LINEARE ALGEBRA FÜR AUTOMATISIERUNGSTECHNIK Markus Schöberl SS 2017 Institut für Regelungstechnik und Prozessautomatisierung Einführung Lineare Algebra beschäftigt sich mit linearen Abbildungen auf finit-dimensionalen Vektorräumen Teil 1: Vektorräume Rn und Cn , Vektorräume, Unterräume, Summen und direkte Summen Teil 2: Finit-dimensionale Vektorräume Lineare Hülle, Lineare Unabhängigkeit, Basis, Dimension Teil 3: Lineare Abbildungen Kern, Bild, Fundamentaltheorem, Matrixdarstellungen, Operatoren, Lineare Funktionale, Dualraum, Annullator Literatur: Sheldon Axler, Linear Algebra Done Right 1/34 Teil I Vektorräume 2/34 Reelle und komplexe Zahlen Die reellen Zahlen bezeichnen wir mit R und die komplexen Zahlen mit C. Eine komplexe Zahl ist ein geordnetes Paar (a, b) mit a, b ∈ R, dies schreiben wir als a + jb. In diesem Kurs bezeichnen wir mit K immer R oder C. Dies bedeutet, dass man K jeweils durch R oder C ersetzen kann. Die Wahl des Buchstaben K deutet auf den Begriff Körper hin. R oder C bilden nun Körper. Man bezeichnet K auch als Skalare. Bevor wir nun Vektorräume definieren betrachten wir zwei einfache Beispiele: R2 = {(x, y) : x, y ∈ R} und R3 = {(x, y, z) : x, y, z ∈ R} Es gilt nun, dass R2 aus allen geordneten Paaren von reellen Zahlen besteht, hingen R3 aus geordneten Tripeln von reellen Zahlen. 3/34 Listen I Um höher dimensionale Verallgemeinerungen von R2 und R3 vornehmen zu können, ersetzen wir 2 oder 3 mit einer natürlichen Zahl n. Wir definieren K n als Menge aller Listen, welche aus n Elementen besteht, welche aus K stammen, also K n = {(x1 , . . . , xn ) : xj ∈ K, j = 1, . . . , n} Beispiele: Für n = 2 sowie n = 3 und K = R stimmt diese Definition mit der von R2 bzw. R3 überein. C4 ist die Menge aller Listen von vier komplexen Zahlen, also C4 = {(z1 , z2 , z3 , z4 ) : z1 , z2 , z3 , z4 ∈ C} Eine Liste aus n Elementen nennt man auch ein n−Tupel. Man beachte, dass Elemente einer Liste geordnet sind (Im Gegensatz zu Elementen einer Menge)! 4/34 Listen II Die Addition in K n definiert man als (x1 , . . . , xn ) + (y1 , . . . , yn ) = (x1 + y1 , . . . , xn + yn ) Man schreibt auch x ∈ K n mit mit x = (x1 , . . . , xn ) und somit drückt x+y =y+x die Kommutativität der Addition aus. Die Multiplikation eines Elements aus K n mit einem Element aus K ist definiert als a(x1 , . . . , xn ) = (ax1 , . . . , axn ) mit a ∈ K und (x1 , . . . , xn ) ∈ K n . Die Eigenschaften der Addition und Multiplikation auf K n motivieren nun die Definition eins Vektorraums. 5/34 Vektorraumdefinition Eine nicht-leere Menge V zusammen mit einer Addition u + v ∈ V für u, v ∈ V und einer Multiplikation av ∈ V für a ∈ K und v ∈ V heißt Vektorraum, wenn folgendes gilt: Kommutativität: u + v = v + u Assoziativität: (u + v) + w = u + (v + w) und (ab)v = a(bv) Additive Identität: Es existiert ein Element 0 ∈ V , sodass v + 0 = v Additives Inverses: für jedes v ∈ V existiert ein w ∈ V , sodass v + w = 0 Multiplikative Identität: 1v = v Distributivität: a(v + u) = av + au, (a + b)u = au + bu für u, v, w ∈ V und a, b ∈ K. Bemerkung: Die Multiplikation beruht auf K, also sagt man auch V ist ein K-Vektorraum. 6/34 Vektorraum Beispiele Rn ist ein Vektorraum über R. Ein Vektorraum über R heißt reeller Vektorraum Cn ist ein Vektorraum über C. Ein Vektorraum über C heißt komplexer Vektorraum Eine Funktion p : K → K heißt Polynom mit Koeffizienten in K wenn a0 , . . . , am ∈ K so existieren, dass p(z) = a0 + a1 z + . . . + am z m für alle z ∈ K. Nun bezeichnen wir mit P(K) die Menge aller Polynome mit Koeffizienten in K. Man kann zeigen, dass P(K) ein Vektorraum ist. Die Menge aller reellwertigen Funktionen auf dem Intervall [0, 1] (bezeichnet mit R[0,1] ). Man beachte, dass hier die Elemente des Vektorraums Funktionen sind und keine Listen! 7/34 Unterraum Eine Untermenge U von V ist ein Unterraum von V , wenn U selbst ein Vektorraum ist (Addition und Multiplikation wie in V ). Beispiel:{(x1 , x2 , 0) : x1, , x2 ∈ K} ist ein Unterraum des K 3 . Ist U eine Untermenge von V , dann müssen wir überprüfen ob folgendes gilt Additive Identität: 0 ∈ U Abgeschlossen bzgl. Addition: u, v ∈ U impliziert u + v ∈ U Abgeschlossen bzgl. skalarer Multiplikation: a ∈ K und u ∈ U impliziert au ∈ U , damit die Untermenge auch ein Unterraum ist. Beispiele: {p ∈ P(K) : p(3) = 0} ist ein Unterraum von P(K). Die Menge aller stetigen reellwertigen Funktionen ist ein Unterraum von R[0,1] . 8/34 Summen und direkte Summen I Es seien U1 , . . . , Um Unterräume von V . Die Summe von U1 , . . . , Um bezeichnet als U1 + . . . + Um definiert man als U1 + . . . + Um = {u1 + . . . + um : u1 ∈ U1 , . . . , um ∈ Um } Beispiele: U = {(x, 0, 0) ∈ K 3 : x ∈ K} und W = {(0, y, 0) ∈ K 3 : y ∈ K} dann gilt U + W = {(x, y, 0) : x, y ∈ K} U = {(x, 0, 0) ∈ K 3 : x ∈ K} und W = {(y, y, 0) ∈ K 3 : y ∈ K} dann gilt wieder U + W = {(x, y, 0) : x, y ∈ K} 9/34 Summen und direkte Summen II Es seien U1 , . . . , Um Unterräume von V , wobei aber nun V = U1 + . . . + Um gelten soll. Somit gilt für jedes v ∈ V die Darstellung v = u1 + . . . + um Besonders interessant ist der Fall, wo obige Darstellung eindeutig ist, man bezeichnet dies als direkte Summe und schreibt V = U1 ⊕ . . . ⊕ Um Beispiel: Es sei U = {(x, y, 0) ∈ K 3 : x, y ∈ K} und W = {(0, 0, z) ∈ K 3 : z ∈ K} dann gilt K 3 = U ⊕ W 10/34 Summen und direkte Summen III Gegenbeispiel zur direkten Summe: Es sei U1 = {(x, y, 0) ∈ K 3 : x, y ∈ K}, U2 = {(0, 0, z) ∈ K 3 : z ∈ K}, und U3 = {(0, y, y) ∈ K 3 : y ∈ K} dann gilt K 3 = U1 + U2 + U3 aber K 3 ist nicht die direkte Summe, da (0, 0, 0) = (0, 1, 0) + (0, 0, 1) + (0, −1, −1) gilt. Somit können wir festhalten, V = U1 ⊕ . . . ⊕ Um wenn V = U1 + . . . + Um und wenn die einzige Darstellung von 0 ∈ V die Nullsumme ist. im Falle zweier Unterräume: V = U ⊕ W gilt genau dann, wenn V = U + W und U ∩ W = {0} 11/34 Teil II Finit-dimensionale Vektorräume 12/34 Linearkombinationen Eine Linearkombination einer Liste von Vektoren (v1 , . . . , vn ) ergibt einen Vektor der Form a1 v1 + . . . + an vn mit a1 , . . . , an ∈ K. Die Menge aller Linearkombinationen nennt man Lineare Hülle (oder Spann) es gilt span(v1 , . . . , vn ) = {a1 v1 + . . . + an vn : a1 , . . . , an ∈ K} Beispiel: Der Vektor (7, 2, 9) ist eine Linearkombination von (2, 1, 3), (1, 0, 1), da (7, 2, 9) = 2 (2, 1, 3) + 3 (1, 0, 1) und somit gilt, dass (7, 2, 9) ∈ span ((2, 1, 3), (1, 0, 1)). Entspricht span(v1 , . . . , vn ) dem Vektorraum V sagt man, dass die Vektoren (v1 , . . . , vn ) den Vektorraum V aufspannen. 13/34 Dimension (finit versus infinit) Ein Vektorraum V heißt finit-dimensional (oder endlich-dimensional) wenn er eine Liste von Vektoren enthält, die ihn aufspannt. Beispiele: K n ist somit finit-dimensional und wird aufgespannt von (1, 0, . . . , 0), (0, 1, . . . , 0), . . . , (0, 0, . . . , 1) Der Vektorraum der Polynome vom Grad m (bezeichnet als Pm (K)) wir aufgespannt von (1, z, . . . , z m ) und ist somit finit-dimensional. Vektorräume, die nicht finit-dimensional sind nennt man infinit-dimensional. Zum Beispiel ist P(K) infinit-dimensional. 14/34 Lineare Unabhängigkeit Eine Liste von Vektoren (v1 , . . . , vn ) in V heißt linear unabhängig wenn die einzige Wahl für a1 , . . . , an ∈ K um mit a1 v1 + . . . + an vn den Nullvektor darzustellen, die Wahl a1 = a2 = . . . = an = 0 ist. Beispielsweise ist (1, 0, 0, 0), (0, 1, 0, 0), (0, 0, 1, 0), (0, 0, 0, 1) linear unabhängig in K 4 . Eine Liste von Vektoren heißt linear abhängig, wenn sie nicht linear unabhängig ist. Die Vektoren (2, 3, 1), (1, −1, 2), (7, 3, 8) sind linear abhängig, da 2 (2, 3, 1) + 3(1, −1, 2) − 1(7, 3, 8) = (0, 0, 0) 15/34 Basis I Eine Basis eines Vektorraums V ist eine Liste von Vektoren, die linear unabhängig ist und V aufspannt. Zum Beispiel ist (1, 0, . . . , 0), (0, 1, . . . , 0), . . . , (0, 0, . . . , 1) die Standardbasis des K n . Weitere Beispiele: ((1, 2), (3, 5)) ist eine Basis des R2 aber nicht die Standardbasis. (1, 2) ist keine Basis des R2 . ((1, 2), (3, 5), (4, 7)) ist keine Basis des R2 da die Vektoren nicht linear unabhängig sind. Nun folgt, dass eine Liste von Vektoren (v1 , . . . , vn ) genau dann eine Basis von V ist wenn jedes v ∈ V eindeutig als v = a1 v1 + . . . + an vn geschrieben werden kann. Jeder finit-dimensinale Vektorraum V hat eine Basis. 16/34 Basis II Theorem Sei V finit-dimensional und U ein Unterraum. Dann gibt es einen Unterraum W von V so, dass V = U ⊕ W gilt. Beweis: Sei (u1 , . . . , um ) eine Basis von U , die man in der Form (u1 , . . . , um , w1 , . . . , wn ) zu einer Basis von V ergänzt. Nun sei W = span{w1 , . . . , wn }. Zu zeigen ist, das U + W = V und U ∩ W = {0}. Für ν ∈ V gilt ν=a1 u1 + . . . + am um + b1 w1 + . . . + bn wn also ν = u + w mit u ∈ U und w ∈ W woraus V = U + W folgt. Sei µ ∈ U ∩ W , dann gilt µ=a1 u1 + . . . + am um = b1 w1 + . . . + bn wn oder a1 u1 + . . . + am um − b1 w1 − . . . − bn wn = 0. Da aber die u’s und w’s linear unabhängig sind, folgen die a’s und b’s zu null, und µ = 0. 17/34 Dimension I Die Dimension eines finit-dimensionalen Vektorraums ist definiert als die Anzahl der Basisvektoren die V aufspannen. Beispiel: dim(K n ) = n und dim(Pm (K)) = m + 1. Jeder Unterraum U von V ist finit-dimensional, dim(U ) ≤ dim(V ) Theorem Sind U1 und U2 Unterräume eines finit-dimensionalen Vektorraums V dann dim(U1 + U2 ) = dim(U1 ) + dim(U2 ) − dim(U1 ∩ U2 ) gilt Beweis: Sei (u1 , . . . , um ) eine Basis von U1 ∩ U2 und somit dim(U1 ∩ U2 ) = m. Ergänzt man diese Basis zu (u1 , . . . , um , v1 , . . . , vj ) von U1 mit dim(U1 ) = m + j und zu (u1 , . . . , um , w1 , . . . , wk ) von U2 mit dim(U2 ) = m + k, dann gilt es zu zeigen, dass (u1 , . . . , um , v1 , . . . , vj , w1 , . . . , wk ) eine Basis von U1 + U2 ist 18/34 Dimension II Fortsetzung des Beweises: Aus dim(U1 + U2 ) = m + j + k = (m + j) + (m + k) − m folgt das obige Ergebnis. Nun enthält (u1 , . . . , um , v1 , . . . , vj , w1 , . . . , wk ) sowohl U1 als auch U2 und somit auch die Summe U1 + U2 . Zu zeigen bleibt, dass a1 u1 + . . . + am um + b1 v1 + . . . + bj vj + c1 w1 + . . . + ck wk = 0 (1) nur gilt, wenn alle a’s, b’s und c’s null sind. Aus c1 w1 + . . . + ck wk = −a1 u1 − . . . − am um − b1 v1 − . . . − bj vj folgt, dass c1 w1 + . . . + ck wk ∈ U1 . Da aber die w’s in U2 liegen gilt c1 w1 + . . . + ck wk ∈ U1 ∩ U2 und somit c1 w1 + . . . + ck wk = d1 u1 + . . . + dm um Die w’s und die u’s sind linear unabhängig (Basis von U2 ) somit sind die c’s und d’s alle null. Aus (1) folgt, dass die a’s und b’s null sind. 19/34 Teil III Lineare Abbildungen 20/34 Definition Eine lineare Abbildung von einem Vektorraum V zu einem Vektorraum W ist eine Funktion T :V →W welche folgende Eigenschaften aufweist: Additivität: T (u + v) = T (u) + T (v) für alle u, v ∈ V Homogenität: T (av) = aT (v) für alle a ∈ K und v ∈ V Hinweis bzgl. Notation: Für lineare Abbildungen sind sowohl die Schreibweise T (v) als auch T v gebräuchlich. Die Menge aller linearer Abbildungen von V nach W wird mit L(V, W ) bezeichnet. 21/34 Beispiele Differentiation: T ∈ L(P(R), P(R)) definiert als T p = p0 Integration: T ∈ L(P(R), R) definiert als Z 1 Tp = p(x)dx 0 2 Multiplikation mit x : T ∈ L(P(R), P(R)) mit T p = x2 p(x) Vom R3 zum R2 : T ∈ L(R3 , R2 ) definiert als T (x, y, z) = (2x − y + 3z, 7x + 5y − 6z) Vom K n zum K m : T ∈ L(K n , K m ) definiert als T (x1 , . . . , xn ) = (A1,1 x1 + . . . + A1,n xn , . . . , Am,1 x1 + . . . + Am,n xn ) 22/34 Algebraische Operationen Addition und skalare Multiplikation auf L(V, W ): Seien S, T ∈ L(V, W ) und λ ∈ K, dann sind die Summe S + T und das Produkt λT wieder lineare Abbildungen von V nach W definiert als (S + T )v = Sv + T v , (λT )v = λ(T v) für alle v ∈ V . Somit ist L(V, W ) ein Vektorraum mit der oben definierten Addition und Multiplikation. Die Multiplikation von Elementen eines Vektorraums ist nicht immer sinnvoll, jedoch ist dies bei speziellen Paaren linearer Abbildungen möglich. Sei T ∈ L(U, V ) und S ∈ L(V, W ) dann definiert man das Produkt ST ∈ L(U, W ) als (ST )u = S(T (u)) für alle u ∈ U . Im Allgemeinen gilt ST = T S nicht! Beispiel Differentiation und Multiplikation mit x2 . 23/34 Kern (Nullraum) Für T ∈ L(V, W ) ist der Kern, bezeichnet als ker(T ), die Untermenge von V , für die gilt ker(T ) = {v ∈ V : T v = 0} Beispiele: Der Kern von T p = p0 sind die konstanten Funktionen Für T p = x2 p(x) ist der Kern {0}. Sei ϕ ∈ L(R3 , R) definiert als ϕ(x1 , x2 , x3 ) = x1 + 2x2 + 3x3 Dann gilt ker(ϕ) = {(x1 , x2 , x3 ) ∈ R3 : x1 + 2x2 + 3x3 = 0} und somit ist (−2, 1, 0), (−3, 0, 1) eine Basis für ker(ϕ). Für T ∈ L(V, W ) ist ker(T ) ein Unterraum von V . 24/34 Injektivität Eine Funktion T : V → W heißt injektiv, wenn aus T u = T v auch u = v folgt. Die Injektivität einer linearen Abbildung kann nun leicht überprüft werden: Theorem Sei T ∈ L(V, W ), dann ist T genau dann injektiv, wenn ker(T ) = {0}. Wir zeigen exemplarisch eine Richtung der Behauptung: Wenn ker(T ) = {0} dann folgt aus T u = T v auch u = v. Beweis: Seien u, v ∈ V mit T u = T v dann gilt 0 = T u − T v = T (u − v) und somit ist u − v ∈ ker(T ). Da ker(T ) = {0} gilt u = v. 25/34 Bild Für eine Funktion T : V → W ist das Bild die Untermenge von W , welche aus Elementen der Form T v besteht für v ∈ V, also im(T ) = {T v : v ∈ V } Beispiele: Das Bild von T p = p0 ist P(R), da jedes Polynom q ∈ P(R) als p0 = q dargestellt werden kann. Für T : L(R2 , R3 ) definiert als T (x, y) = (2x, 5y, x + y) ist im(T ) = {(2x, 5y, x + y) : x, y ∈ R} und somit ist (2, 0, 1), (0, 5, 1) eine Basis für im(T ). Für T ∈ L(V, W ) ist im(T ) ein Unterraum von W . 26/34 Surjektivität und Fundamentaltheorem Eine Funktion T : V → W heißt surjektiv, wenn ihr Bild gleich W ist. Beispiel: Die Differentiation D ∈ L(P5 (R), P5 (R)), definiert als Dp = p0 ist nicht surjektiv, da x5 nicht im Bild liegt. Hingegen ist S ∈ L(P5 (R), P4 (R)), definiert als Dp = p0 sehr wohl surjektiv. Der nächste Satz ist ein sehr fundamentaler: Theorem Sei V finit-dimensional und T ∈ L(V, W ), dann ist im(T ) finit-dimensional und dim(V ) = dim(ker(T )) + dim(im(T )) (2) 27/34 Matrixdarstellung Es seien m und n natürliche Zahlen, dann ist eine m × n Matrix ein rechteckiges Feld mit m Zeilen und n Spalten der Form A1,1 . . . A1,n .. .. A= . . Am,1 . . . Am,n mit Elementen Ai,j ∈ K. Die Matrixdarstellung M(T ) einer linearen Abbildung T ∈ L(V, W ), wobei v1 , . . . , vn eine Basis von V und w1 , . . . , wm eine Basis vom W ist, lautet T vk = A1,k w1 + . . . + Am,k wm Es sei angemerkt, dass die Matrixdarstellung einer Abbildung natürlich von der Wahl der Basen von V und W abhängt. 28/34 Matrixdarstellung Beispiele Es sei T ∈ L(R2 , R3 ) definiert als T (x, y) = (x + 3y, 2x + 5y, 7x + 9y) dann gilt T (1, 0) = (1, 2, 7) und T (0, 1) = (3, 5, 9) und somit ergibt sich in den Standardbasen für den R2 und den R3 die Darstellung 1 3 M(T ) = 2 5 7 9 Es sei D ∈ L(P3 (R)), P2 (R)) definiert als Dp = p0 dann lautet in den Standardbasen für P3 (R) und P2 (R) 0 1 0 0 M(D) = 0 0 2 0 0 0 0 3 Für p = a0 + a1 x + a2 x2 + a3 x3 gilt ja p0 = a1 + 2a2 x + 3a3 x2 . 29/34 Lineare Abbildung als Matrix Sei v ∈ V und v1 , . . . , vn ist eine Basis von V . Dann ist die Matrixdarstellung des Vektors v = c1 v1 + . . . + cn vn gegeben als c1 . M(v) = .. cn Somit kann man lineare Abbildungen als Matrixmultiplikation auffassen, es gilt M(T v) = M(T )M(v) und gewöhnlich identifiziert man M(T ) mit T sowie M(v) mit v und T v als Matrizenmultiplikation gedacht ergibt gerade die Matrixdarstellung des Vektors in W . 30/34 Weitere Eigenschaften und Operatoren Invertierbarkeit linearer Abbildungen. Eine lineare Abbildung T ∈ L(V, W ) heißt invertierbar wenn eine lineare Abbildung S ∈ L(W, V ) so existiert, dass ST die Identität auf V und T S die Identität auf W ist. Eine lineare Abbildung ist genau dann invertierbar wenn sie injektiv und surjektiv ist. Lineare Abbildungen eines Vektorraums auf sich selbst nennt man Operatoren und man schreibt L(V ) (anstelle von L(V, V )) für die Menge aller linearer Operatoren. Sei V finit-dimensional und T ∈ L(V ) dann impliziert Injektivität die Surjektivität und umgekehrt. Dies folgt aus dem Fundamentaltheorem (2). Sei T ∈ L(V ). Ein Unterraum U von V heißt invariant bezüglich T (oder T −invariant), wenn aus u ∈ U auch T u ∈ U folgt. 31/34 Lineare Funktionale und Dualraum Ein lineares Funktional auf V ist eine lineare Abbildung von V auf K, also ein Element von L(V, K) Beispiele: Sei ϕ : R3 → R definiert als ϕ(x, y, z) = 4x − 5y + 2z, dann ist ϕ ein lineares Funktional auf dem R3 Sei ϕ : P(R) → R definiert als ϕ(p) = 3p00 (5) + 7p(4) dann ist ϕ ein lineares Funktional auf P(R) Der duale Vektorraum von V , bezeichnet als V ∗ , ist der Vektorraum aller linearer Funktionale. Also V ∗ = L(V, K). Sei v1 , . . . , vn eine Basis von V , dann ist die duale Basis von v1 , . . . , vn die Liste ϕ1 , . . . , ϕn von Elementen in V ∗ so, dass 1 f ür k = j ϕj (vk ) = 0 f ür k 6= j 32/34 Dualraum und duale Abbildung Man kann zeigen, dass die duale Basis eine Basis von V ∗ ist. Sei nun T ∈ L(V, W ), dann ist die duale Abbildung von T die lineare Abbildung T ∗ ∈ L(W ∗ , V ∗ ) definiert als T ∗ (ϕ) = ϕ ◦ T für ϕ ∈ W ∗ . Man beachte, dass T ∗ (ϕ) eine lineare Abbildung von V nach K ist. In anderen Worten T ∗ (ϕ) ∈ V ∗ . Beispiel: Sei D : P(R) → P(R) definiert als Dp = p0 , sowie ϕ(p) = p(3). Dann ist D∗ (ϕ) ein lineares Funktional auf P(R) (D∗ (ϕ))p = (ϕ ◦ D)p = ϕ(Dp) = ϕ(p0 ) = p0 (3) Sei T ∈ L(V, W ), dann gilt M(T ∗ ) = (M(T ))T für die Matrixdarstellung der dualen Abbildung 33/34 Annullator Wir betrachten einen Vektorraum V und einen Unterraum U ⊂ V . Der Annullator U ⊥ von U ist definiert, als U ⊥ = {ϕ ∈ V ∗ : ϕ(u) = 0 fuer alle u ∈ U } Somit gilt, dass U ⊥ ein Unterraum von V ∗ ist. Des weiteren gilt für finit-dimensionale Vektorräume V folgende Dimensionsformel dim(U ) + dim(U ⊥ ) = dim(V ). 34/34