Wie Erinnerungen im Gedächtnis bleiben

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PRESSEMITTEILUNG
Genf | 8. Februar 2016
SPERRFRIST: 11. Februar 2016, 18 Uhr Ortszeit
Wie Erinnerungen
im Gedächtnis
bleiben
Um Erinnerungen zu
behalten, muss das
Gehirn sein Neuronennetzwerk regulieren
Oben: Neuronen des
Hippocampus
drücken ein Protein (in Rot)
aus, dass es erlaubt,
die neuronale Aktivität mit einem Lichtstrahl zu kontrollieren.
Rechts: Wissenschaftler
steuern die Aktivierung
der Neuronen (in Grün).
© Pablo Mendez –
UNIGE.
Erinnerungen im Gedächtnis zu speichern und abzurufen
ist eine der faszinierendsten Fähigkeiten unseres Gehirns.
Seit mehr als vier Jahrzehnten interessieren sich Neurowissenschaftler auf der ganzen Welt für die biologischen
Mechanismen des Gedächtnis. Eine Forschungsgruppe
der medizinischen Fakultät der Universität Genf (UNIGE)
hat entdeckt, wie das Gehirn die Anzahl von Nervenzellen
kontrolliert, die an der Bewahrung von Erinnerungen beteiligt sind und unser Erinnerungsvermögen maximieren. Indem sie gezielt Zellen im Hippocampus aktivierten,konnten
die Wissenschaftler zeigen, dass es möglich ist, eine Erinnerung zu unterdrücken oder hervorzurufen. Die Ergebnisse der Studie erscheinen heute im Fachjournal Neuron.
Die Spur, die eine Erinnerung in unserem Gehirn hinterlässt,
wird als Engramm bezeichnet und besteht aus seiner Ansammlung von Zellen im Hippocampus. Während der Verschlüsselung von Erinnerungen formieren sich die Zellen
der Engramme zu einem Netzwerk. Damit sich eine Erinnerung festigen kann, muss die richtige Anzahl von Zellen
aktiviert werden. Werden zu viele Zellen mobilisiert, kann
das die Speicherung von Informationen beeinträchtigen.
Um zu verstehen, wie das Gedächtnis funktioniert, interessieren sich die Genfer Forscher dabei vor allem für die Mechanismen, die für die Rekrutierung von Neuronen sorgen.
Die Studie, begonnen unter der Leitung von Dominique
Muller, der im April 2014 tödlich verunglückt ist, wurde von
Pablo Mendez und Christian Lüscher (Dept. für Grundlagen
Neurowissenschaften der medizinischen Fakultät) weitergeführt.
Eine Erinnerung schwächen oder stärken
Um die Stabilität einer Erinnerung im Langzeitgedächtnis
zu untersuchen, haben die Neurowissenschaftler Mäuse
eine bestimmten Situation erleben lassen, um so eine Erinnerung zu erzeugen. Die Nager wurden der gleichen Situation dann noch ein paar weitere Male ausgesetzt. Mit Hilfe
der sogenannten Optogenetik – eine Technik, die Optik und
Genetik verbindet und durch die Neuronen Licht-sensibel
werden – stimulierten sie einige bestimme Neuronen in
den Mäusehirnen. Dabei konnten sie beobachten, dass Zellen, die in einem Engramm eingespannt sind, unterdrückende Zellen aktivieren, die wiederum die Aktivierung von
umliegenden Neuronen verhindern. Mit der Identifikation
dieses Inhibitionsmechanismus hat die Forschungsgruppe
entschlüsselt, wie mobilisierte Neuronen die Grösse eines
zellulären Engramms kontrollieren und als Konsequenz somit auch die Stabilität einer kontextuellen Erinnerung.
Pablo Mendez, Letztautor der Studie, erklärt das Resultat
dieses Experiments: «Da wir wissen wollten, wie die Grösse
des Engramms eine Erinnerung beeinflusst, haben wir die
Mäuse mit Hilfe der Optogenetik dazu „gezwungen“, mehr
oder weniger Neuronen zu rekrutieren. Dadurch fanden wir
heraus, dass eine Erinnerung umso besser behalten wird,
je grösser das Engramm ist. Das gilt aber nur bis zu einem
bestimmten Punkt. Ist dieser überschritten, funktioniert die
Erinnerung nicht mehr. Durch das Unterdrücken einer natürlichen Erinnerung und des Schaffens einer künstlichen
Erinnerungsspur gelang es uns, die Erinnerung sowohl zu
erschaffen als auch zu löschen.»
«Da wir nun den zugrunde liegenden Mechanismus kennen, wollen wir entschlüsseln, wie Erinnerungen genau
funktionieren. Welche Zellen sind bei welchen Erinnerungen beteiligt? Welche Neuronen verschlüsseln wirklich
eine Erinnerung? Es bedarf noch vieler Entdeckungen, um
genau zu verstehen, wie unser Gehirn unsere Erinnerungen
konserviert», präzisiert Christian Lüscher.
Kontakt
Christian Lüscher
+41 22 37 95423
[email protected]
UNIVERSITÉ DE GENÈVE
Service de communication
24 rue du Général-Dufour
CH-1211 Genève 4
Tél. 022 379 77 17
[email protected]
www.unige.ch
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