Experten bringen Licht ins Dunkel

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Experten bringen Licht ins Dunkel
06.11.2013
Erstes Netzhaut-Implantat in Schleswig-Holstein bei blinden Patienten in der Klinik für
Augenheilkunde am UKSH, Campus Lübeck, eingesetzt
Einem fast vollständig erblindeten Patienten hat Prof. Dr. med. Salvatore Grisanti, Direktor der Klinik für
Augenheilkunde des Universitätsklinikums Schleswig-Holstein (UKSH), Campus Lübeck, ein Netzhaut-Implantat
eingesetzt. Das neue Therapieverfahren soll dem Patienten mit Retinitis pigmentosa (RP) wieder eine
funktionale Sehfähigkeit ermöglichen.
Wie ein Herzschrittmacher das Herz zum Schlagen bringt, stimuliert das Implantat (Argus II) die Nervenzellen
der Netzhaut, um wieder visuelle Eindrücke bei blinden Menschen herzvorzurufen. Damit kann Patienten mit
schwerem Sehverlust eine funktionale Sehkraft zurückgeben werden. Das Expertenteam um Prof. Dr. Grisanti in
Lübeck hat heute zum ersten Mal in Schleswig-Holstein einem Patienten ein solches „bionisches Auge“
eingesetzt.
Der 70-jährige Patient leidet an Retinitis pigmentosa, einer Augenerkrankung, bei der die Photorezeptoren der
Netzhaut absterben, der Sehnerv aber intakt bleibt. Schätzungsweise leiden in Deutschland mehr als 30.000
Menschen an dieser Netzhautdegeneration. Dabei verschlechtert sich die Sehkraft des Patienten immer stärker
und führte zu einer fast völligen Blindheit. Bisher gab es kein Medikament, das den natürlichen Verlauf der
Erkrankung verlangsamt oder aufhält. „Mit dem Implantat wird es möglich, Blinde aus der Dunkelheit zu holen.
Für Patienten, die ihr Augenlicht verloren haben, bedeutet die Wahrnehmung von Licht oder Strukturen eine
wesentliche Verbesserung der Lebensqualität“, sagt Prof. Dr. Grisanti.
„Die Erkrankung begann, deutlich wahrnehmbar durch Nachtblindheit, als ich 18 Jahre war. Seit ungefähr acht
Jahren bin ich fast blind. Ich verfüge lediglich über eine geringe Lichtscheinwahrnehmung“, berichtet der erste
Lübecker Patient. „Mit der neuen Netzhautprothese erhoffe ich mir wieder mehr Eigenständigkeit. In einer
gewohnten Umgebung, wie zu Hause, kann ich mich gut zu Recht finden. Aber in meinem Wohnviertel verliere
ich die Orientierung, da sich durch Neubauten viel verändert hat. Wenn ich wieder optische Eindrücke deuten
könnte, die mir bei der Orientierung helfen, wäre es eine enorme Verbesserung. Ich freue mich auf die neuen
Möglichkeiten und das Training. Auch wenn es so sein wird, wie eine neue Sprache zu erlernen.“
Das System erfasst Videobilder durch eine Miniatur-Videokamera in der Brille des Patienten und wandelt diese
in eine Serie kleiner elektrischer Impulse. Diese werden drahtlos an die Elektrodenmatrix auf der Oberfläche der
Retina (epiretinal) übermittelt. Die verbleibenden Nervenzellen der Netzhaut werden durch diese Impulse
stimuliert, wodurch das Gehirn entsprechende Lichtmuster wahrnimmt. Die Patienten lernen, diese visuellen
Muster zu interpretieren und erlangen dadurch einen gewissen Grad an funktionellem Sehvermögen. In ihren
Alltagsaktivitäten erleben Patienten mit diesem Implantat drastische Verbesserungen und können Gegenstände
wieder lokalisieren und identifizieren, Zebrastreifen erkennen und Hindernissen ausweichen. Eine aktuelle
Studie, veröffentlicht im British Journal of Ophthalmology, zeigt, dass drei Viertel der Patienten in der
Untersuchung wieder Buchstaben erkennen konnten, teilweise bis zu einer Größe von nur 0,9 cm. Ein Teil der
Patienten konnte sogar Wörter mit zwei, drei oder vier Buchstaben lesen.
Das Implantat ist für Patienten über 25 Jahren mit schwerer Netzhautdegeneration geeignet. Sie müssen früher
über eine Sehkraft verfügt haben, nun aber fast völlig blind sein. Eingesetzt werden kann das Implantat bei den
Netzhauterkrankungen: Retinitis pigmentosa, Usher-Syndrom, Choroideremia, Stäbchen-Zapfen-Degeneration,
Lebersche kongenitale Amaurose, Bardet-Biedl-Syndrom. Üblicherweise dauert die Operation weniger als drei
Stunden. Daran schließt sich aber ein langfristiges Training an, in dem der Patient lernt, die neuen Reize zu
interpretieren.
Für Rückfragen steht zur Verfügung:
Universitätsklinikum Schleswig-Holstein, Campus Lübeck
Klinik für Augenheilkunde, Prof. Dr. Salvatore Grisanti, Tel.: 0451 500-2210, E-Mail: [email protected]
Bilder zum Thema:
Das Implantat Argus II wird direkt auf die Netzhaut gesetzt und stimuliert
dort die Nervenzellen. Dadurch können wieder visuelle Eindrücke bei
blinden Menschen hervorgerufen werden.
Bild in Originalgröße »hier
Das Argus-II-System konvertiert Videobilder, die durch eine
Miniaturkamera in der Brille (links) des Patienten erfasst werden, mit Hilfe
eines Minicomputers (rechts) in eine Serie kleiner elektrischer Impulse.
Diese werden drahtlos an die Elektrodenmatrix auf der Oberfläche der
Retina (epiretinal) übermittelt. Bildnachweis: Second Sight Medical
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Bild in Originalgröße »hier
Verantwortlich für diese Presseinformation:
Oliver Grieve, Pressesprecher des Universitätsklinikums Schleswig-Holstein,
Mobil: 0173 4055 000, E-Mail: [email protected]
Campus Kiel, Arnold-Heller-Straße 3, Haus 31, 24105 Kiel,
Tel.: 0431 597-5544, Fax: 0431 597-4218
Campus Lübeck, Ratzeburger Allee 160, 23538 Lübeck,
Tel.: 0451 500-5544, Fax: 0451 500-2161
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