chem0503 - Einführung in die Computerchemie Übung Tim Raeker [email protected] Institut für Physikalische Chemie, CAU Kiel WS 13/14 Stand: 6. Januar 2014 1. Organisatorisches Das wichtigste vorweg: I Diese Folien ersetzen NICHT das Vorlesungsskript! I Es wird keine Gewähr für die Richtigkeit und Vollständigkeit der Folien übernommen I Hinweise auf Fehler werden gerne entgegen genommen Die Übungsfolien werden fortlaufend aktualisiert und auf unserer AK Homepage (ravel.pctc.uni-kiel.de) zur Verfügung gestellt. T. Raeker chem0503 2 1. Organisatorisches Verlauf T. Raeker chem0503 I 7.11. : Moleküldynamik + Kraftfelder X I 14.11. : Kraftfelder (Parameter) X I 21.11. : Intro QM (Schrödinger, Basissatzentwicklung, Beispiele) X I 28.11. : QM (elektronische Wellen-/Basisfunktionen) X I 5.12. : Methoden I (Hartree-Fock, SCF, single-point-Rechnungen) X I 12.12. : Kurzwdh. von letzer Woche + Methoden II: Geometrieoptimierung (Theorie und Rechnungen) X I 19.12. : Methoden III: Frequenzrechnung, DFT X 3 2. Moleküldynamik: Intro Mit der Moleküldynamik (MD) werden die Bewegungen der Atome mit Hilfe klassisch-mechanischer Annahmen und Gleichungen (Newton) beschrieben. Die zentrale Größe in MD-Simulationen ist die Trajektorie, also die Entwicklung der Atompositionen mit der Zeit (x(t)). Mit MD-Simulationen können qualitativ Reaktionsmechanismen aufgeklärt und z.B. auch die entsprechenden Geschwindigkeitskonstanten bestimmt werden (Erinnerung an die PC-3 Vorlesung). T. Raeker chem0503 4 2. Moleküldynamik: Theorie 5 Der Verlet-Algorithmus (1967) als ein möglicher Ansatz Sei xi eine beliebige Koordinate zum Zeitpunkt i, dann lässt sich die Position zum folgenden Zeitpunkt (xi+1 ) aus der jetzigen und vorigen (xi−1 ) Position bestimmen. xi+1 = 2xi − xi−1 + (∆t)2 Fi m Die Kraft (Fi ) lässt sich aus der Ableitung der potentiellen Energie (V ) nach den Kernkoordinaten x zur Zeit i bestimmen: Fi = − T. Raeker chem0503 dVi (xi ) dx 2. Moleküldynamik: Anwendung 6 Beispiel: Schwingung des OH-Radikals O −H | {z } x Epot Annahme: harmonischer Oszillator (HO) → V (x) = k(x − xe )2 , F = −2kx Eges = Ekin + Epot = T + V = const. Berechnung der Periodendauer T : s k 1 1 ν= , =T 2π µ ν T. Raeker chem0503 x 2. Moleküldynamik: Anwendung 7 Beispiel: Schwingung des OH-Radikals Gütekriterium: Eges = const. Faustregel: ∆t = schneller als die schnellste Schwingung im System (H-Schwingungen >3000 cm−1 (∼1 fs) → ∆t ≈ 0.1 fs) Zum Start einer Rechnung benötigt: T. Raeker chem0503 I Atompositionen x (hier: O-H-Abstand) I Zeitschritt ∆t I Potential V (hier: HO) I (Start-)Geschwindigkeiten/-impulse (p = m · v , v = ∆x ) ∆t 2. Moleküldynamik: Anwendung 8 Setup 1a verwendet: x0 = 1.4 Å, t = 100 fs, ∆t = 0.1 fs, Potential: HO Epot Eges 1.5 1.4 450 1.3 400 1.2 350 1.1 Abstand x Energie Ekin 500 300 250 0.8 150 0.7 100 0.6 50 0 0.5 0 10 20 30 Zeit / fs T. Raeker chem0503 1 0.9 200 40 50 0 10 20 30 40 Zeit / fs I Trotz passendem Zeitschritt Schwankungen in der Gesamtenergie I Periodenlänge stimmt mit analytisch bestimmter (rechts, grün) fast überein 50 2. Moleküldynamik: Anwendung 9 Setup 1b 1.5 1.5 1.4 1.4 1.3 1.3 1.2 1.2 1.1 1.1 Abstand x Abstand x verwendet: x0 = 1.4 Å, t = 10000 fs, ∆t = 0.1 fs, Potential: HO 1 0.9 0.8 0.8 0.7 0.7 0.6 0.6 0.5 500 0.5 520 540 560 Zeit / fs I T. Raeker chem0503 1 0.9 580 600 9760 9780 9800 Zeit / fs 9820 9840 Trotz passendem Zeitschritt summieren sich die Fehler im Verlet-Algorithmus mit der Zeit auf (s. Unterschiede in der Periodenlänge) 2. Moleküldynamik: Anwendung 10 Setup 2 verwendet: x0 = 1.4 Å, t = 100 fs, ∆t = 1 fs, Potential: HO Ekin Epot Eges 1.5 700 1.4 1.3 600 1.2 Abstand x Energie 500 400 300 1.1 1 0.9 0.8 200 0.7 100 0.6 0 0.5 0 10 20 30 Zeit / fs I T. Raeker chem0503 40 50 0 10 20 30 40 50 Zeit / fs Ein zu großer Zeitschritt führt zu deutlichen Fehlern in der Energie und der Trajektorie 2. Moleküldynamik: Anwendung 11 Setup 3a verwendet: x0 = 1.4 Å, t = 100 fs, ∆t = 0.01 fs, Potential: HO Epot Eges 1.5 1.4 400 1.3 350 1.2 300 1.1 Abstand x Energie Ekin 450 250 200 150 0.8 100 0.7 50 0.6 0 0.5 0 10 20 30 40 50 Zeit / fs T. Raeker chem0503 1 0.9 0 10 20 30 Zeit / fs I Gesamtenergie nahezu konstant I Periodenlänge stimmt mit analytisch bestimmter überein 40 50 2. Moleküldynamik: Anwendung 12 Setup 3b 1.5 1.5 1.4 1.4 1.3 1.3 1.2 1.2 1.1 1.1 Abstand x Abstand x verwendet: x0 = 1.4 Å, t = 10000 fs, ∆t = 0.01 fs, Potential: HO 1 0.9 1 0.9 0.8 0.8 0.7 0.7 0.6 0.6 0.5 500 0.5 520 540 560 580 600 9760 9780 Zeit / fs I 1 T. Raeker chem0503 1 9800 Zeit / fs 9820 Trotz idealen Zeitschritts ergeben sich bei langen Trajektorien Abweichungen zwischen numerisch und analytisch bestimmten Periodendauern im Bezug auf die Simulationszeit 9840 2. Moleküldynamik: Anwendung 13 Setup 4 verwendet: x0 = 1.4 Å, t = 100 fs, ∆t = 0.0001 fs, Potential: HO Ekin Epot Eges 1.42 450 1.418 400 1.416 1.414 350 1.412 Abstand x Energie 300 250 200 1.41 1.408 1.406 150 1.404 100 1.402 50 1.4 0 1.398 0 10 20 30 40 50 0 Zeit / fs T. Raeker chem0503 10 20 30 40 Zeit / fs I Zeitschritt ist zu klein → keine Bewegung I Dies ist ein rein numerisches Problem! Auf dem Papier wäre das noch machbar 50 2. Moleküldynamik: Zusammenfassung Die folgenden Punkte gelten für alle MD-Simulationen und nicht nur für die Beispiele Benötigte Parameter: I Atompositionen, Zeitschritt (∆t), Dauer (t), Potential (V ), Impulse (p = m · v ) Probleme: T. Raeker chem0503 I Zeitschritt zu groß/klein (in der Regel sind 0.1 fs ausreichend, abhängig von der schnellsten Schwingung im System) I Lange Trajektorien akkumulieren (immer!) Fehler, unabhängig vom Zeitschritt I Bestimmung des Potentials/der Potentialfläche I Viele Trajektorien mit unterschiedlichen Anfangsbedingungen nötig für Ensemblemittelwert 14 2. Moleküldynamik: Aktueller Status I Mit Kraftfeldmethoden (s. nächster Abschnitt) Simulationen mit mehreren 10000 Atomen möglich (z.B. Proteine, Moleküle mit explizitem Lösungsmittel) I MD mit ab initio Methoden nur für wenige“ Atome möglich ” Hybridmethoden (QM/MM, später in der Vorlesung) bilden Brücke zwischen Kraftfeld- und ab initio-Rechnungen I T. Raeker chem0503 15 3. Kraftfelder: Intro I Einfache Möglichkeit zur Bestimmung der Potentialenergie I Potentialparameter speziell für Atome/Atomtypen gegeben I Elektronen werden nicht betrachtet!2 I Ziel: Reproduktion experimenteller Daten und/oder ab initio Ergebnissen, die sonst zu teuer wären 2 T. Raeker chem0503 es gibt aber auch Kraftfelder speziell für Elektronen 16 3. Kraftfelder: Energiebeiträge Gesamtenergie Kraftfeldenergie EKF eines class-I“-Kraftfelds: ” X1 EKF = kr (r − rGlgw . )2 2 Bind. X 1 + kα (α − αGlgw . )2 2 Winkel X1 + kT [1 + cos (nω + γGlgw . )] 2 Tors. " 6 # N−1 N 12 X X σij qi qj σij + ij − + rij rij 4π0 rij i=1 j=i+1 Atomspezifische Potentialparameter: Kraftkonstanten kX , Gleichgewichtslagen XGlgw . , Partialladungen qi , LJ-Parameter , ... T. Raeker chem0503 17 3. Kraftfelder: Energiebeiträge 18 Bindungsenergie EBind.,harm. = 1 kr (r − rGlgw . )2 2 I Problem: Je länger der Bindungsabstand r , desto höher wird die Energie (r → ∞, E → ∞) aber eigentlich kommt es zur Bindungsdissoziation! I Abhilfe/Verbesserung: Morse-Potential 2 EBind.,Morse = D(1 − e β(r −rGlgw . ) ) T. Raeker chem0503 3. Kraftfelder: Energiebeiträge 19 Winkelenergie EWinkel = T. Raeker chem0503 1 kα (α − αGlgw . )2 2 I einfaches harmonisches Potential I Verbesserung: weitere Terme mit höherer Ordnung 3. Kraftfelder: Energiebeiträge Torsionsenergie ETorsion = T. Raeker chem0503 1 kT [1 + cos (nω + γGlgw . )] 2 I periodisches Potential (cos(x)) I Verbesserung: Mehr cos(x)-Terme mit neuen Kraftkonstanten“ k ” bringen unterschiedlich hohe Amplituden/Energiebarrieren 20 3. Kraftfelder: Energiebeiträge 21 Nicht-kovalente Wechselwirkung: Coulomb-WW (elektrostatisch) ECoulomb = T. Raeker chem0503 qi qj 4π0 rij I Energie ist abhängig vom Abstand (rij ) und der (Punkt-)Ladung (qi , qj ) zweier Teilchen I Verbesserung: Zusätzliche Berücksichtigung des Dipolmoments, Ladungen mit Ausdehnung“ (vgl. Orbitale), Polarisierbarkeit ” (Geometrieabhängige Ladung) 3. Kraftfelder: Energiebeiträge Nicht-kovalente Wechselwirkung: van-der-Waals-WW Z.B. das Lennard-Jones-(LJ)-Potential " 6 # 12 σij σij ELJ = ij − rij rij I T. Raeker chem0503 Energie ist abhängig vom Abstand (rij ) zweier Teilchen und deren LJ-Parametern (ij , σij ) 22 3. Kraftfelder: Parameter Alle gezeigten Energiebeiträge haben Parameter, die von den beteiligten Atomen (zwei, drei oder vier) abhängen. In Kraftfeldern sind diese explizit gegeben (s. Skript S. 22) und müssen nicht während einer Rechnung bestimmt werden → Zeitersparnis! ABER I I I T. Raeker chem0503 Diese Parameter müssen irgendwoher kommen... (Experimente, QM-Rechnungen, ...) → Trainingssatz“ ” Die Anzahl an Parametern ist extrem hoch! Die Anzahl wird noch höher, wenn Hybridisierungen, etc. berücksichtigt werden... (kr ,C −C 6= kr ,C =C , 6= kr ,C ≡C ) 23 3. Kraftfelder: Parameter Vereinfachungen I Atomtypen: Ausnutzen chemischer Intuition: I I I T. Raeker chem0503 ähnliche Geometrien für z.B. Carbonyl-Cs, H-R, Amine, ... Problem 1: Auch wenn die Geometrie gleich ist, muss z.B. die Ladung nicht immer gleich sein... Problem 2: n-Alkan vs. Cycloalkan (C-C-C-Winkel!) 24 3. Kraftfelder: Parameter Vereinfachungen I Vergröberte Kraftfelder, Weglassen von Molekülen/ unwichtiger“ ” Gruppen: Wichtig für MD-Simulationen I I T. Raeker chem0503 Anstatt Lösungsmittelmoleküle explizit zu berechnen, simuliere den Einfluss mit der Dielektrizitätskonstanten (implizites Solvens) X-H-Schwingungen sind in der Regel unwichtig, sodass z.B. eine -CH3 Gruppe (4 Atome) durch ein CH3“-Teilchen mit entsprechenden ” Parametern ersetzt werden kann Vorteil: ∆t kann vergrößert werden, da nur noch Schwingungen von schwereren Atomen berücksichtigt werden müssen 25 3. Kraftfelder: Parameter Vereinfachungen I cut-off Distanz: Nicht-kovalente Wechselwirkungen liefern bei großer Entfernung zweier Teilchen nur einen sehr geringen Energiebeitrag. I I T. Raeker chem0503 Daher: Begrenze die Entfernung bis zu der Coulomb-/vdW-Energien berechnet werden. Problem: In der Summe haben die einzelnen Energiebeiträge aber doch einen Effekt auf die Gesamtenergie... 26 3. Kraftfelder: Zusammenfassung T. Raeker chem0503 I Verwendung bekannter Potentialausdrücke I Feste Parameter für Atome/Atomtypen führen zu Zeitersparnis I Kopplungen zwischen Bindungslängen, -winkel und -torsionen ( class-II“) ” erhöhen Genauigkeit I Vereinfachungen möglich, die den Rechenaufwand verringern I Wichtigste Frage: Passt das Kraftfeld zu meinem Molekül? 27 3. Kraftfelder: Aktueller Status T. Raeker chem0503 I Wichtiger Anwendungsbereich: Proteine, DNA, Wasser, ... I Reaktive Kraftfelder (erlauben Bindungsbruch, Änderung der Bindungsordnung) I SFB 677 (Kiel): (Reaktive) Kraftfelder für Photodynamik 28 4. Intro QM: Theorie 29 Schrödingergleichung Die Beispiele in der Übung beziehen sich nur auf die zeitunabhängige Schrödingergleichung (SG): ĤΨ(x) = E Ψ(x) Die Lösung der SG ist Eigenwertproblem, wie es aus der MfC2-Vorlesung bekannt ist/sein sollte: Gesucht ist eine Funktion Ψ(x), die nach Wirkung des Operators Ĥ wieder sich selbst (E = 1) oder ein vielfaches von sich (E Ψ) ergibt. Vokabeln: Ψ ist die Eigenfunktion und E ist der Eigenwert des Hamiltonoperators. T. Raeker chem0503 4. Intro QM: Theorie 30 Hamiltonoperator Der Operator Ĥ in der SG wird Hamiltonoperator genannt und ist die Summe der Operatoren für die kinetische (T̂ ) und potentielle Energie (V̂ ): Ĥ = T̂ + V̂ = − h2 ∂2 + V (x) 2m ∂x 2 Die Operatoren T̂ und V̂ beinhalten dann noch jeweils Beiträge für die Elektronen (Ĥel ) und Kerne (ĤN = T̂N + VNN ) (Skript S. 35). Ĥ = T̂N + VNN + Ĥel T. Raeker chem0503 4. Intro QM: Theorie 31 Born-Oppenheimer-Separation I Anhand des letzten Ausdrucks auf der vorigen Folie, lässt sich anschaulich die Born-Oppenheimer-(BO)-Separation erklären. Bei der Betrachtung des elektronischen Problems wird angenommen, dass sich die Elektronen sehr viel schneller als die Kerne bewegen, d.h. T̂N = 0. Da sich sich die Positionen der Kerne nicht ändern, muss die potentielle Energie konstant bleiben (VNN = const.) und (hier) nicht berücksichtigt werden. Demnach ergibt sich Ĥ = Ĥel und damit für die Schrödingergleichung Ĥel Ψ = Eel Ψ T. Raeker chem0503 4. Intro QM: Theorie Born-Oppenheimer-Separation II Nachdem das elektronische Problem gelöst wurde, müssen noch die Kerne betrachtet werden. Mit dem Ergebnis von voriger Folie ergibt sich für die Gleichung auf Folie 30 Ĥ = T̂N + VNN + Eel Dieser Ausdruck bedeutet, dass sich die Kerne auf einer Energiefläche3 der Elektronen bewegen (T̂N ). Einige dieser Funktionen/Potentiale sind bereits bekannt: harm. Oszillator, Morse-Oszillator, ... 3 T. Raeker chem0503 Eel ist eine Funktion der Kernkoordinaten (i.d.R. als R gekennzeichnet → Eel (R)) 32 4. Intro QM: Theorie Folgerung An dieser Stelle lohnt sich ein Rückblick auf die Kraftfelder (Folie 17): Die Potentiale, die aus den einzelnen Termen resultieren, sollen die eigentlichen elektronischen Potentiale nachstellen. Das dazu nur die Kerne betrachtet werden, resultiert einfach nur aus der Vernachlässigung der Elektronen. Die verwendeten Parameter wie z.B. Kraftkonstanten und Gleichgewichtsabstände, sind auch eigentlich Werte, die von z.B. der Größe der Orbitalüberlappung abhängen, also rein elektronischer Natur sind. Was dann doch qualitativ anders ist, ist im Skript auf S. 32 zu finden. T. Raeker chem0503 33 4. Intro QM: Theorie 34 Basissatzentwicklung Jede unbekannte Funktion kann durch Linearkombination von (unendlich vielen) bekannten Funktionen χ (Basisfunktionen) dargestellt werden4 . Dies wird zur Lösung der Schrödingergleichung verwendet: φ= N X cj χj j Somit müssen nur“ noch die Koeffizienten cj bestimmt werden. ” Problem: Wenn N 6= ∞, kann φ nicht genau reproduziert werden, es ensteht der sog. Basissatzfehler (später in der Vorlesung/Übung). 4 T. Raeker chem0503 vgl. MfC: Fourierreihe, Taylorreihe,... 4. Intro QM: Theorie 35 Basissatzentwicklung: sinus-Basis Ein möglicher Ansatz in der QM zur Darstellung einer unbekannten (Wellen-)Funktion ist die Verwendung der sinus-Basis: sin(3*x)+4 sin(4*x)+6 sin(x) sin(2*x)+2 1.5 unbekannte Funktion 7 1 6 E 0.5 5 4 0 3 ­0.5 2 1 ­1 0 ­1.5 ­1 ­4 T. Raeker chem0503 ­3 ­2 ­1 0 x 1 2 3 4 ­4 ­3 ­2 ­1 0 x 1 2 3 4 I links ist eine unbekannte Funktion gezeigt, rechts der Basissatz aus sinus-Funktionen I Verwende Methoden zur Bestimmung der Entwicklungskoeffizienten I in diesem Beispiel sogar exakt lösbar: φ(x) = 0.1 · sin(x) + 0.1 · sin(2x) + 0.6 · sin(3x) + 0.35 · sin(4x) 4. Intro QM: Theorie 36 Basissatzentwicklung: Gauss-Basis Eine Alternative bietet die Verwendung von Gauss-Funktionen, die über einen bestimmen Bereich verteilt sind (s. Anwendungsbeispiel). 1.5 0.8 unbekannte Funktion 0.7 1 0.6 0.5 E 0.5 0 0.4 0.3 ­0.5 0.2 ­1 0.1 ­1.5 0 ­4 ­3 ­2 ­1 0 x 1 2 3 4 ­4 ­3 ­2 ­1 0 x 1 2 3 4 Auch hier müssen wieder die Entwicklungskoeffizienten bestimmt werden. An diesem Beispiel ist das aber anschaulicher möglich: an jedem Maximum der unbekannten Funktion muss sich auch eine Basis-Funktion mit großem Einfluss befinden. T. Raeker chem0503 4. Intro QM: Theorie 37 sinus vs. Gauss I Basis set expansion Eigenfunction I I I T. Raeker chem0503 Linear combination of basis functions Basis set expansion Eigenfunction Linear combination of basis functions Gezeigt ist eine echte“ Eigenfunktion (rot) des harmonischen Oszillators ” (da die Linearkombination der Basisfunktionen (blau) sehr gut passt, ist diese nur in teilweise auf der rechten Seite am Rand zu sehen) Offensichtlicher Unterschied: Die Gauss-Basis ist sehr viel ökonomischer“, ” d.h. sie ist auch nur dort vorhanden, wo sie gebraucht wird verwendete Basisfunktionen: 60; davon mehr als 1 % Anteil an der Linearkombination: 54 (sinus), 26 (Gauss) 4. Intro QM: Theorie 38 sinus vs. Gauss II Betrachtung von Basisfunktionen mit einem Anteil > 5 %: Basis set expansion Eigenfunction I I I T. Raeker chem0503 Linear combination of basis functions Basis set expansion Eigenfunction Linear combination of basis functions Entwicklung in sinus-Basis jetzt qualitativ falsch, aufgrund der Oszillationen am Rand Gauss-Basisentwicklung qualitativ auf jeden Fall richtig. Die Poblematik am Rand lässt sich vermutlich mit jeweils einer zusätzlichen Funktion am Rand beheben... Anzahl angezeigter Basisfunktionen: 37 (sinus), 22 (Gauss) 4. Intro QM: Anwendungsbeispiele Lösung der zeitunabhängigen Schrödingergleichung Setup: I Betrachtetes-System: OH-Radikal I Verwendetes Potential: Morse-Potential I Analytische Zahl gebundener Zustände5 : 21 I Verwendete Basis: Gauss-Funktionen I Anzahl Basisfunktionen: 21 (Minimalbasis6 ), 63, 100 5 6 T. Raeker chem0503 Anzahl Zustände unterhalb der Dissoziationsenergie Eine Basisfunktion pro Zustand 39 4. Intro QM: Anwendungsbeispiele 40 Beispiel 1: nBF = 21 Analytical and numerical energies 1000 700 900 600 800 500 Energy / kJ/mol Energy / kJ/mol Eigenfunctions 800 400 300 200 100 400 300 analytical numerical 0 0 chem0503 500 100 ­100 T. Raeker 600 200 0 I 700 1 2 3 x / Angstrom 4 5 0 5 10 15 State number 20 25 Qualitative Fehler: zu wenig gebundene Zustände (13), Oszillationen (weit) außerhalb des Potentials physikalisch unsinnig, starke Abweichungen der berechneten Energien im Vergleich zu den analytisch bestimmten 4. Intro QM: Anwendungsbeispiele 41 Beispiel 2: nBF = 63 Eigenfunctions Analytical and numerical energies 800 500 700 450 400 Energy / kJ/mol Energy / kJ/mol 600 500 400 300 350 300 250 200 150 200 100 100 50 0 T. Raeker chem0503 analytical numerical 0 0 1 2 3 x / Angstrom 4 5 0 5 10 15 State number 20 I Qualitativ jetzt alles ok (gebundene Zustände, Energien, Gestalt der Eigenfunktionen I Einziger Fehler: Abweichungen der Energien der höheren Zustände (n > 10) ∼ 1 − 4 kJ/mol von den analytischen 25 4. Intro QM: Anwendungsbeispiele Beispiel 3: nBF = 100 T. Raeker chem0503 I Keine sichtbaren Unterschiede mehr zu den Eigenfunktionen im vorigen Beispiel I Energien der höheren Zustände jetzt nur noch 10−5 − 10−2 kJ/mol von den analytischen entfernt 42 4. Intro QM: Anwendungsbeispiele 43 Beispiel 4: sin vs. Gauss: Eigenfunktionen Eigenfunctions 800 700 700 600 600 Energy / kJ/mol Energy / kJ/mol Eigenfunctions 800 500 400 300 200 300 100 0 0 0 chem0503 400 200 100 T. Raeker 500 1 2 3 x / Angstrom 4 5 0 1 2 3 x / Angstrom 4 I links: sinus-Basis, rechts:Gauss-Basis, jeweils 63 Basisfunktionen I Die Eigenfunktionen der höheren Zustände unterscheiden sich schon offensichtlich I Außerdem nur noch 20 gebundene Zustände mit der sinus-Basis 5 4. Intro QM: Anwendungsbeispiele 44 Beispiel 4: sin vs. Gauss: Energie Analytical and numerical energies 500 450 450 400 400 350 350 Energy / kJ/mol Energy / kJ/mol Analytical and numerical energies 500 300 250 200 150 100 200 150 50 analytical numerical 0 0 chem0503 250 100 50 T. Raeker 300 5 10 15 State number 20 analytical numerical 0 25 0 5 10 15 State number 20 I links: sinus-Basis, rechts:Gauss-Basis, jeweils 63 Basisfunktionen I Energien der höheren Zustände in der sinus-Basis zu hoch. Ab n > 10 zwischen 5 und 10 kJ/mol Unterschied. 25 4. Intro QM: Zusammenfassung I I Zentrales Problem der Quantenchemie: Ψ ist nicht bekannt I Abhilfe für das Ψ-Problem: Basissatzenwicklung7 I Qualität einer neu-entwickelten Wellenfunktion hängt sehr stark von der Anzahl an Basisfunktionen ab I Eine Basis mit Gauss-Funktionen ist einer Basis aus sinus-Funktionen vorzuziehen 7 T. Raeker chem0503 Analytische(!) Lösung der SG nur für einfache Systeme möglich! in diesem Abschnitt nur einfache Beispiele, real-life“-Basissätze werden später noch behandelt ” 45 5. QM: Intro In den vorangegangenen Beispielen wurden die Eigenfunktionen des Kern-Hamiltonoperators bestimmt, da das elektronische Problem bereits gelöst war (Morse-Potential). Im folgenden werden Vorgehensweisen zur Bestimmung der elektronischen Wellenfunktion vorgestellt. T. Raeker chem0503 46 5. QM: Wellenfunktion der Elektronen Nomenklatur Im folgenden wird folgende Nomenklatur für die elektronische Wellenfunktion verwendet8 : Ψ ← Φ ← ψ/φ ← χ(← f ) I Ψ: Mehrelektronenwellenfunktion mit der letztlich die SG gelöst werden soll. I Φ: Slaterdeterminante. Entspricht einer(!) Elektronenkonfiguration. I ψ/φ: Molekülorbitale (MO)9 . Vergleiche z.B. mit π, π∗ , ... Orbitalen der MO-Theorie. I χ: Atomorbitale (AO). Vergleiche z.B. mit 1s, 2s, 2p,... Orbitalen. I f : Basisfunktionen. 8 9 T. Raeker chem0503 der Pfeil deutet an, woraus die jeweilige Einheit aufgebaut ist. ein MO ist auch nur eine Ein-Elektronen-Wellenfunktion 47 5. QM: Atomorbitale 48 Slater-type orbitals (STO) STOs entsprechen in etwa den Eigenfunktionen/Orbitalen des Wasserstoffatoms (s. z.B. PC-2). Das wichtige Merkmal der STOs ist der sog. cusp, also die Spitze der Funktion direkt an der Kernposition. An dieser Stelle ist das STO nicht stetig differenzierbar, was die Verwendung dieser Orbitale problematisch macht. Slater-type orbital (STO) 1 0.9 0.7 0.6 0.5 0.4 0.3 0.2 0.1 0 -10 f (x) ∝ e T. Raeker chem0503 −ζr cusp/Spitze 0.8 -5 0 5 10 5. QM: Atomorbitale 49 Gauss-type orbitals (GTO) Auch bei der elektronischen Wellenfunktion werden Gaussfunktionen benutzt, da diese besonders einfach bei Ableitungen und Integrationen handhabbar sind. Allerdings werden bei der Verwendung zwei qualitative Fehler gemacht: GTO vs. STO 1 STO GTO 0.9 keine Spitze 0.8 1. keine Spitze (Ableitung bei r = 0 ist 0) 0.7 2. zu steil 0.5 0.6 0.4 Da diese Fehler aber für alle Atome und in allen Rechnungen gemacht werden und in der Regel nur relative Energien von Interesse sind, können diese vernachlässigt werden. f (x) ∝ e −ζr T. Raeker chem0503 2 steiler 0.3 0.2 0.1 0 -10 -5 0 5 10 5. QM: Atomorbitale Minimalbasis Anders als beim Beispiel des OH-Radikals im Morse-Potential (Folie 39), entspricht die Minimalbasis hier der kleinst möglichen Basis zur Beschreibung der Atomorbitale. Das bedeutet hier die Verwendung eines STOs für die Beschreibung eines Orbitals, bzw. die Verwendung von drei GTOs pro Orbital. Dieser Basissatz wird STO-3G genannt (3 GTOs werden für die Beschreibung eines STOs verwendet). Allerdings gilt auch wie im vorigen Beispiel, dass eine Minimalbasis nicht ausreicht, um ein System vernünftig zu beschreiben. T. Raeker chem0503 50 5. QM: Atomorbitale 51 Rechenbeispiel Das C-Atom beschrieben mit dem STO-3G Basissatz: STO GTO T. Raeker chem0503 1s 1 3 2s 1 3 2px 1 3 2py 1 3 2pz 1 3 P 5 15 5. QM: Atomorbitale Erweiterungen I: Änderung der Breite Durch das Hinzufügen weiterer GTOs mit unterschiedlichen ζ-Werten lässt sich die Breite der Orbitale einstellen, was z.B. wichtig ist, um Anionen zu beschreiben10 . χmod = c1 χ(ζ1 ) + c2 χ(ζ2 ) + ... Bei der Hinzunahme einer weiteren Funktion mit anderem ζ-Wert wird von double zeta gesprochen, bei drei triple, bei vier quadruple, etc. 10 T. Raeker chem0503 vgl. AC1 Vorlesung: Anionen haben einen größerern Atomradius als die ungeladenen Atome. 52 5. QM: Atomorbitale 53 Erweiterungen II: Polarisation Polarisationsfunktionen erlauben den Einfluss von energetisch höher liegenden Orbitalen nachzustellen. Dies ist in der Regel immer notwendig, um eine bessere Beschreibung der Orbtiale zu ermöglichen und damit eine bessere/niedrigere Energie zu erhalten. χ1s,mod = c1 χ1s + c2 χ2p + ... Die Hinzunahme solcher Funktionen erhöht die Flexibilität bezüglich der Orbitalsymmetrie. T. Raeker chem0503 5. QM: Atomorbitale Pople-Basen: Nomenklatur Einer der Standardbasissätze in der Literatur: 6-31G I 6: 1 Basisfunktion (BF) für die Kernorbitale kontrahiert aus 6 primitiven Funktionen (PF) I 3111 : 2 BF für die Valenzorbitale12 kontrahiert aus (3+1) PF I G: Bei den PFs handelt es sich um GTOs Zusätze: I */** (nach dem G): Zusätzliche Polarisationsfunktionen für alle Atome außer H (*), bzw. alle inkl. H (**) I +/++ (vor dem G): Zusätzliche diffuse Funktionen13 für alle Atome außer H (+), bzw. alle inkl. H (++) 11 sprich drei eins“ und nicht einunddreißig“. Es handelt sich hier um jeweils eine Zahl pro ” ” Basisfunktion. 12 = die äußersten Orbitale. Für ein C-Atom z.B. 2s und 2p 13 = breitere GTOs T. Raeker chem0503 54 5. QM: Atomorbitale 55 Pople-Basen: Rechenbeispiel Das H2 O Molekül mit dem 6-31G Basissatz: I H: Für das H-Atom muss nur das 1s-Orbital berücksichtigt werden, welches hier ein Valenzorbital ist. I O: Die zu berücksichtigendem Orbitale für das O-Atom sind das 1s-, das 2s- und die 2px,y ,z -Orbitale. Das 1s-Orbital ist hier ein Kernorbital, während die 2s und 2px,y ,z Orbitale Valenzorbitale sind. BF PF T. Raeker chem0503 H 1s 2 3+1 1s 1 6 2s 2 3+1 O 2px 2 3+1 2py 2 3+1 2pz 2 3+1 P 13 30 5. QM: Atomorbitale 56 cc-Basen Die korrelations-konsistenten-(correlation-consistent)-Basissätze stellen eine bessere Alternative zu den Pople-Basen dar, wenn z.B. systematische Untersuchungen bezüglich der Vergrößerung des Basissatzes vorgenommen werden sollen. Akronym: cc-pVXZ, X = D,T,Q,5,6,... (cc-Basis mit polarisierten Valenz-double/triple/quadruple/...-zeta-Funktionen) Zusätzliche diffuse Funktionen werden hier nicht mit +/++ gekennzeichnet, sondern mit dem Präfix aug-“ (augmented, aug-cc-pVDZ) ” T. Raeker chem0503 5. QM: Von AOs zu MOs 57 Linear combination of atomic orbitals (LCAO) Da die Molekülorbitale für Moleküle unbekannt sind, wird der sog. LCAO-Ansatz verwendet, bei dem die Atomorbitale durch Optimierung der Entwicklungskoeffizienten zu den MOs zusammengesetzt werden X ψ= ci χ i i Die Entwicklungskoeffizienten werden MO-Koeffizienten genannt und werden im SCF-Zyklus optimiert (s. Vorlesungskript/spätere Folien hier). T. Raeker chem0503 5. QM: Von MOs zur Slaterdeterminante Wurden die MOs bestimmt, können diese als Summe von Orbitalprodukten zur Slaterdeterminante zusammengesetzt werden, in der die wichtigen Fermioneneigenschaften bezüglich der Permutation berücksicht wird. T. Raeker chem0503 58 5. QM: Von SDs zu Mehrelektronenwellenfunktion Die Master“-Wellenfunktion Ψ besteht aus einer oder einer Kombination ” mehreren Slaterdeterminanten. X Ψ= Ci Φi i Die Entwicklungskoeffizienten Ci werden CI-Koeffizienten genannt (s. CI-Methode später in der Vorlesung/Übung). Bei der Hartree-Fock-Methode wird nur eine Slaterdeterminante berücksichtigt. T. Raeker chem0503 59 6. Methoden: Hartree-Fock 60 Wichtiges14 Anstelle des allgemeinen Hamiltonoperators wird bei der HF-Methode der sog. Fock-Operator fˆ verwendet. Dieser Summe ist die Summe aus einem Operator für eine Ein-Teilchen-Operation (ĥi ) und eine Zwei-Teilchen-Operation (ĝij ). fˆi = ĥi + ĝij Die Wirkung des Fock-Operators auf ein (Molekül-)Orbital liefet die Energie dieses Orbitals: fˆi ψi = i ψi Problem: Der Operator ĝij benötigt zusätzlich ALLE anderen Orbitale ψj , die i.d.R. nicht bekannt sind. Ausweg: Zyklische Optimierung der Orbitale bis zu einer selbstkonsistenten Lösung 14 Für eine Erklärung der HF-Methode sei auf das Skript (S. 50f.) oder Lehrbücher verwiesen (z.B. Jensen, S. 87ff.). T. Raeker chem0503 6. Methoden: LCAO-SCF-Zyklus Wichtiges (s. Folie 57 für den LCAO-Ansatz) 1. Gebe eine Molekülstruktur vor und wähle einen Basissatz 2. Berechne alle Integrale, die in der Fock-Matrix/dem Fock-Operator auftreten15 3. Rate“ Start-MO-Koeffizienten (verwende z.B. berechnete Orbitale aus ” Rechnungen mit kleinerer Basis, Semiempirik, ...) 4. Zyklus-Start: 4.1 4.2 4.3 4.4 Lasse den Fock-Operator/die Fock-Matrix aus die MOs wirken Diagonalisiere die resultierende Matrix Erhalte Eigenwerte und MOs ψ Da es sich hier um ein Eigenwertproblem handelt, MÜSSEN die resultierenden MOs gleich den eingesetzten MOs sein, wenn die eingesetzten MOs Eigenfunktionen des Fock-Operators sein sollen. Ist dem so, gehe zum Ende. Wenn nicht, gehe zum Start und lasse die Fock-Matrix auf die neu berechneten MOs wirken. 5. Zyklus-Ende 15 T. Raeker chem0503 Ersetze die MOs in den Formel im Skript auf S. 50 durch AOs (Jensen, S. 93ff.). 61 6. Methoden: LCAO-SCF-Zyklus Technisches I I Zeitbestimmende Schritte: Integralberechnung, Matrix-Diagonalisierung Drei Ansätze bezüglich der Integralberechnung: 1. Berechne die Integrale einmal und speichere sie auf der Festplatte → benötigt viel Platz (Integraldatei bei 1000 Basisfunktionen ist ca. 1 TB groß!), der nach der Rechnung wieder freigegeben werden kann, weil die Integrale i.d.R. nicht wieder gebraucht werden. 2. Berechne die Integrale einmal und behalte sie im Arbeitsspeicher → benötigt sehr viel RAM (gleiche Skalierung wie für den Festplatten-Fall! Nur praktikabel für kleine Systeme und/oder wenig Basisfunktionen) 3. Berechne die Integrale jedes mal neu → brauchen (je nach System) länger, aber können parallelisiert werden I Verhalten von SCF-Rechnungen: 1. Konvergenz (ideal): Die Energie wird allmählich geringer, bis sie konstant bleibt (d.h. nicht, dass sie in jedem Schritt geringer werden muss. Ein kurzzeitiger Energieanstieg ist auch möglich) 2. Divergenz/Oszillation (problematisch): Die Energie wird entweder immer schlechter oder oszilliert um einen Wert, ohne sich diesem anzunähern T. Raeker chem0503 62 6. Methoden: Energieberechnung Die Energieberechnung wird auch als single-point-Rechnung bezeichnet, da mit ihr die Energie eines Punktes (= die gegebene Struktur) auf der Potentialenergiefläche berechnet wird. D.h. es wird keine Kernbewegung betrachtet, sodass bei QM-Rechnungen nur die Kern-Kern-Abstoßung und die elektronische Energie, bzw. bei Kraftfeldrechnungen die potentielle Energie, die durch die Kraftfeldterme und -parameter vorgegeben wird, berechnet werden müssen. QM-Rechnungen liefern neben der Energie auch noch die MOs. T. Raeker chem0503 63 6. Methoden: Geometrieoptimierung Potentialfläche Die Potentialfläche E (R) eines Moleküls entspricht der elektronischen Energie des System (vgl. Folie 31) und ist eine Funktion von ALLEN Kernkoordinaten R (bei N Kernen und M-Freiheitsgraden M-Dimensional, bzw. 3N-Dimensional). Darstellungen von Potentialflächen können nur maximal zwei interne Freiheitsgrade zeigen, da ansonsten ein 4D-Plot notwendig wäre. Beispiele für Potentialflächen (als Projektion und tatsächliche 2D-Fläche), z.B. in S. Deb, P. M. Weber, Annu. Rev. Phys. Chem. 2011, 19-39 (dort S. 26+28). Generelles Problem: Die gesamte(!) Fläche eines Moleküls ist unbekannt. Die Breite und Höhe von Energieminima und -barrieren sind sehr stark abhängig von der Genauigkeit der gewählten Methode. T. Raeker chem0503 64 6. Methoden: Geometrieoptimierung Gradient dE/dR Die Geometrieoptimierung hat das Ziel, die potentielle Energie der eingegebenen Molekülstruktur zu verringern, d.h. die Atome so zu verschieben, dass sie in Minima auf der Potentialfläche landen. In Kraftfeldrechnungen sind diese Positionen quasi durch die Parameter vorgegeben, sodass die Atome nur“ noch möglichst Nahe an diese Werte verschoben werden müssen. Für ” QM-Rechnungen sind diese Informationen aber nicht vorhanden, sodass nur der Energiegradient (= die 1. Ableitung der Energie nach (allen) Kernkoordinaten) herangezogen werden kann. Folgt man dem Gradienten, landet man immer auf einem stationären Zustand (= die 1. Ableitung ist 0). T. Raeker chem0503 65 6. Methoden: Geometrieoptimierung 66 Numerischer Gradient I numerisch ∆E /∆R: bei der numerischen Berechung des Gradienten, wird jedes Atom um einen bestimmen Betrag ∆R ausgelenkt und danach erneut die Energie berechnet, d.h. es sind zu einer ersten Energieberechnung auch noch jeweils mindestens eine16 weitere Energieberechnung pro bewegten Atom nötig. Erst dann werden die Atome entsprechend des Gradienten bewegt und die Energieberechnung (= die numerische Berechnung des Gradienten) erfolgt erneut. Start E zusätzliche Punkte RK 16 besser ist die Berechnung mit zentralen Differenzen, was zwei weiteren Energieberechnungen entsprechen würde T. Raeker chem0503 6. Methoden: Geometrieoptimierung 67 Analytischer Gradient I analytisch ∂E /∂R: hier stehen bereits analytische Ableitungen der Energie für einige ausgewählte Methoden17 zur Verfügung, sodass nach jeder Energieberechnung der Gradient aus der momentanen Struktur gewonnen werden kann. Anschließend wird die Struktur entsprechend verändert und es erfolgt eine erneute Energieberechnung bis zum stationären Zustand. Start E RK 17 T. Raeker chem0503 unterstützte Methoden sind abhängig vom jeweiligen Programm 6. Methoden: Geometrieoptimierung Analytischer Gradient F+r Interessierte: Literatur für analytische Gradienten: T. Raeker chem0503 I HF: I MP2: 68 6. Methoden: Geometrieoptimierung Minimum vs. Übergangszustand Problem: Jede Geometrieoptimierung folgt dem Gradienten solange, bis ein stationärer Zustand (∂E /∂R = 0) erreicht wurde. Allerdings sollte z.B. aus der MfC1-Vorlesung bekannt sein, dass eine Ableitung von 0 sowohl bei Minima, als auch bei Maxima auftreten kann. Eine Geometrieoptimerung alleine kann keinen(!) Aufschluss darüber geben, auf welchem dieser Zustände man sich am Ende der Optimerung befindet. Abhilfe: Es sollte aber aus MfC1 ebenfalls bekannt sein, dass die 2. Ableitung den Hinweis liefert, ob man sich in einem Minimum (∂2 E /∂R 2 > 0) oder auf einem Maximum (∂2 E /∂R 2 < 0) befindet (s. Folie 72 oder Skript S. 75ff.). Methoden zum Finden von ÜZ: LST und QST (Skript S. 72) T. Raeker chem0503 69 6. Methoden: Geometrieoptimierung Lokales vs. globales Minimum Problem: Die in der Vorlesung vorgestellten Methoden finden immer nur ein lokales Minimum, d.h. das Minimum, dass der Startstruktur am nächsten ist. Es ist damit allerdings nicht gesagt, dass dies auch die beste Struktur (= die mit der niedrigst-möglichen Energie) ist. Angehensweise: T. Raeker chem0503 I viele Strukturen: Man generiere sich viele (verzerrte) Strukturen eines Moleküls und schaut dann, wie die lokal optimierte Struktur aussieht, bzw. wie die groß die Energie ist. Je mehr Strukturen verwendet werden, desto wahrscheinlicher ist es, ein globales Minimum zu finden. Dieser Ansatz kann mit jedem Programm realisiert werden, das eine lokale Optimerung erlaubt (eigentlich alle...). Sobald aber größere Strukturen verwendet werden, ist die Strukturgenerierung aber alles andere als trivial... I verwende spezielle Programme/Methoden zur globalen Optimierung (s. Skript S. 71) 70 6. Methoden: Geometrieoptimierung 71 Start Start E E RK T. Raeker chem0503 RK 6. Methoden: Frequenzrechnung Normalkoordinatenanalyse: Herleitung Kurz-Version (wurde ausführlich in der Übung besprochen): I I entwickle eine Taylorreihe um einen einen Punkt R0 auf einer Potentialfläche V (R) einige Tricks: I I I verschiebe V (R0 ) auf 0 Bedingung für R0 → stationärer Punkt breche Taylorreihe nach 2. Ordnung ab I fülle eine Matrix aus allen 2. Ableitungen (3Nx3N) → Hesse-Matrix I die Eigenwerte der Matrix sind die Kraftkonstanten des Systems I berechne die Frequenzen aus den Kraftkonstanten Problem: Es werden nur ungekoppelte, harmonische Frequenzen betrachtet! T. Raeker chem0503 72 6. Methoden: Frequenzrechnung Praxis Probleme: I ungekoppelte, harmonische Näherung ist ungenau (Verwechslung mit niederfrequenten Schwingungen) I (wie bei der Geometrieoptimierung) numerische Ableitungen vs. analytische. Hier noch gravierender, da eine numerische 2. Ableitung mehrere 1. Ableitungen beinhaltet (∆(∆E /∆R)/∆R). Analytische 2. Ableitungen sind für noch weniger Methoden verfügbar. Wofür Frequenzen? T. Raeker chem0503 I Befindet sich die Struktur in einem Minimum (alle Frequenzen positiv) oder auf einem Sattelpunkt (eine imaginäre Frequenz)? I Reaktionsanalyse: Welche Freiheitsgrade verbinden Produkt und Edukt über einen Übergangszustand? 73 6. Methoden: Dichtefunktionaltheorie (DFT) Intro T. Raeker chem0503 I Ziel: Funktional der Dichte ρ → ist nur drei-dimensional! Keine Wellenfunktion mehr I Hohenberg und Kohn: Es muss ein Funktional geben, mit dem alle Eigenschaften über die Dichte berechnet werden können. I Problem 1: Keiner kennt es... I Abhilfe 1: Es werden wieder Wellenfunktionen benutzt I Problem 2: Kinetische Energie nicht exakt, keine Austauschterme, keine Korrelation I Abhilfe 2: Austausch-Korrelationsfunktional → korrigiert alle Probleme aus dem vorigen Punkt (wieder exakt) I Problem 3: Auch das kennt keiner... 74 6. Methoden: Dichtefunktionaltheorie (DFT) Vor-/Nachteile s. Skript S. 89 T. Raeker chem0503 75