Prof. Dr. Reiner Lauterbach Wintersemester 2014/2015 Analysis I Lösungshinweise – Übungsblatt 3 Aufgabe 4 (7 Punkte). N, m < n, k ≤ m 1. Man zeige die folgende Abschätzung für m, n, k ∈ 1 n 1 m ≤ . mk k nk k Dabei gilt im Fall k > 1 die strikte Ungleichung und diese ist zu zeigen. 2. Folgern Sie daraus, dass m, n ∈ N und m < n impliziert, dass m n 1 1 < 1+ . 1+ m n 3. Folgern Sie weiter, dass für n ∈ N gilt n 1 1+ ≥ 2. n Lösung 4. 1. Wir überlegen uns zunächst die folgende Implikation für positive reelle Zahlen a, b, c, d, die wir später benötigen. a < b, c < d ⇒ ca < cb, bc < bd ⇒ ac < bd (1) Es seien nun m, n, k wie in der Aufgabenstellung gegeben. Für k = 1 ist die Abschätzung offenbar mit Gleichheit erfüllt. Wir nehmen daher an, dass k > 1. Wir schreiben die Ausdrücke zunächst ein wenig um: k! m m! = mk k mk (m − k)! m · (m − 1) · . . . · (m − k + 1) = mk m m−1 m−k+1 = · · ... · =: Mk . m m m Ganz genauso gilt natürlich k! n n−k+1 n n−1 · ... · =: Nk , = · k n k n n n insbesondere ist Mk+1 = Mk · m − (k + 1) + 1 m−k = Mk · m m und n − (k + 1) + 1 n−k = Nk · . m n Die zu zeigende Ungleichung ist nun äquivalent zu der Ungleichung Mk < Nk für k ≥ 2. Um diese zu zeigen, benutzen wir Nk+1 = Nk · m−` ` ` n−` =1− <1− = m m n n 1 für 0 < ` < m Prof. Dr. Reiner Lauterbach Wintersemester 2014/2015 und beweisen Mk < Nk per Induktion. Der Induktionsanfang für k = 2 ist klar. Sei nun k ≥ 2 und es gelte Mk < Nk . Dann liefert (1) sofort Mk+1 = Mk · m−k n−k < Nk · = Nk+1 . m n 2. Es gilt n X k X n n 1 n n−k 1 n 1 1+ = = 1 n n k k nk . k=0 k=0 Zusammen mit 1. folgt die Behauptung. 3. Für n = 1 ist die Abschätzung mit Gleichheit erfüllt, für n > 1 wenden wir 2. an mit m = 1. Aufgabe 5 (6 Punkte). Zeigen Sie, für jede Menge M gilt #(P(M )) 6= #(M ). Hinweis: Führen Sie den Beweis durch Widerspruch. Lösung 5. Zwei Mengen sind gleichmächtig, falls es eine Bijektion zwischen ihnen gibt. Wir nehmen daher an, es gebe eine Bijektion M → P(M ) und führen dies zum Widerspruch. Es sei also ϕ : M → P(M ) bijektiv. Dann betrachte die Menge A := {x ∈ M | x ∈ / ϕ(x)}. Beachte, dass ϕ(x) eine Teilmenge von M ist, also die Bedingung x ∈ / ϕ(x) Sinn ergibt. A ist definitionsgemäß eine Teilmenge von M . Da ϕ bijektiv ist, gibt es also ein y ∈ M mit ϕ(y) = A. Dann gilt aber nach Definition von A: y ∈ A =⇒ y ∈ / ϕ(y) = A, was absurd ist. Aber y∈ / A = ϕ(y) =⇒ y ∈ A, genau so absurd. Somit gilt y ∈ / A ∪ Ac = M , Widerspruch. Es kann also keine solche Bijektion ϕ geben. Aufgabe 6 (6 Punkte). 1. Wir betrachten eine zwei-elementige Menge K2 = {0, 1}. Definieren Sie zwei Verknüpfungen +, · (z. B. durch Angabe von Verknüpfungstafeln), so dass K2 zum Körper wird. Hinweis: Betrachten Sie die Addition und Multiplikation in Restklassen modulo 2 2. Wir betrachten eine drei-elementige Menge K3 = {0, 1, 2}. Definieren Sie zwei Verknüpfungen +, · (z. B. durch Angabe von Verknüpfungstafeln), so dass K3 zum Körper wird. 3. Entscheiden Sie, ob die Menge der Restklassen Z/4Z ein Körper ist. Beweisen Sie Ihre Aussage. 2 Prof. Dr. Reiner Lauterbach Wintersemester 2014/2015 4. Mit welcher minimalen Zahl n ∈ N wird in den genannten Körpern 1 + · · · + 1 = 0? | {z } n−mal Lösung 6. 1. Wir definieren die Verknüpfungen wie folgt: · 0 1 0 0 0 1 0 1 + 0 1 0 0 1 1 1 0 Aus den Tabellen sieht man direkt, dass additive Inverse für alle Elemente und multiplikative Inverse für alle Elemente ungleich 0 existieren, sowie dass 0 das neutrale Element der Addition und 1 das der Multiplikation ist. Assoziativität, Kommutativität und die Distributivgesetze folgen aus den entsprechenden Eigenschaften von Z. 2. Wir definieren die Verknüpfungen wie folgt: · 0 1 2 0 0 0 0 1 0 1 2 2 0 2 1 + 0 1 2 0 0 1 2 1 1 2 0 2 2 0 1 Die Körpereigenschaften folgen analog zu denen von K2 . 3. In Z/4Z gilt 2 6= 0 und die Gleichung 2 · x = 0 hat mit x = 0 und x = 2 zwei unterschiedliche Lösungen. Wegen Lemma 2.1.3 kann Z/4Z daher kein Körper sein. 4. In K2 ist 1 + 1 = 0, also n = 2. In K3 gilt 1 + 1 6= 0, aber 1 + 1 + 1 = 0, also n = 3. Aufgabe 7 (4 Punkte). Zeigen Sie, dass Z mit der Addition (wie auf Blatt 2 konstruiert) eine kommutative Gruppe bildet. Zeigen Sie weiterhin, dass Z mit Addition und Multiplikation ein Ring ist, d. h., dass die Multiplikation assoziativ ist und folgende Distributivgesetze gelten: ∀a, b, c ∈ Z : a · (b + c) = a · b + a · c ∧ (b + c) · a = b · a + c · a Lösung 7. Wir wissen bereits, dass die Addition auf den Äquivalenzklassen eine wohldefinierte Verknüpfung ist. Als erstes prüfen wir Kommutativität, für alle m1 , n1 , m2 , n2 ∈ N0 gilt: [(m1 , n1 )] ⊕ [(m2 , n2 )] = [(m1 + m2 , n1 + n2 )] = [(m2 + m1 , n2 + n1 )] = [(m2 , n2 )] ⊕ [(m1 , n1 )]. Das neutrale Element ist [(0, 0)], denn für alle m, n ∈ N0 gilt [(m, n)] ⊕ [(0, 0)] = [(m + 0, n + 0)] = [(m, n)]. 3 Prof. Dr. Reiner Lauterbach Wintersemester 2014/2015 Weiterhin besitzt jede Klasse [(m, n)] ein Inverses, und zwar die Klasse [(n, m)]: [m, n] ⊕ [n, m] = [(m + n, n + m)] = [(0, 0)] Es bleibt noch Assoziativität zu prüfen – auch diese wird von den natürlichen Zahlen vererbt, denn für m1 , n1 , m2 , n2 , m3 , n3 ∈ N0 rechnen wir: ([(m1 , n1 )] ⊕ [(m2 , n2 )]) ⊕ [(m3 , n3 )] = [(m1 + m2 , n1 + n2 )] ⊕ [(m3 , n3 )] = [((m1 + m2 ) + m3 , (n1 + n2 ) + n3 )] = [(m1 + (m2 + m3 ), n1 + (n2 + n3 ))] = [(m1 , n1 )] ⊕ [(m2 + m3 , n2 + n3 )] = [(m1 , n1 )] ⊕ ([(m2 , n2 )] ⊕ [(m3 , n3 )]) Damit ist gezeigt, dass Z mit der Addition eine kommutative Gruppe ist. Nun zeigen wir, dass diese Gruppe zusammen mit der durch [(m1 , n1 )] ⊗ [(m2 , n2 )] := [(m1 m2 + n1 n2 , m1 n2 + n1 m2 )] definierten Multiplikation zu einem Ring wird. Zunächst prüfen wir, die Wohldefiniertheit der neuen Verknüpfung. Sind also X1 = [(m1 , n1 )] und X2 = [(m2 , n2 )] zwei Äquivalenzklassen und (m01 , n01 ) ∈ X1 , (m02 , n02 ) ∈ X2 zwei weitere Repräsentanten, so muss die Multiplikation zum gleichen Ergebnis führen, es muss also gelten: [(m1 , n1 )] ⊗ [(m2 , n2 )] = [(m1 m2 + n1 n2 , m1 n2 + n1 m2 )] (! ) = [(m01 m02 + n01 n02 , m01 n02 + n01 m02 )] = [(m01 , n01 )] ⊗ [(m02 , n02 )] Unter Verwendung der Definition der Äquivalenzrelation rechnen wir nach, dass die Klassen die gleichen sind, indem wir zeigen, dass obige Elemente in Relation stehen: (m1 m2 + n1 n2 + m01 n02 + n01 m02 ) + (m1 m02 + m01 n2 + n01 m2 + n1 n02 ) = m1 m02 + n01 m02 + m01 n2 + n1 n2 + m1 m2 + n01 m2 + m01 n02 + n1 n02 = (m1 + n01 )m02 + (m01 + n1 )n2 + (m1 + n01 )m2 + (m01 + n1 )n02 = (m01 + n1 )m02 + (m01 + n1 )n2 + (m1 + n01 )m2 + (m1 + n01 )n02 = (m01 + n1 )(m02 + n2 ) + (m1 + n01 )(m2 + n02 ) = m01 (m02 + n2 ) + n1 (m02 + n2 ) + m1 (m2 + n02 ) + n01 (m2 + n02 ) = m01 (m02 + n2 ) + n1 (m2 + n02 ) + m1 (m02 + n2 ) + n01 (m2 + n02 ) = m01 m02 + m01 n2 + n1 m2 + n1 n02 + m1 m02 + m1 n2 + n01 m2 + n01 n02 = (m1 n2 + n1 m2 + m01 m02 + n01 n02 ) + (m1 m02 + m01 n2 + n01 m2 + n1 n02 ), woraus die erwünschte Gleichheit resultiert – nämlich die der Summen in den jeweils vorderen Klammern der ersten und letzten Zeile. Die Assoziativität folgt 4 Prof. Dr. Reiner Lauterbach Wintersemester 2014/2015 analog zur Assoziativität der Addition. Da gleiches für Kommutativität gilt, reicht es, eines der Distributivgesetze zu zeigen: [(m1 , n1 )] ⊗ ([(m2 , n2 )] ⊕ [(m3 , n3 )]) = [(m1 , n1 )] ⊗ [(m2 + m3 , n2 + n3 )] = [(m1 (m2 + m3 ) + n1 (n2 + n3 ), m1 (n2 + n3 ) + n1 (m2 + m3 ))] = [(m1 m2 + m1 m3 + n1 n2 + n1 n3 , m1 n2 + m1 n3 + n1 m2 + n1 m3 )] = [(m1 m2 + n1 n2 , m1 n2 + n1 m2 )] ⊕ [(m1 m3 + n1 n3 , m1 n3 + n1 m3 )] = [(m1 , n1 )] ⊗ [(m2 , n2 )] ⊕ [(m1 , n1 )] ⊗ [(m3 , n3 )] 5