Kapitel 5: Strukturen

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Kapitel 5: Strukturen
§ 1.1 Zweistellige Relationen
§ 1.2 Graphen
§ 1.3 Algebren
§ 1.4 Strukturen
344
§ 5.1 Zweistellige Relationen
345
Erinnerung: Relationen
Definition
Seien k ≥ 1 und A eine Menge.
1. Ak ist die Menge aller k -Tupel von Elementen aus A.
2. Eine k -stellige Relation auf A ist eine Teilmenge von Ak .
Notation
Ist R ⊆ A2 eine 2-stellige Relation auf einer Menge A, so schreiben
wir häufig, für a, b ∈ A,
aRb
anstatt
(a, b) ∈ R.
346
Eigenschaften 2-stelliger Relationen
Definition 5.1
Sei R eine 2-stellige Relation auf einer Menge A.
1. R ist reflexiv, wenn für alle a ∈ A gilt: aRa.
2. R ist symmetrisch, wenn für alle a, b ∈ A gilt: aRb =⇒ bRa.
3. R ist antisymmetrisch, wenn für alle a, b ∈ A gilt:
aRb und bRa =⇒ a = b.
4. R ist konnex, wenn für alle a, b ∈ A gilt: aRb oder bRa.
5. R ist transitiv, wenn für alle a, b, c ∈ A gilt:
aRb und bRc =⇒ aRc.
347
Äquivalenzrelationen
Definition 5.2
Eine Äquivalenzrelation ist eine 2-stellige Relation, die reflexiv,
symmetrisch und transitiv ist.
348
Beispiele von Äquivalenzrelationen
1. Gleichheit. Für jede Menge A:
(a, a) a ∈ A .
2. Gleichmächtigkeit. Für jede Menge A:
(B, C) ∈ ℘(A)2 B und C sind gleichmächtig .
3. Logische Äquivalenz.
(ϕ, ψ) ∈ AL2 ϕ ≡ ψ .
4. Äquivalenz modulo n. Für jede Zahl n ∈ N \ {0}:
(i, j) ∈ Z2 i ≡ j (mod n) .
349
Partitionen
Definition 5.3
Eine Partition einer Menge A ist eine Familie (Pi )i∈I von nichtleeren
Teilmengen von A, für die gilt:
S
1. i∈I Pi = A.
2. Für alle i, j ∈ I mit i 6= j:
Pi ∩ Pj = ∅.
(Wir sagen: Die Mengen Pi , für i ∈ I, sind paarweise disjunkt.)
350
Äquivalenzklassen
Definition 5.4
Sei ∼ eine Äquivalenzrelation auf einer Menge A.
Die Äquivalenzklasse eines Elementes a ∈ A ist die Menge
a/∼ := {b ∈ A | a ∼ b}.
Satz 5.5 (Hauptsatz über Äquivalenzrelationen)
Sei A eine Menge.
1. Die Äquivalenzklassen jeder Äquivalenzrelation auf A bilden eine
Partition von A.
2. Umgekehrt gibt es zu jeder Partition auf A eine
Äquivalenzrelation, deren Äquivalenzklassen gerade die Mengen
der Partition sind.
(Beweis als Übung)
351
Ordnungen
Definition 5.6
Sei R eine 2-stellige Relation auf einer Menge A.
1. Die Relation R ist eine Präordnung, wenn Sie reflexiv und
transitiv ist.
2. Die Relation R ist eine partielle Ordnung, wenn Sie reflexiv,
transitiv und antisymmetrisch ist.
3. Die Relation R ist eine lineare Ordnung (oder totale Ordnung),
wenn Sie reflexiv, transitiv, antisymmetrisch und konnex ist.
352
Beispiele
1. ≤ und ≥ sind lineare Ordnungen auf N (und auf Z, Q, R).
2. Für jede Menge A sind ⊆ und ⊇ partielle Ordnungen auf ℘(A).
3. Die Relation
(ϕ, ψ) ∈ AL2 ϕ Subformel von ψ
ist eine partielle Ordnung auf AL.
4. Die Folgerungsrelation
(ϕ, ψ) ∈ AL2 ψ folgt aus {ϕ}
ist eine Präordnung auf AL.
5. Für jede Menge A ist
(B, C) ∈ ℘(A)2 |B| ≤ |C|
eine Präordung auf ℘(A) (wobei n ≤ ∞ für alle n ∈ N).
353
Präordnungen und ihre Äquivalenzrelationen
Satz 5.7
Sei A eine Menge und - eine Präordnung auf A. Dann ist die Relation
∼ := (a, b) ∈ A2 a - b und b - a
eine Äquivalenzrelation auf A (die zu - gehörende
Äquivalenzrelation).
354
Die reflexive transitive Hülle einer Relation
Definition 5.8
Sei A eine Menge und R ⊆ A2 . Die reflexive transitive Hülle von R
(auf A) ist die rekursiv wie folgt definierte Relation R ∗ ⊆ A2 :
Basisregeln:
I
I
Für alle a ∈ A ist (a, a) ∈ R ∗ .
Für alle (a, b) ∈ R ist (a, b) ∈ R ∗ .
Rekursive Regel:
I
Sind (a, b), (b, c) ∈ R ∗ , so ist auch (a, c) ∈ R ∗ .
355
Satz 5.9
Sei R eine 2-stellige Relation auf einer Menge A. Die reflexive
transitive Hülle R ∗ ist die (bzgl. Inklusion) kleinste Präordnung auf A,
die R enthält.
Genauer:
1. R ⊆ R ∗ .
2. R ∗ ist eine Präordnung auf A.
3. Ist R 0 Präordnung auf A mit R ⊆ R 0 , so ist R ∗ ⊆ R 0 .
Korollar 5.10
Sei R eine 2-stellige Relation auf einer Menge A und R ∗ die reflexive
transitive Hülle von A. Dann gilt:
\
R∗ =
R 0 ⊆ A2 R 0 Präordnung und R ⊆ R 0 .
356
Beweis von Satz 5.9
1. R ⊆ R ∗ wegen der zweiten Basisregel.
2. R ∗ ist reflexiv wegen der ersten Basisregel.
R ∗ ist transitiv, denn falls (a, b), (b, c) ∈ R ∗ , so auch (a, c) ∈ R ∗ wegen
der rekursiven Regel.
3. Sei R 0 eine Präordnung auf A mit R ⊆ R 0 .
Wir zeigen induktiv, dass für alle (a, b) ∈ R ∗ gilt: (a, b) ∈ R 0 .
Induktionsanfang:
I (a, a) ∈ R 0 für alle a ∈ A, da R 0 reflexiv.
I (a, b) ∈ R 0 für alle (a, b) ∈ R, da R ⊆ R 0 .
Induktionsschritt: Seien (a, b), (b, c) ∈ R ∗ .
Induktionsannahme: (a, b), (b, c) ∈ R 0 .
Behauptung: (a, c) ∈ R 0 .
Beweis: Folgt unmittelbar aus der (IA) und der Transitivität von R 0 .
357
§ 5.2 Graphen
358
Digraphen
Definition 5.11
Ein gerichteter Graph (kurz: Digraph) ist ein Paar G := (V , E), wobei
V eine Menge ist und E ⊆ V 2 eine 2-stellige Relation auf V . Die
Elemente von V bezeichnet man als die Ecken (oder Knoten) von G,
die Elemente von E als die Kanten von G.
Beispiel
5.12
“
G=
0, 1, 2, 3, 4, 5, 6 , (0, 2), (0, 4), (0, 5), (1, 0), (2, 1),
(2, 5), (3, 1), (3, 3), (3,
6), (4, 0),
”
(4, 5), (6, 3), (6, 5)
0
4
1
2
3
5
6
Graphische Darstellung von G.
359
Graphen von 2-stelligen Relationen
Für jede 2-stellige Relation R ⊆ A2 ist (A, R) ein Digraph.
Beispiel 5.13
Die Teilerrelation auf {1, . . . , 10}.
8
10
5
4
6
2
3
1
9
7
360
Beispiele von Graphen
Straßenkarten
Kanten repräsentieren Straßen und Ecken Kreuzungen.
Flugpläne
Ecken repräsentieren Flughäfen und Kanten Direktflüge.
361
Beispiele von Graphen
Elektrische Schaltungen
Ecken repräsentieren Bauteile wie Dioden, Transistoren, Widerstände
etc. und Kanten die Verdrahtung.
Schaltkreise
Ecken repräsentieren Schaltelemente und Kanten die Verbindungen.
362
Beispiele von Graphen
Computernetzwerke
Ecken repräsentieren Computer und Kanten Netzwerkverbindungen.
Das World Wide Web
Ecken repräsentieren Webseiten und Kanten Hyperlinks.
363
Beispiele von Graphen
Flowcharts
Ecken repräsentieren Boxen und Kanten Pfeile.
364
Beispiele von Graphen
Moleküle
Ecken repräsentieren Atome, Kanten Verbindungen.
H
H
H
C
C
H
H
O
H
365
Wege, Pfade, Zyklen und Kreise
Definition 5.14
Sei G = (V , E) ein Digraph.
1. Ein Weg in G ist ein Tupel (v0 , . . . , v` ) ∈ V `+1 , für ein ` ∈ N, so
dass für 1 ≤ i ≤ ` gilt: (vi−1 , vi ) ∈ E.
(v0 , . . . , v` ) ist ein Weg von v0 nach v` . ` ist die Länge des
Weges.
Achtung: Für alle v ∈ V ist (v ) ein Weg der Länge 0 von v nach
v.
2. Ein Pfad in G ist ein Weg (v0 , . . . , v` ), dessen Ecken paarweise
verschieden sind, das heißt, für 0 ≤ i < j ≤ ` gilt vi 6= vj .
3. Ein Zyklus in G ist ein Weg (v0 , . . . , v` ) der Länge ` ≥ 1 mit
v0 = v` .
4. Ein Kreis in G ist ein Weg (v0 , . . . , v` ) der Länge ` ≥ 1 mit v0 = v`
und vi 6= vj für 0 ≤ i < j ≤ ` − 1.
366
Beispiele
Weg (0, 2, 1, 0, 4, 5)
0
4
1
2
3
5
6
Zyklus (0, 2, 1, 0, 4, 0)
0
4
1
2
3
5
6
Pfad (0, 4, 5)
0
4
1
2
3
5
6
Kreis (0, 2, 1, 0)
0
4
1
2
3
5
6
367
Wege und die reflexive transitive Hülle
Lemma 5.15
Seien G = (V , E) ein Digraph und v , w ∈ V . Dann sind folgende
Aussagen äquivalent:
1. Es gibt einen Weg von v nach w.
2. (v , w) ∈ E ∗ , wobei E ∗ ⊆ V 2 die reflexive transitive Hülle von E
ist.
368
Beweis von Lemma 5.15
(1) =⇒ (2): Sei (v0 , v1 , . . . , v` ) mit v0 = v , v` = w ein Weg von v nach w.
Wir zeigen per Induktion über i, dass für 0 ≤ i ≤ ` gilt:
(v0 , vi ) ∈ E ∗ .
Daraus folgt (v , w) = (v0 , v` ) ∈ E ∗ .
Induktionsanfang: i = 0.
(v0 , v0 ) ∈ E ∗ , da E ∗ reflexiv.
Induktionsschritt: i → i + 1.
Falls i ≥ `, so ist nichts zu zeigen. Sei also i < `.
Es gilt:
I (v0 , vi ) ∈ E ∗ nach Induktionsannahme.
I (vi , vi+1 ) ∈ E ∗ , da (vi , vi+1 ) ∈ E und E ⊆ E ∗ .
Also (v0 , vi+1 ) ∈ E ∗ , da E ∗ transitiv.
369
Beweis von Lemma 5.15 (cont.)
(2) =⇒ (1): Wir zeigen per Induktion über die rekursive Definition von E ∗ ,
dass für alle (v , w) ∈ E ∗ gilt: Es gibt einen Weg von v nach w.
Induktionsanfang:
I
I
(v ) ist ein Weg (der Länge 0) von v nach v .
Für (v , w) ∈ E ist (v , w) ein Weg (der Länge 1) von v nach w.
Induktionsschritt: Seien (v , u), (u, w) ∈ E ∗ .
Nach Induktionsannahme gibt es einen Weg (v0 , . . . , v` ) mit
v0 = v , v` = u von v nach u und einen Weg (w0 , . . . , wm ) mit
w0 = u, wm = w von u nach w. Dann ist
(v0 , . . . , v` , w1 , . . . , wm )
ein Weg von v nach w.
370
Schleifen
Definition 5.16
Sei G = (V , E) ein Digraph.
1. Eine Schleife in G ist eine Kante (v , v ) ∈ E, für ein v ∈ V .
2. Der Digraph G ist schleifenfrei, wenn er keine Schleifen enthält.
Beispiel 5.17
Schleife (3, 3)
0
4
1
2
3
5
6
ein schleifenfreier Digraph
0
4
1
2
3
5
6
371
Gerichtete azyklische Graphen
Definition 5.18
Ein Digraph ist azyklisch, wenn er keinen Zyklus enthält.
Einen azyklischen Digraphen bezeichnet man auch als DAG (sprich:
Dähg“, für Directed Acyclic Graph).
”
Satz 5.19
Sei G = (V , E) ein schleifenfreier Digraph. Dann ist G genau dann ein
DAG, wenn die reflexive transitive Hülle E ∗ von E auf V eine partielle
Ordnung ist.
372
Ungerichtete Graphen
Definition 5.20
Ein ungerichteter Graph (oder einfach Graph) ist ein Digraph (V , E),
für den E symmetrisch ist.
Beispiel 5.21
1
2
0
3
10
11
4
14
9
12
5
8
6
7
13
373
Zusammenhang
Definition 5.22
Ein Graph G = (V , E) ist zusammenhängend, wenn es für alle
v , w ∈ V einen Weg von v nach w gibt.
Beispiel 5.23
zusammenhängend
nicht zusammenhängend
zwei Zusamenhangskomponenten“
”
1
1
2
2
0
0
3
3
10
10
11
11
4
4
14
9
9
12
12
5
8
5
8
6
6
7
7
13
374
Zusammenhangskomponenten
Satz 5.24
Sei G = (V , E) ein Graph. Dann ist die reflexive transitive Hülle E ∗
von E eine Äquivalenzrelation.
Ferner gilt, für alle v , w ∈ V :
(v , w) ∈ E ∗ ⇐⇒ es gibt einen Weg von v nach w in G.
Die Äquivalenzklassen von E ∗ bezeichnet man als die
Zusammenhangskomponenten von G.
375
§ 5.3 Algebren
376
Mehrstellige Funktionen
Definition 5.25
Seien k ∈ N und A eine Menge. Eine k -stellige Funktion auf A ist eine
Funktion f : Ak → A.
Notation
Sei f : Ak → A und (a1 , . . . , ak ) ∈ Ak .
Statt f ((a1 , . . . , ak )) schreiben wir f (a1 , . . . , ak ).
377
2-Stellige Funktionen
Definition 5.26
Sei A eine Menge und f : A2 → A.
1. f ist assoziativ, wenn für alle a, b, c ∈ A gilt:
f (a, f (b, c)) = f (f (a, b), c).
2. f ist kommutativ, wenn für alle a, b ∈ A gilt:
f (a, b) = f (b, a).
3. f ist idempotent, wenn für alle a ∈ A gilt:
f (a, a) = a.
Notation
Ist f : A2 → A eine 2-stellige Funktion auf einer Menge A, so
schreiben wir häufig, für a, b ∈ A,
afb
anstatt
f (a, b).
378
Algebren
Definition 5.27
Eine Algebra ist ein Tupel
A = (A, f1 , . . . , f` , c1 , . . . , cm ),
bestehend aus
I
einer Menge A,
I
Funktionen fi : Aki → A für 1 ≤ i ≤ `,
Elementen c1 , . . . , cm ∈ A (die wir als Konstanten bezeichnen).
I
379
Beispiele
1. Der Körper der reellen Zahlen:
R := (R, +, · , 0, 1).
2 2
(Die kleinen Ziffern unter den Funktionen geben ihre Stelligkeit an.)
2. Der Körper der rationalen Zahlen:
Q := (Q, +, · , 0, 1).
2 2
3. Die additive Gruppe der ganzen Zahlen:
(Z, +).
2
4. Potenzmengenalgebren. Für jede Menge A:
P(A) := (℘(A), ∩, ∪, { , ∅, A)
2
2 1
(Komplementbildung im Universum A).
380
Gruppen
Definition 5.28
Eine Gruppe ist eine Algebra (G, ∗), wobei die zweistellige Funktion ∗
2
folgende Eigenschaften hat:
1. ∗ ist assoziativ.
2. Es gibt ein neutrales Element e ∈ G, so dass für alle g ∈ G gilt:
a) g ∗ e = e ∗ g = g,
b) es gibt ein g 0 ∈ G, so dass g ∗ g 0 = e.
Ähnlich Ringe, Körper und andere mathematische Strukturen.
381
Boolesche Algebren
Definition 5.29
Eine Boolesche Algebra ist eine Algebra
B = (B, u, t, ¬, ⊥, >)
2
2
1
mit folgenden Eigenschaften: Für alle a, b, c ∈ B,
1. Idempotenz
a u a = a,
a t a = a.
2. Kommutativität
a u b = b u a,
a t b = b t a.
3. Assoziativität
(a u b) u c = a u (b u c),
(a t b) t c = a t (b t c).
(Fortsetzung nächste Folie)
382
4. Absorption
a u (a t b) = a,
a t (a u b) = a.
5. Distributivität
a u (b t c) = (a u b) t (a u c),
a t (b u c) = (a t b) u (a t c).
6. Tertium Non Datur
a u ¬a = ⊥,
a t ¬a = >.
7.
a u > = a,
a t ⊥ = a,
a u ⊥ = ⊥,
a t > = >.
383
Beispiele
1.
B2 := ({0, 1}, ∧, ∨, ¬, 0, 1)
ist eine Boolesche Algebra (wobei ∧, ∨, ¬ durch die üblichen
Verknüpfungstafeln definiert sind).
2. Potenzmengenalgebren. Für jede Menge A ist
P(A) := (℘(A), ∩, ∪, { , ∅, A)
2
2 1
eine Boolesche Algebra.
384
§ 5.4 Strukturen
385
Symbolmengen
Definition 5.30
Eine Symbolmenge (auch Signatur oder Vokabular) ist eine Menge σ
von Relations-, Funktions- und Konstantensymbolen.
Jedes Relationsymbol Ṙ ∈ σ und jedes Funktionssymbol ḟ ∈ σ hat
eine Stelligkeit
stell(Ṙ) ∈ N \ {0}
(bzw. stell(ḟ ) ∈ N \ {0}).
386
Notation
I
σ bezeichnet immer eine Symbolmenge.
I
Wir kennzeichnen Symbole immer mit einem Punkt, wie in Ṙ
oder ḟ .
I
Für Relationssymbole verwenden wir normalerweise
Grossbuchstaben wie Ṗ, Q̇, Ṙ, Ė, für Funktionssymbole
Kleinbuchstaben wie ḟ , ġ, ḣ und für Konstantensymbole
Kleinbuchstaben wie ċ, ḋ.
Gelegentlich verwenden wir als Relations- und
˙ (2-stelliges
Funktionssymbole auch Zeichen wie ≤
˙
Relationssymbol), +̇, × (2-stellige Funktionssymbole) und als
˙ oder Zahlen wie 0̇, 1̇.
Konstantensymbole Symbole wie ⊥
I
I
Die Stelligkeit eines Relations- oder Funktionssymbols deuten
wir häufig an, indem wir sie unter das Symbol schreiben.
Beispiel 5.31
Die Notation Ṙ deutet an, dass Ṙ ein 2-stelliges Relationssymbol ist.
2
387
Strukturen
Definition 5.32
Eine σ-Struktur A besteht aus:
I
I
I
I
einer nicht-leeren Menge A, dem Träger von A,
je einer k -stelligen Relation Ṙ A ⊆ Ak für alle k ∈ N \ {0} und alle
k -stelligen Funktionssymbole Ṙ ∈ σ,
je einer k -stelligen Funktion ḟ A : Ak → A für alle k ∈ N \ {0} und
alle k -stelligen Funktionssymbole ḟ ∈ σ,
je einem Element ċ A ∈ A für alle Konstantensymbole c ∈ σ.
388
Notation
I
Strukturen bezeichnen wir mit kalligraphischen Großbuchstaben,
etwa A, B, G und ihre Träger mit den entsprechenden
lateinischen Großbuchstaben, etwa A, B, G.
I
Wir beschreiben σ-Strukturen oft in Tupelschreibweise, etwa
A = A, (Ṡ A )Ṡ∈σ
oder, falls σ = {Ṡ1 , . . . , Ṡn } endlich,
A = A, Ṡ1A , . . . , ṠnA .
389
Beispiel: Arithmetische Strukturen
Sei
˙ 0̇, 1̇},
σAr := {+̇, ×,
˙ 2-stellige Funktionssymbole sind und 0̇, 1̇
wobei +̇, ×
Konstantensymbole.
Wir definieren eine σAr -Struktur
N
˙ N , 0̇N , 1̇N ),
N := (N, +̇ , ×
N
˙ N die natürliche Addition bzw. Multiplikation auf N
wobei +̇ und ×
sind und 0̇N := 0, 1̇N := 1.
Entsprechend können wir σAr -Strukturen Z, Q, R, C mit Trägern
Z, Q, R, C definieren.
390
Beispiel: Graphen und Ordnungen
I
Sei σGraph := {Ė}, wobei Ė ein 2-stelliges Relationssymbol ist.
Digraphen und Graphen lassen sich als σGraph -Strukturen
G = (G, Ė G ) auffassen.
I
˙ wobei ≤
˙ ein 2-stelliges Relationssymbol ist.
Sei σOrd := {≤},
Jeder Präordnung, partiellen Ordnung oder linearen Ordnung ≤
˙ A ) mit
auf einer Menge A entspricht eine σOrd -Struktur (A, ≤
A
˙ := ≤.
≤
391
Beispiel: Gruppen, Körper und Boolesche
Algebren
I
I
I
I
Sei σGr := {˙∗}, wobei ∗˙ ein 2-stelliges Funktionssymbol ist.
Gruppen lassen sich als σGr -Strukturen auffassen.
Körper lassen sich als σAr -Strukturen auffassen.
˙
Geordnete Körper lassen sich als σAr ∪ {≤}-Strukturen
auffassen,
˙
wobei ≤ ein 2-stelliges Relationssymbol ist.
Sei
˙ >}.
˙
˙ ⊥,
σBA := {u̇, ṫ, ¬,
Boolesche Algebren lassen sich als σBA -Strukturen auffassen.
Achtung:
Nicht jede σGr -Struktur ist eine Gruppe.
Entsprechendes gilt für Ordnungen, (geordnete) Körper, Boolesche
Algebren.
392
Isomorphismen
Definition 5.33
Seien A, B σ-Strukturen.
Ein Isomorphismus von A nach B ist eine Abbildung I : A → B mit folgenden
Eigenschaften:
1. I ist bijektiv.
2. Für alle k ∈ N \ {0}, alle k-stelligen Relationssymbole Ṙ ∈ σ und alle
k-Tupel (a1 , . . . , ak ) ∈ Ak gilt:
`
´
(a1 , . . . , ak ) ∈ Ṙ A ⇐⇒ I(a1 ), . . . , I(ak ) ∈ Ṙ B .
3. Für alle k ∈ N \ {0}, alle k-stelligen Funktionssymbole ḟ ∈ σ und alle
k-Tupel (a1 , . . . , ak ) ∈ Ak gilt:
`
´
`
´
I ḟ A (a1 , . . . , ak ) = ḟ B I(a1 ), . . . , I(ak ) .
4. Für alle Konstantensymbole ċ ∈ σ gilt:
` ´
I ċ A = ċ B .
∼ B, um anzudeuten, dass I ein Isomorphismus von A
Wir schreiben I : A =
nach B ist.
393
Isomorphie
Definition 5.34
Sei σ eine Symbolmenge.
∼ B),
Zwei σ-Strukturen A und B sind isomorph (wir schreiben: A =
wenn es einen Isomorphismus von A nach B gibt.
394
Beispiel
Die beiden Graphen
(aufgefasst als σGraph -Strukturen) sind isomorph.
395
Beispiele
1. Sind A, B gleichmächtige Mengen, so sind die
Potenzmengenalgebren P(A) und P(B) (aufgefasst als
σBA -Strukturen) isomorph.
˙ A und ≤
˙B
2. Sind A, B gleichmächtige endliche Mengen und ≤
lineare Ordnungen auf A bzw. B, so sind die beiden
˙ A ) und (B, ≤
˙ B ) isomorph.
σOrd -Strukturen (A, ≤
˙ N ) und (Z, ≤
˙ Z ), wobei ≤
˙ N und ≤
˙ Z die
Die σOrd -Strukturen (N, ≤
natürlichen linearen Ordnungen auf N bzw. Z sind, sind nicht
isomorph.
3. Die Booleschen Algebren ({0, 1}, ∧, ∨, ¬, 0, 1) und P({∅}) sind
isomorph.
396
Isomorphie als Äquivalenzrelation
Satz 5.35
Isomorphie ist eine Äquivalenzrelation auf der Klasse aller
σ-Strukturen.
(Beweis als Übung)
397
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