TEXTE FRANÇAIS VOIR PAGE 315 PRAXIS UND FORTBILDUNG Beat R. Kurt niedergelassener Fachzahnarzt in Oralchirurgie SSO, Luzern KORRESPONDENZ Dr. Beat R. Kurt Fachzahnarzt in Oralchirurgie SSO WBA orale Implantologie Winkelriedstrasse 35 6003 Luzern/Schweiz Telefon +41 41 210 24 74 [email protected] www.oralchirurgie.ch Schablonengeführte Implantologie mit der Open-Access-Software smop Ein Fallbericht aus der Praxis SCHLÜSSELWÖRTER Guided Surgery, Implantologie, Navigation, Planung, smop Bild oben: Planungsoberfläche von smop mit fertig ­geplantem Fall und konstruierter Bohrschablone ZUSAMMENFASSUNG Die schablonengeführte Umsetzung der virtuellen Implantologie» und stand bei einigen wichtigen Operationsplanung hat sich in den vergangenen Produktentwicklungen beratend zur Seite. In die- Jahren zu einem praxisgerechten Hilfsmittel für sem Artikel möchte er darstellen, welche Vorteile die Insertion von Implantaten entwickelt. Der er zum jetzigen Zeitpunkt in der navigierten Im- ­Autor dieses Artikels ist in einer Privatpraxis als plantologie sieht und wann seiner Meinung nach Oralchirurg niedergelassen. Er beschäftigt sich der konventionelle Weg vorzuziehen ist. seit vielen Jahren mit dem Thema «navigierte SWISS DENTAL JOURNAL VOL 124 3/2014 305 306 PRAXIS UND FORTBILDUNG Einleitung Navigierte Implantologie Fachmagazine, Studienergebnisse, Kongresse, Fortbildungen – die Vorteile der navigierten Implantologie sind aus der Zahnme­ dizin nicht mehr wegzudiskutieren; zumindest in der Theorie wird jeder Zahnmediziner fast täglich mit dem Thema konfron­ tiert. Doch wird für jede Implantattherapie eine Navigations­ schablone benötigt? Und ist ein «navigiertes Vorgehen» immer gleichzusetzen mit einem minimalinvasiven, lappenfreien Ein­ griff? Diese und ähnliche Fragen beschäftigen den Praktiker und sollen in diesem Artikel etwas näher betrachtet werden. Um das Fazit des Artikels vorwegzunehmen: Beide Fragen werden mit einem Nein beantwortet. Navigationsschablonen sind nicht im­ mer nötig, können aber den Eingriff in schwierigen Situationen sicherer und das Ergebnis vorhersagbarer machen. Und Naviga­ tionsschablonen ersetzen nicht in jedem Fall das Freilegen des Knochens. Die Möglichkeiten der intraoperativen Navigation (Kamera­ navigation in Echtzeit) haben sich in der Zahnmedizin nicht durchgesetzt. Als praxisgerecht bewährt hat sich jedoch die ­Navigation mit Bohrschablonen (Katsoulis et al. 2009, Kuehl et al. 2013). Hierbei inseriert der Zahnmediziner mit präoperativ gefertigten Bohrschablonen an zuvor geplanter Position das Im­ plantat. Die Schablonen können im zahntechnischen Labor oder in einem Produktionszentrum stereolithografisch gefräst oder durch 3-D-Druck hergestellt werden. In der Vergangenheit wurden diverse Programme für das sta­ tische Verfahren entwickelt (Beispiele: Swissmeda, NobelGuide, Simplant, Co-Diagnostix), teilweise waren diese kompliziert und in der Umsetzung aufwendig. Sicherlich ein Grund dafür, warum das navigierte Implantieren beim Praktiker bis vor Kur­ zem noch in den «Kinderschuhen» steckte und gefühlsmässig eher an Kliniken und Universitäten eingesetzt wurde. Ein neu­ er, praxisgerechter und vereinfachter Ansatz wurde von Swiss­ meda konzipiert und smop genannt. Die Nomenklatur smop setzt sich aus den Wörtern «swissmeda» und «Operationspla­ nung» zusammen. Vorgehen bisher (Abb. 1): Für die dreidimensionale Diagnostik mussten ein Set-up (radioopake Zähne) aufgestellt und basie­ rend darauf eine Röntgenschablone gefertigt werden. Mit der Röntgenschablone wurde eine DVT-Aufnahme erstellt, die ra­ diologischen Daten (DICOM-Daten) in eine Planungssoftware importiert und nach der virtuellen Planung der Implantatposi­ tionen diese Daten wieder auf die Schablone (nun Bohrschablo­ ne) übertragen. Diese vielen Umkehrprozesse bedingen einen hohen Arbeitsaufwand und bergen eine Vielzahl von Fehler­ quellen. Zudem erhöhen die zahlreichen Arbeitsschritte und die vielen Behandlungssitzungen die Kosten. Seit zwei Jahren ist es nun bei vielen Indikationen möglich, den klassischen Weg zu verlassen und in einem fast vollständig digitalen Workflow zu arbeiten. Umkehrprozesse von analog zu digital, wie vom konventionellen Vorgehen bekannt, sind weg­ gefallen. Die Arbeitsprozesse werden weniger, wodurch die ­Effizienz des Vorgehens steigt und das Fehlerrisiko sinkt. Nachfolgend wird das digitale Vorgehen in der navigierten Implantologie mit der Planungssoftware smop (Swissmeda AG, Zürich) beschrieben. Die intuitive Bedienung und die Wahlfrei­ heit während der Planungsphase kommen dem Anwender so­ wie dem Patienten zugute. Eine serverbasierte Plattform erlaubt ein einfaches Interagieren zwischen den Behandlungspartnern. Ähnlich wie bei sozialen Netzwerken können die Daten von den ausgewählten Kollegen angesehen und/oder bearbeitet werden. In einer Überweiserpraxis bietet die unkomplizierte Kommuni­ kation mit dem Behandlungspartner einen erheblichen Mehr­ wert. Vorgehen – smop (volldigital) (Abb. 1): Es erfolgt eine DVT-Auf­ nahme (ohne Röntgen- beziehungsweise Scanschablone). Nach dem Einlesen der DICOM-Daten in die Software können die Evaluation des Knochenangebotes sowie eine Grobplanung vorgenommen werden. Erlaubt die Situation eine Implantat­ insertion, erfolgt die Abformung der intraoralen Ausgangssitua­ tion. Es werden Modelle hergestellt und anhand prothetischer Kriterien die Zähne aufgestellt. Das Wax-up sowie das Situa­ tionsmodell müssen nun nur in einem laborüblichen Scanner digitalisiert und in die Software geladen werden. Nach der Überlagerung aller Datensätze (Situationsmodell, Set-up, DVT) sind die relevanten Informationen auf einem Bild ersichtlich. Die dreidimensionale Darstellung (Schnittbild) zeigt in einem Bildgebung, Planung, Schiene Die ersten Implantatplanungssysteme waren bereits vor mehr als zehn Jahren erhältlich und wurden seither stetig optimiert. Mittlerweile ist aus einem Nischenprodukt für Tüftler und Com­ puterfreaks ein praxistaugliches Hilfsmittel für implantologisch tätige Zahnärzte geworden. Grundlage ist das dreidimensionale Röntgenbild. Vor der Entwicklung der dentalen Computerto­ mografie (CT) sowie der Digitalen Volumentomografie (DVT) wurden Informationen für die Planung einer implantologischen Behandlung vorwiegend aus radiologischen Panoramaaufnah­ men gewonnen. Wenngleich nützlich, liefern diese zweidimen­ sionalen Aufnahmen nur begrenzte Informationen und erlauben beispielsweise keine Auskunft über die bukkolinguale Ausdeh­ nung des Alveolarkammes (BouSerhal et al. 2002, Tyndall et al. 2002, Tyndall et al. 2012, Vazquez et al. 2008). Der Praktiker musste sich auf seine intraoperative Einschätzung verlassen und wird/wurde nicht selten von einem unzureichenden Knochen­ angebot überrascht. Zudem können mit der konventionellen Bildgebung keine Aussagen über die Lokalisation von Nerven oder Gefässen in bukkolingualer Richtung gemacht werden. Auch die prothetisch orientierte Planung gestaltet sich anhand zweidimensionaler Röntgenbilder sowie eines Situations­ modells in vielen Fällen schwierig. Mit der Digitalisierung und der dreidimensionalen Bildge­ bung ist die Zahnmedizin einen grossen Schritt vorangegangen. In der Kombination mit Implantatplanungsprogrammen kön­ nen wir auf virtuellem Weg durch den Kieferkamm fahren, Strukturen lokalisieren und den vorhandenen Knochen in allen Ebenen beurteilen. Die relevanten anatomischen Strukturen werden dargestellt, ohne dass eine Eröffnung der Kieferhöhle oder die Darstellung der Foramina mentale erfolgen muss (­Wittwer et al. 2007, Pozzi et al. 2011). Zudem können bei der Planung die prothetischen Aspekte einbezogen beziehungs­ weise auf die anatomischen Gegebenheiten abgeglichen ­werden. Fehlpositionierungen der Implantate, die der Zahn­ tech­niker bisher mit viel Aufwand und Geschick ausgleichen musste, können idealerweise dadurch verhindert werden (­Fornell et al. 2012, Van Assche et al. 2010). So können zum Beispiel schon vor der Insertion die prothetische Versorgung detailliert geplant, passende Abutments (abgewinkelt, gerade) gewählt oder konstruiert und sogar die Suprakonstruktion ­erstellt werden. Der sprichwörtliche i-Punkt der virtuellen ­Implantatplanung ist die Navigationsschiene, mit welcher der implantologisch tätige Zahnmediziner die Implantate exakt an geplanter Position inseriert. SWISS DENTAL JOURNAL VOL 124 3/2014 PRAXIS UND FORTBILDUNG Konventioneller Ablauf Digitaler Ablauf klinische Untersuchung Röntgenbild/OPG evtl. Röntgenbild Situationsabformung DVT-Aufnahme keine Röntgenschiene Wax-up/Set-up Einlesen der Daten, Grobplanung Werden weitere Planungsunterlagen benötigt? Röntgenschablone DVT oder CT mit Röntgenschablone Einlesen der DICOM-Daten, Implantatplanung Export der Planungsdaten und Versand an das Labor Umarbeiten der Röntgenschablone in eine Bohrschablone Abformung, Wax-up, Digitalisierung von Wax-up und Modell Datenüberlagerung (STL und DICOM), definitive Implantatplanung Konstruktion der Bohrschablone/ Export der Daten zum Druckzentrum Bohrschablone und Implantatinsertion Implantatinsertion Abb. 1 Gegenüberstellung des Ablaufs bei einer konventionellen schablonengeführten Implantatinsertion mit dem Ablauf des digitalen Weges zur Bohr­ schablone (smop, swissmeda). Der Vorteil des digitalen Vorgehens liegt im optimierten Gesamtprozess. Von der ersten klinischen Untersuchung über die ­Planung bis hin zur Herstellung der Schablone ist der Prozess im Vergleich zum konventionellen Vorgehen effizienter (Flügge et al. 2013). SWISS DENTAL JOURNAL VOL 124 3/2014 307 308 PRAXIS UND FORTBILDUNG einzigen Bild die anatomischen Strukturen des Kieferknochens sowie die prothetisch orientierte Planung. Nach der Planung der Implantatposition wird das Schienendesign entworfen, und nach der Freigabe durch den Chirurgen wird die Schiene gefer­ tigt. Vorteile des digitalen Workflows –– keine Röntgenschablone. Die Entscheidung, ob computer­ navigiert implantiert wird, kann auch nach der dreidimen­ sionalen Untersuchung erfolgen. –– Fehler durch mechanisches Handling und Umkehrprozesse sind nahezu ausgeschlossen –– wenige Behandlungsschritte –– Zeit am Behandlungsstuhl ist verkürzt –– viele Implantatsysteme und Guided-Kits können verwendet werden –– internetbasierte Plattform (Planungscommunity smop) für eine interdisziplinäre Behandlungsplanung –– offene Schnittstellen –– Bohrschablone wird in einem 3-D-Druck-Verfahren gefertigt –– geringe Investitionskosten: Die Nutzung der Software und des Servers (Cloud-Lösung) wird durch eine Jahresgebühr abge­ golten. Die Anzahl der Planungen ohne Datenexport ist un­ beschränkt möglich. Erst bei der Umsetzung der Planung in eine Bohrschablone entstehen zusätzliche Nutzungsgebühren pro Fall. Doch nicht immer gilt das vollnavigierte Vorgehen bei der In­ sertion der Implantate als Mittel der Wahl. Beispielsweise ist das Vorgehen bei einem unbezahnten Kiefer derzeit noch nicht klar standardisiert. Um die DICOM und STL-Daten exakt über­ einander lagern zu können, fehlen Referenzpunkte. Hilfs­ implantate sind eine Alternative; allerdings würden hierdurch die Kosten wiederum steigen. Es kann jedoch auf die klassische Vorgehensweise (Röntgenschablone mit Referenzkörper) zu­ rückgegriffen werden; auch diese Methode ist mit der beschrie­ benen Software weiterhin möglich. Der nachfolgende Praxisfall soll die Einfachheit und Vorteile des digitalen Workflows ver­ deutlichen. Patientenfall – Einzelzahnimplantat Der Patient konsultierte die Praxis mit dem Wunsch des Lü­ ckenschlusses Zahn 11 (Abb. 2). Der 20-jährige Mann hatte auf­ grund eines zurückliegenden Traumas den Zahn 11 nach einigen Erhaltungsversuchen (alio loco) verloren. Bei der Erstkonsul­ tation in der Praxis des Autors lag die Extraktion des Zahnes 2 SWISS DENTAL JOURNAL VOL 124 3/2014 4 Monate zurück. Der Kieferknochen war mittlerweile stark ­atrophiert; im bukkalen Bereich war quasi kein Knochen mehr vorhanden (Abb. 3). Eine Brücke kam aufgrund des invasiven Vorgehens an den intakten, füllungsfreien Nachbarzähnen nicht infrage. Im Sinne der Maximalanforderung an ein ästhetisches und langfristig stabiles Ergebnis fiel die Entscheidung für ein Einzelzahnimplantat mit vollkeramischer Krone. Für die implantologische Therapie schien die dreidimensio­ nale Planung von Vorteil. Wir entschieden uns für das vollnavi­ gierte Vorgehen (smop, Swissmeda AG). Auf Grundlage des dreidimensionalen Röntgenbildes (DVT) erfolgte eine erste ­Beurteilung der Istsituation (Tyndall et al. 2012, D’haese et al. 2012). Hierfür mussten zuerst die DICOM-Daten der DVT-Auf­ nahme in das Planungsprogramm eingelesen werden (Abb. 4). Nach Eingabe der Patientendaten und der Wahl des Vorgehens (klassisch oder digital) wurden die Okklusionsebene definiert und das vorhandene Knochenangebot evaluiert. So erfolgte eine erste «grobe» Planung der Implantatposition (Abb. 5). Erst nachdem sichergestellt war, dass eine Implantattherapie so­ wohl chirurgisch als auch prothetisch Erfolg versprechend zu realisieren ist, modellierte der Zahntechniker ein Wax-up (Abb. 6). Diese Zielvorgabe (Sollsituation) wurde im Patienten­ mund einprobiert (Mock-up) und an die individuellen Wünsche des Patienten sowie des Zahnmediziners adaptiert. Nachdem alle Beteiligten mit dem anzustrebenden Ergebnis konform wa­ ren, wurden das Modell und das Mock-up mit einem system­ offenen Oberflächenscanner digitalisiert. Mit modernen Intra­ oralscannern wird es zukünftig möglich sein, die Daten direkt im Mund zu erfassen. Das erspart die Herstellung eines Gips­ modelles und macht das Vorgehen «volldigital». Über eine Zahnbibliothek könnte eine virtuelle Zahnaufstellung erfolgen, sodass auch das manuelle Wax-up nicht mehr notwendig sein wird. Hier ist die Entwicklung in naher Zukunft zu beobachten und abzuwarten. Planung Jetzt wurden die 3-D-Daten (DICOM) und die STL-Daten (­Modell, Set-up) übereinander gelagert und das Ziel definiert (prothetisch sowie anatomisch optimale Implantatposition) (Abb. 7 bis 9) (Garber 1996, Marquardt et al. 2007). Im Vergleich zur herkömmlichen Variante (Scanschablone mit radioopaken Zähnen) spart dieses Vorgehen Aufwand und Zeit (Jung et al. 2012). Noch sind ausser den Modellen, dem Set-up, dem Scan sowie der DVT-Aufnahme keine Kosten entstanden. Theoretisch hätte in dieser Situation die Entscheidung gegen das navigierte Verfahren erfolgen können. 3 Abb. 2 Die Ausgangssituation: Zahn 11 fehlt. Bukkal starker Knochen­einbruch. Abb. 3 Röntgenbild der Ausgangs­ situation. PRAXIS UND FORTBILDUNG Abb. 4 DVT-Aufnahme fünf Monate nach Zahnextraktion. Die DICOM-Daten werden in die Planungssoftware geladen, und die Okklusionsebene sowie das Knochenangebot werden evaluiert. Abb. 5 Lateralansicht bei der ersten Beurteilung der Situation. Bei der «Grobplanung» der Ausgangssituation wird die Erfolgsprognose einer ­implantatprothetischen Therapie beurteilt. Abb. 6 Das diagnostische Wax-up gibt die ideale prothetische Situation vor. Abb. 7 Nach dem Digitalisieren des Wax-up (STL) werden die Daten (DICOM und STL) übereinander gelagert und die Implantatposition anhand protheti­ scher Kriterien geplant. Abb. 8 Die okklusale Ansicht der Planung mit Wax-up. Abb. 9 Darstellung der DICOM-Daten (DVT); Lateralansicht. Das Wax-up ist eingeblendet, und die anatomischen Parameter werden in die Planung einbezogen. SWISS DENTAL JOURNAL VOL 124 3/2014 309 310 PRAXIS UND FORTBILDUNG Vorteile der Planung mit smop Aufgrund der Restbezahnung war die Überlagerung der Daten­ sätze in diesem Fall relativ einfach und präzise möglich. Die virtuelle Planung der Implantate konnte vorgenommen wer­ den. Hierbei sei ein weiterer, wichtiger Aspekt erwähnt. Ein in der Software angelegter Patientenfall kann zusätzlich zu der Speicherung auf der eigenen Festplatte auf einem Webserver gesichert werden. Mit der Cloud-Lösung ist es ohne Datenver­ sand möglich, den Behandlungspartner in die Planung ein­ zubeziehen. Die Daten werden für den anderen Benutzer des Programmes freigeschaltet, und zeitgleich oder zeitversetzt beurteilen der Chirurg sowie der Prothetiker (Überweiser) die Planung. Gegebenenfalls wird korrigiert. Das ist vor allem für Überweiserpraxen ideal. Der Kollege kann die geplante Situa­ tion anschauen, Änderungswünsche einfliessen lassen und letztlich sein Einverständnis geben. Die Vorarbeit der Planung kann auf Wunsch an ein Servicecenter (Partner Swissmeda AG) delegiert werden, doch die definitive Planung der Implantat­ position und die Freigabe erfolgen durch den Chirurgen. Ge­ plant wurde ein Implantat (Straumann, Bone Level RC 10 mm) in regio 11 (Abb. 10 und 11). In der Planungssoftware sind fast alle gängigen Implantattypen integriert. Das Implantat wurde entsprechend der bekannten Massgabe virtuell positioniert (Abb. 12 und 13). Diverse, gut durchdachte Funktionen in der Software ermöglichen ein individuelles Vorgehen (Abb. 14 und 15). Sehr hilfreich ist beispielsweise das Einblenden des Wax‑up oder die Darstellung der Weichgewebesituation (vgl. Abb. 13). Abb. 10 Ansicht von lateral. Das Wax-up beziehungsweise die Modelldaten sind ausgeblendet. Abb. 11 Ansicht von lateral. Die Modelldaten sind eingeblendet. Das Wax-up dient als Orientierung für die sagittale Neigung des Implantats. Abb. 12 Ansicht von bukkal. Planung der Achsenneigung des Implantats 11. Abb. 13 Durch die Überlagerung der Modelldaten (STL) kann auf Wunsch die Weichgewebesituation eingeblendet werden. Abb. 14 und 15 Erstellung des Schienendesigns nach der Planung der idealen Implantatposition. SWISS DENTAL JOURNAL VOL 124 3/2014 PRAXIS UND FORTBILDUNG Abb. 16 Das virtuelle Schienendesign wird zur Fertigung freigegeben. Abb. 17 Die fertige Schiene auf dem Modell. Abb. 18 Die skelettartige Schiene sitzt fest und sicher auf dem Modell. Navigationsschablone Je nach Wunsch beziehungsweise Indikation kann das Implan­ tat ohne Schablone inseriert (einfacher Fall) oder die Daten der Planung in die Schablone übertragen werden. Diese Wahlfrei­ heit genehmigt das patientenindividuelle Vorgehen; Kosten ­fallen erst an, wenn die Schablone im Designzentrum geordert wird. Der Chirurg kann bei der virtuellen Gestaltung der chirur­ gischen Führungsschablone seine Wünsche einbringen. Wenige Tage nach dem Hochladen der Daten wurden das Design der skelettartigen Schablone über den Server zugestellt, der digitale Entwurf beurteilt und ohne Änderungswünsche freigegeben (Abb. 16). Das offene Standardformat (STL-Datensatz) gibt dem Behandlungsteam erneut die freie Wahl. Die Schablone kann in einem beliebigen Produktionszentrum oder zertifizierten Labor gefertigt werden (CAD/CAM, Rapid-Prototyping) (Fluegge et al. 2013). Fünf Tage später wurde die physische Navigations­ schablone der Praxis zugestellt. Die skelettartige Schablone passte exakt auf das Modell (Abb. 17 und 18). Ein grosser Vorteil dieses Designs ist die gute Möglichkeit der Kühlung während der Insertion des Implantats. Implantatinsertion und provisorische ­Versorgung Nach den üblichen Vorbereitungen für einen implantatchirurgi­ schen Eingriff wurde die stabile Schablone desinfiziert und in den Mund eingebracht. Sie «rastete» auf den Zähnen ein und sass fest. Das Implantat konnte via Navigationsschablone ent­ sprechend der Planung und nach gewohntem Bohrprotokoll ­inseriert werden. Sowohl für das Behandlungsteam (Chirurg, Assistenz) als auch für den Patienten war der Eingriff mit der skelettartigen Schablone kaum belastend. Nach der Insertion wurden der bukkale Bereich mit autologem Knochen aus der retromolaren Region, einem Knochenersatzmaterial (BioOss, Geistlich Biomaterials) und einer Membran (BioGide, Geistlich Biomaterials) abgedeckt und die Wunde primär verschlossen. In der Praxis hat sich gezeigt, dass die meisten Eingriffe nicht ohne Aufklappung (flapless) vorgenommen werden können, da ein zu geringes Knochenangebot einen gleichzeitigen Aufbau des Kieferkammes bedingt. Die Einheilphase verlief komplikations­ los. Nach zehn Wochen erfolgte ein Zweiteingriff (Freilegung) und weitere zwei Wochen später die Abformung auf dem Im­ plantatschulterniveau. Basierend darauf wurde im Labor ein Langzeitprovisorium gefertigt, welches für mindestens ein Jahr im Mund verbleiben wird. Als Provisorium diente eine einteilige verschraubte Implantatkrone auf einem beschleifbaren konfek­ tionierten Sekundärteil (Abb. 19). Die Verblendung erfolgte mit Kunststoff (Abb. 20 bis 22). Die klinischen Bilder zeigen die ­Situation direkt nach dem Einsetzen des Provisoriums (Abb. 23 bis 25). Da der Patient während der Einheilphase das abnehm­ bare Provisorium nicht getragen hat, ist Zahn 12 leicht nach mesial-palatinal gekippt. Mit zwei Tiefziehschienen wird dieser jedoch wieder aufgerichtet werden. Fazit Die Entwicklung im Bereich der CT- und vor allem der DVT-Ge­ räte hat in den vergangenen Jahren einen grossen Schritt nach vorn getan. Die Bedienfreundlichkeit, die hohe Detailgenauig­ keit, die verschiedenen Aufnahmevolumina bei den DVT sowie der sinkende Preis der einzelnen Geräte haben dazu geführt, dass in der Schweiz bereits über 150 Geräte im Einsatz sind. ­Somit ist es einfacher geworden, mit einem Kollegen in naher SWISS DENTAL JOURNAL VOL 124 3/2014 311 312 PRAXIS UND FORTBILDUNG Abb. 19 und 20 Konfektioniertes Sekundärteil (Straumann, VITA Cad Temp) für provisorische Kronen. Abb. 21 und 22 Das Langzeitprovisorium entsprach den Vorgaben des Wax-up. 14 Wochen nach der Insertion des Implantats wurde das Provisorium im Mund aufgeschraubt. Abb. 23 und 24 Situation direkt nach dem Einsetzen des Langzeitprovisoriums. Nachbarschaft zu kooperieren, welcher ein DVT-Gerät benutzt. Bisher waren der präröntgenologische Aufwand und die damit verbundenen Kosten für viele Zahnmediziner ein Hindernis ­dafür, um auf die navigierte Implantologie zurückzugreifen und von den Vorteilen zu partizipieren. Mit dem beschriebenen ­Vorgehen smop ist der Aufwand um einige Arbeitsschritte re­ duziert. Mit dem intuitiv funktionierenden Planungssystem können implantatprothetische Behandlungen mit einem hohen Mass an Vorhersagbarkeit sowie überschaubaren Kosten rea­ lisiert werden. Obwohl laut American Academy of Oral and ­Maxillofacial radiology die Anfertigung von Schichtaufnahmen SWISS DENTAL JOURNAL VOL 124 3/2014 bei der Implantatplanung zu bevorzugen sei (Tyndall et al. 2012), muss die Herstellung einer DVT- oder CT-Aufnahme im Rahmen des Strahlenschutzes für jeden Fall neu abgewogen werden (Vazquez et al. 2008, BouSerhal et al. 2012). Zusammenfassung Als Überweisungspraxis für Oralchirurgie und Implantologie erhalten wir häufig komplexe Patientenfälle. Trotz langjähriger Erfahrung in der Implantologie sind diese Fälle auch für uns aus­serordentlich anspruchsvoll. In solchen Indikationen möch­ ten wir auf die dreidimensionale Diagnostik, die virtuelle PRAXIS UND FORTBILDUNG Abb. 25 Das Kontrollröntgenbild: Implantat in regio 11. I­ mplantatplanung und die schablonengestützte Implantatinser­ tion nicht mehr verzichten. Neben der Behandlungssicherheit, sprechen weitere Aspekte für das «navigierte» Implantieren. Einige Vorteile: 1.Einige Eingriffe können minimalinvasiv vorgenommen wer­ den, da das Knochenangebot in der Software gut sichtbar und somit optimal genutzt werden kann. Die Implantate können prothetisch ideal gesetzt und heikle anatomische Strukturen können geschützt werden. 2.Der Patient erfährt einen höheren Behandlungskomfort. Die Operationszeit wird deutlich verkürzt. Postoperative ­Beschwerden reduzieren sich auf ein Minimum. 3.Die Cloud-basierte Lösung des beschriebenen Verfahrens ­erlaubt eine Planung ohne umständlichen Datenversand. Bei Bedarf kann man gemeinsam mit dem Kollegen/Überweiser über schwierige Fälle entscheiden. 4.Durch die intraorale Datenerfassung und ein darauf basieren­ des virtuelles Wax-up wird der Ablauf in naher Zukunft voll­ ständig digital möglich sei. Dadurch kann das Behandlungs­ team den Patienten optimal in die Planung einbeziehen. Es gibt auch Indikationen, bei denen der konventionelle Weg eine gleichwertige und weniger aufwendigere Alternative ist. Hier liegt es in unserer Pflicht, die uns gegebenen Möglich­ keiten verantwortungsbewusst zu nutzen und im Sinne des ­Patienten den sichersten und zugleich effektivsten Therapie­ weg zu wählen. Entscheidend dafür sind das vorhandene ­Knochenangebot, die Ansprüche an das prothetische sowie ­ästhetische Resultat und die Erfahrung des Chirurgen. Für den Zahnmediziner ist es wichtig, sich individuell für den optima­ len Therapieweg entscheiden zu können. Da die Entscheidung für oder gegen das navigierte Vorgehen auf dem hier beschrie­ benen Weg erst nach der dreidimensionalen Aufnahme (DVT) erfolgt, ist das Verfahren kostensparend. Abschliessend sei ­darauf hin­gewiesen, dass die Navigationsschablone nicht auto­ matisch zu einem besseren Gesamtergebnis führt und kein ­Erfolgsgarant ist. Ein «blindes» Setzen der Implantate ohne chirurgische Erfahrung kann auch mit Schablone zum Ver­ hängnis werden. Derzeit existieren relativ wenige aussagekräftige klinische Studien, die sich auf die Genauigkeit der schablonengeführten Implantologie beziehen (Jung et al. 2009). Zudem sind die ­Unterschiede zwischen den einzelnen Systemen gross. Meine klinische Erfahrung hat gezeigt, dass es einer entsprechenden Lernkurve bedarf; je eingespielter die Abläufe und die Auswahl der Patientenfälle, desto höher wird die Voraussagbarkeit. Am wichtigsten scheint dem Autor der sichere intraoperative Sitz der Schablone sowie das korrekte Überlagern der Daten. Dies ist nur mit ausreichend und gut dargestellten Referenzpunkten, d.h. genügend Restbezahnung oder Hilfsimplantaten, sowie ­einer klaren DVT/CT-Aufnahme möglich. Das navigierte Vor­ gehen mit einer gedruckten Schablone (wie in diesem Artikel dargestellt) verringert das Fehlerrisiko und scheint genauer (Kuehl et al. 2013, Fluegge et al. 2013, D’haese et al. 2012, ­Nickenig et al. 2012, Schneider et al. 2009, Van Assche et al. 2012, Kuehl et al. 2013, de Almeida et al. 2010). Weitere klinische Studien hierzu werden demnächst von der Universität Zürich publiziert. Danksagung Erfolgreiche Behandlungskonzepte sind nur möglich, wenn in einem eingespielten Team zusammengearbeitet wird. Unser Dank gilt insbesondere dem Dentallabor Andreas Schwab in Baar. Abstract Kurt B R: Template guided surgery with the open-access software “smop” (in German). SWISS DENTAL JOURNAL 124: 305–314 (2014) For many practitioners the pre-implantological work and, thus, the related costs have been an obstacle to integrate navi­ gated implantology into their workflow. In this article we shed light on a new approach: “smop” ­reduces the working procedure to a minimum. Based on an ­intuitive planning system implant-prosthetic treatment can be carried out with a high degree of predictability as well as manageable costs. However, contrary to some opinions the use of the navigation template does not automatically lead to better results. It does not automatically guarantee the success of the process. To just “blindly” attach the implants without surgical expe­ rience can lead to fatal consequences. For the seasoned implan­ tologist, however, the template is a tool to get the optimum re­ sult. As a practice for oral surgery and implantology we often receive challenging cases. Though we have been practicing for many years and have a lot of experience even for us such cases are extraordinarily challenging. Working on such specific cases we don’t want to work without the three-dimensional diag­ nostics, the virtual implant planning as well as the template based implant insertion anymore. SWISS DENTAL JOURNAL VOL 124 3/2014 313 314 PRAXIS UND FORTBILDUNG Literatur BouSerhal C, Jacobs R, Quirynen M, van Steen­ berghe D: Imaging technique selection for the preoperative planning of oral implants: a review of the literature. Clin Implant Dent Relat Res. 4(3): 156–172 (2002) Katsoulis J, Pazera P, Mericske-Stern R: Prostheti­ cally driven, computer-guided implant plan­ ning for the edentulous maxilla: a model study. Clin Implant Dent Relat Res.: Sep; 11(3): 238–245 (2009) Tyndall D A, Brooks S L: Selection criteria for den­ tal implant site imaging: a position paper of the American Academy of Oral and Maxillofacial ­radiology. Oral Surg Oral Med Oral Pathol Oral Radiol Endod. May; 89(5): 630–637 (2002) D’haese J, Van De Velde T, Komiyama A, Hultin M, De Bruyn H: Accuracy and complications using computer-designed stereolithographic surgical guides for oral rehabilitation by means of dental implants: a review of the literature. Clin Implant Dent Relat Res. 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