Device-assoziierte Notfälle bei Schrittmacher- bzw. ICD-Trägern Prof. Dr. med. Christof Kolb Klinik für Herz- und Kreislauferkrankungen Abteilung für Elektrophysiologie Deutsches Herzzentrum München Interessenskonflikte Reisekostenunterstützung und Vortragshonorare Teilnahme an klinischen Studien Biotronik Boston Scientific LivaNova/Sorin Group Medtronic Spectranetics St. Jude Medical Biotronik Boston Scientific LivaNova/Sorin Group St. Jude Medical “Advisory Board” Biotronik LivaNova/Sorin Group Device-Eingriffe Deutschland 2014 Herzschrittmacher Defibrillatoren Deutsches Herzschrittmacherregister: Markewitz et al. 2016; in press Peri- und post-operative Komplikationen Komplikationen vor Entlassung Herzschrittmacher Defibrillatoren Markewitz et al. 2016; in press: Deutsches Herzschrittmacherregister; IQTIG Datenerfassung 2015/16 Sondendislokation (ca. 2-3 %) Makrodislokation: Radiologisch nachweisbare Dislokation Mikrodislokation: Radiologisch unveränderte Lage aber erhöhte Stimulationsschwelle / unzureichende Wahrnehmung Symptome: • keine • Symptome des Stimulationsverlusts • Arrhythmieinduktion • inadäquate Schocks Diagnose: • EKG • Röntgen-Thorax • SM- bzw. ICD-Kontrolle Sondendislokation (ca. 2-3 %) Stimulationsverlust Akute Therapiemöglichkeiten • Magnetauflage bei Schrittmachern • Parasympatholytika / Sympathomimetika • Transkutane Stimulation Definitive Therapie • Sondenneuplatzierung Pneumothorax (ca. 0,5 %) Verletzung der Pleura bei Zugangsweg über • V. subclavia • V. jug. interna • V. anonyma / V. brachiocephalica • (V. axillaris) Symptome: • Keine • Pleuritischer Schmerz • Atemnot • Hämodynamische Instabilität • Obere Einflussstauung Therapie: • Konservativ bei Beschwerdefreiheit und kleinem Pneumothorax • Monaldi- oder Bülaudrainage bei Symptomatik oder bei großem Pneumothorax Myokardperforation (0,5 %) Risikofaktoren: • hohes Alter • weibliches Geschlecht • Steroidtherapie • Fehlen einer strukturellen Herzerkrankung Symptome: • Keine • Unspezifische thorakale Missempfindungen • Extrakardiale Stimulation • Hämodynamische Instabilität bei Tamponade • Obere Einflussstauung Cave: Verzögert auftretende Perforation einige Tage nach Implantation Myokardperforation (0,5 %) Diagnose: • Perikarderguss im Ultraschall • Kardiales CT (Lokalisationsdiagnostik) • Geräteabfrage (Sondenparameter) Akutmaßnhmen • Monitoring des Patienten • Sistieren einer Antikoagulation • Sistieren einer antithrombotischen Therapie Definitive Therapie • Bei beginnender hämodynamischer Relevanz frühzeitige Perikardiozentese • Sondenrepositionierung unter liegender Perikarddrainage und herzchirurgischem Back-Up. Taschenhämatom Prophylaxe des Taschenhämatoms • Sorgfältige Blutstillung • Vermeiden einer überlappenden Heparingabe Sistieren der Antikoagulation Operation unter laufender Antikoagulation Kriterien für eine operative Revision • Starker Schmerz • Unter Spannung stehendes Hämatom • Sehr großes Hämatom • Nie: Punktion des Hämatoms Infektion (0,5-1,0 % pro Jahr) Diagnostische Kriterien für eine Tascheninfektion Beweisend: - Perforation des Geräts oder von Sonden durch die Haut - Purulenter Ausfluss Sehr verdächtig: - Fehlende Verschieblichkeit der Haut gegenüber der Gerätetasche Mögliche weitere Symptome: - Erythem - Überwärmung - Schwellung - Verhärtung - Schmerz - Druckdolenz - Fluktuation Vorhandensein von (2-) 3 der 7 möglichen Symptome sprechen für eine Infektion Diagnostische Kriterien für eine Tascheninfektion Beweisend: - Perforation des Geräts oder von Sonden durch die Haut - Purulenter Ausfluss Sehr verdächtig: - Fehlende Verschieblichkeit der Haut gegenüber der Gerätetasche Mögliche weitere Symptome: - Erythem Cave: - Überwärmung - Schwellung Leukozytose selten vorhanden - Verhärtung CRP allenfalls geringfügig erhöht - Schmerz - Druckdolenz Procalcitonin mit mäßiger Sens. / Spez. - Fluktuation Vorhandensein von (2-) 3 der 7 möglichen Symptome sprechen für eine Infektion Piepsende oder vibrierende Geräte Automatische Messung der Systemintegrität Sondenimpedanzen Batteriespannung Kondensatorladezeit Deaktivierte Therapien Können bei ICD zu einem Alarm führen „Tatü-tata“ (Fa. Medtronic) Pulssynchrones Piepsen (Fa. Boston Scientific) Vibration des ICD (Fa. St. Jude Medical) Schrittmacher piepsen oder vibrieren nicht. Umgehende ICD-Abfrage erforderlich, da möglicherweise kein ICD Schutz mehr Gefahr für inadäquate Schocks Sonderfall: Alarmabgabe wegen erhöhte pulmonalem Flüssigkeitsindex Multiple inadäquate ICD-Schocks Inadäquate Therapien ohne Tachyarrhythmie Oversensing durch Sondenbruch Oversensing der T-Welle Elektromagnetische Interferenz - keine Arrhythmie im EKG nachweisbar - Schock aus „heiterem Himmel“ Magnetauflage zur Vermeidung weiterer Schocks Inadäquate Therapien mit Tachyarrhythmie Supraventrikuläre Tachykardien - Ggf. SVT im EKG nachweisbar - Schock oft unter Belastung aber bei vollem Bewusstsein Frequenzkontrolle Magnetauflage zur Vermeidung weiterer Schocks Weiterführende Differenzialtherapie Multiple adäquate ICD-Schocks Adäquate Therapien durch ventrikuläre Arrhythmien Ventrikuläre Tachykardie Kammerflimmern / Kammerflattern „Elektrischer Sturm“ - Ggf. Arrhythmie im EKG nachweisbar - Ggf. effektive ICD-Therapien mit sofortigen Wiederanlaufen der VT - Ggf. ineffektive ICD-Therapien nachweisbar - Ggf. hämodynamische Instabilität Amiodaron i.v. Sedierung, ggf. Intubation und Beatmung Reanimationsbereitschaft Magnetauflage nur bei hämodynamischer Toleranz der Arrhythmie und kontinuierlichem Monitoring Notfallmäßiger Transport ins Krankenhaus Zusammenfassung Die Sondendislokation ist die häufigste Akutkomplikation der Schrittmacherund ICD-Therapie. Sondenperforationen können verzögert auftreten und äußern sich häufig durch unspezifische thorakale Missempfindungen. Das Risiko für Taschenhämatome kann gesenkt werden, wenn auf eine überlappende Heparingabe verzichtet wird. Die Tascheninfektion wird klinisch diagnostiziert und zeigt typischerweise Normalwerte für Leukozyten und CRP. ICD – nicht jedoch Schrittmacher - können Alarmtöne abgeben oder vibrieren. Dies ist Hinweis auf eine mögliche gravierende Fehlfunktion. Offensichtlich inadäquate ICD-Schocks können mittels Magnetauflage unterdrückt werden. Der „elektrische Sturm“ bedarf umgehender intensivmedizinischer Therapie: Magnetauflage nur bei absoluter hämodynamischer Stabilität. Vielen Dank für die Aufmerksamkeit