebenfalls den substitu1
Sauerstoff ist als Atmosphärenbestandteil als auch in Oxid-Verbindungen (Rezipientenfenster, SiO2 -Crucibles, Al2 O3 -Substrat) während des Wachstums immer präsent.
2.3. DEFEKTE
25
tionellen Gitterplatz ON besetzt und einen flachen Donator mit etwa 30meV
bildet [18]. Theoretische Berechnungen haben weiterhin gezeigt, daß Sauerstoff
auch in GaN einen energetisch tiefen Defekt bilden kann [12, 60], der dann
vergleichbare Eigenschaften zu Si als PPC-verantwortlicher Defekt in AlGaAs
hat. Die Umwandlung zwischen diesen beiden Defektmodifikationen ist nur
unter Energieaufwand möglich, d.h. der tiefe Defekt ist metastabil. Die langen
Zeitkonstanten der persistenten Photoleitfähigkeit könnten somit mit Sauerstoff
verknüpft sein und in einer solchen Metastabilität begründet liegen (vgl. Abschnitt 2.4.2). Im Gegensatz zum Sauerstoff bildet Silizium in GaN keinen tiefen
metastabilen Defekt aus [12, 80] und scheidet damit als verantwortlicher Defekt
für die persistente Photoleitung aus.
Wie ich im Rahmen dieser Arbeit zeigen werde, kommt der Grenzfläche zwischen GaN-Film und Substrat eine wichtige Bedeutung für die persistente Photoleitfähigkeit zu. Sauerstoffverunreinigungen, die in dieser Arbeit als Defekte für
die persistente Photoleitfähigkeit verantwortlich gemacht werden, konzentrieren
sich stark an Versetzungslinien [68]. Da diese im Bereich des Substrates eine sehr
hohe Dichte aufweisen können (bis 108 cm−2 ), ist es auch wahrscheinlich, daß die
Dichte dieser (metastabilen) Sauerstoffdefekte am Substrat höher ist als weiter
von dieser Grenzfläche entfernt. Die starke Sauerstoffkontamination der substratnahen GaN-Schicht kann auch durch die sogenannte Nitridierung des Saphirsubstrates zu Beginn des Wachstums erfolgen (Abschnitt 2.1.4). Hierbei werden
viele Al-O-Bindungen aufgebrochen, und somit ist vermehrt Sauerstoff während
des Wachstumsbeginns vorhanden. Die Wahrscheinlichkeit ist also groß, daß die
für die persistente Photoleitfähigkeit relevante Defektdichte in Substratnähe besonders hoch ist.
Gelbe Lumineszenzbande in GaN
In der Diskussion von Defekten in GaN darf als weiterer Effekt die gelbe Lumineszenz nicht fehlen. Bei Photolumineszenzmessungen zeigt sich in jeder Probe
neben der bandkantennahen Lumineszenz eine breite Lumineszenzbande mit einem Maximum bei 2.2-2.3eV, was im spektralen Bereich etwa gelbem Licht entspricht. Diese Lumineszenzbande wird deshalb auch als gelbe Lumineszenz bezeichnet. Sie wird in allen undotierten sowie n- und p-dotierten GaN-Materialien
beobachtet [75, 81, 82, 83]. Da die Photonenenergie dieser Lumineszenz kleiner
als die Bandlückenenergie von GaN ist, muß dieser Effekt ebenfalls mit einem
Defekt verknüpft sein. Diese Emission ist ein Pfad für strahlende Rekombination in Konkurrenz zur bandkantennahen Emission. Der Rekombinationstyp und
-pfad für diese Lumineszenz ist allerdings noch nicht eindeutig geklärt. Da dieses Emissionsband in verschiedensten Proben unterschiedlicher Herstellung be-
26
KAPITEL 2. GRUNDLAGEN
obachtet wird, werden native Defekte als wahrscheinlichste Kandidaten für die
gelbe Lumineszenz diskutiert [84]. Intrinsische Kristalldefekte wie die GalliumFehlstelle (Gallium-Vakanz VGa ) [85, 76] bzw. das Gallium-Interstitial (GaI ) sowie die Stickstoffvakanz (VN ) [86, 87] und verwandte Komplexe [88, 85] oder eine
Kombination aus diesen verschiedenen Defekten [89] werden für die gelbe Photolumineszenz verantwortlich gemacht. Weiterhin werden extrinsische Defekte wie
Verunreinigungen durch Sauerstoff [90], Silizium [18, 91] und Kohlenstoff [92],
sowie Defektkomplexe (z.B. VGa − O [85]) zur Erklärung der gelben Lumineszenz
in Erwägung gezogen. Zwei mögliche energetische Rekombinationspfade stehen
vor allem in der Diskussion zur Erklärung der gelben Lumineszenz. Der erste ist
der Übergang von einem flachen Donatorniveau (Dsh ) zu einem tiefen Donatoroder Akzeptorniveau (DD) [92] (s. Abb. 2.8, Modell A). Der zweite Pfad ist
der Übergang von einem tiefen Donator zu einem flachen Akzeptor (Ash ) [93] (s.
Abb. 2.8, Modell B). In neuesten Untersuchungen wird auch der Zusammenhang
zwischen gelber Lumineszenz und persistenter Photoleitung diskutiert [53, 72].
Auf die Verknüpfung dieser beiden Effekte werde ich im Rahmen dieser Arbeit
eingehen.
CB
CB
D sh
D sh
D D+
2.2eV Lumineszenz
DD
(oder Akzeptor)
2.2eV Lumineszenz
A sh
VB
VB
Modell A
Modell B
Abbildung 2.8: Modelle für die Rekombinationspfade der gelben
Photolumineszenz. Aufgetragen ist die Energie über dem Ort. V B
und CB bezeichnen das Valenz- bzw. Leitungsband.
Modell A: Übergang von einem flachen Donatorniveau (Dsh , Ed ≈
35meV [81]) zu einem tiefen doppelten Donator- (DD) oder Akzeptorniveau (Ea ≈ 860meV [92]). Modell B: Übergang von einem
tiefen doppelten Donatorniveau (DD, Ed ≈ 700meV) auf ein flaches Akzeptorniveau (Ash , Ea ≈ 200meV) [93].
In diesem Abschnitt habe ich gezeigt, daß weder die mikroskopische Ursa-
2.3. DEFEKTE
27
che für die gelbe Lumineszenzbande noch diejenige für die persistente Photoleitfähigkeit in GaN geklärt ist. Eine Vielzahl von Erklärungsansätzen wird
momentan in der Literatur kontrovers diskutiert. Im Rahmen dieser Arbeit
will ich versuchen, den PPC-verantwortlichen Defekt sowohl energetisch als auch
räumlich zu charakterisieren und die mikroskopische Ursache weiter einzugrenzen. Im folgenden Abschnitt werde ich deshalb Modelle beschreiben, die die PPC
erklären können.
28
2.4
KAPITEL 2. GRUNDLAGEN
Modelle der persistenten Photoleitfähigkeit
Die persistente Photoleitfähigkeit ist gekennzeichnet durch sehr lange Zeitkonstanten. Der Abfall der Helleitfähigkeit auf die ursprüngliche Dunkelleitfähigkeit
kann bei Raumtemperatur vom Abschalten des Lichtes an mehrere Minuten bis
Stunden dauern. Bei tiefen Temperaturen (100K) dehnt sich dieser Abfallprozeß
bis zu Tagen aus. Um solche langen Zeitkonstanten zu erklären, muß das Vorhandensein einer Potentialbarriere postuliert werden, die verhindert, daß photogenerierte Ladungsträger sofort wieder rekombinieren können. Als Erklärung werden
zwei Modelle diskutiert. Das erste basiert auf der Annahme von makroskopischen
Potentialbarrieren, die beispielsweise an Oberflächen, Grenzflächen oder im Gebiet von Dotierinhomogenitäten vorhanden sein können. Das zweite Modell geht
von der Existenz mikroskopischer Potentialbarrieren aus, die eng mit lokalisierten
Defekten verknüpft sind. Diese beiden Modelle werde ich jetzt näher beschreiben.
2.4.1
Makroskopische Potentialfluktuationen
Die Grundidee für das Modell der makroskopischen Potentialfluktuationen ist
die räumliche Trennung der Ladungsträger, wobei ein Ladungsträger getrapt,
der andere frei ist und somit zur elektrischen Leitfähigkeit beitragen kann. Die
räumliche Trennung der Ladungsträger soll in diesem Modell von räumlichen
Fluktuationen des Potentials herrühren. Solche Fluktuationen und damit
Potentialbarrieren können z.B. an Oberflächen und Grenzflächen entstehen
[94]. Auch Materialinhomogenitäten (wie Einschlüsse verschiedener Phasen
eines Materials) oder Dotierinhomogenitäten können für räumliche Potentialfluktuationen verantwortlich sein. Diese Potentialinhomogenitäten sind mit
Bandverbiegungen verknüpft, durch die die Ladungsträger dann getrennt werden.
Eine grundlegende schematische Darstellung ist in Bild 2.9 zu sehen. Ein Elektron wird unter Beleuchtung aus einer Störstelle (energetisches Niveau Et ) ins Leitungsband angeregt (Leitungsbandunterkante bei Ec ). Das Elektron erfährt im
elektrischen Feld der Potentialinhomogenität eine Kraft in Richtung des nächsten
vorhandenen relativen Minimums und wird damit räumlich vom Störstellenniveau
getrennt (Abb. 2.9(a)). Um nun wieder von der Störstelle eingefangen werden
zu können, muß das Elektron den Potentialwall ∆E überwinden (Abb. 2.9(b)).
Für die durch Subbandgap-Beleuchtung erzeugte persistente Photoleitfähigkeit in
GaN wäre die Erklärung in diesem Modell, daß die Anregung des Elektrons aus einer Störstelle ins Leitungsband optisch mittels Photonen der Energie hν ≥ Ec −Et
geschieht. Ein solches Elektron kann zur Leitfähigkeit beitragen. Die Rekombination des Elektrons ist über die Barriere ∆E verhindert bzw. stark reduziert. Erwärmt man das System, so kann die zugeführte thermische Energie
2.4. MODELLE DER PERSISTENTEN PHOTOLEITFÄHIGKEIT
29
e
∆E
e
e
Ec
E
Et
x
(a)
(b)
Abbildung 2.9: Modell der makroskopischen Potentialfluktuationen. Über dem Ort ist die Energie der Leitungsbandunterkante und des Störstellenniveaus aufgetragen. Ladungsträger,
die aus einem Defekt emittiert werden, werden durch die vorhandenen Potentialfluktuationen räumlich vom Defekt getrennt
(a). Für den Wiedereinfang müssen sie eine Energiebarriere ∆E
überwinden (b), wodurch lange Zeiten für die Rekombination entstehen können.
die Überwindung der Potentialbarriere erleichtern, d.h. das Elektron kann in die
Störstelle zurückrekombinieren. Damit steht es nicht mehr zum Ladungstransport zur Verfügung, und die Leitfähigkeit sinkt wieder (thermisches Quenchen).
Die Überwindung der Energiebarriere kann in diesem Modell aber nicht durch optische Anregung erfolgen. Denn hier müßten zur freien Ladungsträger-Absorption
noch zusätzlich Phononen absorbiert werden, um den Gesamtimpuls zu erhalten.
Die Wahrscheinlichkeit für einen solchen Vielteilchenprozeß ist allerdings sehr
gering.
2.4.2
Mikroskopische Potentialbarrieren - Gitterumordnungen
Eine andere mögliche Ursache für persistente Photoleitfähigkeit können mikroskopische Potentialbarrieren sein, die eng an vorhandene Defekte gekoppelt
sind. Ändert sich die Ladung des Defektes durch Einfang oder Emission eines
Ladungsträgers, so kann die lokale Atomanordnung um diesen Defekt nun
energetisch ungünstig sein, und es kommt zu einer Relaxation des Kristallgitters in der Umgebung des Defektes. Nimmt der Defekt den ursprünglichen
Ladungszustand wieder an, so ist für die Wiederherstellung der Ausgangsgitteranordnung eine Energiezufuhr (Aktivierungsenergie) notwendig, d.h. es
existiert eine Energiebarriere für die Relaxation. Dieser Mechanismus, auch als
große Gitterumordnung (engl. large lattice relaxation LLR) bezeichnet, wurde
Ende der 70er von Lang, Logan und Jaros [47, 48, 95] als Erklärung für die
30
KAPITEL 2. GRUNDLAGEN
PPC in AlGaAs vorgeschlagen. Die Verbindung von elektronischen Prozessen
und den lokalen Gitterumordnungen bedeutet eine starke Kopplung zwischen
den elektronischen und den vibronischen Zuständen des Defektes. Eines der
best untersuchten Systeme ist Si-dotiertes Alx Ga1−x As mit x>0.22, wo es sich
bei der Gitterumordnung nach Chadi und Chang [96] um die Bewegung des
Si-Donators von einem interstitiellen zu einem substitutionellen Gitterplatz
unter Beleuchtung handelt [97] (s.a. Abb. 2.10).
Metastabile Defekte sind Zustände, die in zwei verschiedenen Gitterkonfigurationen stabil sein können. In der einen Konfiguration ist der Defekt
energetisch in einem tiefen Zustand, und in der anderen befindet er sich näher
an der Bandkante oder sogar entartet im Band selbst. Hängen die Gleichgewichtsgitterkonfigurationen vom Ladungszustand des Defektes ab, so kann eine
Konfiguration in die andere transformiert werden über Ladungsträgeremission
oder -einfang. Es handelt sich also um metastabile Zustände. Der tiefe Zustand
wird als DX-Zentrum (”D”: donatorartig, ”X”: unbekannter Defektkomplex;
bzw. AX für akzeptorartig) bezeichnet. DX-Zentren sind durch einige charakteristische physikalische Eigenschaften ausgezeichnet. So existiert ein großer
Unterschied zwischen den optischen und thermischen Ionisierungsenergien. Die
Einfangquerschnitte für die optische Anregung sind oft extrem klein, und es
tritt persistente Photoleitfähigkeit mit sehr langen Zeitkonstanten auf. Diese
Eigenschaften des DX-Zentrums können im Modell der Gitterumordnung erklärt
werden. Am Beispiel eines Konfigurationsdiagrammes können alle relevanten
Eigenschaften gezeigt werden (s. Abb. 2.10). Da es sich nicht nur um einen
elektronischen Prozeß handelt, sondern das gesamte Gitter in der lokalen
Umgebung des Defekts involviert ist, muß die Gesamtenergie des elektronischen
und vibronischen (Gitter-) Systems betrachtet werden. Der Einfachheit und
Anschaulichkeit wegen soll angenommen werden, die Gitterkonfiguration könne
in einer Projektion auf eine eindimensionale Koordinate Q beschreiben werden
(z.B. Auslenkung der Gitteratome gegenüber ihrer Gleichgewichtsposition).
Die Energieabhängigkeit des Systems von der Konfigurationskoordinate ist in
der harmonischen Näherung parabelförmig. Dabei entspricht eine Parabel mit
Minimum bei Q1 dem tiefen DX-Zustand und die Parabel mit Minimum bei
Q2 dem flachen bzw. entarteten Zustand. Neben dem Konfigurationsdiagramm
in Abb. 2.10 sind die beiden zugehörigen Gitterkonfigurationen im Falle des
DX-Zentrums in Si-dotierten AlGaAs dargestellt [96].
Das gesamte Konfigurationsdiagramm und damit auch der Defekt werden
energetisch charakterisiert durch die optischen Anregungsenergien Eopt,1 und
Eopt,2 , die Energiebarriere Ec für die thermisch unterstützte Umordnung und die
Bindungsenergie E0 der beiden Zustände relativ zueinander. In der Literatur
2.4. MODELLE DER PERSISTENTEN PHOTOLEITFÄHIGKEIT
31
Ga
Ga
Si
Si
1
Eopt,1
As
As
Eopt,2
5
4
E
2
Ec
3
E0
Q
Q1
Q2
Q1
Q2
Abbildung 2.10: Konfigurationsdiagramm (links) nach [58] mit
mikroskopischem Bild der Gitterumordnung (rechts) am Beispiel
des DX-Zentrums in Si-dotiertem AlGaAs nach [96]. Im Konfigurationsdiagramm ist die Gesamtenergie E des elektronischen
und vibronischen Systems über der (eindimensionalen) Konfigurationskoordinate Q aufgetragen. Im GaN ist das Arsen (As) durch
Stickstoff (N) ersetzt. Der substitutionelle Donator ist im GaN
entweder Sauerstoff (O) oder Silizium (Si). Die Parabel mit Minimum bei Q1 entspricht dem tiefen Defekt, die andere Parabel
dem flachen bzw. entarteten Defekt. Die möglichen Übergänge
zwischen diesen Konfigurationen sind durch Pfeile angedeutet. In
der rechten Darstellung ist zu erkennen, wie mit den verschiedenen energetischen Konfigurationen unterschiedliche lokale Gitteranordnungen verbunden sind.
findet sich zu diesem Modell der mikroskopischen Potentialbarrieren oft auch
noch die Angabe des sogenannten Stokes-Shift dF C , der den Unterschied zwischen
der optischen Ionisierungsenergie und dem energetischen Unterschied E0 der
beiden Minima in Abb. 2.10 bezeichnet. Über den Huang-Rhys-Faktor S kann
die phononische Kopplung des Anregungsprozesses ausgedrückt werden [98].
Er bestimmt, wieviel Phononen der Energie h̄ω bei der Relaxation emittiert
werden, wenn der Übergang vom Ausgangszustand in den angeregten Zustand
über optische Ionisierung und nicht über thermische Anregung erfolgt, und wird
berechnet gemäß S = dF C /h̄ω. Bei Werten von S > 1 spricht man von einer
starken phononischen Beteiligung beim optischen Ionisierungsprozeß.
Im Rahmen des Modells der mikroskopischen Potentialfluktuationen sind
mehrere Übergangsprozesse möglich. Um vom tiefen Zustand bei Q1 in den
flachen entarteten Zustand bei Q2 zu kommen, ist eine optische Anregung mit
32
KAPITEL 2. GRUNDLAGEN
der Energie Eopt,1 notwendig (Prozeß 1) mit einer anschließenden Umordnung des
Gitters zu Q2 . Dabei wird ein Ladungsträger freigesetzt, der zur Leitfähigkeit
des Materials beiträgt. Oder aber die Energie wird thermisch über den Prozeß 2
aufgebracht. Um nun vom Zustand Q2 unter Einfang des Ladungsträgers wieder
in den Ausgangszustand bei Q1 zurückzukommen, sind prinzipiell drei Mechanismen möglich: Tunneln zwischen den beiden Zuständen (Prozeß 3), thermisch
unterstützte Überwindung der Barriere Ec (Prozeß 4) sowie optische Anregung
mit Eopt,2 (Prozeß 5). Alle Prozesse sind begleitet von einer Umordnung des
Gitters unter Beteiligung von Phononen. Bei geringen Wahrscheinlichkeiten
der Prozesse 3 und 4 für die Rückrelaxation in den Ausgangszustand, z.B. bei
tiefen Temperaturen, ist der Zustand in der Konfiguration Q2 nach der optischen
Anregung metastabil.
Dieses Modell kann aufgrund der auftretenden Metastabilitäten die langen
Zeitkonstanten der persistenten Photoleitfähigkeit erklären. Berücksichtigt man,
daß Sauerstoff in GaN bzw. AlGaN einen metastabilen DX-ähnlichen Defekt
ausbildet [12, 60], und zum anderen, daß die sauerstoffreiche Probe HP1 den
größten PPC-Effekt zeigt, so liegt die Vermutung nahe, daß Sauerstoffverunreinigungen im Rahmen des Modells der mikroskopischen Potentialbarrieren die
PPC-verantwortlichen Defekte sind. Wie ich in Abschnitt 4.2.4 zeigen werde, ist für GaN außerdem bemerkenswert, daß durch Einstrahlung langwelligen
Lichtes und Einfang eines Elektrons ebenfalls eine Rückrelaxation in den DXAusgangszustand erreicht werden kann (Prozeß 5). Dieses sogenannte optische
Quenchen der persistenten Photoleitfähigkeit würde in diesem Modell ebenfalls
sehr gut erklärt werden. Daneben beschreibt dieses Bild auch sehr deutlich die in
dieser Arbeit experimentell ermittelten Unterschiede zwischen den thermischen
(Prozeß 2 und 4) und optischen Ionisierungsenergien (Prozeß 1 und 5).
2.5
Temperaturabhängige Ladungsträgerdichte
in inhomogenen Filmen
Um die elektrischen Eigenschaften der dünnen GaN-Filme zu charakterisieren,
habe ich Hall-Effekt-Messungen durchgeführt.
Bei der Interpretation der
Ergebnisse ist zu berücksichtigen, daß sich während des GaN-Film-Wachstums
eine Vielzahl von Defekten bilden, die sich vor allem in Substratnähe anhäufen
(Abschnitt 2.1.3 und 2.3). In vertikaler Richtung (Wachstumsrichtung) ist deshalb die Ladungsträgerdichte und -mobilität räumlich anisotrop (s.a. [99, 100]),
was signifikanten Einfluß auf temperaturabhängige Hall-Effekt-Messungen haben
kann. In dieser Diskussion werde ich mich als einfachen Fall auf zwei Schichten
2.5. TEMPERATURABHÄNGIGE LADUNGSTRÄGERDICHTE
33
beschränken, die sich bezüglich der Ladungsträgerdichte und -mobilität unterscheiden, jede für sich aber homogen sein soll. Der Übergang von zwei diskreten
Schichten zu einer kontinuierlichen Variation der Schichteigenschaften ist in
[41] beschrieben. Die grundsätzlichen Aussagen bleiben aber die gleichen wie
in diesem einfachen Modell. In Abb. 2.11 ist ein schematisches Zwei-SchichtSystem zur Erklärung des Verhaltens der temperaturabhängigen effektiven
Ladungsträgerdichte des Zwei-Schicht-Systems dargestellt.
E H,Film
GaN-Film
Defektschicht
I Kreis,Film
I Kreis,DS
E
B
I
Probe
H,DS
Substrat
Abbildung 2.11: Schematische Darstellung des Zwei-SchichtModells für die Messung der Hall-Ladungsträgerdichte. Der aufgeprägte Probenstrom IP robe soll senkrecht zur Zeichenebene fließen,
das Magnetfeld B liegt in der Ebene und die entstehenden HallFelder im Film, EH,F ilm , und in der Defektschicht, EH,DS , verlaufen horizontal in der Ebene. Aufgrund der unterschiedlichen
Leitfähigkeiten der beteiligten Schichten entsteht ein Kreisstrom
IKreis , der ein effektives Hallfeld bewirkt.
Die Defektschicht mit ihrer Grenzfläche zum Substrat habe die Ladungsträgerdichte nDS und die Mobilität µDS , und der restliche GaN-Film wird charakterisiert durch die Ladungsträgerdichte nF ilm und Mobilität µF ilm . Stellt man
sich die beiden Schichten zunächst elektrisch voneinander getrennt vor, so würden
beide Schichten in einer Hall-Effekt-Messung die Hall-Felder EH,F ilm und EH,DS
hervorrufen, die bei gleicher Magnetfeldstärke B unterschiedlich groß sein können.
Da die beiden Schichten aber in Wirklichkeit in elektrischem Kontakt stehen, muß
es zu einem Ausgleich der elektrischen Felder durch interne Kreisströme IKreis und
damit zu einem effektiven Hall-Feld EH,ef f kommen [101, 102, 103]. Dieses effektive Hall-Feld bewirkt, daß die gemessene effektive Hall-Ladungsträgerdichte eines
Mehrschichtsystems ein mit der Hall-Mobilität und der Leitfähigkeit σ = qnµ
34
KAPITEL 2. GRUNDLAGEN
gewichtetes Mittel liefert [101, 99]
nHall =
(nF ilm µF ilm dF ilm + nDS µDS dDS )2
1
dF ilm + dDS nF ilm µ2F ilm dF ilm + nDS µ2DS dDS
(2.2)
-3
Halladungsträgerdichte nHall [cm ]
wobei dF ilm und dDS die Dicke des GaN-Filmes bzw. der substratnahen Defektschicht bezeichnen. Für die Hall-Mobilität ergibt sich ein ähnlicher Ausdruck [99].
2x10
1x10
18
18
0
50
100
150
200
250
300
Temperatur T [K]
Abbildung 2.12: Effektive Hall-Ladungsträgerdichte nHall der
Probe SI6 über der Temperatur. Das Minimum ist charakteristisch für das Vorhandensein zweier bezüglich ihrer elektrischen
Eigenschaften unterschiedlicher Schichten. Die Lage und Ausprägung hängen dabei im wesentlichen vom Schichtdicken- und
Mobilitätsverhältnis ab [99, 101, 102, 103].
In Abb. 2.12 ist der Verlauf der temperaturabhängigen Hall-Ladungsträgerdichte dargestellt. Dabei wurde die defektreiche Schicht als entartet angenommen, d.h. die Ladungsträgerdichte nDS und -mobilität µDS sind temperaturunabhängig. Die Ladungsträgerdichte der Filmschicht, nF ilm , ist thermisch aktiviert angenommen. Das Minimum der Hall-Ladungsträgerdichte ist charakteristisch für ein solches Zwei-Schicht-System. Die Lage und Ausprägung hängt
dabei im wesentlichen vom Schichtdicken- und Mobilitätsverhältnis ab und läßt
somit Aussagen über vertikale Inhomogenitäten in den GaN-Filmen zu. Um nun
mittels temperaturabhängiger Hall-Effekt-Messungen Aussagen über die elektrischen Eigenschaften der Proben machen zu können, habe ich bei der Auswertung
2.5. TEMPERATURABHÄNGIGE LADUNGSTRÄGERDICHTE
35
die Gleichungen für die effektive Hall-Ladungsträgerdichte und -mobilität an die
Meßdaten angepaßt. Damit ist es dann möglich, die relevanten Parameter wie
Dicken und Mobilitäten für die angenommenen zwei Schichten zu bestimmen
und diese Eigenschaften mit der beobachteten persistenten Photoleitfähigkeit zu
korrelieren.
36
KAPITEL 2. GRUNDLAGEN
Kapitel 3
Methodisches und allgemeine
Voruntersuchungen
In diesem Kapitel möchte ich im ersten Abschnitt beschreiben, wie die Proben
für die Messungen vorbereitet, gereinigt und kontaktiert werden. Anschließend
erkläre ich im zweiten Teil die verwendeten Versuchsaufbauten. Im dritten Teil
dieses Kapitels möchte ich in Auswerteschemata einführen, die Ergebnisse zu
den Proben über Schichtdicke, Bandlücke, Aluminiumgehalt der Alx Ga1−x NLegierungsproben und Defektdichte liefern.
3.1
Präparation
Die mittels MOCVD oder MBE gewachsenen Proben müssen vor den Untersuchungen geeignet präpariert werden. Dazu werden aus den GaN-Wafern Proben
der erforderlichen Größe (etwa 5x5mm2 ) mittels eines Diamant-Schneiders geschnitten, diese gereinigt (Abschnitt 3.1.1) und gegebenenfalls elektrische Kontakte aufgebracht (Abschnitt 3.1.2).
3.1.1
Reinigung der GaN-Oberfläche
Die Reinigung der GaN-Oberfläche erfolgt in zwei Schritten. In einem ersten
Schritt werden organische Verunreinigungen mittels eines dreistufigen Prozesses
entfernt. Dazu werden die Proben für jeweils drei Minuten in heißem Xylol, Aceton und anschließend Methanol gereinigt und zum Schluß mit trockenem Stickstoff abgeblasen. Der zweite Schritt dient der Entfernung von möglichen Oxidschichten auf der GaN-Oberfläche. Dazu wird die Probe für fünf Minuten in gepufferter Flußsäure (H2 O:NH4 F:HF 58.6%:34.6%:6.8%) geätzt und anschließend
wieder mit Stickstoff trockengeblasen. Dieser Ätzschritt stammt ursprünglich
37
38
KAPITEL 3. METHODISCHES UND VORUNTERSUCHUNGEN
aus der Siliziumtechnologie und wurde auf das GaN übertragen. In letzter
Zeit erhärtet sich allerdings der Verdacht, daß dieser naßchemische Ätzvorgang
für GaN und seine Oxide weitgehend wirkungslos ist und nur mittels trockener
Ätzverfahren wie reaktivem Ionenätzen (RIE) signifikante Ätzraten erzielt werden können [104]. Aus Gründen der Reproduzierbarkeit und Vergleichbarkeit mit
früheren Messungen bzw. Messungen anderer Gruppen wurde dieser naßchemische Ätzschritt aber beibehalten.
3.1.2
Präparation von ohmschen Kontakten
Um elektrische Leitfähigkeiten in den Messungen der PPC bestimmen zu können,
ist es notwendig, ohmsche Kontakte auf das GaN aufzubringen 1 . In unserem
Fall wurden die Metalle mittels Elektronenstrahlverdampfung auf die gereinigten
Proben aufgebracht. Die konkrete Vorgehensweise sah dabei folgendermaßen aus.
Wie bereits erwähnt, wurden in dieser Arbeit ausschließlich nominell undotiertes
n-leitendes GaN bzw. mittels Silizium n-dotiertes GaN untersucht. Das Standardverfahren zur Herstellung von ohmschen Kontakten auf n-Typ GaN besteht
in der Verdampfung von 20nm Ti gefolgt von 100nm Al. Anschließend werden
die Kontakte für etwa 90s bei 900◦ C getempert. Dabei bildet sich laut [105, 106]
am Metall-Halbleiterübergang eine TiN-Schicht, die den eigentlichen ohmschen
Kontakt bildet. Die Kontaktmetalle wurden mithilfe einer Elektronenstrahlkanone in der PLS500-Aufdampfanlage der Firma Pfeiffer bei Drücken unterhalb
5x10−7 mbar aufgedampft. Die anschließende 900◦ C-Temperung unter Stickstoffatmosphäre erfolgte im Temperofen Sirius der Firma LP-Thermtech. Auf diese
Weise hergestellte Kontakte zeigen bei Raumtemperatur ohmsches Verhalten, was
auch für die vorliegenden Proben gilt, und weisen Kontaktwiderstände um typischerweise 1x10−5 Ωcm−2 auf [105, 107]. Exemplarisch wurde für eine meiner Proben der spezifische Kontaktwiderstand mittels der Transmission-Line-Methode
(TLM) [108] zu ρc = 8.6x10−4 Ωcm−2 bestimmt. Die Kontaktanordnung wurde grundsätzlich in der sogenannten van-der-Pauw-Geometrie ausgeführt, um die
Proben jeweils auch in einem Hall-Meßplatz untersuchen zu können. Näheres zur
van-der-Pauw-Geometrie findet sich in [99]. In Abb. 3.1 ist die fertig präparierte
und kontaktierte Probe HP1 zu sehen.
1
Mit ohmschen Kontakten ist sichergestellt, daß keine Raumladungszonen aufgrund der
elektrischen Kontakte im Material existieren. Das elektrische Feld einer Raumladungszone
könnte nämlich zur Ladungsträgertrennung führen und somit Anlaß zu PPC geben.
3.2. MESSTECHNIK
39
5mm
5mm
Abbildung 3.1: Probe HP1 mit vier Kontakten. Diese ohmschen
Kontakte (Ti/Al) sind in van-der-Pauw-Geometrie aufgedampft,
um die Proben auch mittels Hall-Effekt-Messungen charakterisieren zu können.
3.2
Meßtechnik
In diesem Abschnitt gehe ich kurz auf die verwendeten Meßapparaturen ein; das
sind im wesentlichen Aufbauten zur Messung der persistenten Photoleitfähigkeit,
der optischen Transmission, der Ladungsträgerdichte und -mobilität mittels HallEffekt und der Photolumineszenz.
Messung der persistenten Photoleitfähigkeit
Für die Messungen der persistenten Photoleitfähigkeit wurde ein Experiment
aufgebaut, dessen schematischer Aufbau in Abb. 3.2 dargestellt ist. Als
Lichtquelle zur Anregung der PPC dient eine Xenon-Lampe der Firma Müller
(DUO150 mit Leuchtmittel Xenon XBO150W). Das Licht wird mit einem
mechanischen Chopper-Rad mit ca. 360Hz moduliert und anschließend mittels
eines Bentham-Monochromators (M300) spektral zerlegt. Die Bandbreite des
so erzeugten monochromatischen Lichtes liegt bei ca. 3nm. Das entspricht
bei einer Lichtenergie hν = 3eV einer energetischen Breite von etwa 24meV.
Über einen Strahlteiler wird ein Teil des Lichtes ausgekoppelt und mit einer
Photodiode der Photonenstrom und damit der relative Photonenfluß detektiert.
Der andere Teil des Lichtes wird mittels Linsen auf die Probe innerhalb des
Kryostaten fokussiert. Hinter der Probe befindet sich, ebenfalls innerhalb des
Kryostaten, eine weitere Photodiode, die den von der transparenten Probe
transmittierten Lichtanteil detektieren kann. Der Strom der beiden Photodioden wird jeweils in Lock-In-Technik gemessen (Lock-In-Verstärker SR830
40
KAPITEL 3. METHODISCHES UND VORUNTERSUCHUNGEN
und SR850 der Firma Stanford Research). Die Leitfähigkeit der Probe wird
mit einem Hewlett-Packard-Multimeter (HP34401A) gemessen. Mittels einer
leuchtstarken blauen Leuchtdiode, die außerhalb des Kryostaten seitlich der
optischen Achse Monochromator-Linsen-Probe angebracht ist und leicht schräg
auf die Probe scheint, kann zusätzlich Licht mit höherer Intensität auf die
Probe gegeben werden. Dies ist zum Beispiel während der Anregungsphase
bei den Experimenten zum optischen Quenchen der PPC von Vorteil, weil
durch die Benutzung von zwei Lichtquellen (Lampe/Monochromator und LED)
schnell zwischen zwei Wellenlängen gewechselt werden kann. Die in dieser
Arbeit verwendeten Leuchtdioden besitzen ihr Intensitätsmaximum bei 2.9eV
und haben eine Halbwertsbreite von 0.44eV. Im Anhang A.1 befindet sich das
Spektrum der verwendeten Leuchtdiode.
LED
Kryostat
Linse
Monochromator
Spiegel
Spiegel
Strahlteiler
Probe
Kollimator
Gitter
Xe-Lampe
Chopper
Filter
Hohlspiegel Hohlspiegel
Linse
Photodiode
Linse
Photodiode
Abbildung 3.2: Schematischer Aufbau zur Bestimmung der persistenten Photoleitfähigkeit.
Um sicherzustellen, daß der Photonenfluß für alle Wellenlängen gleich ist, habe ich versucht, anhand des Lampenspektrums der verwendeten Xenon-Lampe
geeignete Wellenlängen auszuwählen, bei denen annähernd derselbe Fluß herrscht
(s. Anhang A.2). Um den konstanten Fluß immer zu verifizieren und eventuelle
Veränderungen im Photonenfluß durch Alterung des Leuchtmittels feststellen zu
können, habe ich bei allen Messungen den Photonenfluß mit Hilfe der Photodioden mitprotokolliert. In Abb. 3.3 ist der mit der im Kryostaten befindlichen
Photodiode gemessene relative Photonenfluß dargestellt. Für eine bestimmte
Photonenenergie ist der Fluß für alle Messungen an den verschiedenen Proben
gleich. Auch im Vergleich der verschiedenen Photonenenergien untereinander ist
der Photonenfluß mit einem Wert zwischen 1 − 2x1012 s−1 nahezu konstant, nur
3.2. MESSTECHNIK
41
bei 900nm (=1.38eV) ist der Photonenfluß etwa um einen Faktor zwei bis drei
größer.
4
400
600
800
1000
1200
12 -1
Photonenfluß Φ [10 s ]
Wellenlänge λ [nm]
HP1
SM1
SM12
SI3
SM3
SI6
SM5
3
2
1
1.0
1.5
2.0
2.5
Photonenergie hν [eV]
3.0
Abbildung 3.3: Photonenfluß bei PPC-Anregungsexperimenten
als Funktion der Photonenergie. Zusätzlich ist auf der oberen Abszisse die zur Photonenergie korrespondierende Wellenlänge aufgetragen. Für die Messungen an verschiedenen Proben war der
Fluß bei der jeweiligen Wellenlänge immer gleich groß. Auch im
Vergleich der verschiedenen Wellenlängen war der Fluß nahezu
konstant bei 1 − 2x1012 s−1 ; Ausnahme bei 900nm (=1.38eV), hier
liegt er etwa einen Faktor 2-3 höher.
Ein typischer Meßzyklus für die Bestimmung von PPC-Aufbautransienten ist
in Abb. 3.4 skizziert. Die Probe wird im Kryostat nach dem Einbau für 4h bei
340K im Dunkeln ausgeheizt, damit sie ins thermische Gleichgewicht kommen
kann. Anschließend wird die Probe langsam innerhalb von 5h auf 100K abgekühlt. Während der nächsten 4h wird sie mit der entsprechenden Wellenlänge
beleuchtet und danach innerhalb von 5h wieder auf 340K aufgeheizt, um sie erneut ins thermische Gleichgewicht zu bringen. Anschließend beginnt wieder ein
neuer Meßzyklus mit dem Abkühlen auf 100K. Das Bestimmen der Aufbautransienten der persistenten Photoleitfähigkeit bei einer Wellenlänge einschließlich der
Ausheiz- und Abkühlphase dauert somit 14h.
42
KAPITEL 3. METHODISCHES UND VORUNTERSUCHUNGEN
Temperatur T [K]
350
300
250
200
150
100
0
5
10
15
20
25
30
Zeit t [h]
Abbildung 3.4:
Meßverlauf zur Bestimmung der wellenlängenabhängigen persistenten Photoleitfähigkeit.
Aufgetragen ist der zeitliche Verlauf der Temperatur. Während des
grau schraffierten Zeitraumes wird die Probe beleuchtet.
Transmissionsmessung
Optische
Transmissionsmessungen
erlauben
die
Bestimmung
von
Bandlückenenergie und Schichtdicke. Da es bezüglich des Al-Gehaltes bei
den AlGaN-Proben nur unzureichende Angaben seitens des Herstellers gibt,
war es sinnvoll, diesen über das Ausmessen der Bandlücke selbst zu bestimmen. Für dieses Experiment benutzt man den starken Abfall der optischen
Transmission bei Photonenenergien in der Größe der Bandlücke. Photonen
mit Energien kleiner als die Bandlückenenergie werden transmittiert, während
höherenergetische Photonen fast vollständig absorbiert werden (Band-BandAnregung). Mit dem experimentellen Aufbau der PPC-Messung (Abb. 3.2) ist
es möglich, die relative Transmission mittels der hinter der Probe angebrachten
Photodiode zu bestimmen. Die angegebene Transmission gibt in diesem Fall
nicht den Transmissionsgrad der jeweiligen GaN-Schicht wieder, sondern ist
zusammengesetzt aus der Transmission des GaN-Filmes, des Substrates und
einem Geometriefaktor, der durch die Befestigungsblende (s. Abb. 3.5) bestimmt
ist. Für die Bandlücken- und Schichtdickenbestimmung ist die Kenntnis der
absoluten Transmission aber nicht notwendig. Die Schichtdickenbestimmung
beruht auf charakteristischen Interferenzen im niederenergetischen Bereich des
Transmissionsspektrums. Diese Interferenzstrukturen können benutzt werden,
3.2. MESSTECHNIK
43
um die Herstellerangaben bzgl. der Schichtdicke schnell zu überprüfen.
Licht
Blende und
Probenhalterung
Probe
TemperaturSensor
Photodiode
Abbildung 3.5: Seitenansicht des verwendeten Probenhalters. Im
Probenhalter befindet sich eine Bohrung, in der die Si-Photodiode
sitzt. Darüber ist die Probe angebracht, die mittels eines Blendenbleches auf dem Probenhalter fixiert ist.
Ladungsträgerdichtemessungen
Hall-Effekt-Messungen dienen zur Bestimmung der Ladungsträgerdichte und
Mobilität in den dünnen GaN-Filmen. Insbesondere die temperaturabhängige
Hall-Ladungsträgerdichte ist dabei interessant, weil sie, wie in Abschnitt 2.5
beschrieben wird, gegebenenfalls Informationen über vertikale Inhomogenitäten
der Ladungsträgerdichte und -mobilität in der Probe liefern kann. In Abb.
3.6 ist der verwendete Meßaufbau für temperatur- und beleuchtungsabhängige
Hall-Effekt-Messungen schematisch dargestellt.
Als Magnet wurde das Modell B-E10 der Firma Bruker verwendet, mit dem
Feldstärken bis ca. 1T erreichte werden können. Zwischen den Polschuhen dieses Magneten befindet sich ein optischer Kryostat (Firma Janis, Modell ST100),
mit dem die Temperatur im Bereich zwischen 10K und 340K variiert wurde. Die
Polschuhe des Magneten besitzen eine Bohrung, über die mittels einer Lichtleitfaser durch das Kryostatfenster hindurch die Probe beleuchtet werden kann.
Die Lichtquelle ist eine LED, deren Licht mittels einer Linse in die Lichtleitfaser
eingekoppelt wird.
44
KAPITEL 3. METHODISCHES UND VORUNTERSUCHUNGEN
Kryostat
LED
Linse
Lichtleiter
Probe
Magnetspule
mit Kernbohrung
Magnetspule
Abbildung 3.6: Hall-Meßplatz zur Bestimmung der temperaturund beleuchtungsabhängigen Ladungsträgerdichte und -mobilität.
Photolumineszenzmessungen
Die Photolumineszenzspektroskopie ermöglicht es, die energetische Lage von Defekten bzw. die Übergangsenergie zwischen diesen Zuständen zu messen. Die ist
allerdings nur möglich, wenn es sich bei den Übergängen von einem Niveau in ein
anderes um einen strahlenden Prozeß handelt. Die Lumineszenzspektren bei tiefen Temperaturen habe ich in einem Aufbau an der Universität Gießen (Arbeitsgruppe von Prof. B.K. Meyer) gemessen, der schematisch in Abb. 3.7 dargestellt
ist. Die Probe befindet sich dabei in einem optischen Helium-Bad-Kryostaten der
Firma Oxford. Die Anregung erfolgt mit einem HeCd-Laser bei 325nm. Um die
Laserlinie bei 430nm zu unterdrücken, nutzt man einen 325nm-Interferenzfilter.
Anschließend wird das Licht mittels eines mechanischen Modulators (Chopper)
bei 140Hz zerhackt bevor es auf die Probe trifft. Das Photolumineszenzlicht wird
in einem Monochromator (Spex 1681, 0.22m) zerlegt und mittels eines Photomultipliers verstärkt und detektiert. Zusätzlich habe ich weitere RaumtemperaturPhotolumineszenzmessungen in Oldenburg (Arbeitsgruppe Molekül- und Biophysik, Prof. K. Maier) und an der TU München (Walter-Schottky-Institut, Prof.
M. Stutzmann) durchgeführt.
3.3
Auswerteschemata für Voruntersuchungen
In diesem Abschnitt erkläre ich verschiedene Auswerteschemata, mit deren Hilfe
man bereits erste Ergebnisse über die Proben aus Voruntersuchungen erhalten
kann. Dabei geht es zum einen um die Bestimmung des Aluminiumgehaltes der
Alx Ga1−x N-Proben über die Bandlücke, der Schichtdicke, sowie die Abschätzung
der Zustandsdichte der für die PPC verantwortlichen Defekte.
3.3. AUSWERTESCHEMATA FÜR VORUNTERSUCHUNGEN
45
Spiegel
Monochromator
HeCd-Laser
Filter
Hohlspiegel
Hohlspiegel
Chopper
Linse
Photomultiplier
Gitter
Probe
Kryostat
Linse
Filter
Spiegel
Spiegel
Abbildung 3.7: Aufbau zur Messungen der Photolumineszenz bei
tiefen Temperaturen.
3.3.1
Bestimmung der Bandlücke und der Schichtdicke
Die Bandlücke reiner GaN-Proben beträgt 3.4eV. Legiert man aber GaN mit Al
zu Alx Ga1−x N, so vergrößert sich die Bandlücke mit zunehmenden Al-Gehalt
x. Allerdings sind die Angaben bezüglich der Legierungszusammensetzung oft
ungenau, so daß es sinnvoll war, die Bandlücke vor allem der Alx Ga1−x N-Proben
selbst zu bestimmen. Für diese Charakterisierung nutzt man die starke Änderung
der optischen Transmission für Photonen im Bereich der Bandlückenenergie. In
Abb. 3.8 ist das relative Transmissionsspektrum der Probe SM12 dargestellt,
deren genauer Al-Gehalt vom Hersteller nicht angegeben war. Um die Bandlücke
zu bestimmen, habe ich im Bereich hν << Eg sowie hν >> Eg jeweils eine
Gerade durch das halblogarithmische Transmissionsspektrum gelegt und die
Bandlücke als Schnittpunkt der beiden Geraden approximiert. Die beiden
Geraden sind in Abb. 3.8 gestrichelt eingezeichnet, und ihr Schnittpunkt (und
damit die Bandlückenenergie) liegt hier bei Eg ≈ hν = 4.0eV.
Die Schichtdicke der GaN-Filme habe ich aus der Interferenzstruktur im niederenergetischen Teil des Transmissionsspektrums gewonnen (vgl. Abb. 3.8).
Dies war notwendig, da die Herstellerangaben zur Dicke, berechnet aus der
Wachstumsrate und -zeit, nur Richtwerte darstellen. Die Interferenzstruktur
im Transmissionsspektrum kommt durch Mehrfachreflexion des Lichtes an der
Vorder- und Rückseite der GaN-Schicht zustande. Aus der Bragg-Bedingung
2ñd = kλ für konstruktive Interferenz läßt sich aus der Position der Maxima die
optische Schichtdicke dopt = ñd bestimmen. Dabei bezeichnet ñ den Brechungs-
KAPITEL 3. METHODISCHES UND VORUNTERSUCHUNGEN
relative Transmission T
46
10
0
10
-1
10
-2
SM12 (AlxGa1-xN / Al2O3)
Eg
1.0
1.5
2.0
2.5
3.0
3.5
4.0
4.5
Photonenergie hν [eV]
Abbildung 3.8: Relativen Transmission als Funktion der Photonenergie für die Probe SM12 (Alx Ga1−x N auf Al2 O3 ). Aus dem
Abfall zu hohen Photonenenergien läßt sich die Bandlücke Eg bestimmen. Die zur Bestimmung der Bandlücke benutzten Geraden
(s. Text) sind gestrichelt eingezeichnet. Die Interferenzstruktur
kommt durch Mehrfachreflexion an GaN-Vorder- und Rückseite
zustande und erlaubt die Bestimmung der optischen Schichtdicke
dopt .
index des GaN-Filmes, d die tatsächliche Schichtdicke und k die Ordnung des
Interferenzmaximums. Betrachtet man nun zwei nebeneinander liegende Maxima und berücksichtigt, daß die Ordnung des niederenergetischen Extremums um
eins größer ist als die des höherenergetischen, so erhält man
dopt = ñd =
hc
1
2 E1 − E2
(3.1)
wobei die Beziehung E = hν = hc/λ benutzt wurde, E1 die Energie des
hochenergetischen, E2 die des nächsten niederenergetischen Extremums, h
das Planck’sche Wirkungsquantum und c die Vakuumlichtgeschwindigkeit
bezeichnet. Benutzt man den wellenlängenabhängigen Brechungsindex ñ ≈ 2.35
bei hν = 2eV aus [109], so erhält man die Dicke aus d = dopt /ñ. Ausgehend
von diesen Überlegungen wurden die Proben auf ihre Filmdicke und Bandlücke
hin untersucht. In Tabelle 3.1 sind die Werte der verschiedenen Proben für die
3.3. AUSWERTESCHEMATA FÜR VORUNTERSUCHUNGEN
47
Tabelle 3.1: Bandlücken und Schichtdicken aus den Transmissionsmessungen bei Raumtemperatur. Die Dicke dsoll ist die vom
Hersteller angegebene Schichtdicke (für die Probe SM12 nicht bekannt). Für die Berechnung der optischen Schichtdicke wurden
die beiden Maxima bei etwa 2eV und 2.3eV verwendet und der
Brechungsindex ñ aus [109].
∗
Probe
Legierung
Eg [eV]
dopt [µm]
ñ
d [µm]
SI3
GaN
3.4
4.1
2.35 1.8
1.6
SI6
GaN
—
7.0
2.35 3.0
2.8
SM3
GaN
3.4
2.6
2.35 1.1
1
SM1
GaN
3.4
2.9
2.35 1.3
1
HP1
GaN
3.4
8.8
2.35 3.8
3.1
SM5
Al0.15 Ga0.85 N
3.7
2.6
2.3
1.1
SM12
Al0.32 Ga0.68 N∗
4.0
2.8
2.25 1.26
1.15
dsoll [µm]
?
Der Al-Gehalt der Probe SM12 wurde mit Gleichung (3.2) aus der Bandlücke berechnet.
Bandlücke Eg , die optische Dicke dopt und die tatsächliche Filmdicke d aufgeführt.
Wie man aus der Tabelle 3.1 entnehmen kann, erhält man für die reinen
GaN-Proben eine Bandlücke von 3.4eV bei Raumtemperatur, was mit den Literaturwerten gut übereinstimmt [109]. In Abb. 3.9 ist das Transmissionsspektrum
der Probe SI6 (GaN auf SiC) zu sehen. Aus patentschutzrechtlichen Gründen
konnten der genaue Aufbau der Probe SI6 sowie detaillierte Informationen über
das verwendete Substrat vom Hersteller nicht zur Verfügung gestellt werden.
Aus dem Transmissionsspektrum in Abb. 3.9 läßt sich allerdings ablesen, daß
das verwendete Substrat vom Typ 6H-SiC sein muß. Würde es sich um 4H-SiC
handeln, so dürfte die Transmission erst ab Energien größer als 3.26eV (der
Bandlücke von 4H-SiC) abfallen. Allerdings kann bei dieser Probe die Bandlücke
der GaN-Schicht nicht aus dem Transmissionsspektrum gewonnen werden, da sie
energetisch oberhalb der Bandlücke des SiC-Substrates liegt und damit in den
Spektren nicht mehr sichtbar ist. Allerdings kann davon ausgegangen werden,
daß auch hier die Bandlücke ebenfalls Eg ≈ 3.4eV beträgt.
Die Bandlücke der Probe SM5 wurde zu Eg = 3.68eV bestimmt. Mit der
Formel aus [109]
Eg (Alx Ga1−x N ) = xEg (AlN ) + (1 − x)Eg (GaN ) − bx(1 − x)
(3.2)
48
KAPITEL 3. METHODISCHES UND VORUNTERSUCHUNGEN
relative Transmission T
10
0
SI6 (GaN/SiC)
10
-1
10
-2
Eg 6H-SiC
2.0
2.5
3.0
Eg 4H-SiC
3.5
Photonenergie hν [eV]
Abbildung 3.9: Abhängigkeit der relativen Transmission von der
Photonenergie für die Probe SI6 (GaN auf SiC). Zusätzlich sind
die Bandlücken für 6H-SiC (Eg =3.03eV) und 4H-SiC (Eg =3.26eV)
eingezeichnet. Der genaue Polytyp des SiC-Substrates wurde vom
Hersteller nicht angegeben. Aus dem Abfall der Transmission
folgt, daß es sich beim verwendeten Substrat um 6H-SiC handeln
muß.
für die Abhängigkeit der Bandlücke vom Al-Gehalt x der Alx Ga1−x NLegierung und einem Bowing-Parameter b von 1.3 ± 0.2eV erhält man,
mit Eg (AlN ) = 6.13eV und Eg (GaN ) = 3.42eV [109], für eine 15%-AlGaNLegierung eine Bandlücke von Eg,theo = 3.66 ± 0.03eV. Dieser Wert stimmt also
im Rahmen der Meßgenauigkeit gut mit dem aus der Transmission experimentell
ermittelten Wert überein. Mit Gleichung (3.2) erhält man für die Probe SM12
(Bandlücke 4eV), deren Al-Gehalt nicht spezifiziert war, einen Aluminiumgehalt
x von 32%.
Bezüglich der Schichtdicken erkennt man in Tabelle 3.1, daß der experimentell
ermittelte Wert durchweg ca. 10% über der vom Hersteller angegebenen Schichtdicke liegt. Diese Diskrepanz könnte mit einem etwas zu klein angenommenen
Wert für den Brechungsindex zusammenhängen, der aus einer Grafik in [109] entnommen wurde. Allerdings sind diese Abweichungen für die spätere Auswertung
durchweg tolerierbar.
3.3. AUSWERTESCHEMATA FÜR VORUNTERSUCHUNGEN
3.3.2
49
Abschätzung der Untergrenze für die Defektdichte
In diesem Abschnitt möchte ich nun eine Abschätzung für die Untergrenze der
Dichte der für die PPC verantwortlichen Defekte angeben. Von Interesse ist hierbei, ob die Defektdichte in die Größenordnung der Dotierungsdichte kommt und
damit die Lage des Ferminiveaus signifikant beeinflussen kann 2 . Um eine untere
Grenze für die Dichte der Defekte, die für die persistente Photoleitfähigkeit
verantwortlich sind, abzuschätzen, wird angenommen, daß jeder zusätzliche
photoinduzierte Ladungsträger aus genau einem Defekt stammt. Die Anzahl
der Überschußladungsträger, ∆n, durch die Beleuchtung entspricht damit der
Anzahl der ionisierten Defekte und stellt eine untere Grenze der Gesamtzahl der
Defekte dar.
Betrachtet man als einfachstes Beispiel nur einen speziellen Defekt der Dichte
NDef ekt , einer Ladungsträgereinfangrate c und einer Emissionsrate e, so erhält
man nach Lösen der Ratengleichung
dn
= −cn + e (NDef ekt − n)
dt
(3.3)
die zeitabhängige Hell-Leitfähigkeit σHell = qµn(t) zu
i
e h
1 − e−(c+e)t + σDunkel
c+e
(3.4)
i
σHell (t) − σDunkel
e h
= NDef ekt
1 − e−(c+e)t .
qµ
c+e
(3.5)
σHell (t) = qµNDef ekt
oder umgestellt
Für die Mobilität µ wird in erster Näherung angenommen, daß sie sich nicht
ändert. Bei tiefen Temperaturen kann angenommen werden, daß die Emissionsrate e durch optische Ionisierung größer als die Einfangrate c ist. Die Defektdichte
kann also abgeschätzt werden zu
NDef ekt =
c + e σHell (t → ∞) − σDunkel
σHell (t → ∞) − σDunkel
≈
.
e
qµ
qµ
(3.6)
Die Leitfähigkeit σ kann durch σ ≈ Gl/A angegeben werden mit dem experimentell bestimmten Leitwert G, dem Abstand l ≈ 5mm zwischen zwei Kontakten
und der Kontaktfläche A = (0.075cm)2 π. Mit Gleichung (3.6) ist es jetzt also
2
Eine signifikante Verschiebung des Ferminiveaus unter Beleuchtung kann zur Änderung der
Besetzungsdichte der Defekte führen. Dadurch würde sich die Interpretation der Aufbautransienten der persistenten Photoleitfähigkeit verkomplizieren.
50
KAPITEL 3. METHODISCHES UND VORUNTERSUCHUNGEN
Tabelle 3.2: Abschätzung einer unteren Grenze der Defektdichten
aus den Hell- und Dunkelleitwerten gemäß Gleichung (3.6) unter
Beleuchtung bei 400nm und 14400s nach Beginn der Beleuchtung.
Die Beweglichkeit µ wurde als konstant angenommen. Als Vergleichswert ist zusätzlich die Donatordichte ND mit angegeben.
Für die Probe SM12 lagen keine Daten der Beweglichkeit vor.
Probe GDunkel [S] GHell [S]
∗
µ [cm2 /V s]
NDef ekt [cm−3 ]
ND [cm−3 ]
SI3
1.05x10−2
1.06x10−2
146
≈ 4x1013
4.0x1018
SI6
2.70x10−3
2.78x10−3
295
≈ 4x1013
1.7x1018
SM1
4.42x10−5
7.21x10−5
6
≈ 8x1014
?∗
SM3
3.01x10−4
3.56x10−4
12
≈ 8x1014
3.0x1017
SM5
2.46x10−8
8.22x10−8
≈0.5
≈ 2x1013
2.1x1017
HP1
1.60x10−3
2.16x10−3
70
≈ 1x1015
1.7x1018
Dotierdichte vom Hersteller nicht angegeben.
möglich, eine untere Grenze für die Dichte der für die PPC verantwortlichen Defekte anzugeben. In Tabelle 3.2 sind die so ermittelten Werte angegeben. Für die
Proben SI3 und SI6 liegen die Defektdichten NDef ekt etwa fünf Größenordnungen
unter der Dotierungsdichte ND , während für die anderen Proben die Dichte der
Defekte etwa drei bis vier Größenordnungen kleiner als die Dotierdichte ist. Insgesamt läßt sich folgern, daß die für die PPC verantwortlichen Defekte aufgrund
ihrer geringen Dichte keinen signifikanten Einfluß auf die Lage des Ferminiveaus
haben.
Kapitel 4
Charakterisierung der PPC Experimente und Diskussion
In diesem Kapitel untersuche ich den Einfluß verschiedener Parameter (Verunreinigungen, Substratwahl, Legierung) auf die persistente Photoleitfähigkeit und
die gelbe Lumineszenz, um den verantwortlichen Defekt zu charakterisieren und
den der persistenten Photoleitfähigkeit zugrundeliegenden Mechanismus zu identifizieren. Dabei werde ich mich hauptsächlich auf die Anstiegstransienten unter
Subbandgap-Beleuchtung konzentrieren. Im ersten Teil will ich auf die Auswertung der Anregungstransienten eingehen, die sich von der üblicherweise in der
Literatur verwendeten Methode deutlich unterscheidet. Aufgrund ihres physikalischen Ansatzes liefert diese Auswertungsmethode entscheidende Informationen,
ob der PPC-bestimmende Mechanismus auf makroskopischen Potentialfluktuationen beruht oder aber Gitterrelaxationen im Rahmen des Modells der mikroskopischen Fluktuationen verantwortlich für die persistente Photoleitfähigkeit sind.
Im zweiten Teil, der den Hauptauswertungsteil dieser Arbeit darstellt, werde ich
exemplarisch an einer Probe (HP1) den PPC-verantwortlichen Defekt energetisch
charakterisieren und räumlich innerhalb des GaN-Filmes nahe des Substrates lokalisieren. Mithilfe der experimentell gewonnenen Ergebnisse ist es möglich, den
Mechanismus der persistenten Photoleitfähigkeit als Folge von mikroskopischen
Potentialfluktuationen zu bestimmen. Außerdem werde ich aufgrund der experimentellen Resultate und theoretischen Berechnungen aufzeigen, daß es sich bei
dem mit diesen Fluktuationen verknüpften Defekt höchstwahrscheinlich um Sauerstoff handelt. Im Rahmen eines Probenvergleiches im dritten Teil dieses Abschnittes werde ich den Einfluß des Substrates bzw. eines Puffers auf die substratnahe Schicht und die persistente Photoleitfähigkeit verdeutlichen. Den Abschluß
bildet der Vergleich der persistenten Photoleitfähigkeit von AlGaN-Proben mit
verschiedenem Al-Gehalt. In diesen Proben findet sich neben der aus dem GaN
bekannten Störstelle ein zusätzlicher Defekt.
51
52
4.1
KAPITEL 4. CHARAKTERISIERUNG DER PPC
Auswerteschema der Anregungstransienten
Als erstes will ich in diesem Abschnitt auf die Probleme bei der Auswertung lang
ausgedehnter Leitwertstransienten eingehen und verschiedene Möglichkeiten, die
teilweise in der Literatur Verwendung finden, auf ihre Tauglichkeit für die vorliegenden Transienten diskutieren. Schließlich stelle ich ein Auswerteverfahren vor,
das auf der Annahme einer Verteilung von Zeitkonstanten für den Anregungsvorgang beruht und mit dem mittels einer modifizierten Laplace-Transformation
diese Verteilung berechnet werden kann.
Vorüberlegungen
Betrachtet man in Abb. 4.1 eine typische Aufbautransiente, so liegt die Vermutung nahe, daß es sich um einen exponentiellen Zusammenhang zwischen Leitwert
und Zeit in der Form
G(t) = Gdunkel + ∆G ∗ 1 − e−t/τ
(4.1)
handelt, wobei mit ∆G der Unterschied zwischen Sättigungsleitwert unter
Beleuchtung und Dunkelleitwert Gdunkel bezeichnet ist.
Die für den Aufbau typische Zeitkonstante ist als τ angegeben. Stellt man
Gleichung (4.1) in der Form
1−
G(t) − Gdunkel
= e−t/τ
∆G
(4.2)
dar, so muß eine halblogarithmische Auftragung des Ausdrucks auf der linken Seite von Gleichung (4.2) über der Zeit eine Gerade mit Steigung −1/τ ergeben, die
die Ordinate bei 100 = 1 schneidet. Wie aber die Darstellung der experimentellen
Daten in dieser Auftragungsweise in Abb. 4.2(a) zeigt, erstreckt sich der lineare
Teil der Transiente bestenfalls über eine Größenordnung sowohl in der Zeit als
auch im Leitwert. Weiterhin ergibt die Extrapolation des linearen Abschnittes
auf die Ordinate einen von 1 abweichenden Schnittpunkt. Beides deutet darauf
hin, daß kein einfach exponentieller Zusammenhang zwischen Leitwert und Zeit
vorliegt.
In Abb. 4.2(b) ist zu sehen, daß die Transiente nach 104 s noch nicht
in Sättigung ist. Damit ist eine korrekte Bestimmung von ∆G, wie es für
die Auswertung gemäß Gleichung (4.2) notwendig ist, nicht möglich. Eine
anderer Herangehensweise zur Ermittlung der charakteristischen Zeit τ ist eine
Darstellung von G − Gdunkel über dem Logarithmus der Zeit. Diese Kurve
hat bei einem einfach exponentiellen Zerfall einen Wendepunkt bei t = τ .
Allerdings muß für eine genaue Bestimmung dieses Punktes die Kurve sowohl
4.1. AUSWERTESCHEMA DER ANREGUNGSTRANSIENTEN
53
Überschußleitwert ∆G [nS]
50
40
30
20
10
0
0
2000 4000 6000 8000 10000 12000
Zeit t [s]
Abbildung 4.1: Typische Aufbautransiente der Probe SM5 unter
Beleuchtung mit Licht der Wellenlänge λ=450nm. Aufgetragen
ist der photoinduzierte Überschußleitwert ∆G über der Zeit, wobei der Überschußleitwert den Unterschied Helleitwert und Dunkelleitwert bezeichnet.
für Zeiten, die um Größenordnungen kleiner als auch größer als τ sind, bekannt
sein. Aus meßtechnischen Gründen ist der Zugang zu Zeiten kleiner als 2s in
den verwendeten Aufbauten nicht möglich gewesen (Abtastraten der Meßgeräte
sowie Kommunikation mit dem Rechner typischerweise um 1s). Die Zeiten über
105 s ≈ 28h waren aus rein praktischen Gründen nicht routinemäßig zugänglich.
Die Beschränkung des zugänglichen zeitlichen Meßbereiches spricht ebenfalls gegen die Verwendung des sogenannten stretched-exponential-Ansatzes
exp(−(t/τ )β ). Dieser Ansatz wird in der Literatur oft im Falle nicht einfachexponentieller Anstiegs- oder Abfalltransienten verwendet [70, 73, 75, 76, 110,
111, 112, 113, 114]. Da die Transiente zu langen Zeiten hin aber aus meßtechnischen Gründen nicht bekannt ist, ist die Bestimmung von τ mit diesem Ansatz nur eingeschränkt oder gar nicht möglich. Außerdem liegt diesem Ansatz
kein physikalisches Modell zugrunde, mit dem die Bedeutung des Parameters
β erklärt werden könnte. Ein anderer Ansatz, der manchmal im Falle nicht
einfach-exponentieller Transienten verwendet wird, ist die sogenannte Mehrkom-
54
KAPITEL 4. CHARAKTERISIERUNG DER PPC
1-(G-Gdunkel)/∆G
40
30
20
0.1
10
0
5000 10000
Leitwert G-Gdunkel [nS]
50
1.0
0
4
10 10 10 10 10
0
Zeit t [s]
1
2
3
Zeit t [s]
Abbildung 4.2: Aufbautransiente der Probe SM5 unter Beleuchtung mit 450nm.
(a) Halblogarithmische Darstellung der Aufbautransiente gemäß
Gleichung (4.2). (b) Darstellung von G − Gdunkel über log(t).
ponentenanalyse [115, 116]. Dabei wird angenommen, daß die Anstiegstransiente
durch mehrere parallel ablaufende Prozesse mit jeweils eigenen Zeitkonstanten
beschrieben wird. Genaueres findet sich dazu in [116]. Allerdings ist auch bei
dieser Methode die Kenntnis des maximalen Überschußleitwertes ∆G und die
gesamte zeitliche Ausdehnung der Transiente notwendig.
4.1.1
Laplace-Transformation
Im folgenden werde ich eine Methode vorstellen, die analog zur Mehrkomponentenanalyse von mehreren Zeitkonstanten ausgeht. Mit diesem Ansatz wird es
möglich sein, den Verlauf der Transienten ohne Kenntnis des Überschußleitwertes
∆G sowie bei zeitlicher Beschneidung auszuwerten. Die Methode beruht auf
einer Laplace-Transformation der Leitwertstransienten. Unter der Annahme
einer kontinuierlichen Verteilung von Zeitkonstanten für den Aufbauprozeß liefert
diese Transformation eine zu den Zeiten äquivalente energetische Verteilung.
In Anlehnung an [117] habe ich versucht, diese energetische Verteilung mittels
4.1. AUSWERTESCHEMA DER ANREGUNGSTRANSIENTEN
55
einer modifizierten Laplace-Transformation aus den Transienten zu gewinnen.
Die Ausgangsgleichung für die Leitwertstransiente G(t) lautet
G(t) = Gdunkel + ∆G
Z∞
t
g(E) 1 − e− τ (E) dE
(4.3)
0
mit Dunkelleitwerte Gdunkel , Amplitude ∆G und der Energieverteilung g(E). Für
alle folgenden Betrachtungen werden nur die Abweichungen vom Dunkelleitwert
betrachtet, da dieser Offset für die weiteren Überlegungen keine Rolle spielt. Die
Laplace-Transformierte Ĝ mit der Laplace-Variablen s schreibt sich als
Ĝ(s) =
Z∞
G(t)e−st dt,
(4.4)
0
d.h. mit Gleichung (4.3) und ausgeführter Laplace-Transformation erhält man
Ĝ = ∆G
Z∞
0
!
g(E)
g(E)
−
dE.
s
s + 1/τ (E)
(4.5)
Um aus der Laplace-Transformierten Ĝ, die aus den Meßdaten numerisch berechnet werden kann, die energetische Verteilung g(E) in Gleichung (4.5) zu erhalten,
ist der folgende rechentechnische Schritt notwendig. Leitet man die Gleichung
(4.5) nach der Laplace-Variablen s in der folgenden Form ab, so erhält man
∞
Z
d(sĜ)
τ −1
= −s∆G g(E)
dE.
−1 )2
dln(s)
(s
+
τ
0
(4.6)
Die Zeitkonstante τ ist umgekehrt proportional zum Photonenfluß Φ(hν) und
dem optischen Ionisierungsquerschnitt σ(hν, kB T ), wobei h das Planck’sche Wirkungsquantum, kB die Boltzmann-Konstante und ν die Photonenfrequenz angibt.
Nach [48, 98, 118, 119] kann der Ionisierungsquerschnitt in zwei Teile faktorisiert
werden, einem nur von der Photonenenergie abhängenden Faktor σ0 (hν) und
einem temperaturabhängigen Faktor U (E, kB T ). Die Energie E beschreibt dabei die (thermische) Aktivierungsenergie des optischen Ionisierungsquerschnittes.
Damit schreibt sich die Emissionszeitkonstante τ zu
τ −1 ∝ Φ(hν)σ(hν, kB T ) ≈ Φ(hν)σ0 (hν)U (E, kB T ).
(4.7)
Im Modell der mikroskopischen Potentialbarrieren (Gitterrelaxationen) ist E
gleichbedeutend mit der Phononenenergie hω. Die Funktion U kann für den vorliegenden Temperaturbereich von 100K und typischen Energien E im Bereich einiger meV [120] als Exponentialfunktion U (E, kB T ) ≈ exp(−E/kB T ) angenähert
56
KAPITEL 4. CHARAKTERISIERUNG DER PPC
werden. Mit den vorhergehenden Betrachtungen kann nun die Gleichung (4.6)
geschrieben werden als
∞
Z
d(sĜ)
Φσ0 e−E/kT
= −s∆G g(E)
dE.
−E/kT )2
dln(s)
(s
+
Φσ
e
0
0
(4.8)
Der Bruch des Integranden in Gleichung (4.8) kann durch eine δ-Funktion angenähert werden,
h(s, E) =
Φσ0 e−E/kT
kT
≈
δ(E − E0 ),
2
s
(s + Φσ0 e−E/kT )
(4.9)
wobei E0 = −kT ln(s/(Φσ0 )) substituiert wurde. Auf diese Näherung werde ich
weiter unten nochmals eingehen. Mit Gleichung (4.9) kann so die Integration in
Gleichung (4.8) durchgeführt werden, und man erhält für die Verteilung g(E0 )
folgenden Ausdruck:
−1 1 d(sĜ)
.
(4.10)
g(E0 ) ≈
∆G kT dln(s)
Mit Gleichung (4.10) hat man nun die Möglichkeit, die Verteilung der Energien E anzunähern, die für die Form der Transiente verantwortlich ist. Um
von der Energieverteilung wieder auf die Verteilung der Zeitkonstanten τ
zurückzurechnen, muß nur die Transformation τ −1 = Φ(hν)σ0 (hν)exp−E0 /kB T
durchgeführt werden. Damit erhält man dann, bei Kenntnis des Photonenflusses
Φ, auch den optischen Ionisierungsquerschnitt σ0 (hν). Die Form der Verteilung
wird nicht von der Amplitude ∆G der Leitwertstransiente beeinflußt, da dieser
Wert nur als Vorfaktor auftritt.
Mit diesen Überlegungen hat man nun ein äußerst nützliches Werkzeug in der
Hand, um Anregungstransienten bezüglich einer Verteilung von Zeitkonstanten
zu untersuchen. Allerdings zeigt sich, daß die Auswertung experimenteller Daten
gerade im Hinblick der zeitlichen Beschneidung noch einiger Überlegungen bedarf,
um zu sinnvollen Ergebnissen zu kommen.
4.1.2
Laplace-Transformation mit Rekursion
Doch wie gut ist dieses Verfahren zur Bestimmung der Verteilung von Energien bzw. Zeitkonstanten bezüglich der Rücktransformation auf die ursprüngliche
Transiente? Abgesehen von der Annahme, daß der optische Ionisierungsquerschnitt in einen photonenergieabhängigen Teil σ0 (hν) und einen temperaturabhängigen Faktor U (E, kB T ) aufgespalten werden kann ist die einzige
4.1. AUSWERTESCHEMA DER ANREGUNGSTRANSIENTEN
57
Näherung, die gemacht wurde, die Annahme von h als eine δ-Funktion in Gleichung (4.9). Diese Funktion h ist in Abb. 4.3 für 1/Φσ0 = 6.3x10−24 s und
T = 100K dargestellt.
'δ'-Funktion h
25
20
15
10
5
0
300
400
500
600
700
Energie E [meV]
Abbildung 4.3: δ-ähnliche Funktion h aus Gleichung (4.9) aufgetragen über der Energie E. Das Maximum liegt bei
√ E0 =
−kT ln(s/Φσ0 ). Die Halbwertsbreite beträgt 2ln(3 + 2 2)kT ≈
3.53kT ≈ 30meV bei T = 100K.
Das Maximum der Funktion h liegt bei E0 = −kT ln(s/Φσ0 ). Entgegen einer
δ-Funktion hat diese Funktion
√ eine Breite größer Null. Die Halbwertsbreite
F W HM beträgt 2ln(3 + 2 2)kT ≈ 3.53kT , unabhängig vom Parameter s
oder τ0 . Bei 100K beträgt die Breite etwa 30meV. Das heißt aber auch, daß
selbst eine Transiente, die nur durch eine einzelne Energie beeinflußt wird
(g(E0 ) = δ(E0 )), bei der Auswertung nach Gleichung (4.10) eine energetische
Verteilung mit eben dieser Breite von 30meV liefern wird. Würde man mit dieser
angenäherten Verteilung mit Gleichung (4.3) die Transiente berechnen, so erhält
man signifikante Abweichungen.
Weiterhin wird sich bemerkbar machen, daß zur Berechnung der LaplaceTransformierten Ĝ nur ein beschränktes Zeitfenster [tstart ; tende ] zur Verfügung
steht.
Damit liefert die Verteilung an den Rändern von E0 , also bei
−kT ln(τ0 /tstart ) und −kT ln(τ0 /tende ) unrealistische Werte. Deshalb habe ich für
58
KAPITEL 4. CHARAKTERISIERUNG DER PPC
die Auswertung folgende rekursive Vorgehensweise gewählt. Man berechnet aus
den gemessenen Transienten nach Gleichung (4.10) eine Ausgangsverteilung. Nun
modifiziert man diese Verteilung, indem man sie an ihren Rändern beschneidet.
Dieses Abschneiden geschieht, indem man sie mit zwei Stufenfunktionen f1 und
f2 multipliziert,
g̃ = Af1 g(E0 )f2 ,
(4.11)
und Rso eine modifizierte Verteilung g̃ erhält. A ist eine Normierungskonstante, so
daß g̃ = 1 gilt. Die Stufenfunktionen f1 und f2 lauten
f1 =
f2 =
1
e(Emin −E0 )/∆Emin
1
e(E0 −Emax )/∆Emax
(4.12)
+1
+1
.
(4.13)
Nun berechnet man mit der modifizierten Verteilung g̃(E0 ) wiederum nach Gleichung (4.3) die Transiente und variiert die Größen Emin , Emax , ∆Emin und ∆Emax
solange, bis die Abweichung zwischen der berechneten Transiente und der gemessenen minimal wird. Die aus dieser Variation und Minimierung resultierende
Verteilung g̃(E0 ) stellt dann eine gute Näherung für die zur gemessenen Transientenform zugehörige Energieverteilung dar.
Test des Verfahrens
Eine einfache energetische Verteilung als Test ist eine Gaußverteilung um den
Mittelwert Ē (hier 500meV) mit einer Standardabweichung σ (5meV):
(E − Ē)2
1
g(E) = √
exp −
.
2σ 2
2πσ
!
(4.14)
Eine Aufbautransiente berechnet sich mit dieser Verteilung zu

G(t) = ∆G 1 −
Z∞
0

g(E)e−t/τ (E) dE  ,
(4.15)
wobei die Zeitkonstante τ (E) durch Gleichung (4.7) gegeben ist. Der Wert
1/Φσ0 ist mit 6.3x10−24 s so gewählt, daß sich im Maximum der Gaußverteilung,
also bei Ē = 500meV, eine Zeitkonstante von 100s ergibt.
Berechnet man nun gemäß Gleichung (4.10) die angenäherte Energieverteilung g(E0 ) aus eben dieser simulierten Transiente, so erhält man die in Abb. 4.4
dargestellte (gestrichelte) Verteilung. Zum Vergleich ist die zur Simulation der
Transiente ursprünglich benutzte Gauß-Verteilung eingezeichnet (gepunktet). Als
4.1. AUSWERTESCHEMA DER ANREGUNGSTRANSIENTEN
-1
Wahrscheinlichkeit [eV ]
80
59
gGauß
64
~
g
48
32
16
g
0
-16
-32
-48
450
475
500
525
550
Energie E0 [meV]
Abbildung 4.4: Verteilungen, die zur Berechnung der Transienten
in Abb. 4.5 nach Gleichung (4.3) benutzt wurden. Die gepunktete Linie ist die Ausgangs-Gauß-Verteilung um Ē = 500meV
mit σ = 5meV . Gestrichelt eingezeichnet ist die nach Gleichung
(4.10) berechnete Verteilung g. Der negative Teil kommt durch
das Abschneiden der Ausgangstransiente bei 104 s zustande. Modifiziert man die Verteilung wie im Text beschrieben, so erhält
man die durchgezogenen Linie für g̃. Diese Verteilung kommt der
Ausgangs-Gauß-Verteilung sehr nahe und reproduziert die Transiente sehr gut (s. Abb. 4.5).
erstes fällt auf, daß die genäherte Verteilung g(E0 ) für höhere Energien negativ
wird. Die Erklärung hierfür ist, daß die zur Berechnung zugrunde liegende Transiente im Zeitbereich nicht unendlich lang ist. Das Abschneiden bei großen Zeiten
führt zu diesem Verhalten bei hohen Energien in der Laplace-Transformation.
Diese negativen Werte sind also Artefakte der Simulation/Messung und ich habe
sie für die weiteren Berechnungen gleich Null gesetzt. Die zweite Auffälligkeit
der ersten genäherten Verteilung g(E0 ) im Vergleich zur Gauß-Verteilung liegt
in deren Breite. Die Halbwertsbreite der berechneten Verteilung beträgt 34meV
und ist damit etwa 29meV breiter als die ursprüngliche Gauß-Verteilung. Die
Ursache hierfür ist die von Null verschiedene Breite der als δ-Funktion angenommenen Funktion h(s, E) aus Gleichung (4.9). Dieses Problem läßt sich jedoch
durch die oben beschriebene rekursive Vorgehensweise gut lösen. Man erhält die
60
KAPITEL 4. CHARAKTERISIERUNG DER PPC
(a)
(b)
10
0
10
-1
10
-2
10
-3
10
-4
0.4
10
-5
10
-6
0.2
10
-7
Leitwert G [w.E.]
1.0
0.8
0.6
0.0
0
1
2
3
4
10 10 10 10 10
Zeit t [s]
0.0
5.0x10
3
1.0x10
Leitwert 1-G [w.E.]
in Abb. 4.5 (durchgezogen) eingezeichnete modifizierte Verteilung g̃. Diese neue
Verteilung g̃ kommt der Ausgangs-Gauß-Verteilung sehr nahe. Sie hat ihr Maximum an derselben Position (500meV), und auch die Halbwertsbreite
entspricht
√
mit 17eV besser der Halbwertsbreite der Gauß-Funktion von 2σ 2ln2 ≈12meV.
4
Zeit t [s]
Abbildung 4.5: Mittels Verteilungen berechnete Aufbautransienten.
(a) Darstellung der Leitwertstransienten über dem Logarithmus
der Zeit.
(b) Halblogarithmische Darstellung von 1 − G über der Zeit.
Durch Kreuze gekennzeichnet ist die mittels einer Gauß-Verteilung
simulierte Transiente. Die nach Gleichung (4.10) berechnete Verteilung g ergibt die gestrichelte Transiente. Die durchgezogene
Linie ist das Ergebnis der modifizierten Verteilung g̃.
Mit diesen Verteilungen gGauß , g und g̃ habe ich nun wieder Transienten
berechnet und das Ergebnis in Abb. 4.5 eingezeichnet. In Abb. 4.5(a) sind
die Transienten über dem Logarithmus der Zeit dargestellt. Die Transiente,
berechnet aus der ursprünglichen Gauß-Verteilung, ist durch Kreuze markiert.
Gestrichelt eingezeichnet ist die aus der ersten angenäherten Verteilung g(E0 )
berechnete Transiente. Man sieht deutliche Unterschiede zwischen diesen beiden
Kurven, sowohl bei kurzen als auch langen Zeiten. Dieses Verhalten liegt
hauptsächlich in der größeren Breite der genäherten Verteilung g(E0 ) begründet.
4.1. AUSWERTESCHEMA DER ANREGUNGSTRANSIENTEN
61
Die langen Ausläufer für niedrige und hohe Energien bewirken, daß die angenäherte Transiente für kleine Zeiten schneller und für hohe Zeiten langsamer
ansteigt als die Ausgangstransiente. Die mittels der modifizierten Verteilung
g̃ berechnete Transiente ist als durchgezogene Linie eingezeichnet. Wie zu
erkennen ist, reproduziert diese Verteilung die Ausgangstransiente perfekt. Diese
sehr gute Übereinstimmung zwischen der Originaltransienten (Kreuze) und der
Transienten berechnet mittels g̃ ist auch in der halblogarithmischen Auftragung
von 1 − G über der Zeit in Abb. 4.5(b) zu sehen.
Zusammenfassend kann man also sagen, daß mit der in diesem Abschnitt
aufgezeigten Methode ein gutes Instrument zur Berechnung der Verteilung von
Energien und damit Zeitkonstanten sowie des optischen Ionisierungsquerschnittes
zur Verfügung steht, das ich im folgenden für die Transientenauswertung meiner
Proben anwenden werde.
62
4.2
KAPITEL 4. CHARAKTERISIERUNG DER PPC
Defektcharakterisierung am Beispiel der
Probe HP1
In diesem Abschnitt were ich exemplarisch an der Probe HP1 den für die persistente Photoleitfähigkeit verantwortlichen Defekt energetisch charakterisieren.
Anhand der Meßergebnisse will ich zeigen, daß der zugrundeliegende Mechanismus auf Gitterrelaxationen beruht, gemäß des Modells der mikroskopischen Potentialfluktuationen (Abschnitt 2.4.2). Außerdem werde ich aufgrund der experimentellen Ergebnisse und theoretischen Berechnungen ausführen, daß es sich bei
dem verantwortlichen Defekt mit großer Wahrscheinlichkeit um eine Sauerstoffverunreinigung im GaN handelt. Auf die wichtige Bedeutung der substratnahen
Schicht für die persistente Photoleitfähigkeit werde ich am Ende dieses Abschnittes eingehen.
Vorüberlegungen zum Sauerstoffeinfluß auf die PPC
Mit der Probe HP1 stand mir eine GaN-Probe zur Verfügung, die nach [121]
während des Wachstums eine starke Kontamination mit Sauerstoff erfahren hat.
Dies ist sehr gut an der hohen Donatorenkonzentration von ND ≈ 2x1018 cm−3 zu
erkennen, obwohl die Probe nominell undotiert ist. Denn Sauerstoff ist ein wichtiges Fremdatom bei der Interpretation der n-Leitfähigkeit nominell undotierter
Proben. Theoretisch wurde gezeigt, daß Sauerstoff bevorzugt einen StickstoffGitterplatz ON in GaN einnimmt [12, 74, 122], wo es als Donator sehr leicht Elektronen abgeben kann. Aufgrund experimenteller Ergebnisse wurde bestätigt, daß
Sauerstoff grundsätzlich während des Wachstums nie völlig ausgeschlossen werden kann [122]. Außerdem entspricht die Aktivierungsenergie von ED ≈30meV
ziemlich genau der energetischen Tiefe des beobachteten Donators [90]. Mittels
Sekundär-Ionenmassen-Spektroskopie (SIMS) wäre es möglich, den genauen Sauerstoffgehalt der Probe HP1 zu bestimmen. Leider stand mir diese Methode aber
nicht zur Verfügung.
4.2.1
Photoleitfähigkeitsspektrum
Um erste experimentelle Aussagen zur Photoleitfähigkeit durch SubbandgapBeleuchtung machen zu können, habe ich ein Leitfähigkeitsspektrum in
Abhängigkeit von der Photonenenergie gemessen. In Abb. 4.6 ist der durch
die Beleuchtung hervorgerufene Überschußleitwert ∆G gegenüber der Photonenenergie aufgetragen. Um persistente Effekte möglichst auszuschalten, wurde das
Spektrum bei 340K aufgenommen. Die erhöhte Temperatur hat zur Folge, daß die
auftretenden Zeitkonstanten verringert werden. Außerdem ist bei dieser Messung
zu berücksichtigen, daß das Spektrum mit dem Photonenfluß der Xenon-Lampe
4.2. DEFEKTCHARAKTERISIERUNG AM BEISPIEL DER PROBE HP1 63
Überschußleitwert ∆G [S]
gefaltet ist. Die Meßprozedur des Photoleitfähigkeitsspektrums war dabei wie
folgt. Ausgehend von einer Bestrahlungsenergie von 1eV wurde eine Minute lange der durch die Bestrahlung erzeugte Überschußleitwert ∆G gemittelt und anschließend die Probe für eine weitere Minute verdunkelt. Daraufhin wurde die
Lichtwellenlänge um 5nm verringert und die Überschußleitwert bei der nächsten
Photonenenergie bestimmt, und so fort.
10
-4
10
-5
10
-6
1.0
1.5
2.0
2.5
3.0
Photonenergie hν [eV]
Abbildung 4.6: Anregungsspektrum der Photoleitfähigkeit der
Probe HP1, aufgenommen bei 340K. Aufgetragen ist der durch
Beleuchtung erzeugte Überschußleitwert ∆G über der Anregungsphotonenenergie. Unterhalb von 1.65eV ergibt sich innerhalb
der Meßzeit von einer Minute pro Wellenlänge keine Leitwertserhöhung
Unterhalb von etwa 1.7eV erhöht sich der Leitwert innerhalb der Minute Meßzeit nicht signifikant. Ab 1.7eV sieht man einen signifikanten Anstieg der photoinduzierten Leitfähigkeit. Anhand dieser Energie kann man eine Abschätzung
für die Grenzenergie der optischen Anregung von 1.7eV (730nm) angeben. Bei
Energien knapp unterhalb der Bandlücke von 3.4eV nimmt der Überschußleitwert
∆G nochmals sehr stark zu. Grund dafür sind Bandausläufer vom Leitungsbzw. Valenzband in die Bandlücke in GaN, sogenannte Urbach-Tails [123]. In
diesem Anregungsspektrum erkennt man bereits, daß die Photoleitfähigkeit der
GaN-Probe mit tiefen Defekten innerhalb der Bandlücke verknüpft sein muß.
64
KAPITEL 4. CHARAKTERISIERUNG DER PPC
Wie in [12, 80, 124, 125] gezeigt wurde, kann der flache Sauerstoffdefekt unter
bestimmten Umständen, die ich weiter unter genauer ausführe, in einen tiefen,
metastabilen Defekt umgewandelt werden.
4.2.2
Energieverteilung aus Transientenauswertung
~
Wahrscheinlichkeit g, g [w.E.]
Um die persistente Photoleitfähigkeit in GaN zu charakterisieren, habe ich
die Leitwertstransienten bei Temperaturen von 100K mit der in Abschnitt 4.1
beschriebenen Methode untersucht. Die tiefe Temperatur waren notwendig, um
die Elektroneneinfangrate c gegenüber der Emissionsrate e möglichst gering zu
halten. Dadurch werden die Zeitkonstanten für die optische Ionisierung nur
mehr durch die Emissionsrate beschrieben (τ ∝ e−1 , s. Abschnitt 3.3.2).
3
2
g
~
g
1
0
0
20
40
60
80
Energie E [meV]
Abbildung 4.7: Energetische Verteilung, die für die Form der Aufbautransiente der persistenten Photoleitfähigkeit der Probe HP1
bei 400nm verantwortlich ist. Die gestrichelte Verteilung ergibt
sich nach Gleichung (4.10), die durchgezogene Linie ist die nach
Gleichung (4.11) modifizierte Verteilung, die wiederum zur Berechnung der Transiente benutzt wird. Für die Probe HP1 erhält
man eine schmale Verteilung um 57meV mit einer Breite von etwa
FWHM≈20meV.
Um mittels der modifizierten Laplace-Transformation die für die persistente
Photoleitfähigkeit verantwortliche Energieverteilung zu bestimmen, habe ich
eine Transiente (Abb. 4.8, offene Symbole) unter Beleuchtung mit 400nm-Licht
4.2. DEFEKTCHARAKTERISIERUNG AM BEISPIEL DER PROBE HP1 65
aufgenommen und analysiert. Dabei ergibt sich die in Abb. 4.7 dargestellte
Verteilung. Die gestrichelte Linie ist das Resultat der Berechnung nach Gleichung
(4.10). Die charakteristischen negativen Werte bei hohen Energien, die aufgrund
des Begrenzung der Meßzeit auf ≈ 1x104 s zustande kommen, sind hier bereits
gleich Null gesetzt. Die Ausdehnung der Verteilung zu kleinen Energien hin ist
bedingt durch die Zeitauflösung von ≈ 1s bei der Messung. Modifiziert man
nun diese Verteilung wie durch Gleichung (4.11) beschrieben, so erhält man
als Verteilung g̃ die durchgezogene Linie. Die mit dieser Verteilung berechnete
Aufbautransiente ist in Abb. 4.8 dargestellt (offene Symbole: Meßwerte;
durchgezogene Linie: berechnete Transiente). Sowohl in der linearen Auftragung
als auch in der Auftragung über dem Logarithmus der Zeit ergibt sich eine fast
perfekte Übereinstimmung.
Überschußleitwert ∆G [µS]
600
400
200
0
0
5000
10000
600
Meßdaten
berechnete Transiente
400
200
0
10
0
10
1
10
2
10
3
10
4
Zeit t [s]
Abbildung 4.8: Überschußleitwert der Probe HP1 unter Beleuchtung mit 400nm-Licht bei 100K aufgetragen über der Zeit. Die
offenen Symbole kennzeichnen die Meßwerte, und die durchgezogene Linie stellt die mit der Verteilung aus g̃ (Abb. 4.7) simulierte
Transiente dar. Die Übereinstimmung in der linearen Auftragung
und in der Auftragung über dem Logarithmus der Zeit ist nahezu
perfekt.
Die energetische Verteilung der Phononenenergien in Abb. 4.7 zeigt, daß
66
KAPITEL 4. CHARAKTERISIERUNG DER PPC
es eine Phonon-Kopplung des optischen Absorptionsprozesses bei der Anregung
der persistenten Photoleitfähigkeit mittels Subbandgap-Licht gibt. Dies ist ein
Hinweis darauf, daß der für die persistente Photoleitfähigkeit in GaN verantwortliche Mechanismus über das in Abschnitt 2.4.2 beschriebene Modell der großen
Gitterumordnung (Large Lattice Relaxation LLR) beschrieben werden kann.
4.2.3
Optische Ionisierung
Um den verantwortlichen Defekt weiter zu charakterisieren, wurden im folgenden
die Aufbautransienten bei verschiedenen Anregungswellenlängen untersucht. Dazu wurden alle Transienten dieser Probe durch Anpassung der Leitwertsänderung
∆G und der optische Ionisierungsquerschnitt σ0 als Fitparameter gemäß Gleichung (4.3) und (4.7) angenähert. Als energetische Verteilung wurde für alle
Transienten die unter Beleuchtung mit 400nm-Licht ermittelte Verteilung g̃
benutzt. Der Verlauf von σ0 in Abhängigkeit der Photonenenergie ist in Abb. 4.9
dargestellt. Unterhalb von etwa 1.7eV Photonenenergie war eine Anregung der
persistenten Photoleitfähigkeit innerhalb der Meßzeit von 1x104 s praktisch nicht
mehr möglich, und auch die Ionisierungsquerschnitte bei Photonenenergien um
2eV sind bereits mit relativ großen Fehlern behaftet, denn bei diesen Energien ist
der Effekt der Photoleitfähigkeit schon ziemlich schwach ausgeprägt. So können
das bei diesen Transienten vorhandene Rauschen und die experimentell nicht
ganz vermeidbaren Temperaturschwankungen zu größeren Unsicherheiten führen.
In der Regel lassen sich aus der Energieabhängigkeit des optischen Ionisierungsquerschnittes σ0 (hν) Informationen über die Grenzenergie der optischen
Anregung gewinnen. Eine einfache Theorie bzgl. der optischen Ionisierung eines tiefen Defektes [126, 127] liefert den Ausdruck
σ0 (hν) ∝
(hν − Eopt )1.5
,
(hν)3
(4.16)
wobei Eopt die Grenzenergie der optischen Anregung ist, d.h. Photonen mit Energien kleiner als Eopt können den verantwortlichen Defekt nicht ionisieren. Dabei
werden aber verschiedene Näherungen gemacht, die eventuell in der (komplizierteren) Realität im Materialsystem GaN nicht zutreffen. Zwei der wichtigsten
Annahmen sind, daß (a) der Übergang von einem tiefen Defekt in ein parabolisches Band und (b) die scharfe energetische Lokalisierung sowohl des Defektes
als auch des Bandes betrachtet werden. Aufgrund theoretischer Berechnungen ist
bekannt, daß die Bandstruktur von GaN unter Verspannung im Bereich der direkten Bandlücke nicht parabolisch ist, sondern signifikante Abweichungen zeigt
[128]. Ebenso ist die Voraussetzung einer scharfen energetischen Lokalisierung der
Leitungsbandunterkante und des Defektniveaus aus zwei Gründen nicht haltbar.
opt. Ionisierungsquerschnitt σ0
4.2. DEFEKTCHARAKTERISIERUNG AM BEISPIEL DER PROBE HP1 67
2x10
16
1x10
-16
1.5
2.0
2.5
3.0
Photonenergie hν [eV]
Abbildung 4.9: Optischer Ionisierungsquerschnitt σ0 (hν) über der
Photonenenergie hν bei 100K. Im betrachteten Energieintervall
ist der Zusammenhang zwischen σ0 und hν nahezu exponentiell.
Allerdings sind gerade die niederenergetischen Werte mit größeren
Fehlern behaftet. Das einfache Modell nach Gleichung (4.16) [126,
127] beschreibt diesen Verlauf nicht.
Zum einen wird in der Literatur von Urbach-Ausläufern vom Leitungsband in die
Bandlücke berichtet [123]. Zum zweiten treten in allen GaN-Filmen massiv Verspannungen auf aufgrund von Wachstumsfehlern und der Gitterfehlanpassung, die
starke Auswirkungen auf die Bandstruktur haben können [128]. Diese Verspannungen sind zusätzlich selbst wieder nicht homogen in der Probe vorhanden und
sorgen so für lokal unterschiedliche Bandstrukturen. Weiterhin muß auch die tiefe
Störstelle nicht energetisch scharf lokalisiert in der Bandlücke sitzen. Vielmehr
haben Berechnungen gezeigt [129], daß Defekte wie z.B. die Galliumvakanz VGa
oder der substitutionelle Sauerstoff ON vor allem an (schraubenförmigen) Versetzungen lokalisiert sind, und dort, auch aufgrund der inhomogenen Verspannungen, energetisch nicht absolut exakt lokalisiert sind [68]. Und des weiteren treten
bei der vergleichsweise hohen Temperatur von 100K signifikante Abweichungen
von der in Gleichung (4.16) beschriebenen Form auf [98]. Aufgrund dieser gegenüber vielen Halbleitermaterialien komplizierteren Situation sind die üblichen
Beschreibungen nicht anwendbar und damit auch eine analytische Anpassung der
Grenzenergie für die optische Anregung Eopt nicht direkt möglich. Trotzdem läßt
sich aufgrund des energetischen Verlaufs des Ionisierungsquerschnittes Eopt grob
mit ≈1.7eV abschätzen. Dieser Wert deckt sich gut mit der Grenzenergie aus
68
KAPITEL 4. CHARAKTERISIERUNG DER PPC
dem Anregungsspektrum der Photoleitfähigkeit in Abb. 4.6. Damit hat man
eine ersten groben Fingerprint für die charakteristische Defektenergie.
4.2.4
Optisches Quenchen
Aus den Aufbautransienten ergab sich neben der charakteristischen Energie des
Defektes ein erster Hinweis auf die Gültigkeit des Modells des Gitterrelaxation
aufgrund des Phononeneinflusses bei der Anregung. Auch aus dem Abfall der
persistenten Photoleitfähigkeit lassen sich weitere Hinweise für die Gültigkeit
dieses Modells gewinnen. Ein sehr interessanter Effekt im Hinblick auf den
Abbau der metastabilen photogenerierten Überschußladungsträgerdichte ist das
für die Probe HP1 beobachtete optischen Quenchen. Darunter versteht man
die Reduzierung der vorhandenen Überschußleitfähigkeit durch Einstrahlung
von (meist langwelligem) Licht. In Abb. 4.10 ist das optische Quenchen der
persistenten Photoleitfähigkeit demonstriert [130]. Die Probe wurde bei 200K für
etwa 1000s mit Licht der Wellenlänge 388nm bestrahlt (erster grau schraffierter
Bereich). Bei t=0 wurde die Beleuchtung abgeschaltet. Während der nächsten
2000s wurde die Probe zeitweise mit langwelligem Licht (λ=780nm) beleuchtet.
Während dieser Zeiten (hellgrau schraffierte Bereiche) fällt der Überschußleitwert
∆G deutlich stärker ab als in den Dunkelphasen dazwischen.
Der experimentelle Befund der systematischen Auswertung des optischen
Quenchens ist in Abb. 4.11 dargestellt. In den Proben wurde die persistente
Photoleitfähigkeit bei 100K mit Hilfe einer blauen Leuchtdiode angeregt 1 . Nach
Abschalten der Beleuchtung zum Zeitpunkt t=0 erhält man den charakteristischen, sehr langsamen Abfall der persistenten Photoleitfähigkeit (oberste Kurve
in Abb. 4.11(a)). Wird die Probe hingegen nach Abschalten der LED mit
langwelligem Licht, z.B. λ=900nm, beleuchtet, so ist der Abfall deutlich schneller
(unterste Kurve in Abb. 4.11(a)). Je niederenergetischer das Licht ist, desto
kleiner wird der Effekt des optischen Quenchens. Das deutet daraufhin, daß es
auch im Falle des optischen Quenchens eine untere Grenzenergie gibt, unterhalb
der dieser Effekt nicht hervorgerufen werden kann. Um die Ausprägung des
optischen Quenchens zu quantifizieren, wurde der Unterschied zwischen dem
Leitwert mit Quenchlicht und dem ohne Quenchlicht (dunkel) bei t=1.44x104 s
gegenüber der Photonenenergie des Quenchlichtes aufgetragen. Dies ist in
Abb. 4.11(b) dargestellt. Die gestrichelte horizontale Linie bei Null stellt den
Überschußleitwert für den Dunkelabfall dar. Die zweite gestrichelte Linie ist ein
einfacher linearer Fit durch die Meßpunkte mit Quenchlicht. Der Schnittpunkt
dieser beiden Linien ist ein Maß für die Grenzenergie des optischen Quenchens
1
Das Spektrum der LED ist im Anhang A.1 dargestellt.
Überschußleitwert ∆G [µS]
4.2. DEFEKTCHARAKTERISIERUNG AM BEISPIEL DER PROBE HP1 69
λ=780nm
600
400
200
λ=388nm
0
-1x10
3
0
1x10
3
2x10
3
Zeit t [s]
Abbildung 4.10: Optisches Quenchen der persistenten Photoleitung bei 200K. Aufgetragen ist der Überschußleitwert über der
Zeit.
Mittels Beleuchtung der Wellenlänge λ=388nm wurde ein photoinduzierter Überschußleitwert ∆G von etwa 600µS erzeugt. Bei
t=0 wurde die Beleuchtung abgeschaltet. Innerhalb der hellgrau schraffierten Bereiche wurde die Probe zeitweise mit langwelligem Licht (λ=780nm) beleuchtet. In dieser Zeit fällt der
Überschußleitwert deutlich stärker ab als in den Dunkelphasen dazwischen. Diesen Effekt bezeichnet man als optisches Quenchen
der persistenten Photoleitfähigkeit .
der persistenten Photoleitfähigkeit und liegt bei Eq,opt ≈1eV.
Die Photonenenergie des Quenchlichtes dient zur Überwindung der energetischen Barriere, die die Rekombination zwischen dem freien Ladungsträger und
der Störstelle verhindert. Der lichtinduzierte verstärkte Abbau der persistenten
Photoleitfähigkeit kann im Rahmen der in Abschnitt 2.4 vorgestellten Modelle
nur im Falle der mikroskopischen Potentialinhomogenitäten (Gitterrelaxation) erklärt werden. Damit stellt das optische Quenchen einen Hinweis für die Gültigkeit
dieses Modells als Mechanismus der persistenten Photoleitfähigkeit in GaN dar.
Gleichzeitig ist die Grenzenergie des optischen Quenchens von 1eV ein zweiter
Fingerprint zur energetischen Charakterisierung des PPC-verantwortlichen Defektes.
70
KAPITEL 4. CHARAKTERISIERUNG DER PPC
(a)
Überschußleitwert ∆G [mS]
1.9
dunkel
1.8
hν
1200nm
1.7
1000nm
Leitwertsdifferenz G(hν)-Gdunkel [µS]
(b)
0
1.02eV
-100
-200
1.6
900nm
0
5000
10000
Zeit t [s]
0.0
0.5
1.0
1.5
Photonenergie hν [eV]
Abbildung 4.11: Optisches Quenchen der persistenten Photoleitfähigkeit bei 100K. Bild (a): Abfall des Überschußleitwertes,
aufgetragen über der Zeit, nach Beendigung der Bestrahlungsphase im Dunkeln und unter Beleuchtung mit zusätzlichem (langwelligem) Quenchlicht (T=100K). Bild (b): Über der Photonenenergie des Quenchlichtes ist die Differenz zwischen dem Leitwert bei
zusätzlicher Bestrahlung mit Quenchlicht und dem Dunkelleitwert,
jeweils bei 14400s, aufgetragen. Man erhält eine Grenzenergie für
optischen Quenchen von Eq,opt = 1.02eV.
4.2.5
Thermisches Quenchen
Neben dem eher etwas ungewöhnlichen Effekt des optischen Quenchens der
persistenten Photoleitfähigkeit ist der Regelfall die Rückumordnung des Defektkomplexes in den Ausgangszustand durch thermische Anregung. Hier soll keine
detaillierte Untersuchung von Abfalltransienten präsentiert werden, sondern eine
schnelle und dafür etwas grobere Charakterisierung des thermisch induzierten
Zerfalls der persistenten Photoleitfähigkeit vorgestellt werden. Ziel ist es,
die Temperatur zu bestimmen, bei der der Überschußleitwert ∆G signifikant
abnimmt.
4.2. DEFEKTCHARAKTERISIERUNG AM BEISPIEL DER PROBE HP1 71
Das experimentelle Vorgehen war dabei folgendermaßen. Bei 100K wurde
die Probe mit Licht der Wellenlänge 400nm für 4h beleuchtet. Nach Beendigung der Beleuchtungsphase wurde die Probe mit 1.7K/min aufgeheizt und der
durch die vorangehende Beleuchtung erzeugte Überschußleitwert ∆G während
dieser Aufheizphase gemessen. Das Ergebnis dieses Experimentes ist in Abb.
4.12 dargestellt. Der leichte Anstieg bis etwa 250K rührt, wie aus Hall-EffektMessungen bekannt [99], vom Anstieg der Mobilität in diesem Temperaturbereich
her. Über etwa 270K fällt der Überschußleitwert ∆G stark ab. Ab dieser Temperatur Tq,therm steht genügend Energie, nämlich Eq,therm = kB Tq,therm = 23meV
zur Verfügung, um die energetische Barriere der Rückumordnung des Gitters zu
überwinden. Mit dieser Abschätzung kennt man eine weiter charakteristische
Energie des Defektes.
Überschußleitwert ∆G [µS]
700
600
500
400
300
200
100
0
150
200
250
300
Temperatur T [K]
Abbildung 4.12: Thermisches Quenchen der persistenten Photoleitfähigkeit der Probe HP1. Dargestellt ist der Überschußleitwert
über der Temperatur. Bei T=100K wurde die Probe für 14400s
mit 400nm-Licht beleuchtet und anschließend im Dunkeln aufgewärmt. Der leichte Anstieg im Leitwert bis ca. 250K kommt
vermutlich durch die Erhöhung der Mobilität. Ab etwa 270K fällt
der Überschußleitwert stark ab. Daraus ergibt sich eine thermische
Barriere von etwa 23meV.
72
4.2.6
KAPITEL 4. CHARAKTERISIERUNG DER PPC
Konfigurationsdiagramm
In einer ersten Zusammenfassung möchte ich mit den in den vorhergehenden Abschnitten vorgestellten Experimenten und daraus abgeleiteten Grenzenergien für
optische Ionisierung, optisches Quenchen und thermisches Quenchen zeigen, daß
sie in einem Konfigurationsdiagramm miteinander vereinbar sind. Abb. 4.13 zeigt
dieses Diagramm mit allen charakteristischen Energien. In der harmonischen
Näherung bei der Berechnung des Gesamtpotentials, d.h. einem parabolischen
Verlauf der Gesamtenergie, ist es möglich, weitere energetische Kenngrößen im
Modell der Gitterrelaxation zu berechnen. Die Position und Öffnung der beiden
Parabeln relativ zueinander sind eindeutig durch die drei experimentell ermittelten Energien festgelegt. Dadurch läßt sich die Energie berechnen, die für die thermisch unterstützte Überwindung der Energiebarriere vom Ausgangszustand bei
Q = 0 in den angeregten Zustand notwendig ist. Diese beträgt Etherm = 1.3eV.
Der Stokes-Shift beträgt in diesem Fall
dF C = Eopt − (Etherm − Eq,therm ) = 390meV.
(4.17)
Damit kann über den Huang-Rhys-Faktor bestimmt werden, wieviel Phononen
bei der Relaxation emittiert werden, wenn der Übergang vom Ausgangszustand
in den angeregten Zustand über optische Ionisierung und nicht über thermische
Anregung erfolgt [98]. Er beträgt S = dF C /h̄ω = 7 bei einer mittleren Phononenenergie von 57meV (s. Abb. 4.7). Wie in Abschnitt 2.4.2 ausgeführt, bedeutet ein
Wert von S > 1 eine starke phononische Beteiligung beim optischen Ionisierungsprozeß. Die vorgestellte Erklärung der persistenten Photoleitfähigkeit im Rahmen
des Modells der mikroskopischen Potentialfluktuationen (Gitterrelaxation) ist
also in sich konsistent. Aufgrund aller vorgestellten experimentellen Ergebnisse
zur persistenten Photoleitfähigkeit kann mit großer Wahrscheinlichkeit davon
ausgegangen werden, daß durch die optische Ionisierung und damit Umladung des
Defektes eine Gitterrelaxation in der lokalen Umgebung des Defektes stattfindet.
Dadurch wird eine Energiebarriere ausgebildet, welche die Rückumordnung in die
Ausgangskonfiguration erschwert und damit Anlaß zu langen Zeitkonstanten gibt.
Theoretische Berechnungen haben gezeigt, daß Sauerstoff in GaN, im Gegensatz zu Silizium, anderen häufig auftretenden Verunreinigungen oder intrinsischen Defekten, einen metastabilen Defekt ähnlich dem Si in AlGaAs ausbildet
[12, 80, 124, 125]. Da die persistente Photoleitfähigkeit in der sauerstoffreichen
Probe HP1 größer als in allen anderen GaN-Proben ist, Sauerstoff einen metastabilen Defekt in GaN ausbilden kann und die experimentellen Ergebnisse starke
Anhaltspunkte für die Richtigkeit des Modells der Gitterrelaxationen geben, muß
davon ausgegangen werden, daß die Verunreinigung durch Sauerstoff verantwortlich für die persistente Photoleitung in GaN ist. Damit ist eine erstes wichtiges
Gesamtenergie E [w.E.]
4.2. DEFEKTCHARAKTERISIERUNG AM BEISPIEL DER PROBE HP1 73
Equench
Eion
ERück
Etherm
0
E0
0
Konfigurationskoordinate Q [w.E.]
Abbildung 4.13: Konfigurationsdiagramm nach Abschnitt 2.4.2.
Über der (eindimensionalen) Konfigurationskoordinate ist die Gesamtenergie des Systems (elektronische und vibronische Energie)
aufgetragen. Zur Berechnung wurde die Grenzenergie für optische
Ionisierung (1.7eV), optisches Quenchen (1eV) und thermisches
Quenchen (23meV) verwendet. In der harmonischen Näherung zur
Berechnung des Gesamtpotentials, d.h. parabolischer Energieverlauf, ergibt sich eine Barrierenhöhe für die thermisch unterstütze
Gitterumordnung vom Ausgangszustand bei Q = 0 in den Anregungszustand zu Etherm = 1.3eV.
Zwischenergebnis, nämlich die Identifizierung und energetische Charakterisierung
des PPC-Effektes, erreicht. Auf die Tatsache, daß Sauerstoff in GaN einen metastabilen, tiefen Defekt ausbildet, obwohl dies laut theoretischer Überlegungen
[12, 80] erst bei isostatischen Drücken über 20GPa der Fall sein sollte, werde ich
in den folgenden Abschnitten eingehen.
4.2.7
Vorder- und Rückseitenbeleuchtung
In diesem Abschnitt will ich auf die räumliche Lokalisierung des für die PPC
verantwortlichen Defektes eingehen, nachdem ich in den vorhergehenden Abschnitten ausführlich die energetische Charakterisierung beschrieben habe.
74
KAPITEL 4. CHARAKTERISIERUNG DER PPC
Sauerstoff bildet laut Literatur [12, 80] in GaN erst bei isostatischen Drücken
über 20GPa eine metastabile, tiefe Störstelle aus, ein sogenanntes DX-Zentrum.
Die persistente Photoleitfähigkeit wird jedoch schon in Experimenten beobachtet,
in denen die Probe von außen weder isostatischem noch uni- oder biaxialem
Druck ausgesetzt ist. Dies läßt sich vor dem Hintergrund der im GaN immer
vorhandenen Zug- bzw. Druckspannungen aufgrund des heteroepitaktischen
Wachstums auf schlecht angepaßten Substraten verstehen. Wie schon erwähnt,
haben Modellrechnungen gezeigt, daß substitutioneller Sauerstoff vor allem an
(schraubenförmigen) Versetzungen lokalisiert ist [68, 129]. Diese Versetzungen
sind hauptsächlich an der Grenzfläche zum Substrat vorhanden (s. Abschnitt
2.1.3 und Abb. 2.7), wo auch sehr große wachstumsbedingte mechanische
Spannungen auftreten. Deshalb ist es sehr wahrscheinlich, daß sich zum einen
die Sauerstoffverunreinigungen in Substratnähe anhäufen und zum anderen der
Sauerstoff dort dann unter der lokalen Verspannung einen DX-Komplex bildet
und Anlaß zur PPC gibt.
Um diese Vermutung zu überprüfen, habe ich folgendes Experiment durchgeführt. Die Probe wurde einmal von der Filmseite aus und das andere mal
durch das Substrat hindurch mit Superbandgap-Licht (300nm) beleuchtet. Aufgrund des hohen Absorptionskoeffizienten für Superbandgap-Licht werden die
Photonen innerhalb der ersten 150nm fast vollständig absorbiert [131]. In Abb.
4.14 ist der relative Überschußleitwert halblogarithmisch über der Beleuchtungszeit aufgetragen. Wie zu sehen ist, liegt die Aufbautransiente bei Beleuchtung
mit Superbandgap-Licht durch das Substrat hindurch (Kurve 1) fast immer eine
Größenordnung über dem Wert bei Beleuchtung von der Filmseite her (Kurve
2). Wären die Defekte homogen verteilt, so dürfte kein Unterschied in den PPCAufbautransienten zu sehen sein, da sowohl bei Beleuchtung von vorne als auch
von der Substratseite aus immer gleich viele Defekte ionisiert würden. Da die
Transienten aber stark unterschiedlich sind, kann somit davon ausgegangen werden, daß die Defekte, die für die PPC verantwortlich sind, sich hauptsächlich
in der Nähe des Substrates befinden. Zum Vergleich ist auch das Ergebnis für
Subbandgap-Beleuchtung (434nm) eingezeichnet, um zu zeigen, daß die Absorption des Substrates keine Rolle spielt. Da der Absorptionskoeffizient für Licht
dieser Wellenlänge sehr gering ist, wird das Licht nahezu gleichmäßig in der gesamten Schicht absorbiert. Wie in Abb. 4.14 zu sehen ist, ist innerhalb von etwa
1h kein Unterschied in den Endwerten der beiden Aufbautransienten zu sehen
(Kurven 3 und 4).
rel. Überschußleitwert ∆G/Gdunkel[%]
4.2. DEFEKTCHARAKTERISIERUNG AM BEISPIEL DER PROBE HP1 75
100
(3)
(1)
10
(4)
(2)
1
λ=434nm (2.9eV)
λ=300nm (4.1eV)
0.1
0
3
6
8
14
15
Zeit t [h]
Abbildung 4.14: Einfluß der Beleuchtungsrichtung auf die Aufbautransienten der persistenten Photoleitfähigkeit. Über der
Zeit ist der relative, d.h. auf den Dunkelleitwert bezogene,
Überschußleitwert aufgetragen. Die Probe HP1 wurde vom Substrat her (1) bzw. von der Filmseite her (2) mit 300nmSuperbandgap-Licht und anschließend 434nm-Subbandgap-Licht
(3 und 4) beleuchtet. Im Falle der Superbandgap-Beleuchtung
liegt die Aufbautransiente für die substratseitige Beleuchtung immer eine Größenordnung über der für filmseitige Beleuchtung.
Dies ist ein wichtiges Indiz dafür, daß die Defekte, die mit der
persistenten Photoleitfähigkeit verknüpft sind, verstärkt in Substratnähe liegen.
4.2.8
Defektschichtdicke
Mithilfe von temperaturabhängigen Hall-Effekt-Messungen kann die
Substrat/GaN-Grenzfläche bezüglich vom Film abweichender Schichtqualität charakterisiert werden (vgl. Abschnitt 2.5). Im vorangegangenen Abschnitt
gab es bereits deutliche Anzeichen, daß die für die persistente Photoleitfähigkeit
verantwortlichen Defekte eher in Substratnähe lokalisiert sind. Deshalb wird in
diesem Abschnitt die Probe HP1 anhand von Hall-Effekt-Messungen tiefergehend
charakterisiert.
76
KAPITEL 4. CHARAKTERISIERUNG DER PPC
18
-3
Hall-Ladungsträgerdichte nhall [10 cm ]
In Abb. 4.15 ist die temperaturabhängige effektive Hall-Ladungsträgerdichte
nHall dargestellt. Man sieht ein deutliches Minimum im Bereich von 140K. Dieser
charakteristische Verlauf wird im Rahmen des in Abschnitt 2.5 vorgestellten
Zweischichtmodells erklärt. Eine Anpassung der Gleichung (2.2) an die Meßdaten liefert eine Ladungsträgerdichte nDS = 1.8x1019 cm−3 in der defektreichen
substratnahen Schicht mit einer niedrigen Beweglichkeit µDS = 49cm2 /Vs. Diese
Schicht ist mit einer Dicke von dDS =220nm die ausgedehnteste Defektschicht
aller untersuchter Proben. Gleichzeitig zeigt die Probe HP1 die ausgeprägteste
persistente Photoleitfähigkeit aller GaN-Proben.
1.2
1.1
1.0
0
50
100
150
200
250
300
Temperatur T [K]
Abbildung 4.15: Effektive Halladungsträgerdichte nHall über der
Temperatur. Das Minimum im Bereich von 140K ist im Rahmen
des Zweischichtmodells aus Abschnitt 2.5 gut erklärbar. Mit Gleichung (2.2) erhält man aus den Meßdaten eine entartete Grenzflächenschicht der Dicke dDS = 220nm (nDS = 1.8x1019 cm−3 und
µDS = 49cm2 /Vs).
Diese temperaturabhängigen Hall-Effekt-Messungen sind ein weiterer Beleg
für das Vorhandensein einer defektreichen, quasi-entarteten Schicht am Substrat
und unterstützt dabei die Aussage aus dem vorhergehenden Abschnitt über die
Anhäufung von Defekten an der Grenzfläche zum Substrat, die mit der persistenten Photoleitfähigkeit in Zusammenhang stehen müssen. In tiefenabhängigen
4.2. DEFEKTCHARAKTERISIERUNG AM BEISPIEL DER PROBE HP1 77
Photolumineszenz- (PL) und Kathodolumineszenz-Messungen (CL) [132, 133]
wurde ebenfalls gezeigt, daß zum Substrat hin die Dichte der für diese Lumineszenz verantwortlichen Defekte stark zunimmt. Deshalb werde ich im nächsten
Abschnitt kurz auf die Photolumineszenz der Probe HP1 eingehen.
4.2.9
Gelbe Photolumineszenz
In diesem Abschnitt möchte ich aufzeigen, daß es möglicherweise einen Zusammenhang zwischen den PPC-verantwortlichen Defekten und den die gelbe
Lumineszenz verursachenden Defekten gibt. Ein Zusammenhang wurde unter
anderem von Reddy et al. [72] vorgeschlagen aufgrund der von ihnen gefundenen Korrelation zwischen Intensität der gelben PL und der Ausprägung der PPC.
In Abb. 4.16 ist das Photolumineszenzsignal, aufgenommen bei 5K im
Bereich von 2eV bis 3.6eV eingezeichnet [134]. Im hochenergetischen Teil des
Spektrums ist das PL-Signal des bekannten donatorgebundenen Exzitons zu
sehen [135, 136]. Die energetische Lage entspricht ziemlich genau der Bandlücke
des GaN. Im niederenergetischen Bereich um 2.2eV wurde das Spektrum 250-fach
überhöht dargestellt, um die in diesem Bereich auftretende, für GaN typische
gelbe Lumineszenz besser darzustellen. Um diese gelbe Lumineszenz genauer zu
untersuchen, wurde das PL-Spektrum ebenfalls bei Raumtemperatur gemessen
(Abb. 4.17). Bei hohen Temperaturen ist die höherenergetische bandkantennahe Lumineszenz fast vollständig zugunsten der gelben Lumineszenzbande
unterdrückt. Dieser massive Intensitätszuwachs der niederenergetischen, gelben
Lumineszenz unter Temperaturerhöhung ist ein Indiz dafür, daß dieser strahlende
Rekombinationsprozeß erst mit Unterstützung durch Phononen einen relevanten
Beitrag zur Photolumineszenz liefern kann. In den vorhergehenden Abschnitten
wurde gezeigt, daß auch der Mechanismus der persistenten Photoleitfähigkeit
ein stark phononengekoppelter Prozeß ist. Damit ist ein erstes Indiz für den
Zusammenhang zwischen gelber Lumineszenz und persistenter Photoleitfähigkeit
gefunden.
In Abb. 4.17 ist zusätzlich der Fit einer Gauß-Funktion an das PL-Signal
eingezeichnet. Dieser Fit liefert ein Maximum bei 2.23eV und eine Halbwertsbreite von etwa 410meV. Wie in der Abbildung weiter zu erkennen ist, setzt
das Signal der gelben PL ab etwa 1.7eV ein. Diese Energie stimmt sehr gut mir
der in den PPC-Experimenten ermittelten Grenzenergie für optische Ionisierung
Eopt ≈ 1.7eV aus Abschnitt 4.2.3 überein. Damit ist ein zweites Indiz für den
Zusammenhang der beiden Effekte (PPC und gelbe PL) gefunden.
Wenn die Ursache beider Effekte (gelbe PL und PPC) mit den gleichen De-
KAPITEL 4. CHARAKTERISIERUNG DER PPC
Lumineszenzintensität I [w.E.]
78
16
12
8
4
x 250
0
2.0
2.4
2.8
3.2
3.6
Photonenergie hν [eV]
Abbildung 4.16: Photolumineszenzspektrum der Probe HP1 bei
5K [134]. Aufgetragen ist die Photolumineszenzintensität über
der Photonenergie. Das Intensitätsmaximum bei 3.4 eV ist
das bekannte Lumineszenzsignal des donatorgebundenen Excitons
[135, 136] und entspricht im wesentlichen der Bandlücke des Probe.
Der Bereich um 2.2eV ist in 250-facher Vergrößerung dargestellt,
um die in diesem Bereich auftretende gelbe Lumineszenz besser
darstellen zu können.
fekten korreliert ist, so bedeutet dies, daß der strahlende Übergang der PL von
einem flachen Donator in einen tiefen Defekt erfolgen muß, der 1.7eV von der
Leitungsbandunterkante entfernt ist (Modell A in Abschnitt 2.3, Abb. 2.8). Aus
diesem Defekt könnten dann im Fall der persistenten Photoleitfähigkeit Elektronen durch Photonen mit hν ≥ 1.7eV ins Leitungsband angeregt werden und so
dann zur Photoleitfähigkeit beitragen. Das zweite diskutierte Modell eines strahlenden Übergangs von einem tiefen Defektniveau (1.2eV von der Leitungsbandunterkante entfernt) zu einem flachen Akzeptor kann bei einer Korrelation zwischen
gelber Lumineszenz und persistenter Photoleitfähigkeit nicht zutreffen, da in diesem Falle eine Anregung der PPC bis hinab zu Photonenenergie von etwa 1.2eV
möglich sein müßte. Insofern tragen diese Überlegungen sowohl zur Klärung der
persistenten Photoleitfähigkeit bei und erlauben weitere Rückschlüsse in bezug
auf die gelbe Photolumineszenz.
Photolunineszenzintensität I [w.E.]
4.2. DEFEKTCHARAKTERISIERUNG AM BEISPIEL DER PROBE HP1 79
2.0
1.5
1.0
0.5
0.0
1.6
1.8
2.0
2.2
2.4
2.6
Photonenergie hν [eV]
Abbildung 4.17: Photolumineszenzspektrum der Probe HP1 bei
Raumtemperatur. Das Spektrum zeigt einen starkes Signal im
Bereich um 2.2eV. Dieses Intensitätsmaximum wird als gelbe Lumineszenz bezeichnet, da es im Wellenlängenbereich um 560nm
(gelb) liegt. Gestrichelt eingezeichnet ist der Fit einer GaußFunktion. Es ist zu erkennen, daß das gelbe Lumineszenzsignal
bei etwa 1.7eV einsetzt, der Energie, die als Grenzenergie der optischen Ionisierung in Abschnitt 4.2.3 bestimmt wurde. Die Interferenzstrukturen deuten auf sehr planparallele Oberflächen der
Schicht hin.
4.2.10
Zusammenfassung der Ergebnisse
Ich möchte hier eine Zusammenfassung der bisherigen Ergebnisse zur persistenten Photoleitfähigkeit geben. Von allen untersuchten GaN-Proben zeigte die
Probe HP1 den größten Anstieg in der Photoleitfähigkeit unter Beleuchtung mit
Subbandgap-Licht. Dies und die Experimente zur Anregung und zum Quenchen
der PPC an der sauerstoffreichen Probe HP1 legen den Schluß nahe, daß es
sich bei dem verantwortlichen Defekt um einen Sauerstoff-korrelierten Komplex
ähnlich dem Si-DX-Zentrum in AlGaAs handelt. Als Beleg kann man einerseits
den großen Unterschied zwischen optischer und thermischer Anregungsenergie
anführen, der ein deutliches Charakteristikum eines mit einer Gitterrelaxation
verknüpften Defektes ist. Andererseits ist die Beobachtung, daß es möglich
80
KAPITEL 4. CHARAKTERISIERUNG DER PPC
ist, die persistente Photoleitfähigkeit mit niederenergetischem Licht optisch
zu quenchen, ein weiterer wichtiger Hinweis auf die Gültigkeit des Modells
der Gitterrelaxation, denn mit makroskopischen Potentialfluktuationen läßt
sich dieser Effekt nicht direkt erklären. Aufgrund der guten Übereinstimmung
zwischen der Grenzenergie der optischen Anregung und der Einsatzenergie
der gelben PL liegt die Vermutung nahe, daß sowohl für die PPC als auch
die gelbe PL der gleiche Defekt verantwortlich ist. Dies wird untermauert
durch die Tatsache, daß es für die gelbe Lumineszenz eventuell ebenso eine
Phononenkopplung gibt wie für die persistente Photoleitfähigkeit. Die Experimente zur Abhängigkeit der PPC-Anregung von der Beleuchtungsrichtung
sowie die temperaturabhängigen Hall-Effekt-Messungen haben gezeigt, daß es
an der Grenze zum Substrat eine defektreiche Schicht gibt, an der sich die
PPC-Defekte anhäufen. Im Hinblick auf diese räumliche Lokalisierung wurde
ebenfalls eine Korrelation zwischen der gelben PL und der PPC gezeigt, da
in tiefenaufgelösten PL- und CL-Messungen eine wesentlich höhere Intensität
der gelben PL in Substratnähe gefunden wurde. Von der substratnahen
Schicht ist ebenfalls bekannt, daß dort große mechanische Spannungen auftreten, die es ermöglichen, daß der substitutionelle Sauerstoff eine (theoretisch
auch vorhergesagte) Transformation unter Druck in einen metastabilen, tiefen
Defekt vollziehen kann und damit Ursache der persistenten Photoleitfähigkeit ist.
Die experimentellen Ergebnisse anhand einer Probe (HP1) haben den Effekt
der persistenten Photoleitfähigkeit damit sehr weit eingegrenzt. Ich konnte den
Effekt energetisch ziemlich genau charakterisieren, ihn räumlich in Substratnähe
lokalisieren und den Mechanismus der persistenten Photoleitfähigkeit durch das
Modell der mikroskopischen Potentialbarrieren erklären. Zusätzlich habe ich starke Hinweise auf Sauerstoff als verantwortliche Verunreinigung gefunden.
4.3
Probenvergleich
Im vorherigen Abschnitt habe ich exemplarisch an der Probe HP1 den PPCverantwortlichen Defekt energetisch charakterisiert und räumlich in der Nähe
des Substrates lokalisiert. Weiterhin habe ich gezeigt, daß der zugrundeliegende
Mechanismus der persistenten Photoleitfähigkeit auf einer Gitterrelaxation
beruht infolge der Umladung des verantwortlichen Defektes, bei dem es sich
höchstwahrscheinlich um Sauerstoff handelt.
In diesem Abschnitt werde ich den Einfluß der substratnahen Schicht
auf die persistente Photoleitfähigkeit zeigen. Dazu vergleiche ich Proben,
die auf verschiedenen Substraten (Saphir und SiC) gewachsen sind, um
4.3. PROBENVERGLEICH
81
den Einfluß von Verspannungen während der Wachstumsphase auf die PPC
zu demonstrieren. In einem weiteren Abschnitt zeige ich, ob mittels einer
zusätzlichen Niedrigtemperatur-Pufferschicht die Ausprägung der persistenten
Photoleitfähigkeit beeinflußt werden kann. Zum Schluß dieses Abschnittes werde
ich Ergebnisse zu den Messungen von AlGaN-Proben vorstellen, welche zeigen,
daß in diesen ternären Legierungsproben sowohl in der Photolumineszenz als
auch in der persistenten Photoleitfähigkeit ein weiterer Defekt sichtbar wird.
4.3.1
Reduzierung der PPC bei angepaßtem Substrat
In diesem Abschnitt werde ich zeigen, daß die beiden zur Zeit meist verwendeten
Substrate SiC und Saphir signifikant unterschiedliche Auswirkungen auf die
Ausprägung der defektreichen substratnahen Schicht haben. Ebenso ist die PPC
in diesen beiden Systemen sowohl in ihrer Ausprägung als auch in der spektralen
Abhängigkeit stark unterschiedlich.
Vergleicht man den Leitwertsanstieg durch die Subbandgap-Anregung aller
in dieser Arbeit untersuchten GaN-Proben miteinander, so zeigt die Probe SI6
(GaN auf SiC) die geringste Ausprägung in der persistenten Photoleitfähigkeit.
Die relative Leitwertsänderung unter Beleuchtung mit Licht der Wellenlänge
λ =400nm dieser auf SiC gewachsenen Probe beträgt ∆G/Gdunkel ≈ 1%,
wohingegen die auf Saphir gewachsenen Proben (z.B. HP1) typischerweise
eine Änderung des Leitwertes von mehr als 10% aufweisen. In der spektralen
Abhängigkeit des optischen Ionisierungsquerschnittes σ0 (hν) (Abb. 4.18) wird
der Unterschied zwischen diesen Proben (SI3 und SI6) noch deutlicher.
Wie bereits im Abschnitt 4.2 gezeigt, ist der flache spektrale Verlauf des optischen Ionisierungsquerschnittes der auf Saphir gewachsenen Proben ein Zeichen
für eine energetische Verteilung der beteiligten Defektzustände in der Bandlücke.
Ebenso ist der spektrale Verlauf ein Indiz dafür, daß die einfache Annahme einer
Anregung der Ladungsträger in ein im Impulsraum parabelförmiges Band nicht
gültig ist. Diese Anharmonizitäten, d.h. die Abweichung von der Parabelform,
können aufgrund von Verspannungen im GaN hervorgerufen werden, wie bereits
theoretisch gezeigt wurde [128]. Im Gegensatz dazu entspricht der energetische
Verlauf des optischen Ionisierungsquerschnitts der auf SiC gewachsenen Probe
SI6 eher dem von Grimmeiss und Friedel vorhergesagten Verlauf [126, 127]. Wie
für die anderen GaN-Proben erhält man eine Grenzenergie der optischen Ionisierung von 1.7eV. Diese bessere Übereinstimmung mit der (einfachen) Theorie
kann man so deuten, daß es sich um einen energetisch lokalisierteren Defekt in
der Bandlücke handelt, und daß der Leitungsbandverlauf im Impulsraum im
KAPITEL 4. CHARAKTERISIERUNG DER PPC
opt. Ionisierungsquerschnitt σ0 [w.E.]
82
10
-16
10
-17
10
-18
10
-19
SI3 (GaN/Al2O 3)
SI6 (GaN/SiC)
10
-20
1.5
2.0
2.5
3.0
Energie hν [eV]
Abbildung 4.18: Optischer Ionisierungsquerschnitt σ0 der Proben
SI3 (auf Al2 O3 gewachsen) und SI6 (auf SiC gewachsen) als Funktion der Photonenergie. Aus dem Verlauf von σ0 der Probe SI6
erhält man gemäß [127] eine Grenzenergie für die optische Anregung in der Größe von 1.7eV. Das flache Spektrum der Probe
SI3 weist auf eine energetische Verteilung der beteiligten Defektzustände in der Bandlücke hin.
Bereich der direkten Energielücke parabelförmig ist. Das wäre ein Zeichen dafür,
daß auch die Verspannungen in dieser Probe weitaus geringer sein sollten.
Die bis hierher erörterten Hinweise auf die wachstumsbedingten Verspannungen als Ursache sowohl für die unterschiedlich starke Ausprägung der PPC als
auch für den unterschiedlichen spektralen Verlauf der optischen Ionisierungsquerschnitte werde ich im folgenden anhand eines Vergleiches von temperaturabhängigen Hall-Effekt-Messungen vertiefen. In Abb. 4.19 ist die gemessene
effektive Hall-Ladungsträgerkonzentration für die Proben SI3 (GaN auf Saphir)
und SI6 (GaN auf SiC) abgebildet. Eine Anpassung der Gleichungen für die effektive Hall-Ladungsträgerdichte und -mobilität an die gezeigten Meßdaten liefert
die Dicke der defektreichen substratnahen Schicht [100]. Für die Probe SI3 auf
dem schlecht angepaßten Saphirsubstrat ergibt sich eine defektreiche Schicht am
Substrat von etwa 200nm Dicke, während diese Schicht beim SiC-Substrat nur ca.
80nm ausgedehnt ist. Die temperaturabhängigen Hall-Effekt-Messungen stellen
83
-3
Hall-Ladungsträgerdichte nHall [cm ]
4.3. PROBENVERGLEICH
8.0x10
18
7.0x10
18
SI3 (GaN/Al2O3)
SI6 (GaN/SiC)
10
18
0
50
100
150
200
250
300
Temperatur T [K]
Abbildung 4.19: Temperaturabhängige Hall-Ladungsträgerdichte
der Proben SI3 (GaN/Al2 O3 ) und SI6 (GaN/SiC). Das Minimum
bei etwa 70K für die Probe SI6 ergibt im Zwei-Schicht-Modell
nach Gleichung (2.2) ein Dicke der defektreichen Interfaceschicht
von ≈80nm, wohingegen sich für die Probe SI3 eine Schichtdicke
von ≈200nm ergibt.
eine schöne, aber dennoch indirekte Methode dar, um Aussagen über die Qualität
des GaN-Filmes und der Grenzflächenschicht zu gewinnen. Eine direkte Methode, bei der allerdings die Probe zerstört wird, ist die photo-elektrochemische
CV-Messung (Kapazitäts-Spannungs-Messung), die ich im Zusammenarbeit mit
E. Stutz vom Air Force Research Laboratory in Ohio/USA durchführen konnte. Mittels CV-Messungen ist es möglich Dotierkonzentrationen zu bestimmen
(näheres zu CV-Messungen in [10, 137]). Bei dem hier angewandten Verfahren
kann insbesondere über photochemisches Ätzen ein Tiefenprofil der Dotierdichte
gewonnen werden [138]. Als Schottkykontakt wird ein Elektrolyt in Form einer
1-molaren Kaliumhydroxidlösung (KOH) benutzt. Diese Lösung ätzt unter UVBeleuchtung auch GaN an [139]. Der ohmsche Kontakt besteht aus einlegiertem
Indium. Die CV-Messungen werden mittels einer Bio-Rad PN4200 Meßbrücke
84
KAPITEL 4. CHARAKTERISIERUNG DER PPC
durchgeführt. Das Tiefenprofil der Dotierung erhält man, indem zyklisch CVMessungen durchgeführt und anschließend unter UV-Beleuchtung (325nm) die
GaN-Schicht jeweils um eine definierte Dicke abgeätzt werden. Die Ätztiefe kann
nach dem Faradayschen Gesetz aus dem Ätzstrom bestimmt werden. In Abb.
4.20 ist das Dotierprofil der Probe SI3 zu sehen.
19
SI3
-3
Dotierkonzentration ND [cm ]
4x10
3x10
19
FWHM
2x10
19
1x10
19
"Untergrund"
Substrat
Oberfläche
0
0.0
0.2
0.4
0.6
0.8
1.0
1.2
1.4
Tiefe d [µm]
Abbildung 4.20: CV-Tiefenprofil gemessen an der Probe SI3 durch
sequentielles Abätzen des GaN-Filmes durch KOH unter UVBeleuchtung. Aufgetragen ist die Dotierdichte über dem Abstand
von der GaN-Oberfläche. Der Anstieg in der Dotierkonzentration
zum Substrat hin ist ein Indiz für die Existenz einer defektreichen
Grenzflächenschicht.
Wie zu erkennen ist, fällt die Dotierkonzentration von der Oberfläche des GaNFilmes zunächst etwas ab, bleibt aber über nahezu 1µm Tiefe bei 2x1019 cm−3 .
Zum Substrat hin steigt sie dann deutlich an (≈ 4x1019 cm−3 ). Betrachtet man
die Konzentration von 2x1019 cm−3 als homogenen Dotier-”Untergrund”, so ergibt
sich für das Maximum um 1.2µm eine Breite von etwa 200nm, d.h. die Dicke der
grenzflächennahen Schicht beträgt ≈200nm. Diese Dicke stimmt sehr schön mit
den 200nm überein, die man aus den Hall-Effekt-Messungen erhält. Damit ist
auch in dieser unabhängigen Messung deutlich zu sehen, daß an der Grenze zum
Substrat eine zweite Schicht mit anderen Eigenschaften als im restlichen GaN-
4.3. PROBENVERGLEICH
85
Film existiert, in der PPC-relevante Prozesse wichtig sein können.
Zusammenfassung
Die auf SiC gewachsene Probe SI6 zeigt die geringste Ausprägung bezüglich
der PPC aller untersuchten Proben. Der spektrale Verlauf des optischen
Ionisierungsquerschnittes deutet auf eine energetisch lokalisierte Störstelle in
der Bandlücke mit einer Grenzenergie für die optische Anregung von 1.7eV hin.
Die substratnahe defektreiche Schicht ist mit 80nm die dünnste aller in dieser
Arbeit vermessenen Proben. Diese Ergebnisse stehen im Einklang mit der besten
Gitteranpassung des SiC-Substrates an GaN (Fehlanpassung 2% [28]) und des
am geringsten abweichenden Wärmeausdehnungskoeffizienten (25% kleiner als
αGaN [27]), aufgrund derer wenig Verspannungen und Versetzungen und damit
Defekte während der Wachstumsphase zu erwarten sind.
Im Gegensatz dazu zeigen die auf Saphir aufgewachsenen Proben eine sehr
starke Ausprägung in der PPC. Mit Ausnahme der Probe SM1 (zusätzlicher
Puffer), auf die ich im nächsten Abschnitt eingehen werde, ist ebenso die
defektreiche substratnahe Schicht mit rund 200nm bei diesen Proben sehr
stark ausgeprägt. Der Grund für diese ausgedehnte Defektschicht liegt in der
Vielzahl von Versetzungen und Defekten, die während des Wachstums auf das
schlechtangepaßte Saphir-Substrat induziert werden (16% Gitterfehlanpassung
[34] und ein um 70% größerer Wärmeausdehnungskoeffizient gegenüber GaN
[27, 33]).
Legt man also Wert auf GaN-Filme mit möglichst geringer persistenter Photoleitfähigkeit , so scheinen Filme auf SiC-Substrat geeigneter zu sein als solche
auf Saphir-Substrat. Beim SiC-Substrat ist neben der guten Anpassung von Vorteil, daß in diesem Material im Gegensatz zum Saphir (Al2 O3 ) kein Sauerstoff
vorhanden ist, abgesehen von eventuellen geringen Sauerstoff-Verunreinigungen
während der SiC-Produktion. Für das Film-Wachstum ist damit ausgeschlossen,
daß während der 1000◦ C heißen Abscheidungsphase Sauerstoff vom Substrat in
das GaN diffundiert.
4.3.2
Einfluß einer Pufferschicht
Um Verspannungen und Versetzungen zu reduzieren, die aufgrund des Wachstums auf ein schlecht angepaßtes Substrat wie Saphir auftreten können, wird
oftmals vor dem eigentlichen GaN-Wachstum bei niedrigeren Substrattemperaturen eine dünne Pufferschicht aus GaN oder AlN gewachsen. In diesem Abschnitt
86
KAPITEL 4. CHARAKTERISIERUNG DER PPC
werde ich den Einfluß einer solchen Pufferschicht auf die PPC untersuchen.
opt. Ionisierungsquerschnitt σ0 [w.E.]
Die undotierte Probe SM1 ist auf einem 50nm dicken GaN-NiedrigtemperaturPuffer gewachsen. Die Schichtdicke der defektreichen Grenzflächenschicht ergibt
sich aus temperaturabhängigen Hall-Effekt-Messungen zu etwas mehr als 80nm.
Diese durch den Puffer erreichte geringere Defektschichtdicke ist wie bei der Verwendung eines SiC-Substrates um einiges kleiner als bei der ohne Puffer gewachsenen Probe HP1 (dDS =220nm). Trotzdem bringt - im Gegensatz zu den auf
SiC-Substrat gewachsenen Proben - die Verwendung des zusätzlichen Puffers beim
Wachstum auf Saphir keine Veränderungen bzgl. des PPC-Verhaltens. Auch diese
Probe weist eine stark ausgeprägte persistente Photoleitfähigkeit aus. Der spektrale Verlauf des optischen Ionisierungsquerschnittes in Abb. 4.21 ist ähnlich wie
bei der ohne Puffer auf Saphir gewachsenen Probe HP1.
HP1 (GaN / Al2O3)
SM1 (GaN / Puffer / Al2O3)
10
-16
10
-17
1.5
2.0
2.5
3.0
Energie hν [eV]
Abbildung 4.21: Optischer Ionisierungsquerschnitt σ0 der Proben HP1 (ohne Puffer) und SM1 (mit 50nm NiedrigtemperaturGaN-Puffer) als Funktion der Photonenergie. Trotz Verwendung
einer zusätzlichen Pufferschicht ergeben sich keine signifikanten
Veränderungen im Verlauf des optischen Ionisierungsquerschnittes. Für beide Proben muß davon ausgegangen werden, daß die
verantwortlichen PPC-Defekte eine breite energetische Verteilung
in der Bandlücke haben.
Sowohl mit als auch ohne Puffer zeigt sich ein flacher Verlauf des Ionisierungs-
4.3. PROBENVERGLEICH
87
querschnittes σ0 über der Photonenenergie. Erklären läßt sich dieser Verlauf
mit einer breiten energetischen Verteilung der beteiligten Defekte innerhalb der
Bandlücke. Dies habe ich bereits im Abschnitt 4.2 im Rahmen der Diskussion
der optischen Ionisierungsquerschnittes und der Grenzenergie der optischen
Anregung diskutiert.
Zusammenfassend ergibt sich für den Einfluß des Puffers auf die GaN-Schicht
somit, daß die Pufferschicht die Defektschichtdicke des GaN-Films zwar stark reduziert. Das erklärt sich damit, daß das GaN jetzt nicht mehr direkt auf das
Saphirsubstrat aufgewachsen wird, sondern auf die dünne GaN-Pufferschicht und
damit auf eine bezüglich der mechanischen und kristallographischen Eigenschaften besser angepaßte Oberfläche. Doch die persistente Photoleitfähigkeit ist in
dieser Probe trotz allem stark ausgeprägt. Dies hängt vermutlich wieder mit der
Diffusion von Sauerstoff aus dem Al2 O3 -Substrat in den GaN-Film während des
Hochtemperatur-Wachstums zusammen.
4.3.3
Zusätzlicher Defekt in AlGaN
In diesem Abschnitt werde ich den Einfluß von einlegiertem Aluminium
(Alx Ga1−x N ) auf die persistente Photoleitfähigkeit zeigen. Dabei werde ich
auch die Photolumineszenzspektren der untersuchten AlGaN-Proben mit in den
Vergleich einbeziehen.
Die persistente Photoleitfähigkeit in dünnen GaN- und auch AlGaN-Filmen
beruht nach den bisherigen Erkenntnissen aus dieser Arbeit auf der Existenz von
mikroskopischen Potentialbarrieren (Gitterrelaxationen), die verhindern, daß die
zur Photoleitfähigkeit beitragenden Elektronen mit den Defekten rekombinieren,
aus denen sie mittels Photoneneinstrahlung angeregt wurden. Diese Potentialinhomogenitäten sind dabei an den Sauerstoff als Defektatom gekoppelt.
Modellrechnungen haben dies bestätigt, indem sie vorhergesagt haben, daß
der Sauerstoffdefekt in GaN bei einem isostatischen Druck von etwa 20GPa
eine Umwandlung von einer flachen Störstelle in einen tiefen, DX-ähnlichen
Defekt erfährt [12, 80]. Außerdem haben weitere Rechnungen gezeigt, daß
dieselbe Transformation des Sauerstoffdefekts von einem flachen in einen tiefen
Defektzustand auch durch Zulegieren von Aluminium mit etwa 30% erreicht
werden kann [124, 125]. Die Erklärung in beiden Fällen liegt in der Vergrößerung
der Bandlücke begründet. Das energetische Niveau von Sauerstoff in GaN
liegt nahe beim bzw. im Leitungsband. Mit zunehmender Bandlückenenergie
verschiebt sich die energetische Lage dieses nicht an das Leitungsband gekoppelten Defektes in Richtung eines tiefen Zustandes innerhalb der Bandlücke.
Im Falle von GaN vergrößert sich die Bandlücke gemäß der Druckabhängigkeit
88
KAPITEL 4. CHARAKTERISIERUNG DER PPC
von dEg /dp ≈ 4meV/kbar [140, 141]. Dieser Druck kann aber auch durch
Verspannungen innerhalb der Schicht selbst hervorgerufen werden, wie es in
den vorherigen Abschnitten diskutiert wurde. Bei den AlGaN-Proben wird die
Vergrößerung der Bandlücke durch Zulegieren von Aluminium erreicht. Um die
Auswirkungen der Aluminiumlegierung auf die persistente Photoleitfähigkeit
zu untersuchen, habe ich folgende drei, auf Saphir mittels MBE gewachsenen
Filme untersucht: SM3 (GaN), SM5 (Al0.15 Ga0.85 N) und SM12 (Al0.32 Ga0.68 N).
Allgemein für die untersuchten AlGaN-Proben gilt, daß sie, obwohl Si-dotiert,
sehr hochohmig waren. Das deutet auf eine starke Kompensation in den Proben
hin. Aufgrund der relativ niedrigen elektrischen Leitfähigkeit war es nicht
möglich, die Proben in dem bestehenden Hall-Meßplatz einer systematischen
Untersuchung zu unterziehen.
In Abb. 4.22 ist der optische Ionisierungsquerschnitt σ0 dieser drei Proben
über der Photonenenergie dargestellt. Für die reine GaN-Probe SM3 erhält man
wieder denselben spektralen Verlauf, wie er bereits von den anderen auf Saphir
gewachsenen GaN-Proben bekannt ist. Deutliche Unterschiede sind jedoch
für die AlGaN-Proben SM5 und SM12 zu beobachten. Im höherenergetischen
Bereich zeigen sie im wesentlichen das gleiche Verhalten bezüglich der Energieabhängigkeit des optischen Ionisierungsquerschnittes. Einzig der Absolutwert
des Ionisierungsquerschnittes der Probe SM5 ist etwa um den Faktor 2 bis 3
kleiner. Unterhalb Energien von etwa 2eV sind allerdings deutliche Unterschiede
feststellbar. Mit abnehmender Photonenenergie bleibt der Ionisierungsquerschnitt der Probe SM5 (15% Al-Gehalt) konstant und nimmt dann ab 1.5eV
wieder ab und folgt dem Verlauf des Ionisierungsquerschnittes der Probe
SM12 (32% Al-Gehalt). Zusätzlich ist in Abb. 4.22 die Summe aus den
Ionisierungsquerschnitten der Proben SM3 und SM5 als durchgezogene Linie
eingezeichnet. Diese Summe reproduziert ziemlich genau den spektralen Verlauf
von σ0 der Probe SM12. Ein solches auf den ersten Blick erstaunliches Verhalten
kann dahingehend interpretiert werden, daß bei den AlGaN-Proben noch ein
weiterer Defekt unter Beleuchtung mit niedrigen Photonenenergien ionisiert
wird - im Gegensatz zu den reinen GaN-Proben. Bei geringem Al-Gehalt ist
diese Anregung erst unterhalb der Anregungsschwelle des GaN-PPC-Defektes
von etwa 1.7eV zu sehen. Für einen höheren Al-Gehalt scheint allerdings dieser
Defekt das PPC-Verhalten zu dominieren. Aufgrund des spektralen Verlaufs
des optischen Ionisierungsquerschnittes der AlGaN-Proben ergibt sich für diesen
zweiten Defekt eine grobe Abschätzung der Grenzenergie der optischen Anregung
von etwa 1eV.
Ebenso wie im PPC-Verhalten sind auch Unterschiede in der Photolumineszenz mit zunehmendem Aluminiumgehalt erkennbar. Die Spektren der
opt. Ionisierungsquerschnitt σ0 [w.E.]
4.3. PROBENVERGLEICH
10
-16
10
-17
1.0
89
SM3 GaN
SM5 Al0.15Ga0.85N
SM12 Al0.32Ga0.68N
"SM3 + SM5"
1.5
2.0
2.5
3.0
Energie hν [eV]
Abbildung 4.22: Optischer Ionisierungsquerschnitt σ0 der Proben
SM3 (GaN), SM5 (Al0.15 Ga0.85 N ) und SM12 (Al0.32 Ga0.68 N ) als
Funktion der Photonenergie. Die GaN-Probe SM3 zeigt den bekannten Abfall des Ionisierungsquerschnittes bei etwa 1.7eV. Für
die AlGaN-Proben ist diese Grenzenergie der optischen Anregung
zu niedrigeren Energien nach etwa 1eV verschoben. Gestrichelt
eingezeichnet ist zusätzlich die Summe aus den optischen Ionisierungsquerschnitten der Proben SM3 und SM5.
AlGaN-Proben wurden bei Raumtemperatur mit einem Ar-Ionen-Laser bei
334nm (3.7eV) angeregt. Diese Energie bedeutet für beide AlGaN-Proben eine
Anregung mit Licht knapp unterhalb der Bandlücke. Die Signalintensitäten
bei dieser Art von Anregung sind deshalb um einiges kleiner als bei einer
Band-Band-Anregung, aber immer noch detektierbar. In Abb. 4.23 sind
die Spektren der drei Proben abgebildet, wobei das Hauptaugenmerk dem
Bereich der gelben Photolumineszenz gilt. Für die reine GaN-Probe zeigt die
Lumineszenz ein breites Maximum bei etwa 2.2eV. Bei genauerer Betrachtung
scheint diese Bande aus zwei breiten Maxima zu bestehen, eines bei etwa 2.05eV
und das andere bei ca. 2.3eV. Für die Probe SM5 (15% Al-Gehalt) erkennt
man, daß die Lumineszenz ein Maximum bei etwa 2.45eV und eine ausgeprägte
Schulter bei 2.3eV besitzt. Im Spektrum der Probe SM12 (32% Al-Gehalt)
findet man schließlich noch ein weiteres Maximum, nämlich bei ≈2.05eV. Alle
Proben besitzen aber eine strahlende Rekombinationsbande der Energie 2.3eV.
90
KAPITEL 4. CHARAKTERISIERUNG DER PPC
Zusätzlich existiert bei den AlGaN-Proben ein Pfad für einen strahlenden
Rekombinationsübergang bei 2.45eV, dessen Energie sich mit zunehmender
Bandlückenenergie aber nicht oder nur geringfügig verschiebt.
PL-Intensität [w.E.]
2
SM3 GaN
1
2 SM5 Al Ga N
0.15
0.85
1
2 SM12 Al0.32Ga0.68N
1
2.0
2.2
Energie hν [eV]
2.4
2.6
Abbildung 4.23: Photolumineszenzintensität als Funktion den
Photonenergie der Proben SM3 (oben, 6K), SM5(mitte, 300K)
und SM12 (unten, 300K). Neben dem breiten Maximum bei etwa
2.2eV (gelbe Lumineszenz) existiert für die Probe SM5 ein zweites
Maximum bei etwa 2.45eV . Neben diesen beiden Maxima zeigt
die Probe SM12 noch ein zusätzliche Maximum bei ≈2.05eV.
Eine mögliche Erklärung für den Zusammenhang zwischen der Grenze der
optischen Anregungsenergie von 1eV für die AlGaN-Proben und der Lumineszenzbande bei 2.45eV ist im Energiediagramm in Abb. 4.24 (rechts) dargestellt.
Der Mechanismus ähnelt dem von Glaser et al. [93] vorgeschlagenen Modell zur
Erklärung der gelben Lumineszenz (s. Abschnitt 2.3, Abb. 2.8 Modell B). Man
postuliert einen Defekt, der sich etwa 1eV unterhalb der Leitungsbandunterkante
befindet, aus dem Ladungsträger ins Leitungsband optisch bis zu einer Photonenenergie von 1eV angeregt werden können. Im PL-Spektrum äußert sich dieser
Defekt als eine Bande bei 2.45eV, d.h. einem strahlenden Übergang von diesem
Defekt zu einem valenzbandnahen Defektniveau. Da sich die Übergangsenergie
der strahlenden Rekombination mit zunehmender Bandlückenenergie nicht
4.3. PROBENVERGLEICH
91
ändert, muß man im vorgeschlagenen Energiediagrammbild davon ausgehen, daß
sowohl Anfangs- als auch Endzustand des strahlenden Rekombinationspfades mit
dem Leitungsband verknüpft sind. Ob es sich beim Übergang vom Leitungsband
in den Defekt um einen strahlenden oder nicht-strahlenden Übergang handelt,
kann nicht gesagt werden, da die PL-Spektren in Bereich unterhalb von 1.5eV
nicht bekannt sind.
CB
2.2eV PL
1.7eV
1eV
2.45eV PL
VB
GaN & AlGaN
"gelbe PL"
AlGaN
Abbildung 4.24: Energiediagramm zur Erklärung der Zusammenhänge von PL- und PPC-Ergebnissen. Aufgetragen ist die
Energie über dem Ort. Links ist die Situation dargestellt, die
sowohl Ergebnisse für die GaN als auch für die AlGaN-Proben erklärt. In einer Tiefe von 2.2eV von der Leitungsbandunterkante
(CB) entfernt befindet sich eine breite Defektverteilung. Die optische Anregung aus diesem Defekt geht bis zu einer Energie von
1.7eV. Die strahlende Rekombination in diese Defektverteilung
setzt bei 1.7eV ein und hat ihr Maximum bei 2.2eV. Im Bild rechts
ist ein mögliches Erklärungsszenario für die zusätzlich auftretenden Lumineszenzbanden und Anregungsenergien bei den AlGaNProben eingezeichnet. Der verantwortliche Defekt sitzt 1eV von
der Leitungsbandunterkante entfernt. Die optische Anregung aus
diesem Defekt ins Leitungsband erfolgt bis zu einer Photonenenergie von 1eV. Der strahlende PL-Übergang von 2.45eV erfolgt von
diesem tiefen Defekt zu einem valenzbandnahen Defektniveau.
92
KAPITEL 4. CHARAKTERISIERUNG DER PPC
Wie in diesem Abschnitt ausgeführt, zeigen auch die AlGaN-Proben persistente Photoleitfähigkeit. Zusätzlich zu dem aus den GaN-Proben bekannten 1.7eVDefekt tritt für die ternären Legierungsproben ein zusätzlicher Defekt mit einer
optischen Ionisierungsenergie von etwa 1eV auf. Inwiefern dieser Defekt mit theoretischen Vorhersagen bezüglich der Auswirkungen von Sauerstoff in AlGaN korreliert, kann aber mit den vorgestellten Experimenten nicht geklärt werden. Eine
Aussage darüber könnten Untersuchungen der persistenten Photoleitfähigkeit von
AlGaN-Proben, die auf SiC gewachsen worden sind, liefern. Allerdings standen
mir derartige Proben nicht zur Verfügung. Denkbar wäre auch, daß dieser Defekt
eventuell mit der in den Si-dotierten Proben beobachteten hohen Kompensation verbunden ist. Ebenso wie in der persistenten Photoleitfähigkeit ist auch in
der Photolumineszenz der AlGaN-Proben ein zusätzlicher Defekt erkennbar. Ob
es einen Zusammenhang zwischen diesem und dem zusätzliche PPC-Defekt gibt,
wie in Abb. 4.24(rechts) skizziert, bedarf allerdings noch systematischer Untersuchungen.
Kapitel 5
Zusammenfassung und Ausblick
GaN und seine Legierungen besitzen im Bereich der VerbindungshalbleiterAnwendungen bereits heute die Chance auf ein großes Marktvolumen. Optoelektronische Anwendungen sind im Spektralbereich von 650nm (rot) bis 200nm
(UV) möglich. Leuchtdioden und UV-Detektoren sind heute bereits kommerziell
erhältlich, Laserdioden haben den Sprung über die Hürde des 10000-StundenDauertests erfolgreich geschafft. Auch Anwendungen im Hochfrequenzbereich,
bei denen die große Driftgeschwindigkeit von Ladungsträgern in GaN von Vorteil
ist, werden bald am Markt erhältlich sein.
Trotz dieser Erfolge und vielversprechenden Zukunftsaussichten gibt es eine
Vielzahl von Problemen und Phänomenen, deren physikalischer Ursprung noch
nicht verstanden ist. Einer dieser Effekte in GaN, dessen mikroskopischer
Ursprung bislang noch nicht verstanden war, ist die persistente Photoleitfähigkeit. Eine technologisch problematische Auswirkung der persistenten
Photoleitfähigkeit ist, daß das Material bei gleichen Umgebungsbedingungen
(z.B. Temperatur, Beleuchtung) unterschiedliche elektrische Eigenschaften
haben kann. Damit ist die Vorhersage des Verhaltens eines Bauelementes nur
sehr eingeschränkt möglich.
Im Rahmen dieser Arbeit habe ich das Verhalten der persistenten Photoleitfähigkeit in GaN charakterisiert, es einem Modell zugeordnet und mit
speziellen Defekten in GaN in Verbindung gesetzt. Weiterhin habe ich versucht, die räumliche Lokalisierung dieser Defekte innerhalb des GaN-Filmes zu
bestimmen. Dazu habe ich ein Experiment zur Messung der persistenten Photoleitfähigkeit unter verschiedenen spektralen Beleuchtungsbedingungen bei tiefen
Temperaturen aufgebaut. Mittels Photolumineszenzspektroskopie und temperaturabhängiger Hall-Effekt-Messungen habe ich die Defekteigenschaften der
untersuchten GaN- und AlGaN-Filme weitergehend charakterisiert. Zusätzlich
93
94
KAPITEL 5. ZUSAMMENFASSUNG UND AUSBLICK
wurden an einer Probe tiefenabhängige Kapazitäts-Spannungs-Messungen
zur Bestimmung des Dotierprofils durchgeführt, um die Ergebnisse aus den
Hall-Effekt-Messungen bezüglich der inhomogenen Dotierung zu verifizieren.
Bei den Messungen der Aufbautransienten der persistenten Photoleitfähigkeit
galt es, im wesentlichen zwei Schwierigkeiten in den Griff zu bekommen. Die
Aufbautransienten zeigen kein einfach exponentielles Verhalten, wie es für einen
einfach lokalisierten Defekt zu erwarten ist. Ein Anknüpfungspunkt dieser
Arbeit lag deshalb in der Weiterentwicklung eines geeigneten Auswerteschemas,
um eine physikalisch sinnvolle Interpretation und Auswertung der Aufbautransienten durchführen zu können. Über eine modifizierte Laplace-Transformation
kann der phononische Anteil am Anregungsprozeß bestimmt werden. Damit
steht ein Entscheidungskriterium bei der Identifizierung des verantwortlichen
PPC-Mechanismus zur Verfügung. Bei der Auswertung der Aufbautransienten
mittels der Laplace-Transformation ergab sich als weitere Schwierigkeit, daß experimentell nur ein begrenztes Zeitintervall zugänglich war. Diese Einschränkung
liefert zunächst Artefakte in der berechneten Energieverteilung. Durch ein
rekursives Verfahren bei der Auswertung über die Laplace-Transformation kann
dieses Problem eliminiert werden. Die auf diese Weise ermittelten Energieverteilungen bilden wichtige Grundlagen für die Interpretation der persistenten
Photoleitfähigkeit.
Anhand der Probe HP1 konnte ich über die Anwendung der modifizierten
Laplace-Transformation aus den Aufbautransienten eine starke phononische
Beteiligung am optischen Anregungsprozeß ermitteln. Die Auswertung der Anregungstransienten ergab eine Grenzenergie der optischen Ionisierung von 1.7eV.
Diese Energie korrespondiert mit dem Einsetzen der gelben Lumineszenzbande
bei 1.7eV, welche ihr Maximum bei etwa 2.2eV besitzt. Aus dem charakteristischen Zerfall der persistenten Photoleitfähigkeit durch Temperaturerhöhung
ergibt sich eine thermische Quenchenergie von etwa 23meV. Zusätzlich kann
die persistente Photoleitfähigkeit auch durch Einstrahlung niederenergetischen
Lichtes reduziert werden. Die Grenzenergie für dieses optische Quenchen liegt bei
1eV. Die ermittelten charakteristischen Energien, der große Unterschied in den
thermischen und optischen Ionisierungsenergien (Stokes-Shift), die Möglichkeit
des optischen Quenchens und die Beteiligung von Phononen beim Anregungsprozeß können im Bild der mikroskopischen Potentialfluktuationen konsistent
beschrieben werden. Damit konnte gezeigt werden, daß der für die persistente
Photoleitfähigkeit verantwortliche Mechanismus auf Gitterrelaxationen bei der
Umladung des Defektes beruht.
Tiefenabhängige Kapazitäts-Spannungs-Messungen und temperaturabhän-
95
gige Hall-Effekt-Messungen haben gezeigt, daß der substratnahen Schicht eine
besondere Bedeutung innerhalb des GaN-Filmes zukommt. Diese Schicht ist in
vielen GaN-Filmen aufgrund von Wachstumsfehlern und schlecht angepaßter
Substrate ein Bereich hoher Defektdichten. Der Vergleich der persistenten
Photoleitung, angeregt durch Beleuchtung von vorne oder vom Substrat her, hat
ergeben, daß sich die PPC-Defekte räumlich vermehrt an der grenzflächennahen
Schicht zum Trägermaterial lokalisieren lassen. In tiefenabhängigen Photo- und
Kathodolumineszenzmessungen anderer Autoren wurde gezeigt, daß die für diese
Lumineszenz verantwortlichen Defekte ebenfalls in Substratnähe angehäuft sind.
Beim Vergleich der Aufbautransienten zeigt die sauerstoffreiche Probe
HP1 den größten Anstieg unter Subbandgap-Beleuchtung aller untersuchten
GaN-Proben. In theoretischen Berechnungen in der Literatur wurde gezeigt, daß
Sauerstoff in GaN einen metastabilen Defekt ausbildet, der ähnlich dem DXZentrum in AlGaAs unter Umladung zu mikroskopischen Potentialfluktuationen
und damit Gitterrelaxationen führt. Die in dieser Arbeit vorgestellten Messungen
haben gezeigt, daß die persistente Photoleitfähigkeit an der Grenzfläche zum
Substrat hin stärker ausgeprägt ist. Wie andere Autoren berechnet haben,
häufen sich Sauerstoffverunreinigungen innerhalb des GaN vorzugsweise an Versetzungen an, wobei die Versetzungsdichte in Substratnähe besonders hoch ist.
Zusätzlich kommt es in dieser grenzflächennahen Schicht wachstumsbedingt zu
mechanischen Verspannungen. Diese erzeugen große Zug- und Druckspannungen,
die den Sauerstoff im GaN nach den Berechnungen in einen tiefen metastabilen
Defekt überführen können. Aufgrund dieser experimentellen Ergebnisse und
theoretischen Berechnungen ist mit großer Wahrscheinlichkeit Sauerstoff der für
die persistente Photoleitfähigkeit verantwortliche Defekt.
In einem Probenvergleich habe ich schließlich gezeigt, daß auch in den
AlGaN-Proben die typische gelbe Lumineszenzbande vorhanden ist. Durch
Auswertung der PPC-Anregungstransienten konnte mithilfe der optischen
Ionisierungsquerschnitte gezeigt werden, daß neben dem 1.7eV-Defekt in diesen
Proben ein weiterer Defekt mit einer Grenzenergie der optischen Ionisierung von
etwa 1eV vorhanden ist. Zugleich zeigt auch das Photolumineszenzspektrum
einen zweiten Defekt bei 2.45eV. Ob diese beiden Defekte miteinander verknüpft
sind, wurde im Rahmen dieser Arbeit nicht bestimmt, und es bedarf noch weiterer theoretischer und experimenteller Untersuchungen. Weitaus interessanter
hingegen sind die Ergebnisse zur Korrelation zwischen Substrat, Defektschicht
und persistenter Photoleitfähigkeit in diesem Probenvergleich. Dabei habe ich
mit temperaturabhängigen Hall-Effekt-Messungen gezeigt, daß durch die Verwendung eines sowohl von der Gitterkonstanten her besser angepaßten SiC-Substrats
als auch durch einen zusätzlich gewachsenen Puffer als ”Anpassungsschicht”
96
KAPITEL 5. ZUSAMMENFASSUNG UND AUSBLICK
die Dicke der defektreichen Grenzflächenschicht um etwa einen Faktor zwei bis
drei reduziert werden kann. Im Falle des (sauerstofffreien) SiC-Substrates ergibt
sich zusätzlich eine deutliche Reduzierung der persistenten Photoleitfähigkeit,
wohingegen die PPC im Falle der auf Saphir mit Puffer gewachsenen Probe
weiterhin stark ausgeprägt ist. Damit konnte gezeigt werden, daß eine gute Gitteranpassung zwischen Substrat und GaN die Defektschichtdicke reduziert, aber
zur Verringerung der persistenten Photoleitfähigkeit Sauerstoffverunreinigungen,
auch durch das Substrat, vermieden werden müssen.
Die persistente Photoleitfähigkeit stellt also ein grundsätzliches Problem
in GaN- und AlGaN-Proben dar. Ich habe in der vorliegenden Arbeit versucht, den zugrundeliegenden Defekt und Mechanismus einzugrenzen. Mit
weiterführenden Experimenten sollte es, aufbauend auf den hier vorgestellten
Ergebnissen, möglich sein, das aufgezeigte Bild von Sauerstoff als metastabilem
Defekt in GaN weiter zu festigen und zu untermauern. Eine Probenserie mit
gezielter Variation des Sauerstoffgehaltes wäre dabei sehr aufschlußreich. Mittels
analytischer Mikroskopieverfahren wie der Sekundär-Ionenmassen-Spektroskopie
(SIMS) könnte man versuchen, die Sauerstoffverunreinigung zu quantifizieren
und den Anteil der für die Metastabilität verantwortlichen Defekte genauer zu
bestimmen. Um den Defekt energetisch genauer zu charakterisieren könnten
die Admittanzspektroskopie, die Deep-Level-Transient-Spektroskopie oder die
optisch detektierte magnetische Resonanz (ODMR) weitere wertvolle Daten
liefern. Die extrem langen Zeitkonstanten der persistenten Photoleitfähigkeit
könnten sich dabei aber als experimentell problematisch erweisen. Deshalb ist
es notwendig, diese spektroskopischen Verfahren bezüglich dieser Anforderungen
zu erweitern.
Zusätzlich gilt es zur weiteren Charakterisierung des Defektes, die Ursachen
der persistenten Photoleitfähigkeit schon während der Präparation zu vermeiden.
Die der PPC zugrundeliegende Sauerstoffverunreinigung kann ohne großen
apparativen Aufwand während des Herstellungsprozesses nicht ganz vermieden
werden. Da das metastabile Verhalten des Sauerstoffdefektes aber zusätzlich an
Verspannungen gekoppelt ist, kann zumindest für GaN-Proben die persistente
Photoleitfähigkeit verringert oder eventuell sogar vermieden werden. Dazu
muß als Substrat ein Material mit möglichst angepaßten Gitterkonstanten und
vergleichbaren thermischen Ausdehnungskoeffizienten verwendet werden, um
wachstumsinduzierte Verspannungen und Versetzungen zu vermeiden. LiGaO2
und LiAlO2 sind aufgrund ihrer mit GaN fast übereinstimmenden Gitterkonstanten aussichtsreiche Kandidaten als derartiges Trägermaterial. Derzeit stehen
diese beiden Materialien erst in der Erprobungsphase als GaN-Substrat. Wenn
sich im Falle dieser Substrate die persistente Photoleitfähigkeit dennoch nicht
97
signifikant verringern sollte, wäre dies ein Hinweis, daß der Sauerstoff aus diesen
Oxid-Verbindungen genau wie bei Saphir kontraproduktiv bei der Vermeidung
der persistenten Photoleitfähigkeit ist. Unter diesem Aspekt sind auch für diese
Substratmaterialien weitere Untersuchungen interessant.
In den Untersuchungen zur persistenten Photoleitfähigkeit in den AlGaNProben wurde gezeigt, daß neben dem aus den GaN-Proben bekannten Defekt
ein zusätzlicher Defekt auftaucht. Im Rahmen weitere Untersuchungen wäre es
interessant zu ermitteln, inwiefern die Auswirkungen dieser beiden Defekte auf
die persistente Photoleitfähigkeit sich durch die Wahl eines besser angepaßten
und sauerstofffreien Substrates ebenfalls verringern lassen. Sollte es sich bei
den für die persistente Photoleitfähigkeit verantwortlichen Defekten in diesen
Legierungsproben aber um einen intrinsischen Defekt handeln, so könnte
man versuchen, das metastabile Verhalten durch geeignete optische Isolierung
(Kapselung) zu verhindern. Im Falle optoelektronischer Bauelemente, wie z.B.
Detektoren für tiefes UV, könnte man versuchen, die AlGaN-Schichten nur als
Filter zu verwenden, die auf dem eigentlichen GaN-Detektor abgeschieden werden. Eine andere Lösung des PPC-Problems, welches auch bei Raumtemperatur
auftritt, könnte darin bestehen, die AlGaN-basierten Bauelemente bei hohen
Temperaturen zu betreiben.
Galliumnitrid ist ein äußerst interessantes Materialsystem, bei dem sich industrielle Entwicklung und materialwissenschaftliche Forschung gegenseitig antreiben. Trotz kommerzieller Erfolge gibt es immer noch ein weites Betätigungsfeld
für physikalische Grundlagenforschung. Ich konnte in meiner Arbeit speziell den
für die persistente Photoleitfähigkeit verantwortlichen Defekt eingrenzen und charakterisieren. Um Wege zu finden, den PPC-Einfluß zu reduzieren, sind weitere
Untersuchungen notwendig. Die mit diesen Defekten verbundenen langen Zeitkonstanten stellen eine Herausforderung dar an die Experimentatoren zur Erweiterung bestehender bzw. Entwicklung neuer Charakterisierungsverfahren. Ich
hoffe, mit dieser Arbeit einen kleinen Anstoß in diese Richtung gegeben zu haben.
98
KAPITEL 5. ZUSAMMENFASSUNG UND AUSBLICK
Anhang A
Anhang
A.1
LED-Spektrum
Photonenfluß Φ [w.E.]
Im Rahmen der Experimente zum optischen Quenchen der PPC erfolgte die Anregung der Photoleitfähigkeit mittels einer leuchtstarken LED auf GaN/InGaNBasis von Conrad-Electronic. Das Spektrum dieser LED habe ich mit dem Aufbau in Abschnitt 3.2 (Abb. 3.2) aufgenommen, wobei ich die Xenonlampe durch
die blaue LED ersetzt habe. Das Intensitätsmaximum liegt bei 2.9eV und die
Halbwertsbreite FWHM beträgt 0.44eV. Somit liegt bei Benutzung dieser LED
immer Anregung mit Subbandgap-Licht (< 3.4eV) vor.
8x10
8
7x10
8
6x10
8
5x10
8
4x10
8
3x10
8
2x10
8
1x10
8
2.4
Emax~2.9eV
FWHM=0.44eV
2.5
2.6
2.7
2.8
2.9
3.0
3.1
3.2
Energie hν [eV]
Abbildung A.1: Spektrum der verwendeten blauen Leuchtdioden.
Maximum bei 2.9eV, FWHM=0.44eV
99
100
A.2
ANHANG A. ANHANG
Xenon-Lampenspektrum
10
12
10
11
10
10
1.5
2.0
400
1000
600
13
800
10
Wellenlänge λ [nm]
-1
Photonenfluß Φ [s ]
1200
In Abb. A.2 ist der Photonenfluß, gemessen mit der Photodiode im Kryostaten (s.
Abb. 3.2) dargestellt. Zusätzlich markiert eingezeichnet sind die Wellenlängen,
bei denen die Anregung der Transienten erfolgte.
1.0
2.5
3.0
3.5
Photonenergie hν [eV]
Abbildung A.2: Photonenfluß als Funktion der Photonenergie,
gemessen mit der Photodiode im Kryostaten (s. Abb. 3.2).
Zusätzlich durch Rauten markiert sind die Wellenlängen, bei denen die Anregung der Transienten erfolgte.
4.0
A.3. KRISTALLDATEN VON GAN, SIC UND SAPHIR
A.3
101
Kristalldaten von GaN, SiC und Saphir
In diesem Abschnitt habe ich weiterführende Informationen zum Gittertyp (verschiedene Nomenklatur), Gitterkonstanten und thermischen Ausdehnungskoeffizienten aufgeführt.
A.3.1
GaN-Gitter
Gallium-Nitrid (GaN) gehört vom Gittertyp zur hexagonalen Wurtzit-Struktur,
deren klassischer Vertreter das Zinkit (ZnO) ist. Raumgruppensymbole nach
[32]
Laue : Holohexagonal D6h
Schoenflies :
4
C6v
[142] ≡ C6mc ≡ P 63 mc
Hermann-Mauquin : 6mm
Wärmeausdehnungskoeffizient: αGaN = 5.6x10−6 /K
Gitterkonstante in a-Richtung: a = 3.16Å-3.18Å
Gitterkonstante in c-Richtung: c = 5.13Å-5.17Å
A.3.2
SiC-Gitter
Polytypen der Wurtzitstruktur:
• 2H-SiC, Stapelfolge AB, Gitterkonstante a = 3.0763Å
• 4H-SiC, Stapelfolge ABCB, Gitterkonstante a = 3.073Å
• 6H-SiC, Stapelfolge ABCACB, Gitterkonstante a = 3.0806Å
Gitterfehlanpassung zu GaN: 2% [28]
Wärmeausdehnungskoeffizient: αSiC = 4.2x10−6 /K, [27]
A.3.3
Saphir-Gitter
6
Al2 O3 gehört zur Raumgruppe D3d
und kristallisiert im Korund-Gitter aus [32].
Die Sauerstoffatome bilden damit eine wenig deformierte hexagonale dichteste
Kugelpackung, in deren oktaedrischen Lücken die Aluminiumatome eingelagert
sind (2/3 dieser Lücken sind dabei gefüllt).
Gitterkonstante: aAl2 O3 = 4.75Å [33]
Gitterfehlanpassung zu GaN: 16% [34]
Wärmeausdehnungskoeffizient αAl2 O3 = 9.5x10−6 /K [33]
102
A.4
ANHANG A. ANHANG
Probendaten des Herstellers
In den Tabellen A.1 und A.2 sind die Herstellerdaten aller in dieser Arbeit untersuchten Proben aufgeführt. Für die Proben SI3 und SI6 waren Angaben zum
Puffer aus patentschutzrechtlichen Gründen nicht verfügbar. Bei den Proben
SM1 und SM12 lagen seitens des Herstellers keine Informationen zur Dotierung
und Beweglichkeit vor.
Tabelle A.1: Probendaten (I) bei 300K laut Herstellerangaben.
Probe Legierung
Methode Substrat Puffer
SI3
GaN
MOCVD Al2 O3
ja∗
SI6
GaN
MOCVD SiC
ja∗
SM1 GaN
MOCVD Al2 O3
50nm GaN
SM3 GaN
MBE
Al2 O3
nein
SM5 Al0.15 Ga0.85 N
MBE
Al2 O3
nein
SM12 Al0.32 Ga0.68 N∗∗ MBE
Al2 O3
nein
MOCVD Al2 O3
nein
HP1 GaN
A.4. PROBENDATEN DES HERSTELLERS
103
Tabelle A.2: Probendaten (II) bei 300K laut Herstellerangaben.
Probe Dotierung (Typ) Dotierung
Beweglichkeit
SI3
Si
4.0x1018 cm−3 146 cm2 /Vs
SI6
Si
1.7x1018 cm−3 125 cm2 /Vs
SM1 unint. n-typ
?
?
17
−3
50 cm2 /Vs
SM3 unint. n-typ
3.0x10 cm
SM5 Si
2.1x1017 cm−3 1.55 cm2 /Vs
SM12 Si
?
HP1 unint. n-typ
?
18
1.7x10 cm
−3
70 cm2 /Vs
104
ANHANG A. ANHANG
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spectroscopy, J. Appl. Phys. 83, 5787 (1998).
Danksagung
Mein Dank gebührt all denen, die mir diese Arbeit ermöglicht haben. Ich
möchte Prof. Jürgen Parisi danken, daß er mir alle Möglichkeiten gegeben
hat diese Arbeit durchzuführen und stets ein offenes Ohr für meine Anliegen
hatte. Ebenso danke ich Michele Hirsch für die Zeit ihrer Betreuung und
die Diskussionen mit ihr, nicht nur fachlicher Natur. Herrn Prof. Karlheinz
Maier sei gedankt, daß er zum einen sich gerne bereiterklärte, die Arbeit als
Zweitgutachter anzunehmen und zum anderen mir auch die experimentellen
Möglichkeiten seiner Arbeitsgruppe zur Verfügung stellte. Für die experimentelle
Unterstützung will ich mich auch bei Prof. Bruno Meyer und seinen Mitarbeitern
Detlev Hofmann und Helder Alves von der Universität Gießen bedanken. Der
Gruppe am Walter-Schottky-Institut der TU München, Prof. Martin Stutzmann,
Mike Kelly und Uwe Karrer, danke ich für die bereitwillige zur Verfügungstellung
der Proben, ihrer experimentellen Beteiligung und den Diskussionen. Für die
Proben auf SiC-Substrat möchte ich Uwe Strauß meinen Dank aussprechen.
Ed Sutz vom Air Force Research Laboratory in Ohio/USA danke ich für die
kooperative Zusammenarbeit und Diskussion trotz der großen Entfernung.
An die gute Zusammenarbeit mit ’meinen’ Diplomanden und Studienarbeiter
Olaf Kirfel und Michael Schwitters sowie Marco Munzel, aber auch mit allen
anderen, werde ich immer gerne zurückdenken. Ebenso danke ich Achim
Kittel und Vladimir Dyakonov für ihre Bereitschaft zu fachlichen Diskussionen.
Auch ihr außeruniversitäres Engagement wird mir immer unvergeßlich bleiben.
Meinen Mitstreitern während der letzten drei Jahre Frank Engelhardt, Matthias
Goldbach, Max Rösch, Thorsten Meyer und Wolfgang Müller-Hirsch sowie allen
anderen Doktoranden möchte ich sehr herzlich danken sowohl für ihre fachliche
Unterstützung als auch für all die privaten Erlebnisse, die wir zusammen hatten.
Mein größter Dank gehört meiner Familie, denn sie hat es mir erst ermöglicht
soweit zu kommen und hat mich, genau wie meine Lebensgefährtin Sabine, in
schwierigen Phasen unterstützt und mich wieder motiviert.
118
LITERATURVERZEICHNIS
Lebenslauf
Oliver Peter Seifert
geboren am 15.11.1969 in Roding
Staatsangehörigkeit: deutsch
Familienstand: ledig
1976 –
1979 Grundschule in Feldkirchen
1979 –
1980 Grundschule in Bogen
1980 –
1989 Veit-Höser-Gymnasium in Bogen
5|1989 Erwerb der allgemeinen Hochschulreife, Note: 1.5
6|1989 –
10|1990 –
8|1990 Wehrdienst vollständig abgeleistet
4|1996 Studium der Physik an der Universität Bayreuth
11|1992 Diplom-Vorprüfung, Note: sehr gut
4|1996 Diplom-Hauptprüfung, Note: sehr gut
Anfertigung der Diplomarbeit bei Prof. Dr. J. Parisi
Betreuer: Dr. U. Rau
Thema: Temperaturabhängigkeit der elektrischen
Transporteigenschaften von Chalkopyrit-Dünnschicht-Solarzellen
5|1996 –
07|1999 Anfertigung der Dissertation bei Prof. Dr. J. Parisi:
an der Universität Oldenburg
Betreuer: Dr. M.T. Hirsch,
Thema: Persistente Photoleitung in
dünnen GaN- und AlGaN-Schichten
119
120
LITERATURVERZEICHNIS
Erklärung gemäß 8(2) der Promotionsordnung
Hiermit erkläre ich, daß ich diese Arbeit selbständig verfaßt und nur die
angegebenen Hilfsmittel benutzt habe.
Oldenburg, 10.06.1999
(Oliver Seifert)
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