Politische Kommunikation zwischen Kultur und Recht Julius Wedel

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Journal für korporative Kommunikation - Ausgabe 1/2016
PolitischeKommunikationzwischenKulturundRecht
JuliusWedel
Zielsetzung:ZieldiesesArtikelsistes,dieRollederSymboleinderPolitischenKommunikationdarzustellenunddieseanhandderGerechtigkeitsgrundsätzeeinerGesellschaftzubewerten.
Theorie:InnerhalbdiesesArtikelstragendieWerkederSoziologenEmileDurkheim,PierreBourdieu,
HerbertBlumerundderPhilosophenJohnRawlsundCharlesTayloreinenwichtigenBeitragzurBeantwortungderForschungsfragebei.
Forschungsfrage:WelcheRollespielenSymboleinderPolitischenKommunikationbeiKommunitaristenundLiberalen?
Methodik:DieBeantwortungderForschungsfragebasiertaufderDarlegungundIn-Bezug-Setzen
verschiedenerwissenschaftlicherTheorien,umeinetheoretischeFundierungdesForschungsgegenstandesderPolitischenKommunikationzuerreichen.
Fazit:.InnerhalbdesBeziehungsgeflechtsderverschiedenenAkteurederPolitischenKommunikation
herrschteinKampfumdieDeutungsmachtvonSymbolen.SymbolenwirdinderPolitischenKommunikationdieRollezugewiesen,dieBedeutungenpolitischerHandlungenzubestimmen,damitdiese
legitimiertwerdenkönnen.BedeutungenmüssenimmeraufdiejeweiligenGerechtigkeitsgrundsätze
einerGesellschaftzubeziehensein.
Einleitung
PolitikstelltdasSystemdar,welchesfürdieMitgliederderGesellschaftenbindendeEntscheidungen
hervorbringt.SiebesitztdadurchfürjedePersoneinehoheRelevanzfürihralltäglichesLeben,auch
wenndiesderPersonnichtständigbewusstist.Inmodernen,demokratischenGesellschaftenstellt
sichimmerwiederdieFrage,aufwelchenzentralenAspektendasgemeinschaftlicheHandelnbegründetwerdensoll.GeradeinKrisenzeitenkanndieErkenntniserlangtwerden,dassdieGesellschaftinnerlichangespanntistunddieGemeinschaftnichtimmervollständigdiepolitischenEntscheidungenakzeptiert.PolitischerKommunikationwirddieVermittlungdieserEntscheidungenals
Aufgabezugesprochen,umfasstallerdingsnochweitausmehr.PolitischeKommunikationmussin
engemZusammenhangmitPolitikbetrachtetwerden,daübersiediePolitikmitdenMitgliedern
einerGesellschaftinKontakttritt.PolitischesHandelnmussinDemokratienimmervermitteltund
legitimiertwerden.VonvielenunterschiedlichenwissenschaftlichenDisziplinenwirdPolitische
Kommunikationuntersucht,undjedebesitzteinenanderenZugangzuihr.Diesführtdazu,dassdas
ForschungsfeldkeinerwissenschaftlichenRichtungzugeordnetwerdenkannunddiePolitische
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KommunikationvordenunterschiedlichentheoretischenHintergründenungreifbarerscheint.Ent-
scheidungen,dieweitreichendeAuswirkungenaufdieGesellschaftbesitzen,werfenautomatisch
unterschiedlicheFragenauf.WiewerdendieseEntscheidungenlegitimiert?WiekönnensiederGesellschaftambestenvermitteltwerden?WelcheEinflussmöglichkeitenbesitzendieeinzelnenAkteureeinerGesellschaftaufsolcheEntscheidungen?UmeinenAnsatzzufinden,deralldieseFragen
beantwortenkann,musszunächstdasweiteForschungsfeldderPolitischenKommunikationgenauer
betrachtetwerden.DanachwerdendieSymbolbegriffevondenSoziologenDurkheim,Bourdieuund
Blumerbehandelt.NachihnenübernehmenSymboleinderVermittlungvonBedeutungeneinewichtigeFunktioninGesellschaften.Fragen,dieeshierzubeantwortengilt,lauten:WelcheunterschiedlichenSymbolbegriffebesteheninderwissenschaftlichenDiskussionundwelcheAuswirkungenhaben
diejeweiligenSymbolbegriffeaufdiePolitischeKommunikation?ImletztenSchrittwerdenmitden
WerkenderPhilosophenRawlsundTaylorzweiunterschiedlicheSichtweisenaufdieGerechtigkeitsgrundsätzeeinerGesellschaftdargelegt,damitdieVerwendungvonSymbolenhinsichtlichdieser
Grundsätzeuntersuchtwerdenkann.AuchhierkannnachdenAuswirkungengefragtwerden,welchedieseverschiedenenphilosophischenRichtungenaufPolitischeKommunikationhaben.
HyperkomplexePolitischeKommunikation
InderAuseinandersetzungmitdemForschungsfeldPolitischeKommunikationfälltschnellauf,dass
eskeineeinheitlicheVorstellungundHerangehensweiseandiesesgibt.SelbstdieVerständigung
zwischendenWissenschaftendarüberwasalsPolitischeKommunikationbezeichnetwirdundwiesie
zuanalysierensei,istproblematisch(Jarren,Sarcinelli1998,p.13).BeieinererstenBetrachtungdes
BegriffsPolitischeKommunikationkanndieserallerdingsdirektindiebeideneinzelnenBestandteile
PolitikundKommunikationunterteiltwerden.DadurcheröffnensichzweiweiteForschungsfelder
mitumfassendenTheorierahmen,diealsAnleihenfüreinenerstenZugangzurPolitischenKommunikationherangezogenwerdenkönnen.
EineMöglichkeit,Politikeinzugrenzen,istdieDefinitiondesBegriffsalsaktivesHandelnzur
BeeinflussungstaatlicherMacht.NachdieserAnsichtwirddeutlich,dassPolitikdurchdasHandeln
vonPersonenoderOrganisationendirekteAuswirkungenaufdieBevölkerunghat,oderaberzumindestversucht,aufdieInstanzeneinzuwirken,diediesenEinflussbesitzen.InderForschungwirdPolitikauchalsSubsystemzurGenerierungallgemeinverbindlicherEntscheidungenbeschrieben.AllerdingsistdasSpektrum,wasindenheutigenGesellschaftenalsGegenstandpolitischerEntscheidungengilt,nahezuunbegrenzt(Saxer1998,p.21).InnerhalbderPolitikwissenschaftenhatsicheine
konzeptionelleUnterscheidungderpolitischenInhalteindreiDimensionenetabliert.Diesewerden
mitdenenglischenBegriffenPolity,PoliticsundPolicyunterschieden.JedeDimensionbesitztzudem
eineUnterschiedlicheRelevanzhinsichtlichderAnsprücheandiePolitischeKommunikation.
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PolitybefasstsichmitderFormundStrukturdesinstitutionellenRahmensindemsichPolitik
bewegt.KerndiesesAspektssinddieverfassungsmäßigenStrukturenundOrdnungeneinerGesellschaft.PoliticsumfasstdieProzesseinnerhalbeinespolitischenSystems.BesondererFokusliegtdabeidarauf,wieeinzelneAkteure,wiez.B.Parteien,PolitikerundLobbyisten,ihreInteressendurchzusetzenversuchen.EineAnalyseeinesSachverhaltesinBezugaufdiePoliticsDimensionuntersucht
vorallemMachtverhältnisse,Akteur-KonstellationenundderenKonflikte.DiePolicyDimensionbezeichnetdieinhaltlicheEbenevonPolitik.SieanalysiertdiepolitischenKonflikteunddieGestaltung
gesellschaftlicherVerhältnisse.IndieserDimensionwerden,denkonkretenPolitikfeldernwieAußenpolitikzugeordnet,dieProblemlösungenausInteressen-undZielkonfliktenzwischendenpolitischenAkteurenuntersucht(Jarren,Donges2011,p.17).
KommunikationisteinForschungsfeldmiteinemvergleichbargroßenAusmaßanDefinitio-
nen,wiederderPolitik.TrotzdervielenMöglichkeitensiezudefinieren,stimmendiemeistenWerke
ausderForschungzurPolitischenKommunikationüberein,dassKommunikationeingesellschaftlichesTotalphänomen,mitdenMerkmalenderSystemhaftigkeitundMultifunktionalität,ist(Saxer
1998,p.26).DieseMultifunktionalitätführtwiederumdazu,dassKommunikationsowohlalsTransportmodell,alsauchalsVermittlungsmodellgesehenwerdenkann.BeidemTransportmodellwird
dieeinseitigeÜbertragungvonBotschaftenundderenInformationuntersucht.DasVermittlungsmodellverstehtKommunikationalswechselseitigaufeinanderbezogenenProzess,beidemdieAkteure
durchZeichenmitgemeinsamgeteiltenBedeutungeninInteraktionzueinandertreten.Dadurchwird
KommunikationalssozialeHandlungaufgefasst(Jarren,Donges2011,p.18).
DieAufteilungdesBegriffsPolitischeKommunikationinseineEinzelbegriffehatgezeigt,in
welchengroßenwissenschaftlichenFeldernsichderForschungsgegenstandbefindet.DieSchnittmengevonPolitikundKommunikationistdemnachgenausogroßwieunübersichtlich.
WennKommunikationalseinVorgangzurBedeutungsvermittlungverstandenwirdundPoli-
tikalseinSystemderGesellschaftmitdemZielderHervorbringungallgemeinverbindlicherEntscheidungen,dannkönntealseineabgeleiteteDefinitionausderUntersuchungderWortbestandteilePolitischeKommunikationalseinzentralesInstrumentzurHerstellung,DurchsetzungundBegründungvonPolitikangesehenwerden.DochdieswürdeKommunikationnichtalleinalsMittelderPolitikdarstellen,sondernmitderselbengleichsetzen(Saxer1998,p.25).UmeinumfassendesVerständnisüberPolitischeKommunikationzuerlangen,reichtesdeswegennichtaus,denBegriffeinzig
inAbhängigkeitzuseinenWortbestandteilenundderdamitverbundenenForschungzusetzen,sonderndarüberhinausmussernäherausdenverschiedenenPerspektivenderunterschiedlichenwissenschaftlichenRichtungen,diePolitischeKommunikationalsForschungsgegenstandbehandeln,
betrachtetwerden.DieserweitertdenTheorierahmenunterdemPolitischeKommunikationbe122
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trachtetwerdenkannundführtzuderProblematik,dasskeineeindeutigeDefinitiondesBegriffs
vorgenommenwerdenkann.LautdemSchweizerKommunikationswissenschaftlerSaxersiehtsich
jeder,derversuchtPolitischeKommunikationzudefinieren,mitderGrenzenlosigkeitundHyperkomplexitätdesForschungsfeldeskonfrontiert(Saxer1998,p.22).VordiesemHintergrundderHyperkomplexitätwerdennunausdenwissenschaftlichenPerspektivenderPolitik-undKommunikationswissenschaftsowiederSoziologie,Definitionenuntersucht,umeinenAnsatzpunktfürdieAnalyse
derRollederSymboleinderPolitischenKommunikationzufinden.DieDefinitionenwerdenden
wissenschaftlichenDisziplinenanhandderProfessionihrerAutorenzugeordnet.Exemplarischfürdie
PolitikwissenschaftdefiniertVowePolitischeKommunikationals„symbolischeInteraktionimZusammenhangbindenderEntscheidungenundinFormunterschiedlicherGradevonÖffentlichkeitmit
ihrenjeweiligenMedien“(Vowe2003,p.527).
VowestelltKommunikationindenZusammenhangmitdem,ausderSoziologiestammenden,theoretischenRahmendesSymbolischenInteraktionismus.ErverstehtKommunikationdemnachalssozialeHandlungzurGenerierungvonBedeutungendurchdenAustauschvonSymbolen.Politischwird
diesesVerständnisvonKommunikation,wenndieseBedeutungenfürdieÖffentlichkeitbindende
Entscheidungendarstellen.FürVowegibtesunterschiedlicheGradeanÖffentlichkeit,somitistpolitischeKommunikationnichtaufeinenbestimmtenBedeutungsraumbegrenzt,sondernkannvon
wenigenPersonenbishinzurganzenGesellschaftdurchgeführtwerden.AuchgibteskeineBegrenzungderMedien,derAutorerklärt,dassjederöffentlicheGradunterschiedlicheMediennutzen
kann,wodurchdieFrage,obdieKommunikationpolitischistodernicht,einziganderbindenden
RelevanzdieserfürdieGesellschaftfestzumachenist.Dadurch,dassVowePolitischeKommunikation
einzigüberdasKriteriumderbindendenEntscheidungdefiniert,mussseinVerständnisvonPolitik
geklärtwerden,denndieseArtvonEntscheidungenkönnenauchaußerhalbeinesPolitikverständnisses,dasdieDimensionenderpolity,politicsundpolicybeschreibt,umgesetztwerden.
EinenanderenAnsatzhatderbritischeMedien-undKommunikationswissenschaftlerMcNair
hervorgebracht.ErhatseineDefinitionvonPolitischerKommunikationselbstindreiAbschnitteunterteilt.
“PoliticalCommunicationas„purposefulcommunicationaboutpolitics[…]:1.Allformsof
communicationundertakenbypoliticiansandotherpoliticalactorsforthepurposeofachieving
specificobjectives.2.Communicationaddressedtotheseactorsbynon-politicianssuchasvotersandnewspaperscolumnists.3.Communicationabouttheseactorsandtheiractivities,as
containedinnewsreports,editorials,andotherformsofmediadiscussionofpolitics”(McNair
2003,p.4).
McNairverstehtunterPolitischerKommunikationeinebewusstzielgerichteteKommunikationmit
demInhaltPolitik.ErdefiniertPolitischeKommunikationnichtüberdieArtderKommunikation,son-
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dernüberdenUrheberdieserundderenInhalt.SeinAugenmerkliegtaufdenKommunikatorenund
derenKommunikationsvermögen,weswegenerdadurchdreiunterschiedlicheWegederKommunikationmitpolitischemInhaltaufweist.DieersteFormistjeglicheKommunikation,dieeinpolitischer
Akteurunternimmt,umeinbestimmtesZielzuerreichen.McNairunterstelltdamit,dassdieAkteure
KommunikationalsstrategischesMitteleinsetzen.DochdieseswirdnichtnureinseitigvompolitischenAkteurdesPolitikerseingesetzt.ImzweitenPunktwirddeutlichgemacht,dassPolitische
Kommunikationreziprokzuverstehenist,undsomitistauchKommunikation,diezumpolitischen
Akteurzurückfließt,PolitischeKommunikation.ImdrittenPunktverdeutlichtderAutordiePosition
derMedien.DennnichtnurdirekteKommunikationzwischenAkteurenwirdalsPolitischeKommunikationverstanden,sondernauchdieBerichterstattungübereinenamdirektenKommunikationsprozessunbeteiligtenpolitischenAkteur.AuskommunikationswissenschaftlicherPerspektivegreiftdieserPunktdasVerhältniszwischenMedienundÖffentlichkeitauf.NichtgeklärtwirddurchdieseDefinition,obdieMedienalspolitischerAkteurgesehenwerden.MitAusnahmenderPolitikerbeschreibtMcNairnicht,werseinerAnsichtnachzudenpolitischenAkteurengezähltwerdendarf.
WederimzweitenPunkt,indemWählerundJournalistenlediglichalsnichtPolitikerausgewiesen
werden,nochimdrittenPunkt,wirddiesdeutlich.SomitstelltsichdieFrage,objederBürger,der
wählendarf,automatischeinpolitischerAkteurist,odererunterschiedlicheRolleneinnehmenkann,
dieihnsowohlalseinenpolitischen,alsauchalseinennichtpolitischenAkteureinordnenlassen.
EinenanderenAnsatzfüreineDefinitionmitsoziologischemHintergrundwählenGraberund
Smith:
“Thefieldofpoliticalcommunication[…]encompassestheconstruction,sending,receiving,and
processingofmessagesthatpotenziallyhaveasignificantdirectorindirectimpactonpolitics.
Themessagesendersormessagereceiversmaybepoliticians,journalists,membersofinterest
groups,orprivate,unorganizedcitizens.Thekeyelementisthatthemessagehasasignificant
politicaleffectonthethinking,beliefs,andbehaviorsofindividuals,groups,institutions,and
wholesocietiesandtheenvironmentsinwhichtheyexist.”(Graber,Smith2005,p.479)
ImKernderDefinitionvonGraberundSmithstehtderEffekt,dendiepolitischenAkteureaufdie
Gesellschafthaben.KommunikationsehensiealsProzesszurVermittlungvonInhalten,wasmehr
derkommunikationswissenschaftlichenSichtweiseaufPolitischeKommunikationentspricht.Wer
politischerAkteuristentscheidetsichdurchdenGradderPolitisierungeinerNachrichtundistnicht
aufeinebestimmtePositionfestgelegt.PolitischwirddieKommunikation,wennsiewesentliche
AuswirkungenaufdiePolitikhat.DieslässtRaumzuhinterfragen,wasdasPolitischeausmachtund
wiePolitikundnichtPolitikunterschiedenwerdenkönnen,bzw.wiefestgesetztwirdwasPolitik
ausmacht.
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DieauffälligsteEinigkeitderunterschiedlichenPerspektivenbestehtsomitinderUneinigkeit
bezüglicheineseindeutigentheoretischenHintergrundes,unterdemPolitischeKommunikationbetrachtetwerdensoll.
Allerdingsistfestzuhalten,dassEinigkeitdarinzubestehenscheint,dassPolitikeinhohes
MaßanÖffentlichkeitbenötigt.InallenPerspektivenwirddenMediendafüreinebedeutendeRolle
zugesprochen.NachdenbisherigenErkenntnissenbildetsichübergreifendeinBeziehungsgeflecht
zwischenPolitik,MedienundÖffentlichkeit.PolitischerKommunikationwirdauchinallenPerspektiveneinEffektaufdieGesellschaft,oderTeiledieser,zugesprochen.IndemokratischenGesellschaftenmüssenEntscheidungenlegitimiertwerden,weswegenauchdasVerhältnisvonÖffentlichkeit
undLegitimitäteinenAnsatzpunktliefernkann,welcherdieRollederSymboleinderPolitischen
Kommunikationerklärenkann.
DasBeziehungsgeflechtzwischenBürger,PolitikundMedienbestehtnichtalleinedem
SelbstzweckderKommunikationwegen,sondernbesitztdarüberhinausauchnochdieZwecke,ÖffentlichkeitherzustellenundLegitimitätfürdieHandlungenderpolitischenAkteurezugewährleisten.DiezentraleBedeutungdesBegriffsÖffentlichkeitwurdelangeindenSozialwissenschaftennur
unzureichendausgearbeitet.ErstHabermasentwickeltemitseinemWerkStrukturwandelderÖffentlichkeiteinnormativesdemokratischesModellvonÖffentlichkeitundbefruchtetedamiteinenwissenschaftlichenDiskurs,zudemDahrendorfundvorallemLuhmannmitihrenWerkenGegenpositionenbeziehen.SiehtHabermasinderÖffentlichkeitnocheinenRaumindemalleBürgerrational
diskutierenbiseinevernünftigeöffentlicheMeinungentstehtdiezupolitischenEntscheidungen
führt(Habermas1991),betontDahrendorf,dasseinedauerhafteBeteiligungallerBürgerandiesem
ProzesszurBildungeineröffentlichenMeinungutopischistundauchnichtwünschenswertsein
kann.FürihnmussesinstitutionelleMöglichkeitenderPartizipationfürdenBürgergeben,beider
auseinerallgemeinpassivenÖffentlichkeiteineaktivewird(Dahrendorf1986).Luhmannentwickelt
mitseinerArbeiteinekomplettsystemtheoretischeBeschreibungvonÖffentlichkeitundsiehtdarin
einBeobachtungssystemderGesellschaft(Gerhards1998,pp.268).Öffentlichkeitkannsomitals
KommunikationssystemderGesellschaftzwischendenAkteurenBürger,PolitikundMedienbezeichnetwerden.IhrProduktistdieöffentlicheMeinung,dievonderindividuellenMeinungderAkteure
starkabweichenkann:„LegitimitätstehtimSpannungsfeldvonpolitischerKulturundpolitischer
Struktur.Öffentlichkeitistdemnacheinenotwendige,keineswegsaberhinreichendeBedingungvon
Legitimität“(Sarcinelli1998,p.252).
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DasHerbeiführenbindenderEntscheidungenbedarfdenständigenEinbezugderöffentlichen
Meinung,aberesistnichtnurdieAufgabederpolitischenAkteuredieserMeinungzufolgenundsie
umzusetzen.NachSarcinellibestehtaucheinhypothetischerVolkswille,dernichtimmermitderaktuellenöffentlichenMeinungübereinstimmenmuss.VoralleminZeitenderKriseoderbeigroßen
Reformengehendieseauseinander.DieAkteuredespolitischenSystemsmüssenfürZustimmungbei
derBevölkerungkämpfen.BeieinemMissachtenderöffentlichenMeinungübereinenlängerenZeitraumwirddiesjedochspätestensbeidernächstenLegitimationderpolitischenMachtdurchden
Souveränsanktioniert,z.B.inFormeinesverändertenWahlergebnisses(Sarcinelli2011,p.11).
SymboleinderPolitischenKommunikation
WurdenimerstenSchrittnunausdemweitenFeldderPolitischenKommunikationAnsatzpunktefür
dieBeantwortungderForschungsfragegefunden,mussnunerklärtwerden,wasSymbolesindund
welcheFunktionsiebesitzen.FragenzurEntstehungvonSymbolenundihrerBedeutungfür
menschlichesVerhalten,sollenunterschiedlichzubeantwortenversuchtwerden.ExemplarischwerdenimFolgendendieSymbolbegriffevonDurkheim,BourdieuundBlumerdargestelltundanschließendimSinnederForschungsfragehinsichtlichPolitischerKommunikationuntersucht.
EmileDurkheim
DurchdasVerwendenvonZeichenistesdemIndividuummöglich,seineInnenzuständeauszudrücken.KommunikationjederArtwirdsomitzurGrundvoraussetzungvongemeinschaftlichenHandlungen.DamitauseinzelnenInnenzuständeneineGemeinschaft,einGemeingefühlentsteht,müssen
die„Zeichen,diesieausdrücken,selbstwiederineinemeinzigenundalleinigenZeichenverschmelzen“(Durkheim1998,p.315).SymboleentstehensomitdurcheinengruppendynamischenProzess,
welchersowohlfürdieGruppe,alsauchfürdasIndividuumIdentitäthervorbringt.DasIndividuum
erfährtdieBedeutungvonSymbolenvonaußen,hatdurchseineHandlungeninderGemeinschaft
aberauchEinflussaufdieses.SymbolesindfürDurkheimgeistigeKonstrukteundBedeutungsträger,
diesichinirgendeinermateriellenForminderWirklichkeitdarstellen,ihreBedeutungabervonder,
demIndividuumübergeordneten,Gesellschafterfahren.DieVerbindungvonFormundInhaltgeschiehtdurchdieKräftederGesellschaft.DieFormspieltdabeieineuntergeordneteRolle,dasienur
alsRepräsentantdenInhaltinderrealenWeltdarstellt,damitderMenschaufetwas,dasnichtinder
reinenGedankenweltbesteht,verweisenkann(Durkheim1998).
PierreBourdieu
Bourdieugehtdavonaus,dassdieGesellschaftalssozialesFeldinunterschiedlichesozialeGruppen
unterteiltwerdenkann.AkteureundGruppenstehenentlangeinesMachtgefällesinBeziehungen
zueinander.DieindividuellenLebensstile,zusammenmitdemwährendderSozialisationvonder
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GruppeübernommenenHabitus,habenEinflussaufdieindividuellenBeziehungenderAkteureun-
tereinander.NebendemphysischenAusdruckderLebensstileentwickeltsichparallelaucheinesymbolischeEbene,diedazudient,eineGruppezuformenundvorallemvonAndereninFormvonsignifikantenUnterscheidungsmerkmalenabzugrenzen.SymbolesindsomitnichtanObjektegebunden,
sondernbildeneinSystem,welchesderAkteurinBezugderjeweiligenUmweltinterpretierenmuss.
SymbolewerdenzusemantischenRepräsentanteninnerhalbdersozialenOrdnung.DiesozialeGruppestattetdenAkteurzunächstmiteinemsymbolischenKapitalaus,welchesdenKontextfürSymbolebildet.DerAkteurkannsichverschiedenenKontextenunterschiedlicherGruppenbewusstwerden
undseinsymbolischesKapitalvermehren.DieseSichtweiseführtdazu,dassSymbolenMachtzugesprochenwird.DennsollbeimsymbolischenKapitaldasPrestigedurchdasUmfeldanerkanntwerden,somussderrichtigeGebrauchvonSymbolenauchimjeweiligenKontextanerkanntwerden.Die
BedeutungvonSymbolenundderenkorrekterEinsatzstehensomitimdirektenBezugzurStellung
desAkteursinnerhalbdessozialenFeldes.SiedrückenaufsemantischeWeisedieUnterschiedeim
sozialenFeldaus(Bourdieu1984).
HerbertBlumer
ObwohlBlumerseineTheoriedesSymbolischenInteraktionismusineinemBestandteildesTitels
nachdemSymbolbenannthat,bleibenseineAusführungen,wasdieserBegriffkonkretbeinhaltet
undumfasst,unpräzise.DieSichtweise,BedeutungenauseineminterpretativenAktdesIndividuums
herzuleitenunddarineinenandauerndenProzesszusehen,ermöglichtesjedoch,denSymbolbegriff
voneineruniversellenGeltungzulösen.SymboleerschaffendurchihreVerwendunginderInteraktionsymbolischeWelten.Diesbedeutet,dasssiealsgedanklichesKonstruktdiesubjektiveWirklichkeit
vonPersonendurchdieInteraktionhervorbringenundsichtbarwerdenlassenunddiesymbolische
Welt,aufGrundlagederindividuellenBedeutungvonallenwahrnehmbarenObjekten,schaffen.Bei
derInteraktiongiltesauchimmer,durchdieHandlungdieBeziehungzwischenPersonenauszuhandeln.GehtBlumerdavonaus,dassdurchdieInterpretationvonHandlungendieBedeutungvom
Individuumselberhervorgebrachtwird,kannnundavonausgegangenwerden,dasssichbeieinem
FortführenderKommunikationeineBeziehungzwischendenKommunikantenentwickelt,dieeinem
dieMachtzuschreibt,DingenIdentitätdurchKommunikationzugebenundzunehmen.DieserVorgangführtdazu,dassPersonen,denendiemächtigerePositionineinerBeziehungzugesprochen
wird,durchBenennenEinflussaufdieInterpretationennehmenkönnen.DasGegenübergestattet
derPerson,dessenInterpretationeinerHandlungalsseineeigeneInterpretationzuübernehmen
(Blumer2013).
SoweitdieunterschiedlichenBegriffsverständnisse.DochwelchenStellenwertbesitzenSym-
bolenunfürdiePolitischeKommunikation?
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FürDurkheimstellenSymbolegeistigeKonstruktedar,diedurchdieGesellschaftmitBedeu-
tungversehenwerdenundineinerbeliebigenmateriellenForminderWirklichkeitauftreten.SämtlicheKommunikationderAkteuredesBeziehungsgeflechtsinderÖffentlichkeitwürdeüberSymbole
geschehen,derenBedeutungdieöffentlicheMeinungdenAkteurenzurVerfügungstellt.Dochdiese
SichtbirgtProbleme.DieöffentlicheMeinungmussvondenAkteurenaktivbeeinflussbarbleiben.
WirdsiemitdemgruppendynamischenProzessgleichgesetzt,dernachDurkheimSymbolenvonaußendieBedeutungzuweist,stehtdieöffentlicheMeinungalsuniversalgeltendesElementinder
Öffentlichkeit.DieAkteurekönntensienichtverändernundsienichtalsGrundlagederLegitimität
durchdieÖffentlichkeitnutzen.
PolitischeEntscheidungensind,zueinemgroßenTeil,auchmitderDurchsetzungvonMacht
verbunden.FürBourdieuentstehtMachtausdemGefälleinnerhalbdersozialenOrdnung.DerrichtigeGebrauchvonSymbolenmussvonderjeweiligenGruppeanerkanntwerden.Symbolenwird
somitMachtzugesprochen.IhrkorrekterEinsatzbringtdenAkteurineinemächtigePosition.Derjenige,derseinsymbolischesKapitalrichtigeinzusetzenvermag,kannsichderZustimmungseiner
Gruppegewisssein.BourdieusprichtAkteuren,diepolitischHandeln,somitauchAkteurendiePolitischeKommunikationbetreiben,dasVermögenzu,SymbolealsRepräsentationendersozialenWelt
verändernzukönnen.DerPolitisch-HandelndeistalsoinderLage,dievondenAkteurenanerkannte
sozialeWeltzuverändern,indemdieVorstellungüberdieseWeltbeidenAkteurengeändertwird.
PolitischeKommunikationwirdvondenAkteurengenutzt,umMachtüberBedeutungenzuerlangen.
AuchBlumerbeschäftigtsichmitderMachtinVerbindungmitderBedeutungvonSymbolen.
DochandersalsbeiBourdieuerlangteinAkteurMachtnichtausseinerPositionimsozialenFeld,
sonderndurchdieBeziehungzuanderenAkteurenwährenddiesemiteinanderinteragieren.FürdiesenVorgangimplementierterinseinerTheoriedenBegriffdesMachtspiels.Blumererläutert,dass
Machtwichtigist,umdieInteresseneinerGruppedurchsetzenzukönnen.Machtbestehtdamit
nichtvordemEingeheneinerBeziehung,sondernwirdinihrdurchdiesymbolvermittelteKommunikationallmählichaufgebautundunterschiedlichverteilt(Blumer2013,pp.176).
FürdiePolitischeKommunikationbedeutetdies,dassalleAkteuredesBeziehungsgeflechts
nachderMachtstreben,dieBedeutungvonSymbolenzubeeinflussen,umihreInteresseninder
öffentlichenMeinungdurchsetzenzukönnenunddamitLegitimationvonpolitischenHandlungen
herstellenzukönnen,oderdiesezuverweigern.BeiBourdieuistdieMachtandenAkteurgebunden.
DurchdasgeschickteAusspielenseinerKapitalien,kannerdieMachtpositionerlangenunddieBedeutungennachseinenVorstellungenschaffenoderabschaffen.BlumersMachtverständnisistklar
andieBeziehungderAkteureunddamitandieInteraktiongebunden.PolitischeKommunikation
wirdgenutzt,umdieseMachtbeziehungherzustellen.DieRolle,dieSymbolefürdiePolitischeKom128
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munikationspielen,kannausgehendvonderForschungsfragedamitbeantwortetwerden,dassderjenige,derdieDeutungsmachtübersiebesitzt,seinepolitischenHandlungenlegitimierenkann.
KulturundRechtalsSynonymephilosophischerRichtungen
DieHälftederForschungsfrageistsomitbeantwortet.FolgendwerdenmitdenWerkenvonJohn
RawlsundCharlesTaylorzweiunterschiedlicheGesellschaftskonzeptionendargestellt,umzuergründenaufwelchegesellschaftlichenGrundlagensichdieRollederSymbolebeziehenmuss.Rawls
istdemLagerderliberalenPhilosophiezuzuordnenundTaylordemderKommunitaristen.Dieim
TitelverwendetenBegriffeRechtundKulturstehenalsSynonymefürdiesepolitischenPhilosophierichtungen.
RawlsstelltinseinemWerkEineTheoriederGerechtigkeitselbigealsoberstesZieleinerGe-
sellschaftsordnungdar.SämtlicheBürgerrechtemüssendemGerechtigkeitsprinzipentspringenund
besitzenbleibendeGeltung.GrundlageeinergerechtenGesellschaftsordnungisteinGesellschaftsvertrag,eineIdee,dieschondiePhilosophenLocke,RousseauundKantinihrenWerkenbehandelt
haben.DamitdieGesellschaftdieGerechtigkeitsgrundsätzenachdemPrinzipderFairnessineinen
Vertragfixierenkann,musssiesichzuvorineinerSituationbefinden,indersiesichaufdieseeinigt.
RawlsgehtvoneinemhypothetischenUrzustandaus,derdieCharakteristikaderGleichheit,desGerechtigkeitssinnsderMenschenundderenWillen,dieerarbeitetenGrundsätzealsverbindlichanzuerkennen,aufweist.NichtjedesMitgliedeinerGesellschaftkannindenGenussderbestenStellungin
ihrgelangen.DamitimUrzustandniemanddieGerechtigkeitsprinzipiennachseinemeigenenInteressezuschneidenkann,müssendenMenschenindieserSituationbestimmteInformationenvorenthaltenwerden.RawlswendetdafüreinegedanklicheKonstruktionan,dieerdenSchleierdes
Nichtwissensnennt.DieuniversellgeltendenGerechtigkeitsgrundsätze,aufdenenseinerMeinung
nachjedeGesellschaftaufgebautwerdensollte,besteheninhierarchischerOrdnungausFreiheit,
ChancengleichheitunddemDifferenzprinzip(Rawls2012).
DiekommunitaristischePhilosophiebildetdenklarenGegenpolzurliberalenSichtweiseauf
einegerechteGesellschaft.Siebestreitet,dassdasRechtVorrangvorderKulturunddenWerten
einerGesellschafthabensollte(Rommerskirchen2015,p.163).TaylorkritisiertinseinemWerkMultikulturalismusunddiePolitikderAnerkennung,dasseinGesellschaftsvertrageineGesellschaftzu
starkhomogenisiertunddieunterschiedlichenIdentitätenderMenschenundgesellschaftlichen
Gruppennichtanerkennt.SeinerMeinungnachmussdieseAnerkennungerstgewonnenwerdenund
stelltsomiteinelementaresmenschlichesStrebenineinerGesellschaftdar.Taylorleitetausder
BedeutungderAnerkennungdiebesondereStellungvonBeziehungenzwischenMenschenab.Den
Prozess,AnerkennungaufeinergesellschaftlichenEbenezuerlangen,nenntTaylorPolitikdergleichheitlichenAnerkennung.DieserBegriffvereintzweiunterschiedlicheAnsätze.AufdereinenSeitedie
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PolitikdesUniversalismus,welchediegleichenGrundsätzefüralleBürgerbetont.Aufderanderen
SeitehatdiemoderneIdentitätsvorstellungeinePolitikderDifferenzhervorgebracht.WährendeinigePhilosophenbeidePositionenfürunvereinbarhalten,siehtTaylorindenbeidenAnsätzenzur
PolitikderAnerkennungkeinWiderspruch.ErbeschreibteinModell,dassauch,wiebeiderPolitik
desUniversalismus,bestimmteRechtefürjedePersonunterschiedslosbestehen.Darüberhinaus
werdenallerdingsSonderrechteeingeräumt,dieesdenMenschenermöglichen,freiheitlichihre
IdentitätauszulebenundinihremkulturellenKontextkollektiveZielezuverfolgen(Taylor2009).
Fazit:DieRollederSymbolebeiLiberalenundKommunitaristen
WelcheRollespielenSymboleinderPolitischenKommunikationbeidenLiberalen?NachRawlsTheoriemussderEinsatzvonSymboleninderPolitischenKommunikationseinendreiGerechtigkeitsgrundsätzenentsprechen.ZunächstsolldieFreiheitbetrachtetwerden.FürRawlsbesitztdasMitgliedeinergerechtenGesellschaftgenausovieleGrundfreiheiten,wiesiesichmitdengleichen
GrundfreiheiteneinesanderenMitgliedsvertragen.PolitischeKommunikationindemokratischen
GesellschaftenbedarfvorallemderMeinungs-undInformationsfreiheit,damitdieöffentlicheMeinungvonvielenunterschiedlichenMeinungengeprägtwerdenkann.NureinfreiesMitgliedderGesellschaftwirdandempolitischenProzesspartizipieren.FreiheitbildetfürdieForschungsfragedie
Grundlage,damiteinKampfumdieDeutungsmachtderSymboleüberhauptgeführtwerdenkann.In
einerGesellschaftunfreierMitgliedergäbeeseinefesteDeutungshoheitdesAkteurs,demdiepolitischeMachtinnewohnt.DamitpolitischeHandlungenlegitimiertwerdenkönnen,bedarfessomit
einerMeinungsvielfalt,dieaufdenGrundfreiheitenaufbaut.DernächsteGerechtigkeitsgrundsatzist
derderChancengleichheit.AufdieFragebezogenbedeutetdies,dassjedesMitgliedgleichenZugang
zurÖffentlichkeitbesitzenmuss.DieÖffentlichkeitistderRaum,indeminderPolitischenKommunikationderKampfumdieDeutungsmachtvonSymbolenstattfindet.JedesMitgliedmussuntergleichenVoraussetzungenindiesenKampfgehenunddiesenauchgewinnenkönnen.DerletzteGrundsatzdenRawlsformuliert,istdasDifferenzprinzip.Ungleichheitmusssogestaltetsein,dasssiedem
amwenigstenBegünstigtendennocheineVerbesserunginAussichtstellt.DieDeutungsmachtkann
nureinemAkteurzugesprochenwerden,wodurcheinUngleichgewichtinderMachtverteilungentsteht.FürRawlsistdiesdannakzeptabel,wenndieAkteure,welchedenMachtkampfverlorenhaben,dennochdavonprofitieren.DieDeutungshoheitwirddazuverwendet,Legitimitätfürpolitische
Handlungenherzustellen.DieseHandlungenmündeninfürdieGesellschaftbindendenEntscheidungen.DasDifferenzprinzipistdanneingehalten,wenndieseEntscheidungendemVerliererdes
MachtkampfesdennocheineVerbesserungerfahren.DerjenigeAkteur,welcherdieDeutungsmacht
überSymboleerlangt,kannallerdingsdiesenichtnachBeliebendeuten,danachRawlsAuffassung
dasRechtimmerVorrangbesitzt.DurchdieUniversalitätderGerechtigkeitsgrundsätzeimGesellschaftsvertragmüssensichseineDeutungenimmeraufdiesenbeziehenundihmentsprechen.Doch
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isterimStandediesnachzuweisen,besitztseineDeutungklaresymbolischeGehalte,welchefürdie
gesamteGesellschaftuniversellbindendsind.DieFragenachderRollederSymboleinderPolitischen
Kommunikation,vordemHintergrundderliberalenPhilosophie,istdamitzubeantworten,dasssie
fürdieGesellschaftuniversellgeltendeDeutungendesGesellschaftsvertrageshervorbringen.
WelcheRollespielenSymboleinderPolitischenKommunikationbeiKommunitaristen?Taylor
stelltmitseinerTheoriederPolitikderAnerkennungeinanderesVerständnisvoneinergerechten
Gesellschaftdar.DieGerechtigkeitsgrundsätzeeinerGesellschaftkönnennichtfürjedesMitgliedund
jedeGruppeuniversellgelten,dasonstdadurchdiepersönlichenundkulturellenIdentitätender
MitgliederderGesellschaftmissachtetwerden.TaylorsModellfüreinegerechteGesellschaftsordnungsiehtvor,dassdenMitgliederneinerGesellschaftsowohlgewisseuniversellgeltendenRechte
zugesprochenwerden,alsauchSonderrechte,dieihreIdentitätundKulturberücksichtigen.Zwischen
denbeidenRechtenmussständigabgewogenwerden,welchesmehrRelevanzbesitzt.FürdenEinsatzvonSymboleninderPolitischenKommunikationbedeutetdies,derjenige,deralsSiegerdes
Machtkampfeshervorgeht,musszunächstdenRespektgegenüberdenanderenIdentitätenundKulturenderGesellschaftausdrücken.DaeineGesellschaftausvielenGruppenbesteht,diealleaus
ihrerKultureigeneSymbolverständnissehervorgebrachthaben,bildendieseGruppenzunächstden
normativenRahmenderMitgliedereinerGesellschaft.DieWahrungderKulturenderverschiedenen
GruppenführtsomitzuunterschiedlichennormativenRahmen.UmdieseineinerGesellschaftzu
vereinen,bedarfesBindungskräftezwischendenGruppen.DieGesellschaftmussfürsichhervorbringenwasdasGutsei,aufdassiesichberufensoll.SiemussalsGemeinschaftderGleichenunterschiedlicherIdentitätenangesehenwerden.DieshatKonsequenzenfürdenjenigen,deralsSieger
ausdemMachtkampfumdieDeutungsmachtvonSymbolenhervorgeht.Damitallenkulturellen
GruppengegenüberRespektgezolltwird,musserfähigsein,dieBedeutungenderSymbolejeder
Gruppezuerkennenundumzudeuten.BeziehtsichseineDeutungaufgenerelleRechtemusser
neutraleSymboleerstellen,dievonallenverstandenwerden.AlleSymbolemüssendiekollektivistischenZiele,dasGutderGesellschaft,berücksichtigen,damitdieBedeutungderSymboleaufden
GerechtigkeitsgrundsätzendieserberuhtundderpolitischeAkteurLegitimationfürseineHandlungenerzielenkann.DieFrage,welcheRolleSymboleinderPolitischenKommunikationbeiKommunitaristenspielen,istdamitzubeantworten,dasssiedieDifferenzderIndividuenanerkenntundzur
VerständigungüberdasGutderGesellschaftbeitragen.
WelcheRollespielenSymboleinderPolitischenKommunikationbeiKommunitaristenund
Liberalen?WasdieUnterschiededieserRollenachbeidenSichtweisenangeht,wurdendiesedurch
dieUnterfragendargestellt.DochesgibtaucheineGemeinsamkeit,diediebeidenphilosophischen
RichtungenderRollederSymboleinderPolitischenKommunikationmitgeben.BeideVorstellungen
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einergerechtenGesellschaftbasierenaufunterschiedlichenGerechtigkeitsgrundsätzen.DochstimmenbeideRichtungendarinüberein,dassdieLegitimationpolitischerHandlungendurchdieDeutungsmachtüberhauptaufGerechtigkeitsgrundsätzen,wieauchimmerdieGesellschaftdieseformuliert,beruhenmüssen,dasonstkeineLegitimationerreichtwerdenkann.DieForschungsfrageist
demnachdamitzubeantworten,dassdieRollederSymboledarinbesteht,überdieDeutungsmacht
undinBezugaufdiegeltendenGerechtigkeitsgrundsätzeLegitimationfürpolitischeHandlungen
herzustellen.
Resümierendkannfestgehaltenwerden,dassdieBeantwortungderForschungsfrageeines
umfassendenTheorierahmensbedurfte.Reflektierendmussgesagtwerden,dassvielederbehandeltenTheorien,besondersbeiderErläuterungderunterschiedlichenPerspektivenaufPolitischeKommunikation,nurinAuszügenindiesemArtikelbehandeltwerdenkonnten.EswirdkeinAnspruchauf
Vollständigkeitdiesererhoben.DiesesVorgehenführtesicherlichandereinenoderanderenStelle
zuUnschärfen,dochstanddieBeantwortungderForschungsfrageimFokus.
DassSymboleeinenEinflussaufdiePolitischeKommunikationunddamitaufdieGesellschaft
besitzen,wiedieserEinflusszustandekommtunddassihreBedeutungengesellschaftlichenGerechtigkeitsgrundsätzenentspringenmüssen,sindAnsatzpunktefüreineweitereUntersuchungdesForschungsfeldhinsichtlichdieserThematik.WeitereFragenkönntensein:GibtesUnterschiedeinden
BeziehungenzwischendenAkteurenderPolitischenKommunikation?WieistdasVerhältnisvon
PolitikundMedienzueinanderundwelchenEinflusshatdiesaufdenMachtkampfumdieDeutungsmacht?SpielenSymboleinderPolitischenKommunikationnicht-demokratischerGesellschaftendieselbeRolle?
InderEinleitungwurdedieBeobachtungerwähnt,dassgeradeinschwierigenKrisenzeiten
dieGesellschaftinnereSpannungenaufweistundpolitischeEntscheidungennichtimmervonder
gesamtenGemeinschaftakzeptiertwerden.Dazusollabschließendfestgehaltenwerden,dassein
RollenverständnisderSymboleinderPolitischenKommunikationuntereinerkommunitaristischen
PerspektiveeineChancedarstellenkann,diesesProblemzulösen.
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