HERZRHYTHMUSSTÖRUNGEN Die Akutbehandlung von Herzrhythmusstörungen stellt eine besondere Herausforderung an den Notarzt dar. Selbst für den Kardiologen unter optimalen klinischen Bedingungen ist es nicht immer einfach, die richtigen therapeutischen Entscheidungen zu treffen. Die falsche Behandlung primär nicht oder nur wenig bedrohlicher Arrhythmien kann zu lebensbedrohlichen Zuständen führen. Publizierte Guidelines sind wenig hilfreich, da sie eine Vielzahl von Möglichkeiten und Eventualitäten aufzählen, und die notwendigerweise beschränkten personellen, diagnostischen und therapeutischen Möglichkeiten im NAW oder NAH zuwenig berücksichtigen. Die Vertretung unterschiedlicher Fachrichtungen im österreichischen Notarztsystem bedingt, daß die an sich komplexe Thematik „Herzrhythmusstörungen“ zunächst möglichst einfach als diagnostische und therapeutische Leitlinie „kochrezeptartig“ dargestellt wird, mit dem Ziel der optimalen Wirksamkeit, und möglichst geringem Risiko. Es kann so in vielen Fällen nicht die denkbar beste, auf jeden Fall aber eine gute Therapie mit geringem Risiko erfolgen. Zusätzlich soll diese Abhandlung aber auch eine Anleitung für eine differenziertere präklinische Behandlung von Herzrhythmusstörungen durch nicht speziell kardiologisch orientierte Ärzte bieten. Eine eingehende EKG- Diagnostik ist weder zu fordern, noch wirklich nötig. Auch unter optimalen klinischen Bedingungen ist es oft sinnvoll, zunächst nach einem einfachen, aber sicheren Schema zu therapieren, und erst dann die exakte EKG- Analyse durchzuführen. DIAGNOSTISCHE UND THERAPEUTISCHE MÖGLICHKEITEN ZUM MANAGEMENT VON ARRHYTHMIEN Diagnostik: Mindesterfordernis: Physikalische Untersuchung, Anamnese, Monitor EKG, Blutdruck nicht invasiv, Pulsoxymetrie Fakultativ: 12 Ableitungs- EKG Nicht sinnvoll/ nicht möglich (Auswahl): Intrakardiales EKG Therapie: Mindesterfordernis: limitierte Auswahl an Medikamenten, Magnet, Möglichkeit der Cardioversion und Defibrillation Fakultativ: Temporärer transvenöser Schrittmacher, transthoracaler Schrittmacher mittels Klebeelektroden Nicht sinnvoll/ nicht möglich (Auswahl): Vollständige Medikamentenauswahl, OverdriveStimulation, Schrittmacher- Programmiergeräte Medikamente: Welche Medikamente zur Behandlung von Arrhythmien im Notarztsystem Mindesterfordernis darstellen, fakultativ, oder entbehrlich sind, ist immer wieder Gegenstand heftiger Diskussionen. Folgende Einteilung beruht auf der aktuellen Literatur, sowie eigener Bewertung aufgrund Erfahrungen im österreichischen Notarztsystem: Essentielle Medikamente: Nutzen bewiesen, in Guidelines empfohlen. Beispiel: Lidocain, Adressantin, Alupent, etc. Neuere Medikamente, die gegenüber älteren, in den Guidelines empfohlenen Medikamenten entscheidende Vorteile aufweisen, werden bei entsprechender wissenschaftlicher Absicherung ebenfalls in diese Liste aufgenommen. Beispiel: Amiodarone versus Lidocain 1 Adrenalin, Atropin, Lidocain, Amiodarone (Sedacorone), Adenosin, Esmolol (Brevibloc), Verapamil (Isoptin), Orciprenalin (Alupent), Fakultativ zu verwendende Medikamente In Guidelines empfohlen, aber wissenschaftlich nicht gut abgesichert und/oder schlecht praktikabel Beispiel: Magnesium, Kalium Für jene, die eine differenziertere Differentialtherapie beherrschen; Klinischer Nutzen muß organisatorischen Mehraufwand rechtfertigen Beispiel: Phenytoin vs. Lidocain bei ventrikulären Tachycardien, und gleichzeitiger Digitaliswirkung Langjährig gebräuchlich mit gutem Erfolg, aber nicht mehr in allen Guidelines Beispiel: konventioneller Betablocker vs. Esmolol Medikamente, die von einzelnen Mitgliedern des Notarztwesens mit guten Argumenten eingefordert werden Beispiel: Bretylium für verzweifelte Fälle (in Österreich nicht gebräuchlich) Entbehrlich: Von Seiten der Guidelines nicht erforderlich organisatorischer Zusatzaufwand rechtfertigt nicht ev. kleine Vorteile hinsichtlich klinischem Nutzen Bemerkungen zu den Antiarrhythmika Zu Lidocain vs. Amiodarone vs. Ajmalin negative Inotropie: Ajmain >> Lidocain > Amiodarone Halbwertszeit: Ajmalin < Lidocain< Amiodarone, Wirksamkeit bei ventrikulären Tachycardien (Kammertachycardie, Kammerflimmern): Amiodarone vergleichbar mit Ajmalin, Lidocain schlechter Wirksamkeit bei supraventrikulären Tachycardien: Lidocain keine, Ajmalin, Amiodarone gut Wirkung auf akzessorische Bahnen (WPW- Syndrom): Wichtig während Vorhofflimmern und rascher antegrader Leitung über akzessorische Bahn („FBI- Tachycardie“) Ajmalin: Supression der Leitung über akzessorische Bahn gut dokumentiert. Lidocain: keine Wirkung. (theoretisch bei FBI- Tachycardie wegen neg. Inotropie ungünstig, aber kaum dokumentierte „klinische Katastrophen“) Amiodarone: Komplexe Wirkung: Trotz chronisch günstiger Wirkung akut während FBITachycardie ungünstig (Einzelfälle dokumentiert). Die noch bis vor kurzem gültige Annahme, Amiodarone wäre das Universal- Notfallantiarrhythmicum, ist daher nur mit der wichtigen Ausnahme der FBI- Tachycardie gültig. Auch andere Antiarrhythmika könnten für Behandlung von Tachycardien eingefordert werden, Lidocain, Amiodarone, und Ajmain sind aber gut dokumentiert. zu Magnesium- und Kaliumsubstitution in den Guidelines „Bei bekanntem Mangel“ empfohlen, Handhabung schlecht praktikabel zu Adenosin: Kann bei klinisch stabilen supraventrikulären Tachycardien mit schmalem Kammerkomplex angewendet werden. Extrem kurze Wirkdauer. Trotzdem im Gegensatz zu früheren Ansichten kein harmloses Antiarrhythmikum. Kontraindiziert beim klinisch instabilen (Koronar)patienten, Asthmatiker, und bei manifestem WPW-Syndrom. Als Mittel zur Differentialdiagnose von Tachycardien mit breiten Kammerkomplexen (supraventrikulär oder ventrikulär?) nur für Experten geeignet! 2 PRAKTISCHES VORGEHEN BEIM RHYTHMOLOGISCHEN NOTFALL Einleitung: Die Abhandlung der Therapie der Arrhythmien setzt voraus, daß extrakardiale reversible Ursachen, die Arrhythmien auslösen können, ausgeschlossen bzw. behoben sind, oder parallel mit der Arrhytmiebehandlung korrigiert werden. (z.B. Stromeinwirkung, Obstruktion der Luftwege, Spannungspneumothorax, etc.) Ein Algorithmus zur Akutbehandlung bedrohlicher rhythmologischer Notfälle ist im Task Force Report der Europäischen cardiologischen Gesellschaft nachzulesen: The pre-hospital management of acute heart attacks. Dieser Report teilt ein in bradycarde Rhythmusstörungen, Tachycardien mit breiten Kammerkomplexen und Tachycardien mit schmalen Kammerkomplexen. Der Vollständigkeit halber sei der Algorithmus wiedergegeben: Arrhythmie- Notfall: Sauerstoffgabe, Venöser Zugang Bradycardie Breitkomplextachycardie Schmalkomplextachycardie 3 4 5 Dieser Algorithmus hat mehrere Schwächen: Fehlende Berücksichtigung der Problematik der Digitalisüberdosierung, Torsade de Pointes, sowie des Vorhofflimmerns mit rascher antegrader Leitung über die akzessorische Bahn beim WPW- Syndrom. Teilweise unpraktikable, und/oder nicht ungefährliche Vorschläge: 1. Magnesium und Kalium sind in der im Handel erhältlichen Ampullengröße mit ausreichender Sicherheit nur über Infusion oder Perfusor zu verabreichen. Die Gefahr der falschen Anwendung überwiegt vermutlich den möglichen theoretischen aber nicht klinisch validierten Nutzen. 2. Empfehlung von Atropin beim klinisch stabilem AV- Block Mobitz II: Erhöhung der Sinusfrequenz kann AV- Überleitung weiter verschlechtern, und zur Asystolie führen!! 3. Adenosin- Kontraindikationen werden nicht beachtet EKG- Kenntnis nötig Es wird daher ein Algorithmus mit maximaler Praktikabilität, und guter Relation Sicherheit/ Wirksamkeit im Sinne eines Kochrezeptes dargestellt. Weiters wird die differenziertere Behandlung der wichtigsten arrhythmogen bedingten Notfälle so abgehandelt, daß sie auch ohne spezielle EKGKenntnis möglich ist. Folgender Algorithmus ist als „einfaches Kochrezept“ gedacht. Er erfüllt obige Forderung. Obwohl nicht im Vergleich evaluiert, spricht die Datenlage eher für eine bessere Relation Sicherheit/ Wirksamkeit, als bei obigen Task Force Report. EINFACHES KOCHREZEPT ZUR NOTFALLBEHANDLUNG VON ARRHYTHMIEN Sauerstoff sofort, venöser Zugang sobald als möglich, EKG-Dokumentation und Monitor immer Bei Herz- Kreislaufstillstand Reanimation (siehe dort) Bei Klinisch instabiler Tachycardie Sedierung, Kardioversion oder Defibrillation, bei Unwirksamkeit bzw. danach Sedacorone Bei Klinisch instabiler Bradycardie Atropin, bei Unwirksamkeit Alupent; bei Unwirksamkeit Schrittmacher Bei klinisch stabiler Tachycardie Zuwarten unter Observanz, oder -bei struktureller Herzkrankheit -bei jungen, strukturell Herzgesunden, bekanntes WPW bei klinisch stabiler Bradycardie Amiodarone Ajmalin Zuwarten unter Observanz Klinische Instabilität bedeutet: Angina pectoris Atemnot (= pulmonale Stauung) Blutdruck <90 mm Hg systolisch (Richtlinie, bei Patienten mit konstitutionell niedrigem Blutdruck Zeichen der Minderperfusion) Verschlechterungstendenz Das Vorliegen auch nur eines dieser klinischen Faktoren bedeutet, daß der Patient als klinisch instabil zu betrachten ist! Strukturelle Herzkrankheit bedeutet: Vorliegen einer strukturellen Anomalie des Herzens. d.h. einer Grunderkrankung im Sinne einer KHK, Cardiomyopathie, etc.. Beim Patienten mit WPW liegt bis auf die akzess. Bahn keine strukturelle Herzerkrankung vor. 6 DIFFERENZIERTERE NOTFALLBEHANDLUNG VON ARRHYTHMIEN Diese beruht auf der Einteilung der Patienten in leicht erkennbare Gruppen: Einteilung in leicht erkennbare EKG- Kriterien 1. Tachycardien: Einteilung nach Breite des Kammerkomplexes Kammerflimmern, Kammerflattern Breitkomplextachycardie, rhythmisch Breitkomplextachycardie, arrhythmisch Schmalkomplextachycardie, rhythmisch Schmalkomplextachycardie, arrhythmisch 2. Bradycardien: Vorhofflimmern AV- Block Bradycardie mit zusätzlich bradycardiebedingter polymorpher VT/ Kammerflimmern andere 3. Schrittmacher- Notfälle, Notfälle bei Patienten mit implantiertem Defibrillator 4. Digitalis - induzierte Notfälle 5. Torsade de pointes EINTEILUNG NACH KLINISCHEN KRITEREIN 1. Zustand nach Synkope: Eine typische Synkopenanamnese, insbesondere typische Außenanamnese, kann ein Hinweis für eine intermittierende Rhythmusstörung, die zu kritischem Abfall des HZV führte und glücklicherweise spontan terminierte, sein. Diese Arrhythmie kann das nächste Mal persistieren! 2. Klinisch stabil siehe beim „Kochrezept“ angeführte Kriterien 3. Klinisch instabil . TACHYCARDIEN A) Kammerflimmern, Kammerflattern Abb.1: Kammerflimmern, erfolgreiche Defibrillation (Keine Angst, die Asystolie danach bleibt üblicherweise nicht bestehen) Klinik: Kreislaufstillstand Therapie: Siehe Reanimation. Häufige Fehler / Tips: Spätes Erkennen des Kammerflimmerns, Verzögerung der Defibrillation durch Intubation, Venenzugang, etc..(ev. kann frühe Defibrillation die sonstigen Reanimationsmaßnahmen erübrigen!) Protrahiertes Flimmern: neben allgemeinen Reanimationsmaßnahmen: Versuch mit Antiarrhythmicum (Sedacorone) Andere Paddel- Position (anterior-posterior-Position: links dorsal unter Scapula / präcordial) Mehrmalige Defibrillation mit max. Energie mehrmals kurz hintereinander ( Senkung des transthoracalen Widerstands) Acidoseausgleich: Erst nach langer Reanimation günstig, sparsam verwenden!!. Wenn vorhanden: Bretylium wenn vorhanden: Magnesium 7 B) Breitkomplextachycardie, rhythmisch Die differentialdiagnostischen Kriterien der rhythmischen Breitkomplextachycardie zur Unterscheidung zwischen ventrikulärer und supraventrikulärer Tachycardie sind präklinisch nicht wesentlich, weil: Eine Breitkomplextachycardie ist zu 70- > 90 % eine Kammertachycardie Wenn der Patient in die KHK- Risikogruppe fällt, ist eine rhythmische Breitkomplextachycardie fast in 100% eine VT! Differentialdiagnose schwierig, fatale Fehldeutung als SVT unterläuft auch Spezialisten Wird eine rhythmische Breitkomplextachycardie als VT behandelt, liegt man nie falsch Eine Differentialdiagnose wird auch in den Guidelines nicht gefordert. Im Falle einer rhythmischen Tachycardie mit breiten Kammerkomplexen sind zur Unterscheidung ventrikuläre/ supraventrikuläre Tachycardie zwei Fragen bezüglich Sensitivität/ Spezifität besser als eine EKG- Analyse durch Kardiologen: Hatten Sie jemals einen Herzinfarkt, bzw. leiden Sie an Angina pectoris? Hatten Sie dieses Herzrasen auch schon vor dem Infarkt? Wird die erste Frage mit ja, die zweite mit nein beantwortet, liegt mit Sicherheit eine Kammertyachycardie vor. Die beiden folgenden Beispiele sollen zeigen, daß die differenzierte Differentialdiagnose von Breitkomplextachycardien vom Notarzt nicht gefordert werden kann: Abb.2: Sinustachycardie, linksschenkelblockartig konfigurierte Kammerkomplexe, Form der Kammerkomplexe entspricht nach gängigen Kriterien einer VT (Ein LSB hat normalerweise keine Q V4-6!!), bei einem Patienten mit schwerer congestiver CMP (im Lungenödem) Abb.3: VT mit LSB- artigen QRS. 8 Klinik, Therapie: 1. klinisch instabil: a) EKG-Dokumentation so vollständig wie möglich (Monitorstreifen, wenn vorhanden 12Ableitungs-EKG). b) Kardiovertieren d.h. mit synchronisiertem Defi unter Sedierung! Empfohlene Erstdosis sind 200J, dann 360J. Kardioversion mit EKG dokumentieren (auch wenn nur 3 Kanal-EKG) c) Wenn erfolgreich, weitere Therapie nach Grundkrankheit, Arrhythmieprophyaxe (z.B. Sedacorone®). d) Wenn nicht erfolgreich: mehrmals kurz hintereinander mit maximaler Energie kardiovertieren, Antiarrhythmicum applizieren (z.B. Sedacorone®). e) frühzeitige Intubation, Neubeginn bei optimierter O2 Versorgung, und tiefer Sedierung 2. klinisch stabil: a) EKG so vollständig wie möglich b) Antiarrhythmicum: Sedacorone® hat in dieser Situation die beste Relation Wirkung/ Risiko. Lidocain, und Gilurytmal® sind ebenfalls erlaubt c) bei kurzem Transport oder fehlendem 12- Ableitungs-EKG auch Beobachtung ohne Therapie erlaubt; bei ersten Anzeichen für klinische Verschlechterung oder einem Frequenzanstieg auf > 150 ist ein Antiarrhythmicum indiziert. C) Breitkomplextachycardie, arrhythmisch Abb.4: Vorhofflimmern mit Schenkelblock ( wenn sehr tachycard oft pseudorhythmisch, und dann nicht leicht zu erkennen) s.u. Abb.5: „FBI- Tachycardie“ (Fast, Broad, Irregular) Für den Notarzt sind nur von 2 Formen wichtig: Vorhofflimmern mit Schenkelblock: sehr häufig: Meist typische Schenkelblock- Morphologie des QRS, oft chronisch Kranke, oft paroxysmales Vorhofflimmern bekannt. Management siehe Vorhofflimmern. EKG: Geringe Variabilität der Form der QRS- Komplexe „FBI- Tachycardie“ (Fast, Broad, Irregular): selten, aber wichtig: Vorhofflimmern bei rasch leitendem Bypasstrakt bei WPW. Dauernde exzentrische Ventrikelaktivierung kann Kammerflimmern auslösen. Je höher die Kammerfrequenz, desto gefährlicher . Alle Medikamente, die die Leitung über den AV- Knoten beeinträchtigen, ohne gleichzeitig massiv auch die Leitung über den Bypasstrakt zu hemmen, sind kontraindiziert! (Bevorzugung der Leitung über den Bypasstrakt 9 Trifft ansonst meist herzgesunde, kein chronisches Vorhofflimmern, ein WPW ist oft bekannt. EKG: starke Variabilität der Form der QRS- Komplexe Klinik, Therapie: 1. instabil: a) EKG-Dokumentation so vollständig wie möglich b) Kardiovertieren c) Wenn erfolgreich: Transport ins Krankenhaus, Prophylaxe mit: Sedacorone® beim Patienten mit struktureller Herzerkrankung Gilurytmal® beim Patienten ohne struktureller Herzerkrankung, bzw. bei WPW- Syndrom d) Wenn nicht erfolgreich: 2x kurz hintereinander mit maximaler Energie kardiovertieren, Sedacorone®, oder Gilurhythmal® applizieren. 2. stabil: a) EKG b) stabiles Vorhofflimmern braucht nicht behandelt werden, Frequenzsenkung wenn nötig mit Digitalis und/ oder Isoptin oder Beta- Blocker, wenn nötig. c) FBI- Tachycardie muß behandelt werden , auch wenn sie klinisch stabil ist: Gilurytmal®. Sedacorone®, Digitalis, Betablocker, Isoptin® sind kontraindiziert! D) Schmalkomplextachycardie, rhythmisch Die Unterscheidung der verschiedenen Pathomechanismen (Vorhoftachycardie, Vorhofflattern mit regelmäßiger Überleitung, AV- Knoten- Reentrytachycardie, orthodrome AV- Reentrytachycardie) ist für den NA von untergeordneter Bedeutung, für den Nichtspezialisten auch nicht leicht. (siehe Beispiele) Abb.6: Vorhofflattern 2:1 Überleitung Abb.7: atrioventrikuläre reentry Tachykardie, Terminierung mit Adenosin® Abb.8: Orthodrome atrioventrikuläre reentry Tachykardie, Terminierung spontan durch Block im AV-Knoten 10 Klinik Therapie: 1. instabil: a) EKG-Dokumentation so vollständig wie möglich b) Kardioversion c) Wenn erfolgreich: Transport ins KH d) Wenn nicht erfolgreich: mehrmals kurz hintereinander mit maximaler Energie kardiovertieren. 2. stabil: a) EKG b) Vagusmanöver: Carotisdruck nur, wenn gröbere Plaques auszuschließen (junger Patient) c) Adenosin® unter laufendem EKG-Monitoring. Bei Kontraindikationen Isoptin® (klassisch), aber auch -Blocker, Sedacorone®, oder Gilurytmal® erlaubt. d) Wenn als Grundrhythmus Vorhofflimmern/ Flattern demaskiert wird: siehe dort Zu Adenosin®: risikoarm, wirkt nur einige Sekunden. KI: Asthma, schwere KHK, manifestes WPW) Wirkt durch kurzfristigen Block meist im AV-Knoten. Reentry-Tachycardien, die den AV-Knoten als Teil des Reentry-Kreises benötigen, werden daher beendet, Vorhofarrhythmien werden demaskiert (selten beendet). Bolusgabe nötig! (Praktisches Vorgehen: Rasches Spritzen der benötigten Adenosindosis, rasches Nachspülen mit NaCl 0,9%) Abb.9: Demaskierung von Vorhofflattern mit Adenosin E) Schmalkomplextachycardie, arrhythmisch immer tachycardes Vorhofflimmern Abb.10: Vorhofflimmern: beachte während sehr tachycarder Phasen die pseudorhythmische Herzaktion! Klinik, Therapie: 1. klinisch instabil: selten a) EKG-Dokumentation b) Kardioversion! Kardioversion mit EKG dokumentieren (auch wenn nur Monitor- EKG vorhanden) c) Wenn erfolgreich, Transport ins KH, d) Wenn nicht erfolgreich: mehrmals kurz hintereinander mit maximaler Energie kardiovertieren. e) Wenn immer noch nicht erfolgreich: Sedacorone, Digoxin, Betablocker oder Isoptin. (Isoptin darf mit einem Betablocker nicht kombiniert werden) 2. stabil: a) EKG b) nur Beobachtung, keine Therapie c) wenn gwünscht, Betablocker, Digoxin, Isoptin® 11 BRADYCARDIEN Patienten mit Bradyarrhythmien sind dann gefährdet, wenn: a) sie hämodynamisch instabil sind (auch nur intermittierend, dann Synkopenanamnese) b) und/oder ein AV- Block Mobitz II oder höhergradig vorliegt. Therapie: a) Medikamentös: Atropin® oder Alupent®: Atropin® wirkt nur auf Vorhof und supra-His- Anteile des AV-Überleitungssystems. Ein AV-Block Mobitz II oder höhergradig kann verschlechtert werden! Alupent® hat neben dieser „Atropin®- ähnlichen Wirkung auf den Sinus- und AV- Knoten“ auch eine Erhöhung der Automatie untergeordneter Zentren zur Folge (günstig), als Nebenwirkung aber auch alle Arten von Tachyarrhythmien b) Schrittmacher- entweder transcutan (in vielen NA-Systemen möglich) oder über transvenöse Sonde. Erfahrungsgemäß selten nötig. A) Vorhofflimmern Abb.11: Bradycardes Vorhofflimmern Therapie: Wenn nötig Atropin® B) AV- Block Das Schaffen von einem oder mehreren guten venösen Zugängen gehört zu den dringlichsten Aufgaben des Notarztes. Er schafft damit die Grundlage für jede medikamentöse Therapie. Ein rechtzeitig gelegter venöser Zugang kann lebensrettend sein. Abb.12: Wenckebach-Block (= Mobitz I) a) Mobitz II: Die PQ-Zeit ist vor und nach einem blockiertem P gleich lang. Diese Leitungsstörung liegt fast immer infrahissär und ist somit gefährlich. Abb.13: Mobitz II-Block 12 Höhergradiger AV- Block und AV- Block III Mehr als ein Sinus-P zwischen 2 QRS-Komplexen ist blockiert. Diese Leitungsstörung ist fast immer infrahissär und somit gefährlich ! Abb.14: Hochgradiger AV- Block: Anfangs besteht AV- Block III mit ventrikulärem Ersatzrhythmus und AV-Dissoziation. Der schmale QRS-Komplex ist übergeleitet. C) Bradycardie mit zusätzlich bradycardiebedingter polymorpher VT/ Kammerflimmern Die Behandlung dieser Arrhythmien wird beim Kapitel Torsade de pointes /polymorphe VT besprochen (Wenn auch nicht alle diese Arrhythmien den gleichen Pathomechanismus wie die TdP aufweisen) . D) andere Bradycardien Für Notarzt relativ unbedeutend. Meist handelt es sich um symptomatische Sinusbradycardie/ Sinusausfall. Diese spricht auf Atropin praktisch immer an. SCHRITTMACHER- NOTFÄLLE NOTFÄLLE BEI PATIENTEN MIT IMPLANTIERTEM DEFIBRILLATOR Ein Schrittmacher verfügt ausschließlich über die Funktion der Stimulation, ein implantierbarer Defibrillator verfügt über alle Schrittmacherfunktionen, und zusätzlich die Funktion der automatischen Erkennung maligner Tachyarrhythmien, und deren Terminierung mittels antitachycarder Stimulation, bzw. Defibrillation A) Stimulationsverlust Von den vielen möglichen Schrittmacher- Fehlfunktionen ist nur diese wirklich häufig, und gefährlich: Abb.15: Stimulationsverlust bei liegendem Zweikammer- Schrittmacher. Stimulationsverlust: Erkennbar durch nicht effektive SM-„Spikes“ oder durch fehlende Spikes (meist Sondenbruch) bei bradycarder Herzaktion. Die eingestellte Mindeststimulationsfrequenz des Schrittmachers ist dem Patienten meist bekannt, bzw. dem Schrittmacher-Paß zu entnehmen. Der Patient ist entsprechend seinem Grundrhythmus zu behandeln. Er ist durch sein SM-System naturgemäß nicht geschützt B) Fehlentladungen eines imlantierten Defibrillators, bzw. sonstige Fehlfunktionen von Schrittmachern Es ist für den Nichtspezialisten unmöglich, die verschiedenen Fehlfunktionen zu kennen, und differenziert zu behandeln. Wichtig ist aber die Kenntnis, daß die Reaktion von allen Schrittmachern auf Magnetauflage uniform ist: Ausschalten der Sensingfunktion (das Gerät ignoriert die Eigenaktion des Herzens) Fixfrequente Stimulation Reaktion von allen Defibrillatoren auf Magnetauflage: 13 Ausschalten der Erkennungsfunktion zur Therapie von Tachycardien. Die Schrittmacherfunktion des Defis bleibt unverändert. Die Magnetauflage ist daher zur Vermeidung ungerechtfertigter Defibrillationen geeignet. Abb: 16: nicht gerechtfertigte Schockabgabe eines implantierten Defibrillators während einer „Reizstromtherapie“ (intrakardiales EKG aus dem Speicher eines Defibrillators). Dies ist durch Magnetauflage zu verhindern (oder durch Vermeidung von Reizstrom) DIGITALIS- INDUZIERTE NOTFÄLLE Sind häufig, beschränken sich aber zum Glück meist auf gut toleriertes bradycardes Vorhofflimmern und AV- Blockierungen. Problematisch sind durch Digitalis hervorgerufene tachycarde Rhythmusstörungen, wo der Unerfahrene geneigt ist, Digitalis zu geben. Wichtige diagnostische Hinweise ist eine laufende Digitalis- Medikation sowie andere klinisch- anamnestische Hinweise für Überdigitalisierung. Abb.17: Vorhofflimmern und totaler AV-Block bei Digitalisintoxikation, junktionaler Escape-Rhythmus (Beachte: rhythmische QRS. Bei Vorhofflimmern und AV-Überleitung immer arrhythmische Herzaktion!) Seltener, aber wichtig, weil sie oft nicht als digitalisinduziert erkannt werden und meist falsch behandelt werden, sind die digitalisbedingten Tachycardien: Atriale Tachycardie mit AV-Block (meist 2:1 oder Wenckebach) AV-junktionale Tachycardie, heimtückischerweise gelegentlich kombiniert mit Vorhofflimmern/ Flattern ! Faszikuläre Tachycardie (Ventrikuläre Tachycardie, vom Reizleitungssystem entspringend) Kennzeichnend sind: „unpassende“ Regularität bei Grundrhythmus Flimmern oder Flattern (Auf die seltenere Wenckebach-Periodik kombiniert mit Tachycardien wird nicht eingegangen) Abb.18: Atriale Tachycardie bei Digitalisintoxikation Abb.19: Vorhofflimmern Digitalisintoxikation. 14 und junktionale Tachycardie bei Abb.20: Vorhofflattern und junktionale Tachycardie bei Digitalisintoxikation. Beachte die regelmäßigen QRS, und gleichzeitige AV-Dissoziation (im Gegensatz zu der häufigen 2:1 Überleitung, wo Flatterwellen und QRS nicht dissoziiert sind) Therapie: generell: Digitalis vermeiden, Bradycardien: klinisch stabil: Transport ins KH klinisch instabil: Atropin®- Versuch, Pacing (s.o.), keine ß-Mimetica Tachyarrhythmien: klinisch stabil: Transport ins KH, „do not touch“ klinisch instabil: Kardioversion, wenn nicht erfolgreich Phenytoin® langsam i.v.. (nach Beendigung der Tachycardie gelegentlich Asystolie) Insgesamt sind durch den NA behandlungswürdige, d.h. klinisch instabile digitalisinduzierte Tachycardien selten. Wichtig ist, zu erkennen, daß möglicherweise eine digitalisinduzierte Tachycardie vorliegt und Digitalis zu vermeiden. Diese Gruppe umfaßt: Durch Medikamente, die die QT-Dauer verlängern (meist Klasse I Antiarrhythmica oder Sotalol) oder durch Elektrolytstörungen (meist Hypokaliämie, Hypomagnesiämie).hervorgerufene maligne ventrikuläre Arrhythmie Familiäres Long QT-Syndrom (selten). Durch Bradycardien ausgelöste polymorphe ventrik. Tachycardien/ Torsaden Kennzeichen/ Hinweise: Langes QT (ev. prominente U- Welle) bei Sinusrhythmus. Auslösung der Torsade meist nach einer Pause (long-short-Sequenz) oder während bradycarder Phasen Polymorphe, schnelle VT, im Fall der Torsade mit „Oszillierend“ wechselnder QRS- Höhe Abb.21: Torsade de pointes (nach Chinidin) 15 Abb.22: Extreme QT-Verlängerung nach Sotacor® Bedeutung für den NA.: Meist präsentieren sich diese Patienten für den Notarzt als „Zustand nach Synkope“. Die lange QT- Dauer ist auch am Monitor meist erkennbar. Hinweisend ist häufig die Anamnese (meist erst seit kurzer Zeit eingenommenes Antiarrhythmicum) Vorgehen: Keine Antiarrhythmica ! Klinisch stabil: Transport ins KH Kammerflimmern: Siehe Reanimation Rezidivierende Torsaden: Anhebung der Sinus- Grundfrequenz mit Alupent® 16