Unterrichtung LANDTAG RHEINLAND

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LANDTAG RHEINLAND-PFALZ
Drucksache 14/
14. Wahlperiode
zu Drucksache 13/4059
zu Drucksache 13/5098
20. 12. 2002
Unterrichtung
durch die Landesregierung
zu dem Beschluss des Landtags vom 26. Mai 1999 zu Drucksache 13/4059
(Plenarprotokoll 13/84, S. 6450)
Bildung eines Beirats zur Erarbeitung und Begleitung von Zielsetzungen
zur „Verbesserung der Diabetikerversorgung in Rheinland-Pfalz“
Mit Beschluss des Landtags Rheinland-Pfalz vom 26. Mai 1999 wurde die Landesregierung gebeten, einen Beirat zur Erarbeitung
und Begleitung von Zielsetzungen zur „Verbesserung der Diabetikerversorgung in Rheinland-Pfalz“ zu bilden.
Die konstituierende Sitzung des Beirats fand am 26. Oktober 1999 statt. Neben der Verpflichtung der künftigen Beiratsmitglieder
wurde die Geschäftsordnung für dieses Gremium einstimmig beschlossen. Gemäß § 10 der Geschäftsordnung für den Beirat des
Landes zur Verbesserung der Diabetikerversorgung in Rheinland-Pfalz (Landesdiabetesbeirat) ist dem Landtag nach drei Jahren ein
Zwischenbericht vorzulegen.
I.
Landesdiabetesbeirat
Seit der konstituierenden Sitzung des Beirats am 26. Oktober 1999 wurden in weiteren 13 Sitzungen des Gesamtgremiums und in
mehreren Arbeitsgruppen insbesondere die pädiatrisch-diabetologische Versorgungsstruktur in Rheinland-Pfalz, die notwendige
Prioritätensetzung in Fragen der Primär-, Sekundär- und Tertiärprävention, die flächendeckende Vernetzung in Schulung und Versorgung von Diabetikerinnen und Diabetikern sowie Fragen der Qualitätssicherung und Qualitätsentwicklung behandelt. Seit
Juli 2002 befasst sich eine weitere Arbeitsgruppe mit der Thematik der Disease-Management-Programme.
Dem Landesdiabetesbeirat gehören derzeit Fachleute aus 15 Verbänden und Institutionen an. Es handelt sich hierbei um Vertreterinnen und Vertreter aus dem ambulanten und stationären Versorgungsbereich, der Kostenträger, der Kinderdiabetologie, anderer
Gesundheitsfachberufe, der Forschung und Pharmazie sowie der Selbsthilfebewegung.
Die Geschäftsführung liegt beim Ministerium für Arbeit, Soziales, Familie und Gesundheit.
II.
Zwischenbilanz (Leitsätze)
Der Landesdiabetesbeirat hat als Zwischenbilanz seiner Arbeit Leitsätze erarbeitet, in denen der bisher erreichte Standard der Versorgung von Menschen mit Diabetes mellitus in Rheinland-Pfalz dargestellt ist und weitere Forderungen und Ziele für die Verbesserung der Versorgungssituation für Diabetikerinnen und Diabetiker in Rheinland-Pfalz formuliert werden.
Die Leitsätze wurden von den Mitgliedern des Landesdiabetesbeirats einstimmig verabschiedet.
Der Landesdiabetesbeirat stellt für die Situation in Rheinland-Pfalz fest, dass die in der St. Vincent-Erklärung von 1989 geforderten Verbesserungen in der Behandlung und Versorgung von Menschen mit Diabetes mellitus teilweise umgesetzt oder in Angriff
genommen sind:
Dem Präsidenten des Landtags mit Schreiben des Chefs der Staatskanzlei vom 20. Dezember 2002 übersandt.
Federführend ist die Ministerin für Arbeit, Soziales, Familie und Gesundheit.
Druck: Landtag Rheinland-Pfalz, 9. Januar 2003
Drucksache 14/
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Landtag Rheinland-Pfalz – 14. Wahlperiode
– Strukturierte Schulungen sind durch Strukturverträge zwischen den Krankenkassen(verbänden) und Kassenärztlichen Vereinigungen sowie durch Vereinbarungen zwischen niedergelassenen Diabetologen und qualifizierten ambulanten Schulungseinrichtungen an Krankenhäusern und Krankenkassen etabliert: Allerdings müssen mehr als die bisher erst cirka 20 Prozent aller
Betroffenen erreicht werden.
– Die Kassenärztlichen Vereinigungen in Rheinland-Pfalz haben seit 1997 mit den Ersatz- und Betriebskrankenkassen Strukturverträge zur wohnortnahen Schulung und Betreuung von Menschen mit Diabetes geschlossen.
– Mehrere Krankenhäuser (derzeit 39) und Schwerpunktpraxen (derzeit 61) bieten auf der Grundlage vertraglicher Vereinbarungen mit der AOK Rheinland-Pfalz seit 1996 ambulante strukturierte Schulungen an.
– Etwa 20 Prozent der Diabetikerinnen und Diabetiker in Rheinland-Pfalz wurden seit 1996 (1990: 2 Prozent) nach diesen Vereinbarungen geschult und haben den Gesundheitspass Diabetes erhalten.
– Mehr als 150 Ärztinnen und Ärzte haben eine Weiterbildung zur Diabetologin oder zum Diabetologen nach den Richtlinien
der Deutschen Diabetes Gesellschaft (DDG) absolviert. Cirka 70 niedergelassene Ärztinnen und Ärzte haben auf Grund dieser
Qualifikation von den Kassenärztlichen Vereinigungen die Zulassung zum Führen einer diabetologischen Schwerpunktpraxis
erhalten und unterliegen weitgehend einer kontinuierlichen Qualitätskontrolle. Hierbei bestehen regionale Unterschiede.
– Ärztinnen und Ärzte mit dieser Weiterbildung sind auch bereits in vielen Krankenhäusern tätig.
– Auf Grund der diabetesbezogenen Qualifizierungsangebote in Rheinland-Pfalz ist in einigen Bereichen bereits eine verbesserte
Behandlung von Menschen mit Diabetes festzustellen. Dennoch besteht weiterhin dringender Handlungsbedarf, so zum Beispiel zur Errichtung von Diabetesfußambulanzen nach den Qualitätsstandards der Gruppe „diabetischer Fuß“ der Arbeitsgemeinschaft Rheinland-Pfalz/Saarland der Deutschen Diabetes Gesellschaft.
– Zur Etablierung und Durchführung der ambulanten Schulungsangebote ist qualifiziertes nichtärztliches Schulungspersonal
erforderlich. In Rheinland-Pfalz wurden bisher rund 120 Diabetesassistentinnen und -assistenten nach den Richtlinien der Deutschen Diabetes Gesellschaft ausgebildet; der bundesweit erste staatliche Ausbildungsgang zur Diabetesberaterin und zum
Diabetesberater wurde im November 2001 mit staatlicher Anerkennung abgeschlossen.
– Seit Oktober 2000 bietet die Landesapothekerkammer Rheinland-Pfalz die zertifizierte Intensivfortbildung „Pharmazeutische
Betreuung diabetischer Patienten“ an. Das Konzept zu dieser Fortbildung wurde von der Deutschen Diabetes Gesellschaft in
Zusammenarbeit mit der Bundesapothekerkammer, der Deutschen Diabetes Union und der Deutschen Pharmazeutischen Gesellschaft entwickelt. Mittlerweile haben 30 Apothekerinnen und Apotheker diesen Fortbildungskurs absolviert. Über 40 Apothekerinnen und Apotheker nehmen zurzeit an den Kursen teil.
III.
Forderungen und Ziele für die Verbesserung der Versorgungssituation
für Diabetikerinnen und Diabetiker in Rheinland-Pfalz
Einrichtung einer Landesleitstelle Diabetes
Die Prävention von Diabetes mellitus und die Verbesserung der Versorgung der betroffenen Menschen ist eine Querschnittsaufgabe, die nur im gesellschaftlichen Miteinander aller beteiligten Einrichtungen und Akteure im Land erfolgreich angegangen werden kann. Um dies zu unterstützen und zu gewährleisten, halten die Mitglieder des Landesdiabetesbeirats die Einrichtung einer
Leitstelle Diabetes für unbedingt notwendig. Diese Leitstelle soll nicht einzelfallbezogen agieren, sondern überwiegend landesweite
Maßnahmen planen und konzipieren, initiieren, koordinieren und moderieren.
Abgestimmte Versorgungsangebote
Versorgungsangebote müssen aufeinander abgestimmt und dem jeweiligen Bedarf der Patientin oder des Patienten angemessen sein.
Erforderlich ist auch die Implementierung verbindlicher Qualitätsstandards der diabetologischen Diagnostik und Therapie entsprechend anerkannten Qualitätsrichtlinien.
Verschiedene Angebotsstufen und interdisziplinäre Angebote unter Einbeziehung von Allgemeinärzten, Internisten, Gynäkologen,
Augenärzten, Nephrologen, Chirurgen, Kinderärzten, Psychologen, Apothekern und anderen sind zu schaffen beziehungsweise
auszubauen. Zurzeit existieren im ambulanten und stationären Bereich spezialisierte Einrichtungen. Sie müssen mit den nicht
spezialisierten Einrichtungen wie Hausärzten und Allgemeinkrankenhäusern auf der Basis einer interdisziplinären Versorgung vernetzt werden.
Zur flächendeckenden Versorgung der Betroffenen hält der Landesdiabetesbeirat die Schaffung und den Ausbau integrativer Behandlungsangebote mit stationären und ambulanten Einrichtungen zwischen primärärztlich tätigen Ärztinnen und Ärzten, Diabetesschwerpunktpraxen und Diabeteszentren für unabdingbar.
Hierzu müssen vertragliche Vereinbarungen getroffen werden.
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Ambulante Versorgung
Zur Optimierung der ambulanten Versorgung hält es der Landesdiabetesbeirat für erforderlich,
– die bestehenden Strukturen von Schwerpunktpraxen auf hohem Qualitätsniveau zu erhalten und abzusichern,
– die Versorgung im hausärztlichen Bereich weiter zu verbessern,
– vermehrt Spezialeinrichtungen wie qualifizierte Fußambulanzen in Praxen und an Krankenhäusern zu errichten,
– Augen- und andere Fachärzte an der Versorgungsstruktur zu beteiligen und
– die pharmazeutische Betreuung von Menschen mit Diabetes mellitus in den Apotheken weiter zu verbessern.
Stationäre Versorgung
Im Bereich der Krankenhäuser fordert der Landesdiabetesbeirat grundsätzlich
– die Beseitigung des erheblichen Mangels an fachübergreifenden Abteilungen zur Diagnostik und Behandlung diabetischer Folgeerkrankungen sowie
– den Erhalt beziehungsweise die Schaffung ausreichender Ausbildungsmöglichkeiten für ärztliches und nichtärztliches Personal
an Kliniken und im ambulanten Bereich. Dies muss auch im Landeskrankenhausbedarfsplan berücksichtigt werden.
Andere Einrichtungen
Der Landesdiabetesbeirat fordert ferner die Verbesserung der Versorgung von alten und hilfebedürftigen Menschen mit Diabetes
in der ambulanten Betreuung von Sozialstationen und in Altenpflegeheimen.
Prävention
Maßnahmen zur Primär-, Sekundär- und Tertiärprävention müssen zielgruppenspezifisch entwickelt und genutzt werden. Die Angebote müssen sich auf Erkrankungsursachen, aber im Falle der Sekundär- und Tertiärprävention auch auf das Stadium der Krankheit richten.
Im Einzelnen wird die Berücksichtigung folgender Grundsätze für notwendig gehalten:
– Motivation der Gesamtbevölkerung zu einer gesunden Lebensführung durch Aufklärung und Beratung, angepasst an die jeweilige Lebensaltersstufe.
– Früherfassung und Behandlung von Personen mit Risikofaktoren. Ab dem 40. Lebensjahr sollte jede Person entsprechend der
Empfehlung der Deutschen Diabetes Gesellschaft hinsichtlich eines Diabetes untersucht werden. Alle schwangeren Frauen sollten auf Gestationsdiabetes untersucht werden.
– Nachsorge bei Menschen mit bekanntem Diabetes mellitus entsprechend den Richtlinien der Deutschen Diabetes Gesellschaft.
– Intensive Grundschulung mit zeitlich festgelegter fortgesetzter Schulung der Diabetikerinnen und Diabetiker hinsichtlich ihrer
Erkrankung und den aktuellen therapeutischen Möglichkeiten.
– Psychologische Betreuung und Unterstützung der Therapiemaßnahmen unter Einbeziehung des sozialen Umfeldes.
– Verbindliche Einbindung des Sachverstands von Patientinnen und Patienten sowie ihrer Angehörigen durch Einrichtung und
Unterstützung von Selbsthilfegruppen.
Aus-, Fort- und Weiterbildung
Die Aus-, Fort- und Weiterbildung aller an der Versorgung von Menschen mit Diabetes beteiligten Berufsgruppen muss verbessert
und zertifiziert werden. Dies beinhaltet:
– standardisierte, qualitätsgesicherte, verbindliche Angebote für alle an der Behandlung, Betreuung, Pflege und Beratung von Menschen mit Diabetes mellitus beteiligten Berufsgruppen,
– Integration der notwendigen Informationen über Adipositas, Bluthochdruck, Blutfetterhöhung und Diabetes mellitus in den
Lehrstoff der Aus- und Weiterbildung der Berufe des Gesundheitswesens, der pädagogischen Bereiche und der Sozialarbeit,
– Schaffung von selbstständigen regional in Rheinland-Pfalz verteilten Einrichtungen als Kompetenz- und Trainingszentren für
optimale Aus- und Weiterbildung und Zertifizierung von diabetologisch qualifizierten Ärztinnen und Ärzten, Mitgliedern der
anderen Gesundheitsberufe einschließlich der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Diabetesschwerpunktpraxen und aller an
der Betreuung von Menschen mit Diabetes Beteiligten.
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Der Landesdiabetesbeirat fordert in diesem Zusammenhang
– die Einführung einer Weiterbildungsbezeichnung „Diabetologin/Diabetologe“. Dies erfordert eine Ergänzung der Weiterbildungsordnung durch die Landesärztekammer, die auf Grund einer bundesweiten Regelung derzeit umgesetzt wird;
– die Erlaubnis zum Nennen von Zusatzbezeichnungen wie Diabetologin/Diabetologe DDG und Angeboten wie Schulung auf
dem Praxisschild. Diese Forderung konnte zwischenzeitlich umgesetzt werden;
– den Ausbau beziehungsweise die Stabilisierung der vorhandenen Ausbildungsmöglichkeiten zur Diabetesassistentin und zum
Diabetesassistenten sowie zur Diabetesberaterin und zum Diabetesberater.
Besondere Zielgruppen
Für alle von Diabetes mellitus betroffenen Kinder und Jugendlichen ist eine verbesserte medizinische und soziale Betreuung sicherzustellen, um eine vorurteilslose Integration der Betroffenen und eine altersentsprechende normale Lebensqualität zu gewährleisten.
Hierzu gehören
– eine verbesserte Aufklärung für Eltern, Kindergarten, Schule und Arbeitgeber,
– der Aufbau einer flächendeckenden pädiatrisch-diabetologischen Versorgung sowie
– der Ausbau telemedizinischer Angebote wie TEDDI.
Diabetesregister
Als Grundlage für die zahlreichen genannten Maßnahmen wird ein Diabetesregister angesehen, das Aussagen über Häufigkeiten,
Risikofaktoren, Therapiemaßnahmen und Folgekrankheiten liefert. Hierzu wird die flächendeckende Implementierung bereits vorhandener Datenbanken, mit besonderer Gewichtung der Datenerfassung bei Kindern und Jugendlichen sowie von Folgeerkrankungen in allen Altersstufen, empfohlen. Die Möglichkeit zur Übernahme von Systemen wie in den Bereichen der Kassenärztlichen
Vereinigungen Nordrhein oder Sachsen, gegebenenfalls nach Adaptierung an die regionalen Gegebenheiten, soll geprüft werden.
Zur Vermeidung unnötiger Fußamputationen sollen die Einführung eines „Amputationsbogens“ nach Vorbild der Kassenärztlichen Vereinigung Nordrhein und die Ausdehnung erster in Rheinland-Pfalz existierender Initiativen verbindlich vorgeschrieben
werden.
Gesundheitspass
Die Weiterverbreitung des Gesundheitspasses Diabetes als wesentliches Instrument des Selbstmanagements von Menschen mit
Diabetes mellitus muss gewährleistet werden. Eine Kompatibilität mit anderen Dokumenten wie zum Beispiel einem Arzneimittelpass (Chipkarte) sollte hierbei berücksichtigt werden.
Forschung
Notwendig sind die Schaffung und der Erhalt von Einrichtungen zur Erforschung der Ursachen des Diabetes mellitus, seiner Komplikationen und Behandlungsmöglichkeiten (Kliniken, Abteilungen, Institute).
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