38 3.2 Systeme ohne Gedächtnis (ohne Speicher) Systeme ohne „Gedächtnis“, d.h. ohne Speicherelemente sind z.B. Netzwerke aus rein ohmschen Widerständen (Bild 3.1). Bild 3.1: System ohne Speicher mit konstanten ohmschen Widerständen R1, R2 Die (Bau-)Elemente R1 und R2 können keine elektrische Energie speichern, so daß der Wert des Ausgangssignals y(t)=ua(t) im Zeitpunkt t nur vom Wert des Eingangssignals u(t)=ue(t) in demselben Zeitpunkt abhängt: y (t ) = f [u (t )]. (3.2) Konkret ist hier gemäß Spannungsteilregel u a (t ) = R2 u (t ) R1 + R2 e (3.3) die das System für jeden Zeitpunkt t beschreibende Gleichung. Bei konstanten Widerständen hängt der „Übertragungsfaktor“ K= R2 R1 + R2 nicht vor der Zeit ab; er ist konstant. Das mathematische Modell für die Signalübertragung hat also die ganz einfache Form der linearen algebraischen Gleichung y (t ) = K ⋅ u(t ) (3.4) mit konstantem Koeffizienten K. Mit der Annahme der konstanten Widerstände stellt also das System aus Bild 3.1 ein lineares zeitinvariantes System dar. (Man überzeuge sich durch Anwendung des Superpositions- und Verschiebungsprinzips!) Der analytischen Form des Modells (3.4) entspricht die graphische Darstellung als Kennlinie (Bild 3.2): 39 Bild 3.2: Kennlinie des „statischen“ Systems aus Bild 3.1 mit konstanten Widerständen Die Kennlinie ist eine Gerade und hat für alle t den konstanten Anstieg tan α = K. Würden sich die Widerstände (z.B. durch Erwärmung) im Laufe der Zeit ändern, so wird K=K(t), und es liegt ein lineares zeitvariantes System vor. Graphisch erhält man entsprechend Bild 3.2 eine Geradenschar: Für unterschiedliche Zeitpunkte ti gelten verschiedene Geraden mit unterschiedlichen Anstiegen. Besitzt im Netzwerk Bild 3.1 (mindestens) einer der Widerstände eine nichtlineare Strom-Spannungs-Charakteristik, stellt also einen nichtlinearen Widerstand dar, so hat das zur Folge, daß sich über den von der Größe des Eingangs abhängigen Stromfluß durch das Netzwerk ein von u abhängiger Übertragungsfaktor K=K(u) ergibt; anstelle von (3.4) gilt dann y (t ) = K[u (t )] ⋅ u (t ) = f [u (t )]. (3.5) Auch hier hängt der Wert des Ausgangssignals im Zeitpunkt t nur vom Wert des Eingangssignals in demselben Zeitpunkt ab. Es liegt also ein System ohne Gedächtnis (Speicher) vor, das aber nichtlinear ist, da der Faktor K [u (t )] in (3.5) selbst von der Größe des Eingangssignals u abhängt und damit y eine nichtlineare Abhängigkeit von u hat. Die statische Kennlinie zur graphischen Darstellung dieser Abhängigkeit ist daher keine Gerade mehr, sondern eine gekrümmte Kurve y = f (u ).