Anti-Genderismus: Geschlecht als politischer Kampfbegriff

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Anti-Genderismus:
Geschlecht als
politischer Kampfbegriff
VORTRAG IM RAHMEN DER RINGVORLESUNG REIZWORT „GENDER“? ANTI-WISSENSCHAFTLICHE UND
POPULISTISCHE DISKURSE IN DER GESELLSCHAFT IM SOMMERSEMESTER 2017 HS KEMPTEN
21.3.2017
DR. KLEMENS KETELHUT – MLU HALLE-WITTENBERG
Gender
DR. KLEMENS KETELHUT - MLU HALLE - WITTENBERG
Gender als wichtiges (politisches)
Diskursfeld
Grundlegende These: Gender ist (wieder) zu einem wichtigen politischen Diskursfeld geworden
Vorgehen des Vortrages:
(i) Begriffsklärung: Was verbirgt sich hinter dem Konzept und wie wird es „alltagssprachlich“
gebraucht?
(ii) Die Debatten um den „Bildungsplan“ in Baden-Württemberg als Beispiel für Politiken gegen
Gender
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(i) Gender: Begriff und Konzept
(a) Vergeschlechtlicher
Alltag
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(i) Gender: Begriff und Konzept
(a) Vergeschechtlicher Alltag
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(i) Gender: Begriff und Konzept
(a) Vergeschechtlicher Alltag
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(i) Gender: Begriff und Konzept
(b) Alltagswissen Geschlecht
Zentrale Vorstellung:
Grundlegende Differenz von
Männern und Frauen
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(i) Gender: Begriff und Konzept
(b) Alltagswissen Geschlecht
Alltagswissen von Geschlecht
(nach Kessler/McKenna)
-Es gibt genau zwei Geschlechter
-Jede Person ist eindeutig einem dieser beiden Geschlechter zuzuordnen
-Das Geschlecht einer Person ist invariabel
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(i) Gender: Begriff und Konzept
(b) Alltagswissen Geschlecht
Alltagswissen von Geschlecht
(nach Kessler/McKenna)
-Genitalien sind essentielle Indizien zur Identifikation einer Person
-Die Dichotomie der zwei Geschlechter ist natürlich
-Die Zugehörigkeit zu den Geschlechtergruppen ist keine individuelle, sondern natürliche
Entscheidung
-Personen des einen Geschlechts sind sexuell und emotional immer auf Personen des anderen
Geschlechts bezogen
(Gekürzte und ergänzte Darstellung nach Kessler/McKenna (1978), hier nach Villa 2006, S. 88.)
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(i) Gender: Begriff und Konzept
(b) Alltagswissen Geschlecht: Konsequenzen
Soziale Relevanz der Unterscheidung von Personen in
‚Mann‘ und ‚Frau‘
-Zuschreibung unterschiedlicher Bedürfnisse
-Zuschreibung unterschiedlicher Eigenschaften
-Hierarchisierung zugunsten des Männlichen
Biologische Legitimation als Letztbegründung
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(i) Gender: Begriff und Konzept
(c) Herausforderung durch soziale Bewegungen und Wissenschaft
Politische und soziale Kritik durch die Frauenbewegung
Entstehung wissenschaftlicher Erkenntnisse zur sozialen Konstruktion von Geschlecht
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(i) Gender: Begriff und Konzept
(d) Bedeutungshorizonte von Gender im (alltags)politischen Kontext
− gleichstellungspolitische Instrumente (Gender-Mainstreaming, Quote, AGG)
− Fragen und Diskurse rund geschlechtliche Identitäten und sexuelle Orientierungen (LGBTIQ*)
− Gender/Queer-Studies (Kontext Wissenschaft, Universität, Querschnittsthema
unterschiedlicher Disziplinen)
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(ii) Anti-Gender-Politiken in Aktion: Die
Debatten um den Bildungsplan in BW
Vorgehen:
−Darstellung des Prozesses
−Gruppierungen, die sich gegen den Bildungsplan stell(t)en – „Allianz im Geiste“
−Analyse ausgewählter Argumentationsfiguren
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(ii) Anti-Gender-Politiken in Aktion: Die
Debatten um den Bildungsplan in BW
Gegenreaktion
Referentenentwurf 2013: Querschnittsthema
„Akzeptanz sexueller Vielfalt“
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(ii) Anti-Gender-Politiken in Aktion: Die
Debatten um den Bildungsplan in BW
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(ii) Anti-Gender-Politiken in Aktion: Die
Debatten um den Bildungsplan in BW
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(ii) Anti-Gender-Politiken in Aktion: Die
Debatten um den Bildungsplan in BW
Gruppen, die im
Bündnis des
Gegenprotests
beteiligt waren
Es lassen sich drei Richtungen
unterscheiden:
(a) National-(neo)liberal
(b) National-völkisch bis rechts
(c) Christlich-konservativ
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(ii) Anti-Gender-Politiken in Aktion: Die
Debatten um den Bildungsplan in BW
(a) National-(neo)liberale Gruppen:
Teile der AfD, „Zivile Koalition“, „Initiative Familienschutz“ (v.a. Hedwig vonBevernfoerde)
„Sachsens Schulen sind kein Austragungsort für Gesellschaftsexperimente mit ungewissem
Ausgang! Jeder kann und soll nach seiner Facon selig werden. Wer wann, wo, mit wem etwas tut,
ist reine Privatsache. Andere mit bevorzugter Sexualität zu belästigen – da hört der Spaß auf. Erst
Recht in der Schule! (…)
Wir wollen, dass Kinder ihre natürliche Sexualität selbst entdecken und nicht mit theoretischen,
soziologischen Konstrukten verwirrt werden.“
(Pressemitteilung AfD-Fraktion Sachsen, 21.5.15)
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(ii) Anti-Gender-Politiken in Aktion: Die
Debatten um den Bildungsplan in BW
(b) National-völkische bis rechte Gruppierungen
U.a. NPD, Teile der AfD
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(ii) Anti-Gender-Politiken in Aktion: Die
Debatten um den Bildungsplan in BW
(c) Christlich-konservative Gruppen
u.a. Christdemokraten für das Leben, Aktion Kinder in Gefahr, Freikirchen
Familiaristische Argumente
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(ii) Anti-Gender-Politiken in Aktion: Die
Debatten um den Bildungsplan in BW
Drei zentrale Argumentationslinien:
−Vollkommene Privatheit von Erziehung
−Angebliche Frühsexualisierung von Kindern
−„Ansteckung“ und vorgeblicher Missbrauch
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(ii) Anti-Gender-Politiken in Aktion: Die
Debatten um den Bildungsplan in BW
Vollkommene Privatheit von Erziehung
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(ii) Anti-Gender-Politiken in Aktion: Die
Debatten um den Bildungsplan in BW
Angebliche Frühsexualisierung von Kindern
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(ii) Anti-Gender-Politiken in Aktion: Die
Debatten um den Bildungsplan in BW
„Ansteckung“ und vorgeblicher Missbrauch
−Höhere Sichtbarkeit nicht-heterosexuellen Lebens
−Klocke-Studie (2012): Schule als extrem homophober Raum
−Stereotypes „Wissen“ wird reaktiviert
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(ii) Anti-Gender-Politiken in Aktion: Die
Debatten um den Bildungsplan in BW
Kindeswohl als polyvalente, immer
wieder neu auszuhandelnde
Begrifflichkeit
Kindliche Sexualität als emotionalisierter
Diskurskomplex
DR. KLEMENS KETELHUT - MLU HALLE - WITTENBERG
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit
DR. KLEMENS KETELHUT - MLU HALLE - WITTENBERG
Literatur
De Beauvoir, Simone: Das andere Geschlecht. Sitte und Sexus der Frau. 1951
Degele, Nina: Gender/Queer Studies. Eine Einführung. Paderborn 2008
Garfinkel, Harold: Studies in Ethnomethodology. Englewood Cliffs/NJ: Prentice Hall
Gildemeister, Regine: Doing Gender: Soziale Praktiken der Geschlechterunterscheidung. In: Becker, Ruth/Kortendiek, Beate (Hrsg.):
Handbuch Frauen- und Geschlechterforschung. Theorie, Methoden, Empirie. Wiesbaden, S. 132-140
Joas, Hans/Knöbl, Wolfgang: Sozialtheorie: zwanzig einführende Vorlesungen. Frankfurt am Main 2004
Kessler, Suzanne/McKenna, Wendy: Gender: an ethnomethodological approach. Chicago, London 1978
Klocke, Ulrich: Akzeptanz sexueller Vielfalt an Berliner Schulen. Eine Befragung zu Verhalten, Einstellungen und Wissen zu LSBT und deren
Einflussvariablen. Berlin: 2012.
Lorber, Judith: Gender-Paradoxien. Opladen 1999
Villa, Paula-Irene: Sexy bodies: eine soziologische Reise durch den Geschlechtskörper. 3., aktualisierte Auflage. Wiesbaden 2006
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