FHWien Studiengang Wissensmanagement der WKW Titel der Diplomarbeit: Wissensbewertung aus der Perspektive des demografischen und wirtschaftlichen Wandels. Risiken durch Wissensverlust frühzeitig erkennen und behandeln. Verfasst von: Nadja Piessnegger Betreut von: Dr. Manfred Kofranek, MAS Ich versichere: dass ich die Diplomarbeit selbstständig verfasst, andere als die angegebenen Quellen und Hilfsmittel nicht benutzt und mich auch sonst keiner unerlaubten Hilfe bedient habe. dass ich dieses Diplomarbeitsthema bisher weder im In- noch im Ausland in irgendeiner Form als Prüfungsarbeit vorgelegt habe. 11. April 2010 ____________________________ Datum Unterschrift __ Danksagung I Abstract (dt.) Der demografische Wandel und seine Auswirkungen werden derzeit intensiv diskutiert. Auch der Finanzdienstleistungsbranche, die sich derzeit mit aktuelleren Problemen, verursacht durch die Finanz- und Wirtschaftskrise, eingehend beschäftigen muss, bleibt die Auseinandersetzung mit dem Thema nicht erspart. Neben den laufenden Herausforderungen, wie neue Märkte, zusätzliche Mitbewerber, neue Technologien, schnellere Arbeitsprozesse und gesellschaftliche, politische und rechtliche Einflüsse, werden Unternehmen sich zukünftig auch mit einem Altersanstieg des Personals auseinandersetzen müssen. Drohender Wissensverlust und dadurch ein nicht wieder gutzumachender Schaden, steigendes Pensionsalter und damit die Einstellung auf ältere Dienstnehmer, veränderte Lebenseinstellungen und die Verknappung von Mitarbeiternachwuchs sind dabei die zu lösenden Aufgaben. In dieser Diplomarbeit wird vor dem Hintergrund des demografischen und wirtschaftlichen Wandels und seinen Auswirkungen das Thema der Sicherung des Erfahrungswissens und damit die Sichtbarmachung des Wertes „Wissen“ behandelt. Als Modell wurde dafür die -Balanced-Scorecard (BSC) des Wissensmanagements gewählt, um deren Tauglichkeit hinsichtlich der Abbildung des latent versteckten Risikos zu überprüfen. Für einen umfassenden Einblick in die Thematik werden der demografische Wandel und seine Konsequenzen für den Arbeitsmarkt, der Wissensverlust und –transfer, die Möglichkeit der Wissensmessung, die Facetten des Risikomanagements, die Finanzdienstleistungsbranche und schließlich die BSC in theoretischer Auseinandersetzung behandelt. Die dieser Arbeit zugrunde gelegten Forschungsfragen werden in einem zweiten Schritt mit Hilfe der qualitativen Sozialforschung evaluiert. Zu diesem Zweck wurden Interviews mit Führungskräften und Experten aus dem Human-Resource-Bereich von Banken und Versicherungen geführt. Die theoretischen Ausführungen und die empirischen Ergebnisse zusammen sind notwendig, um die Forschungsfragen umfassend beantworten zu können. Die Ergebnisse zeigen, dass die Thematik in der Praxis zwar bekannt ist, aber erst an zweiter Stelle mit dem Verlust von Erfahrungswissen assoziiert wird. Die Problematik wird eher mit dem älter werdenden Kunden und damit verbundenen notwendigen Änderungen in diversen Rechenmodellen, die Verträgen zugrunde gelegt sind, in Verbindung gebracht. Die derzeitige Finanz- und Wirtschaftskrise verändert die Einschätzung der Situation, da der Fokus auf Kosteneinsparungen liegt. II Die Untersuchung beinhaltete auch die Erhebung von positiven und negativen Eigenschaften von älteren und jüngeren Mitarbeitern sowie eine Definition der selbigen. Grundsätzlich wird bestätigt, dass jeder Mitarbeiter individuell ist, dennoch werden mit älteren und jüngeren Mitarbeitern bestimmte Eigenschaften verbunden. Dass älteren eher negative Eigenschaften zuordnet werden, kann in weiterer Folge zu Frühpensionierungen führen. Da der Verlust von Erfahrungswissen ein unternehmerisches Risiko darstellt, wurde auch dies empirisch überprüft sowie eine Erhebung der Kennzahlen durchgeführt, die zur Mitarbeitersteuerung eingesetzt werden. Es existieren verschiedene Kennzahlen, wobei die meist genannte die Fluktuation darstellt. Die Identifikation von Schlüsselpositionen bzw. -mitarbeitern und eine damit verbundene Wissenssicherung ist ein wichtiges Thema in der Branche. Folglich wird in den Unternehmen auch Wissenssicherung und –transfer durchgeführt, wobei hier das Hauptaugenmerk auf Dokumentationen, formellen Meetingstrukturen und dem Zusammenspannen neuer Mitarbeiter mit Lernpartnern liegt. Ob ein Risiko mit dem Wissensverlust verbunden ist, wird nicht ganzheitlich thematisiert, sondern liegt in der Verantwortung einzelner Abteilungen bzw. Mitarbeiter. Ein Zusammenhang zum demografischen Wandel wird eher negiert. Der Wert des Gutes „Wissen“ ist in keiner Bilanz erkennbar. Aus diesem Grund wird dem Einsparen von Personalkosten ein höherer Stellenwert als der Sicherung von Erfahrungswissen eingeräumt. Das Fehlen einzelner Mitarbeiter wird (insbesondere in großen Unternehmen) nicht als Risiko erkannt, da es immer eine Lösung gibt, um den Wissensverlust durch Einzelne aufzufangen. Ein Kumulrisiko wird als sehr unwahrscheinlich bezeichnet. Im Sinne einer strategischen Betrachtung des Themas „Demografischer Wandel und seine Folgen“ stellt das Konzept der BSC mit Berücksichtigung expliziter Wissensmanagement- und Risikomanagement-Komponenten eine gute Möglichkeit dar, Wissen und den Ausfall transparent darzulegen. III Abstract (eng.) IV V Inhaltsverzeichnis Abstract (dt.) ................................................................................................................. I Abstract (eng.) ............................................................................................................ III Inhaltsverzeichnis ........................................................................................................ V Abbildungsverzeichnis ............................................................................................... IX Tabellenverzeichnis.................................................................................................... IX Abkürzungsverzeichnis ............................................................................................... X 1 2 Einleitung ............................................................................................................. 1 1.1 Zielsetzungen und Forschungsfrage .............................................................. 2 1.2 Forschungsdesign und Aufbau der Arbeit ..................................................... 4 1.3 Maßnahmen der amtierenden Regierung....................................................... 5 Demografischer Wandel....................................................................................... 7 2.1 Veränderung der Bevölkerungspyramide ...................................................... 8 2.2 Alter und Veränderung der Leistungsfähigkeit ........................................... 10 2.2.1 Ressource Mensch ................................................................................ 11 2.2.2 Alter und Innovationsfähigkeit ............................................................ 13 2.3 3 Konsequenzen für den Arbeitsmarkt ........................................................... 14 2.3.1 Besitzstand als Stillstand ...................................................................... 15 2.3.2 Doppeltes demografisches Dilemma.................................................... 16 2.3.3 Relevanz der Demografie ..................................................................... 17 Wissensmanagement .......................................................................................... 22 3.1 Wissensarten ................................................................................................ 23 3.1.1 Explizites Wissen ................................................................................. 23 3.1.2 Implizites Wissen ................................................................................. 23 3.1.3 Erfahrungswissen ................................................................................. 24 3.1.4 Handlungskompetenz ........................................................................... 25 3.2 Wissen: Verlust – Teilen – Bewahren ......................................................... 26 3.2.1 Bausteine des Wissensmanagements ................................................... 26 3.2.2 Wissensverlust ..................................................................................... 29 3.2.2.1 Arten von Wissensverlusten ......................................................... 29 3.2.2.2 Folgen von Wissensverlusten ....................................................... 30 3.2.3 Wissen (ver)teilen und bewahren ......................................................... 31 3.2.3.1 Der Transfer von Erfahrungswissen ............................................. 31 VI 3.2.3.2 4 Wissen messen und managen ............................................................................. 35 4.1 Aussage der Finanzbilanz .................................................................... 36 4.1.2 Wissen bewerten .................................................................................. 37 Intellektuelles Kapital .................................................................................. 38 4.2.1 Organisationsgedächtnis ...................................................................... 39 4.2.2 Wissensarbeiter .................................................................................... 40 4.2.3 Mitarbeiterstruktur bei Finanzdienstleistern ........................................ 41 4.3 6 Problemfelder .............................................................................................. 36 4.1.1 4.2 5 KEEP-Modell................................................................................ 33 4.2.3.1 Außendienst-Mitarbeiter ............................................................... 42 4.2.3.2 Innendienst-Mitarbeiter ................................................................ 42 4.2.3.3 Key-Account-Manager ................................................................. 43 Wertschöpfung durch Wissensmanagement................................................ 43 Risikomanagement ............................................................................................. 45 5.1 Risikobegriff allgemein ............................................................................... 46 5.2 Risikobegriff der Finanzdienstleistungsbranche ......................................... 47 5.2.1 Risiko im Bankwesen ........................................................................... 48 5.2.2 Risiko im Versicherungswesen ............................................................ 50 5.3 Know-how Risiko (Wissensrisiko) ............................................................. 52 5.4 Frühwarnsystem .......................................................................................... 54 5.5 Analyse des Bedrohungspotenzials ............................................................. 54 5.5.1 Möglichkeiten der Risikoermittlung .................................................... 55 5.5.2 Wertklarheit Know-how....................................................................... 55 Balanced Scorecard und Wissensmanagement .................................................. 59 6.1 Konzept der Balanced Scorecard ................................................................ 59 6.1.1 Auswirkungen des Informations- und Wissenszeitalters ..................... 60 6.1.2 Perspektiven ......................................................................................... 60 6.1.3 Ursache-Wirkungsketten ...................................................................... 63 6.1.4 Definition von Messgrößen (Performanceindikatoren) ....................... 64 6.2 Integration BSC – Risiko- und Wissensmanagent ...................................... 65 6.2.1 Wissensmanagent-Balanced Scorecard ................................................ 66 6.2.2 BSC und Risikomanagement ............................................................... 68 6.2.3 Neues integriertes BSC-Modell ........................................................... 69 6.3 Wissensbewertung mit Kennzahlen ............................................................ 70 VII 6.3.1 Beschaffenheit von Kennzahlen ........................................................... 71 6.3.2 Auswahl von Kennzahlen .................................................................... 72 7 Diskussion der Ergebnisse aus der Theorie ....................................................... 75 8 Empirische Untersuchung .................................................................................. 82 8.1 Forschungsdesign ........................................................................................ 83 8.1.1 Wahl und Erklärung der Methode ........................................................ 83 8.1.1.1 Problemzentriertes Interview ........................................................ 84 8.1.1.2 Qualitative Inhaltsanalyse ............................................................. 85 8.1.2 Begründung für die Wahl der Methode ............................................... 87 8.1.3 Darstellung des Untersuchungsobjektes .............................................. 89 8.1.3.1 Banken .......................................................................................... 89 8.1.3.2 Versicherungen ............................................................................. 90 8.1.3.3 Theoretical Sampling .................................................................... 91 8.1.3.4 Zugang zum Feld .......................................................................... 92 8.1.4 8.2 Eigene Vorgehensweise ....................................................................... 93 8.1.4.1 Sensibilisierendes Konzept (sensityzing concept) ........................ 93 8.1.4.2 Interviewpartner ............................................................................ 93 8.1.4.3 Interviewleitfaden ......................................................................... 94 Untersuchungsergebnis ............................................................................... 96 8.2.1 Demografischer Wandel....................................................................... 96 8.2.1.1 Auswirkungen und Maßnahmen ................................................... 96 8.2.1.2 Projekte ......................................................................................... 97 8.2.1.3 Seminare ....................................................................................... 98 8.2.1.4 Wirtschafts- und Finanzkrise ........................................................ 98 8.2.1.5 Sozialpläne und Altersteilzeit ....................................................... 99 8.2.1.6 Junge Unternehmen .................................................................... 100 8.2.2 Altersstruktur und Fluktuation (Kennzahlen) .................................... 100 8.2.3 Alternde Belegschaft .......................................................................... 102 8.2.3.1 Definition „alt“ ........................................................................... 102 8.2.3.2 Vor- und Nachteile von Altersgruppen ....................................... 103 8.2.3.2.1 Ältere Mitarbeiter .................................................................... 103 8.2.3.2.2 Jüngere Mitarbeiter .................................................................. 104 8.2.4 Erfahrungswissen und Risikomanagement ........................................ 105 8.2.4.1 Abteilungsdenken ....................................................................... 105 VIII 8.2.4.2 8.2.5 Identifikation von Schlüsselkräften bzw. -positionen................. 106 Wissensverlust und Wissenssicherung durch Transfer ...................... 107 8.2.5.1 Wissenstransfer ........................................................................... 107 8.2.5.1.1 Bindung an die Person ............................................................. 108 8.2.5.1.2 Dokumentationen ..................................................................... 109 8.2.5.1.3 Besprechungen – Konferenzen - Meetings .............................. 110 8.2.5.1.4 Einführung ins Unternehmen ................................................... 111 8.2.5.1.5 Job-Rotation ............................................................................. 112 8.2.5.1.6 Entwicklungs- und Nachfolgeplanung..................................... 113 8.2.5.1.7 Übergabe im Außendienst ....................................................... 114 8.2.5.1.8 Wissen ist Macht...................................................................... 115 8.2.5.2 Lebenslanger Arbeitsplatz .......................................................... 116 8.2.5.3 Wissensverlust ............................................................................ 116 8.2.6 8.2.6.1 Befristete Verträge ...................................................................... 121 8.2.6.2 Senioritätsprinzip ........................................................................ 121 8.2.6.3 Balanced Scorecard..................................................................... 121 8.2.7 9 Wissensbewertung (Kosten) .............................................................. 119 Eigene Pensionierung ......................................................................... 122 Conclusio ......................................................................................................... 124 9.1 Beantwortung der Forschungsfragen aus der Empirie .............................. 124 9.2 Schlussfolgerungen ................................................................................... 129 9.3 Ausblick..................................................................................................... 131 Anhang ..................................................................................................................... 132 Formelverzeichnis .................................................................................................... 133 Literaturverzeichnis.................................................................................................. 157 IX Abbildungsverzeichnis Abbildung 1: Altersaufbau der österreichischen Bevölkerung am 1.1.2008 ............... 8 Abbildung 2: Der Altersscheren-Effekt (GfAH)........................................................ 17 Abbildung 3: Ergebnis der BCG-Studie „Creating People Advantage“ 2007 ........... 19 Abbildung 4: Ergebnis der BCG-Studie „Creating People Advantage“ 2009 ........... 19 Abbildung 5: Wissen+Können-Treppe ...................................................................... 22 Abbildung 6: Bausteine des Wissensmanagements ................................................... 26 Abbildung 7. KEEP-Prozessmodell ........................................................................... 34 Abbildung 8: „Wissenstreppe“ nach Auer ................................................................. 38 Abbildung 9: Risk Map Detailled .............................................................................. 51 Abbildung 10: Mitarbeiterrisikoportfolio .................................................................. 57 Abbildung 11: The Links in the Service Profit Chain ............................................... 64 Abbildung 12: Der Skandia Navigator ....................................................................... 66 Abbildung 13: Modifiziertes Wissensbausteinmodell nach Probst ........................... 67 Abbildung 14: Perspektiven einer für das Wissensmanagement adaptierten BSC .... 67 Abbildung 15: Integriertes BSC-Wissens- und Risikomanagement-Modell ............. 70 Abbildung 16: Ablaufmodell zusammenfassender Inhaltsanalyse ............................ 87 Tabellenverzeichnis Tabelle 1: Veränderungen der menschlichen Leistungsstruktur im Zeitverlauf ........ 10 Tabelle 2: Formen des organisationalen Vergessens ................................................. 39 Tabelle 3: Personelle Know-how-Risiken ................................................................. 53 Tabelle 4: Theoretical Sampling ................................................................................ 91 X Abkürzungsverzeichnis BCG Boston Consulting Group bmask Bundesministerium Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz BSC Balanced Scorecard CoP Communities of Practice GfAH Gesellschaft für Arbeitsschutz- und Humanisierungsforschung mbH Volkholz und Partner GuV Gewinn- und Verlustrechnung HCROI Human Capital Return on Investment HCVA Human Capital Value Added HEVA Human Economic Value Added HR Human Resource IBAB Innovation, Belegschaftsstrukturen und Altern im Betrieb Jhdt Jahrhundert KPI Key Performance Indikator NOPAT Net Operating Profit After Taxes VVO Versicherungsband der österreichischen Versicherungsunternehmen 1 1 Einleitung „Wenn man genug Erfahrung gesammelt hat, ist man zu alt, um sie [beruflich ausnutzen zu dürfen].“ William Somerset Maugham [1874-1965]; brit. Schriftsteller (Duden 2002, S. 703). Der demografische Wandel und seine Auswirkungen werden seit einigen Jahren auch in der Finanzdienstleistungsbranche thematisiert. Die Diskussionen betrifft hauptsächlich die eigene private Pensions- bzw. Gesundheitszusatzvorsorge, die zu treffen ist, da die staatlichen Pensions- und Versicherungssysteme in naher Zukunft vor der neuen Herausforderung, dem Erhalt der Grundversorgung, stehen (vgl. Wish 2009, o.S.). Ein anderer wesentlicher Aspekt des demografischen Wandels ist das frühzeitig geforderte Ausscheiden von Mitarbeitern im pensionsnahen Alter aus Unternehmen und damit das Vernichten von Erfahrungswissen sowie die Überwälzung der Kosten auf die Allgemeinheit. Diese Maßnahme steht im Konflikt zu einer immer länger geforderten Lebensarbeitszeit, die durch entsprechende Arbeitsplätze gedeckt werden sollte, jedoch durch den Verlust des Erfahrungswissens ein latent verstecktes unternehmerisches Risiko darstellt. Das Interesse für dieses Thema entstand durch langjährige, branchenspezifische Berufserfahrung und dem Erkennen, dass Erfahrung mit steigender Unternehmenszugehörigkeit und steigendem Alter nicht den Stellenwert genießt, den diese eigentlich haben sollte. Das Freisetzen von älteren Mitarbeitern durch Frühpensionierung und die Schwierigkeit mit einem Lebensalter von rund 40 Jahren den Arbeitsplatz (obwohl die geforderte aktive Erwerbszeit für einen gesetzlichen Pensionsanspruch erst zu knapp 45 % geleistet wurde) zu wechseln, stellen eine Herausforderung dar. Speziell hinsichtlich einer monetären Wertzuordnung dem Gut „Wissen“ gegenüber, ist die Tatsache, dass es den lebenslangen Arbeitsplatz quasi nicht mehr geben soll, eine zukünftig zu lösende Aufgabe. Der zusätzliche „War of Talent“ und somit die bessere Beurteilung des steigenden Bildungsniveaus (Vollzeitstudium mit mehreren Auslandsaufenthalten) der wenigen Jungen, die in den Markt drängen, im Gegensatz zur Erfahrung, veranlassen dieses Thema näher zu betrachten. Das Vergessen und Vernichten der Vergangenheit wird immer wieder in diversen Wirtschaftszeitungen und Veröffentlichungen, auch anhand von menschlichen „Schicksalen“, thematisiert. 2 Nicht zu unterschätzen ist auch die wachsende Zahl an Internetplattformen, wie www.kununu.com oder www.kelzen.at, auf denen Mitarbeiter anonym ihre Arbeitgeber bewerten können. Wer dort ein schlechtes Image aufweist (hier gibt es auch Fragen über den Umgang mit Mitarbeiter von 45+), hat auch im Kampf um die besten Talente schlechtere Karten. Der Bezug zur Finanzdienstleistungsbranche wurde deshalb gewählt, weil einerseits in einer Forschungsarbeit ein spezieller Fokus auf einen Teilausschnitt der Wirklichkeit notwendig ist (vgl. Mayer 2008, S. 18), da eine Verallgemeinerung eines Themas auf alle Branchen nicht seriös wäre und andererseits die Finanzdienstleistungsbranche zu den wissensintensiven Dienstleistungsbranchen zählt. Für ein umfassendes Bild wurde die Untersuchung in der Bank- und Versicherungsbranche durchgeführt, da sich beide Bereiche auch hinsichtlich gesetzlicher Grundlagen (Solvency II vs. Basel II) ergänzen. Als Problem der ungenügenden Bedeutung von Erfahrung wurde unter anderem der Punkt der mangelnden monetären Bewertung festgemacht. Aus diesem Grund wurde als Bewertungsmodell das Konzept der Balanced Scorecard gewählt, um deren Möglichkeiten und Grenzen im Zusammenhang mit Wissens- und Risikomanagement auszuloten und um das Thema Personal-Risikomanagement mit seinen wahrscheinlichen Auswirkungen transparent zu machen. 1.1 Zielsetzungen und Forschungsfrage Der Finanzdienstleistungsmarkt befindet sich in einem stetigen Wandel: neue Märkte, zusätzliche Mitbewerber, neue Technologien, schnellere Arbeitsprozesse und gesellschaftliche, politische und rechtliche Einflüsse. Unternehmen und ihre Mitarbeiter sind in Zeiten des Wandels gefordert durch entsprechende Flexibilität und Innovationsfähigkeit, die Wettbewerbsfähigkeit zu erhalten und auszubauen. Die aktuelle Wirtschafts- und Finanzkrise verstärkt diesen Prozess insbesondere hinsichtlich der notwendigen Kosteneffizienz noch zusätzlich. Die demografische Veränderung der Bevölkerungsstrukturen als neue, massive Herausforderung kommt in den nächsten Jahren zusätzlich auf Europa respektive Österreich zu und damit ein Anstieg der Alterung der Gesellschaft und demgemäß des Personals. Der Produktionsfaktor Arbeit wird sich daraus folgend radikal verändern (vgl. Rimser 2007, S. 617). Die Sicherung von unternehmensrelevantem und erfolgskritischem Wissen und damit ein nachhaltiges Management von Erfahrungswissen durch die 3 Veränderung der Mitarbeiter- und Altersstruktur wird stark an Bedeutung gewinnen (vgl. Hergert, Mader 2009, S. 22). Diese Tatsachen sind bereits länger bekannt. Der Kampf um qualifizierte Mitarbeiter hat bereits begonnen, allerdings reagieren die Unternehmen auf eine drohende Überalterung bzw. Verknappung des Potenzials an Arbeitskräften eher abwartend. Das Thema des demografischen Wandels ist normalerweise nicht in der Strategie des Unternehmens verankert. Ein Grund hierfür liegt in der offensichtlich notwendigen Investition (z. B. in Mitarbeiterqualifikation), dessen Ertrag sich nur langfristig zeigt. Gerade in Zeiten der Finanz- und Wirtschaftskrise, wo Kosten (z. B. Personalkosten) eingespart werden, reagieren Unternehmen eher mit Maßnahmen, die sich rasch in der Bilanz zeigen. Vorsorge, die heute nicht für die Zukunft getroffen wird, kann mittel- bis langfristig zu einem hohen Erfolgs- und existenziellen Risiko für ein Unternehmen werden (vgl. Spieß, Lohkamp 2008, S. 20). Ein entsprechender Weitblick ist daher notwendig, um nachstehende Herausforderungen strategisch zu bearbeiten und mögliche Schwachstellen frühzeitig zu erkennen: - Drohender Wissensverlust: Es droht ein nicht wieder gutzumachender Schaden durch hohen Wissensverlust, insbesondere Erfahrungswissen, wenn die „BabyBoom“-Generation in Pension geht. Ihr Wissen muss bereits frühzeitig strategisch erfasst und weitergegeben werden. - Steigendes Pensionsalter mit weiterhin steigender Tendenz, d. h. Unternehmen müssen sich horizontal und vertikal über alle Unternehmensbereiche auf ältere Mitarbeiter einstellen. - Veränderte Lebenseinstellungen: Unternehmen müssen hinsichtlich der Mitarbeiter durch Integration von Work-Life-Balance, Führungs- oder Fach-/ Expertenkarrieren, Familien- und Weiterbildungsplanung flexibel agieren. - Verknappung des Mitarbeiternachwuchses: Schlussendlich wird guter, junger Nachwuchs knapp und nur vorbereitete Unternehmen, die am Markt attraktiv sind (Employer-Branding), werden den „War of Talent“ bzw. „War of Knowledge“ gewinnen (vgl. Spieß, Lohkamp 2008, S. 20). Unternehmen sind heute gezwungen, sich durch neuartige und hochwertige Produkte bzw. Dienstleistungen deutlich von Mitbewerbern zu unterscheiden, um in einem solchen Umfeld wettbewerbsfähig zu bleiben. Es erfordert ein hohes Maß an 4 entscheidendem Wissen. Die Nutzung bestehenden Wissens und die Generierung, der Aufbau und die Verteilung kritischen Wissens sind erforderlich. Damit verbunden sind die Bemühung aussagekräftige Indikatoren und Bewertungsmaßstäbe zur Messung der organisatorischen Wissensbasis zu finden (vgl. Rimser 2007, S. 618). Diese Forschungsarbeit soll einen Beitrag zur Erhöhung des Problemverständnisses der Relevanz für demografische Zusammenhänge in der Finanzdienstleistungsbranche (Bank und Versicherung) und deren langfristige Folgen leisten, um somit einen wertvollen, hilfreichen Nutzen für die Praxis zu erbringen. Die Entwicklung eines adaptierten Modells zur Balanced Scorecard mit Risiko- und Wissensmanagement-Komponenten soll bei der Sichtbarmachung des Wertes „Wissen“ und der finanziellen Folgen Unternehmen unterstützen. Die beschriebene Problemstellung und die persönliche Motivation haben zu folgender Forschungsfrage, die dieser Diplomarbeit zugrunde liegt, geführt: Kann das Modell der Balanced Scorecard im Wissensmanagement die Gefahr bzw. das Risiko des Mitarbeiterausfalls durch den demografischen Wandel (Verlust des Erfahrungswissens) transparent darlegen? Diese Hauptfrage wurde in folgende Unterfragen eingeteilt: - Welches Risiko ist mit dem Verlust von Erfahrungswissen durch Weggang von Experten für Unternehmen verbunden? - Hat Mitarbeiterausfall (frühzeitige Pensionierungen, Kündigungen, zu wenig Nachwuchs) durch demografischen Wandel und dadurch der Verlust des Erfahrungswissens negative Auswirkungen auf das Finanzergebnis, obwohl durch die Reduktion des Mitarbeiterstandes Personalkosten eingespart werden? - Hätte es einen Nutzen, das Wissen bzw. Humankapital objektiv zu bewerten? - Wie könnte eine Bewertung von Wissen bzw. Humankapital aussehen? - Wie kann (Erfahrungs-)Wissen von Mitarbeitern optimal im Unternehmen bewahrt werden? 1.2 Forschungsdesign und Aufbau der Arbeit Um die Forschungsfragen beantworten zu können, wird zuerst eine umfangreiche Literaturrecherche durchgeführt, um die essenziellen Aspekte und Details zum 5 Thema, die in wissenschaftlicher/en Fachliteratur, Zeitschriften und Studien existieren, festzustellen. Bevor in Kapitel 2 der demografische Wandel und seine Auswirkungen für den Erwerb eines Grundverständnisses zur Problemlage behandelt werden, wird die Verankerung der Thematik in der amtierenden Regierung im Punkt 1.3 kurz umrissen. Kapitel 3 erläutert die Grundlagen zum Thema Wissen (Wissensarten) und die Verhinderung des Wissensverlustes durch Teilen und Bewahren. Kapitel 4 beschäftigt sich mit dem Erfordernis des Messens und Managen von Wissen unter dem Gesichtspunkt „Vermögenswert Wissen“. In Kapitel 5 werden die Themen Risiko in der Finanzdienstleistungsbranche und das Know-how-Risiko, um das Bedrohungspotenzial zu ermitteln, behandelt. Kapitel 6 erläutert das Konzept der Balanced Scorecard nach Kaplan und Norton und stellt eine Verbindung zu den Kapiteln Risiko- und Wissensmanagement dar. In diesem Kapitel wird auch der Versuch einer annähernd objektiven Wissensbewertung angestellt. In Kapitel 7 werden die wesentlichen Erkenntnisse aus der Literatur zusammengefasst und in Bezug zu den Forschungsfragen gestellt. Darauf aufbauend wird die Problemstellung (demografischer Wandel, alternde Belegschaft, Risikomanagement, Verlust bzw. Sicherung des Erfahrungswissens, Kennzahlen/Wissensbewertung und Maßnahmen) in der Praxis mit qualitativen Befragungen von Führungskräften bzw. Experten im HR-Bereich in der Finanzdienstleistungsbranche evaluiert. Im Kapitel 8 Empirische Untersuchung erfolgt die Darstellung der Ergebnisse der genannten praktischen Erhebung. In Kapitel 9 Conclusio werden die wesentlichen Erkenntnisse aus der empirischen Untersuchung in Bezug zu den Forschungsfragen gestellt, interpretiert und Schlussfolgerungen abgeleitet. 1.3 Maßnahmen der amtierenden Regierung Die derzeitige Regierung hat den „Nestor Gold“ als Gütesiegel für altersgerechte Unternehmen ins Leben gerufen und erstmals am 26.02.2010 an Unternehmen verliehen, die die Potenziale und Bedürfnisse der älteren Mitarbeiter und den Dialog zwischen den Generationen fördern (vgl. bmask 26.02.2010). Der Begriff Nestor kommt aus der griechischen Mythologie. Nestor war der König von Pylos, der Älteste der Griechen vor Troja und ihr Ratgeber. In unserem Sprachgebrauch wird er 6 als weiser Berater und Ältester verwendet (vgl. Brockhaus 2003, S. 710). Dieses Gütesiegel wird nach Bewerbung und dem Durchlauf eines Zertifizierungsprozesses vom Bundesministerium für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz (bmask) an Unternehmen verliehen, die die Potenziale und Bedürfnisse der älteren Mitarbeiter und den Dialog zwischen den Generationen fördern (vgl. bmask 26.02.2010). „Wir leben in einer alternden Gesellschaft, umso wichtiger ist es, dass wir Rahmenbedingungen schaffen, die es älteren ArbeitnehmerInnen ermöglichen, länger im Beruf zu bleiben. Die ausgezeichneten Betriebe gehen mit gutem Beispiel voran“, so Rudolf Hundstorfer (bmask 26.02.2010). Vorläufer für das Gütesiegel war der Wettbewerb „Nestor“, der von 2004 bis 2007 geführt und jährlich ausgeschrieben wurde. Unternehmen konnten sich durch das Beantworten eines Fragebogens zu Unternehmenskultur und Führungsebene, Personalpolitik, Arbeitsmotivation, altersgerechte Arbeitszeitmodelle und Herausforderung sowie betriebliche Gesundheitsförderung bewerben (vgl. bmask 2007). Aufgrund der Wichtigkeit dieses Themas wurde der Wettbewerb abgelöst und durch eine Zertifizierung in Zusammenarbeit mit Unternehmensberatern als Gütesiegel verankert (vgl. bmask, Werba, 15.02.2010). Rudolf Hundstorfer (bmask, 26.02.2010) ermuntert alle Unternehmen, sich um ein „Nestor Gold“-Gütesiegel zu bewerben, da zukünftig ein altersgerechtes Arbeitsumfeld einen wesentlichen Schlüssel für wirtschaftlichen Erfolg darstellen wird. Die Anstrengungen des bmask zeigen mit der Einführung des Gütesiegels die wirtschaftliche Wichtigkeit der Auswirkungen des demografischen Wandels. Die durchgeführte empirische Studie wird zeigen, ob die Bedeutung des Themas auch in der Praxis angekommen ist. Unter den drei prämierten Unternehmen war kein Unternehmen der Finanzdienstleistungsbranche vertreten. 7 2 Demografischer Wandel „In einer Phase des rasanten Strukturwandels werden einzig und allein die Vorreiter des Wandels überleben [und] als Vorreiter des Wandels brauchen Unternehmen eine Strategie der systematischen Innovation." (Drucker 2007, S. 28–29) Der demografische Wandel stellt nicht nur eine Herausforderung für die Finanzierung des Pensionssystems dar, sondern auch für Unternehmen und ihre Mitarbeiter. Diese müssen sich die Frage stellen, ob sie mit einem steigenden Anteil von älteren Mitarbeitern in einem wissensbasierten Wettbewerb bestehen können und ob der fortschreitende Alterungsprozess, eine Einschränkung der Leistungsfähigkeit der Mitarbeiter hinsichtlich Kompetenz, Produktivität oder Flexibilität mit sich bringen kann. Unternehmen müssen frühzeitig entsprechende Maßnahmen ergreifen, um einerseits Fehlentwicklungen zu vermeiden und andererseits, bedingt durch die Globalisierung und Technisierung, dem raschen Wandel in der Arbeit standhalten zu können. Nach dem Motto „Wer sich nicht anpasst, wird überholt“, erfordert es eine Anpassung der Arbeits-, Innovations- und Personalpolitik in den Unternehmen, da diese in der Vergangenheit meistens auf Jüngere ausgerichtet war und die laufende, sich verstärkende Alterung nicht ausreichend berücksichtigt wurde. Es standen genügend qualifizierte jüngere Arbeitnehmer auf dem Arbeitsmarkt zur Verfügung und staatlich finanzierte Frühpensionierungsregelungen wurden laufend in Anspruch genommen (vgl. Bullinger, Buck 2010, S 17–18). Das Problem eines Fachkräftemangels besteht nicht nur in einer Bildungslücke der Gesellschaft, sondern vor allem auch in einer Weiterbildungslücke der Unternehmen. Die Altersgruppe der 40- bis 50-Jährigen ist in der Vergangenheit in den Unternehmen zu wenig beachtet worden, ihre Ressourcen und die spezifischen Potenziale daher nicht oder nur unsystematisch genutzt worden. Mitarbeiter über 40 Jahre bilden zukünftig die Mehrheit in Unternehmen. Ein Umdenken muss stattfinden und in die Qualifikation dieser Altersgruppe verstärkt investiert werden. Die Herausforderungen sind qualifizierte und leistungsfähige Mitarbeiter zu rekrutieren, diese an das Unternehmen zu binden und die lebenslange Kompetenzentwicklung bei allen bestehenden Mitarbeitern zu fördern und zu fordern, um die Leistungsfähigkeit der „Älteren“ auch nutzen zu können (vgl. Bullinger, Buck 2010, S. 18–19). 8 Gerade in Zeiten einer Finanzmarkt- und Wirtschaftskrise ist es für die unternehmerische Zukunft wichtig, sich für den Aufschwung, der nach einer Tiefphase in aller Regel kommt, mit einer vorausschauenden, strategischen Personalpolitik zu rüsten. Diese ist nicht weniger wichtig als etwa die Kapitalbeschaffung. In diesem Zusammenhang ist auch der Umstand kritisch zu betrachten, dass europäische Unternehmen in der Regel kaum über eine Personalplanung verfügen, die über 18 Monate hinausreicht (vgl. Clement 2010, S. 14). 2.1 Veränderung der Bevölkerungspyramide Wie in Abbildung 1 erkennbar, nennt man die Menschen, die in den 1960er Jahren geboren wurden, die Baby-Boom-Generation. In diesen Jahren nahm die Einwohnerzahl Österreichs um 6 % zu, danach folgte ein Jahrzehnt der Stagnation (+ 1 %). Der Geburtenanstieg in den 1980er Jahren war die Folge dieses Altersstruktureffekts, da die Frauen der Baby-Boom-Generation sich nun im gebärfähigen Alter befanden. Durch den laufenden Rückgang der Kinderanzahl pro Frau fiel dieser nicht so stark aus. Die Zuwanderung (z. B. Kriegsflüchtlinge) trug auch dazu bei, wobei dies in den 1990er Jahren durch restriktive gesetzliche Maßnahmen sehr stark abnahm. Die Wanderungsgewinne nahmen zur Jahrtausendwende wieder zu und wurden zu einer der wichtigsten Komponenten des Bevölkerungswachstums (vgl. Statistik Austria 2008, S. 15–16). Abbildung 1: Altersaufbau der österreichischen Bevölkerung am 1.1.2008 Quelle: Statistik Austria 2008, S. 23. 9 Der Prozess der Alterung bedeutet die Zunahme der Anteile älterer Menschen infolge sinkender Geburtenraten. Durch diesen Effekt wird sich das Durchschnittsalter in den nächsten Jahrzehnten stärker nach oben verändern, während es sich in den vergangenen zwei Jahrzehnten nur wenig erhöhte (vgl. Reiterer 2007, S. 39–40). Die Bevölkerungsstruktur in Österreich zeigt in den letzten Jahren deutliche Anzeichen einer demografischen Alterung, da in vielen Regionen die Zahl bzw. der Anteil der Kinder und Jugendlichen gesunken ist. Die Bevölkerung im Pensionsalter hat im Gegenzug dazu zahlen- und anteilsmäßig stark zugenommen. Dieser Umstand lässt sich auch aus dem Durchschnittsalter der österreichischen Bevölkerung ablesen: Dieser Wert lag zu Beginn der 1970er Jahre bei rund 36 Jahren, heute bei rund 41 Jahren (vgl. Statistik Austria 2008, S. 22). Im Anhang 1, S. 135 findet sich eine Darstellung zum Durchschnittsalter der Bevölkerung Österreichs, aus welcher die Höhe des dessen nicht nur in einzelnen Bezirken Wiens sehr klar hervorgeht, sondern auch ein sehr starkes West-Ost-Gefälle zeigt. Geburtenraten können sich schnell ändern, doch auch wenn sich diese in der entwickelten Welt drastisch nach oben bewegen, dauert es immerhin 15 bis 20 Jahre, bis diese „Babys“ ein für den Arbeitsmarkt anzubietendes Alter erreicht haben. Eine massive und unvergleichliche Zuwanderungswelle wäre lediglich imstande, einen tief greifenden Einschnitt in den Arbeitsmarkt der Menschen im herkömmlichen Arbeitsalter (unter 60 bis 65 Jahren) zu erreichen (vgl. Drucker 1999, S. 69–70). Die Frage nach dem geeigneten Bildungsniveau bleibt allerdings offen. Die Bezeichnung „Ruhestand“ wird zukünftig zwei unterschiedliche Bedeutungen haben. Der Trend in Richtung Frühpension wird sich wahrscheinlich fortsetzen. „Frühpension“ bedeutet zwar für den Menschen, dass er ab einem bestimmten Zeitpunkt das Beschäftigungsverhältnis zu einer Organisation beendet, aber trotzdem weiterhin fähig sein wird, einer Beschäftigung nachzugehen. Dies wird sehr häufig der Fall sein, da sich der Schwerpunkt innerhalb der älteren Bevölkerung weiterhin vom klassischen Arbeiter (der mit den Händen gearbeitet hat) in Richtung Wissensarbeiter verlagern wird. Nach Drucker (1999, S. 73-75) sind die BabyBoomer bereits die erste Altersgemeinschaft, die im Laufe der menschlichen Geschichte innerhalb ihrer Gruppe eine Mehrheit Wissensarbeit anstelle von körperlicher Arbeit leistete. Diese sind folglich nicht durch harte körperliche Arbeit ausgebrannt, haben zum größten Teil ihre physische und mentale Leistungsfähigkeit erhalten können und sind durchaus in der Lage noch eine Arbeit zu verrichten. In 10 Kapitel 4.2.2 Wissensarbeiter, S. 40 wird der Begriff „Wissensarbeiter“ näher definiert, sodass die Behauptung Druckers nicht ganz so bestätigt werden kann. Eine Abschwächung in Richtung „geistiger Arbeit“ ist hier durchaus angebrachter, da nicht jeder Mitarbeiter, der mit dem Kopf arbeitet, automatisch Wissensarbeiter ist. 2.2 Alter und Veränderung der Leistungsfähigkeit Der Alterungsprozess stellt eine differenzierte Entwicklung dar. Die grundlegenden Tendenzen des Wandels der geistigen und körperlichen Fähigkeiten zeigt Tabelle 1, wobei allerdings zu berücksichtigen ist, dass es sich beim Leistungswandel durch Alter nicht um einen homogenen Prozess handelt (vgl. Reindl et al. 2008, S. 23). Tabelle 1: Veränderungen der menschlichen Leistungsstruktur im Zeitverlauf eher zunehmend eher gleich bleibend eher abnehmend Erfahrungswissen Allgemeinwissen Muskelkraft Urteilsvermögen und Informationsaufnahme und -verarbeitung Beweglichkeit sprachliche Gewandtheit Aufmerksamkeit klimatische Anpassungsfähigkeit dispositives Denken Konzentrationsfähigkeit Sehvermögen Selbstständigkeit Lernfähigkeit Hörvermögen Teamfähigkeit Langzeitgedächtnis Tastsinn Genauigkeit Verantwortungsbewusstsein geistige Umstellungsfähigkeit Zuverlässigkeit Geschwindigkeit der Informationsaufnahme u. -verarbeitung Ausgeglichenheit Beständigkeit u. Abstraktionsvermögen menschliche Reife Kurzzeitgedächtnis Sicherheitsbewusstsein Risikobereitschaft Quelle: Reindl 2008, S. 26. In der Altersentwicklung bestehen große Unterschiede zwischen den einzelnen Individuen, wobei generell festgehalten werden kann, dass die Leistungsfähigkeit aufgrund des menschlichen Alters zwar zurückgeht, aber diesem Rückgang mit bestimmten beruflichen und persönlichen Maßnahmen entgegengewirkt werden 11 kann. Es wird nicht nach schonender Arbeit für Ältere gesucht, die in ihrer Leistung beeinträchtigt sind, sondern nach Arbeit, die auch in steigendem Alter durch entsprechende Arbeits- und Lebensbedingungen motivierend, leistungsfördernd und im Ergebnis produktiv ist. Mindere Qualifikation bzw. das Verlernen von Fähigkeiten ist kein Ergebnis des Alterns, sondern fehlender bzw. inadäquater Nutzung der Ressource Mensch. D. h. altersspezifische Leistungsdefizite sind die Folge defizitärer Arbeits- und Lebensbedingungen (vgl. Reindl et al. 2008, S. 23–27). Wenn von „älteren Arbeitnehmern“ die Rede ist, gibt es keine allgemeingültige Angabe darüber, wann man zu den Älteren zählt (vgl. North 2007, S. 18). Die Beurteilung kann nach unterschiedlichen Kriterien erfolgen. Dabei ist die Unterscheidung nach kalendarischem Alter naheliegend, d. h. die Festlegung einer Altersgrenze, ab deren Erreichen Mitarbeiter als älter zu bezeichnen sind. Alter lässt sich objektiv in Zahlen ausdrücken, steht allerdings unabhängig zu anderen wissenschaftlichen Erkenntnissen, wie biologisches Alter oder dem Zusammenhang von Alter und Leistungsfähigkeit, da problem- und personenbezogene Kriterien außer Acht gelassen werden. Zu Beginn der 1980er Jahre galten 60-Jährige als alt, mittlerweile sind es die über 50-Jährigen, wobei ein Alter von 40 Jahren heutzutage auch schon ein Hindernis bei der Arbeitssuche darstellen kann (vgl. Prezewowsky 2007, S. 68). In der Broschüre zum Nestor-Wettbewerb wird explizit angeführt, dass ältere Arbeitnehmer Personen ab 45 Jahre sind (vgl. bmask 2007, S. 4). Die OECD hingegen definiert ältere Mitarbeiter als Personen, die in der zweiten Hälfte ihres Berufslebens stehen, noch nicht das Pensionsalter erreicht haben und gesund sowie arbeitsfähig sind. Diese Definition schränkt deutlich ein. Die Entwicklung eines Menschen ist allerdings während der gesamten Lebensspanne veränder- und beeinflussbar und vollzieht sich in verschiedenen Bereichen der Persönlichkeit und umfasst in jedem Alter Gewinne und Verluste. Aus diesem Grund gibt es keine allgemeingültige Definition älterer Mitarbeiter, da sich die Zugehörigkeit zu den Gruppen „jung“ bzw. „alt“ nach verschiedenen Kriterien richtet und maßgeblich von der Zielsetzung abhängt (vgl. Prezewowsky 2007, S. 68). 2.2.1 Ressource Mensch „Altersdiskriminierung [sind] Vorurteile gegenüber älteren Menschen, vergleichbar mit den negativen Stereotypen bei Rassismus und Sexismus [und] schränkt die Möglichkeiten älterer Menschen ein, isoliert sie und fördert ein negatives Selbstbild.“ (Zimbardo et al. 2004, S. 488). 12 Die logische Konsequenz daraus sind Defizite. Das Defizit-Modell des Alterns, von der Arbeitswissenschaft widerlegt, wird häufig als Legitimation für die Externalisierungspraxis (z. B. Frühpensionierungswellen und damit das Abwälzen der Kosten auf die Allgemeinheit) von Unternehmen verwendet. Es gibt eine Reihe positiver Merkmale älterer Arbeitnehmer, wie der erfahrungsbedingte Umgang mit Arbeitssituationen und soziale Kompetenzen, die insbesondere im Zusammenhang mit führenden Aufgaben, wie leiten, organisieren, planen bzw. kommunizieren verbunden sind. Empirische Studien bestätigen auch, dass mit steigendem Lebensalter, Erfahrung, Gesprächsfähigkeit und Zuverlässigkeit bis zu einem individuellen Maximum erhöht werden können. Älteren Beschäftigten wird dennoch oft eine sinkende Arbeitsproduktivität unterstellt, weil die differenzierte Betrachtung des Leistungswandels im Alterungsprozess nicht berücksichtigt wird. Die IBAB-Studie belegt, dass tatsächlich keine oder nur geringe Zusammenhänge zwischen Alter und Produktivität bewiesen werden können: Mit dem Alter kann nur ein kleiner Teil des individuellen Unterschiedes in sinkender Arbeitsleistung erklärt werden. Die Differenzen zwischen Beschäftigten der gleichen Altersgruppe sind größer als zwischen jüngeren und älteren Mitarbeitern. Die Arbeitsproduktivität kann unter bestimmten Bedingungen sogar über einen langen Zeitraum des Erwerbslebens zunehmen, da sich die persönliche Arbeitsleistung aus Erfahrungen (berufliches und betriebsspezifisches Wissen), Fertigkeiten und anderen Einflussgrößen (z. B. Motivation) zusammensetzen (vgl. Reindl et al. 2008, S. 27–30). Kommt es zu einem altersbedingten Nachlassen der geistigen Leistungsfähigkeit, dann beschränkt sich diese meist auf wenige Fähigkeiten. Intelligenz lässt sich in die beiden Komponenten kristalline und fluide aufteilen. Die kristalline Intelligenz macht die verbale Fähigkeit aus und die fluide Intelligenz das schnelle und gründliche Lernen. Die fluide Intelligenz nimmt mit dem Alter stärker ab (z. B. allgemeine Verlangsamung der Verarbeitungsgeschwindigkeit). Es gehen aber nicht alle Veränderungen in Richtung schlechterer Leistungsfähigkeit, sondern es gibt auch altersbedingte Zugewinne an Weisheit. Weisheit ist die Expertise für die grundlegenden Abläufe des Lebens, wie der Besitz an reichhaltigem Fakten- und prozeduralem Wissen, der Kontextualität über die Lebensspanne, also Wissen über die Begleitumstände des Lebens und deren zeitliche Beziehungen zueinander und dem Wissen über die Unsicherheiten (relative Unbestimmtheit und Unvorhersehbarkeit des Lebens) sowie der Umgang damit. Weisheit wird im Laufe eines langen 13 und reflektierten Lebens erworben. Personen mit einem hohen Maß an Stimulation durch die Umwelt behalten auch ein hohes Maß an kognitiven Fähigkeiten (vgl. Zimbardo et al. 2004, S. 460-461). Das Zusammenspiel aller Komponenten macht es aus. Die Erfahrung, die im Normalfall mit steigendem Alter zunimmt, aber nicht immer mit der Betriebszugehörigkeit, hat einen besonderen Stellenwert, wobei insbesondere die Aspekte der Arbeitsgestaltung entscheidend sind: Erfahrung kombiniert mit einer herausfordernden Tätigkeit oder mit einem Tätigkeitswechsel fördern den Aufbau von Fertigkeiten und Wissen und führt zu höherer Produktivität, eintönig wiederkehrende Tätigkeiten führen im Gegenzug zu einem Abbau. Nicht der natürliche, biologische Alterungsprozess ist das Problem, auch wenn altersabhängige Produktivitäts- und Kompetenzunterschiede festzustellen sind, sondern die Auswirkungen verschiedenartiger Karriereverläufe und damit ungleicher Arbeitsbedingungen, die mit einer verbesserten Arbeitsgestaltung zu individuellen und betrieblichen Produktivitätssteigerungen führen können (vgl. Reindl et al. 2008, S. 27–30). 2.2.2 Alter und Innovationsfähigkeit Die Innovationsfähigkeit ist neben der Produktivität ein wichtiges Merkmal für Unternehmen, die sich in einem wandelnden Umfeld behaupten müssen. Die Meinung, dass sich eine alternde Belegschaft negativ auf die Innovationsfähigkeit eines Unternehmens auswirkt, da der Eingang der neuen Technologien und wissenschaftlichen Erkenntnisse hauptsächlich über junge Mitarbeiter stattfindet, ist weit verbreitet. Wie sich innovative von nicht-innovativen Beschäftigen unterscheiden, lässt sich an keiner Liste über Eigenschaften oder Verhaltensweisen festhalten, d. h. ein- und derselbe Mitarbeiter kann sich in einer Organisation in unterschiedlichen Situationen innovativ oder nicht-innovativ verhalten. Das bedeutet gleichzeitig, dass es hier auch keinen Unterschied zwischen einem jüngeren bzw. einem älteren Mitarbeiter geben kann, da sich beide innovativ verhalten können. „Innovationsfähig“ heißt hier unter der Voraussetzung, dass sie die entsprechenden Kompetenzen erworben haben, sich Neuerungen nicht verschließen und auch die Projekte zu einem erfolgreichen Ende führen. Zur Förderung der Innovation im Erwerbsleben sind neben einer betrieblichen Weiterbildung auch Aspekte der Arbeitsgestaltung entscheidend. Durch die Folgen des demografischen Wandels wird die vorherrschende Strategie, dass Innovation nur mit jungen Mitarbeitern erreicht werden kann, 14 immer weniger haltbar, genauso wenig die Behauptung, dass alternde Belegschaften eine Gefährdung der betrieblichen Innovationsfähigkeit darstellen. Die Innovationsfähigkeit eines Unternehmens wird nicht durch ältere Mitarbeiter verhindert, sondern in den personal- und qualifikationspolitischen Strategien der Firmen. Positive Eigenschaften älterer Mitarbeiter können sich sogar als Vorteil erweisen, da insbesondere die zunehmende inhaltliche und soziale Komplexität betrieblicher Innovation eine entsprechende berufliche Reife und Erfahrung (Wissen über die Unternehmenshistorie) sowie soziale Kompetenzen in zumindest gleichem Maße wie inhaltlich aktuelles Fachwissen benötigt, das sich durch einen entsprechenden Altersmix in Projekten durchaus erreichen lässt. Der demografische Wandel erfordert die Anpassung der Personalentwicklung auf eine altersgerechte und lernförderliche Arbeitsgestaltung (vgl. Reindl et al. 2008, S. 30–31). 2.3 Konsequenzen für den Arbeitsmarkt Im heutigen Wirtschaftsleben arbeiten drei unterschiedliche Generationen gemeinsam an Aufgaben: die Baby-Boomer (1960er Jahrgänge), die Generation X (1970er Jahrgänge) und die Generation Y oder Millennials (1980er bis Mitte 1990er Jahrgänge). Jede Generation hat andere Einstellungen zu Leben und Arbeit und unterscheidet sich in vielerlei Hinsicht, wodurch Verstehens- und Verständnisprobleme vorprogrammiert sind. Das Kennen der Unterschiede zwischen den Generationen und der Charakteristika der einzelnen Altersgruppen ist Voraussetzung, um sie auch richtig nutzen zu können und die Zusammenarbeit aller zu optimieren (vgl. Spieß, Lohkamp 2008, S. 20). Die Arbeitsumgebung und die organisatorischen Abläufe müssen so gestaltet sein, dass ältere und jüngere Mitarbeiter ihre Potenziale an Wissen und Erfahrung und ihre Fertigkeiten einbringen wollen und können. Dazu bedarf es einer laufenden Förderung und Entwicklung und nicht nur einer einmaligen Schulung. Die Förderung darf sich nicht nur auf Führungskräfte bzw. auf den Führungskräftenachwuchs beschränken, sondern sollte gerade auch bei Mitarbeitern der unteren Hierarchieebenen ansetzen, die meistens die Experten verkörpern. Entwicklungschancen dürfen nicht bei einer Altersgrenze von etwa 40 Jahren enden, sondern müssen in der Unterstützung einer realistischen Berufs- und Karriereplanung zur Vermeidung von Demotivation und folglich Leistungseinbußen vor dem 65. Lebensjahr entsprechend begleitet werden. Lernfähigkeit, Wissen und Erfahrung sind die entscheidenden 15 Ressourcen zur Bewältigung technologischer und organisatorischer Veränderungen. Damit das Unternehmen und seine Mitarbeiter maximalen Nutzen aus dem Einsatz der Fähigkeiten und Fertigkeiten erzielen und somit zum Verbleib Einzelner im Unternehmen beitragen können, ist das Kennen der spezifischen Vorteile der Mitarbeiter von großem Vorteil (vgl. Bullinger, Buck 2010, S. 27–28). Aus den dargestellten Konsequenzen des demografischen Wandels ergeben sich unterschiedliche unternehmensspezifische Handlungsfelder, die die unmittelbare Bedrohung mindern, um nachhaltige Wettbewerbsvorteile zu sichern: - Management von erfolgskritischem Wissen durch Vermeidung intergenerativer Konflikte, damit Wissen im Unternehmen fließen kann und Innovationskraft und Qualität positiv beeinflusst werden. - Intergenerative und lebensphasenorientierte Personalentwicklung, um drei Generationen innerhalb der Wertschöpfungskette zu begegnen. - Work-Life-Balance, um das politisch verlängerte Erwerbsleben zu bewältigen, u. a. flexible Arbeitszeitgestaltung und familienfreundliche Arbeitsgestaltung. - Employability Management (Beschäftigungsfähigkeit der Mitarbeiter): ein ganzheitlich integrativer Ansatz zur Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit. - Strategien gegen zukünftigen Fachkräftemangel. - Intensivierung und Anpassung der Aus- und Weiterbildung für alle Generationen. - Betriebliche Gesundheitsförderung (vgl. Rimser 2007, S. 629–630). - Frühpensionierungsmodelle gehören als allgemeine Maßnahme beseitigt, da diese das Beschäftigungsverhältnis mit hohen Kosten zu Lasten der Allgemeinheit beseitigen. Im einzelnen Rationalisierungsfall kann das Modell der Frühpensionierung noch eingesetzt werden, falls andere Lösungen versagen. - Die Altersteilzeit ist eine gute Methode, ältere Arbeitnehmer ins Unternehmen einzubinden, allerdings wirkt diese wie ein Vorruhestand, da sie hauptsächlich als Blockform gewählt wird. Bei diesem Punkt ist v. a. auch die Politik gefordert (vgl. Drewniak, Stein 2010, S. 198). 2.3.1 Besitzstand als Stillstand Gesetze und Kollektivverträge bestimmen in sehr hohem Maße das Arbeitsverhältnis für ältere Arbeitnehmer, da diese in aller Regel, wenn sich Alter und lange Dienstzugehörigkeit decken, besonderen Schutz genießen. Diese Verträge bzw. Regelungen resultieren noch aus einer Zeit des größeren wirtschaftlichen Aufschwungs, wo der 16 Arbeitnehmer mit zunehmendem Alter vor normaler Kündigung geschützt wird bzw. sich seine Bezüge auch ohne eigenes Zutun automatisch mit dem Älterwerden nach oben bewegen (Senioritätsprinzip). Daraus resultieren oftmals die Modelle der Frühpensionierung (durchaus auch bei Mitvierzigern), die sowohl für Unternehmen als auch für Arbeitnehmer auf den ersten Blick sehr attraktiv erscheinen: Die Unternehmen werden einen teuren Mitarbeiter früher los – die Frage ist nur zu welchem Preis - und die zukünftigen Pensionäre können sich früher ihren Hobbys widmen und habe keine finanziellen Einbußen. Anstelle einer sinnvollen Nutzung der Ressource und Förderung der Produktivität werden solche Maßnahmen beschäftigungsfeindlich bei dieser Zielgruppe eingesetzt. Sie erhöhen die Kosten für den Faktor Arbeit und das Risiko für die Einstellung älterer Mitarbeiter. Verantwortlich dafür sind neben den Unternehmen vor allem die Sozialpartner, wie Gewerkschaften und Arbeitgeberverbände, die diese Vereinbarungen seinerzeit entwickelt, aber nie weiterentwickelt haben. Die Errungenschaft dieser Schutzmodelle wird als Besitzstand angesehen, der verteidigt werden muss, ohne dabei die Konsequenzen zu bedenken: Besitzstand als Stillstand. Fehlende Bereitschaft zur Flexibilität ist kein Ausdruck gesellschaftlicher Verantwortung (vgl. Drewniak, Stein 2010, S. 197). 2.3.2 Doppeltes demografisches Dilemma Der demografische Wandel hat neben der Folge der älter werdenden Bevölkerung auch den Effekt des Rückgangs an jüngeren (unter 30-Jährigen) Erwerbspersonen. Bei einer sinkenden jugendlichen Erwerbsbevölkerung stehen Unternehmen vor einem so genannten „ausgetrockneten“ Markt, die besten jungen Arbeitskräfte zu rekrutieren („War of Talent“ oder „War of Knowledge“). Dieser Effekt nennt sich, wie in Abbildung 2 dargestellt, der Altersscheren-Effekt: Der Anteil der über 50Jährigen wird zu einem bestimmten Stichtag höher sein als der Anteil der unter 30Jährigen. Aktuelles Wissen wird zum primären Wertschöpfungsfaktor in Unternehmen und damit die Gefahr durch den demografischen Wandel in der Wissensgesellschaft, diesen Wissenswettlauf mangels frühzeitiger Maßnahmen zu verlieren. Die Angst besteht darin, dass durch den Anstieg an älteren Mitarbeitern (über 50Jährige) die Innovationskraft und die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen gefährdet sein werden (vgl. Rimser 2007, S 626–628). In Anlehnung an Kapitel 2.2.2, S. 13ff soll hier nochmals betont werden, dass durch altersgerechte Personal- 17 entwicklung und durch eine lernförderliche Arbeitsgestaltung dieser Herausforderung strategisch gut begegnet werden kann. Abbildung 2: Der Altersscheren-Effekt (GfAH) Quelle: In Anlehnung an Rimser 2007, S. 627 und Köchling 2000, S. 4 2.3.3 Relevanz der Demografie Die Boston Consulting Group (BCG) hat in Zusammenarbeit mit der European Associations for People Management (EAPM) und der Deutschen Gesellschaft für Personalführung (DGfP) eine Umfrage unter Führungskräften zu den wichtigsten Personalthemen der Gegenwart und der Zukunft durchgeführt. In der Wirtschaft herrschen verschiedene Zyklen vor, die weniger vorhersehbar als Naturereignisse sind, aber sehr wohl planbar. Manager stehen derzeit vor der Herausforderung das Unternehmen erfolgreich durch die Krise zu führen, ohne dabei langfristig den Unternehmenserfolg zu gefährden. Kostenreduktionen, insbesondere durch Stellenabbau, stellen dabei eine Möglichkeit dar, um in der Krise zu überleben. Dabei folgen sie der festen Überzeugung benötigte Mitarbeiter im Aufschwung wieder einstellen zu können. Diese Maßnahmen haben einen massiv negativen Effekt auf das Unternehmensimage und werden wahrscheinlich nicht zum erwünschten Verhalten führen, da Mitarbeiter sich erinnern werden wie sie in einer Rezession behandelt wurden. Wie bereits ausgeführt, werden durch falsche personalpolitische 18 Maßnahmen (Ältere früher in Pension entsenden, zu wenig junger Nachwuchs, bestehende Mitarbeiter erfreuen sich höherer Wechselbereitschaft durch schlechteres Image) Mitarbeiter die knappste Ressource von Unternehmen darstellen. Betriebe werden dadurch nicht in der Lage sein, Fähigkeiten und Talente, die sie zum Erfolg benötigen, in ausreichendem Maße zu rekrutieren (vgl. Strack et al. 2009b, S. 10). Diese BCG-Studie „Creating People Advantage“ wurde bereits zum dritten Mal durchgeführt und zeigt im Vergleich von 2007 und 2009 signifikante Unterschiede in der Bedeutung des „demografischen Wandels“ für die Personalpolitik in Unternehmen (vgl. Strack et al. 2009b, S. 10). In der Studie wird die zukünftige Bedeutung von 21 HR-Themen abgefragt. Abbildung 3 (aus dem Jahre 2007) und Abbildung 4 (aus dem Jahre 2009) zeigen die grafische Darstellung der Ergebnisse. Auf der Y-Achse wird die zukünftige Bedeutung und auf der X-Achse die gegenwärtigen Fähigkeiten zur Bewältigung der Themen aufgetragen. Die Größe der Kugeln zeigt die heutige Bedeutung einzelner Herausforderungen. Hohe zukünftige Bedeutung und geringe Fähigkeiten sind im roten Bereich, Themen mit niedriger zukünftiger Bedeutung und hoher Fähigkeit liegen im grünen Bereich. Vergleicht man beide Abbildungen, zeigt sich, dass das Demografie-Management aktuell unterschätzt wird. Im Jahr 2007 - vor der Krise hatte das Demografie-Management einen hohen Stellwert (roter Bereich), in Zeiten der Krise im Jahr 2009 wanderte es in den gelben Bereich und verliert an Zukunftsbedeutung. Die Fähigkeiten zur Bewältigung dieses Themas wurden in beiden Jahren als gering eingeschätzt (vgl. Strack et al. 2009b, S. 11–12). Auffällig ist, dass im Jahr 2009 die strategische Personalplanung an Zukunftsbedeutung gewinnt und das Talent-Management unverändert hohe Bedeutung hat. Die Vermutung liegt hier nahe, dass das Demografie-Management aus den Gründen gesunken ist, um kurzfristig Personalkosten einzusparen und um das Überleben in der Krise zu gewährleisten. Eine Verbindung zum strategischen Management besteht hier offensichtlich nicht. Die Ergebnisse der Studie 2009 sind für Österreich (vgl. Anhang 2, S. 136), für die Bankenbranche (vgl. Anhang 3, S. 136) und für die Versicherungsbranche (vgl. Anhang 4, S. 138) separat dargestellt worden. Die Erkenntnisse decken sich: Demografie-Management hat an Bedeutung verloren. 19 Abbildung 3: Ergebnis der BCG-Studie „Creating People Advantage“ 2007 Quelle: Strack et al. 2009, S. 14. Abbildung 4: Ergebnis der BCG-Studie „Creating People Advantage“ 2009 Quelle: Strack et al. 2009, S. 14. Entscheidungen von heute haben allerdings weitreichende Konsequenzen in die Zukunft und die Personalabteilung spielt eine kritische Rolle in der Gestaltung der Unternehmenszukunft. Der Umfrage nach planen allerdings nur knapp 15 % der Unternehmen ihr Personal mehr als 36 Monate strategisch in die Zukunft, der Rest weniger, manche sogar weniger als 12 Monate (vgl. Strack et al. 2009b, S. 10). 20 Werden die drei Faktoren, Unternehmensstrategie, erfolgsrelevante Kennzahlen und Personalmanagement, als Eckpunkte eines Dreiecks dargestellt, wird sich in den meisten Unternehmen feststellen lassen, dass es keine Verbindung zwischen ihnen gibt (vgl. Strack et al. 2009b, S. 10). Als Ergebnis der BCG-Studie wurden fünf zentrale HR-Aufgaben erarbeitet (vgl. Strack et al. 2009b, S. 12–13): - Die strategische Personalplanung wird von vielen Unternehmen noch vernachlässigt, obwohl diese die eigentliche Basis für die sinnvolle Ableitung von Personalmaßnahmen darstellt. Mitarbeiter sollten in Jobfamilien eingeteilt werden und die Personalentwicklung soll sich an der Unternehmens-Strategie und den –Zielen orientieren. Eine strategische Planung des Personals gibt gerade in Krisenzeiten wertvolle Hinweise darauf, wo Einsparungen ohne langfristige negative Konsequenzen durchgeführt werden können. - Manager sollen während Restrukturierungsmaßnahmen sowohl die kurz- als auch die langfristigen Auswirkungen von Mitarbeiterreduktionen und dabei auch den zu erwartenden Motivationsverlust der bestehenden Mannschaft berücksichtigen. Es gibt andere innovative Möglichkeiten des Kapazitätsabbaus, um die Rezession zu überstehen und um sich auf ein erneutes Wachstum in einer Konjunkturerholung vorzubereiten. - Einige Unternehmen müssen sich auf einen dauerhaften Wechsel von Umstrukturierung und Wachstum einstellen. Es werden die Unternehmen besser abschneiden, die bei der Einstellung neuer Mitarbeiter, der Weiterbildung und der Bindung bestehender Mitarbeiter gute Ergebnisse erzielen. - In den Betrieben werden bereits zahlreiche Daten und Fakten zu Personal und Personalprozessen gesammelt, aber wirklich Wenige nutzen relevante und klar definierte Key-Performance-Indikatoren (KPIs) und nur Wenige ergreifen daraufhin konkrete Maßnahme auf dessen Grundlage. Um die Produktivität der Mitarbeiter zu beurteilen und das Personalmanagement in die richtige Richtung zu steuern, bedarf es Kennzahlensysteme wie z. B. die Balanced Scorecard. - Bonuszahlungen sollten auf andere Kenngrößen umgestellt werden, die für langfristigen Erfolg stehen. Die Personalabteilung kann in entscheidendem Maße mit den richtigen Instrumenten dazu beitragen, die Führungskräfte in ihrem Streben wesentlich zu unterstützen. 21 Jene Organisationen, die es schaffen, Mitarbeiter über das gesetzliche Pensionsalter hinaus anzusprechen, sie an sich zu binden und ihre Produktivität optimal auszuschöpfen, werden über einen enormen Wettbewerbsvorteil in Zukunft verfügen (vgl. Drucker 1999, S. 73-75). Zusammenfassend soll festgehalten werden, dass der demografische Wandel und seine möglichen Auswirkungen nicht unterschätzt werden dürfen. Bei einem Durchschnittsalter der Bevölkerung von 41 Jahren liegt es auf der Hand, dass diese Bevölkerung immer älter wird und die Bewältigung der zukünftigen wirtschaftlichen Herausforderungen mit diesen Menschen bewältigt werden muss. Innovation ist auch nur dort möglich, wo alte und junge Mitarbeiter zusammenarbeiten. Innovation ist mit Erfahrung allein nicht zu bewerkstelligen, ebenso wenig nur mit dem „neuen“ Wissen. Fordern und Fördern der Mitarbeiter durch lebenslanges Lernen lässt mögliche negative Effekte des Alter(n)s in den Hintergrund rücken und bindet an das Unternehmen. Ältere Mitarbeiter sind die Vorbilder der jungen Generation und wenn diese zufrieden sind, sind es automatisch auch die jüngeren, was deren Unternehmensbindung wiederum stärkt und der Organisation ihren Nachwuchs sichert. 22 3 Wissensmanagement „Forschung ist die Umwandlung von Geld in Wissen. Innovation ist die Umwandlung von Wissen in Geld.“ (North 2005, S. 31). Das Ziel einer wissensorientierten Unternehmensführung ist es, aus Informationen Wissen zu generieren, um dieses in nachhaltige Wettbewerbsvorteile umzusetzen, die als Geschäftserfolge messbar sind bzw. werden (vgl. North 2005, S. 31). Die Wissens+Können-Treppe in Abbildung 5 ist eine Weiterentwicklung der Wissenstreppe nach North (2005, S. 32), die sich auf die individuelle und organisationale Wissensentwicklung anwenden lässt. Wissen hat einen kognitiven/denkenden und einen operativen/handelnden Aspekt: Wissen und Können sowie Kompetenz und Fertigkeit (vgl. Hasler Roumois 2007, S. 36). Abbildung 5: Wissen+Können-Treppe Quelle: Hasler Roumois 2007, S. 37. Wissensmanagement verfolgt demnach das Ziel, vorhandenes Wissen optimal zu nutzen, weiterzuentwickeln, in neue Produkte, Prozesse und Geschäftsfelder zu integrieren. Es umfasst alle Aktivitäten, die mit der Entwicklung, Verteilung und Anwendung von erfolgskritischem und in erster Linie implizitem Wissen in Zusammenhang stehen. Im Zentrum des Wissensmanagements stehen der Mensch und seine Erfahrung. Die Vernachlässigung des in einem Unternehmen vorhandenen Wissens ist mit einer Verschwendung nicht imitierbarer Ressourcen gleichzusetzen (vgl. Sollberger 2006, S. 53–55). 23 3.1 Wissensarten „Wissen bezeichnet die Gesamtheit der Kenntnisse und Fähigkeiten, die Individuen zur Lösung von Problemen einsetzen. Dies umfasst sowohl theoretische Kenntnisse als auch praktische Alltagsregeln und Handlungsanweisungen. Wissen stützt sich auf Daten und Informationen, ist im Gegensatz zu diesen jedoch immer an Personen gebunden. Es wird von Individuen konstruiert und repräsentiert deren Erwartungen über UrsacheWirkungs-Zusammenhänge.“ (Probst et al. 2006, S. 22). Wissen lässt sich in zwei große Gruppen einteilen: dem expliziten und dem impliziten Wissen. Die Unterscheidung geht auf Michael Polanyi zurück, der in den 1960er Jahren den Begriff des „tacit knowledge“ geprägt hat. Die Trennung zwischen explizitem und implizitem Wissen wurde 1995 von Nonaka und Takeuchi in ihrem Werk „The Knowledge-Creating Company“ aufgenommen (vgl. Hasler Roumois 2007, S. 39). 3.1.1 Explizites Wissen Explizites Wissen ist formales Wissen und folglich in grammatischen Sätzen, mathematischen Ausdrücken, technischen Daten, Handbüchern und Ähnlichem artikuliert, lässt sich problemlos am Computer bearbeiten und weitergeben bzw. in Datenbanken speichern. Durch die mögliche Dokumentation dieses Wissens kann es problemlos von Mensch zu Mensch transferiert werden (vgl. Nonaka et al. 1997, S. 8, S. 19). 3.1.2 Implizites Wissen Dem expliziten Wissen steht ein wichtiger Wissenstyp gegenüber: das implizite Wissen, das sich dem formalen sprachlichen Ausdruck entzieht (vgl. Nonaka et al. 1997, S. 8). Der Begriff des impliziten Wissens geht auf den geprägten Begriff „tacit knowledge“ von Polanyi (1985, S. 14) zurück, der in seiner Arbeit ausführt, dass wir mehr wissen, als wir zu sagen in der Lage sind: „I shall reconsider human knowledge by starting from the fact that we can know more than we can tell. This fact seems obvious enough; but it is not easy to say exactly what it means […] we cannot tell how we do this. This very act of communication displays a knowledge that we cannot tell.“ (Polanyi 1966, S. 4-5). Implizites Wissen liegt der Fähigkeit des Menschen zugrunde, ein Problem richtig zu erkennen, dem nachzugehen und sich bei der Lösungsfindung von seinem Orientierungssinn leiten zu lassen und die noch unbestimmten Verflechtungen der erreichten Entdeckung(en) richtig zu antizipieren (vgl. Polanyi 1985, S. 30). Implizites Wissen 24 baut demnach auf Erfahrungen des Einzelnen auf und betrifft schwer fassbare Faktoren, wie persönliche Überzeugungen, Perspektiven und Wertsysteme und wird bislang als entscheidender Bestandteil des kollektiven menschlichen Verhaltens weitgehend vernachlässigt (vgl. Nonaka et al. 1997, S. 8). Das implizite Wissen kann in zwei Dimensionen unterteilt werden: die technische und die kognitive Dimension. Der Begriff Know-how gibt die technische Dimension wieder, die die informellen und schwer beschreibbaren Fertigkeiten umfasst, z. B. etwas „aus dem Effeff“ beherrschen. Die kognitive Dimension besteht aus mentalen Modellen und Vorstellungen, die wir aufgrund der tiefen Verwurzelung für selbstverständlich halten und unsere Wirklichkeitsauffassung (was ist) sowie unsere Zukunftsvision (was sein sollte) widerspiegelt. Sie bestimmt unsere Wahrnehmung der Welt. Während explizites Wissen sich leicht elektronisch verarbeiten und weitergeben lässt, steht der subjektive und intuitive Charakter des impliziten Wissens einer systematischen und logischen Bearbeitung und Weitergabe von erworbenem Wissen im Weg. Um dieses Wissen betrieblich nutzen zu können, muss es in verständliche Worte oder Zahlen umgewandelt werden (vgl. Nonaka et al. 1997, S. 19). Polanyi (1985, S. 53) führt weiter aus, dass implizites Wissen nur in der gleichen Form weitergegeben werden kann wie es aufgefasst wurde: „Bei der Untersuchung der Frage, wie implizites Wissen die Ausführung menschlicher Handlungen versteht, fanden wir, daß das Verstandene diesselbe Struktur aufweist wie der Akt des Verstehens.“ (Polanyi 1985, S. 53). In diesem Zusammenhang werden die Wissensarten Erfahrungswissen und Kompetenz zusätzlich näher betrachtet. 3.1.3 Erfahrungswissen “Es gibt drei Wege zu lernen: „Durch Nachahmung - das ist der leichteste. Durch Nachdenken - das ist der edelste. Durch Erfahrung - das ist der bitterste.‟” (Schneider 2006, S. 27) Unternehmen würden gerne das Erfahrungswissen ihrer Mitarbeiter vollständig einsetzen und vertreten dabei die Meinung, dieses Wissen müsse lediglich expliziert werden, damit es Anderen zur Verfügung stehen kann (vgl. Schulz 2009, S. 16). Erfahrungswissen ist die Grundlage kompetenten Handelns und besteht einerseits aus internalisiertem explizitem Wissen, z. B. prozedurales Wissen, Kenntnissen von 25 Regelwerken, aufgabenbezogener Entwicklungen in der Firmengeschichte, Aufzeichnungen über die Firmenchronik und andererseits aus implizitem Wissen, das kompetentes Handeln ermöglicht, ohne viel überlegen zu müssen, weil es internalisiert ist und in langer Übung konditioniert wurde. Das explizitere Wissen des Erfahrungswissens stiftet dann nachhaltigen Nutzen für ein Unternehmen, wenn es im Handlungskontext einer Aufgabe konkret angewendet werden kann (vgl. Hergert, Mader 2009, S. 22). Erfahrungen sind im praktischen Handeln erworbenes Wissen und damit personengebunden, situativ und schwer formalisierbar. Es stecken Lernprozesse hinter den Erfahrungen, die sowohl bewusst als auch unbewusst ablaufen können (vgl. Schulz 2009, S. 16). Jeder Versuch, Erfahrungswissen zu explizieren und zu systematisieren ist hilfreich, bringt neue Erkenntnisse über Zusammenhänge und hat theoretischen, dokumentarischen oder wissenschaftlichen Wert, kann aber nicht die Erfahrung ersetzen, die mit praktischer Anwendung gemacht wurde. Das theoretische Wissen muss erst mit einem entsprechenden Handlungsbezug ausgestattet und verbunden werden, damit es zu kompetentem Handeln befähigt. Ein Beispiel soll dies veranschaulichen: Ein Verkäufer kennt einen Kunden persönlich sehr gut und steht seit Jahren mit ihm in guter Geschäftsbeziehung. Versuche, alle Handlungen des Verkäufers zu explizieren haben nur beschränkten Nutzen, wenn dieser Mitarbeiter in Pension geht oder das Unternehmen verlässt, da die schriftliche Dokumentation nicht mit konkretem Handlungsbezug versehen ist. Der Vorteil des persönlichen Wissens des pensionierten Mitarbeiters liegt klar auf der Hand, wenn ein neuer Mitarbeiter den Kunden ohne entsprechende persönliche Vorbereitung übernimmt. Erfahrungswissenstransfer mit Hilfe schriftlicher Dokumentation anstelle des eigenen Erlebens ist nicht vergleichbar und daher stark limitiert (vgl. Hergert, Mader 2009, S. 22). 3.1.4 Handlungskompetenz Kompetenz ist eine Kombination aus Faktenwissen und Erfahrungswissen und kann nicht einfach expliziert, dokumentiert oder beschrieben werden. Eine Fertigkeit kann nur schwer sprachlich artikuliert werden, weil sie potenziertes Erfahrungswissen darstellt (vgl. Hasler Roumois 2007, S. 120). Handlungskompetenz kann nicht nur durch das Studium von explizitem Wissen erreicht werden, sondern vor allem von erfahrenen Kollegen im entsprechenden Handlungskontext. Mentoring und Patensysteme in Unternehmen sind erfolgreiche 26 Formen des sogenannten Meister-Schüler-Systems, indem dem Junior ein erfahrener älterer Mitarbeiter zur Seite gestellt wird: Erfahrungswissen entsteht aus Erfahrungslernen im praktischen Umfeld und somit der Erwerb von Handlungskompetenz (vgl. Hergert, Mader 2009, S. 22). Hier sieht man die These von Polanyi (1985, S. 53) bestätigt, dass das Verstandene dieselbe Struktur aufweisen muss wie der Akt des Verstehens, um es weitergeben zu können. 3.2 Wissen: Verlust – Teilen – Bewahren Wissensmanagement hilft Führungskräften dabei, mit der Ressource Wissen besser umgehen zu können. Dazu brauchen sie Methoden, mit denen sie organisationale Wissensbestände lenken und ihre Entwicklung beeinflussen können. Die Bausteine des Wissensmanagements (siehe Abbildung 6) helfen bei der Analyse und lenken die Aufmerksamkeit auf vernachlässigte Problemfelder, um die Aktivitäten im Feld strukturieren zu können (vgl. Probst et al. 2006, S. 25-27). 3.2.1 Bausteine des Wissensmanagements Das Modell wurde auf Basis von realen Problemstellungen in der Praxis erstellt und zu größeren Problemkategorien zusammengefasst. Die sich daraus ergebenden Aktivitäten werden als die Kernprozesse des Wissensmanagements aufgefasst, die mehr oder weniger enge Verbindungen zueinander haben. Interventionen des Wissensmanagements können auch nur in einzelnen Bausteinen erfolgen, diese ziehen aber zwangsläufig Auswirkungen auf andere Kernprozesse nach sich (vgl. Probst et al. 2006, S. 28). Abbildung 6: Bausteine des Wissensmanagements Quelle: Probst et al. 2006, S. 32. 27 Nachstehend werden die einzelnen Bausteine kurz dargestellt: Wissensidentifikation Ziel ist die interne und externe Transparenz über vorhandenes Wissen und beginnt mit der Analyse und Beschreibung des Wissensumfeldes im Unternehmen. Mangelnde Transparenz führt zu Ineffizienz, uninformierten Entscheidungen und Doppelgleisigkeiten (vgl. Probst et al. 2006, S. 29). Wissenserwerb behandelt die Beschaffung von Fähigkeiten aus externen Quellen. Ein sehr oft unausgeschöpftes Potenzial des Wissenserwerbs besteht in der Beziehung zu Kunden, Lieferanten, Konkurrenten und Kooperationspartnern. Know-how, welches man aus eigener Kraft nicht entwickelt, kann durch die Rekrutierung von Experten oder die Akquisition von besonders innovativen Unternehmen eingekauft werden (vgl. Probst et al. 2006, S. 29). Dieser Baustein hat im Zusammenhang mit dem „War of Talent“ Bedeutung. Wissensentwicklung ist ein komplementärer Baustein zum Wissenserwerb und umfasst alle Managementanstrengungen, mit denen sich die Organisation bewusst um die Entwicklung bisher intern noch nicht bestehender Fähigkeiten bemüht (vgl. Probst et al. 2006, S. 29). Wissens(ver)teilung Dieser Baustein behandelt die (Ver-)Teilung von Erfahrungen innerhalb der Organisation und fragt sich, wie sie das Wissen an den richtigen Ort bringen kann. Um vorhandene Informationen oder Erfahrungen für das gesamte Unternehmen nutzbar zu machen, ist (Ver-)Teilung eine zwingende Voraussetzung. Wissens(ver)teilung betrifft den Prozess der Streuung des Wissens innerhalb einer Organisation (vgl. Probst et al. 2006, S. 30). Dieser Baustein wird im Zusammenhang mit dem demografischen Wandel im Kapitel 3.2.3 Wissen (ver)teilen und bewahren, S.31ff ausführlicher betrachtet. Wissensnutzung Der produktive Einsatz (Sicherstellung der Nutzung) organisationalen Wissens zum Nutzen des Unternehmens ist Ziel und Zweck jeder Wissensmanagement-Maßnahme. Mit erfolgreicher Identifikation und (Ver-)Teilung von zentralen Wissens- 28 bestandteilen ist die Nutzung im Unternehmensalltag noch nicht sichergestellt, da eine Reihe von Barrieren überwunden werden müssen (vgl. Probst et al. 2006, S. 30). Wissensbewahrung Fähigkeiten, die einmal erworben wurden, stehen nicht automatisch für die Zukunft zur Verfügung, daher ist die gezielte Bewahrung von Erfahrungen oder Dokumenten sicherzustellen. Viele Organisationen beklagen, dass sie im Zuge von Restrukturierungen einen Teil ihres „Gedächtnisses“ verloren haben, gehen aber dennoch viel zu leichtfertig mit den bestehenden Ressourcen um (vgl. Probst et al. 2006, S. 30). Dieser Baustein wird im Zusammenhang mit dem demografischen Wandel ausführlicher im Kapitel 3.2.2 Wissensverlust, S 29ff näher betrachtet. Die dargestellten Kernprozesse des Wissensmanagements stellen eine umfangreiche Abbildung der operativen Probleme dar, die im Umgang mit der Ressource Wissen auftreten können. Damit Interventionen und Bemühungen im operativen Wissensbereich auch sinnvoll und erfolgreich sind, benötigen sie einen geeigneten Rahmen, d. h., Wissensmanagement muss in die Unternehmensstrategie verankert werden. Dem Konzept werden daher die Bausteine „Wissensziele“ und „Wissensbewertung“ hinzugefügt und bauen es zu einem Managementregelkreis aus (vgl. Probst et al. 2006, S. 30–31). Wissensziele verdeutlichen die Wichtigkeit einer strategischen Ausrichtung des Wissensmanagements und konkreter Zielsetzungen für einzelne Interventionsbereiche. Normative Wissensziele orientieren sich an der Schaffung einer wissensorientierten Unternehmenskultur (z. B. Teilung und Weiterentwicklung der eigenen Fähigkeiten). Strategische Wissensziele definieren das unternehmerische Kernwissen und beschreiben den zukünftigen Kompetenzbedarf. Operative Wissensziele stehen für die Umsetzung des Wissensmanagements und stellen die notwendige Konkretisierung der normativen und strategischen Zielvorgaben sicher (vgl. Probst et al. 2006, S. 30-31). Wissensbewertung Der Prozess der Wissensbewertung schließt den Kreislauf und ermittelt die notwendigen Daten und Kennzahlen, die eine zielgerichtete Steuerung von Wissensmanagementprojekten und –maßnahmen ermöglichen. Bei der Bewertung zeigt sich, welche Qualität die formulierten Zielvorstellungen haben. Da Wissens- 29 manager im Gegensatz zu Finanzmanagern nicht auf ein erprobtes Instrumentarium von Indikatoren und Messverfahren zurückgreifen können, müssen hier innovative, kreative Wege eingeschlagen werden, um die Ressource Wissen und die Maßnahmen darin beziffern zu können. Dies stellt eine essenzielle Voraussetzung für wirksame Kurskorrekturen dar (vgl. Probst et al. 2006, S. 31). Bei der systematischen Umsetzung des Wissensmanagements müssen daher alle sechs Kernprozesse durch die Bestimmung von Wissenszielen und die Durchführung einer Wissensbewertung berücksichtigt werden (vgl. Probst et al. 2006, S. 29, S. 33). 3.2.2 Wissensverlust Wissensverlust ist eine Situation, in der Wissen für die Organisation nicht mehr zugänglich ist (temporär oder auf Dauer) und auf welches sie bis zu einem bestimmten Zeitpunkt Zugriff hatte. Bewusste oder unbewusste Vergessensprozesse, wie (un)beabsichtigtes Löschen von Bestandteilen und dem Vernachlässigen einer notwendigen Bereinigung der organisationalen Wissensbasis, zählen dazu (vgl. Trojan 2006, S. 166). 3.2.2.1 Arten von Wissensverlusten Folgende Ereignisse können zu Wissensverlusten in Zusammenhang mit dem „Wissensspeicher“ Mensch führen: (Früh-)Pensionierungen, unfreiwillige Kündigungen (z. B. aufgrund von Restrukturierungen oder aus wirtschaftlich bedingten Gründen), freiwillige Kündigungen (z. B. aufgrund von Unzufriedenheit mit dem eigenen Arbeitsplatz oder der Wunsch nach Selbstständigkeit), interner Stellenwechsel (freiwillig oder unfreiwillig - durch Zuordnung von Mitarbeitern auf neue oder andere Stellen, die oftmals durch Reorganisationsmaßnahmen ausgelöst werden), Ausscheiden temporärer Organisationsmitglieder (externe Berater oder Mitarbeiter mit zeitlich befristeten Verträgen), temporäre oder dauerhafte Abwesenheit von Mitarbeitern (z. B. Kundentermine, Urlaub, Krankheit oder gar Tod) (vgl. Trojan 2006, S. 167–168). Mitarbeiterfluktuation Mitarbeiterfluktuation kann in vorhersehbar und nicht vorhersehbar eingeteilt werden. Langfristig vorhersehbar sind unfreiwillige Kündigungen, Pensionierungen, die Nichtübernahme von Lehrlingen oder Praktikanten, nicht verlängerte befristete Anstellungen, temporäre Anwesenheiten (z. B. Urlaub, Termine), interner Stellen- 30 wechsel, Job-Rotation und Fusionierungen. Nicht vorhersehbare, es gibt keine Möglichkeit des organisationalen Eingreifens, sind freiwillige Kündigungen und Tod, Krankheit bzw. Unfall. Ausscheidungskosten werden in Bezug auf den einzelnen Mitarbeiter mit dem ein- bis dreifachen Jahresgehalt angenommen. Die direkten Kosten des Ausscheidens eines Mitarbeiters sind sehr gut dokumentiert, die indirekten, wie verminderte Produktivität oder die verursachte Unsicherheit der Nachfolger im direkten Umfeld, können nicht erfasst werden. Die Fluktuation von Experten ist eine wichtige Information zur Beurteilung des zukünftigen Wachstumsund Gewinnpotenzials von Unternehmen (vgl. Trojan 2006, S. 169–170, S. 182). (Früh-)Pensionierungen Aufgrund der zu erwartenden demografischen Veränderung der Erwerbstätigenstruktur werden Pensionierungen der Baby-Boom-Generation ein gravierendes Problem für Organisationen im 21. Jahrhundert darstellen, da dadurch ein erheblicher Wissensverlust entsteht, der nur durch entsprechende Investitionen in Humankapitel wiederaufgebaut werden kann (vgl. Trojan 2006, S. 168–169). Restrukturierungen Restrukturierungen haben einen negativen Einfluss auf die Wettbewerbsfähigkeit von Unternehmen, da damit der Verlust von talentierten Wissensarbeitern, die im Rahmen von Umstrukturierungsmaßnahmen sehr oft eine Organisation verlassen, verbunden ist. Die Neubesetzung führt neben der Störung bestehender Beziehungsnetzwerke zu einer Reduktion der organisatorischen Leistungsfähigkeit mangels Erfahrung und fehlenden organisationsspezifischen Wissens. Diese Auswirkungen werden oftmals unterschätzt und Restrukturierungen oder Outsourcing werden um jeden Preis geplant und durchgeführt, um kurzfristig Kosten einzusparen und das Unternehmensergebnis zu verbessern (vgl. Trojan 2006, S. 171). 3.2.2.2 Folgen von Wissensverlusten Wissensverluste können direkte und indirekte finanzielle Folgen haben. Direkte finanzielle Folgen könnten sein, wenn ein Experte (Schlüsselperson) wieder zurückgeholt werden muss und dafür eine entsprechende hohe Entschädigung verlangt. Indirekte finanzielle Folgen können die Kunden- und Mitarbeiterabwanderung sein. Kunden wandern ab, wenn diese eine stärkere Bindung an den Mitarbeiter als zum Unternehmen haben, was im Finanzdienstleistungsbereich mangels starker 31 Produktdifferenzierung der Fall sein kann. Wenn andere Mitarbeiter abwanderungswillig sind, können diese mitgezogen werden. Image- und Reputationsschäden sind oftmals die Folge. Diese Bedrohung kann für ein Unternehmen im Rahmen einer Risikoanalyse beurteilt werden (vgl. Probst, Knaese 1998, S. 43–44, S. 51). 3.2.3 Wissen (ver)teilen und bewahren Grundlegende Voraussetzung für den Wissenstransfer und die –bewahrung ist das Vorhandensein von Wissen, welches für den potenziellen Nutzer erkennbar und auffindbar ist (Wissensidentifikation). Wissen kann aus internen (Wissensentwicklung) bzw. externen Quellen (Wissenserwerb) stammen. Wissen an die richtigen Stellen zu bringen, wo es dringend gebraucht wird, ist eine der größten und schwierigsten Herausforderungen für Unternehmen (vgl. Probst et al. 2006, S. 141) und hängt sehr stark von den handelnden Individuen ab. 3.2.3.1 Der Transfer von Erfahrungswissen Der Ausdruck „Individuum“ wird aus dem Lateinischen abgeleitet und bedeutet das Unteilbare - der Mensch als Einzelwesen in seiner jeweiligen Besonderheit (vgl. Duden 2003, S. 611). Erfahrungswissen ist an den Menschen gebunden, nicht nur rein implizites Wissen, sondern einzigartiges Wissen (exklusiv und persönlich), da Erfahrungen auf individuellen Erlebnissen und Begebenheiten (eigenen Erinnerungen) basieren, die dann nach einem eigenen mentalen Modell bewertet und interpretiert (gut oder schlecht, durch Selbstbildungsprozesse) werden. Erfahrungswissen ist das Ergebnis des Denkens, Handelns und Fühlens im privaten und beruflichen Alltag (vgl. Ballold 2009, S. 18). Die drei Elemente, Mensch - Organisation – Technik, sind wesentliche Erfolgsfaktoren, um Wissen in einer Organisation zu bewahren. Es muss ein kollaboratives und kooperatives Klima intakter Beziehungen und Netzwerke geschaffen werden, in dem bereitwillig Wissen geteilt wird (vgl. Hergert, Mader 2009, S. 22). Der Mensch ist expliziter Erfolgsfaktor, der sich in der Verankerung von Mentoring durch interne Experten und Wissensträger (Patensysteme, Lernen von Anderen) manifestiert. Ältere, erfahrene Mitarbeiter als Berater oder Trainer für jüngere Mitarbeiter einzusetzen, stellt den persönlichen Transfer von Erfahrungswissen im Anwendungskontext sicher. Die Organisation unterstützt durch Gestaltung von informellen und formellen Netzwerken und einer Kultur des Vertrauens (z. B. 32 gemeinsames Mittagessen, Kaffeeecken, Ganggespräche) oder Fehlerkultur anstelle einer Kontrollkultur. Das Schaffen des organisatorischen Rahmens für den persönlichen Austausch hat einen großen Einfluss auf den Transfer erfolgskritischen Wissens als rein systembasierte Wissensmanagement-Datenbanken. Nachhaltiges Wissensmanagement befasst sich in hohem Maße damit, soziale Netzwerke zu fördern und bestehende aufrechtzuerhalten (z. B. Teambuilding, CoP). Erfahrungen können nur in einem Umfeld entstehen, in dem auch Fehler gemacht werden dürfen, da Lernen aus Erfahrungen, auch Lernen aus Fehlern bedeutet. Der Faktor Technik spielt ebenso eine Rolle in der Wissensteilung, kann aber nie ohne die beiden vorgenannten Faktoren verwirklicht werden. Eine attraktive Software (z. B. ein Wiki) alleine reicht nicht aus, um den Prozess der Wissensteilung und somit -bewahrung in Gang zu setzen. Damit Wissen konsequent abgebildet werden kann, braucht es viele Nutzer und Beiträge, die aber nur von den Wissensträgern selbst kommen können. Wikis (oder auch andere Technologien, wie Podcasts, Videocasts, Foren) brauchen Begleitung. Ein Redakteur, der Wissensträger interviewt und den Inhalt textet sowie dessen Aktualität überprüft, unterstützt solange, bis sie sich zu einem Selbstläufer entwickeln. Ermahnungen oder Deadlines sind hier wenig hilfreich. Selbstläufer werden sie dann, wenn die kritische Menge an relevantem, qualitativ hochwertigem und vor allem aktuellem Content abgebildet ist, der für die Anwender von großem Nutzen ist (vgl. Hergert, Mader 2009, S. 23-24). Standardisierte Formen, wie reine Dokumentationen ohne Handlungsbezug sind für den Erfahrungswissenstransfer nur bedingt geeignet, da diese wenig flexibel sind: Statusbeschreibungen fördern kein Lernen aus Erfahrungen, sondern blasen nur die interne Bürokratie und Kontrollsysteme auf. Sind diese allerdings schon angelegt, dann sind diese auf jeden Fall zu nutzen, um die ewige Neuerfindung des Rades zu umgehen. Die offenen, kollaborativen Formen, wie z. B. Wikis, Foren, Blogs, Chats sind reinen Dokumentationen vorzuziehen, da sie eine soziale Interaktion ermöglichen und daher nicht so starr und unpersönlich sind. Die drei Faktoren, Mensch – Organisation – Technik, können nicht isoliert voneinander betrachtet werden, sondern müssen einander ergänzen (vgl. Ballold 2009, S. 20). Um Erfahrungen in einer Organisation nutzbar zu machen, muss auch das eigene Tun und Handeln hinterfragt werden, da nur allzu leicht aus Erfahrung Routine, aus Routine Gewohnheit und aus Gewohnheit Stillstand wird. Weiterentwicklung steht in 33 sehr engem Zusammenhang zur Veränderungsbereitschaft. Die eigene Bereitschaft zur Weiterentwickelung fördert das Lernen von Anderen (vgl. Ballold 2009, S. 21). Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass mündliche Formen den schriftlichen beim Transfer von Erfahrungswissen immer vorzuziehen sind, da schriftliche Varianten distanziert sind und mündliche Varianten Nähe und Kontakt stiften (vgl. Ballold 2009, S. 20). 3.2.3.2 KEEP-Modell Wichtig ist, nicht festzustellen, was die Mitarbeiter nicht können, sondern was sie können, denn dort bringen sie ihre Fähigkeiten und Potenziale optimal zur Geltung. Erfahrung wächst mit zunehmendem Alter, auch wenn die Jugend flexibel und stürmisch ist, so meistern Ältere hohe Komplexitätsanforderungen souverän und schätzen sich selbst realistischer ein, besitzen eine größere Handlungsökonomie und einen ausgeprägten Sinn für das Machbare. Erfahrungswissen sinnvoll einzusetzen und weiterzugeben soll das Ziel einer jeden Organisation sein (vgl. Ballold 2009, S. 20). KEEP steht für Know-how-, Expertise- and Experience-Preservation (vgl. Abbildung 7, S. 34) und stellt ein Modell der Schaffung von Wissensnetzwerken, die aus identifizierten Wissensträgern (Senioren) und den Nachwuchskräften (Junioren) bestehen, dar. Der Senior hat die Aufgabe, unternehmensspezifisches Wissen, was meistens implizit ist, dem Junior zu übertragen und der Junior, aktuelles, fachliches bzw. auch branchenfremdes Wissen, dem Senior zu vermitteln. Dieses Modell drückt aus, dass eine altersinhomogene Gruppe Vorteile für den Wissenstransfer und die – bewahrung hat und somit auch zur Sicherung des Unternehmenserfolges beiträgt (vgl. Auer, Sturz 2007, S. 109-110). 34 Abbildung 7. KEEP-Prozessmodell Quelle: In Anlehnung an Auer, Sturz 2007, S. 109. Wissen ist wenig greifbar, aber dennoch wertvoll. Spätestens, wenn man neu in ein Unternehmen kommt, merkt man, dass man Wissen aus reinen Dokumentationen nicht erlernen kann. Dokumentationen sind hilfreich, können aber den Austausch mit anderen Menschen nie ersetzen. Wenn ein Mitarbeiter Mitglied einer Organisation wird, dann muss dieser über Brauch und Nicht-Brauch aufgeklärt werden. Erfahrungslernen (Trial and Error) ist wichtig, aber durch reines Beobachten ohne menschlichen Austausch, könnte das genauso fatale Folgen haben, wie das reine Lesen (evtl. veralteter) Dokumentationen. Hohe Zeitverschwendung, eine Menge an unproduktiver Zeit mit hohem (vermeidbarem) Fehlerpotenzial und wahrscheinlich verärgerten Kunden mit einem Imageschaden sind die Folge. Eine entsprechende Einführung und Begleitung kann daher nur durch einen erfahrenen, älteren Mitarbeiter erfolgen, der nicht nur das Fachgebiet, sondern vor allem die Organisation, seine Geschichte und seine Menschen (Kollegen und Kunden) kennt. Nur so ist eine schnelle Anbindung an das Unternehmensgeschehen möglich und eine entsprechende Unternehmensbindung gewährleistet, die in weiterer Folge Fluktuation verhindert bzw. reduziert und somit die Vernichtung von Teilen der organisatorischen Wissensbasis. 35 4 Wissen messen und managen „Thomas, […] einer der Zwölf [Apostel Jünger], war nicht bei ihnen, als Jesus kam. Die anderen Jünger sagten zu ihm: Wir haben den Herren gesehen. Er entgegnete ihnen: Wenn ich nicht die Male der Nägel an seinen Händen sehe und wenn ich meinen Finger nicht in die Male der Nägel und meine Hand nicht in seine Seite lege, glaube ich nicht. Acht Tage darauf waren seine Jünger wieder versammelt und Thomas war dabei. […]. Da kam Jesus, trat in ihre Mitte und sagte: Friede sei mit euch! Dann sagte er zu Thomas: Streck deinen Finger aus - hier sind meine Hände! Streck deine Hand aus und leg sie in meine Seite und sei nicht ungläubig, sondern gläubig! Thomas antwortete ihm: Mein Herr und mein Gott! Jesus sagte zu ihm: Weil du mich gesehen hast, glaubst du. Selig sind, die nicht sehen und doch glauben.“ (Die Bibel 1999, S. 1210). Dieser Auszug aus der Bibel, Johannes 20, wird von Bickmann, Schad (1995, S. 6) als das Thomas-Prinzip in Unternehmen bezeichnet und dient als Beschreibung eines numerischen Verständnisses. Das Thomas-Prinzip bezeichnet die Antwort von Thomas auf die Nachricht von der Auferstehung Jesu. In Bezug auf die Unternehmensführung drückt es Folgendes aus: „Glaube nur an das, was greifbar ist“. Die Erfahrung zeigt, was nicht gemessen werden kann, findet im unternehmerischen Alltag zu wenig Beachtung (vgl. North 2005, S. 3). Beim Setzen von Wissensmanagement-Aktivitäten bzw. beim Versuch der Bewertung von Wissen ist ein wichtiger Erfolgsfaktor, Messverfahren zu Beginn zu entwickeln, die das Kosten-NutzenVerhältnis feststellen können, bzw. Indikatoren für die laufende Überwachung der Entwicklung zu definieren (vgl. CEN ISSS 2004, S. 19–20). Die größte Herausforderung bei der Entwicklung von Messverfahren besteht in der Definition von Ursache-Wirkungs-Beziehungen, um die Bedeutung der Messergebnisse für den Unternehmenserfolg festzustellen und die Verlässlichkeit und den Aussagegehalt der gewonnen Zahlen zu überprüfen. Die Messungen sollten auch mit anderen in der Geschäftswelt etablierten Kennzahlen der Finanzwelt im Einklang stehen (vgl. CEN ISSS 2004, S. 118). Das Messen des Wertes von Wissen kann nicht im buchhalterischen Sinn exakt sein, weil es fast immer wechselseitige Abhängigkeiten zu anderen Aktivitäten gibt und es auch vom Einsatz der Ressource Wissen abhängt. Manches Wissen kann in bestimmten Situationen wertvoll, in anderen wertlos sein. Die Notwendigkeit einer möglichst objektiven Bewertung des Werts von anwendbarem Wissen bzw. der Auswirkungen von Wissensmanagement-Aktivitäten ist unbestritten, weil das intellektuelle Kapitel, wie es viele Organisationen bezeichnen, Auswirkungen auf die 36 zukünftige finanzielle Lage eines Unternehmens haben kann (vgl. CEN ISSS 2004, S. 118–120). 4.1 Problemfelder Der Wert der Wissensbestände wird in Unternehmen unterschätzt. Dies kann aber mit überlebensbedrohlichen Folgen für die Organisation verbunden sein. Unternehmensspezifisches Wissen der letzten Jahrzehnte kann innerhalb von wenigen Minuten verloren gehen bzw. der Konkurrenz zugänglich werden und die Organisation damit an wesentlicher, strategischer Relevanz einbüßen (vgl. Probst, Knaese 1998, S. 20). Als Problemfelder wurden in diesem Zusammenhang die Aussage von Finanzbilanzen und die Wissensbewertung herausgearbeitet. 4.1.1 Aussage der Finanzbilanz Die isolierte Betrachtung der finanziellen Kenngrößen reicht nicht mehr aus, um den wahren Wert eines Unternehmens beziffern zu können. Die Jahrhundertwende hat durch das Platzen der Spekulationsblase (Dotcom-Blase) und die nachfolgende Krise in den Aktienmärkten die Grenzen der traditionellen Analyse- und Bewertungsinstrumente aufgezeigt. Standardisierte Rechnungslegungsmethoden sind unzureichend, da sie fundamentale Werttreiber nicht erfassen (vgl. Auer 2009, S. 10). Ausgangspunkt ist die zunehmende Diskrepanz zwischen dem Marktwert eines an der Börse dotierten Unternehmens und dem in der Finanzbilanz ausgewiesenen Buchwert. Der große Erfolg von wissensintensiven Unternehmen macht die Grenzen der traditionell finanzorientierten Unternehmensbewertung deutlich und es reicht nicht mehr die Bilanzen der Vergangenheit zu analysieren, um eine Prognose über die zukünftige Geschäftsentwicklung anzustellen. Wenn Erklärungen für die große Diskrepanz gesucht werden, sind sich die Unternehmen einig und führen es auf den großen Wert des immateriellen Vermögens zurück, allerdings gibt es am Markt keine verlässlichen Daten über diese Werte. Die Folge sind ausufernde Spekulationen über den tatsächlichen Wert des immateriellen Vermögens (Geschäftsideen, vorhandenes Know-how, Kompetenzen, Beziehungen …), die mit großer Unsicherheit behaftet bleiben (vgl. Alwert et al. 2005, S. 4). 37 4.1.2 Wissen bewerten Neben der Erkenntnis, dass die Finanzbilanz kein brauchbarer Maßstab für die wahre Beurteilung der Vermögenswerte und der zukünftig zu erwartenden Ertragskraft darstellt, gibt es auch darüber hinaus eine Reihe von Problemfeldern, die beim Versuch der Wissensbewertung auftreten (vgl. Probst, Knaese 1998, S. 18): Es wird das Falsche oder Unwichtiges, unter Anwendung des falschen Maßstabes und um des Messens Willens gemessen, d. h. wofür ist nicht bekannt (vgl. Probst et al. 2006, S. 216–217). Das Falsche wird gemessen, weil die Konzentration auf finanziellen Indikatoren liegt, aus denen Ursache-Wirkungs-Zusammenhänge und somit der Einfluss der Veränderung der Wissensbasis nicht deutlich hervorgeht. Es existieren nur interne Indikatoren, aber keine Messgrößen. Die Entwicklung der Wissensressource lässt sich auf diesem Weg im Vergleich zur Konkurrenz nicht feststellen und häufig werden lediglich Inputs (z. B. Ausbildungsaufwand), aber kein entsprechender Output (z. B. Ausbildungserfolg, Nutzen) gemessen (vgl. Probst et al. 2006, S. 216– 217). Indikatoren sind reine Kennzahlen, die ohne inhaltliche Bedeutung und quantitative Zusammenhänge gemessen werden, d. h. es ist nicht bekannt, was gemessen wird. Theoretische Konzepte müssen im Zusammenhang mit den Indikatoren spezifiziert werden, damit eine entsprechende Aussagekraft gewonnen werden kann (vgl. Besozzi, Zehnpfennig 1976, S. 9). Messgrößen hingegen dienen dazu strategische Ziele klar und unmissverständlich auszudrücken, die in weiterer Folge mit Hilfe einer Formel definiert und als Kennzahl dargestellt werden (vgl. Schedl 2002, S. 59, S. 62). Wichtiges wird nicht gemessen, das zeigt die große „Erklärungslücke“ zwischen Markt- und Buchwert. Der Grund liegt darin, dass internes Wissen nicht aktiviert wird und daher verborgen bleibt. Wettbewerbskritisches Wissen wird nicht erkannt, dadurch werden keine hinreichenden Wissensziele formuliert und mit entsprechenden Monitoring-Systemen beschrieben und verfolgt (vgl. Probst et al. 2006, S. 216). Der falsche Maßstab wird angewandt, da tangible und intangible assets mit unterschiedlichen Maßstäben bewertet werden. Quantitative Messgrößen werden dabei bevorzugt, qualitative hingegen vernachlässigt, obwohl diese jedoch aussagekräftiger sein können (vgl. Probst et al. 2006, S. 217). 38 Schlussendlich wird gemessen, aber man weiß eigentlich gar nicht wofür, weil dass, was einfach zu messen ist, gemessen wird, ohne dessen Sinn zu hinterfragen und wofür diese Messergebnisse geeignet bzw. interpretierbar sind. Der Bezug zur aktuellen Unternehmensstrategie fehlt vielfach (vgl. Probst et al. 2006, S. 217). Die Aufzählung dieser Problemfelder im Bereich der Wissensbewertung macht deutlich, dass eine „reflektierte“ Wissensbewertungspraxis wichtig ist, um sicherzustellen, dass man ein tieferes Verständnis für das gewinnt, „was man misst“ oder „was man messen will“ (vgl. Probst et al. 2006, S. 217). 4.2 Intellektuelles Kapital Das intellektuelle Kapital ist das gesamte für ein Unternehmen relevante Wissen. Dazu zählen (vgl. Abbildung 8) die persönliche Ressource des Individuums (das individuelle implizite Wissen) und das Wissen der Organisation (das organisationale explizite Wissen). Das können Patente, Rechte, Unternehmensprozesse oder Routinen sein. Die Organisationskultur und das Beziehungsgeflecht zu Kunden, Lieferanten bzw. Kooperationspartnern (externen Stakeholdern) zählen auch dazu. Es ist ein bestimmender Treiber für den Unternehmenserfolg (vgl. Auer 2003, S. 1). Die Entwicklung und die optimale Nutzung des Wissens der Mitarbeiter sind einige der Herausforderungen für Unternehmen (vgl. CEN ISSS 2004, S. 20). Abbildung 8: „Wissenstreppe“ nach Auer Quelle: Auer 2003, S. 1. 39 4.2.1 Organisationsgedächtnis „Wir wussten doch mal wie das geht, doch nun haben wir es vergessen.“ (Probst et al. 2006, S. 208). Das Organisationsgedächtnis kann als ein System von Wissen und Fähigkeiten beschrieben werden, dass Wahrgenommenes, Erlebtes oder Erfahrenes über den Augenblick hinaus sichert und speichert, um es zu einem späteren Zeitpunkt innerhalb eines Handlungskontextes wieder abrufen zu können. Es ist der notwendige Bezugspunkt für neue Erfahrungen, da ohne Gedächtnis kein Lernen möglich ist (vgl. Probst et al. 2006, S. 201, S. 189). Tabelle 2: Formen des organisationalen Vergessens Quelle: Probst et al. 2006, S. 208. Es gibt mehrere Möglichkeiten von organisationalem Vergessen (vgl. Tabelle 2), wo der „Gedächtnisinhalt“ gelöscht wird und dem Unternehmen unwiederbringlich verloren geht: Mitarbeiter kündigen, eingespielte Teams lösen sich auf, Datenbestände werden durch Hacker-Angriffe oder Virenbefall zerstört oder es werden ganze Funktionsbereiche outgesourct und somit informelle Netzwerke unbedacht zerstört. Die permanente oder befristete Überlastung von Wissensträgern bzw. auch die mangelnde Bereitschaft Erfahrungen an Dritte weiterzugeben, nach dem Motto „Wissen ist Macht“, sind Formen des organisationalen Vergessens. Ereignisse dieser 40 Art reduzieren die kollektive Erinnerung auf Zeit oder auf Dauer (vgl. Probst et al. 2006, S. 208, S. 190). Die besondere Bedeutung des organisatorischen Gedächtnisses wird oft betont, doch der bewusste Umgang mit der eigenen Vergangenheit spielt in vielen Fällen nur eine untergeordnete Rolle (vgl. Probst et al. 2006, S. 189). Die geschichtlichen Erfahrungen einer Organisation sind sehr tief verankert, auch wenn sie sich dem Auge des flüchtigen Betrachters entziehen, da viele organisatorische Routinen, gewisse Prozesse vollkommen automatisch und ohne Reflexion ablaufen und beibehalten werden (vgl. Probst et al. 2006, S. 201, S. 196). Die Weiterentwicklung der organisationalen Wissensbasis ist nur in Bezug auf das alte, vorhandene Wissen möglich, da alte Erfahrungen nicht von neuem Wissen überschrieben und damit gelöscht werden. Es werden alte Regeln neu markiert und kommen unter neuen, aktuellen Umständen nicht mehr zur Anwendung, stehen aber als Handlungsoption weiterhin zu Verfügung und erhöhen den Handlungsspielraum eines Unternehmen in einem sehr bewegten Umfeld (vgl. Probst et al. 2006, S. 191– 192). Die Verbindung von neuem und altem Wissen ist die Basis für die möglichen Innovationen eines Unternehmens. Da das spezifische Wissen eines Unternehmens zu einem beachtlichen Teil in den Köpfen der Mitarbeiter gespeichert ist, sind sie Produzenten und Inhaber immaterieller Vermögenswerte. Je höher die Bedeutung des organisationalen Wissens für die Wertschöpfung eines Unternehmens ist, umso wichtiger wird auch die intellektuelle Arbeit hoch qualifizierten Personals: Diese werden Wissensarbeiter genannt, die im nachstehenden Kapitel näher erläutert werden (vgl. Probst et al. 2006, S. 18-19). 4.2.2 Wissensarbeiter „Wissen ist etwas, was seinen Ort […] zwischen zwei Ohren hat und nicht zwischen zwei Modems.“ (Malik, o.Jg., S. 1). Das wertvollste Kapital des 20. Jahrhunderts waren die Produktionsmittel, im 21. Jahrhundert sind es die Wissensarbeiter und ihre Produktivität. Die Herausforderung besteht darin, die Produktivität der Wissensarbeiter zu erhöhen, was aber in den meisten Fällen einen tief greifenden Wandel des Verhältnisses zwischen Unternehmen und Mitarbeiter und der Aufgabenstellungen erfordert. Der Wissensarbeiter wird nur dann erfolgreich für eine Organisation tätig sein, wenn er vom Unternehmen wegen seines Wissens als Vermögenswert und somit durch entsprechende 41 Maßnahmen gebunden und nicht als reiner Kostenfaktor gesehen und behandelt wird. Der Wissensarbeiter ist im Gegenzug zum Industriearbeiter im Besitz seiner Produktionsmittel und somit mobil und es steht auch nicht mehr die Art und Weise der perfekten Erledigung einer Arbeit im Mittelpunkt, sondern die Erfüllung einer Aufgabe, die zum Unternehmenserfolg beitragen soll. Der Wissensarbeiter handelt wirtschaftlich, da er die Verantwortung für Qualität und Quantität unter der Berücksichtigung von Kosten und Zeit übernimmt. Das Unternehmen muss lediglich die Voraussetzungen schaffen, dass die Aufgabe erfüllbar ist, z. B. durch höhere Entscheidungskompetenz, autonomes Agieren, fortlaufender Lernmöglichkeit und Selbstmanagement (vgl. Drucker 2007, S. 30–31). Wissensarbeit selbst umfasst auch wiederkehrende Aufgaben geringer Komplexität (Routineaufgaben), da nur das die Generierung von Wissen und wissensintensiven Produkten und Dienstleistungen sicherstellt. Wissensarbeit wird dennoch als jene Tätigkeit definiert, die überwiegend und explizit auf die Generierung neuen Wissens ausgerichtet ist (vgl. Pernicka et al. 2010, S. 32). Größte Herausforderung für Unternehmen ist es, Wissensarbeiter (oder auch Schlüsselmitarbeiter) und ihre kritischen Fähigkeiten sorgfältig zu identifizieren und zu evaluieren, dann langfristig zu binden, egal in welchem Alter sie sich befinden. Das kann nur durch den Einsatz innovativer Personalmanagement-Maßnahmen gelingen. Individuelle Entwicklungsmöglichkeiten und die Sinnfindung im Rahmen der Organisation stehen dabei im Mittelpunkt. Eine konsequente Wissensorientierung und die Frage, welches Wissen überhaupt für den Erfolg relevant ist, stellt eine Herausforderung für verändertes Management-Denken im 21. Jahrhundert dar (vgl. Probst et al. 2006, S. 20). Die Mitarbeiterstruktur, die demnächst in Pension geht, hat über ihr langes Berufsleben ein enormes Wissen angesammelt. Damit hier nicht das gesamte Wissen verloren geht, muss jeder Strategie und damit der Zuteilung der Ressourcen eine demografische Analyse und Prognose frühzeitig zugrunde gelegt werden (vgl. Drucker 2007, S. 25). 4.2.3 Mitarbeiterstruktur bei Finanzdienstleistern Da die empirische Untersuchung in der Finanzdienstleistungsbranche durchgeführt wird, muss vorab auch die Mitarbeiterstruktur von Banken und Versicherungen erläutert werden. Insgesamt wurden drei Gruppen identifiziert. 42 4.2.3.1 Außendienst-Mitarbeiter Außendienstmitarbeiter sind Angestellte eines Unternehmens mit flexiblen Arbeitszeiten bzw. Home-Office, die Kunden eigenverantwortlich vor Ort betreuen und beraten und ihr erster Ansprechpartner sind. Diese Mitarbeiter sind zum größten Teil für den Vertriebserfolg eines Unternehmens verantwortlich, aber auch erste Adresse für Beschwerden. Vielfach haben sich schon Teams im Vertrieb gebildet, die sich gegenseitig im Falle von Urlaub und Krankheit vertreten. Zur Unterstützung stehen in manchen Bereichen auch Vetriebsinnendienstmitarbeiter zur Verfügung. Bezahlt werden sie zu einem großen Anteil erfolgsabhängig (vgl. Ackerschott 2002, S. 47-48). Sie sind Problemlöser, Partner und Koordinator des Kunden. Die Zeiten des rein produktzentrierten Verkaufs sind vorbei. Der Außendienst- oder Vertriebsmitarbeiter muss ein Problem des Kunden lösen, und dazu muss er seine Situation verstehen und (er)kennen. Erst danach ist er in der Lage mit den vom Unternehmen angebotenen Produkten die Zufriedenheit des Kunden herzustellen. Es ist eine WinWin-Situation für beide anzustreben, da sich nur so eine langfristige und lohnende Kundenbeziehung herstellen lässt. Bei Abwicklungsproblemen ist er Ansprechpartner, da er die Abläufe des Unternehmens im Hintergrund am besten versteht und koordinieren kann. Bei größeren Kunden kann er sich Unterstützung aus der Hierarchie holen, um besseren Verhandlungsspielraum zu haben. Aus Sicht des Unternehmens ist der Außendienstmitarbeiter für die Kundenbindung (das Halten lohnender Kunden) mitverantwortlich, die eine wesentliche Voraussetzung für den langfristigen Erfolg ist. Nicht jeder Kunde ist bindungswürdig, aber bei manchen, insbesondere strategisch wichtigen (Groß)Kunden, ist es notwendig, da das Unternehmen sonst einen irreparablen Schaden erleiden würde. Da der Vertriebsmitarbeiter direkt beim Kunden vor Ort ist, ist er auch der Erste, der über Trends, neue Entwicklungen und Aktivitäten von Mitbewerbern erfährt. Diese Informationen müssen in strukturierter Form an Abteilungen im Innendienst (z. B. Marketing) weitergegeben werden, um darauf mit entsprechenden Maßnahmen zu reagieren bzw. für die Zukunft zu planen (vgl. Ackerschott 2002, S. 45-46, S. 68). 4.2.3.2 Innendienst-Mitarbeiter Der Innendienst-Mitarbeiter ist das Bindeglied zwischen Kunde, Außendienstmitarbeiter und Unternehmen. Der Innendienst hat im Gegensatz zum Außendienst relativ fixe Arbeitszeiten (meist Gleitzeit) und verfügt über vielfältige Aufgaben: 43 vertriebliche Aufgaben in Kundenservice-Centern, Auftragsabwicklung, IT-Support, Marketing, Controlling, Unterstützung Vertriebsleitung etc. Sein Gehalt ist seltener erfolgsabhängig, es sei denn er nimmt Vertriebs- oder Führungsaufgaben wahr (vgl. Czech-Winkelmann 2003, S. 73–74, S. 68). Die engen traditionellen Grenzen zwischen Innen- und Außendienst vermischen sich immer mehr. 4.2.3.3 Key-Account-Manager Ein Key-Account-Manager ist dem Außendienstmitarbeiter ähnlich, beschäftigt sich allerdings nur mit Schlüsselkunden (Großkunden), die eine besondere Form der Betreuung oder spezielles Fachwissen benötigen. Oftmals begleiten Key-AccountManager bei speziellen Anliegen Außendienst-Mitarbeiter zu Kundenterminen. Das Einkommen ist zu einem bestimmten Anteil nach erfolgsrelevanten Kriterien gestaffelt (vgl. Ackerschott 2002, S. 49, S. 68). In der Praxis haben sich verschiedene Modelle entwickelt. Der Kundenbetreuer in der Versicherungsbranche ist der klassische Außendienstmitarbeiter, der auch nach entsprechenden Umsatzvorgaben entlohnt wird. In der Bankbranche sind die Kundenbetreuer organisatorisch dem Innendienst zugeordnet. Bei Direktbanken finden sich andere Formen der Kundenbetreuung, die auf selbstständiger Basis (z. B. als Makler) für diese Organisation tätig sind. Manchmal verschwimmen die Grenzen, wenn Versicherungen mit Banken kooperieren, da Produkte an den Kunden unternehmensübergreifend vermittelt werden. Wissensarbeiter bzw. Schlüsselarbeitskräfte können in allen drei Bereichen angetroffen werden. Aufgabe des Unternehmens ist es, diese zu identifizieren und an die Organisation zu binden, um Wissensverluste vorzubeugen bzw. bei geplanter Pensionierung für einen zeitgerechten Wissenstransfer zu sorgen. Kapitel 5.5 Analyse des Bedrohungspotenzials, S. 54ff, behandelt eine Möglichkeit der Bewertung von Humankapital. 4.3 Wertschöpfung durch Wissensmanagement Die Dimensionen Finanzen, Innovation, Prozesse, Kunden und Mitarbeiter stehen in direktem Zusammenhang mit dem intellektuellen Kapital eines Unternehmens. Es beinhaltet das Wissen der Mitarbeiter/Experten, Daten und Informationen über 44 Prozesse, Wissen über Produkte, über Kunden, Mitbewerber, Patente und Lizenzen. Das intellektuelle Kapital führt zur Wertsteigerung der Organisation und schafft kommerziellen Wert. Der Wert kann zwar als einfache Orientierung aus der Differenz zwischen Markt- und Buchwert abgelesen werden, allerdings nicht die Werttreiber der Veränderung. Die direkte Investition in Wissen bzw. Maßnahmen zu Wissensmanagement führen langfristig zur Kostenminimierung und erhöhten Erträgen. Unternehmen sind in der Lage schneller neue Produkte und Dienstleistungen zu entwickeln und auf den Markt zu bringen, wenn sie es schaffen, Wissen effizient zu entwickeln, zu teilen und anzuwenden. Da Wissen in allen Prozessen eine wichtige Rolle spielt (Produktentwicklung, Marketing, Verkauf, Kundenbetreuung etc.) kann Wissensmanagement die Prozesse effektiver und effizienter machen. Wissen über den Kunden durch Erkennen und Lösen eines spezifischen Problems kann zu einem besseren Verständnis der Kundenwünsche und somit zu einer Stärkung des Kundenbeziehungskapitals führen. Wissen mit Kunden zu teilen führt nicht nur zu besseren Kundenbeziehungen, sondern kann direkt für das Unternehmen genutzt werden, um zukünftige Kundenprobleme noch besser zu lösen. Viele Mitarbeiter sind als Wissensarbeiter anzusehen. Mit entsprechenden Wissensmanagement-Maßnahmen können sie ihre Talente besser entfalten und sich weiterentwickeln. Ein Arbeitsumfeld, in dem es Spaß macht zu arbeiten und wo Lernen und der Austausch von Wissen mit Kollegen, Partnern und Kunden formell wie informell möglich ist, fördert die Produktivität. Das Humankapital kann somit effektiv weiterentwickelt und nutzbringend für die Organisation eingesetzt werden. Kurz- bzw. mittelfristig zeigen Investitionen in intellektuelles Kapital selten Auswirkungen auf das Geschäftsergebnis. Kurzfristige Erfolge tragen wenig zur langfristigen Positionierung der Organisation bei. Das Bewerten des intellektuellen Kapitals bedeutet auch festzustellen, welchen „greifbaren“ Wert der Mitarbeiter und sein Beitrag zur langfristigen Überlebensfähigkeit des Unternehmens hat. Eine Unterstützung durch die richtige Kultur, Technologie und Geschäftsprozesse ist dabei das Um und Auf (vgl. CEN ISSS 2004, S. 119–120). 45 5 Risikomanagement „Risk is the sugar and salt of life.“ (Professor Gordon C. A. Dickson) (Romeike, Müller-Reichart 2008, S. 52). Risikomanagement wäre ein sinnloses Unterfangen, wenn man alles zur Glücksache erklären würde, weil die Wahrheit durch das Trennen der Phänomene von den Ursachen nicht nachvollziehbar wird. Hat jemand Pech, dann liegt es oft in der Natur, dass diese Person für das Geschehene von jeglicher Verantwortung „freigesprochen“ wird. Hat jemand Glück, wird oftmals die entsprechende Anerkennung für das Bemühen, das den positiven Ausgang bewirkt haben könnte, verweigert. Ob das Ergebnis dem Schicksal oder einer persönlichen Entscheidung entsprungen ist, bleibt allerdings unklar. Ein Unternehmen muss hingegen eine Unterscheidung in Geschehen, die wahrhaft zufällig passieren und Geschehen, die nach dem Gesetz von Ursache und Wirkung zustande kommen, treffen können. Wird ein Risiko eingegangen, dann baut dieses auf einem Resultat auf, das aus einer Entscheidung, die bewusst getroffen wurde, hervorgegangen ist, auch wenn nicht mit Sicherheit zu Beginn festgestellt werden kann, wie das Resultat tatsächlich aussehen wird. Für das Risikomanagement ist es entscheidend, dass jene Bereiche maximiert werden, in denen die Organisation einen eigenen Einfluss auf das Ergebnis haben kann und gleichzeitig die Bereiche minimiert werden, die ohne jedes Zutun, Einfluss auf das Ergebnis haben, wo also der Zusammenhang zwischen Ursache und Wirkung verborgen ist (vgl. Bernstein, Beckmann 2004, S. 248). Die Zukunft bringt Unberechenbarkeit und eine Reihe von Unsicherheiten mit sich, z.B. Kriege, Wirtschaftskrisen oder Kursschwankungen an der Börse. Aus der unmittelbaren Vergangenheit lässt sich selten ablesen, was die Zukunft bringen wird. Treten gewisse Erscheinungen auf, dann sind diese jedes Mal eine Überraschung. Wird allerdings im Nachhinein die Geschichte der Vorkommnisse erforscht (Ursache-Wirkung), scheint die Quelle der Unberechenbarkeit zugänglich. Es ist dann kaum begreifbar, dass das Problem niemand frühzeitig erkannte. Die Erfahrung in der Geld- und Finanzpolitik zeigt, dass Geldwerte steigen und fallen können und dennoch herrscht große Überraschung, wenn Kurse fallen, obwohl diese einige Jahre davor nur einen Aufwärtstrend verzeichneten (vgl. Bernstein, Beckmann 2004, 46 S. 421–422). Die derzeitige Wirtschafts- und Finanzkrise zeigt genauso große Parallelen zu vergangenen Krisen. Risikomanagement liegt in der Verantwortung der Führung eines Unternehmens und ist ein Führungsinstrument, dass die Risiken, die die Zielerreichung maßgeblich gefährden, identifiziert, bewertet, überwacht und frühzeitig bewältigen soll (vgl. Brühwiler 2001, S. 9). Die drohenden Gefahren und die möglichen Risiken für den Geschäftserfolg eines Unternehmens lassen sich grundsätzlich aus dem Zielsystem ableiten und aufzählen. Es ergeben sich vier Gefahrengebiete für ein Unternehmen: Strategische Bedrohungen, Bedrohungen aus der Führung und den personellen Ressourcen, operative Bedrohungen aus dem Leistungserstellungsprozess und Bedrohungen aus der Finanzierung (vgl. Brühwiler 2001, S. 51). 5.1 Risikobegriff allgemein Der Begriff Risiko hat sich seit dem 16. Jahrhundert für alle Arten von Gefährdungen eingebürgert. Risiko lässt sich für negative Folgen aus den Begriffen riza (griechisch = die Wurzel, über die man stolpern kann) bzw. ris(i)co (italienisch = die Klippe, die es zu umschiffen gilt) herleiten. Die Wurzeln des Risikobegriffs betonen aber auch eine positive Komponente: die chinesischen Schriftzeichen für Risiko „Wei-ji“ enthalten die Zeichenbestandteile für Chance und Gefahr. Somit fällt auch die positive Abweichung eines erwarteten Zielzustandes unter den Risikobegriff (vgl. Romeike, Müller-Reichart 2008, S. 47–48). Risiko wird wie folgt definiert: „Risiko ist die Abweichung eines Ergebnisses von seinem erwarteten Wert. Für die Einstufung eines bestimmten Ereignisses als »Risiko« kommt es also nicht darauf an, dass es ein »negatives«, »unerfreuliches« Ereignis ist, sondern dass es nicht »erwartet« wurde.“ (Romeike, Müller-Reichart 2008, S. 52). Wenn wir allerdings heute von Risiko sprechen, wird weitläufig darunter die Gefahr eines Vermögensverlustes damit antizipiert (vgl. Probst, Knaese 1998, S. 24). Um die genannte Definition1 zu erfassen, ist es sinnvoll zwischen Risiken in einem finalen und in einem kausalen Sinne zu unterscheiden, da sich UrsacheWirkungsbeziehungen über mehrere Stufen erstrecken können. Risikowirkungen im finalen Sinne betreffen immer die Finanz-, Ertrags- und Vermögenslage eines Unter1 Risiko wird in der ÖNORM 4900 genau definiert. 47 nehmens. Risikowirkungen im kausalen Sinne oder Risikoursachen bzw. -auslöser können vielfältig klassifiziert werden: Umfeldrisiken und Branchenrisiken, unternehmensstrategische Risiken, leistungswirtschaftliche Risiken, Personalrisiken (z. B. Ausfall von Schlüsselpersonen, Risiken der Personalbeschaffung, Risiko in der Personalstruktur), informationstechnische Risiken, finanzwirtschaftliche Risiken und Risiken durch eine unzureichende Nutzung von Erfolgspotenzialen (vgl. Denk et al. 2008, S. 29-30). Die isolierte Betrachtung und Absicherung von Einzelrisiken ist nicht das Ziel bei der Entwicklung von Risikomanagementsystemen, sondern der ganzheitliche, holistische Ansatz, also das Management aller betrieblichen Risiken. Risikoziele sind dabei in die Unternehmensziele zu integrieren. Die Identifikation und Bewertung von Risikointerdependenzen stehen dabei im Mittelpunkt. Darauf ausgerichtete Maßnahmen dienen zur Verbesserung der Risikosituation des Unternehmens. Ziel ist es eine Balance zwischen Risikoniveau und Risikotragfähigkeit einer Organisation zu schaffen und daraus die Optimierung von eingegangenem Risiko und realisierbarer Renditeerwartungen der Eigentümer sowie einen Ausgleich zwischen Risiko- und Chancenpotenzial zu erreichen (vgl. Denk et al. 2008, S. 34). 5.2 Risikobegriff der Finanzdienstleistungsbranche Finanzintermediäre, wie Banken und Versicherungen, die als Pioniere bei der Anwendung eines unternehmensweiten Risikomanagements angesehen werden (vgl. Denk et al. 2008, S. 34), stellen wie bereits erwähnt einen Schwerpunkt dieser Arbeit und der nachfolgenden empirischen Untersuchung dar. Folgende Risikokategorien fallen in den Risikokatalog von Banken und Versicherungen: Marktrisiko (u.a. Zins-, Währungs-, Aktienkurs-, Volatilitätsrisiko), Kreditrisiko (u.a. Ausfallsrisiko, Bonitätsverschlechterungen), Investitionsrisiko, Liquiditätsrisiko, versicherungstechnisches Risiko, Matching-Risiko (z. B. bei Lebensversicherern – Kapitalanlagensteuerung) Rückversicherungsrisiko, Risiko durch lang dauernde Verträge und frühzeitige Stornierungen, operationales bzw. operationelles Risiko (u.a. Risiko interner Verfahren, Menschen und Systeme, Rechtsrisiko), Fixkostenrisiko (u.a. unerwarteter Rückgang an Erträgen), Immobilienbewertungsrisiko, Beteiligungsrisiko, strategisches Risiko (Risiko des Nichterreichens langfristiger Unternehmensziele infolge inadäquater strategischer Entscheidungen/Kontrolle/Umsetzung) und das Reputationsrisiko (Risiko der Verschlechterung der Reputation bei internen und 48 externen Stakeholdern) (vgl. Denk et al. 2008, S. 88–89 und Romeike, MüllerReichart 2008, S. 69–70). Bei Betrachtung der eben getätigten Ausführungen lässt sich feststellen, dass der Faktor Mensch im operationellen Risiko Berücksichtigung findet. Das strategische Risiko und das Reputationsrisiko werden nicht in Bezug zum Menschen gesetzt. Aus dem Gesichtspunkt des demografischen Wandels sind aber auch diese beiden Risikobereiche (auch in gegenseitiger Beeinflussung) von besonderer Wichtigkeit. 5.2.1 Risiko im Bankwesen Basel II dient der Erhöhung der Stabilität des internationalen Finanzsystems durch die risikoabhängige Eigenkapitalunterlegung bei Krediten, die ausdrückliche Berücksichtigung operationeller Risiken, die Stärkung der Rolle der Finanzmarktaufsicht und die erhöhte Markttransparenz. Das Regelwerk wurde 2004 veröffentlicht und erlangte mit 2007 nach Umsetzung ins nationale Recht Gültigkeit. Es ist eine Erweiterung von Basel I aus dem Jahre 1988, welches wegen der laufenden Entwicklungen des Bankgewerbes überarbeitet wurde (vgl. OENB, o. S.). Die Erfahrung hat gezeigt, dass eine risikogerechte Eigenmittelausstattung die Solvenz einer Bank und die Stabilität des gesamten Bankensystems allein nicht sicherstellen kann. Mit Basel II wurde ein auf drei Säulen beruhender Ansatz entwickelt: Mindestkapitalanforderungen, bankaufsichtliche Überprüfung, Marktdisziplin. Die Säule der Mindestkapitalanforderungen beinhaltet das Kredit-, Markt- und operationale Risiko. Das operationale Risiko ist in seiner Natur ganz anders als das Kredit- und Marktrisiko und viel schlechter fassbar, weil hier Aktivitäten innewohnen, die oft nicht bewusst eingegangen werden, aber dennoch unvermeidlich auftreten. Die Konzepte zur Abgrenzung, Quantifizierung und Steuerung des operationalen Risikos sind im Vergleich zu den anderen Risikokategorien noch lange nicht so weit entwickelt, können aber auch signifikante Verluste für Banken bedeuten und existenzbedrohend sein (vgl. OENB b, o.S.). Das operationale Risiko wird wie folgt definiert: "Operationelles Risiko ist die Gefahr von Verlusten, die in Folge der Unangemessenheit oder des Versagens von internen Verfahren, Menschen und Systemen oder in Folge externer Ereignisse eintreten. Diese Definition schließt Rechtsrisiken ein, beinhaltet aber nicht strategische Risiken oder Reputationsrisiken." (FMA, o.S.). 49 Eine Analyse eines veröffentlichten Dokumentes aus dem Jahre 2005 der Österreichischen Nationalbank und der Österreichischen Finanzmarktaufsicht (2005, S. 88– 93) bietet einen umfassenden Einblick in die Ausgestaltung des operationalen Risikos. Darunter fallen kriminelle Handlungen von Mitarbeitern, Fehlleistungen, unzureichende Personalressourcen, Krankenstände, Kündigungen, Managementrisiken und die Identifikation von Schlüsselpersonen (Key Playern). Unzureichende Personalressourcen werden als besonderes Risiko festgehalten, da durch unzureichende Sachkenntnis, Zeitknappheit und damit zusätzlichem Druck die Gefahr der Erhöhung von Fehlern besteht. Unterbesetzungen in Bereichen oder Abteilungen kommen in Folge übergroßen Geschäftswachstums oder durch Einsparungsmaßnahmen zu Stande. Krankenstände und Kündigungen müssen in der Personalbedarfsplanung Berücksichtigung finden. Es findet allerdings nur die Bezeichnung „kurzfristig“ Anwendung. Kündigungen führen demnach nur zu kurzfristigen Personalressourcenproblemen. Die Gefahr, dass spezielle Kenntnisse und Fähigkeiten, unter Umständen durch Kündigung auch dauerhaft verloren gehen, und somit wichtige Geschäftsfälle liegen bleiben, findet Erwähnung. Das Managementrisiko wird dem strategischen Risiko zugeordnet und explizit erwähnt, dass es kein operationales Risiko im Sinne von Basel II ist. Da es aber hohes Schadenspotenzial haben kann und darf es auf keinen Fall vernachlässigt werden. Schlüsselmitarbeiter (Key Player) verfügen über exklusives Wissen und Kenntnisse, die bei Ausfall und unzureichender Dokumentation ihres Wissens zu einem Engpass (Urlaub, Krankenstand, Kündigung) führen können. Die Identifikation dieser Personen ist notwendig, damit geeignete Vertretungsregelungen geschaffen werden können oder durch anreiz- und motivationstheoretische Ansätze dem Verlust solcher Personen vorgebeugt werden kann (vgl. OENB und FMA 2005, S. 88–93). Zusammenfassend lässt sich sagen, dass das Risiko von Mitarbeiterausfällen und dem damit verbundenen Verlust von Kenntnissen und Fähigkeiten im Rahmen des operationalen Risikos bei Banken Raum gewidmet wird. Da die Bedeutung strategischer Risiken zu wenig Beachtung findet und auch der Zusammenhang zum demografischen Wandel nicht thematisiert wird, liegt die Vermutung nahe, dass Kredit- und Marktrisiken nach wie vor den Hauptstellenwert im Risikomanagement einer Bank einnehmen und das operationale Risiko hauptsächlich im Bereich von kriminellen Handlungen und kurzfristigem Personalausfall Berücksichtigung findet. 50 5.2.2 Risiko im Versicherungswesen Das Kerngeschäft der Versicherungswirtschaft ist die Übernahme von Risiken gegen eine bestimmte Prämie (vgl. Romeike, Müller-Reichart 2008, S. 47). Da die Anfänge der Risikoübernahme bis zur Seefahrt ins 14. Jhdt. zurückgehen, hat die Versicherungsbranche eine sehr lange Tradition bezüglich der Bewertung und Übernahme von Risiken (vgl. Romeike, Müller-Reichart 2008, S. 29). Die Fähigkeit liegt allerdings nicht im unternehmensweiten Risikomanagement, sondern auf dem Gebiet der (nicht) versicherbaren Risiken, obwohl Ansätze für ein unternehmensweites Risikomanagement zu finden sind (vgl. Brühwiler 2001, S. 117–118). Das Risiko besteht in der Gefahr des Verlustes an ökonomischen Werten und Vertrauen in das Finanzsystem, welche schwerwiegende realwirtschaftliche Auswirkungen nach sich ziehen können. Eine mangelnde (Ausfall oder Nichtvorhandensein) Rückversicherungsdeckung kann z. B. zu einer Beeinträchtigung der wirtschaftlichen Tätigkeit bis hin zum Zusammenbruch eines Erstversicherers mit schwerwiegenden gesamtwirtschaftlichen Folgen führen (vgl. Romeike, Müller-Reichart 2008, S. 69-70). Solvency II, die neuen Eigenmittelvorschriften wurden 2001 von der EU als Projekt initiiert, da die Kapitalmarktkrise vor einigen Jahren Schwächen im systematischen Umgang mit Risiken bei der Vermögensveranlagung gezeigt hat. Es soll ein neues Solvabilitätssystem bringen, das die Risiken eines Versicherers sehr stark und umfassend, realistisch und zeitnah darstellt und mit ausreichend Eigenkapital unterlegt. Solvency II ist im Aufbau Basel II sehr ähnlich, allerdings mit einer stärkeren Koppelung der Solvenzausstattung an das Risikoprofil des Versicherers mit dem Ziel einer „angemessenen“ Abbildung der Risiken im Versicherungsgeschäft, Stabilität und Sicherheit in der Branche und somit hohe Sicherheit für Versicherungsnehmer. Die drei Säulen umfassen die Überwachung der Finanzmittel, die qualitativen Anforderungen an interne Risikomanagementsysteme und Publizitätserfordernisse und Markttransparenz (vgl. VVO 2006, o.S.). Folgende Risiken werden auf Basis dieser Rahmenrichtlinie berücksichtigt: versicherungstechnische Risiken (Nichtlebens-, Lebens- und Krankenversicherungsrisiko), Markt- und Kreditrisiken sowie operationelles Risiko, inkl. Rechtsrisiken exkl. strategischer Risiken bzw. Reputationsrisiken (vgl. Romeike, Müller-Reichart 2008, S. 72). Solvency II ist für die Versicherungswirtschaft ein großer Schritt und geht weit über die bisher angewandten Methoden der Risikobewertung hinaus und bedeutet auch mehr Aufwand. Allerdings werden Unternehmen mit gut diversifizierten Portfolios und einem effi- 51 zienten Risikomanagement, die die Risikoexponiertheit der Unternehmen reduzieren, mit dem Vorhandensein von weniger Eigenkapital entschädigt (vgl. VVO 2006). Die Ursachen für (Beinahe-) Zusammenbrüche in der Versicherungswirtschaft liegen häufig im Bereich der operationellen Risiken als auch im Bereich der strategischen und versicherungstechnischen Risiken. Der Sharma-Report, der 2002 veröffentlicht wurde und unter anderem eine Grundlage für Solvency II darstellt, kommt zum Ergebnis, dass Risikoereignisse selten auf singuläre Ursachenkategorien zurückzuführen sind. Der Sharma-Report unterteilt die Risiken auf höherer Ebene in interne und externe Risikoursachen (vgl. Abbildung 9) und untergliedert dann in weiterer Folge. Eine detaillierte Risikokategorisierung ist unumgänglich, da ohne diese keine adäquate Eigenmittelunterlegung berechenbar ist bzw. identifizierte Risiken zu steuern sind (vgl. Romeike, Müller-Reichart 2008, S. 63). Im Sharma-Report (2002, S. 77) wird das interne Management- und Personalkompetenzrisiko wie folgt beschrieben: „The risk that management, staff or other ‚insiders„ lack the skills, experience or other personal or professional qualities to enable them perform their tasks adequately and successfully. It includes the risk of over-reliance on one or more persons, (“key person risk”).“ Abbildung 9: Risk Map Detailled Quelle: Sharma Report 2002, S. 22. 52 Es wird empfohlen, die Schlüsselpersonen und deren Rollen und Verantwortlichkeiten zu definieren. Das Outsourcen von Schlüsselfunktionen und das Fehlen notwendiger Kompetenzen wird im Speziellen als Risiko behandelt und den Pfeilen in Abbildung 9 vom internen Risiko folgend, kann es indirekte Auswirkungen auf das Finanzergebnis haben (vgl. Sharma-Report 2002, S. 31, S. 37, S. 61). Demografischer Wandel wird im Sharma-Report selbst nicht behandelt und bei Eingabe des Begriffs auf der Homepage des VVO findet man nur die Thematisierung im Zusammenhang mit Versicherungsprodukten, wie z.B. Pensions- und Pflegevorsorge (vgl. VVO o.J.). Auch hier kann zusammenfassend festgestellt werden, dass in der Versicherungsbranche der Stellenwert der versicherbaren Produkte unter dem Gesichtspunkt des demografischen Wandels nach wie vor Priorität hat. 5.3 Know-how Risiko (Wissensrisiko) Die Schwächen im Umgang mit Wissen werden speziell bei einem Mitarbeiterverlust sichtbar. Das implizite Erfahrungswissen von Führungspersonen und Experten muss in der Organisation bewahrt werden. Dokumentationen sind ein Versuch, aber kein Allheilmittel, da dieses explizite Wissen oftmals durch den Weggang des Kompetenzträgers nicht mehr in vollem Umfang genutzt werden kann, weil der konkrete Anwendungsbezug vielfach fehlt. Dennoch müssen Nachfolger Projekte weiterführen, interne und externe Kontakte im persönlichen Netzwerk aufrechterhalten und kritische Prozesse nahtlos fortsetzen. Unternehmen müssen daher in der Einarbeitungszeit neuer Mitarbeiter nicht nur das explizite Wissen übergeben, sondern auch das Erfahrungswissen und das ist nur möglich, wenn der Übergebende noch im Unternehmen tätig ist (vgl. Ackermann 2009, S. 44). „Mit zunehmender Einarbeitung nehmen Menge und Wert des Erfahrungswissens immens zu. Umgekehrt verhält es sich hingegen mit dem expliziten, dokumentierten Wissen; es nimmt oft mit wachsender Unternehmenspraxis kontinuierlich ab.“ (Ackermann 2009, S. 44). Know-how-Risiko bedeutet, dass Unternehmen einen Verlust an immateriellem Vermögen, das als Vermögensgegenstand (Know-how-Kapital = Humankapital und strukturelles Kapital) zu betrachten ist, erleiden. Know-how ist eine zentrale Ressource wissensintensiver Organisationen und der Verlust kann in akuten Fällen, sogar existenzgefährdende Auswirkungen für ein Unternehmen haben. Ein solcher Kapitalverlust tritt ein, wenn kritisches Wissen ungewünscht oder unfreiwillig 53 abfließt, vernichtet wird, durch Fehlallokation, Substitution oder Nichtnutzung verloren geht. Aus diesem Grund ist eine adäquate Risikopolitik unerlässlich (vgl. Probst, Knaese 1998, S. 27). Da das Know-how direkt an Personen gebunden ist, spricht man in diesem Zusammenhang auch von Personalrisiken. Dazu zählen neben dem Ausfall von Schlüsselpersonen, auch die Personalbeschaffung und Personalstruktur-Risiken. Zu den Personalstruktur-Risiken lässt sich der demografische Wandel (Altersmix) subsumieren. Tabelle 3 zeigt Beispiele und Auswirkungen von personellen Know-how-Risiken, denen mit entsprechenden Personalentwicklungs- und -anpassungsmaßnahmen entgegenwirkt werden kann (vgl. Denk et al. 2008, S. 30). Tabelle 3: Personelle Know-how-Risiken Personelle Know-how Risiken Beispiel Auswirkungen Schlüsselpersonen verlassen das Unternehmen - Konkurrenz-Abwerbung - Eigene Unternehmensgründung - Erreichen des Pensionsalters (demografischer Wandel) - Gesundheit / Unfall - Unternehmensübernahmen - Unzufriedenheit und Unstimmigkeiten Verlust an Know-how-Kapital, das für den Wettbewerbserfolg des Unternehmens entscheidend ist Demotivation anderer Mitarbeiter Manipulation durch andere Kollegen Zerstörung einer positiven Wissensteilungskultur Kriminelle Delikte Manipulation von Rechnungslegungssystemen Imageverluste, Gewinneinbußen Nachlassen der Mitarbeiterleistung, nicht volle Ausschöpfung Mitarbeiter ist in seiner Tätigkeit unter- bzw. überfordert Know-how wird nicht adäquat genutzt Qualifikationsdefizite und Wissenslücken Risikobeurteilung wird nicht richtig erkannt Gewinneinbußen, da schlechte Risiken eingekauft wurden Blindes Vertrauen in Expertenfähigkeiten Blendung des Managements mit Scheingewinnen Existenzgefährdung, Imageverluste Über- oder Unterinvestition in Ausbildungs- und Schulungsmaßnahmen - Seminarveranstaltungen, die dem Unternehmen keinen direkten Nutzen bringen - Fehlende IT-Schulungsmaßnahmen - Einführung neuer Produkte ohne Verkaufsschulung - Know-how-Kapital geht verloren, wenn Neuerlerntes nicht angewandt werden kann - Bereichsweise Wissensvernichtung durch fehlerhafte Anwendung - Verärgerung von Kunden Unbefriedigende Nachfolgerund Stellvertreterregelung Übergabeprozesse finden zeitverschoben oder unter Zeitdruck statt Ineffizienter Wissenstransfer Quelle: In Anlehnung an Probst, Knaese 1998, S. 52. 54 Strategische Überlegen müssen sich verstärkt auf den effektiven Umgang mit der wertvollen Ressource Wissen und v.a. mit deren Bewertung (Transparenz von Wissensbeständen und –defiziten) konzentrieren, um das Wissensrisiko zu bestimmen und in weiterer Folge zu reduzieren. Dies ist besonders im Finanzdienstleistungssektor offensichtlich, da Risiken zunehmend wissensbasiert sind (vgl. Probst, Knaese 1998, S. 21–22). Die Abhängigkeit von einzelnen Wissensträgern (Wissensarbeitern) machen Unternehmen verletzlich und begünstigen auch opportunistisches Mitarbeiterverhalten, das wiederum ein neues Know-how-Risiko mit sich bringt: die Vorenthaltung von Wissen, Wissensentzug durch Kündigung wichtiger Know-howTräger oder auch die Schlechtleistung trotz hinreichender Qualifikation. Das verlustbedrohte Wissen ist rein personengebunden, da es sich in den Köpfen der Mitarbeiter befindet und das kann bei Verlust nur sehr schwer ersetzt werden (vgl. Probst, Knaese 1998, S. 28). Für eine erfolgreiche Risikopolitik ist daher die Bewusstmachung des vorhandenen Risikophänomens bei allen Führungs- und Durchführungsprozessen erforderlich, um schlussendlich zu einer risikobewussten Unternehmensführung zu gelangen (vgl. Probst, Knaese 1998, S. 32). 5.4 Frühwarnsystem Ein Frühwarnsystem ist eine organisatorisch verankerte laufende Beobachtung und Analyse von definierten Beobachtungsobjekten (Frühwarnindikatoren), die das Ziel verfolgen, Veränderungen (z.B. Risiken, Schwachstellen, drohende Fehlentwicklungen) frühzeitig zu identifizieren. Qualität und Aktualität sind hier von großer Bedeutung. Frühwarnindikatoren und deren Werttreiber sollen eindeutig interpretierbar, für den betroffenen Chancen-/Risikobereich vollständig erfasst, rechtzeitig und effizient verfügbar sein und Gefährdungen frühzeitig anzeigen. Neben vorhandenen Zielwerten müssen auch Schwellenwerte für mögliche Unter- bzw. Überschreitungen definiert und nachfolgende Prozessschritte bei Abweichungen ausgearbeitet werden (vgl. Denk et al. 2008, S. 94). 5.5 Analyse des Bedrohungspotenzials „Die Information, die du hast, ist nicht die Information, die du gern hättest. Die Information, die du gern hättest, ist nicht die Information, die du brauchst. Die Information, die du brauchst, ist nicht die Information, die du dir beschaffen kannst. Die Information, die du dir beschaffen kannst, kostet mehr, als du zahlen willst.“ (Bernstein, Beckmann 2004, S. 253). 55 Um das Bedrohungspotenzial für Unternehmen erkennen und bewerten zu können, sind entsprechende Informationen notwendig, die kostengünstig beschaffbar sind und hohen Nutzen stiften (Probst, Knaese 1998, S. 53). 5.5.1 Möglichkeiten der Risikoermittlung Es gibt vielfache Möglichkeiten, das Know-how-Risiko eines Unternehmens zu ermitteln: Fluktuationsrate, Wissen und Fähigkeiten, Arbeitszufriedenheit und Motivation, Produktivität, Beförderungs- und Versetzungsfähigkeit sowie Schulungs- und Trainingsmaßnahmen (Probst, Knaese 1998, S. 53). Die Fluktuationsrate ist ein wichtiger Faktor, um den schwankenden Personalbestand messen zu können, allerdings ohne Frühwarncharakter. Eine hohe Fluktuationsrate kann besonders gefährlich werden, wenn austretende Mitarbeiter über schwer zu ersetzendes Wissen verfügen. Wissen und Fähigkeiten sind die Voraussetzung zur Durchführung von Tätigkeiten, wobei diese bei starken Routinetätigkeiten sinken und teilweise sogar durch die Technologie ersetzt werden können. Mit sinkender Routinetätigkeit steigen die Anforderungen an die Person und der Anteil an nicht kodifizierbarem, implizitem Mitarbeiter-Know-how. Diese Fähigkeiten entwickeln sich oftmals zu Kernkompetenzen, verhelfen dem Unternehmen zu einem Wettbewerbsvorteil und sind schwer ersetzbar. Die Faktoren Arbeitszufriedenheit und Motivation spielen unter Know-how-Risikogesichtspunkten eine wichtige Rolle. Das Risiko der Abwanderung wird umso geringer sein, je wohler sich Mitarbeiter in ihrer Arbeitsumgebung fühlen (z. B. Führungsstil, Arbeitsbedingungen, Bezahlung, Aufgabengebiet…). Motivationsförderlich wirken auch adäquate Aufstiegsund Karrierechancen. Wenn Talente und Qualifikationen von Mitarbeitern nicht herausfordernd genutzt werden, kann es zu einer negativen Abweichung der erwarteten Produktivität kommen. Schulungs- und Trainingsmaßnahmen, die unternehmensspezifisch sind und nicht zu Produktivitätssteigerungen in anderen Unternehmen führen, haben ein geringeres Know-how-Risikopotenzial. Die Wirkung auf die Motivation muss allerdings im Auge behalten werden (vgl. Probst, Knaese 1998, S. 53-55). 5.5.2 Wertklarheit Know-how Damit ein Unternehmen in der Lage ist, das Humankapital und das damit verbundene Risiko zu messen, muss Klarheit über den Wert des Mitarbeiter-Know-hows 56 bestehen. Um aber zu den o.a. Determinanten passende, aussagekräftige Kennzahlen ermitteln zu können, muss Können und Nicht-Können der Mitarbeiter bekannt sein. Diese lässt sich in Form von Checklisten und einem anschließendem Ranking bzw. eines Clustering erreichen. North, Reinhardt (2005, S. 50-51) haben Modelle zur Kompetenzmessung entwickelt. Im ersten Schritt müssen die Fähigkeiten der Mitarbeiter erfasst werden, wobei dies nur sinnvoll ist, wenn es Teil eines Gesamtkonzeptes zum Kompetenzmanagement ist, da die Entwicklung von Kompetenzen der Mitarbeiter keine statische Angelegenheit ist. Es handelt sich um eine erste Identifizierung verfügbarer Stärken, die auch zeitliche Aspekte berücksichtigen muss (Status-Quo und Soll-Perspektive). Die Kompetenzen lassen sich wie in Kapitel 3.1.4 Handlungskompetenz, S. 25 in Fach-, Methoden- und Sozialkompetenz einteilen. Probst, Knaese (1998, S. 62) ergänzen diese noch um das implizite Wissen (Beziehungs- und Erfahrungswissen) und Kauffeld et al. (2007, S. 231) um die Selbstkompetenz, die Eigenverantwortung und Veränderungsbereitschaft ausdrückt. Wildmann (2001, S. 9–13) entwickelte das „7-Kompetenzmodell“ mit jenen Kompetenzen, mit denen Mitarbeiter ausgestattet sein sollten, um erfolgreich sein zu können: Allgemeinbildung, Fach-, Sozial-, Methoden- und IT-Kompetenz, Interdisziplinarität sowie Internationalität. Allgemeinbildung ist Grundlagenwissen, v.a. Sprach-, Verständigungs- und Reflexionsfähigkeit. Fach- oder Kernkompetenz ist Vertiefungswissen durch Schwerpunktsetzung in manchen Bereichen oder auch Spezialistentum. Methodenkompetenz beinhaltet die Problemlösung, die im Gegenzug zum klassischen Auswendiglernen an Bedeutung gewinnt. Sozialkompetenz und emotionale Intelligenz ist die Beziehungsfähigkeit und Herzintelligenz, die auch als Türöffnerfunktion in die Welt der beruflichen Arbeit und Karriere bezeichnet wird. IT-Kompetenz ist die Computer-, Internet- und multimediale Vernetzungskompetenz, die Kennzeichen der Wissensgesellschaft sind. Es sind mittlerweile selbstverständliche Bildungsinhalte und in der modernen Kommunikation nicht mehr wegzudenken. Interdisziplinarität oder Vernetzungskompetenz ist die Beschäftigung mit anderen grenzüberschreitenden Wissensgebieten, also die Kommunikation und Kooperation mit Menschen anderer Abteilungen (Teamfähigkeit und Vernetzungskompetenz). Die Internationalität oder Globalität, die sich im engeren Sinn im Erlernen von Fremdsprachen und im weiteren Sinne durch das Verstehen und Erfahren von interkulturellem Leben und Management ausdrückt (vgl. Wildmann 2001, S. 9–13). 57 Die Beurteilung dieser Kompetenzen soll auf Fremd- und Selbsteinschätzung beruhen, damit nicht nur Stärken, sondern auch Potenziale ermittelt werden (vgl. North, Reinhardt 2005, S. 55-56). Auf dieser Grundlage lassen sich Kompetenzprofile erstellen, die als Basis für die weitere Beurteilung von Mitarbeitern bzw. Gruppen eines Unternehmens herangezogen werden können. Das dreistufige Expertisemodell nach North, Reinhardt (2005, S. 52-55) bildet hier einen guten Ausgangspunkt: Sie teilen die Mitarbeiterkompetenzen in Kenner, Könner und Experten ein. Hier lassen sich durchaus andere Bezeichnungen finden, wie z.B. AB-C-Modell. Kenner (C-Mitarbeiter) kennzeichnen sich durch geringes theoretisches Wissen, erste Praxiserfahrungen und keine kompetenten Lösungsstrategien aus. Könner (B-Mitarbeiter) verfügen über Kenntnisse in Spezialgebieten, zeigen selbstorganisiertes Handeln, haben intuitive Lösungsstrategien, sind ein Innovationsmotor für das Unternehmen und reagieren auf neue, unvorhergesehene Situationen mit entsprechender Professionalität. Experten (A-Mitarbeiter) verfügen über umfangreiche praktische Erfahrungen, hohe Selbstdispositions- und professionelle Lösungskompetenz, haben aber Defizite in der Regelbeherrschung und Routineausführung. Sie sind in der Lage selbstorganisiert und intuitiv, Probleme zu antizipieren und neue Lösungswege zu finden. Entsprechend der Strategie des Unternehmens muss identifiziert werden, welche Mitarbeiterquoten in welchem Bereich erforderlich sind und was der Verlust bestimmter Schlüsselpersonen für das Unternehmen an Wettbewerbseinbußen bedeuten kann. In weiterer Folge lässt sich danach ein Mitarbeiterrisikoportfolio (vgl. Abbildung 10) mit entsprechenden Maßnahmen erstellen: Abbildung 10: Mitarbeiterrisikoportfolio Quelle: Kleitsch 2010, S. 258. 58 Kaplan et al. (2004, S. 205-206) gehen einen Schritt weiter und teilen die Mitarbeiter in Jobfamilien ein, die zuvor identifiziert werden müssen. Zu den Jobfamilien gehören jene wenigen, kritischen Teile der Belegschaft, die den größten Einfluss auf die Strategie haben und 80 % der strategischen Prioritäten eines Unternehmens bestimmen. Personalentwicklungsaktivitäten müssen gerade diese wenigen kritischen Einzelpersonen, die die Jobfamilien verkörpern, erreichen. Bei der Implementierung eines Mitarbeiter-Bewertungssystems sind alle wichtigen Stakeholder in ein entsprechendes Projektmanagement einzubinden. Dazu zählen nicht nur das Management oder die Personalabteilung, sondern insbesondere die Arbeitnehmer und die Arbeitnehmervertreter. Mitarbeiter sollen dabei die Möglichkeit haben, ihre Kompetenzen selbst einzuschätzen und somit auch beeinflussen und steuern zu können. Das Risiko, dass so ein Projekt scheitert ist sehr hoch, wenn es nicht gelingt, das kulturelle Vertrauen zu schaffen, dass mit den Kompetenzprofilen kein Missbrauch betrieben wird (vgl. North, Reinhardt 2005, S. 134-135). Grundvoraussetzung für die Messung und Bewertung des Humankapitals und daraus die frühzeitige Ermittlung von Wissensrisiken sind das Kennen und Wissen der Fähigkeiten und Fertigkeiten eines jeden Mitarbeiters. Da führt kein Weg vorbei, diese unter Berücksichtigung eines organisatorischen Rahmens zu erfassen und aktuell zu halten. Auf dieser Basis lassen sich dann Kennzahlen ermitteln, Risiken frühzeitig erkennen und weiterführende Maßnahmen ableiten. 59 6 Balanced Scorecard und Wissensmanagement Die Problematik im Zusammenhang mit der Finanzbilanz wurde im Kapitel 4 Wissen messen und managen, S. 35ff erläutert. Ein Ansatz zur Messung des Mitarbeiter bzw. Know-how-Wertes entstand im Kapitel 5.5 Analyse des Bedrohungspotenzials, S. 54ff. Maßnahmen im Zusammenhang mit der Sicherung von Wissens in einem Unternehmen wurden im Kapitel 3.2.3 Wissen (ver)teilen und bewahren, S. 31ff bearbeitet. Diese Punkte werden in der Praxis ohne Wirkung verhallen, wenn sie nicht in einen geeigneten Rahmen gebettet und mit der Vision bzw. Strategie eines Unternehmens verbunden werden. Aus diesem Grund scheint das Konzept der Balanced Scorecard nach Kaplan und Norton als induktiv-analytischer Ansatz am geeignetsten und wird nachstehend erläutert und in Zusammenhang mit dem Entstandenen gesetzt. Induktiv-analytische Ansätze gehen von der Wissensbasis und der Bewertung der einzelnen Elemente aus, wodurch Ansatzpunkte zur Weiterentwicklung realisiert werden. Bei den deduktiv-summarischen Ansätzen erfolgt nur eine Bezifferung des Unterschiedes zwischen Markt- und Buchwert. Diese Ansätze beschäftigten sich nicht eingehend mit der Relation und den Werttreibern für die Veränderung zwischen diesen Größen und sind daher als alleiniges Messinstrument nicht möglich (vgl. Müller-Stingl et al. 2007, S. 413). 6.1 Konzept der Balanced Scorecard "If you can't measure it, you can't manage it" (Kaplan, Norton 1996, S. 21), ist eine oft zitierte Aussage und meint, dass Kennzahlen in der Unternehmenssteuerung einen hohen Stellenwert einnehmen und einen großen Einfluss auf das Verhalten der Menschen in- und außerhalb des Unternehmens haben. Viele Unternehmen haben Strategien, die Kundenbeziehungen, Kernkompetenzen und Organisationspotenziale betreffen, messen ihre Leistungen allerdings nur mit Finanzkennzahlen. Die BSC betrachtet Finanzkennzahlen als kritische Zusammenfassung der Unternehmensleistungen und integriert wesentliche Kennzahlen, die Leistungen in Bezug auf Kunden, Mitarbeiter und Systeme/Prozesse mit langfristigem wirtschaftlichem Erfolg verbinden. Sie bietet dem Management ein umfassendes Instrumentarium (Cockpit), um Vision und Strategie in einen geschlossenen Rahmen von Leistungsmessungsfaktoren zu übertragen (vgl. Kaplan, Norton 1997, S. 20, S. 23). 60 6.1.1 Auswirkungen des Informations- und Wissenszeitalters Dienstleistungsunternehmen im Finanzbereich waren jahrelang keiner Konkurrenz ausgesetzt und von der Regierung auch entsprechend unterstützt und geschützt worden. Die Deregulierung des Marktes und neue Technologien regten das Wettbewerbsumfeld an und verlangen nun von Dienstleistungsunternehmen neue Ideen, um am Markt erfolgreich agieren zu können. Im Industriezeitalter, wo noch die Verwertung der physischen Vermögenswerte wichtig war, sind die Investitionen in und die Nutzung von immaterielle/n Vermögenswerte/n im Informations- und Wissenszeitalter viel wichtiger geworden. Dazu zählen die Loyalität der Kunden erhalten und neue Marktsegmente finden, innovative Produkte und Dienstleistungen einführen, die das Kundenproblem lösen, moderne und qualitative Informationssysteme implementieren und vor allem Mitarbeiterfähigkeiten und deren Motivation mobilisieren, Schlüsselmitarbeiter identifizieren, um Prozesse, Qualität und Reaktionszeit kontinuierlich zu verbessern (vgl. Kaplan, Norton 1997, S. 3). Die BSC sieht ihre Aufgabe darin, Kommunikations-, Informations- und Lernsystem und nicht Kontrollsystem zu sein. Sie dient der Formulierung und der Kommunikation der Unternehmensstrategie und der Ausrichtung persönlicher, abteilungsübergreifender und unternehmensbezogener Aktivitäten auf ein gemeinsames Ziel (vgl. Kaplan, Norton 1997, S. 24). Sie vermittelt so detailliert eine Unternehmensstrategie, dass ein Mitbewerber sie ganz einfach behindern und wirkungslos machen könnte, würde er sie zu Gesicht bekommen (vgl. Kaplan, Norton 1997, S. 143). 6.1.2 Perspektiven „The Balanced Scorecard complements finanical measures of past performance with measures of the drivers of future performance“. (Kaplan, Norton 1996, S. 8). Manager müssen kurzfristige finanzwirtschaftliche Leistungen erbringen, das kann allerdings eine beschränkte Investition in Wachstumspotenziale bzw. auch ein Vernachlässigen von Produktentwicklung, Prozessverbesserung, Informationstechnologien bzw. Personalentwicklung mit sich bringen. Kurzfristig stellen solche Maßnahmen (z. B. Mitarbeiterabbau) einen Ertrag in der GuV dar, auch wenn die wirtschaftlichen Wertschöpfungspotenziale schon längst verzerrt wurden (vgl. Kaplan, Norton 1997, S. 20–21). Finanzielle Kennzahlen sind schwache Indikatoren für die Wertschöpfung und nicht geeignet den Weg des Unternehmens durch das Wett- 61 bewerbsumfeld zu führen und richtig zu bewerten. Sie zeigen nicht, was in der Vergangenheit falsch gemacht wurde und auch nicht was jetzt oder in Zukunft für die finanzielle Wertschöpfung getan werden muss (vgl. Kaplan, Norton 1997, S. 22). Das Grundkonzept der BSC nach Kaplan, Norton (1997, S. 23) übersetzt die Strategie in Ziele und Kennzahlen und unterteilt diese normalerweise in vier verschiedene Perspektiven: die finanzwirtschaftliche, die Kunden-, die interne Prozess- und die Lern- und Entwicklungsperspektive. So wird ein Rahmen, eine Sprache geschaffen, um die Strategie zu vermitteln. Die Kennzahlen dienen dazu, Mitarbeiter bzw. Führungskräfte über die Erfolgsfaktoren des gegenwärtigen oder zukünftigen Erfolgs mit der Artikulation der dahinterliegenden Leistungstreiber zu informieren. Auf diesem Weg kann die gesamte Organisation auf die Erreichung langfristiger Ziele ausgerichtet werden. Die finanzwirtschaftliche Perspektive sorgt für einen Überblick über die wirtschaftlichen Konsequenzen vergangener Maßnahmen und zeigt an, ob es grundsätzlich zu einer Ergebnisverbesserung gekommen ist oder nicht. Finanzwirtschaftliche Ziele sind immer mit Rentabilität verbunden (z. B. Steigerung des Gewinnes oder Unternehmenswertes), können aber auch schnelles Umsatzwachstum oder Cash Flow sein (vgl. Kaplan, Norton 1997, S. 24). Alle Ziele und Kennzahlen der anderen Perspektiven sollen mit einem oder mehreren Zielen der finanzwirtschaftlichen Perspektive verbunden sein. So wird deutlich, dass das langfristige Unternehmensziel die Erwirtschaftung finanzieller Erträge für Aktionäre ist und dass alle Strategien, Programme, Maßnahmen und Initiativen der Erreichung dieser Ziele dienen (vgl. Kaplan, Norton 1997, S. 60). Die Kundenperspektive identifiziert die Kunden- und Marktsegmente, in denen das Unternehmen konkurrieren soll. Kennzahlen, die die Leistung in diesem Segment messen, können Steigerung der Kundenzufriedenheit, der -treue, der -akquisition, der –rentabilität oder Marktanteile sein (vgl. Kaplan, Norton 1997, S. 24–25). Ähnlich der finanziellen Perspektive sind Kennzahlen dieser Perspektive mit teilweise den gleichen Schwächen behaftet: sie stehen erst dann zur Beurteilung zur Verfügung, wenn die Beeinflussung nicht mehr möglich ist (vgl. Kaplan, Norton 1997, S. 82– 83). Die interne Prozessperspektive identifiziert kritische Prozesse, wo das Unternehmen Maßnahmen zur Verbesserung setzen muss. Diese Prozesse befähigen die Organisation, die Wertvorgaben zu liefern, die Kunden wünschen und mit Treue 62 belohnen und die Aktionäre in Bezug auf hohe Dividenden befriedigen. Kennzahlen dieser Perspektive konzentrieren sich auf jene kritischen Prozesse, die den größten Einfluss auf die Kundenzufriedenheit und schließlich die Unternehmenszielerreichung haben. Die Überwachung, Verbesserung und optimale Ausführung existierender Prozesse (Kosten, Qualität und Zeit), die der kurzfristigen Wertschöpfung dienen, und die Identifikation neuer, innovativer Prozesse, die der langfristigen, Wertschöpfung dienen, stehen im Fokus. Sie haben die Aufgabe, die Wünsche gegenwärtiger und zukünftiger Kunden zu erfüllen. Langfristige finanzielle Erfolge sind das Ergebnis, wenn es gelingt, dem Zielkunden hochwertige Produkte und Dienstleistungen, die sein Problem lösen, anzubieten und verkaufen zu können (vgl. Kaplan, Norton 1997, S. 25–26, S. 111). Die Lern- und Entwicklungs-/Wachstumsperspektive identifiziert jene Infrastruktur, die das Unternehmen schaffen muss, um langfristig Wachstum und Verbesserung sicherzustellen. Es ist sehr unwahrscheinlich, dass Unternehmen mit den Technologien und Potenzialen von heute langfristig ihre Ziele in Bezug auf interne Prozesse und Kunden in einem globalisierten Wettbewerbsumfeld erreichen können. Es erfordert einen kontinuierlichen Ausbau der eigenen Potenziale, um für Kunden und Aktionäre wertschöpfend zu sein. Die lernende Organisation hat drei Ursprünge: Mensch – Systeme – Prozesse. Die anderen drei Perspektiven werden im Normalfall große Gaps zwischen vorhandenen Potenzialen an Menschen, Systemen und Prozessen feststellen. Damit diese Lücken geschlossen werden können, muss in Personalentwicklung, IT und Systeme investiert werden, damit Prozesse in Einklang gebracht werden können. In dieser Perspektive sind die treibenden Faktoren für hervorragende Ergebnisse der anderen BSC-Perspektiven zu finden. Gerade in Krisenzeiten zählen schnelle kurzfristige Leistungen und eine Investition bzw. Förderung in die Potenziale der Mitarbeiter, Systeme und Prozesse wird eher vernachlässigt. Ausgaben in diesen Bereichen werden als Periodenkosten im Rechnungswesen verbucht und tragen somit zu einer Gewinnschmälerung bei. Um kurzfristig Erträge zu erzielen, werden hier Kosten gespart, ohne dabei die negativen langfristigen Folgen im Blickpunkt zu haben. Ein Grund hierfür kann in der begrenzten Verantwortungsperiode von Managern gesehen werden. Um anspruchsvolle langfristige, finanzielle Wachstumsziele erreichen zu können, sind Investitionen sowohl in die externe als auch in die interne Infrastruktur notwendig (vgl. Kaplan, Norton 1997, S. 27, S. 121). 63 6.1.3 Ursache-Wirkungsketten „A strategy is a set of hypotheses about cause and effect.“ (Kaplan, Norton 1996, S. 30). Jede Kennzahl, die für eine BSC gewählt wird, sollte Teil einer Ursache-Wirkungskette sein und ihr Ende in einem finanzwirtschaftlichen Ziel finden (vgl. Kaplan, Norton 1997, S. 60). Der explizite Wert von Mitarbeitern steigt, wenn die Prozesse mit der Strategie eines Unternehmens verbunden werden. Strategy Maps (vgl. Anhang 5, S. 139) stellen ein Werkzeug für die Ausrichtung des Humankapitals an der Strategie dar (vgl. Kaplan et al. 2006, S. 90). Der Prozess des Messens beginnt auch hier mit der Identifikation der Kompetenzen (bzw. Job-Familien) und der Entwicklung von Kompetenzprofilen, die die Job-Anforderungen sehr detailliert beschreiben. Kompetenzlücken lassen sich anhand der Differenz zwischen den Anforderungen und den aktuellen Fähigkeiten darstellen (vgl. Kaplan et al. 2004, S. 205). Wenn die BSC in dieser Weise verwendet wird, ist sie keine isolierte, zusammenhanglose Sammlung von – unter Umständen gegensätzlichen – Kennzahlen (vgl. Kaplan, Norton 1997, S. 60). Da eine Strategie ein Bündel von Hypothesen über Ursache und Wirkung (WennDann-Aussagen) ist, soll das Kennzahlensystem die Beziehungen zwischen Zielen und Kennzahlen aus den verschiedenen Perspektiven explizit machen, damit sie gesteuert und bewertet werden können. Die gewählten Kennzahlen sollen sowohl beständig als auch wechselseitig verstärkend wirken. Die Metapher „Flugsimulator“ trifft es im Kern, da die BSC wie ein Flugsimulator die komplexe Vielfalt von Ursachen und Wirkungen unter den kritischen Variablen beinhaltet, inkl. Flugzeiten, Verspätungen und Warteschleifen, die die Vorgehensweise, den Flugplan der Strategie, beschreiben. Die Verknüpfung von Zielen und Kennzahlen sollen UrsacheWirkungs-Beziehungen beinhalten und eine Mischung von Ergebniskennzahlen und Leistungstreibern darstellen. Einem ähnlichen Schema folgt auch das Ergebnis der Studie über die Service-Gewinn-Kette (vgl. Abbildung 11, S. 64), die zeigt, dass es einen Kausalzusammenhang zwischen Mitarbeiter- und Kundenzufriedenheit, Kundentreue und Marktanteil sowie folglich finanzwirtschaftlicher Leistung gibt (vgl. Kaplan, Norton 1997, S. 28-29, S. 143-144). Ruft man sich die Abbildung 9: Risk Map Detailled, S. 51 in Kapitel 5 in Erinnerung, die ein wesentliches unternehmerisches Risiko in der mangelnden Beachtung von Schlüsselpersonen als eine negative Wirkung auf das finanzielle Ergebnis zeigt, so ist der umgekehrte Schluss, 64 eine verstärkte Investition in Personalentwicklung langfristig zu verbesserten, finanziellen Ergebnissen führt, zulässig. Abbildung 11: The Links in the Service Profit Chain Quelle: Heskett et al., S. 120. 6.1.4 Definition von Messgrößen (Performanceindikatoren) Für die BSC werden auch traditionelle Kennzahlen verwendet, die in den meisten Fällen Ergebniskennzahlen darstellen. Diese Kennzahlen sind häufig Spätindikatoren (z.B. Marktanteil, Kunden- bzw. Mitarbeiterzufriedenheit, Mitarbeiterqualifikation) (vgl. Kaplan, Norton 1997, S. 144–145). Spätindikatoren dienen der klassischen, operativen Kontrolle und bilden unter Berücksichtigung spezifischer Reaktionszeiten den Erfolg bzw. Misserfolg der Unternehmenssteuerung aus. Sie sind nicht in der Lage über die Ursachen des (Miss)Erfolges Informationen zu geben. Aus diesem Grund müssen Frühindikatoren oder Leistungstreiber definiert werden (vgl. Schedl 2002, S. 21). Mit Ergebniskennzahlen ohne Leistungstreiber gibt es keine Klarheit darüber, wie das Ergebnis zustande gekommen ist und es liefert keinen klaren Indikator dafür, ob die Strategie erfolgreich umgesetzt wurde bzw. wird. Frühindikatoren können dem Management mitteilen, was das Unternehmen seinen Kunden oder Mitarbeitern bieten muss, um einen möglichst hohen Grad an z. B. Kunden- bzw. Mitarbeiterzufriedenheit oder -treue zu erhalten (= Spätindikatoren) (vgl. Schedl 2002, S. 21,S. 25). Spätindikatoren ohne Frühindikatoren vermitteln nicht, wie die Ergebnisse erreicht werden sollen und geben keine frühe Rückmeldung über die erfolgreiche Umsetzung einer Strategie. Umgekehrt können Frühindikatoren ohne Spätindikatoren zwar die Erreichung kurzfristiger operativer Verbesserungen (z. B. 65 Taktzeiten) unterstützen, aber lassen nicht erkennen, ob die operativen Verbesserungen zu einem größeren Geschäftsvolumen mit alten und neuen Kunden und folglich zu einem verbesserten Finanzergebnis geführt haben. Eine gute BSC muss daher aus der richtigen Mischung zwischen Ergebniskennzahlen („Spätindikatoren“) und Leistungstreibern („Frühindikatoren“), die auf die Strategie zugeschnitten sind, bestehen (vgl. Kaplan, Norton 1997, S. 144–145). Fehlende Kennzahlen sind auch ein wichtiger Indikator. Für die Finanz-, Kundenund interne Prozessperspektive gibt es relativ viele Kennzahlen, für die Lern- und Entwicklungsperspektive weniger. Hier unternehmen viele Unternehmen nicht einmal den Versuch, die Outputs oder die Antriebskräfte dieser Potenziale zu messen. Das Nichtvorhandensein spezifischer Kennzahlen ist auch ein verlässlicher Indikator dafür, dass das Unternehmen seine strategischen Ziele nicht mit Aktivitäten zur Personalentwicklung, Informationsversorgung und Ausrichtung einzelner Teams an die Unternehmensstrategie und mit dem langfristigen Ziel verknüpft. Personalentwicklung wird zwar oftmals als wichtig angesehen, aber als Ziel selbst und nicht als Mittel zur Erreichung langfristiger, wirtschaftlicher kundenrelevanter Ziele. Die Ressourcen und Initiativen, die für diese Programme freigesetzt werden, werden als nicht messbar relevant für die Erreichung der Strategie gehalten. Das erzeugt Frustration und in logischer Konsequenz fragt sich das Management, wie lange noch in solche Programme investiert werden soll (bzw. es wird als erster der Sparstift angesetzt), ohne dass messbare Ergebnisse sichtbar werden (vgl. Kaplan, Norton 1997, S. 138–139) Eine gute BSC soll aber nicht mehr als eine Zusammenstellung von 20 bis 25 finanziellen und nicht finanziellen Kennzahlen sein, nach dem Motto „Twenty ist Plenty“, was die Firma ABB Asea Brown Bovery AG geprägt hat, da mehr oder weniger Kennzahlen zur Verwirrung oder zu großer Finanzlastigkeit führen kann (vgl. Romeike 2003, S 77). 6.2 Integration BSC – Risiko- und Wissensmanagent Die BSC fördert und fordert das Wissensmanagement, da der Prozess der Übersetzung strategischer Ziele in operative Handlungen und darauf aufbauend Messinstrumente festzulegen, den Transfer von Wissen zwischen Abteilungen und Mitarbeitern verschiedener Hierarchieebenen fördert. Sie ist ein integratives Instrument, da der alleinige finanzielle Fokus, auch wenn prioritär behandelt, keine 66 Vision realisieren kann. Allen vier Perspektiven muss Beachtung geschenkt werden, da diese sich gegenseitig beeinflussen. Somit unterstützt die BSC das Zusammenführen unterschiedlicher Wissensgebiete. Sie schafft ein ganzheitliches, facettenreiches Bild einer Organisation (vgl. Horvath 2001, S. 56–57). Die BSC wurde aber nicht für die Bewertung des Wissenskapitals entwickelt. Daher erfordert dies eine Anpassung des Konzeptes. Der Skandia Navigator ist bereits eine Form der Anpassung (vgl. Nohr 2001, S. 21) und ist eine Sammlung kritischer Messgrößen, die zusammen ein ganzheitliches Bild über die Leistungsfähigkeit und Zielerreichung einer Organisation ergeben. Er hat im Gegensatz zur BSC fünf Perspektiven, da er den Fokus auf das Humankapital nicht in der Lern- und Entwicklungsperspektive „versteckt“, sondern als eigenen Punkt herausarbeitet (vgl. Abbildung 12), da alle Bereiche zu einem besseren Verständnis der Quelle der Wertschöpfung beitragen. Der Humanfokus, das Herzstück der Organisation, ist für die Wertschöpfungsfähigkeit eines Unternehmens entscheidend. Es sind die Mitarbeiter, die mit ihren Arbeitsbedingungen zufrieden sein müssen, da hohe Mitarbeiterzufriedenheit auch zu hoher Kundenzufriedenheit führt und diese wiederum zu einem besseren finanziellen Ergebnis, was die Zukunft des Unternehmens wiederum sichert. Zum Humanfokus gehört auch der Prozess der Wissensgenerierung (vgl. CEN ISSS 2004, S. 124). Abbildung 12: Der Skandia Navigator Quelle: http://www.12manage.com/images/figure_skandianavigator.gif. 6.2.1 Wissensmanagent-Balanced Scorecard Kaps (2001, S. 24ff) verbindet erstmals im Modell der Wissensmanagement-BSC Bausteine von Probst mit dem finanziellen Ziel und stellt eine Erweiterung der BSC dar. Das Modell entnimmt den Wissensbausteinen (vgl. Abbildung 13) die 67 Kernprozesse Wissenserwerb und –entwicklung, Wissensbewahrung, Wissensnutzung sowie Wissens(ver)teilung. Die beiden erstgenannten werden zur Perspektive „Wissensaufbau“ gruppiert. Die Wissensidentifikation fällt als eigene Perspektive weg, da dieser Prozess vor der eigentlichen Bearbeitung der BSC erfolgen muss, um daraus Strategien und Handlungen abzuleiten. Abbildung 13: Modifiziertes Wissensbausteinmodell nach Probst Quelle: Auer 2009, S. 3. Abbildung 14 zeigt das Wissensmanagement-BSC-Modell in grafischer Darstellung, ergänzt das vorher Genannte um die finanzielle Perspektive, da sich alle Aktivitäten und Maßnahmen im Wissensmanagement im Unternehmenserfolg niederschlagen müssen (vgl. Nohr 2001, S. 23). Abbildung 14: Perspektiven einer für das Wissensmanagement adaptierten BSC Quelle: Nohr 2001, S. 22. Da diese Verbindung aber nur über die finanzielle Perspektive und indirekt über Wissensziele erfolgt, besteht keine kausale und formalisierte Verbindung zu den 68 anderen Perspektiven (vgl. Wiederspohn, Mehanna 2002, S. 37). Hier bedarf es eines Modells, aus welchem diese Kombination ersichtlich ist. 6.2.2 BSC und Risikomanagement Wert- und Risikomanagement sind wichtige Inhalte einer Unternehmensstrategie, da wirtschaftliches Handeln immer auch das Eingehen von Risiken bedeutet. Risikomanagement sollte daher integraler Bestandteil eines Planungs- und Steuerungssystems sein, obwohl in der Praxis oftmals die Analyse, Steuerung und Überwachung von Risiken sehr isoliert bzw. reaktiv durchgeführt wird. Unternehmensziele müssen mit Risikomanagementzielen abgestimmt werden. Da Risiken immanenter Bestandteil jeder unternehmerischen Entscheidung sind, bietet das Instrument der BSC für die Umsetzung von Wert- und Risikomanagement aus nachstehenden Gründen einen integrativen Ansatz: Risiken und Chancen sind Bestandteile eines integrierten Steuerungskonzeptes. Die BSC und das Risikomanagement identifizieren steuerungsrelevante Indikatoren und haben das Ziel, ein ausbalanciertes Verhältnis zwischen diesen Indikatoren herzustellen (Vergangenheit vs. Zukunft), kausale Abhängigkeiten (Spät- und Frühindikatoren) in Ursache-Wirkungs-Ketten aufzuzeigen und stellen die Grundlage für ein Frühwarnsystem dar. Die Integration bietet erhebliche Vorteile hinsichtlich Effizienz, Qualität und Akzeptanz beider Systeme bei den Entscheidungsträgern (vgl. Romeike, Müller-Reichart 2008, S. 425–426). In der Literatur findet man zwei Arten der Integration: eine BSC ergänzt um eine weitere Risikoperspektive oder als integrierter Bestandteil in die bestehenden Perspektiven. Eine eigenständige Risikoperspektive hat den Vorteil, dass diese einen aggregierten, ganzheitlichen Überblick über die Risikoaspekte bietet und auch Risikofelder, die nicht eindeutig in die originären Perspektiven abgebildet werden, dort zugeordnet werden können. Bei einer isolierten Betrachtung ist besonderes Augenmerk auf die Ableitung der Ursache-Wirkungsketten zu legen. Um die Perspektiven möglichst gering zu halten, ist eine Integration in die bestehenden Perspektiven zu favorisieren. Jeder Perspektive werden Risikokennzahlen zugeordnet und unter dem Gesichtspunkt „Risiken/Chancen und deren Einflussfaktoren analysieren“ betrachtet. In dieser Form ist es auch eindeutig, wer für Risiken verantwortlich ist. Risiken, die nicht eindeutig zuordenbar sind, können dann nicht explizit berücksichtigt werden. Ob und wie viele es dann tatsächlich sind, ergibt sich ohnehin im Entwicklungsprozess (vgl. Romeike, Müller-Reichart 2008, S. 428–430). 69 6.2.3 Neues integriertes BSC-Modell In den vorangegangenen Kapiteln wurde immer wieder von einem integrierten Unternehmenssteuerungsmodell gesprochen. Bei genauer Betrachtung lassen dennoch alle Integrationsversuche wesentliche Aspekte vermissen. Entweder wurde ein Wissensmanagement-Modell zur BSC entwickelt, in welchem die Verbindung zu den restlichen Perspektiven fehlt oder es wurde intensiv das Thema BSC und Risikomanagement diskutiert, wo jedoch die Verbindung zum Wissensmanagement fehlt. Aufgrund der bisherigen theoretischen Erkenntnisse wurde das integrierte BSC Wissens- und Risikomanagement-Modell in Abbildung 15 entwickelt. Die vier Basis-Perspektiven der Balanced Scorecard werden an der Potenzialperspektive mit dem BSC-Wissensmanagement-Modell verbunden, da hier der gesamte BSC-Kreislauf (Ursache des Erfolges) beginnt und nicht wie ursprünglich nach Kaps (2001) gleich mit den Finanzen. Der gesamte Prozess, ob Grund-BSC-Modell oder WMModell, steht unter dem Gesichtspunkt des Risikomanagements. Am Beispiel des demografischen Wandels betrachtet, wird dieser in der Unternehmensstrategie verankert, auf diese aufbauend eine Wissensstrategie formuliert, die dann mit Performanceindikatoren (Kennzahlen) in den Wissensperspektiven gemessen und mit entsprechenden Maßnahmen versehen wird. Damit Maßnahmen in die Wissensbasis nicht isoliert betrachtet und somit als „unwichtig“ oder „teuer“ von der Unternehmensleitung abgetan werden, erfolgt die Verbindung bzw. Darstellung über das Grundmodell der BSC mit ihren klassischen vier Perspektiven. Bei Realisierung eines solchen Modells wäre die ganzheitliche Betrachtung gegeben. Kaplan et al. (2006, S. 90) führen auch aus, dass der Aufbau von Human- und Organisationskapital eine wichtige Aufgabe von jedem Mitarbeiter, insbesondere in einer führenden Rolle des Personalmanagements, im Unternehmen ist. Der Wert des Humankapitals steigt drastisch, wenn die Wissensprozesse (bzw. Personalstrategie) mit der Unternehmensstrategie verbunden sind und dadurch besser steuerbar werden. Diese Integration führt zu einer Wertsteigerung der Vermögenswerte einer Organisation. 70 Abbildung 15: Integriertes BSC-Wissens- und Risikomanagement-Modell Quelle: eigene Darstellung. Im nachstehenden Kapitel 6.3 Wissensbewertung mit Kennzahlen werden beispielhaft Personalkennzahlen für die näher betrachteten Perspektiven aus Sicht des demografischen Wandels betrachtet. 6.3 Wissensbewertung mit Kennzahlen "Miss alles, was sich messen lässt, und mach alles messbar, was sich nicht messen lässt." (Galileo Galilei) Nach Nohr (2001) besteht noch erheblicher Forschungsbedarf hinsichtlich der Entwicklung geeigneter Kennzahlen. Das Problem liegt weniger daran, dass keine Kennzahlen vorhanden wären, sondern eher die Thematik, ob diese schon in der Praxis etabliert sind oder nicht. Ein Unternehmen muss auch den Nutzen erkennen, den Aufwand für entsprechende Messversuche zu rechtfertigen, da sich grundsätzlich alle Ziele in irgendeiner Form messen oder bewerten lassen. Weiters stellt sich die Frage, ob man neben der Betonung auf strenge quantitative Beurteilung, nicht auch qualitative Aspekte berücksichtigen sollte. Diese Diplomarbeit wurde mit einer qualitativen Analyse (vgl. Kapitel 8 Empirische Untersuchung, S. 82) unterstützt, um auch 71 zu zeigen, dass mit qualitativen Erhebungen sehr gute und aussagekräftige Ergebnisse zu erzielen sind. 6.3.1 Beschaffenheit von Kennzahlen Kennzahlen dienen grundsätzlich als Maßstab, um Ursache und Wirkung von Vorgängen in kausalen Zusammenhängen darzustellen (vgl. IGC 2001, S. 120). Die Anforderungen, Relevanz, Zuverlässigkeit, Unabhängigkeit vom Beobachter, klar definierter Bewertungsmaßstab und die Ökonomie des Verfahrens müssen für die Messbarkeit immaterieller Faktoren erfüllt werden (vgl. Alwert 2005, S. 19-21). Damit eine klare Identifizierbarkeit und Abgrenzung gegenüber anderen möglichen Betrachtungsgegenständen erreicht werden kann, müssen eindeutig zuordenbare und relevante Eigenschaften bestimmt werden, die die gewünschten Informationen enthalten und gemessen werden können (vgl. Alwert 2005, S. 19-21). Für die Messung muss eine konkrete Eigenschaft eines Messgegenstandes herausgegriffen und genau beschrieben werden, ein Maßstab mit numerischer Einheit definiert und ein Messverfahren festgelegt werden. Die Festlegung von relevanten Eigenschaften für immaterielle Faktoren gestaltet sich schwieriger. Die Zuverlässigkeit drückt die Vergleichbarkeit zwischen einzelnen Messungen aus, um Veränderungen eben zuverlässig erfassen zu können. Unabhängigkeit bedeutet, dass das Messverfahren sicherstellen muss, dass Messungen unter gleichen Bedingungen unabhängig vom Beobachter zu gleichen Ergebnissen führen. Liegt das Ergebnis vor, dann ist damit noch keine Bewertung verbunden, d. h. es ist nicht klar, ob das Ergebnis als gut oder schlecht einzuschätzen ist. Aus diesem Grund ist ein klar definierter Bewertungsmaßstab notwendig (Umrechnungsverfahren und Stellen des Ergebnisses in den Unternehmenskontext), um die Kennzahlen richtig zu interpretieren. Für eine interne Vergleichbarkeit reicht es, das Ergebnis aus dem Kontext der Organisation zu bewerten. Für einen externen Vergleich müsste man andere Maßstäbe finden, wobei allerdings festzuhalten ist, dass gerade immaterielle Faktoren sehr stark kontextgebunden sind und ihren Wert oft nur in der besonderen Konstellation einer Organisation entwickeln. Schließlich muss der Aspekt der Ökonomie des Verfahrens berücksichtigt werden. Immaterielle Faktoren möglichst umfassend zu erfassen und zu messen, kann leicht dazu führen, dass eine sehr große Anzahl an Messgrößen erhoben wird, z.B. über hundert Kennzahlen. Hier kann der Aufwand der Messung den Nutzen leicht übersteigen. Aus diesem Grund sollte das 72 Messverfahren daher ökonomischen Anforderungen genügen. Das Konzept der BSC kann hier unterstützen, in dem tatsächlich darauf fokussiert wird, welche Kennzahlen nicht nur ökonomisch erhoben, sondern auch sinnvoll gesteuert werden können (vgl. Alwert 2005, S. 19-21). 6.3.2 Auswahl von Kennzahlen Zwischen Messen und Bewerten besteht ein Unterschied. Messen ist die Zuordnung von Zahlen zu Objekten nach bestimmten Regeln (vgl. Besozzi, Zehnpfennig 1976, S. 10). Unter Bewertung wird die Zuordnung eines monetären Wertes zu einem Bewertungsobjekt durch ein Bewertungssubjekt, aus dessen Sicht die Bewertung vorgenommen wird, verstanden (vgl. Matschke, Brösel 2006, S. 3). Es gibt eine Reihe von Kennzahlen, mit denen Messergebnisse erzielt werden können. Die eigentliche Herausforderung ist, die richtigen Kennzahlen zur Umsetzung der Unternehmensstrategie zu finden, diese entsprechend zu interpretieren und Maßnahmen abzuleiten. Nachstehend werden einige Kennzahlen beispielhaft zur Messung angeführt: Grundlegend für den demografischen Wandel ist im ersten Schritt die Wissensidentifikation. Bevor man von sinnvollen Aussagen der Kennzahlen anderer Bausteine sprechen kann, ist es wichtig seine Potenziale (die Key Player) zu kennen. In Anlehnung an das entworfene Kompetenzmodell (Kenner, Könner, Experten) in Kapitel 5.5 Analyse des Bedrohungspotenzials, S. 54ff, das im Vorfeld zu entwickeln ist, kann man viele Kennzahlen in dieser Feinheit messen und durch Veränderungen gute Frühindikatoren in der Entwicklung des Personalrisikos erhalten. Kennzahlen, wie Altersstruktur, Anteil externer Mitarbeiter, Betriebszugehörigkeit, Durchschnittsalter und Qualifikationsstruktur zeigen, ob es ein Bedrohungspotenzial hinsichtlich eines möglichen Wissensverlusts in der Organisation gibt. Die Altersstruktur gibt Hinweise auf die Altersverteilung eines Unternehmens; der Anteil externer Mitarbeiter zeigt, welche Mitarbeiter im Unternehmen beschäftigt sind, aber nicht fix der Organisation zur Verfügung stehen; die Betriebszugehörigkeitsdauer ist ein Indiz für Mitarbeiter mit hohem Erfahrungsschatz und stellt ein mögliches Personalrisiko dar, das Durchschnittsalter ist ein erstes Indiz für eine drohende Überalterung, wenn sie über dem Durchschnittsalter der lokalen Bevölkerungsstruktur liegt und die Qualifikationsstruktur zeigt, welches Ausbildungsniveau (Studium, Lehre, Matura) die Mitarbeiter haben (vgl. Klingler 2009, S. 43- 73 49). Diese Kennzahlen, auf einzelne Strukturen des Unternehmens (z.B. Abteilungen) und auf Kompetenzen (Kompetenzmodell) heruntergebrochen, zeigen, wo (frühzeitiger) Handlungsbedarf besteht. Als weitere Indikatoren zur Wissensbewahrung können folgende Kennzahlen herangezogen werden: Fluktuationsrate, Frühfluktuationsrate, ordentliche Abgangsquote (nach Beschäftigungsdauer), außerordentliche Abgangsquote, Frühpensionierungen im Verhältnis zu ordentlichen Pensionierungen, durchschnittliche Frühpensionierungskosten pro Fall, durchschnittliche Outplacementkosten pro Fall, Fluktuationskosten (direkte und indirekte Kosten) pro Mitarbeiter, Fluktuationskosten im Verhältnis zu Personalkosten, Anteil Kündigungen von Leistungsträgern, Krankenstandsquote, Unfallquote, Ausfallszeiten pro Vollzeitäquivalent und Tag, Quote der Burnout-Fälle pro Jahr, ordentliche Pensionierungen pro Jahr in Prozent, frühzeitige Pensionierungen pro Jahr in Prozent, Pensionierungen aus gesundheitlichen Gründen pro Jahr in Prozent, unterjährige Abwesenheitsstruktur, durchschnittliche Anzahl der Überstunden, durchschnittlicher Restjahresurlaub, Kündigungsquote und Kündigungsquote der in den letzten fünf Jahren eingestellten Mitarbeiter (vgl. Klingler 2009, S. 74ff). Die genannten Kennzahlen lassen sich normalerweise in jedem Unternehmen berechnen, die Frage ist eher, ob gewisse Kennzahlen überhaupt berechnet werden wollen. Ein Unternehmen wird wahrscheinlich Frühpensionierungen im Verhältnis zu ordentlichen Pensionierungen kaum auswerten oder veröffentlichen, da das Thema der Frühpensionierung eher tabuisiert wird (vgl. Klingler 2009, S. 79). Kennzahlen zur Bewertung des Wissenstransfer können u.a. der MitarbeiterEngagement-Index, Nutzungsgrad betrieblicher Sozialeinrichtungen, Anteil geschulter Mitarbeiter pro Jahr, Anzahl Aus- und Weiterbildungstage pro Jahr pro Mitarbeiter, Kosten pro internem Trainingstag, Kosten pro extern durchgeführten Trainingstag, durchgeführte Mitarbeiterbeurteilungen, Verhältniszahl zur Nachfolgeplanung, Aufgabendeckungsziffer (Strategic Job Coverage Ratio), die Netto-Personalbedarfsbestimmung, die durchschnittliche Vakanzdauer bis zur Stellenbesetzung (vgl. Klingler 2009, S. 34ff) sowie angebotene und stattgefundene Schulungsmaßnahmen. Nach Nohr (2001, S. 23) werden die Nutzung von Group-Ware- oder IntranetSystemen (z.B. Anschluss und Ausstattung) oder die Erstellung von Sitzungsprotokollen als Kennzahlen vorgeschlagen. Da es heute üblich ist, dass ein 74 Arbeitsplatz mit Intranet ausgestattet ist, haben diese Kennzahlen heute faktisch keine Bedeutung mehr. Der Anschluss bzw. auch die Menge an erstellten Sitzungsprotokollen würde auch wenig über den tatsächlichen Wissenstransfer aussagen. Nutzungskennzahlen solcher Systeme und die Möglichkeiten der Mitarbeiter zu formellem (z. B. Meetings, Job-Rotation, Schulungen) und informellem Wissensaustausch (Kaffeeecken, Mittagspausen), hätte da weit mehr Aussagekraft. Regelmäßig durchgeführte Mitarbeiterumfragen liefern auch gute Kennzahlen mit Frühwarncharakter. Vielfach werden sehr einfach ermittelbare Personalkennzahlen, wie die durchschnittlichen Personalkosten pro Mitarbeiter, Kapitelrenditen oder Wertschöpfung des Humankapitals, Personalaufwendungen zu Auslagerungskosten oder auch ein Human Economic Value Added berechnet. Diese Kennzahlen haben aber keine Aussage hinsichtlich eines möglichen Bedrohungspotenzials, da sie zu finanzlastig sind. Der wahre Wert des Humankapitals kann dadurch nicht ausgedrückt werden. Bei der Verwendung einzelner Kennzahlen ist besonders darauf zu achten, dass diese durch eine isolierte Betrachtung nur eine limitierte Aussagekraft besitzen und mitunter zu falschen Maßnahmen führen können. Um die Aussagekraft und den Gewinn für ein Unternehmen zu steigern, ist die Implementierung eines Kennzahlensystems notwendig, so wie es die BSC darstellt. Bei einem Kennzahlensystem sind die einzelnen Kennzahlen auf ein übergeordnetes Ziel ausgerichtet und sinnvoll miteinander verknüpft (vgl. Preißler 2008, S. 17). Das Prinzip der Wirtschaftlichkeit darf dabei nicht aus den Augen verloren werden, d. h. die Kosten für die Informationsverarbeitung darf nicht höher sein, als der Informationsnutzen, der daraus erzielt werden kann (vgl. Preißler 2008, S. 25). Da die Beschreibung der einzelnen Kennzahlen den Rahmen hier sprengen würde, aber einen wertvollen Beitrag für die Praxis leisten kann, sind die Beschreibungen der genannten Kennzahlen für Interessierte im Anhang 6, S. 140ff dargestellt. 75 7 Diskussion der Ergebnisse aus der Theorie In Kapitel 1.1, S. 2ff wurden die Forschungsfragen vorgestellt, die dieser Arbeit zugrunde liegen. Um diese beantworten zu können, erfolgte ein eingehendes Literaturstudium. Die Themen „demografischer Wandel und seine Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt“, „Wissensarten und Wissensbewertungsmöglichkeiten“, „Intellektuelles Kapital einer Organisation“, „Risikomanagement“, „Wissensverlust und –transfer“ und schließlich das Modell der Balanced Scorecard wurden dabei näher betrachtet und Verbindungen aufgezeigt. Um die Hauptfrage beantworten zu können, erfolgt zuerst die Beantwortung der Unterfragen: Welches Risiko ist mit dem Verlust von Erfahrungswissen durch Weggang von Experten für Unternehmen verbunden? Erfahrungswissen wurde im Kapitel 3.1 Wissensarten, S. 23ff ausführlich behandelt. Es ist die Summe aller Erfahrungen, die ein Mitarbeiter in seinem Arbeitsleben gesammelt hat und stellt die Grundlage kompetenten Handelns für gute Unternehmenserfolge dar. Gerade ältere Mitarbeiter, die in der Regel auch ein langes Unternehmensleben bereits hinter sich haben, verfügen über entsprechendes implizites Wissen, was auch in Hinblick auf die „ewige Neuerfindung des Rades“ sehr nützlich ist. Unternehmen vertreten allerdings die Meinung, dass Explikationsversuche (z.B. Dokumentationen) reichen, um das Wissen zu übertragen. Da der entsprechende Kontext zum Unternehmensalltag (z. B. Kundenbetreuung) bei Dokumentationen fehlt, ist das ein Trugschluss. Was unter Risiko für ein Unternehmen verstanden wird, wird in Kapitel 5 Risikomanagement, S. 45ff sehr ausführlich behandelt. Schwächen im Umgang mit Wissen werden im Besonderen bei einem Mitarbeiterverlust sichtbar. Ein sehr hohes Risiko für die Unternehmung besteht in dem Fall, wenn Schlüsselpersonen das Unternehmen verlassen, egal auf welchem Wege (durch Kündigungen oder durch Pensionierungen). Das wird als Know-how-Risiko bezeichnet, das einen Verlust an immateriellem Vermögen, also einem Vermögensgegenstand, bedeutet. Im Kumulfall kann das sogar bedrohlich für das Unternehmen werden. Das Risiko ist eher gering, wenn es sich um leicht ersetzbare Personen handelt, die im Großen und Ganzen Routinetätigkeiten verrichten. Damit das Risiko überhaupt vom Unternehmen eingeschätzt werden kann, ist es notwendig die Schlüsselpersonen zu identifizieren und ihnen einen entsprechenden „Wert“ zuzuordnen, damit das Risiko auch dem Unternehmen 76 transparent wird. Ob es hier entsprechende Modelle in der Praxis gibt, wird die empirische Untersuchung ergeben. Die Finanzdienstleistungsbranche, die eine wissensintensive Branche darstellt, ist hier in besonderem Maße betroffen. Der Umgang mit dem Wissen der Mitarbeiter und ob es ein Risiko für das Unternehmen darstellt, wird ausführlich in den Unterkapiteln des Risikomanagements 5.2 Risikobegriff der Finanzdienstleistungsbranche, S. 47ff behandelt. Diese Branche hat aufgrund ihrer Geschäftsstruktur mit der Beurteilung von externen Risiken im Tagesgeschäft zu tun. Rechtliche Regelungen wie Basel II für Banken und Solvency II für Versicherungen behandeln in den aktuellen Fassungen auch das interne Risiko als Gefahr für das Unternehmen und fassen es unter den Begriff „operationales Risiko“ zusammen. Strategische Risiken bzw. Reputationsrisiken werden hierbei allerdings nicht subsumiert. Wie die Branche das sieht, wird auch hier die empirische Untersuchung zeigen. Hat Mitarbeiterausfall (frühzeitige Pensionierungen, Kündigungen, zu wenig Nachwuchs) durch demografischen Wandel und dadurch der Verlust des Erfahrungswissens negative Auswirkungen auf das Finanzergebnis, obwohl durch die Reduktion des Mitarbeiterstandes Personalkosten eingespart werden? Der demografische Wandel und seine Konsequenzen für den Arbeitsmarkt werden in Kapitel 2 Demografischer Wandel, S. 7ff behandelt und zeigen, dass es durch die anstehende Pensionierung der Baby-Boom-Generation zu einem hohen Anteil an Erfahrungswissensverlusten kommen wird. Da Innovationsfähigkeit als Eigenschaft nur jungen Mitarbeitern zugesprochen wird, da nur diese Zugang zu neuen Technologien haben, wird vermehrt auf das Instrument Frühpensionierung, was zu bezifferbaren Kosteneinsparungen führt, allerdings nur zu kurzfristigen Unternehmensgewinnen, gesetzt. Allerdings ist dieses eine sehr kurzsichtige Haltung, da gerade die Mischung aus Alt und Jung sich in betrieblicher Innovation als besonderer Vorteil herausstellt (vgl. 2.2.2 Alter und Innovationsfähigkeit, S. 13). Der demografische Wandel wird auch als „doppeltes demografisches Dilemma“ bezeichnet, da durch den starken Geburtenrückgang, auch zu wenig qualifiziertes Personal am Markt vorhanden ist. Die Unternehmen begeben sich hier in einen „War of Talent“. Nur ohne ältere, erfahrene Mitarbeiter kann den jungen Mitarbeitern die nötige Erfahrung und das notwendige historische Unternehmens- und Kundenwissen nicht vermittelt werden. Folglich besteht die Gefahr des mehrmaligen Neuerfindens des Rades, was 77 dem Unternehmen trotz niedrigerer Personalkosten im Vorfeld, andere Probleme bereiten wird: z. B. Verlust von Kunden, Leerlaufzeiten durch fehlendes Hintergrundwissen, Demotivation und Kündigungsfolge anderer guter (Schlüssel-)Mitarbeiter, mehrfache Neuerfindung des Rades, Fehlerhäufigkeit. In Kapitel 4 Wissen messen und managen, S. 35ff wird auf die Problematik der Messbarkeit von Wissen eingegangen. Durch die mangelnde Aussage der Finanzbilanz hinsichtlich immaterieller Vermögenswerte, wird dem Umstand des demografischen Wandels und seiner Konsequenzen zu wenig Augenmerk geschenkt. Bei genauerer Betrachtung der Strategy Map auf S. 139 besteht auch ein Zusammenhang zwischen Humankapital und den Auswirkungen auf das Finanzergebnis. Mitarbeiterausfall (insbesondere wichtiger Schlüsselmitarbeiter) hat demnach negative Effekte auf das Unternehmensergebnis, da durch mangelnde Weitergabe von Erfahrungswissen, wertvolles Unternehmenswissen verloren geht, was nicht in adäquater Form rasch und unkompliziert ersetzt werden kann und sich somit – manchmal zeitverzögert – auf einer anderen Ebene zeigt. Wie das die Branche sieht und ob es Unterschiede zwischen großen und kleinen Unternehmen in der Finanzdienstleistungsbranche gibt, ist ebenfalls Thema der empirischen Untersuchung. Hätte es einen Nutzen, das Wissen/Humankapital objektiv zu bewerten? Aufgrund der Beantwortung der ersten beiden Unterfragen zur Forschungsfrage, kann diese Frage eindeutig mit Ja beantwortet werden. Wenn es gelingt, Wissen bzw. Humankapital nach möglichst objektiven Kriterien zu bewerten, dann wird es mehr Gehör in den oberen Hierarchieebenen finden. Das Kapitel 3.2 Wissen: Verlust – Teilen – Bewahren, S. 26ff behandelt ausführlich den Wissensverlust und seine Folgen und wie im Idealfall der Transfer von Erfahrungswissen im Zusammenhang mit dem demografischen Wandel stattfinden kann. Um solchen Maßnahmen den entsprechenden Stellenwert einzuräumen, ist eine sinnvolle monetäre Bewertung des Humankapitals, insbesondere des Know-hows von großer Bedeutung. Die Anwendung objektiver Maßstäbe würde den Prozess erleichtern. Da es sich hier um die Bewertung von Menschen handelt, wird immer Subjektivität mit einfließen, weil es das ist, was einzelne Menschen hinsichtlich ihres Wissens einzigartig macht ist. Wie könnte eine Bewertung von Wissen bzw. Humankapital aussehen? Im Kapitel 5.5 Analyse des Bedrohungspotenzials, S. 54ff werden verschiedene Möglichkeiten aufgezeigt, um die Bedrohungen, die die Wissensbasis betreffen, 78 darzulegen. Allerdings bleibt die Bedeutung dieser Kennzahlen nur einseitig, wenn man nicht einen monetären Wert dem Verlust gegenüberstellt. D. h. eine steigende Fluktuationsrate ist zwar ein guter Indikator, um aufzuzeigen, dass es ein Problem im Unternehmen hinsichtlich der Mitarbeiterbindung gibt. Allerdings hat das Unternehmen aufgrund nicht identifizierter Schlüsselmitarbeiter und deren für das Unternehmen nutzbarer Kompetenzen, die Aufgabe dies zu beziffern. Im ersten Schritt ist es daher von großer Bedeutung für ein Unternehmen festzustellen, wer sind meine Schlüsselmitarbeiter und auf welchen Positionen bzw. in welchen Abteilungen sitzen diese. Damit das nicht nur auf einem ungefähren Bauchgefühl bleibt „der oder die ist ein wichtiger Mitarbeiter“, könnten diese auf Basis einer breiten Kompetenzerhebung, die in Fremd- und Selbsteinschätzung erhoben wird, in Kategorien einteilt werden. Ein Herunterbrechen auf Geschäftseinheiten lässt Chancen und Risiken frühzeitig erkennen. Folgekennzahlen, wie Fluktuationsraten, lassen sich ebenso kategorisieren und zukünftige Aussagen, wer, wann planmäßig in Pension gehen wird. Da die Kennzahlen mit besseren Aussagen verknüpft werden, sind in Folge zielgerichtete Maßnahmen leichter möglich. Eine Kritik, dass die Erstellung einen zu hohen Aufwand darstellt, ist durchaus angebracht. Die Einteilung von Mitarbeitern sollte nur ein Denkanstoß sein und müsste im konkreten Fall in Projektform, wo auch eine Analyse von Risiken zu erfolgen hat, entwickelt werden. Da in jedem größeren Unternehmen Mitarbeitergespräche geführt werden, können diese Daten beispielsweise einfließen. Eine Einteilung von Kunden oder Vermittlern in Kategorien ist eine durchaus übliche Praxis, auf Mitarbeiterebene wäre es eine Neuheit. Wie kann (Erfahrungs-)Wissen von Mitarbeitern optimal im Unternehmen bewahrt werden? In Kapitel 3.2.3 Wissen (ver)teilen und bewahren, S. 31ff wird ausgeführt, dass Erfahrungswissen sehr individuell und somit einzigartig ist, da es die Summe aller Denk-, Handelns- und Fühlprozesse eines Menschen sind. Polanyi hat schon ausgeführt, dass implizites Wissen auch nur so weitergegeben werden kann wie es erlernt wurde. So ist die optimale Methode der (Erfahrungs-)Wissenstransfers der persönliche Austausch, das sind im Besonderen Mentoren- oder Patenkonzepte. Dokumentationen oder Wissensdatenbanken können zusätzlich unterstützen, aber nie ein Ersatz für den persönlichen Austausch sein. Kapitel 3.2.3.2, S. 33 beschreibt das 79 KEEP-Modell, wo der Senior mit dem Junior ein sogenanntes „Learnteam“ bildet und Wissen weitergegeben wird. Optimal für ein Unternehmen wäre es, wenn dieser Austausch nicht nur temporär im Zuge von anstehenden Pensionierungen stattfindet oder kurz bevor ein Mitarbeiter das Unternehmen verlässt, sondern es sich hier um einen permanenten Prozess, der strukturell im Unternehmen verankert ist, handelt. Welche Maßnahmen in der Praxis ergriffen werden, wird im Zuge der empirischen Studie überprüft. Die Hauptfrage „Kann das Modell der Balanced Scorecard im Wissensmanagement die Gefahr bzw. das Risiko des Mitarbeiterausfalls durch den demografischen Wandel (Verlust des Erfahrungswissens) transparent darlegen?“ wurde neben den Ausführungen zu den Unterfragen in Kapitel 6 Balanced Scorecard und Wissensmanagement, S. 59ff erarbeitet. Zuerst erfolgte eine Beschreibung des Konzeptes zur Balanced Scorecard, mit dieser bereits die Wichtigkeit von Mitarbeitern, die in der Lern- und Entwicklungsperspektive, die die Ursache des Erfolges darstellt, betont wird. Das vorherrschende Modell zur Wissensmanagement Balanced Scorecard, welche eine Adaptierung der originären BSC darstellt, kann die Gefahr nicht konkret darlegen, es bedarf hier einer Anpassung bzw. einer Zusammenführung mit anderen Methoden. Das in der Literatur recherchierte Konzept blendet klassische Perspektiven (Kunde, Prozesse und Potenziale) aus. Dadurch fehlt der Kontext zur Gesamtunternehmenssteuerung. Darüber hinaus fehlt diesem Modell der Konnex zum Risikomanagement. So könnte das Wissensmanagement rasch zu einem Selbstzweck verkommen. Das Risiko eines Mitarbeiterausfalles, insbesondere durch demografischen Wandel, kann nur durch eine optimierte integrierte BSC erreicht werden, die einerseits die Komponente des Risikomanagements, des Wissensmanagements (Wissensbausteine) und der klassischen Perspektiven beinhaltet. Ein entsprechender Entwurf wird in Kapitel 6.2 Integration BSC – Risiko- und Wissensmanagent, S. 65 vorgestellt. Mit dem Literaturstudium konnten im ersten Schritt die Forschungsfragen sehr gut beantwortet worden. Im Zuge der intensiven Literaturbearbeitung sind Fragen offen geblieben, die sich nur im Zuge der empirischen Forschung beantworten lassen. 80 Welche Relevanz hat der demografische Wandel in der Finanzdienstleistungsbranche? In Kapitel 2 Demografischer Wandel, S. 7ff wurde die Veränderung der Bevölkerungspyramide und die damit verbundenen Konsequenzen für den Arbeitsmarkt ausführlich behandelt. Welche Bedeutung der demografische Wandel im praktischen Umfeld der Finanzdienstleistungsbranche hat, konnte damit nicht beantwortet werden. Haben sich die Einschätzung des Faktors „Demografischer Wandel“ und seine Auswirkungen auf die Finanzdienstleistungsbranche in Österreich aufgrund der Finanz- und Wirtschaftskrise verändert? Die Studie der Boston Consulting Group 2009 (vgl. 2.3.3 Relevanz der Demografie, S. 17ff) hat gezeigt, dass das Demografie-Management aufgrund der aktuellen Finanz- und Wirtschaftskrise an Bedeutung verloren hat und somit deren Auswirkungen unterschätzt werden. Da es sich einerseits um eine quantitative Studie handelt und andererseits keine Beobachtung des österreichischen Finanzdienstleistungsmarktes beinhaltet, ist eine Evaluierung notwendig. Welche Eigenschaften werden jungen bzw. älteren Mitarbeitern zugeschrieben? Im Kapitel 2.2 Alter und Veränderung der Leistungsfähigkeit, S. 10ff wird ausführlich auf die Eigenschaften von älteren Mitarbeitern in der Literatur eingegangen. Älteren Mitarbeitern wird mangelnde innovative und nachlassende Leistung unterstellt. Eine praktische Erhebung über positive und negative Eigenschaft beider Altersklassen wird Aufschluss darüber geben. Ab welchem Alter wird man als „alt“, im Sinne von negativer Eigenschaftszuordnung, bezeichnet? Im Kapitel 1.3, S. 5ff wird vom Nestor Gold berichtet. In den dazugehörenden Broschüren wird von einem älteren Mitarbeiter gesprochen, wenn dieser mind. 45 Jahre alt ist. Wie die Befragten dies einschätzten, wird die empirische Studie zeigen. Welche Bedeutung wird dem internen Risiko im Risikomanagement der Finanzdienstleistungsbranche zugeschrieben? Im Kapitel 5.2 Risikobegriff der Finanzdienstleistungsbranche, S. 47ff werden die gesetzlichen Regelungen Basel II und Solvency II näher betrachtet. Dabei wird explizit darauf eingegangen, dass das operationale Risiko im Risikomanagement auch Beachtung finden muss. Das strategische und das Reputationsrisiko sind eigene Risikokategorien. Die praktische Relevanz wird in der Umfrage näher erforscht. 81 Welche Kennzahlen finden bei der Steuerung und Bewertung des Humankapitals Anwendung? In Kapitel 6.3 Wissensbewertung mit Kennzahlen, S. 70ff werden verschiedene Kennzahlen (siehe auch Anhang 6: Personal-Kennzahlen, S. 140ff), die zu einer Messung und Bewertung von menschlichen Ressourcen angewendet werden können. Die Untersuchung wird belegen, welche Kennzahlen in der untersuchten Branche verwendet werden. Gibt es Modelle (bzw. welche) der Identifikation von Schlüsselpersonen in der Praxis? Unter Punkt 5.5 Analyse des Bedrohungspotenzials, S. 54ff wird die Bedeutung wichtiger Schlüsselpersonen und die Möglichkeit der Identifikation behandelt. Ob es ähnliche Konzepte in der Praxis gibt, wird die Studie zeigen. Welchen Stellenwert hat Wissenssicherung im Unternehmen bzw. welche Methoden gelangen zur Anwendung? In 3.2 Wissen: Verlust – Teilen – Bewahren, S. 26ff wurde der Wissensverlust und seine Folgen sowie der Wissenstransfer näher betrachtet. Welche Methoden praktisch zur Anwendung gelangen und wie diese strategisch verankert sind, wird in der Empirie erhoben. Die nachfolgende empirische Studie in der Finanzdienstleistungsbranche soll Klarheit darüber geben wie die gesamte Thematik in diesem Teilbereich der Praxis wahrgenommen wird und Antworten auf die neu entstandenen Fragen geben. Die Ausarbeitung dazu erfolgt im Kapitel 8 Empirische Untersuchung, S. 82ff. 82 8 Empirische Untersuchung Sozialforscher sind zunehmend mit sozialen Kontexten und Perspektiven, die für sie neu sind, konfrontiert, sodass klassisches deduktives Vorgehen – die Ableitung von Fragestellungen und Hypothesen aus rein theoretischen Modellen und die Überprüfung an der Empirie – an der Differenziertheit der Gegenstände vorbeizielt. Forschung verweist in immer stärkerem Maße an induktive Vorgehensweisen. Vorbild für die quantitative Sozialforschung waren die Naturwissenschaften und ihre Exaktheit. Leitgedanken bei der Planung der Forschung sind dabei die klare Isolierung von Ursache und Wirkung, eine saubere Operationalisierung von theoretischen Zusammenhängen, die Messbarkeit und Quantifizierung von Phänomenen und die Formulierung von Untersuchungsanforderungen. Diese Leitgedanken erlauben, die Ergebnisse zu verallgemeinern und darauf aufbauend allgemein gültige Gesetze aufzustellen. Um dies möglich zu machen, werden repräsentative Stichproben, z. B. nach dem Zufallsprinzip zusammengestellt. Die Aussagen werden möglichst allgemein und unabhängig von den konkret untersuchten Fällen getroffen und die beobachteten Phänomene in ihrer Häufigkeit und Verteilung bestimmt. Die Bedingungen, unter welchen die untersuchten Phänomene bzw. Zusammenhänge auftreten, werden weitgehend kontrolliert, um Kausalzusammenhänge und deren Gültigkeit möglichst eindeutig zu bestimmen. Damit die Gewährleistung der Objektivität gegeben werden kann wird Subjektivität des Forschers und der untersuchten Subjekte weitgehend ausgeklammert. Dazu gibt es mittlerweile verbindliche Standards für die Durchführung und Bewertung quantitativer Sozialforschungen, d. h. Vorgaben hinsichtlich der Konstruktion von Fragebögen, der Versuchsplanung und der folgenden statistischen Auswertung. Die Bilanz der Forschung fällt auf dieser Basis insgesamt eher negativ aus, da die genannten Ideale der Objektivität nicht erreicht werden können. Sozialwissenschaftliche Ergebnisse werden im Alltag auch kaum wahrgenommen bzw. benutzt, da ihre Fragestellungen und Ergebnisse häufig nicht zuletzt zugunsten der Einhaltung methodischer Standards zu weit von Alltagsfragen und -problemen entfernt bleiben und so können die zuvor formulierten Ideale der Objektivität nicht eingelöst werden. Darüber hinaus lässt sich trotz aller methodischen Kontrollen nicht vermeiden, dass die Forschung und ihre Ergebnisse von den Interessen und den sozialen und kulturellen Hintergründen aller Beteiligten mitbestimmt werden. Diese Faktoren spielen sowohl bei der Formulierung der 83 Fragestellung, der Hypothesenbildung als auch bei der Interpretation von Daten und Zusammenhängen eine Rolle. Subjekt- und situationsspezifische Aussagen sind das Ziel, das mit qualitativer Forschung erreicht werden kann (vgl. Flick 2009, S. 23-26). Die qualitative Sozialforschung wird im Gegenzug wegen der kleinen Zahl an Untersuchungspersonen, und dass es keine echten Stichproben nach dem Zufallsprinzip sind, der nicht vorhandenen quantitativen Variablen und demzufolge der nicht möglichen statistischen Analyse, kritisiert. Diese Beanstandungen können allerdings entkräftet werden. Es gibt auch qualitative Forschungen mit relativ großen Probandenzahlen, ausschlaggebend dafür sind Kosten, Zeit und Ressourcen. Es wird keine Zufallsstichprobe gezogen, weil das bei geringerer Zahl von Untersuchungspersonen nicht sinnvoll realisierbar ist. Dieser Umstand wird aber prinzipiell nicht bestritten. Das Messniveau der Variablen spielt eine untergeordnete Rolle, aber es werden genauso quantitative, metrische Variablen, wie z.B. Alter, Berufsgruppe, Branche, Position etc. ausgewählt. Hier besteht also kein Unterschied. Ob nun eine statistische Analyse durchgeführt werden kann oder nicht, hängt allein von der Menge der Fallzahl ab und ist keine negative Einstellung gegenüber der Statistik. D. h., bei qualitativer Sozialforschung sind quantifizierende Aussagen a priori nicht ausgeschlossen. Es können sehr wohl einfache Verfahren, wie Prozentuierungen oder Typenbildungen, angewendet werden (vgl. Lamnek 2005, S. 3-4). Häufig werden daher beide Verfahren miteinander kombiniert, entweder parallel oder aufeinander aufbauend. So werden entweder umfassendere Erkenntnisse erreicht oder die Ergebnisse beider Zugänge wechselseitig validiert (vgl. Flick 2009, S. 48-49). 8.1 Forschungsdesign Da diese Forschungsarbeit die Wichtigkeit des Erfahrungswissens unter dem Gesichtspunkt des demografischen Wandels beleuchtet, liegt es nahe, auch das unmittelbare Erfahrungswissen von Interviewpartnern zu nutzen. Aus diesem Grunde wurde für die empirische Untersuchung die qualitative Sozialforschung gewählt. 8.1.1 Wahl und Erklärung der Methode Basis für die empirische Untersuchung ist das problemzentrierte Interview mit einer anschließenden qualitativen Inhaltsanalyse. 84 8.1.1.1 Problemzentriertes Interview Das problemzentrierte Interview zählt nach Witzel (1985, S. 235) zu den qualitativen Leitfadeninterviews und wird durch drei zentrale Kriterien gekennzeichnet: - Problemzentrierung: Orientierung der Forschung an einer relevanten gesellschaftlichen Problemstellung, wozu die Offenlegung und Systematisierung des Wissenshintergrundes des Forschers, die kritische Verarbeitung einschlägiger Theorien und die Einbeziehung der Erfahrungen von Experten erforderlich ist; - Gegenstandsorientierung: Methode wird am Gegenstand entwickelt bzw. modifiziert, d. h. es wird sehr nahe an der Alltagswelt der beforschten Subjekte angeknüpft und keine künstliche Laborsituation geschaffen und - Prozessorientierung im Forschungsprozess und Gegenstandsverständnis, d. h. die flexible Analyse des wissenschaftlichen Problemfeldes (vgl. Flick 2009, S. 210, vgl. Mayring 2002, S. 68, S 146, vgl. Witzel 1985, S. 230-233). Der theoretische Hintergrund dieser Methode liegt in der Auseinandersetzung mit subjektiven Sichtweisen. Die qualitative Inhaltsanalyse, als kodierendes Verfahren, wird häufig für das Auswertungsverfahren verwendet (vgl. Flick 2009, S. 213). Das Interview wird mit einem Leitfaden unterstützt. Durch die offene Gestaltung der Interviewsituation kommen die Sichtweisen der befragten Personen eher zu Geltung als in einem standardisiertem Interview oder bei Fragebögen (vgl. Flick 2009, S. 194). Als Grundlage für die Konstruktion des Leitfadens dient ein sensibilisierendes Konzept, das aus theoretischen Vorüberlegungen, anderen Untersuchungen und evtl. eigenen Felderkundungen entwickelt wird. Hierbei geht es um eine möglichst umfassende Berücksichtigung des zu behandelnden Realitätsausschnittes und der Beachtung wesentlicher Aspekte, die sich beide an der Problemstellung (Forschungsfrage) der Untersuchung orientieren (vgl. Mayer 2008, S. 43). Das qualitative Interview umfasst einen vorgeschalteten Kurzfragebogen (soziodemografische Daten), den Leitfaden, die Tonbandaufzeichnungen und das Postskriptum (Interviewprotokoll). Der Leitfaden soll dem Interviewten dabei helfen, den Erzählstrang in Gang zu setzen. Er dient auch zusätzlich als Grundlage bei stockenden oder unergiebigen Gesprächen, dem Interview eine neue Wendung zu geben bzw. auch bei ausufernden Erzählungen, den Fokus wiederzugewinnen. Der Forscher entscheidet auch anhand des Leitfadens, wann es zu einer Ausdifferenzierung der Thematik in Form der Einbringung von exmanenten Fragen kommt. Die zentrale Kommunikationsstrategie im problemzentrierten Interview sind der 85 Gesprächseinstieg, allgemeine und spezifische Sondierungen sowie Ad-hoc-Fragen. Als Einstieg in das Interview kann z. B. „Was fällt Ihnen spontan ein, wenn Sie das Stichwort ‚demografischer Wandel„ hören?“ verwendet werden. Zur allgemeinen Sondierung zählt das Nachfragen, z. B. „Woher wissen Sie das?“ und zur spezifischen Sondierung zählt die Vertiefung des Interviewers durch Zurückspiegeln – Zusammenfassung und Interpretation - des Gesagten, Verständnis und der Konfrontation des Interviewpartners mit Widersprüchen und Ungereimtheiten in seinen Ausführungen. Der Interviewer muss dabei sein inhaltliches Interesse verdeutlichen und eine gute Gesprächsatmosphäre aufrechterhalten (vgl. Flick 2009, S. 210-211). Die Interviews werden mit einem technischen Medium aufgezeichnet und müssen im Anschluss transkribiert (verschriftlicht) werden. Das stellt einen notwendigen Zwischenschritt vor der Interpretation dar. Es gibt verschiedene Transkriptionsarten. Da sich noch kein allgemein gültiger Standard durchgesetzt hat, steht die Frage der Angemessenheit des Vorgehens (Verhältnis zwischen Fragestellung und Ertrag der Forschung) im Vordergrund. Das fertige Transkript muss im Anschluss hinsichtlich Namens- und Unternehmensangaben sowie Orts- und Zeitangaben anonymisiert werden. Um eine gute und lockere Gesprächsatmosphäre im Rahmen des Interviews zu haben, ist dessen Zusicherung vor Beginn explizit festzuhalten (vgl. Flick 2009, S. 379-380). 8.1.1.2 Qualitative Inhaltsanalyse Die qualitative Inhaltsanalyse, als kodierendes Verfahren, wird häufig für das Auswertungsverfahren verwendet (vgl. Flick 2009, S. 213). Sie dient der Analyse und Interpretation von Textmaterial, egal welcher Herkunft (z.B. Interviewmaterial). Wesentliches Kennzeichen dabei ist die Verwendung von Kategorien, die in der Regel vom theoretischen Modell abgeleitet werden. Diese Kategorien werden an das Interviewmaterial herangetragen und nicht aus diesem selbst entwickelt, wobei eine Überprüfung und mögliche Modifizierung sich sehr wohl daraus ergeben können. Das primäre Ziel ist die Reduktion des Materials (vgl. Flick 2009, S. 409). Ein besonderer Vorteil vom inhaltsanalytischen Vorgehen ist die kommunikationswissenschaftliche Verankerung, d. h. das Material wird immer in seinem Kommunikationszusammenhang (Interpretation innerhalb des Kontexts) verstanden und interpretiert. Bei der Interpretation des Textes hat man Regeln zu folgen, dies unterscheidet die Auswertung wesentlich von einer freien 86 Interpretation. Jeder Analyseschritt und jede Entscheidung im Auswertungsprozess muss auf eine begründete und getestete Regel zurückzuführen sein (vgl. Mayring 2008, S. 42-43). Die einzelnen Schritte sind in Abbildung 16 dargestellt. Nach Auswahl des Materials (Festlegung durch die Forschungsfrage) müssen die Analyseeinheiten bestimmt werden, die in eine knappe, nur auf den Inhalt beschränkte, beschreibende Form umgeschrieben werden. Diesen Vorgang nennt man Paraphrasierung. Nicht inhaltstragende, also ausschmückende, Textbestandteile werden gestrichen (erste und zweite Reduktion). Im nächsten Schritt erfolgt eine Generalisierung, also Verallgemeinerung einzelner Paraphrasen. Unwichtige, nichtssagende oder inhaltsgleiche Paraphrasen können gestrichen werden. Am Ende der Reduktionsphase muss überprüft werden, ob die als Kategoriensystem zusammengestellten neuen Aussagen das ursprüngliche Textmaterial noch repräsentieren, d. h. im gewählten Kategoriensystem müssen alle Paraphrasen aufgehen. Oftmals ist es notwendig nochmals zusammenzufassen, das wird durch ein Abstraktionsniveau auf noch höherer Ebene erreicht. Es handelt sich hier um einen sich wiederholenden Kreisprozess, der solange durchlaufen wird, bis das Ergebnis der angestrebten Reduzierung erreicht ist. Um den Aufwand zu minimieren werden oftmals, insbesondere bei großen Materialmengen, mehrere Analyseschritte zusammengefasst, indem die einzelnen Textstellen gleich auf das gewünschte Abstraktionsniveau zusammengefasst werden. Zum Schluss erfolgt dann die Interpretation der zusammenfassenden qualitativen Inhaltsanalyse in Bezug zur gestellten Forschungsfrage (vgl. Mayring 2008, S. 61-62). Das Ergebnis des qualitativen Forschungsprozesses ist die Entwicklung von Hypothesen, die dann im Idealfall mit quantitativen Methoden, also nochmals empirisch, geprüft werden können (vgl. Flick 2009, S. 43, S. 201). 87 Abbildung 16: Ablaufmodell zusammenfassender Inhaltsanalyse Quelle: Mayring 2008, S. 60. 8.1.2 Begründung für die Wahl der Methode Ergänzend zu den bisherigen Ausführungen, die auch punktuell Argumente für eine qualitative Methode beinhalten (z. B. Abbildungsversuch des Alltages und nicht das Schaffen einer künstlichen Laborsituation), sind nach Lamnek (2005, S. 20ff) folgende zentrale Prinzipien für die qualitative Sozialforschung maßgeblich: - Offenheit - Forschung als Kommunikation - Prozesscharakter von Forschung und Gegenstand - Reflexivität von Gegenstand und Analyse - Explikation und - Flexibilität. 88 Durch das Prinzip der Offenheit werden die Informationen nicht nur direkt aus dem Forschungsfeld aufgenommen und anhand von standardisierten Erhebungsinstrumenten und vorab formulierten Hypothesen, wie es in der quantitativen Forschung der Fall ist, produktiv verarbeitet. Der Wahrnehmungstrichter ist sehr weit geöffnet, um unerwartete und dadurch aufschlussreiche Informationen zu erhalten, d. h. Offenheit gegenüber den Untersuchungspersonen inkl. ihrer individuellen Eigenarten sowie der Untersuchungssituation und den anzuwendenden Methoden. Qualitative Sozialforschung versteht sich im Gegensatz zur quantitativen Vorgehensweise als Hypothesen generierendes Verfahren und ist mit dem Ende des Untersuchungszeitraumes vorläufig abgeschlossen. Forschung ist aus qualitativer Sicht eine Kommunikation zwischen Forscher und Erforschtem. Der Einfluss dieser Interaktionsbeziehung ist nicht als Störgröße, sondern als konstruktiver Bestandteil des Forschungsprozesses zu sehen. Die Verhaltensweisen und Aussagen der Untersuchten sind prozesshafte Ausschnitte der Reproduktion und Konstruktion sozialer Realität und keine statistischen Repräsentationen eines unveränderlichen Wirkungszusammenhanges. D. h., der Forschungsgegenstand und der Akt des Forschens gelten als prozesshaft und sind in ihrem Ablauf veränderbar. Eine Kommunikation zwischen Forscher und Informant wird vorausgesetzt. Den Bedeutungen menschlicher Verhaltensprodukte (sprachliche – Symbole, Deutungen, Sprechakte; nonverbale – Gesten, Handlungen …) werden eine prinzipielle Reflexivität unterstellt. Jede Bedeutung ist somit kontextgebunden und verweist reflexiv auf das Ganze. Dadurch wird die Bedeutung eines Handelns oder eines sprachlichen Ausdrucks auf den sozialen Kontext der Erscheinung verständlich. Eine reflektierte Einstellung der Forschung und die Anpassung des Untersuchungsinstrumentariums (z.B. Leitfaden) sind dabei Voraussetzungen. Die Explikation bezieht sich auf die gesetzte Erwartung an die Sozialforscher, die Einzelschritte des Untersuchungsprozesses so weit wie möglich offen zu legen, d. h. die Darstellung der Regeln, nach denen die erhobenen Daten (die Texte von Interviews) interpretiert werden. Das Explikationsprinzip selbst ist keine Garantie für die Gültigkeit von Interpretationen, aber sichert die Nachvollziehbarkeit der Interpretation und damit die Intersubjektivität des Forschungsergebnisses. Der soziale Forschungsprozess beinhaltet ein hohes Maß an Flexibilität, bei der der Forscher von einer Forschungslinie auf eine andere überwechselt, neue Punkte zur 89 Beobachtung im Verlauf der Untersuchung dazu nimmt und sich in eine neue, veränderte Richtung begeben kann, an die vorher gar nicht gedacht wurde. Es werden neue Erkenntnisse und ein neues Verständnis gewonnen. Flexibilität bedeutet allerdings nicht Richtungslosigkeit, sondern dass es sich um einen weiten Blickwinkel handelt, der im Verlauf der Untersuchung zugespitzt wird (vgl. Lamnek 2005, S. 20-27). Das problemzentrierte Interview wird nach Witzel (1985, S. 230) für relevante, gesellschaftliche Problemstellungen angewandt, die vorab vom Forscher wahrgenommen wurden. Es dient dazu, die Erfahrungen von Experten einzubeziehen. Der demografische Wandel mit der zunehmenden Altersstruktur der Bevölkerung, die sich auf die Belegschaft in Unternehmen auswirkt, stellt eine solche dar. Die qualitative Inhaltsanalyse wurde, wie ausgeführt, als logisch folgende Auswertungsmethode gewählt. 8.1.3 Darstellung des Untersuchungsobjektes Gegenstand der Untersuchung bilden ausgewählte Unternehmen aus dem Bereich der Finanzdienstleistungsbranche, im speziellen Banken und Versicherungen. Banken und Versicherungen treten als Finanzintermediäre auf und haben eine Mittlerfunktion zwischen Wirtschaftssubjekten, die finanzielle Überschüsse bilden und ihr Geld bei genannten Instituten anlegen bzw. die finanzielle Defizite aufweisen und auf deren Deckung durch genannte Institute angewiesen sind. Im Mittelpunkt des Leistungsangebotes von Banken und Versicherungen steht auch die Übernahme von Risiken (vgl. Farny et al. 1988, S. 37). Das Thema Risiko wurde in Kapitel 5.2 Risikobegriff der Finanzdienstleistungsbranche, S. 47ff ausführlich behandelt. 8.1.3.1 Banken In einer modernen Volkswirtschaft erfolgen die Lieferung von Waren und die Erbringungen von Dienstleistungen ausschließlich auf der Basis der Gegenleistung in Form von Geld. Aus diesem Grund kommt den Banken eine besondere, volkswirtschaftliche Bedeutung zu. Sie werden auch als Dienstleistungsbetrieb gesehen, da sie Leistungen erstellen, die sie anderen Wirtschaftsteilnehmern anbieten. Das betrifft alle Wirtschaftssubjekte, zu denen Unternehmen gehören, die auf Bankkredite im laufenden Geschäftsbetrieb und für Expansionen angewiesen sind sowie Privathaushalte, die tagtäglich Bankdienstleistungen, z. B. Empfang des Gehalts bzw. Lohns, Durch- 90 führung von Überweisungen der Miete, des Stroms etc., Kredit- und Sparleistungen, in Anspruch nehmen. Banken werden als Intermediäre bezeichnet und üben zwischen Kapitalgebern und –nehmern eine wichtige Transformationsfunktion (Fristen-, Betrags- und Risikotransformation) aus. Diese Transformationsfunktionen bedingen einander: Unternehmen oder Privathaushalte benötigen langfristiges Kapital in Form von Krediten und Sparer binden unter Umständen ihr Kapital nur kurzfristig. Daraus kann unter Umständen ein Liquiditätsrisiko entstehen oder bei Ausfall von Krediten ein Ausfallsrisiko. Banken sind ein sehr sensibler Bereich der Volkswirtschaft, der in starkem Ausmaß vom Vertrauen der Einleger abhängig ist und jederzeit zahlungsfähig sein muss (vgl. WKÖ, ÖSpV 2009, S. 9-14). Die Geldanlage und die Finanzierung stellen die Kernleistungen von Banken dar. Die Palette wird aber durch weitere Bankdienstleistungen, wie Versicherungen, Vermögensverwaltungen, Leasing und Factoring, Immobilienvermittlungen etc. erweitert. Zur Gruppe der Kreditinstitute zählen Aktienbanken, Sparkassen, LandesHypothekenbanken, Raiffeisenbanken und Volksbanken (vgl. WKÖ, ÖSpV 2009, S. 9-14). In Zeiten der Finanzwirtschaftskrise kommt dieser Branche eine größere Bedeutung als in der Vergangenheit zu. 8.1.3.2 Versicherungen Versicherungen liegt das Prinzip zugrunde, das finanzielle Risiko von Einzelnen auf eine große Anzahl von Personen (Kollektiv) zu verteilen und somit die Folgen für den Einzelnen zu mindern. Ohne Versicherungsschutz wäre unsere moderne Wirtschaft gar nicht mehr vorstellbar. Das nachhaltige Wachstum liegt am gestiegenen Sicherheitsbedürfnis und –bewusstsein der Menschen und die Absicherung der durch den Wohlstand „angesammelten“ Vermögenswerte, wie Auto, Haus und Wohnung sowie dem Bedürfnis einer privaten Alters- und Gesundheitszusatzvorsorge, da die Absicherung durch die gesetzliche Sozialversicherung nur eine Basisdeckung darstellt. Mit dem Abschluss einer Versicherung erfolgt ein Risikotransfer (Geld gegen Sicherheit), der im Schadensfall die wirtschaftlichen Folgen des Verlustes für die Versicherten bzw. für Dritte ausgleichen bzw. reduzieren soll. Das erspart die Bildung von größeren finanziellen Rücklagen (z. B. für einen Autounfall), sofern dies überhaupt möglich wäre. Eine Lebensversicherung kann auch die Kreditwürdigkeit erhöhen (vgl. WKÖ, ÖSpV 2009, S. 15-19). 91 Da knapp die Hälfte des Gesamtprämienaufkommens 2008 auf Lebensversicherungen zurückzuführen ist (vgl. WKÖ, ÖSpV 2009, S. 15-19), kommt auch den Versicherungen in Zeiten der Finanz- und Wirtschaftskrise eine große Bedeutung zu. 8.1.3.3 Theoretical Sampling Aufgrund der großen volkswirtschaftlichen Bedeutung von Banken und Versicherungen, des Umganges mit Risiken als deren Kerngeschäft und dass es sich um eine wissensintensive Dienstleistungsbranche handelt, wurde diese Branche für die empirische Untersuchung ausgewählt. Da Geldangelegenheiten Vertrauenssache sind und sich Menschen hinter diesen Unternehmen befinden, ist hier der Umgang mit dem demografischen Wandel im Zusammenhang mit Erfahrungswissen als internes Risiko besonders interessant. Das Theoretical Sampling wurde wie folgt gewählt: Personen Unternehmen Gesamt 17 16 Banken 7 7 Versicherungen 10 9 Großunternehmen 12 12 Kleinunternehmen 5 4 Männer 10 - Frauen 7 - 12 - 5 - Alter >= 30 und <45 Jahre Alter >= 45 Jahre Tabelle 4: Theoretical Sampling Angesprochen wurden Personen, die im HR-Bereich genannter Branchen tätig sind bzw. mit Personaleinstellungen und –austritten betraut sind, darunter fielen sowohl Führungskräfte als auch Mitarbeiter mit reinem Expertenstatus. Die befragten Personen unterschieden sich auch hinsichtlich ihrer Erfahrung, ihres Alters und ob sie für Außendienst- bzw. Innendienst-Mitarbeitern verantwortlich sind. Zuerst wurde nur der Fokus auf Verantwortliche des Innendienstes gelegt. Dieser Fokus wurde dann, aufgrund der unterschiedlichen Sichtweisen, auf Verantwortliche des Außendienstes erweitert. Unter den ausgewählten Unternehmen befanden sich auch vier kleinere Unternehmen (in beiden Wirtschaftszweigen vertreten), die nach 92 geringem Mitarbeiterstand als solche bezeichnet wurden. Um eine Identifizierung auszuschließen, wird kein expliziter Mitarbeiterstand genannt. Entscheidungen über die Sampling-Struktur lassen sich nicht isoliert treffen, da es per se nicht die richtige Entscheidung bzw. Strategie gibt. Ob die Auswahl bzw. die Struktur angemessen ist, lässt sich nur an der Fragestellung der Untersuchung bestimmen (vgl. Flick 2009, S. 169). Da die Basis dieser Untersuchung Banken und Versicherungen waren, wurden mehr Interviews (vgl. Tabelle 4, S. 91) als üblich gefordert (8 – 10) durchgeführt, um genügend Personen für beide Wirtschaftszweige befragen zu können. Insgesamt wurden Interviews in 16 Unternehmen mit 17 Personen geführt, davon entfielen 42 % der Interviews auf den Bankenbereich. Um ein gleiches Verhältnis herstellen zu können, hätten zusätzliche Interviews geführt werden können. Diese konnten aufgrund des knappen Zeitbudgets für die Erstellung dieser Forschungsarbeit nicht mehr durchgeführt werden. Alle Interviews fand im Zeitraum November und Dezember 2009 statt. 8.1.3.4 Zugang zum Feld Der Zugang zum Feld ist bei qualitativer Forschung dichter und intensiver als es bei einer quantitativen Forschung der Fall ist. Offene Interviews verlangen, dass sich das untersuchte Subjekt und der Forscher mehr einlassen, als es bei einem Fragebogen der Fall wäre. Durch die Aufzeichnung wird der Alltag für die Beteiligten in einem vorab kaum überschaubaren Ausmaß offengelegt (vgl. Flick 2009, S. 142). Die Zusicherung der Anonymität spielt daher eine sehr große Rolle, insbesondere auch aufgrund des kritischen Themas. Das Gewinnen der Bereitschaft von Personen für die Teilnahme, die für die Untersuchung die nötige Erfahrung und Kompetenz mitbringen, ist eine besondere Herausforderung. Der Prozess wird durch das Problem der Erreichbarkeit von Einzelpersonen erschwert. Als Einstieg werden daher auch häufig Bekannte von Bekannten gewählt (vgl. Flick 2009, S. 142-149). Um zu den gewählten Personen zu gelangen, wurde das persönliche Netzwerk durchleuchtet, die Online-Plattform XING aufgesucht, Kontaktpersonen der FirmenHomepages sowie direkte Kontakte auf der Career Calling im Austria Center im November 2009 angesprochen. Da das Thema auf großes Echo stieß, konnten innerhalb eines kurzen Zeitraumes viele Personen interviewt werden. 93 8.1.4 Eigene Vorgehensweise Das persönliche methodische Vorgehen deckt sich mit jenen der theoretischen Empfehlungen. 8.1.4.1 Sensibilisierendes Konzept (sensityzing concept) Mit Hilfe des sensityzing concepts wird das Problemfeld vorläufig formuliert und auf die Wahrnehmung des Forschers sensibilisiert, ohne dabei sich gegenüber der Empirie zu verschließen (vgl. Witzel 1985, S. 231). Das sensibilisierende Konzept wurde mit den zwei Hauptpunkten, inhaltliche und methodische Schwerpunkte, in Form einer Mind Map erstellt, mit deren Hilfe Gedanken geordnet und strukturiert werden können. Abgesehen von den physischen Gegebenheiten (Blattgröße, Computerbildschirm) ist jede Mind Map unendlich. Sie hat eine strahlenförmige Natur, d. h., an jedes angefügte Schlüsselwort kann eine neue, noch größere Assoziationskette gehängt werden, die die Möglichkeit neuer Assoziationsreihen schafft. Wesentlicher Vorteil ist die Darstellung auf einer Seite. Die Strukturierung erfolgt mittels Hierarchien bzw. Kategorien. Mit Hilfe von Computer-Programmen lassen sich einzelne Kategorien auch sehr komfortabel verschieben und umgruppieren. Eine Mind Map hat wesentliche Vorteile gegenüber linearen Notizen und Aufzeichnungen, da insbesondere eine leichte Erkennbarkeit von Schlüsselwörtern bzw. Kategorien gegeben ist und folglich deren Assoziationen (vgl. Buzan, Buzan 2009, S. 83-89). Das sensibilisierende Konzept stellte in dieser Darstellungsform nicht nur die Basis für den Interviewleitfaden dar, sondern auch für das nachfolgende Kategoriensystem der Inhaltsanalyse, was eine wesentliche Erleichterung mit sich brachte. 8.1.4.2 Interviewpartner Nach der Festlegung der möglichen Interviewpartner erfolgte eine erste Kontaktaufnahme via Mail mit den wesentlichen Eckdaten zur geplanten Befragung. Anschließend wurden die Personen telefonisch kontaktiert und es wurde in den meisten Fällen direkt ein Termin vereinbart bzw. geeignetere Interviewpartner vermittelt. Die Unterstützung auf der Suche nach passenden Personen war größtenteils gegeben. Manche Interviewpartner haben sich ergänzende VorabInformationen gewünscht. Um die Ergebnisse der Interviews durch Vorbereitung auf die Fragen nicht zu verfälschen und den Erzählfluss zu behindern, wurde der 94 Leitfaden mit den Themenschwerpunkten, also ohne konkrete Fragen, übermittelt. Die durchgeführten Interviews dauerten durchschnittlich 45 Minuten und wurden für die anschließende Transkription aufgezeichnet. Die Interviews wurden im Anschluss verschriftlicht und dabei sämtliche möglichen Rückschlüsse auf die interviewte Person und das Unternehmen neutralisiert. Die Liste der interviewten Firmen sowie die Transkription als Beweis der tatsächlichen Durchführung liegen dem Betreuer dieser Arbeit auf. Nach der Übertragung der Interviews in Schriftform erfolgte die qualitative Inhaltsanalyse. Die Inhaltsanalyse wurde sehr stark, hinsichtlich der Zusammenfassung mehrerer Arbeitsschritte, reduziert, da immerhin 16 Interviews ausgewertet wurden. Nach Auswahl der Textpasssagen aus den Interviews erfolgte eine Zusammenfassung direkt auf das gewünschte Abstraktionsniveau. Danach wurden die Kategorien mit bzw. ohne Unterkategorien zugeordnet. Jedes einzelne Interview wurde so behandelt. Der nächste Schritt umfasste das Zusammenführen aller Paraphrasen mit deren Unterkategorien und der Ausformulierung von bzw. Zusammenführung in Gesamtaussagen, das einer Zusammenfassung ähnlicher Paraphrasen entspricht. Dieser Schritt beinhaltete u.a. das Streichen für die Forschungsarbeit nicht relevanter Paraphrasen. Von diesem Ergebnis wurden dann die entsprechenden Hypothesen (vgl. Anhang 7, S. 154ff) abgeleitet. 8.1.4.3 Interviewleitfaden Der Interviewleitfaden beinhaltete folgende Hauptkategorien: - Demografischer Wandel - Altersstruktur und Fluktuation (Kennzahlen) - Alternde Belegschaft - Erfahrungswissen und Risikomanagement - Wissensverlust und Wissenssicherung durch Transfer - Wissensbewertung (Kosten) - Eigene Pensionierung Demografischer Wandel Der Einstieg in das Thema erfolgte mit der Frage „Wenn Sie den Begriff ‚Demografischer Wandel„ hören, was fällt Ihnen dazu spontan ein?“. Damit wurde die generelle Einstellung zu diesem Thema in der Praxis erfragt, um unter anderem herauszufinden, auf welchem Fokus dieses Thema tatsächlich liegt. 95 Altersstruktur und Fluktuation (Kennzahlen) Mit den Fragen zu Altersstruktur und Fluktuation (z. B. Wie sieht die Altersstruktur, Altersmix, Durchschnittsalter, Zugehörigkeitsdauer… in Ihrem Unternehmen aus? Wie viel Prozent der Belegschaft gehen in den nächsten fünf bis zehn Jahren in Pension? Gibt es regelmäßige Kennzahlenreports, die mit entsprechenden Maßnahmen verknüpft sind?) sollte festgestellt werden, ob die befragten Personen bzw. die Unternehmen über entsprechendes Zahlen- und Datenmaterial verfügen und über welches konkret und ob bzw. welche Maßnahmen mit den gewonnen Zahlen verbunden sind. Alternde Belegschaft Die Fragen zur „alternden Belegschaft“ (z.B. Welchen Ruf haben alternde Mitarbeiter im Unternehmen? Ab wann gilt man als „alt“ in der Branche? Welche Vor- und Nachteile haben junge bzw. alte Mitarbeiter?) beleuchteten die Grundeinstellung zum Thema Alter und den Vor- und Nachteilen von jungen und älteren Mitarbeitern. Erfahrungswissen und Risikomanagement Erfahrungswissen und Risikomanagement zeigt auf, ob ein allfälliges Wissensrisiko auch tatsächlich im Unternehmen thematisiert bzw. im Risikomanagement erfasst wird (z. B. Gibt es Parallelen zwischen dem Verlust von Erfahrungswissen und einem damit verbundenen Risiko für das Unternehmen? Wird das im Rahmen von Risikomanagement-Reports thematisiert?). Wissensverlust und Wissenssicherung durch Transfer Durch das Ausscheiden von Mitarbeitern durch Pensionierung oder Kündigung geht viel an (Unternehmens-)Wissen verloren. Welche Maßnahmen gibt es hinsichtlich der Wissenssicherung, insbesondere beim Ausscheiden von Mitarbeitern und wie erfolgt der Wissenstransfer an neue Mitarbeiter, waren hier Schwerpunkte. Gibt es einen gezielten Erfahrungs- und Wissensaustausch zwischen den Generationen? Der Fokus dieser Fragen lag darauf, ob strukturell verankerte Wissenssicherungsmaßnahmen im Unternehmen existieren. Wissensbewertung Mit den Fragen in dieser Kategorie sollte festgestellt werden, ob sich die untersuchte Branche mit der monetären Bewertung von Wissen beschäftigt und ob Schlüsselkräfte bzw. –funktionen bekannt und bewertet werden. 96 Abschluss Als Abschlussfrage wurde die Frage „Denken Sie daran, Sie gehen morgen in Pension, was wäre dann …?“ gewählt. Diese Frage hatte den Zweck von der Experten-Rolle für das Unternehmen in eine persönlich betroffene Rolle zu schlüpfen, um hier Parallelen bzw. Widersprüche zum vorher Ausgeführten zu erkennen. In dieser Forschungsarbeit wird auch die Balanced Scorecard behandelt. In einzelnen Interviews wurde bei Erkennen von guten Kennzahlensystemen nachgefragt, ob es auch eine Balanced Scorecard im Unternehmen gibt. Die empirische Untersuchung beschäftigt sich aber nicht explizit mit dem Konzept der Balanced Scorecard. Im folgenden Kapitel 8.2 wird das Ergebnis der Untersuchung dargestellt. 8.2 Untersuchungsergebnis In diesem Kapitel werden zuerst die Ergebnisse aus den Interviews nach Kategorien (vgl. 8.1.4.3, S. 94ff) dargestellt. Im Anschluss, von den Ergebnissen getrennt, erfolgt die Interpretation und die Beantwortung der Forschungsfragen aus der Empirie bzw. die Beantwortung der Fragen, die im Zuge des Prozesses der Theorieaufarbeitung zusätzlich entstanden sind. Die Trennung der Ergebnisse von der Interpretation hat den Zweck der Nachvollziehbarkeit der Entwicklung der Argumentation (vgl. Halwax et al. 2009, S. 159). Die Entwicklung von Hypothesen ist das Ergebnis des Forschungsprozesses und stellt einen wesentlichen Schritt dar (vgl. Hienerth et al. 2009, S. 33). 8.2.1 Demografischer Wandel Die Initialfrage bei den Interviews lautete: „Wenn Sie den Begriff ‚Demografischer Wandel„ hören, was fällt Ihnen dazu spontan ein?“. 8.2.1.1 Auswirkungen und Maßnahmen Demografischer Wandel wird generell mit einer Überalterung der Bevölkerung und dem Umkehren der Bevölkerungspyramide (weniger Geburten, mehr ältere Menschen, Baby-Boom-Generation) assoziiert. Auf die Organisation bezogen, wird der Begriff auch mit einer Überalterung der Belegschaft im Unternehmen, der aus seinerzeitigen Aufnahmestopps bzw. eingeschränkten Neuaufnahmen resultiert, verbunden. Mit dem Begriff werden Stichworte wie „War of Talent“ und „Fachkräfte- 97 mangel“ assoziiert und dass HR-Abteilungen gefordert sind, Konzepte zu entwickeln, um Mitarbeiter zu halten, an das Unternehmen zu binden und im engen Markt neue dazuzugewinnen. Employer Branding wird als wichtige Eigenschaft genannt, mit der sich Unternehmen von anderen unterscheiden müssen. Das Problem wird aber nicht akut eingeschätzt, da die Auswirkungen erst in zehn bis zwanzig Jahren spürbar sein werden. Das gleiche gilt für Maßnahmen, die heute gesetzt werden, deren Effekte werden sich erst langfristig zeigen. Da der Markt und der Wettbewerb sehr stark volatil sind und folglich nur fünf Jahre in die Zukunft realistisch planbar sind, wird das Problem nicht strukturell angegangen. Ein geburtenstarker Jahrgang oder eine stärkere Zuwanderung (was aber die Politik nicht zuließe) könnte unter anderem alles verändern. Auffällig ist der Fokus in der Versicherungsbranche: Nach der Initialfrage wurde hier hauptsächlich der externe Kundenfokus im demografischen Wandel genannt. D. h. eine älter werdende Bevölkerung geht mit steigender Lebenserwartung einher, und das hat einen großen Einfluss auf Versicherungsprodukte, insbesondere in der Lebens-, Kranken- und der Unfallversicherung. Da das staatliche Versorgungssystem nur eine Grundleistung erbringen kann, sind Kunden auf private Vorsorge angewiesen. Damit sich die Produkte für die Versicherungswirtschaft weiterhin rechnen, ist eine Anpassung an neue Sterbetafeln (z. B. Lebensversicherung), die Berücksichtigung der steigenden Mobilität älterer Menschen in der Unfallversicherung und die Anpassung der Tarifgestaltung in der Krankenversicherung durch das Ansteigen pflegebedürftiger Personen notwendig. Der älter werdende Mitarbeiter wird hier vielfach erst in einem zweiten Schritt genannt. Demografischer Wandel und ältere Arbeitnehmer werden auch mit Maßnahmen im Bereich der Gesundheitsvorsorge, Kultur- und Sportvereinen oder Diversity Management mit einem stärkeren Ansprechen von Frauen verbunden. Der Verlust von Wissen, wird auch einige Male genannt, hat aber nicht den prioritären Stellenwert. 8.2.1.2 Projekte In wenigen Unternehmen wurden zum Thema „Demografischer Wandel“ Projekte initiiert, in welchen über die Auswirkungen des Drehens der Bevölkerungspyramide auf das Unternehmen nachgedacht wurde. Themen wie Nachfolge- und Retentionplanung (Führungsfunktionen), Gesundheitsmanagement oder Diversity-Manage- 98 ment waren Schwerpunkte. Die Sicherung von Erfahrungswissen (insbesondere von Experten) war kein expliziter Schwerpunkt. Im Zuge solcher Projekte wurden Altersstrukturanalysen erstellt und festgestellt, dass es in einzelnen Unternehmensbereichen homogene Alterslandschaften gibt. Es wurde erkannt, dass bei gleichzeitiger oder knapp folgender Pensionierung von zwei Drittel der Belegschaft, es zu einem Problem hinsichtlich der Kapazitäten kommen könnte. Eine vorzeitige natürliche Fluktuation, die durch jüngere Dienstnehmer ersetzt werden könne, wäre wünschenswert. In einem Unternehmen wurde zum Thema Wissensproduktivität in Zusammenarbeit mit externen Beratern ein breiter WM-Prozess unter dem Gesichtspunkt steigender Aufgaben und sinkender Ressourcen durchgeführt. 8.2.1.3 Seminare Für ältere Arbeitnehmer werden in Unternehmen spezielle, persönlichkeitsbildende Seminare angeboten. Schwerpunkt dieser Seminare sind Standortbestimmung, Zukunftsplanung, Leistungssteigerung und die sinnvolle Nutzung der bis zur Pension verbleibenden Zeit. Da Mitarbeiter mit 45 Jahren plus noch rund 20 Jahre ihre Arbeitskraft dem Unternehmen zur Verfügung stellen müssen, braucht es spezielle Personalentwicklungsprogramme. Seminare, die in der Regel ein bis drei Tage dauern, sind nur die Spitze des Eisberges. In einem Unternehmen werden auch Seminare zum generationsgerechten Führen für Führungskräfte angeboten, die den Umgang mit unterschiedlichen Generationen (Generation X, Baby Boom, Millenials) behandeln. Dieses stellt im Interviewvergleich eine Ausnahme dar. 8.2.1.4 Wirtschafts- und Finanzkrise Die Aussage „In Zeiten wie diesen…“ wurde in mehreren Interviews erwähnt und bedeutet, dass in Zeiten von Wirtschafts- und Finanzkrise und/oder Unternehmenskrisen, insbesondere im Bankenbereich, das Thema Demografie zurückgestellt wird, da kurzfristige Maßnahmen im Sinne des Überlebens eines Unternehmens gesetzt werden müssen. 99 8.2.1.5 Sozialpläne und Altersteilzeit Ältere Mitarbeiter sind meistens teurer (Senioritätsprinzip in den Kollektivverträgen), daher wird mit dem Modell "Frühpensionierung" gearbeitet. Dieses Modell gibt es nur im Innendienst, aber nicht im Außendienst. Im Außendienst gibt es das Bestreben, die Mitarbeiter länger im Unternehmen zu halten, da auch die Kunden unterschiedlichen Alters sind. Wenn Frühpensionierungsaktionen gemacht werden, dann mit dem Hauptfokus, Kosten einzusparen. Sozialpläne, also Mitarbeiter mit entsprechender finanzieller Entschädigung früher in Pension zu schicken, auch Golden-Handshakes genannt, werden grundsätzlich als mögliche Maßnahme, um am Markt weiterhin flexibel zu bleiben, nicht abgelehnt. Es stellt auch gerade in Krisenzeiten und bei Reorganisations- und Restrukturierungsmaßnahmen ein durchaus probates Mittel dar. Die Mehrheit spricht sich gegen Zwangspensionierungen aus und gegen eine flächendeckende Anwendung von Sozialplänen. Diese beinhalten mitunter die Gefahr, wenn sie einer bestimmten Zielgruppe (z. B. 55 Jahre, mindestens 20 Jahre im Unternehmen) nach dem Gießkannenprinzip anboten werden, dass es aufgrund struktureller Unterschiede in der Organisation eine gesamte Abteilung betreffen könnte. So ein Umstand kann für einen Betrieb existenzgefährdend werden. Unternehmen, die Sozialpläne flächendeckend praktiziert haben, mussten mit den Auswirkungen (enormer Wissensverlust, Unternehmen wird träger) kämpfen, da zu viele Mitarbeiter das Angebot angenommen haben. Die Auswirkungen werden seltener in den oberen Managementebenen wahrgenommen, sondern im direkten Kundenkontakt (Innen- wie Außendienst). Es gibt auch vereinzelt Unternehmen, die sich explizit gegen solche Maßnahmen aussprechen, da sie möchten, dass ihre Mitarbeiter gesund bis ins hohe Alter dem Unternehmen zur Verfügung stehen. Sozialpläne und der damit verbundene Mitarbeiterabbau schaden dem Image eines Unternehmens. Grundsätzlich sind Sozialpläne situationsbedingt (Reorganisation, Krisenzeit, Sicherung anderer Arbeitsplätze) sinnvoll und werden auch von Dienstnehmern positiv aufgenommen, wenn ihnen nicht das Gefühl gegeben wird, sie zwangsweise loswerden zu wollen. Eine entsprechende Würdigung, wenn ein Mitarbeiter dieses Angebot nicht annehmen möchte, ist notwendig. Es ist auch auf eine soziale Verträglichkeit der ausgewählten Personen zu achten. Zwangspensionierungen wären nur dann sinnvoll, wenn einzelne Arbeitnehmer zu einer Belastung für die Organisation 100 und ihre Mitarbeiter geworden sind. Zwangsversetzungen in sogenannte „Ausbildungsstätten“ werden hingegen von den befragten Unternehmen abgelehnt, da es eine Verschwendung wertvoller Arbeitskapazitäten darstellt. Unternehmen haben auch bis zu einem bestimmten Grad eine soziale Verantwortung gegenüber ihren Mitarbeitern. Altersteilzeit wird in vielen Unternehmen als Maßnahme angewandt. Wünschenswert wäre hier eine generelle Reduktion der Stundenanzahl eines Vollzeitmitarbeiters auf Teilzeit und somit die Teilung eines Arbeitsplatzes mit einem Jüngeren (so wäre auch ein optimaler Wissenstransfer möglich). Da das österreichische Pensionssystem sehr unflexibel ist, entscheiden sich viele Arbeitnehmer für eine Block-Teilzeit und scheiden so früher aus dem Unternehmen aus. Eine Herausforderung ist es, vernünftige Modelle mit den mehr werdenden Älteren und den weniger jungen Nachkommenden zu gestalten, da Maßnahmen wie Frühpensionierung und Altersteilzeit den demografischen Wandel und die damit verbundene längere Lebensarbeitszeit in Frage stellen. „… Die Veränderung der Bevölkerungsstruktur, wo auch Ältere länger im Job bleiben sollten, was wieder konterkariert wird durch andere Maßnahmen, wie Frühpensionierungen oder sonstige Formen, Altersteilzeit, die teilweise gegenläufige Entwicklungen haben, überhaupt in Österreich, weil aufgrund der Arbeitsmarktsituation das zu schwierig ist und zu diesen Auswegen gegriffen wird… (vgl. I15, Z. 49-54). 8.2.1.6 Junge Unternehmen Jene befragten Unternehmen, die eine kürzere Zeit am Markt agieren, sehen das Demografie-Thema nur in Form des „War of Talent“ auf sie zukommen und in der Problematik, keine älteren Arbeitnehmer mit Expertenstatus ab 40 bis 45 Jahren vom Markt zu bekommen. Die ältere Zielgruppe gibt es quasi am freien Markt nicht, da diese mit alten, guten Verträgen bei der Konkurrenz ausgestattet sind. Ein Wechsel wäre hier mit erheblichen Nachteilen und Risiken für die Betroffenen verbunden. 8.2.2 Altersstruktur und Fluktuation (Kennzahlen) Im Kapitel 6.3 Wissensbewertung mit Kennzahlen, S. 70 wurden verschiedene Kennzahlen mit Hauptfokus auf Personal (auch unter dem Gesichtspunkt des demografischen Wandels) ausgearbeitet. Welche Kennzahlen tatsächlich in der Praxis Einzug finden und welche Funktion diese ausüben, war Schwerpunkt der Fragen in dieser Kategorie. 101 In jedem Unternehmen existiert eine Reihe von Kennzahlen, wobei es hier keine Unterschiede zwischen den befragten Branchen gibt. Die Kennzahlen, die in Summe genannt wurden, sind: Fluktuation, Durchschnittsalter, Altersstruktur, durchschnittliches Dienstalter (Betriebszugehörigkeit), zukünftige Pensionäre, Pensionierungen, Geschlechterverteilung, Ausbildungs- bzw. Seminartage, Überstunden, Urlaubsrückstände, Teilzeit/Vollzeit, Ein- bzw. Austritte, Mitarbeiterstand, Personalentwicklungs- und Recruitingkosten, Personalkosten, Krankenstands- und Fehltage, Ausbildung (wer kommt mit welcher Ausbildung in welche Funktion), Führen von Mitarbeitergesprächen, Bewerberrücklauf, Trennung nach Innen- und Außendienst. Nicht jedes Unternehmen verfügt über alle Kennzahlen und nicht jedes Unternehmen wertet die Kennzahlen regelmäßig aus. Die wichtigsten Kennzahlen, die in allen Interviews genannt wurden, waren die Fluktuation, gefolgt von den Krankenstandstagen, den Weiterbildungstagen und schließlich den Pensionierungen. Ziel der Auswertung von Fluktuationskennzahlen ist es, mit den Führungskräften über die Ursachen zu diskutieren, wenn diese ein bestimmtes Maß übersteigt oder Kündigungen häufiger hintereinander auftreten. Einzelfälle sind in der Regel erklärbar, aber Kumulfälle nicht mehr. Die Gefahr bei zu hoher Fluktuation liegt auch darin, dass als Folge wesentliche Prozesse nicht mehr funktionieren könnten. Die Altersstruktur wird in einigen Unternehmen ausgewertet und liegt in der Bandbreite von 30 bis 40 Jahren. Ziel ist es, diese Zahl zukünftig zu senken, da die wirklichen Leistungsträger nicht mehr die 50-Jährigen Mitarbeiter sind. Meistens werden jene Kennzahlen gemessen, die auch leicht ermittelbar sind, wie z. B. Krankenstandstage, Resturlaub, Fluktuationskennzahlen. Der Grund für eine Auswertung einiger weniger Kennzahlen bzw. unregelmäßiger Intervalle liegt im sehr hohen Aufwand der Datenermittlung und der damit verbundenen Maßnahmenverknüpfung. Unternehmen, die eine eigene HR-Controlling-Abteilung haben, verfügen auch über ein umfangreiches Kennzahlensystem. In kleineren Unternehmen sind die meisten Mitarbeiter der Führungskraft bekannt und hat aufgrund dessen ein gutes Bauchgefühl für Entwicklungen und ermittelt – auch aus Ressourcengründen – die meisten Kennzahlen nur auf Anforderung durch die Vorstandsebene zur Argumentation. Der Betriebsrat wird auch als diejenige Person genannt, die dem Auswerten detaillierter Personalkennzahlen kritisch gegenüber steht. 102 Sind Projekte (z. B. zum demografischen Wandel) initiiert, werden meistens ausführlichere Auswertungen verschiedener Kennzahlen angestellt. Diese werden aber selten in dieser Tiefe in den Alltag periodisiert. Manche Interviewpersonen geben auch an, dass sie gar keinen Einblick in Kennzahlen haben, da diese nicht unternehmensübergreifend kommuniziert werden. Diese geben aber dennoch an, dass die klassische Kennzahl die Fluktuation darstellt. Führungskräfte kennen in der Regel auch die Struktur ihrer unmittelbaren Mitarbeiter. 8.2.3 Alternde Belegschaft Hier wurde untersucht, welchen Ruf alternde Mitarbeiter in einem Unternehmen haben, ab wann man als „alt“ gilt und welche Vor- und Nachteile junge bzw. ältere Mitarbeiter haben. 8.2.3.1 Definition „alt“ Ab wann ein Mitarbeiter als „alt“ gesehen wird, hängt von der jeweiligen Branche bzw. dem Bereich ab (alt wofür?), wo dieser tätig ist und vom Alter des Befragten. In der untersuchten Branche kann das mit 40 Jahren durchaus der Fall sein, würde aber noch nicht die allzu große Hürde für eine Neuanstellung darstellen. Die Spannweite eines „älteren Mitarbeiters“ beginnt bei 40 Jahren und erstreckt sich bis 55 bzw. 60 Jahre. Ein signifikanter Unterschied wurde zwischen Innen- und Außendienst festgestellt. Im Außendienst sind Anstellungen mit 55 Jahren durchaus noch möglich. Die Perspektive des Befragten für diese Alterseinschätzung ist zusätzlich relevant: Interviewpartner mit 45 Jahren plus empfinden sich selbst nicht als alt und die Grenzen verschieben sich somit in Richtung 55 Jahren plus. Abgesehen vom Lebensalter zählen auch die Ausstrahlung und die Einstellung eines Mitarbeiters und das ist sehr individuell. Es gibt demnach junge 60-Jährige und alte 30-Jährige. Ab dem 40. Lebensjahr findet bei manchen eine Neuorientierung statt. Das liegt daran, dass Menschen sich in diesem Alter fragen, was sie im Leben noch erreichen möchten und sorgsamer mit der verbleibenden aktiven Lebenserwerbszeit umgehen. Unter 30-Jährige berührt das wenig. Das Binden dieser Mitarbeiter ist eine besonders große Herausforderung für Unternehmen. 103 8.2.3.2 Vor- und Nachteile von Altersgruppen Bei den Vor- und Nachteilen wurde immer wieder betont, dass jeder Mitarbeiter individuell, also abhängig von seiner Persönlichkeitsstruktur, zu betrachten ist und dass es auf die Einstellung des Mitarbeiters ankommt. Eine gute Unternehmensvision, die auch entsprechend an die Mitarbeiter transportiert wird, ist der Schlüssel dazu. Obwohl bestätigt wird, dass nicht so einfach geclustert werden könne, werden älteren bzw. jüngeren Mitarbeitern dennoch spezifische Eigenschaften (Vor- und Nachteile) zugeschrieben. 8.2.3.2.1 Ältere Mitarbeiter Ältere Mitarbeiter verfügen über ein hohes Erfahrungswissen, welches sie im Laufe ihrer Berufstätigkeit angesammelt haben. Dazu zählt nicht nur fachliches Know-how, sondern auch die gesamte Unternehmenshistorie, wie Veränderungserfahrung durch Fusionen, Eigentümerwechsel und interne Veränderungen (meistens wird davon ausgegangen, dass diese ihre Arbeitgeber in der Vergangenheit nicht sehr oft gewechselt haben). Durch dieses Erfahrungswissen kennen sie auch das Unternehmen und seine Strukturen sehr gut. Diese Mitarbeiter zeichnet innere Ruhe und Gelassenheit aus, die sie durch das erfolgreiche Meistern schwieriger, problembehafteter Situationen in der Vergangenheit erlangt haben. Weiters verfügen sie über Lebenserfahrung (diese ist im Krisenfall sehr wichtig), wirken mäßigend auf kurzfristige, hysterische Reaktionen, haben die bessere Analysefähigkeit und hinterfragen Dinge anders als es jemand mit weniger Lebenserfahrung machen würde und sie sind resistenter. Mitdenken, höheres Pflichtbewusstsein, dadurch stärkere Ergebnisorientierung und auch das Erreichen besserer Ergebnisse werden als positiv empfunden. Als negativ wird dieser Altersgruppe die mangelnde technische Affinität zugeschrieben und dass sie langsamer als junge Mitarbeiter sind. Der Grund hierfür liegt im Erwachsenen-Lernen (Angst ist dabei) und im Kind-Lernen (läuft sehr intuitiv bzw. autodidaktisch ab) und das macht einen signifikanten Unterschied aus. Ältere Mitarbeiter sind in einer Generation aufgewachsen, die ihre Arbeiten noch mit der Schreibmaschine bzw. per Hand verrichtet haben. Sie haben Probleme mit dem rasanten (technischen) Wandel und die Aussage „früher haben wir das so gemacht“ wird oft gebraucht und als negativ empfunden. Jeder ältere Mitarbeiter wird auch nicht als Experte bezeichnet, ist aber in der Regel gut in seiner Routinetätigkeit. 104 Weiters werden folgende Punkte als negativ empfunden: Betriebsblindheit, Gelassenheit in Richtung „sich nicht überall hineinsteigern zu müssen“, „sich nicht alles gefallen lassen“ und „zurücklehnen“ durch innere Kündigung, längere Krankenstände, da die Regeneration von älteren Menschen länger dauert, hohe Personalkosten und nicht automatisch höhere Produktivität, Probleme mit lebenslangem Lernen, 40 Stunden unter Druck arbeiten ist nicht mehr möglich, Nachlassen der Leistungsfähigkeit (auch durch das Denken in Richtung Pensionierung), nicht innovationsfähig. 8.2.3.2.2 Jüngere Mitarbeiter Jüngere Mitarbeiter haben einen offenen Zugang zur Technik und kennen sich durch hohe IT-Affinität mit den neuesten Technologien besser aus. Sie haben keine Hemmschwelle in der IT-Anwendung, da sie größtenteils damit aufgewachsen sind. Sie sind flexibler und mobiler, gehen gerne für längere Zeit ins Ausland, wenn sie ungebunden sind, bringen neue Ideen ins Unternehmen ein, sind somit innovativer, haben einen erfrischenden Zugang (höhere Motivation) zu Themen (auch mangels Erfahrung und weil sie gewisse Dinge noch nicht kennen) und haben durchaus auch fachliches Know-how bzw. sind viel gebildeter, weil sie das „neue“ Wissen haben (Universitäts- bzw. FH-Abschluss). Sind sie einmal krank, sind sie erfahrungsgemäß nach einem Wochenende wieder fit. Sie stellen weniger Forderungen, haben weniger Erwartungen, zeigen mehr Einsatzbereitschaft und halten mehr Druck aus. Mitarbeiter, die jünger sind, sind in der Regel leichter auszubilden und formbar, als jemand, der etwas älter ist und schon länger nicht mehr aktiv gelernt hat. Nachteilig ist, dass sie nicht nur vom Lebensalter, sondern auch von der Betriebszugehörigkeit her sehr jung sind. So erfinden sie, mangels Wissens um die Unternehmensvergangenheit und mangels Lebenserfahrung, „das Rad öfters neu“, und würden gerne vieles radikal umbauen. Sie glauben auch, dass Neues immer dem Alten vorzuziehen wäre. Die Unternehmensloyalität ist sehr gering und somit die Fluktuation auch sehr hoch (speziell bei Mitarbeitern unter 30 Jahre). Sie übernehmen ungern Verantwortung und kämpfen auch nicht um jeden Preis. Da sie meistens sehr unerfahren und ungestüm sind, sind sie auch stärker unfallgefährdet und fallen dann ebenso länger aus. Manchmal werden Jüngere auch nicht ernst genommen. 105 „Die wirklich großen Lenker von Firmen sind nicht 25 Jahre alt, da neben einer guten Ausbildung und der Berufserfahrung auch die entsprechende Lebenserfahrung notwendig ist. […] Startup-Unternehmen sind eine Ausnahme.“ (vgl. I1, Z. 195-201) Wegen dieser Vor- und Nachteile ist ein Altersmix vorteilhaft. So kann ein wechselseitiger Ausgleich stattfinden. Ein Austausch ist förderlich für die Steigerung des gegenseitigen Verständnisses zwischen Altersgruppen und für die Innovationskraft eines Unternehmens. Es wurde kein signifikanter Unterschied zwischen Banken und Versicherungen festgestellt. 8.2.4 Erfahrungswissen und Risikomanagement Wie in Kapitel 5.2 Risikobegriff der Finanzdienstleistungsbranche, S 47ff ausgeführt, ist eine Kernaufgabe eines Finanzdienstleisters, Risiken richtig einzuschätzen. Die Betonung liegt hier jedoch auf der Beurteilung von externen Risiken. Ob das interne Personalrisiko auch Berücksichtigung findet, soll die qualitative Forschung zeigen. 8.2.4.1 Abteilungsdenken In den Unternehmen gibt es eigene Risikomanagement-Abteilungen, die sich mit Unternehmensrisiken beschäftigen. Aufgabe dieser Abteilungen ist es auch, sich mit Personalrisiken zu beschäftigen. Die Bedeutung von Risikoberichten für den Personalbereich hat gerade in Zeiten, wo Kollektivverträge nicht mehr die Mitarbeiterbindung zeigen, an Stellenwert gewonnen. Um dem Verlust von Wissen vorzubeugen, kommen daher vielfach Konkurrenzklauseln in Verträgen zum Einsatz. Es wurde immer wieder betont, dass die Führungskräfte vor Ort (in den einzelnen Abteilungen oder Geschäftsbereichen) für die Personalarbeit und –entwicklung verantwortlich wären und die Personalabteilung selbst nur Unterstützung in Form von Konzepten zur Verfügung stellen kann. Der Verlust von Erfahrungswissen wird von den Befragten als latent verstecktes Risiko für ein Unternehmen eingeschätzt, allerdings ist es immer eine Kosten-Nutzen-Frage, ob das Risiko erkannt und strukturell behandelt wird. Vielfach wird der Verlust des Erfahrungswissens (operationales Risiko) nicht ganzheitlich thematisiert, sondern die Verantwortung den unmittelbaren Führungskräften übergeben. 106 Risiken müssen grundsätzlich ganzheitlich betrachtet werden. Die Revision wird hier als jene Stelle genannt, die das Fehlen einer ganzheitlichen Sichtweise kritisiert. Dennoch gibt die Mehrheit an, zum Risikomanagement nichts sagen zu können, da dies eine andere Abteilung betreffen würde. In diesem Zusammenhang ist auch nicht klar, ob sich diese Abteilung auch mit dem Risiko des Erfahrungswissensverlustes von zukünftigen Pensionären bzw. Abgängen beschäftigt oder ein Bewertungssystem aufgestellt hat. Es gibt auch vielfach keine Aufzeichnungen, was zu tun wäre, wenn ein Mitarbeiter in Pension geht, allerdings die Notwendigkeit einer entsprechenden Planung der zu treffenden Schritte ist erforderlich. Das Thema Erfahrungswissen und Risikomanagement wird folglich in Unternehmen strukturell nicht behandelt. Wenn jemand das Unternehmen, unabhängig von Pensionierung, verlässt, wird oft gesagt „Wahnsinn, dass man so jemanden gehen lässt“ (vgl. I10, Z. 277-278), da dieser eine extreme Lücke hinterlässt und sein enormes Wissen mitnimmt. 8.2.4.2 Identifikation von Schlüsselkräften bzw. -positionen Von der unmittelbaren Pensionierung entfernt, gibt es in einigen Unternehmen Konzepte zur Identifikation von Schlüsselkräften bzw. –positionen. Dies wird aber sehr unterschiedlich gehandhabt. Spezieller Fokus liegt hier auf Führungskräfte und deren Nachfolge- bzw. Stellvertreterregelungen (auch Crash-Pläne). In manchen Unternehmen werden global Schlüsselpersonen (Expertenstatus) identifiziert, die über spezielles Know-how verfügen (z. B. über Mitarbeitergespräche). Diesen Personen wird in manchen Fällen auch eine zweite Person (mehr als nur eine reine organisatorische Vertretungsregelung) zur Seite gestellt, sodass ein allfälliger Ausfall (Pensionierung, Kündigung, Krankheit oder Urlaub) leichter abgefangen werden kann. Diese Maßnahmen, die mit erhöhten Personalkosten einhergehen, stellen eher die Ausnahme dar. Die meisten Unternehmen kennen die Kompetenzen ihrer Mitarbeiter nicht im Detail und haben auch keine geeigneten Systeme, um diese abzufragen. Der Versuch, den Weggang eines Mitarbeiters und sein Erfahrungswissen in Geldeinheiten zu messen, wurde noch nicht unternommen (vgl. 8.2.6 Wissensbewertung (Kosten), S. 119), da es sehr schwierig ist. Ein Zinsänderungs- oder Kreditausfallsrisiko hingegen lässt sich leicht berechnen. Es wird als Risiko erkannt und auch als negativ für den Unternehmenserfolg angesehen, aber je größer die Organisation ist, 107 desto leichter kann so ein Weggang (durch bestehende Stellvertreterregelungen und umfangreiche IT-Dokumentationen) abgefangen werden. In kleineren Unternehmen wird das Risiko allerdings etwas höher eingeschätzt, wenn z. B. der Unternehmensjurist oder der Rechnungswesenspezialist, der für den Jahresabschluss verantwortlich ist, die Organisation verlässt. Als unmittelbare, rasche Lösung sehen die Befragten die Möglichkeit des externen Zukaufs von Know-how. Dass die Bedeutung der negativen Auswirkungen auf das Unternehmensergebnis zwar erkannt, aber nicht strukturell angegangen wird, wird damit begründet, dass es den gleichen Effekt auch bei guter Leistung gäbe und der Mehrwert nicht beziffert werden könne. Im Vertrieb wäre im Gegensatz zum Innendienst die Bewertung einfacher, da hier der Leistung ein Bruttoertrag gegenüberstünde. Grundtenor in beiden Branchen ist, dass die Bedeutung des Personalrisikos in den nächsten Jahren an Stellenwert gewinnen wird und daher jene Positionen, die einen besonderen Hebel auf den Unternehmenserfolg haben, zu identifizieren sind. Um das Know-how zu binden, sind diese Positionen frühzeitig mit geeigneten Personen nachzubesetzen. 8.2.5 Wissensverlust und Wissenssicherung durch Transfer Im Kapitel 3.2 Wissen: Verlust – Teilen – Bewahren, S. 26ff wurden die Arten von Wissensverlusten und der Transfers von (Erfahrungs-)wissen thematisiert. Wie das Thema „Wissensverlust“ und welche Maßnahmen zur Wissenssicherung in der Praxis getroffen werden, beantwortet diese Kategorie. 8.2.5.1 Wissenstransfer Bei Personalveränderung wird zwischen den erwarteten und den überraschenden Veränderungen unterschieden. Planmäßige Pensionierungen zählen zu den erwarteten mit einer gewissen Übergabezeit, die genutzt werden kann, Wissen zu übergeben und somit nicht zur Gänze zu verlieren. Bei überraschenden Veränderungen sind die unmittelbaren Führungskräfte gefragt, teilweise auch interimistisch Themen zu übernehmen, bis ein neuer Mitarbeiter gefunden und eingeschult wurde. Mitarbeiterabgänge werden oftmals auch als Anlass genommen, umzustrukturieren und Bestehendes zu hinterfragen. 108 8.2.5.1.1 Bindung an die Person Unabhängig vom Alter, aber abhängig von der Zugehörigkeit ist das Unternehmenswissen (historisches Wissen) an die Person gebunden. Die Weitergabe von reinem fachlichen Know-how (vgl. Kapitel 8.2.5.1.2 Dokumentation, S. 109) stellt nicht das Problem dar, sondern die Weitergabe des historischen Wissens (Unternehmens- und Veränderungserfahrung). Mitarbeiter können auch ohne historisches Wissen ihrer Arbeit nachkommen, es dauert allerdings manchmal länger. Expertennetzwerke Expertennetzwerke sind in den Köpfen der Mitarbeiter gespeichert und somit deren persönliche Kontakte und Beziehungen (inoffizielle Struktur). Sie wachsen mit der Dienstzugehörigkeit und sind aus guten Erfahrungen mit diesen Personen im Laufe der Zeit entstanden. Sie verschaffen einen leichteren Zugang zu speziellem Expertenwissen, das ist insbesondere in Großkonzernen sehr hilfreich. Die Weitergabe der Kontakte erfolgt on-the-job. Ein extern dokumentiertes Expertennetzwerk gibt es nicht, sondern nur dokumentierte Ansprechpartner bzw. Organigramme (offizielle Struktur; meistens im Intranet abrufbar). Ein Unternehmen führt Wissenslandkarten, in welchen die „Wissensinseln“ der Organisation erkennbar sind. Wenn Netzwerke nicht dokumentiert sind oder weitergegeben werden, müssen sich neue Mitarbeiter durchfragen und das verursacht unproduktive Zeit. Weitergabe von Erfahrungswissen Da Erfahrungswissen an die Person gebunden ist, ist dieses sehr schwer formell weiterzugeben, insbesondere wenn es sich um unbewusstes Wissen handelt, welches aus reiner Routine entsteht. Die optimale Form der Weitergabe ist hier die Erzählform bzw. das „Mitlaufen“ mit den Betroffenen. Wissensweitergabe ist mehr als die reine Informationsweitergabe, sie muss beim Empfänger den sogenannten AhaEffekt auslösen. Zukünftigen Pensionären werden daher jüngere Mitarbeiter zur Seite gestellt, damit diese das Aufgabengebiet durch direktes Erfahrenlernen übernehmen können (so eine Art Job-Sharing-Modell). Einige Unternehmen, die rechtzeitig die Nachfolgen planen, nehmen bewusst Mehrkosten in Kauf, damit der Wissenstransfer optimal funktioniert. Experten bringen dem Unternehmen einen Mehrwert, wenn sie ihr Wissen so strukturieren und kommunizieren können, dass es andere Mitarbeiter verstehen. 109 Ältere, erfahrene Mitarbeiter werden häufig als interne Trainer eingesetzt bzw. auch für die Einschulung neuer Mitarbeiter in Anspruch genommen. In einigen Unternehmen werden kürzere Seminare veranstaltet, in denen ein Überblick über die Aufgaben und Verantwortung einzelner Bereiche gegeben wird, um das gemeinsame Verständnis zu erhöhen. In Unternehmen, wo das Thema der Übergabe des Erfahrungswissens nicht strukturell angegangen wird, ist es dem Mitarbeiter selbst dennoch ein Anliegen, sein Wissen weiterzugeben, d. h. die Intention und Motivation kommt vielfach vom Mitarbeiter und nicht von der Führungskraft. Festzustellen ist allerdings, dass mit der Einführung von E-Learning-Systemen faceto-face-Seminare eingeschränkt werden. Der Mensch ist durch seine Erfahrung nicht vollständig ersetzbar, daher muss Erfahrungsaustausch gelebt werden. „Wissen hat mit Reden zu tun“ (I16, Z.220) und Erfahrung ist nur persönlich vermittelbar. 8.2.5.1.2 Dokumentationen Dokumentation ist in beiden Branchen das meist angewandte Wissenssicherungsmittel. Banken haben hier eine Vorreiter-Rolle, was in der Natur des Geschäftes liegt. Dokumentationen sind hier aufgrund gesetzlicher Erfordernisse zum Einhalten von Richtlinien notwendig. Versicherungen haben zwar Dokumentationen, aber die Realisierung des Risikos erfolgt erst mit Eintritt eines (un)wahrscheinlichen Schadens und könnte im Einzelfall noch rechtzeitig korrigiert werden. Bei Banken hingegen kann eine Menge unrichtiger Risikobeurteilungen die Existenz des Unternehmens gefährden. Dokumentationen in Form von Dokumenten, Reports, Protokollen, FAQ-Dokumenten, diversen Handbüchern, Prozessabläufen, Produktinformationen oder Datenbanken gibt es in jeder Abteilung in verschiedenen Ausprägungen und stellen die Grundlage dar. Wie viel und was dokumentiert wird, hängt sehr stark von der jeweiligen Abteilungsgröße, dem Bereichsspezifikum und der Datenmenge und –größe ab. Über Dokumentationen ist ein gewisser Wissenstransfer gegeben. Eine Schwierigkeit stellt das Dokumentieren von Erfahrungswissen dar, da auch nicht bewusst ist, was alles dokumentiert werden sollte. Die Gefahr, dass die Dokumentation am Ende des Dokumentationsprozesses wieder veraltet ist, wäre groß. Ein geschäftlicher Kontext zum Dokumentieren ist sehr wichtig, da es sonst nicht 110 verstanden wird. Einzelne Dokumente oder E-Mail-Verkehr aufzubewahren ist grundsätzlich sinnvoll, aber ob dieser im Bedarfsfall gefunden wird bzw. wo und in welchem Zusammenhang zu suchen wäre, ist unklar. Die Gefahr bei übertriebenem Dokumentieren ist, dass man unter Umständen nur totes Wissen besitzt. Wissen über Kunden kann schwer dokumentiert, sondern nur persönlich übergeben werden. Da es in vielen Positionen (Schlüsselpositionen) um persönliche Kontakte geht, muss das relevante Wissen allfälligen Nachfolgern mit entsprechender Vorlaufzeit persönlich übergeben werden. Dokumentationssysteme werden eingesetzt um Zentralisierungen voranzutreiben (z. B. Call-Center). Ein Kunde ruft in einem Unternehmen an und dessen Kundenhistorie ist dann in einem zentralen System gespeichert (sofern es gut dokumentiert wurde). Das trägt zur Kundenzufriedenheit bei. Zentralisierungen dienen der optimierten Zusammenarbeit zwischen Kunden und Unternehmen. Früher war das ganze Wissen im Kopf des Mitarbeiters bzw. in den Köpfen von zwei Mitarbeitern (Außenund Innendienst) gespeichert. Wenn die Kooperation zur Kundenzufriedenheit beigetragen hat, stellte das kein Problem dar. Ineffizient wurde es dann, wenn einer ausfällt. Beide Formen haben ihre Vorteile. Die Tendenz geht allerdings stark in Richtung technische Dokumentation, um sich von einzelnen Personen unabhängiger zu machen. Geht ein Mitarbeiter in Pension, hilft es zumindest, wenn ein Teil seines Wissens in Form von Handbüchern dokumentiert ist, da dies als Stütze (z. B. für neue Mitarbeiter) verwendet werden kann. Das Aufwand-Nutzen-Verhältnis muss hier mitbedacht werden. Die beste Vorgängererfahrung kann immer hinterfragt werden, wenn sich ein anderer, besserer, schnellerer Weg der Lösung findet. Das nennt sich Weiterentwicklung. Kollektive Wissensdatenbanken über ein Unternehmen/einen Konzern gibt es nicht und Dokumentationen werden hauptsächlich abteilungsspezifisch gehandhabt. Die Revision wird öfters als jene Abteilung genannt, die fehlende Dokumentationen kritisiert, da Dokumentationen dabei helfen Risiken zu reduzieren. 8.2.5.1.3 Besprechungen – Konferenzen - Meetings Neben den klassischen Dokumentationen gibt es in Unternehmen auch eine Reihe von Meeting-Strukturen. Die richtige Dosis an Meetings ist optimal für den Wissenstransfer. 111 In allen Unternehmen gibt es geplante und ungeplante Besprechungen und Konferenzen, die den Wissensaustausch fördern. Im Rahmen von Führungskräfteentwicklungen finden auch Führungskräftekonferenzen (z. B. einmal im Jahr) statt, wo Führungskräfte teilnehmen, Pultreferate hören oder Parallelworkshops zu unterschiedlichen Themen besuchen. Im Rahmen dieser Konferenzen können sehr viele inhaltliche Impulse geholt werden. Diese Art von Konferenzen gibt es nur in wenigen Unternehmen. Neben der klassischen Besprechung ist auch das sogenannte „Tratschen“ (z. B. Kaffeepausen, Mittagstische, Business Breakfast) enorm wichtig. Der zwanglose Austausch für den informellen Wissenstransfer wird als positiv erwähnt, aber selten offiziell gelebt bzw. toleriert. Gerade dieser fördert das abteilungsübergreifende und somit universelle unternehmerische Denken und Handeln (z. B. Techniker versteht Marketing besser und vice versa). Kurzfristig wird es als Zeitverschwendung gesehen, da es in der GuV unmittelbar keinen Ertrag bringt. Langfristig sind die positiven Effekte nicht zu unterschätzen. Zusammenfassend kann gesagt werden, dass zur Wissensteilung formelle (Dokumentation, Meetings) und informelle Strukturen (Kaffeepausen) dazugehören. „Wissen ist nichts, was fix wo steht, sondern das lebt, das verändert sich, das wird angereichert, das wird verworfen, das wird verbessert, und irgendwann einmal wird es sozusagen zum State-of-the-Art zu einer Lösung und das ist eher was Dynamisches, als was Statisches. Also ich persönlich finde, die Datenbank ist wichtig zum Nachschauen, aber in Wirklichkeit ist viel wichtiger, dass die Leute darüber reden, was sie da drinnen gefunden haben und ob das jetzt richtig oder falsch ist und ob wir das ändern wollen…“ (vgl. I16, Z. 242-247). 8.2.5.1.4 Einführung ins Unternehmen Es gibt verschiedene Modelle, Mitarbeiter in das Unternehmen einzuführen. Strukturell verankerte Mentorenmodelle, in denen ein (älterer, erfahrener) Mitarbeiter, dem neuen zur Seite gestellt wird, ist nicht bzw. nur in Ausnahmefällen anzutreffen. In Abteilungen, in denen es tendenziell zu höheren Fluktuationen kommt (insbesondere Customer-Care bzw. Call-Center) ist es sehr gebräuchlich. Patenprogramme sind für die soziale Integration sehr wichtig. Vielfach übernehmen die unmittelbaren Führungskräfte eine Art Mentorenfunktion und für die fachliche Einschulung wird ein Lernpartner zur Seite gestellt. Lernpaten oder –partnerschaften sind üblich, aber keine klassischen Mentoren. Der Betriebsrat übernimmt auch in manchen Fällen eine wichtige Rolle. Wenn Mitarbeiter neu in ein Unternehmen kommen, dann erhalten 112 diese in manchen Unternehmen eine Willkommensmappe, in der alle wichtigen Themen zusammengefasst sind (z. B. Umgang mit Passwörtern, Umgang mit dem Intranet, ein Organigramm, Überblick über Sozialleistungen …) oder es gibt einen Willkommenstag. Auf jeden Fall gibt es einen ersten Ansprechpartner. Wissensvermittlung erfolgt in den ersten Tagen meist in komprimierter Form durch Einführungstage bzw. –workshops, in welchen Wissen über Strategie, Vision und Geschichte des Unternehmens vermittelt wird und Besuche diverser Abteilungen „Rundlauf durch das Unternehmen“. Das gibt einen ersten Überblick, wie die einzelnen Abteilungen miteinander vernetzt sind, danach erfolgt die Weiterentwicklung direkt am Arbeitsplatz durch „Training on the Job“ und „Learning by Doing“. Die Form der Lernpartnerschaften wird auch bei größeren Umstrukturierungen (z. B. Unternehmenszusammenlegungen) angewendet, da die Bewältigung in Form klassischer Schulungen organisatorisch nicht realisierbar wäre (z. B. Organisation von Trainern, Räumlichkeiten, Bewältigung Tagesgeschäft…). Als Lernpartner sind Mitarbeiter tätig, die bereits länger dem Unternehmen zugehörig sind. Sie fungieren oftmals auch als interne Trainer. Sie geben Wissen über Prozesse und Aufgaben an andere weiter. Da bestimmtes Wissen an der Person selbst hängt, ist eine Wissensweitergabe nur in persönlicher Form möglich. Bei geplanten Austritten ist es unerlässlich, dass Ausscheidender und Neuer eine gewisse Zeit parallel zusammenarbeiten (können). Das Wissen über interne Systeme und Produkte gibt es außerhalb des Unternehmens nicht und kann daher auch nur intern durch „Training on the Job“ vermittelt werden. Lernpartnerschaften stellen daher ein legitimes Einschulungs- und Ausbildungsmittel dar. 8.2.5.1.5 Job-Rotation Job-Rotation ist in den Unternehmen nicht in der Form standardisiert, dass jeder Mitarbeiter jede Abteilung im Laufe seines Arbeitslebens kennenlernt, da es zu hohe Kosten verursacht. Job-Rotation passiert meistens auf Basis von Einzelinitiativen (z. B. interner Stellenwechsel). Klassische Job-Rotation gibt es nur bei TraineeProgrammen oder auch innerhalb von Controlling-Abteilungen. Job-Rotation vom Vertrieb in die Zentrale oder umgekehrt, wäre für das Unternehmen einfach zu teuer. Die beste Wissensweitergabe bieten aus diesem Grund oft Umstrukturierungen von Abteilungen/Unternehmen. 113 8.2.5.1.6 Entwicklungs- und Nachfolgeplanung Die Entwicklungsplanung (Nachfolgekonzepte, Talent-Management-Programme, Karrieremodelle etc.) ist ein wichtiges Instrument, um Erfahrungswissen/Know-how und die Mitarbeiter an das Unternehmen zu binden. Eine qualitativ gute Nachfolgeplanung bedarf einiger Jahre an Vorbereitung. Mit Talent-Management-Programmen wird das Ziel verfolgt, für Führungskräfte und Schlüsselpositionen eine strukturierte Nachfolgeplanung aufzubauen. In Nachfolgekonzepten gibt es die Unterscheidung zwischen „Notfallkandidaten“ (auch Einspringen im Falle längerer Krankheit) und tatsächlich potenziellen Nachfolgern. Diese müssen nicht dieselbe Person sein. In den oberen hierarchischen Positionen gibt es kurz- und mittelfristige Nachfolger bzw. einen Crash-Plan. Bei einem Nachfolger für einen Crash-Plan wird hauptsächlich auf Führungserfahrung geachtet, bei einem langfristigen Nachfolger stehen die Entwicklung von Fach- und Führungs-Know-how im Vordergrund. Wenn Vertretungsregeln gut aufgebaut sind, dann muss Wissen im Unternehmen bleiben. Es ist aber nicht zu unterschätzen, wenn tatsächlich mit Schlüsselpersonen unerwartete Dinge passieren (z. B. Krankheit, Kündigung …). In einigen Unternehmen haben Führungskräfte ab der zweiten Managementebene verpflichtend einen Stellvertreter, der in alle Agenden eingebunden werden muss, damit im Ernstfall rasch eine Nachfolge vorhanden ist. Ein Unternehmen muss es auch zulassen, dass frühzeitig Nachfolgeregelungen installiert werden, wenn jemand in Pension geht, da dies mit erhöhten Personalkosten während einer gewissen Zeit verbunden ist. In allen Bereichen ist es aber nicht möglich Stellvertreter zu positionieren. Alternativen sind aber immer wünschenswert. Mitarbeitergespräche werden regelmäßig sowohl im Innen- wie auch im Außendienst durchgeführt. Im Innendienst sind diese Gespräche besonders wichtig, da ein Außendienstmitarbeiter, der einmal erfolgreich im Vertrieb tätig ist, nicht mehr das Unternehmen wechselt. Wenn Innendienst-Mitarbeiter ein besseres Angebot bekommen (z.B. in einer kleineren Firma, wo die gleiche Position bereits mit einer Führungsposition verbunden ist), dann sind diese meistens weg und mit ihnen ihr Know-how. Diese Mitarbeiter, die meistens weniger als zehn Jahre im Unternehmen sind, müssen mit einer entsprechenden Entwicklungsplanung aufgefangen werden. Der Ersatz einzelner Personen in einem Großunternehmen wird nicht als Problem gesehen, das Wegbrechen eines gesamten Teams sehr wohl. Einige Unternehmen 114 haben daher für jede Schlüsselposition einen potenziellen Nachfolger und legen sehr viel Wert darauf, dass ihre Führungskräfte sich Gedanken über die Identifikation und den möglichen Ausfall von Schlüsselpersonen machen. Nachfolge- und Retentionsmanagement wird in einigen Unternehmen unabhängig von Pensionierungen gemacht und gilt für sämtliche Führungskräfte und Schlüsselpositionen, die identifiziert sind. 8.2.5.1.7 Übergabe im Außendienst Im Vertrieb spielt das Alter eine weniger wichtige Rolle als bei Innendienstjobs. Das hängt damit zusammen, dass es für ältere Kunden auch ältere Vertreter geben muss und eben vice-versa. Auf das Erfahrungswissen von älteren Mitarbeitern wird vor allem im Vertrieb bewusst zurückgegriffen. Insbesondere in der Versicherungsbranche gibt es Teamund Partnermodelle, die maximal sieben Jahre vor der Regelpension Anwendung finden. Der Grund hierfür liegt in der Natur der vielen persönlichen Kontakte und des großen Kundenstockes, die sich ein Außendienstmitarbeiter im Laufe seines Arbeitslebens erarbeitet und aufgebaut hat. Dieser soll für die Organisation auch nach seiner Pensionierung nutzbar bleiben. Aus diesem Grund wird dem älteren Mitarbeiter ein jüngerer zur Seite gestellt. Diese Zusammenarbeit kann auch mit einem Lehrling stattfinden. Die besten Teamlösungen gibt es im Familienverbund, da hier das Vertrauen besonders groß ist und die Konkurrenzsituation kaum vorhanden ist. Ein älterer Mitarbeiter lässt ungerne einen Fremden in seinem Kundenbestand arbeiten, obwohl gerade der junge Mitarbeiter dort Neugeschäft akquirieren könnte, zu dem der Ältere weniger Zugang hat ((Enkel-)Kinder der Kunden). Die jeweilige Altersgruppe versteht ihre eigene Altersgruppe immer besser. Dieser Nutzen kann in der Praxis schwer dargelegt werden. Wechselt ein Vermittler, ist der Kundenstock bedroht, wobei die Fluktuation meistens in den ersten Jahren geschieht (Nachwuchsproblematik), solange der Kundenstock noch keine beachtliche Größe erreicht hat. Im Falle einer Pensionierung ohne potenziellen Nachfolger kann das sehr wohl zu einem Problem werden, da die Wechselbereitschaft der Kunden bei Verlust des direkten Ansprechpartners sehr hoch ist. Im Bankenbereich wird das Risiko des Wechsels eines Großkunden durch einen Betreuerwechsel sehr gering eingeschätzt, da für den Kunden ein enormer Aufwand 115 mit der Änderung seiner Bankverbindungen verbunden ist. Im Privatkundenbereich ist das durchaus möglich, da hier der Wechselaufwand gering eingeschätzt wird. Im Außendienst ist das Wissen um den Kunden entscheidend, da der Vermittler über Jahre eine Beziehung zum Kunden aufgebaut hat und dessen Probleme, Sorgen und Vorlieben kennt. Der Kunde kann sich im Gegenzug auf seinen Vermittler verlassen. Wenn nun rechtzeitig ein jüngerer Mitarbeiter, der potenzielle Nachfolger, den zukünftigen Pensionär zu Terminen begleitet, kann dieser eine Beziehung zum Kunden aufbauen und somit die Bindung des Kunden an das Unternehmen stärken. Die Vertragsgestaltung eines Kundenbetreuers in einer Bank ist historisch bedingt anders als in der Versicherungsbranche. Im Bankenbereich werden ältere Mitarbeiter eher als interne Trainer oder für Projekte eingesetzt. Der bestehende Unterschied zwischen Innen- und Außendienst ist in den Interviews bei Versicherungen ganz klar hervorgegangen. 8.2.5.1.8 Wissen ist Macht Eine „Wissens-Ist-Macht“-Mentalität kann es vereinzelt in den Unternehmen geben. Allerdings wird die Meinung vertreten, wenn jemand sein Wissen hortet, dann gibt es sicher andere, die befragt werden können bzw. einem weiterhelfen. An kritischen Punkten greifen auch die vorher erwähnten Nachfolge- und Stellvertreterregelungen. Es gibt Führungskräfte, die Angst haben, wenn ihre Mitarbeiter zu stark oder zu groß werden oder dass es ihnen selbst schaden könnte, wenn die Mitarbeiter zu viel wissen. Aber es spricht für die Führungskraft, wenn sie Mitarbeiter mit entsprechendem Potenzial hat. Die Weitergabe von Wissen im Sinne von reinen Informationen macht einen Menschen nicht ersetzbar, weil zu einem Job mehr gehört als nur das Wissen, sondern auch die Fähigkeiten und der Mensch selbst. Jeder Mitarbeiter ist auch nicht für jeden Job geeignet. Die Weigerung der Wissensweitergabe macht auch ersetzbar, da das bestehende Wissen mangels Austausch nicht mit neuem angereichert wird und somit veraltet. Es wird auch die Meinung vertreten, dass die Notwendigkeit der Wissensweitergabe nicht zu sehr überbewertet werden sollte, da es auch die Halbwertszeit des Wissens gäbe. D.h, das was man vor vier Jahren gelernt hat, ist heute nur mehr die Hälfte wert. Allerdings wird auch festgestellt, dass z. B. im Versicherungsbereich die Rückversicherung noch immer so funktioniere wie vor zehn Jahren und hier die vorher genannte Theorie nicht zutreffe. Halten Mitarbeiter ihr Wissen absichtlich 116 zurück, schaden sie sich selbst auf Dauer, da sie solange keine qualifizierte Entlastung durch einen anderen Mitarbeiter bekommen können. Teilweise gibt es bei älteren Generationen die „Wissens-Ist-Macht“-Mentalität“. Da sich heute Produktgenerationen und die IT sehr rasch verändern, kann Wissen, welches mehr als 20 Jahre gehortet wird, nicht mehr alleine Macht bedeuten, d. h. auch junge Mitarbeiter, die offen gegenüber Veränderungen sind, gewinnen sehr rasch an sogenannter Macht. Als möglicher Grund des „Wissen horten“ wird die Mitarbeiterabbau-Strategie in Unternehmen gesehen. Mitarbeiter behalten aus Angst, ersetzt zu werden, ihr besonderes Wissen aus Selbstschutz für sich. 8.2.5.2 Lebenslanger Arbeitsplatz Dem Thema der „Wissenssicherung“ muss man sich nicht nur wegen der möglichen Auswirkungen des demografischen Wandels stellen, da es den lebenslangen Arbeitsplatz und die damit verbundenen enormen Wissenstanks nicht mehr gibt. Andere vertreten wiederum die gegenteilige Meinung, dass gerade deswegen vermehrt auf das Thema „Wissenssicherung“ gesetzt werden muss, da die Fluktuation bei jungen Mitarbeitern sehr hoch ist. 8.2.5.3 Wissensverlust Durch eine frühzeitige Pensionierung älterer Mitarbeiter als Kostensparmaßnahme hat das Unternehmen einen Wissensabgang. Um Kosten zu sparen, werden junge Mitarbeiter, direkt von der Uni, rekrutiert. Einen Wissensabfluss hat ein Unternehmen nicht nur durch Pensionierungen, sondern auch durch Kündigungen. Der Abgang eines Mitarbeiters mit einer Dienstzugehörigkeit von fünf bis zehn Jahren, kann ein schmerzlicher Verlust sein. Pensionierungen sind im Gegenzug zu Kündigungen langfristig hinsichtlich der Nachbesetzung planbar. Kündigungen zeichnen sich durch eine sehr kurze Kündigungsfrist aus, die sich dann meistens mit Resturlaubsbeständen deckt. In der kurzen Kündigungsfrist findet sich kaum adäquater Ersatz. Es werde aber die Meinung vertreten, dass Wissen recht rasch am Markt zukauft werden könne. Die Pensionsnachfolgeplanung geschieht oftmals erst, wenn das Auslösungsdatum bekannt ist oder dem Mitarbeiter ein „Golden-Handshake“ angeboten wird. Durch eine zu späte Planung geht wertvolles Erfahrungswissen verloren, da keine Möglichkeit mehr besteht, einen jungen Mitarbeiter lange genug zu betreuen, um ihm das Wissen auch weitergeben zu können. Es wird auch 117 betont, dass nicht jeder alte Mitarbeiter, der in Pension geht, für das Unternehmen wertvolles Wissen besitzt. Ein Retentionproblem gibt es dort, wo Mitarbeiter in einer kurzen Zeitspanne das Unternehmen verlassen (z. B. zu wenig Gehalt, fehlende Weiterentwicklungsmöglichkeiten…). Solche Ereignisse sind nicht planbar, da kann nur auf eine funktionierende Nachfolgeplanung gebaut und gehofft werden und dass es jemanden mit der entsprechenden Expertise in der Organisation gibt. Dies kann zu einem Bedrohungspotenzial werden. Durch entsprechende frühzeitige Entwicklungsmöglichkeiten der nachfolgenden Jungen wird durch Bindung versucht, dass (zukünftige) Know-howTräger das Unternehmen nicht verlassen. Die Wechselbereitschaft von jüngeren Mitarbeitern ist auch höher, da es das Definitivum2 im Kollektivvertrag nicht mehr gibt. Ältere Mitarbeiter tun sich nach 15 bis 20 Jahren mit ihrer Qualifikation und dem Gehalt, welches sie verdienen, schwerer, auf dem Markt einen passenden Job zu finden. In dieser Mitarbeitergruppe ist die Fluktuation eher gering. Ein Mitarbeiter, der zehn Jahre im Unternehmen ist, wechselt nicht mehr, die Fluktuation ist zwischen drei und fünf Jahren am höchsten. Gerade zu einer Zeit, in der der Mitarbeiter am meisten an Kosten verursacht und noch nicht die Leistung erbracht hat, die er hätte erbringen können. Die Altersstruktur verändert sich hier kaum, da für einen Jungen, der geht, ein Junger nachkommt. Die Bindung zum eigenen Unternehmen ist insgesamt geringer geworden. Know-how-Verlust tritt auch sehr oft im Zusammenhang mit Restrukturierungsmaßnahmen ein, wenn damit ein Ortswechsel für den Mitarbeiter verbunden ist. Wenn Mitarbeiter ihren Wohnort nicht wechseln möchten oder aus familiären Gründen nicht können, werden diese in der Regel großzügig abgefertigt. Mit deren Weggang wird sehr viel Unternehmenswissen vernichtet. Neue Mitarbeiter müssen dann am neuen Standort rekrutiert werden. Die Gesamt-Kosten-Nutzen-Rechnung ist nach Angabe der Interviewten langfristig erfolgreich. Wissensverlust tritt auch ein, wenn jemand den Anschluss zur Organisation durch temporäre Abwesenheit verliert und somit sein Wissen veraltet. Als Beispiel werden hier Karenzurlauber oder sehr lange Krankenstände genannt. Das Risiko des Wissensabflusses wird aber als gering eingeschätzt, wenn es nur einzelne Mitarbeiter betrifft. Ein Unternehmen darf sich auch nicht von einzelnen 2 Unkündbarstellung gemäß Kollektivvertrag, ähnlich einer Pragmatisierung bei Beamten. 118 Wissensträgern abhängig machen. Zu Problemen kann es kommen, wenn ein Unternehmen aus Kostengründen die Mitarbeiteranzahl extrem verschlanken muss. Wenn ein Rädchen in einem großen Unternehmen ausfällt, dann fällt das nicht besonders ins Gewicht. In einem kleineren Unternehmen, wo es sehr viele Kopfmonopole gibt, kann das mitunter zu einem Problem werden. In einem großen Unternehmen kann es nur auf Abteilungsebene bei einem Ausfall mehrerer Mitarbeiter zu einem Problem führen. In diesem Zusammenhang wurde die Schadenabteilung genannt, wo sich die Qualität eines Versicherers zeigt. Seit 2005 hat es kein Jahr mehr ohne Naturkatastrophen gegeben, Einsparungen in diesem Bereich sind ein grober Managementfehler. Ob Wissensverlust als Risiko sichtbar wird, hängt sehr stark vom jeweiligen Abteilungsleiter ab, ob dieser das als Risiko erkennt oder eben nicht. Vielfach muss ein Unternehmen erst die Auswirkungen spüren, bevor es zu handeln beginnt. Es gibt auch Fälle, wenn auch selten, dass alle Mitarbeiter einer Abteilung gleichzeitig verhindert sind. Mitarbeiter, die bereits in Pension waren, mussten wieder zurückkommen, um stundenweise auszuhelfen. Solche Fälle sind heute keine Seltenheit mehr. Eine starke Unternehmensbindung fördert hier das Zugeständnis der pensionierten Mitarbeiter, im Notfall dem Unternehmen wieder auszuhelfen. Dies trifft eher auf kleinere Unternehmen zu. In größeren Unternehmen wird angegeben, dass man sogar stolz darauf sei, den Vorgänger nie kontaktiert zu haben. „Ich weiß wie ich X beerbt habe, da haben mir damals die Führungskräfte gesagt, „um Gottes Willen, das wird jetzt eine Katastrophe, die Abteilungsleiterin, war so viele Jahre Leiterin und die weiß alles„. Sag Ihnen ganz offen, ich hab sie kein einziges Mal angerufen. Aber nicht weil ich sie nicht mag, sondern man geht seinen eigenen Weg, man sucht sich die Dinge und manchmal ist es auch ein Vorteil, nicht gehandikapt zu sein vom Erfahrungsschatz der Vergangenheit.“ (vgl. I12, Z. 160-164). Jeder Mitarbeiter geht seinen eigenen Weg, hat eigene Ideen, die Position auszufüllen und wird nicht vom Erfahrungsschatz des Vorgängers behindert. Grundsätzlich organisieren sich die Menschen rundherum neu, wenn Mitarbeiter ausfallen. Das läuft selten friktionsfrei ab, aber schlussendlich, wenn sich jemand um den Prozess kümmert, findet sich irgendwann wieder alles neu. „Wenn Sie sich vorstellen, Eisschollen im Meer, die aneinander treiben, jede Eisscholle repräsentiert einen Menschen und jetzt nehmen Sie mitten drinnen eine raus. Dann verschieben sich die anderen und schließen irgendwann die Lücke. Und genau das passiert in einem Team. Selbst wenn die größte Lücke 119 durch den Abgang einer Person entsteht, es organisieren sich die Menschen neu. Das geht natürlich nicht friktionsfrei, also da liegen Nerven blank, da fliegen die Fetzen, da wird gekämpft, alles Mögliche passiert da. Da kommen Dinge an die Oberfläche. Je nachdem wie es begleitet wird. Wenn da jemand ist, der da dabei ist und etwas lenkt, dann geht das problemlos. Wenn das sozusagen autonom läuft und niemand kümmert sich um so einen Prozess, dann kann das ziemlich harsch werden für alle Beteiligten. Aber letztendlich findet sich ein jeder wieder neu. Es ist so - weiß nicht - Sie kennen den Vergleich, wenn Vögel auf einem Baum sitzen, es gibt einen Knall, dann fliegen alle hoch und nach einer Viertelstunde sitzen sie alle wieder, aber halt woanders. Und so ähnlich ist es da auch. Also es ist irgendwo dazwischen und vor allem, ich wüsste jetzt ehrlich gesagt nicht, wie ich es greifen soll.“ (vgl. I16, Z. 189-202). 8.2.6 Wissensbewertung (Kosten) Die Ermittlung von Kennzahlen ist eine Seite, die andere Seite ist das Bewerten dieser Kennzahlen mit dem richtigen Maßstab (entsprechende Definitionen sind unter 6.3 Wissensbewertung mit Kennzahlen S. 70ff zu finden). Da der Wert des Wissens in der klassischen Bilanz nicht erkennbar ist, ist auch das Bewusstsein des hohen Wertes einzelner Mitarbeiter nicht vorhanden. Dieser wird auch als der „Unsichtbare“ genannt, der nur durch eine Personalnummer eindeutig identifizierbar und entsprechenden Kosten zuordenbar ist. Wissen ist somit nicht direkt, sondern nur über Umwege und daher schwer messbar. Ist Erfahrungswissen wichtig für ein Unternehmen dann können entsprechende Maßnahmen gesetzt werden. Indirekte Messungen über Recruiting-Kosten, Überstunden, Kundenverluste (fehlendes Erfahrungswissen wird als erstes im Vertrieb bemerkt, wenn die Serviceleistungen im Hintergrund nicht optimal ablaufen, Kundenbeschwerden werden aber selten systematisch erfasst) und das In-Bezug-Stellen zum Mitarbeiterverlust, kann diese Sache transparenter machen. Da dies mit einem entsprechenden Aufwand verbunden ist, wird der Mitarbeiter meist auf seine Kosten reduziert. Der Grund hierfür liegt in der Börsennotierung vieler Unternehmen: Der Shareholder-Value genießt eine höhere Bedeutung als der Stakeholder-Value. Dem Mitarbeiterabbau steht vielfach eine klare Zahl „Einsparung an Personalkosten“ gegenüber. Rechnungen über Vermeidungskosten und dem Verlust von Erfahrungswissen werden selten aufgestellt. Ein Vertriebsmitarbeiter ist im Gegensatz zu einem Innendienstmitarbeiter leichter messbar, wobei hier auch nur die Verkaufsstatistiken herangezogen werden können, die aussagen, was ein Mitarbeiter in welchem Zeitraum verkauft hat. Was der Mit- 120 arbeiter für das Unternehmen erwirtschaftet bzw. welches für den Unternehmenserfolg relevantes Wissen er hat (z. B. Kontakte und persönliches Netzwerk), ist schwer nachvollziehbar. Beim Verlust von Erfahrungswissen, der durch Mitarbeiterabbau verursacht wird, weil momentan schwierige Zeiten am Markt vorherrschen, wird von den Praktikern auch genannt, dass sich gerade in Zeiten wie diesen (Konnex zur Finanz- und Wirtschaftskrise) niemand auf Dauer großen Lücken leisten kann, da der Kunde nur bis zu einem gewissen Grad Verständnis hat. Unternehmen geben an, dass die systematische Bewertung von Wissen ein wesentlicher Faktor und eine große Herausforderung seien, sie wüssten aber nicht wie das gehen könnte, da auch eine Unterscheidung in zukünftig relevant und nicht relevant erfolgen müsste. Ein Kundenwert hingegen ist leichter ermittelbar. Aus dem Grund der mangelnden Bewertbarkeit scheiden ältere Mitarbeiter früher aus Unternehmen aus und es folgen junge Mitarbeiter. Der unmittelbaren Kostenersparnis (Differenz Gehaltskosten Pensionär und Gehaltskosten Neuaufnahme) wird der Vorzug gegeben. Die Praktiker würden aber jede halbwegs realistische Kennzahl, die nicht von allzu vielen Faktoren abhängig ist, begrüßen, bezweifeln aber die Entwicklung einer solchen Kennziffer. Kleinere Unternehmen haben zwar selbst keine Systeme, um Wissen zu bewerten, aber sind der Meinung, dass sie sich nicht erlauben könnten, ihre Mitarbeiter, die in der Regel auch Experten sind, auf ihre Personalkosten zu reduzieren. Mitunter könnten sie sich dann vom Markt verabschieden. Es wird auch angegeben, dass im Zuge von Projekten zum demografischen Wandel versucht wurde, Erfahrungswissen zu bewerten (im Innen- wie im Außendienst). Aufgrund der hereinbrechenden Krise wurde das Thema ad acta gelegt, d. h. im Alltag findet sich dafür kaum Zeit. Fakt ist, dass erst mit dem Fehlen von bestimmten Mitarbeitern deren Verlust bemerkt wird. Annäherungen zur Bewertung wären in einer Personalanforderung gegeben, da hier genau dargestellt werden muss, warum der Bedarf besteht und welche Anforderungen zu welchen Kosten diese Person mitbringen muss. Der Nutzen, der hier dargestellt wird, wäre genau das, wenn die Person wegfallen würde, eine Quantifizierung müsste allerdings auf dieser Basis folgen. 121 8.2.6.1 Befristete Verträge Ein Grund in der mangelnden Bereitschaft Wissen und den Wert eines Mitarbeiters zu messen, liegt vermutlich in den befristeten Vorstandsverträgen. Für die Manager zählt das kurzfristig, möglich erreichbare, finanzielle Ergebnis, die Ursachen werden dabei vernachlässigt. Wenn Manager auch länger in Positionen sind (die Verträge wurden in der Vergangenheit immer verlängert), weisen diese dennoch kein erhöhtes Bewusstsein für diese Thematik auf. „Ein Statement neulich auf einer Folie: Heute geht es darum Personalkapazität abzubauen, damit die Quartalsergebnisse möglichst gut aussehen. 2020 müssen wir das, was wir heute abbauen wieder schauen, dass wir es wieder reinkriegen, um die Fluktuation der alten abgehenden Abgänge kompensieren zu können.“ (I99, Z. 312-318). 8.2.6.2 Senioritätsprinzip Die Situation mit den Frühpensionierungswellen würde sich beruhigen, wenn es kein Senioritätsprinzip mehr in den Gehaltskosten gäbe, da das Alter (Dienstzeiten) als einzige objektive Größe für die Steigerungen nicht haltbar wäre. Wenn das Einstiegsgehalt zu Beginn der Karriere höher wäre, in der Mitte der Erwerbszeit auf seinen Höchststand klettere und dann wieder nach unten ginge, würden Modelle wie Altersteilzeit eher angenommen werden, womit auch das Erfahrungswissen gesichert übergeben werden könnte. Mit dem momentanen System verlieren die Mitarbeiter zu viel auf ihre Pension. So ein Modell müsste aber auf Lebenszeit geplant werden und würde das Verbleiben der Mitarbeiter in der Organisation sicherstellen, bräuchte aber auch eine gesellschaftliche Rückdeckung, die im konservativen Österreich eher unwahrscheinlich ist. 8.2.6.3 Balanced Scorecard Einige Unternehmen geben an, dass sie eine Balanced Scorecard haben, in der Kennzahlen wie Fluktuationsrate, Nachbesetzungsdauer von Führungskräften bzw. interne/externe Nachbesetzung von Positionen relevant sind. In manchen Unternehmen wird der Vertrieb allein mittels BSC gesteuert. Andere Unternehmen hingegen, haben lediglich Kennzahlen, aber keine Maßnahmen darauf aufbauend und auch kein in irgendeiner Form vorhandenes Frühwarnsystem. Manche Interviewpartner wissen gar nicht, ob das Unternehmen eine BSC hat oder geben an, es gibt eine, aber es fiele nicht in ihren Zuständigkeitsbereich. 122 Bestätigt wird, dass eine Visualisierung mit Ursache-Wirkungsketten die Auswirkungen des Verlustes an Erfahrungswissen auf das Finanzergebnis aufzeigen und transparent darlegen könnte, aber dennoch sind Daten und Fakten für die Managementebenen (Vorstand, Aufsichtsrat) unumgänglich. 8.2.7 Eigene Pensionierung In dieser Kategorie wurde mit den Fragen „Denken Sie daran, Sie gehen morgen in Pension, was wäre dann? Was würden Sie vorher tun? Was würden Sie sich wünschen?“ versucht, die persönliche Einstellung der interviewten Person zum Thema Pension bzw. Weggang aus der Organisation festzustellen. Einige wünschen sich, dass sie weiter in Form eines Beraters eingebunden sind und bei Projekten mithelfen könnten. Andere wiederum werden ihr Berufsleben abschließen und sich Familie und Hobbys widmen. Andere werden sich nutzlos fühlen. Es streben junge Mitarbeiter nach und die müssen einfach ihre eigenen Erfahrungen und Fehler machen, diese möchten selten jemanden an ihrer Seite haben, den sie im Ernstfall fragen könnten. Das entspricht nicht der österreichischen Kultur. Ein Rückblick und eine Erfüllung mit Stolz über die eigenen Leistungen während des Arbeitslebens und in weiterer Folge eine Verabschiedung im Rahmen einer Riesenveranstaltung wäre wünschenswert. Auf dieser wäre eine offizielle Amtsabtretung und ein Danke möglich. Die Hoffnung, dass die „Zurückbleibenden“ und Nachfolger „Schade“ und nicht „Gott sei Dank“ sagen werden. Viele würden sich wünschen, dass es nicht von heute auf morgen vorbei wäre, sondern eher langsam und schleichend vor sich ginge. Es besteht aber das realistische Bild, dass mit dem Ausscheiden aus dem Aktivleben, Mitarbeiter schnell vergessen werden. „Wenn ich morgen in Pension gehen würde … Dann müsste mein Chef darauf achten, dass alles übergeben wird, was da in den Kästen und laufend in meinem Kopf drinnen ist. Das wäre wahrscheinlich schwierig. Da meine Position bereits in den Entwicklungsplänen anderer Mitarbeiter vorhanden ist, hätte man sofort einen Notfall-Kandidaten zur Hand, dieser muss nicht unbedingt der Nachfolger sein.“ (vgl. I6, Z. 464-480). Ein professioneller Abschluss und die ordentliche Übergabe des Arbeitsplatzes sollte das Anliegen eines jeden Mitarbeiters sein. Das nennt sich professionelles Agieren. Es kann aber nicht alleinige Aufgabe des Mitarbeiters sein. Wissen würde auf jeden Fall an die Nachfolger übergeben werden, das wäre jeder seinem Unternehmen 123 schuldig und ist auch Pflicht jedes Einzelnen. Die eigene Erfahrung, soll aber nicht als absolute Wahrheit verkauft werden, da durch jahrelange Zugehörigkeit die Betriebsblindheit dazu kommt. Wertschätzung wäre wünschenswert, aber auf keinen Fall in Form eines Gold-Handshakes, sondern persönliche, z. B. durch einen Nachfolger, der einen mindestens drei Monate vorher begleiten dürfte. Die eigenen Fehler muss die Nachfolgegeneration jetzt nicht unbedingt auch machen, also es kann der folgenden Generation schon etwas leichter gemacht werden. Mitarbeiter sind mit dem Unternehmen auch verbunden und so ist es für einen selbst nicht sehr angenehm, als derjenige gesehen zu werden, der eine große Lücke reißt und somit eine mittlere bis größere Katastrophe durch seinen Abgang auslöst. Als Luxusvariante wird bezeichnet, dass der Schritt in die Pension noch selbst entschieden wird. „…Momentan würde es mich schon hart treffen, ich werde nicht mehr gebraucht unter Anführungszeichen. Ideal wäre es, weiterhin auf meine Erfahrung in verschiedensten Bereichen zurückgreifen würde. So wie man es auch immer wieder in den Medien sieht, von Top-Managern, die in Pension gehen, dass man sehr wohl auf das Know-how einige Zeit noch zurückgreift. Das würde ich mir so wünschen, dass man nicht sofort weggeht, sondern es so schön langsam auslaufen lassen kann über die Pensionierung hinaus.“ (vgl. I5, Z. 391-396). „Ich hoffe, dass ich es mir leisten werde können, aufhören zu arbeiten, weil ich es mir leisten kann und nicht weil ich alt genug bin.“ (vgl. I10, Z. 326-327). Aus den Ergebnissen der empirischen Forschung wurden eine Reihe von Hypothesen abgeleitet, die unter Anhang 7, S. 154 nach Kategorien aufgelistet sind. Eine nachfolgende quantitative Forschung wäre empfehlenswert und sehr interessant, um die Ergebnisse zu evaluieren, würde aber den Rahmen dieser Arbeit sprengen. 124 9 Conclusio In dieser Diplomarbeit wurde das Thema der Sicherung des Erfahrungswissens vor dem Hintergrund des demografischen Wandels und der Sichtbarmachung des Wertes „Wissen“ behandelt. 9.1 Beantwortung der Forschungsfragen aus der Empirie Zu Beginn der Arbeit wurden Forschungsfragen gestellt, die bereits in der Theorie sehr gut beantwortet werden konnten, dennoch sind Fragen hinsichtlich der Sichtweise der Praktiker offen geblieben. Weiters sind im Zuge der Literaturbearbeitung Fragen entstanden, die nur in der Forschung beantworten werden konnten. Im ersten Schritt werden die zusätzlich entstandenen Fragen beantwortet. Welche Relevanz hat der demografische Wandel in der Finanzdienstl.branche? Der demografische Wandel wird in der Bankbranche mit einer älter werdenden Gesellschaft und folglich mit älter werdenden Mitarbeitern assoziiert. Auffällig ist, dass in der Versicherungsbranche vielfach vor dem älter werdenden Mitarbeiter die Produktsicht erläutert wird (Probleme mit Pensions- und Gesundheitsvorsorge). Die Branche ist sich bewusst, dass der Mitarbeiter älter wird, schätzen das Problem aber nicht akut ein bzw. glauben, dass mit entsprechender Zuwanderung das Problem gelöst werden könne. Maßnahmen sind nicht strategisch verankert, es gab in manchen Unternehmen Projekte, die sich mit dem Thema beschäftigen, bzw. es gibt Seminare für ältere Mitarbeiter. Haben sich die Einschätzung des Faktors „Demografischer Wandel“ und seine Auswirkungen auf die Finanzdienstleistungsbranche in Österreich aufgrund der Finanz- und Wirtschaftskrise verändert? Die Finanz- und Wirtschaftskrise lässt die Bedeutung und Auswirkung des demografischen Wandels in den Hintergrund rücken. Das Einsparen von Personalkosten steht derzeit eher im Vordergrund als das Sichern von wichtigen Wissensträgern. Dass damit ein mittelfristiges Risiko für das Unternehmen verbunden ist, wird strategisch nicht berücksichtigt. Das gleiche Phänomen tritt bei Unternehmenskrisen auf. Welche Eigenschaften werden jungen bzw. älteren Mitarbeitern zugeschrieben? Diese Frage wurde im Kapitel 8.2.3 Alternde Belegschaft, S. 102ff ausführlich behandelt. Obwohl die Praktiker der Meinung sind, dass jeder Mensch individuell ist, 125 wird dennoch ein Clustering vorgenommen, die ältere Arbeitnehmer im Prinzip genau zu dem machen, zu dem sie dann schlussendlich auch werden (z. B. mangelnde Arbeitsproduktivität aufgrund eintöniger nicht fordernder Tätigkeiten, vgl. hierzu Ausführungen in den Kapiteln 2.2 Alter und Veränderung der Leistungsfähigkeit, S. 10ff und 2.3 Konsequenzen für den Arbeitsmarkt, S. 14ff). Es handelt sich hier um einen Kreislauf, der nicht zu unterschätzen ist. Ab welchem Alter wird man als „alt“, im Sinne von negativer Eigenschaftszuordnung, bezeichnet? Diese Frage konnte nicht eindeutig beantwortet werden, da sie vom jeweiligen Betrachter abhängig ist. Die Spannweite eines älteren Mitarbeiters reicht von Anfang 40 bis 55. Wenn Mitarbeiter mit Anfang 40 bereits zu den älteren Mitarbeitern zählen und diesen die Eigenschaften von älteren Mitarbeitern zugesprochen werden, dann stellt dies eine Herausforderung für Unternehmen und Regierung dar, hier geeignete Maßnahmen zu treffen. Einem Mitarbeiter von heute 40 Jahren stehen noch rund 25 Jahre Lebensarbeitszeit bevor, mehr als er im Normalfall erst geleistet hat. Ein Unterschied zwischen einem Außendienstmitarbeiter und einem Innendienstmitarbeiter wird insbesondere in der Versicherungsbranche festgestellt. Im Außendienst ist man mit 55 für eine Anstellung noch nicht zu alt, im Innendienst hingegen schon. Im Kapitel 1.3 Maßnahmen der amtierenden Regierung, S. 5ff wird auf die Maßnahme des bmask hingewiesen. In den ursprünglichen Broschüren zum Wettbewerb Nestor wird dort explizit angeführt, dass Arbeitnehmer ab 45 Jahren zu den älteren gehören. Damit diese Zielgruppe einen anderen Stellenwert in der Praxis bekommt, sollte sich anstelle der Begriffe „jung“ und „alt“ andere Gruppierungen, die weniger altersdiskriminierend wirken, finden um mehr auf die individuelle Persönlichkeit abzustellen. Welche Bedeutung hat das interne Risiko im Risikomanagement der Finanzdienstleistungsbranche? Das interne Risiko wird im Bankenbereich als das operationale Risiko bezeichnet, in der Versicherungsbranche gibt es keine adäquate Bezeichnung. Das externe Risiko (z. B. Kreditrisiko oder Versicherungsrisiko) genießt eine sehr hohe Bedeutung und ist mit jener des internen Risikos nicht vergleichbar. Ob das interne Risiko einen ähnlichen Stellenwert genießt (hier geht es nicht um einen Ersatz) hängt sehr stark 126 von einzelnen Abteilungen ab, ob diese ein internes Risiko auch als Unternehmensrisiko erkennen und frühzeitig Maßnahmen ableiten. Welche Kennzahlen finden bei der Steuerung und Bewertung des Humankapitals Anwendung? Fluktuation, Krankenstands- und Weiterbildungstage sowie Pensionierungen sind jene Kennzahlen, die am häufigsten genannt werden. Die Fluktuation wird als die wichtigste Kennzahl eines Unternehmen genannt, gefolgt von den Personalkosten. Hierbei handelt es sich um klassische Kennzahlen, die es nicht erlauben, den Wert eines Mitarbeiters oder des Humankapitels oder frühzeitig Probleme in der Belegschaft aufzuzeigen. Es gibt, mit einzelnen Ausnahmen, keine eigene HRControlling-Abteilung, die sich mit dem Ermitteln und Entwickeln von geeigneten Kennzahlen und entsprechenden Reports beschäftigt. Gibt es Modelle (bzw. welche) der Identifikation von Schlüsselpersonen in der Praxis? Die Begriffe Schlüsselpersonen und Schlüsselpositionen werden immer wieder genannt, wobei die Schlüsselpositionen als die Führungspositionen angesehen werden. Führungspositionen sind leicht identifizierbar, da diese in einem Organigramm abgebildet sind, Schlüsselpersonen als Experten sind schwer identifizierbar. Modelle, die es via Knopfdruck ermöglichen zu sagen, wo die wichtigsten Mitarbeiter sitzen, gibt es in keinem Unternehmen. Die Wichtigkeit einzelner Mitarbeiter ist sehr stark abteilungsbezogen organisiert und wird über interne Vertretungsregeln und über das Mitarbeitergespräch organisatorisch erfasst. Ein unternehmensweites System existiert nicht, da dieses von zu vielen Kriterien abhängig wäre. Für Unternehmen wäre es aber sehr wichtig mit entsprechenden Modellen, Schlüsselpositionen zu bestimmen und seine Schlüsselkräfte zu kennen. Im Kapitel 5.5, S. 54 wird ein mögliches Modell vorgestellt. Die Wirkung darf insbesondere unter dem Gesichtspunkt des demografischen Wandels nicht unterschätzt werden. Welchen Stellenwert hat Wissenssicherung im Unternehmen bzw. welche Methoden gelangen zur Anwendung? Die Dokumentation ist das wichtigste Mittel der Wissenssicherung im Unternehmen und wird auch am häufigsten genannt, jedoch meistens abteilungsbezogen. Die Wichtigkeit des persönlichen Wissenstransfers ist unumstritten, es gibt dennoch in keinem Unternehmen organisierte und strukturell verankerte Mentorenprogramme, in 127 denen ein neuer Mitarbeiter einen bestimmten Zeitrahmen (z. B. ein halbes Jahr) von einem erfahrenen Mitarbeiter fix betreut wird. Abgeschwächte Systeme wie „Mentoren sind ein Gespann aus Führungskraft und dem Lernpartner“ sind häufig anzutreffen. Strukturell verankerte Mentorenprogramme, in denen die Hauptaufgabe eines Mitarbeiters wäre, der auch kapazitätsmäßig die Zeit hat, einen neuen zu begleiten, zu schulen (oder geeignete Personen zu organisieren) und an das Unternehmen zu binden, wären von großem Vorteil und würden dem Image des Unternehmens dienlich sein. Zu den weiteren Wissenssicherungsmaßnahmen zählen informelle und formelle Treffpunkte in Unternehmen, nähere Ausführungen dazu sind im Kapitel 8.2.5 Wissensverlust und Wissenssicherung durch Transfer, S. 107 ausführlich behandelt. Die Zusatzfragen konnten aus den Ergebnissen der empirischen Forschung sehr gut beantwortet werden. Nachstehend werden noch Ergänzungen zu den Forschungsfragen, die aus Theorie nicht beantwortet werden konnten, angebracht. Welches Risiko ist mit dem Verlust von Erfahrungswissen durch Weggang von Experten für Unternehmen verbunden? Die untersuchte Branche ist sich durchaus bewusst, dass Erfahrungswissen einen wichtigen Stellwert besitzt und der demografische Wandel an Bedeutung gewinnen wird. Risikomanagement, insbesondere im Bankenbereich, hat einen sehr hohen Stellenwert. Der Bereich des Wissensverlustes wird unter dem operationalen Risiko subsumiert, es gibt aber keine Modelle, die dieses Risiko ganzheitlich und systematisch erfassen. Es ist hauptsächlich Sache der jeweiligen Abteilung, ob diese das als Risiko erkennen und entsprechend weiterverfolgen. Folglich war eine Verbindung zu einem strategischen oder Reputationsrisiko nicht erkennbar. Wenn Schlüsselmitarbeiter das Unternehmen verlassen, wird darin ein großes Risiko für das Unternehmen erkannt, durchgängige Systeme einer Identifikation solcher Personen konnten nicht festgestellt werden. Unternehmen versuchen sich von einzelnen Wissensträgern unabhängig zu machen, indem sie entweder wichtigen Schlüsselmitarbeitern eine Vertretung beiseite stellen, was eher in größeren Unternehmen möglich ist. In kleineren Unternehmen ist ein Risikobewusstsein durch den Weggang von Experten vorhanden, es können aber nicht immer geeignete Maßnahmen frühzeitig getroffen werden. Die Überzeugung, dass entsprechendes Wissen auch am Markt rasch zugekauft werden kann, überwiegt. 128 Hat Mitarbeiterausfall (frühzeitige Pensionierungen, Kündigungen, zu wenig Nachwuchs) durch demografischen Wandel und dadurch der Verlust des Erfahrungswissens negative Auswirkungen auf das Finanzergebnis, obwohl durch die Reduktion des Mitarbeiterstandes Personalkosten eingespart werden? Das Einsparen von Personalkosten hat aufgrund der leichten Ermittlung und der kurzfristigen positiven Effekte auf das Finanzergebnis eines Unternehmens einen höheren Stellenwert als die Wichtigkeit der Sicherung des Erfahrungswissens. Dies liegt eben auch daran, dass die monetäre Bewertung von Wissen noch in den Kinderschuhen steckt. Dass es zu einem Nachwuchsproblem kommen wird, erkennen die Unternehmen bereits jetzt, da diese eine geringere Unternehmensbindung von jungen Mitarbeitern bemerken. Der Wert Wissen ist in der klassischen Bilanz nicht erkennbar, folglich zählen Personalkosten, respektive die Einsparung dieser, mehr als das nicht bewertete Erfahrungswissen eines Mitarbeiters. In großen Unternehmen, wird der Ausfall eines Mitarbeiters, als verkraftbar bezeichnet, in kleineren Unternehmen kann das mittlere bis größere Katastrophen auslösen. D. h., in kleineren Unternehmen ist das Bewusstsein über die Wichtigkeit einzelner Schlüsselpersonen, auch wenn nicht explizit erfasst, vorhanden. Eine Bestätigung der unmittelbaren Auswirkung auf das Finanzergebnis konnte durch die Interviews nicht belegt werden, da bislang keine explizite Zahl über den Wertverlust ermittelt werden konnte. Hätte es einen Nutzen, das Wissen/Humankapital objektiv zu bewerten? Für Unternehmen hätte es einen großen Nutzen, wenn der Wert eines Mitarbeiters möglichst objektiv bewertbar wäre, sie sehen sich aber derzeit nicht im Stande dies zu ermitteln. Ansätze ohne monetären Wert sind in der Identifikation von Schlüsselpositionen bzw. –kräften zu finden. Wie könnte eine Bewertung von Wissen bzw. Humankapital aussehen? Diese Frage wurde in der Theorie ausführlich beantwortet. Modelle aus der Praxis können an dieser Stelle keine präsentiert werden. Wie kann (Erfahrungs-)Wissen von Mitarbeitern optimal im Unternehmen bewahrt werden? Die optimalste Form die Übergabe von Mensch zu Mensch wurde bereits in der Theorie ausführlich behandelt. In der Praxis lässt sich ein klarer Trend in Richtung Dokumentation und Lernpartnerschaften erkennen. Es gibt in vielen Unternehmen eine Besprechungskultur, diese beginnt aber meistens auf Abteilungsleiterebene. 129 Informelle Treffen sind zwar ein wichtiges Wissenstransfer-Mittel, sie werden allerdings als verlorene Zeit klassifiziert. Dabei sind persönliche Treffen (z.B. BusinessBreakfast) in unregelmäßigen Abständen ein sehr gutes Mittel, um interdisziplinär, also abteilungsübergreifend einen Wissensaustausch herbei zu führen. Interne Trainer werden vielfach durch ältere, erfahrene Mitarbeiter besetzt, es ist aber auch ein Trend erkennbar, dass E-Learning-Modelle persönliche Schulungen ersetzen. Kann das Modell der Balanced Scorecard im Wissensmanagement die Gefahr bzw. das Risiko des Mitarbeiterausfalls durch den demografischen Wandel (Verlust des Erfahrungswissens) transparent darlegen? Dass das Modell der BSC ein Personalrisiko klar darlegen kann, ist theoretisch unbestritten. In der Theorie wurde ein erweitertes Modell der BSC mit Wissensmanagement- und Risikomanagement-Komponenten entwickelt. Dieses Modell wurde in der Praxis selbst nicht evaluiert, jedoch wurde stichprobenweise nachgefragt, ob eine BSC vorhanden wäre. Die meisten Unternehmen haben keine BSC und jene, die eine haben, deckt diese nur Teilbereiche ab, was das Konzept grundsätzlich ad absurdum führt, da die BSC ein unternehmensübergreifendes System darstellt. Mit einer adaptierten Wissensmanagent, BSC S. 65ff) (vgl. 6.2 Integration würde die BSC Notwendigkeit – Risikovon und einzelnen Schlüsselmitarbeitern klar hervorgehen und die Entwicklung eines Systems zur Identifikation dieser eine logische Konsequenz sein. Darauf aufbauend würden dann Folgekennzahlen, auch jene, die schon heute im Einsatz sind, z. B. die klassische Fluktuation, an Aussage-kraft deutlich gewinnen. 9.2 Schlussfolgerungen Der demografische Wandel und seine möglichen Folgen sind die aktuellen Herausforderungen der kommenden Jahre, nicht nur für Österreich, sondern im gesamten Europa. Eine kürzlich veröffentliche Studie des Versicherungsverbandes (vgl. VVO 2010) behandelt die demografische Entwicklung in den CEE-Ländern. Die westeuropäischen Staaten weisen schon seit Jahren sinkende Geburtenraten auf und nun auch die Länder der CEE-Regionen, die teilweise sogar unter jenen der westeuropäischen Staaten liegen. Ohne Migration ist der Bestand der Bevölkerung bei Geburtenraten unter 2,1 gefährdet. In den Interviews wurde auch bestätigt, dass mit einer entsprechenden Migration das Problem des demografischen Wandels in den 130 Griff zu bekommen wäre. Österreich weist in dieser Studie einen positiven Wanderungssaldo auf, dies ändert aber nichts daran, dass die Bevölkerung dennoch älter wird. Migranten weisen meist auch ein anderes bzw. schlechteres Bildniveau auf. Ein geburtenstarker Jahrgang könnte vieles verändern, die Auswirkungen würden sich aber erst in 15 bis 20 Jahren zeigen. Unternehmen müssen daher jetzt Maßnahmen ergreifen, um die Potenziale ihrer Mitarbeiter im Alter von 40 bis 45 Jahren plus zu fordern und zu fördern. Maßnahmen wie Frühpensionierung und Altersteilzeit stellen Maßnahmen zum demografischen Wandel in Frage und gefährden nicht nur den Wissensbestand eines Unternehmens, sondern schaden auch im „War of Knowledge“ um den besten Nachwuchs. Ein Unternehmen, das mit Frühpensionierungswellen in die „Schlagzeilen“ kommt, schadet seinem Image und der Reputation. Dies zeigt sich in geringer werdenden Bewerbungszahlen und der minder langfristigen Bindung von jungen Mitarbeitern. Employer Branding sind gute Maßnahmen, werden aber von den wenigen Jungen nicht ernst genommen, wenn widersprüchliche Maßnahmen bekannt sind. Banken und Versicherungen treffen der demografische Wandel in erhöhtem Maße und das nicht nur aus Kundensicht. Mitarbeiter-Verträge, die mit Definitivum ausgestattet sind, gehören zwar der Vergangenheit an, wurden aber erst in den 1990er Jahren abgeschafft. D. h. hier gibt es einen sehr hohen Mitarbeiterstamm, der bisher viele Jahre in einem Unternehmen verbracht hat und zukünftig auch noch wird. Eine natürliche Fluktuation in diesem Bereich, wie es auch die Studie zeigt, ist eher im Ausnahmefall zu erwarten. Diese Mitarbeiter haben bzw. werden bis zu ihrer Pensionierung ein enormes Wissen angehäuft haben. Dieses Wissen muss rechtzeitig durch eine gute Durchmischung der Altersstruktur für das Unternehmen nutzbar bleiben. Um hier frühzeitig Maßnahmen ergreifen zu können, sind ein entsprechender Kennzahlenpool notwendig. Empfehlenswert sind ein guter Mix zwischen alt und jung, Förderung alter und junger Mitarbeiter, denn nur so sind auch langfristig Innovationen und langfristige Mitarbeiterbindung möglich. Ältere Mitarbeiter werden im Regelfall für die Einarbeitung und Einschulung der neuen, jüngeren Mitarbeiter eingesetzt. Ein guter Umgang mit ihnen ist gerade aus diesem Grund notwendig, da diese nicht nur das reine explizite Fachwissen und damit verbundene implizite Wissen dem Mitarbeiter übertragen, sondern auch eine Menge an unternehmenskulturellem Wissen. Wenn Mitarbeiter eine gute Meinung von ihrem Arbeitgeber haben, verhindert das frühzeitige Fluktuation und somit auch über Umwege ein Teil des bereits übergebenen Wissens. Es ist also nicht damit getan, das 131 Wissen der älteren Mitarbeiter auf jüngere zu übertragen und diese dann recht schnell in die Frühpension zu schicken, sondern ein respektvoller Umgang mit allen menschlichen Ressourcen. Ein Unternehmen hat eine Geschichte und dieses lebt in den Erfahrungen seiner Mitarbeiter: Organisationen werden von Menschen für Menschen gemacht: „Die verschiedenen Altersstufen des Menschen betrachten einander wie verschiedene Rassen; Alte haben gewöhnlich vergessen, daß sie jung gewesen sind, oder sie vergessen, daß sie alt sind, und Junge begreifen nie, daß sie alt werden können.“ (Kurt Tucholsky) 9.3 Ausblick Die empirische Forschung hat gezeigt, dass der demografische Wandel und seine Folgen bekannt sind, aber explizite Maßnahmen bzw. der bewusste Umgang damit als unternehmerisches Risiko in der untersuchten Branche noch nicht sehr weit verbreitet sind. Für weitere Forschungszwecke wäre es interessant, die aus den durchgeführten Interviews entwickelten Hypothesen (S. 154ff) nochmals empirisch, also mit Hilfe eines quantitativen Fragebogens, zu überprüfen. Das erarbeitete Konzept der integrierten Balanced Scorecard (vgl. 6.2.3 Neues integriertes BSC-Modell, S. 69) mit entsprechenden Kennzahlen (vgl. 6.3.2 Auswahl von Kennzahlen, S. 72 und S. 140) sollte auch in eine weitere empirische Überprüfung einfließen, um deren Praxistauglichkeit testen zu können. Für Unternehmen wäre es sehr hilfreich, ein Bewertungsmodell einzuführen, um entsprechende Transparenz über mögliche finanzielle Folgen für das Unternehmen durch übereilten Mitarbeiterabbau abschätzen zu können. Da der demografische Wandel ein stetiger Wandel ist und immer wieder Spitzen und Einbrüche zeigen wird, stellt sich auch die Frage, ob die Erschütterung des Finanzsystems 2008, die sich bis heute in eine Wirtschafts- und Finanzkrise mit noch nicht absehbaren Folgen ausgeweitet hat, dem Thema einen neuen interessanten Blickwinkel bringen wird. Betrachtet man die Geschichte der 1930er Jahre, wo die damalige Wirtschaftskrise mit einem massiven Einbruch der Geburtenraten mit sich einherging (vgl. Statistik Austria 2008, S. 23), hätte eine Wiederholung aus heutiger Sicht massive Auswirkungen: Jener Zeitpunkt, wo die meisten Pensionierungen aus der Baby-Boom-Generation anstehen, würden sich mit jenem Zeitpunkt, wo der Nachwuchs der tiefsten Geburtenraten als Arbeitskraft dem Markt zur Verfügung stünden, überschneiden. 132 Anhang Anhang 1: Durchschnittsalter der Bevölkerung am 01.01.2008 ........................ 135 Anhang 2: HR-Herausforderungen in Österreich .............................................. 136 Anhang 3: HR-Herausforderungen in Banken ................................................... 137 Anhang 4: HR-Herausforderungen in Versicherungen ..................................... 138 Anhang 5: Strategy Map ....................................................................................... 139 Anhang 6: Personal-Kennzahlen .......................................................................... 140 Anhang 7: Hypothesen........................................................................................... 154 133 Formelverzeichnis Formel 1: Durchschnittlicher Personalaufwand ....................................................... 140 Formel 2: Wertschöpfung des Humankapitals (HCVA) .......................................... 140 Formel 3: Kapitalrendite des Humankapitals (HCROI) .......................................... 140 Formel 4: Human Economic Value Added (HEVA) ............................................... 140 Formel 5: Altersstruktur ........................................................................................... 141 Formel 6: Durchschnittsalter der Mitarbeiter ........................................................... 141 Formel 7: Betriebszugehörigkeitsdauer ................................................................... 141 Formel 8: Anteil von externen Mitarbeitern ............................................................ 141 Formel 9: Beschäftigungsstruktur ............................................................................ 142 Formel 10: Qualifikationsstruktur ............................................................................ 142 Formel 11: Fluktuationsrate ..................................................................................... 142 Formel 12: Frühfluktuationsrate .............................................................................. 142 Formel 13: Ordentliche Abgangsquote .................................................................... 143 Formel 14: Ordentliche Abgangsquote nach Beschäftigungsdauer ......................... 143 Formel 15: Außerordentliche Abgangsquote ........................................................... 143 Formel 16: Ordentliche Pensionierungen pro Jahr in Prozent ................................. 143 Formel 17: Pensionierungen aus gesundheitlichen Gründen pro Jahr in Prozent ... 144 Formel 18: Frühpensionierungen im Verhältnis zu ordentlichen Pensionierungen . 144 Formel 19: Fluktuationskosten (direkte und indirekte Kosten) pro Mitarbeiter ...... 144 Formel 20: Fluktuationskosten im Verhältnis zu Personalkosten ............................ 144 Formel 21: Durchschnittliche Frühpensionierungskosten pro Fall .......................... 145 Formel 22: Durchschnittliche Outplacementkosten pro Fall ................................... 145 Formel 23: Anteil Kündigungen von Leistungsträgern ........................................... 145 Formel 24: Krankenquote ........................................................................................ 145 Formel 25: Unfallquote (S. 102) .............................................................................. 146 Formel 26: Ausfallszeiten pro Vollzeitäquivalent und Tag ..................................... 146 Formel 27: Quote der Burnout-Fälle pro Jahr .......................................................... 146 Formel 28: Unterjährige Abwesenheitsstruktur ....................................................... 147 Formel 29: Durchschnittliche Anzahl der Überstunden........................................... 147 Formel 30: Durchschnittlicher Restjahresurlaub ..................................................... 147 Formel 31: Kündigungsquote................................................................................... 147 Formel 32: Kündigungsquote d. i.d. letzten fünf Jahren eingestellten Mitarbeiter.. 148 134 Formel 33: Mitarbeiter-Engagement-Index ............................................................. 148 Formel 34: Nutzungsgrad betrieblicher Sozialeinrichtungen .................................. 148 Formel 35: Anteil geschulter Mitarbeiter pro Jahr ................................................... 149 Formel 36: Anzahl Aus- und Weiterbildungstage pro Jahr pro Mitarbeiter ............ 149 Formel 37: Kosten pro internen Trainingstag .......................................................... 149 Formel 38: Kosten pro extern durchgeführten Trainingstag .................................... 149 Formel 39: Angebotene und stattgefundene Schulungsmaßnahmen ....................... 150 Formel 40: Durchgeführte Mitarbeiterbeurteilungen ............................................... 150 Formel 41: Verhältniszahl zur Nachfolgeplanung ................................................... 150 Formel 42: Aufgabendeckungsziffer (Strategic Job Coverage Ratio) ..................... 150 Formel 43: Netto-Personalbedarfsbestimmung........................................................ 151 Formel 44: Durchschnittliche Vakanzdauer bis zur Stellenbesetzung ..................... 151 Formel 45: Quote für HR-Auslagerungskosten ....................................................... 151 Formel 46: Blindbewerbungsindikator (Spontanbewerbungen) .............................. 152 Formel 47: Gesamtbesetzungskosten einer Stelle (Interne und externe Kosten) ..... 152 Formel 48: Anzahl Bewerber pro Inserat ................................................................. 152 Formel 49: Effizienz der Rekrutierungs-Interviews ................................................ 152 Formel 50: Einstellungseffizienz pro Rekrutierungskanal ....................................... 153 Formel 51: Einstellungsquote .................................................................................. 153 Formel 52: Externe Zugangsquote ........................................................................... 153 Formel 53: Interne Zugangsquote ............................................................................ 153 Formel 54: Anstellungsquote der Hochschulabsolventen ........................................ 153 135 Anhang 1: Durchschnittsalter der Bevölkerung am 01.01.2008 Quelle: Statistik Austria 2008, S 24 136 Anhang 2: HR-Herausforderungen in Österreich Der Fokus liegt auf dem Talent-Management und Erhöhung des MitarbeiterCommitments Quelle: Strack et al 2009, S. 48 137 Anhang 3: HR-Herausforderungen in Banken Banken haben acht verschiedene Schwerpunkte, u.a. Talent-Management Quelle: Strack et al 2009, S. 67 138 Anhang 4: HR-Herausforderungen in Versicherungen Bei Versicherungen ist das Employer Branding eine kritische HR-Herausforderung Quelle: Strack et al 2009, S. 70 139 Anhang 5: Strategy Map Quelle: Kaplan et al. 2004, S. 207. Anhang 6: Personal-Kennzahlen An dieser Stelle finden sich die Beschreibung und die Formeln zu den Kennzahlen, die in Kapitel 6.3.2 Auswahl von Kennzahlen, S. 72ff dargestellt wurden. Bei Betrachtung nachstehender Kennzahlen, durchschnittlicher Personalaufwand, Wertschöpfung des Humankapitals, Kapitalrendite des Humankapitals oder Human Economic Value Added wird immer durch die Anzahl der Vollzeitäquivalente dividiert (vgl. Klinger 2009, S. 19-26). Kennzahlen auf dieser Basis sind leicht durch Zu- bzw. Abgänge veränderbar, sagen aber nichts über den tatsächlichen Wert des Humankapitals aus. Formel 1: Durchschnittlicher Personalaufwand Personalaufwand Summe Vollzeitäq uivalente Formel 2: Wertschöpfung des Humankapitals (HCVA) Umsatz Operative Kosten Personalaufwand Summe Vollzeitäq uivalente Formel 3: Kapitalrendite des Humankapitals (HCROI) Umsatz Operative Kosten Personalaufwand Personalaufwand Formel 4: Human Economic Value Added (HEVA) NOPAT Kapitalkos ten Summe Vollzeitäq uivalente Als Vollzeitäquivalent ist ein Mitarbeiter, der bei einem Unternehmen zu 100 % angestellt ist. Mitarbeiter mit weniger Arbeitspensum (z.B. 70 % oder 50 %) werden mit dem jeweilige Prozentsatz berücksichtigt (vgl. Klinger 2009, S. 19). Nachstehende Kennzahlen bieten einen Überblick und können in verschiedenen Ausprägungen (z.B. auf Bereiche heruntergebrochen) bzw. individuell miteinander kombiniert werden. 141 Formel 5: Altersstruktur Anzahl der Mitarbeite r nach Alter pro Jahr 100 % Anzahl der Mitarbeite r Die Altersstruktur zeigt die altersmäßige Verteilung der Mitarbeiter eines Unternehmens. Damit lässt sich schließen, ob das Unternehmen generell oder in speziellen Bereichen eine hohe Überalterung oder eine hohe Anzahl junger Mitarbeiter aufweist. Kennzahlen über Mitarbeiterstruktur lassen sich über unterschiedliche Merkmale auswerten (z.B. Geschlecht, Dienstjahre …). Diese Kennzahl sagt nichts über den Ausbildungsstand der Mitarbeiter aus (vgl. Klinger 2009, S. 43), d. h., es sind hier andere Kennzahlen notwendig oder diese Kennzahlen nach einem vorher ermittelten ABC-Systeme aufzureißen. Formel 6: Durchschnittsalter der Mitarbeiter ( Aktuelles Datum Geburtstag der Mitarbeite r) Anzahl der Mitarbeite r Das Durchschnittsalter ist eine Ergänzungskennzahl zur Altersstruktur und kann wichtige Hinweise für die Rekrutierung geben (vgl. Klinger 2009, S. 47). Liegt das Durchschnittsalter über oder nahe dem demografischen Durchschnittsalter der Region, dann sollten nähere Analysen angestellt werden. Formel 7: Betriebszugehörigkeitsdauer Summe der Dienstjahr e im Unternehmen 100 % Anzahl der Mitarbeite r Mit der Betriebszugehörigkeitsdauer lässt sich feststellen, ob Abgänge eine überdurchschnittliche Häufigkeit aufweisen. Diese Kennzahl ist auch ein Indiz für abfließendes Wissen in bestimmten Bereichen bzw. kann auch zur Erhebung spezieller Mitarbeiterbedürfnisse herangezogen werden (vgl. Klinger 2009, S. 46). Formel 8: Anteil von externen Mitarbeitern Anzahl der externen Mitarbeite r 100 % Anzahl der Mitarbeite r Externe Mitarbeiter sind Mitarbeiter, die oft viele Jahre für ein Unternehmen tätig sind, ein enormes Wissen angehäuft haben und dennoch nicht fix angestellt sind. Neben Mitarbeitern von Leasingfirmen, zählen auch Berater zu dieser Gruppe. Ist 142 diese Zahl sehr hoch, bedeutet es, dass eine Menge an Wissen in den Köpfen externer Mitarbeiter steckt und leicht abfließen kann (vgl. Klinger 2009, S. 44). Formel 9: Beschäftigungsstruktur Zahl der Mitarbeite r nach Gruppe 100 % Anzahl der Mitarbeite r Die Beschäftigungsstruktur ist eine wichtige Kennzahl, um die Ressourcenzuteilung zu steuern und über- bzw. unterbesetzte Bereiche zu ermitteln (vgl. Klinger 2009, S. 45). Formel 10: Qualifikationsstruktur Anzahl der Personen pro definierte r Subgruppe 100 % Anzahl der Mitarbeite r Diese Kennzahl dient der Vorgliederung in einzelne Qualifikationen, die vorher ermittelt werden müssen. Trifft keine Aussage hinsichtlich Leistungsfähigkeit und das Potenzial der Gruppen (vgl. Klinger 2009, S. 49). Wissensbewahrung Formel 11: Fluktuationsrate Gesamtabgänge pro Jahr 100 % SummeVollzeitäq uivalente Die Fluktuationsrate zeigt wie viel Mitarbeiter im Verhältnis das Unternehmen verlassen haben. Ist sie hoch, verursacht sie in der Regel hohe Kosten. Diese klassische Kennzahl, die sehr leicht zu ermitteln ist, trennt nicht in freiwillige oder unfreiwillige Kündigungen. Weiters liefert sie auch keine Informationen über die Absichten der Mitarbeiter, die im Unternehmen verbleiben (vgl. Klinger 2009, S. 74). Dafür sind andere Kennzahlen notwendig, die mehr Frühwarncharakter besitzen. Formel 12: Frühfluktuationsrate Anzahl Kündigungen innerhalb von 6 Monaten 100 % Anzahl Zugänge ( Einstellun gen ) pro Jahr Die Frühfluktuationsrate ist eine nähere Spezifizierung der normalen Fluktuationsrate. Ist sie hoch, dann zeigt sie, dass es Mitarbeitern schwer gemacht wird, sich im 143 Unternehmen zu integrieren bzw. es zeigt Schwächen des Rekrutierungsprozesses auf (vgl. Klinger 2009, S. 75). Sonst weist sie die gleichen Schwächen der normalen Fluktuationsrate auf. Formel 13: Ordentliche Abgangsquote Anzahl ordentlich er Kündigungen pro Jahr 100 % Gesamtabgänge pro Jahr Die ordentliche Abgangsquote zeigt, wie viel Mitarbeiter freiwillig das Unternehmen verlassen. Wird dies mit Austrittsgesprächen gekoppelt, dann lassen sich mitunter wertvolle Informationen über die Gründe generieren (vgl. Klinger 2009, S. 76). Formel 14: Ordentliche Abgangsquote nach Beschäftigungsdauer Summe der Dienstjahr e von Mitarbeite rn mit ordentlich er Kündigung Gesamtabgänge pro Jahr Die ordentliche Abgangsquote kann noch weiter nach Dienstjahren differenziert werden, da dies eine Aussage über die Menge an Wissen, die die Mitarbeiter mitnehmen trifft. Das stellt ein Risiko für das Unternehmen dar (vgl. Klinger 2009, S. 77). Formel 15: Außerordentliche Abgangsquote Anzahl außerordentlicher Kündigungen pro Jahr 100 % Gesamtabgänge pro Jahr Die außerordentliche Abgangsquote zeigt, wie viel Mitarbeiter unfreiwillig das Unternehmen verlassen, also vom Arbeitgeber gekündigt werden. Personalabbaumaßnahmen sind ein Einflussfaktor für diese Kennzahl, d. h. es muss eine weitere Differenzierung gemacht werden, damit eindeutig hervor geht, ob die Kündigung mangels Leistung oder aus wirtschaftlichen Gründen erfolgte (vgl. Klinger 2009, S. 78). Formel 16: Ordentliche Pensionierungen pro Jahr in Prozent Anzahl ordentlich er Pensionier ungen 100 % Anzahl der Pensionier ungen Ordentliche Pensionierungen sind all jene, die erst mit Erreichen des definierten Regelalters in Pension gehen. Diese Kennzahl gibt wertvolle Hinweise im Umgang mit älteren Mitarbeitern in einem Unternehmen. Verfälschungen durch personal- und 144 wirtschaftspolitische Maßnahmen (z.B. Personalabbau oder Restrukturierungen) möglich (vgl. Klinger 2009, S. 105). Formel 17: Pensionierungen aus gesundheitlichen Gründen pro Jahr in Prozent Anzahl Pensionier ungen nach gesundheit lichen Gründen 100 % Anzahl der Pensionier ungen Darunter zählen alle Pensionierungen, die aus gesundheitlichen Gründen veranlasst sind und zum Ausscheiden aus dem Erwerbsleben führen. Ist diese Zahl besonders hoch, muss sie hinsichtlich einer erhöhten gesundheitlichen Belastung am Arbeitsplatz untersucht werden (vgl. Klinger 2009, S. 107). Formel 18: Frühpensionierungen im Verhältnis zu ordentlichen Pensionierungen Anzahl Frühpensionierungen 100 % Anzahl Pensionier ungen Ist ein guter demografischer Indikator und zeigt, ob ein Unternehmen in der Lage ist, ihre Mitarbeiter bis zur Regelpension zu beschäftigen. Ist ein wichtiger Indikator, der zeigt, wie mit älteren Mitarbeitern in einem Unternehmen umgegangen wird, werden aber oft tabuisiert. Frühpensionierungen verursachen hohe Kosten (vgl. Klinger 2009, S. 79). Formel 19: Fluktuationskosten (direkte und indirekte Kosten) pro Mitarbeiter Fluktuatio nskosten Gesamtabgänge pro Jahre Fluktuationskosten sind die Summe aus Ausstellungskosten (Minderleistung und Abwicklungskosten) und der Einstellungskosten (Anwerbungskosten – Rekrutierung- , Auswahlkosten und Einarbeitungskosten – Training, Führung) und beinhalten alle direkten und indirekten Kosten, die einem Unternehmen durch die Fluktuation entstehen. Bei qualifizierten Personen werden bis zu sechs und bei Führungsfunktionen bis zu zwölf Monatsgehälter angesetzt, wobei der Anteil der direkten Kosten lediglich ein Drittel beträgt. Diese Kennzahl bietet neben der Fluktuationsrate eine hohe Transparenz hinsichtlich entstehender Kosten, auch wenn sie im Einzelfall abweichen kann (vgl. Klinger 2009, S. 82). Formel 20: Fluktuationskosten im Verhältnis zu Personalkosten Fluktuatio nskosten 100 % Personalkosten 145 Die ermittelten Fluktuationskosten können ins Verhältnis zu den gesamten Personalkosten gestellt werden, damit ein guter Hinweis für den Prozentanteil unproduktiver Kosten (kein Mehrwert) gegeben werden kann. Eine ergänzende Analyse der Gründe hilft, zukünftige personalpolitische Entscheidungen zu veranlassen (vgl. Klinger 2009, S. 83). Formel 21: Durchschnittliche Frühpensionierungskosten pro Fall Kosten für Frühpensionierungen ( Abfertigun gszahlungen) Anzahl der Frühpensionierungen Diese Kennzahl ist eine Ergänzung zur vorangegangen und bietet die Möglichkeiten die Kosten für diese Maßnahme zu beziffern (vgl. Klinger 2009, S. 80). Formel 22: Durchschnittliche Outplacementkosten pro Fall Kosten aller Outplacements Anzahl bezahlter Outplacements Outplacementkosten sind Zahlungen, die Mitarbeiter bei der Neuorientierung nach einer Kündigung erhalten. Gründe und Kosten für Ersatzeinstellungen werden nicht erfasst. Wird auch zu den tabuisierten Themen gezählt (vgl. Klinger 2009, S. 81). Formel 23: Anteil Kündigungen von Leistungsträgern Anzahl Abgänge von Leistungsträgern 100 % Gesamtabgänge pro Jahr Wurde erstmals die Anzahl der Leistungsträger (z.B. A-B-C-Mitarbeiter ermittelt), dann lässt sich ein Abgang dieser Mitarbeiter leicht beziffern und auf mögliche Fehlentwicklungen im Unternehmen schließen (z.B. fehlende Anreizsysteme, mangelhafte Entlohnung, geringe Integration). In der Praxis wird einer solchen Kennzahl noch wenig Platz eingeräumt (vgl. Klinger 2009, S. 84). Formel 24: Krankenquote Anzahl kran ker Mitarbeite r pro Zeiteinhei t 100 % Anzahl der Mitarbeite r Krankenquoten haben verschiedene Aussagen und sollten in differenzierter Weise betrachtet werden. Eine hohe Krankenquote kann saisonbedingt durch eine Grippewelle ausgelöst werden, aber auch durch Demotivation. Wobei eine Grippewelle eher mit einem längeren zusammenhängenden Krankenstand 146 einhergeht, Demotivation mit häufiger auftretenden Einzeltagen, im speziellen wochenendnahen („blauer“ Montag oder Freitag). Daher sollte diese Kennzahl auch immer mit der Dauer und der Häufigkeit ermittelt werden, damit es zu einer umfassenden Aussage kommt (vgl. Klinger 2009, S. 101). Formel 25: Unfallquote (S. 102) Anzahl verunfallter Mitarbeite r pro Zeiteinhei t 100 % Anzahl der Mitarbeite r Diese Kennzahl kann von der Risikobereitschaft der Mitarbeiter oder vom Risikoprofil des Arbeitsplatzes beeinflusst werden. Damit eine gute Aussagekraft gewonnen werden kann, sollte diese Kennzahl mit Unfallursache und Dauer ermittelt werden, damit entsprechende Präventionsmaßnahmen getroffen werden können (vgl. Klinger 2009, S. 102). Formel 26: Ausfallszeiten pro Vollzeitäquivalent und Tag Anzahl kran ker Mitarbeite r Dauer der Krankheit Anzahl verunfallter Mitarbeite r Dauer des Unfalls durchschnittliches Gehalt pro Tag SummeVollzeitäq uivalente Diese Kennzahl zeigt die Kosten, die durch Krankheiten und Unfälle entstehen können (vgl. Klinger 2009, S. 103). Formel 27: Quote der Burnout-Fälle pro Jahr Anzahl der Burnout Fälle 100 % Anzahl der Mitarbeite r Burnout-Fälle nehmen immer mehr zu und können verschiedene Gründe haben. Da sie mit einer mehrmonatigen Ausfallszeit einhergehen, ist diese Information für ein Unternehmen wichtig. Bei häufig auftretenden Burnout-Fällen bzw. einer hohen Quote kostet das dem Unternehmen nicht nur im Durchschnitt pro Mitarbeiter ein bis zwei Jahresgehälter, sondern dass diese Mitarbeiter übermäßig belastet sind. Um geeignete Maßnahmen dagegen zu treffen, ist eine Stärkung des Bewusstseins notwendig (vgl. Klinger 2009, S. 104). 147 Formel 28: Unterjährige Abwesenheitsstruktur Anzahl der Abwesenden nach Ursachen 100 % Anzahl der Mitarbeite r Arbeitsplätze sind nicht nur durch Krankheit, Unfall oder Urlaub unbesetzt, sondern auch durch andere Gründe. Diese gilt es zu ermitteln. Dazu gehören u.a. Aus- und Weiterbildungen, Dienstreisen oder Altersteilzeit. Zur Planung von Ressourcen liefert diese Kennzahl wichtige Indizien, ist aber ein Spätindikator (vgl. Klinger 2009, S. 111). Formel 29: Durchschnittliche Anzahl der Überstunden Summe aller IstArbeits stunden Summe aller SollArbeit sstunden SummeVollzeitäq uivaltente Diese Kennzahl liefert gute Informationen über Überstundenleistungen, die auch zu Überforderungen (siehe Burnout) und dadurch zu temporärer Abwesenheit führen (vgl. Klinger 2009, S. 112). Formel 30: Durchschnittlicher Restjahresurlaub Summe der Re sturlaubstage Anzahl der Mitarbeite r Diese Kennzahl unterstützt bei der Ressourcenplanung (vgl. Klinger 2009, S. 113). Hilft auch im Zusammenhang mit zukünftigen Pensionierungen rechtzeitig festzustellen, ob mehrere Personen eine geblockte lange Zeit früher aus dem Unternehmen ausscheiden. Um Überforderung zu vermeiden, ist auch eine regelmäßige Konsumation des Urlaubs notwendig. Formel 31: Kündigungsquote Anzahl der Kündigungen Abgänge 100 % Anzahl der Mitarbeite r Die Kündigungsquote wird über einen längeren Zeitraum berechnet und nicht jährlich analog der Fluktuationsrate. Sie ist ein Indiz für die Fähigkeit des Unternehmens, Mitarbeiter zu halten. Die Abgänge über einen bestimmten Zeitraum werden zur durchschnittlichen Mitarbeiteranzahl ins Verhältnis gesetzt (vgl. Klinger 2009, S. 114). 148 Formel 32: Kündigungsquote d. i.d. letzten fünf Jahren eingestellten Mitarbeiter Anzahl der Kündigungen der in den letzten fünf Jahren eingestell ten Mitarbeite r 100 % Anzahl der Kündigungen Abgänge Diese Kennzahl ist ein Indikator für das Betriebsklima und die Fähigkeit, Mitarbeiter zu halten. Da Mitarbeiter mit einer Zugehörigkeit zwischen drei und fünf Jahren die zukünftigen Wissensträger sind, die die das Wissen der (zukünftigen) Pensionäre übernommen haben, müssen durch entsprechende Maßnahmen gebunden werden. Eine hohe Quote ist ein hoher primärer und sekundärer Erfahrungswissensverlust. Diese Kennzahl zeigt die Attraktivität von Unternehmen und deren Integrationsmaßnahmen. Eingeschränkte Aussage für Unternehmen in der Wachstumsphase (vgl. Klinger 2009, S. 115). Obwohl diese Kennzahl ein Spätindikator ist, kann auf Schwachstellen im Unternehmen für die Zukunft reagiert werden. Wissenstransfer Formel 33: Mitarbeiter-Engagement-Index Commitment Index des eigenen Unternehmens Commitment Index vergleichbarer Firmen Unter Commitment wird die Bereitschaft der Mitarbeiter, sich für das Unternehmen einzusetzen verstanden. Dieser Index kann durch verschiedene Kriterien ermittelt werden, z.B. Verbindung zum Unternehmen, Führungsqualität, Rollen- und Funktionsklarheit, Qualität der internen Kommunikation. Einen einheitlichen Standard gibt es noch nicht. Obwohl dieser Index eine sehr gute Möglichkeit gibt, die Qualität der Mitarbeiterbeziehungen zu analysieren, was wiederum Fluktuations- und Kündigungsquoten beeinflusst, interessieren sich nur wenige Unternehmen für dieses Thema. Die Auswirkungen auf das Image eines Unternehmens werden noch unterschätzt. Als Vorstufe wird in manchen Branchen die Mitarbeiterzufriedenheit erfragt (vgl. Klinger 2009, S. 116). Formel 34: Nutzungsgrad betrieblicher Sozialeinrichtungen Anzahl Besuche der Sozialeinr ichtung 100 % Anzahl der Mitarbeite r 149 Der Besuch von Sozialeinrichtungen fördert den informellen Wissenstransfer. Sinkt die Quote, dann ist die Attraktivität der Sozialeinrichtungen verloren gegangen und die Gründe müssen analysiert werden, da soziale Maßnahmen viel Geld kosten und ihre Wirkung nicht verfehlen sollten (vgl. Klinger 2009, S. 117). Formel 35: Anteil geschulter Mitarbeiter pro Jahr Anzahl der Mitarbeite r , die eine Aus oder Weiterbild ung absolvieren 100 % Anzahl der Mitarbeite r Die Weiterentwicklung innerbetrieblich benötigter Kenntnisse und Fähigkeiten spielt eine große Rolle. Nur so können Unternehmen sich rasch an ihr Marktumfeld anpassen. Diese Zahl sollte in der Regel über einen langen Zeitraum recht stabil sein. Die Qualität der Aus- und Weiterbildung wird hier nicht erfasst (vgl. Klinger 2009, S. 123). Formel 36: Anzahl Aus- und Weiterbildungstage pro Jahr pro Mitarbeiter Summe der Weiterbild ungstage aller Mitarbeite r SummeVollzeitäq uivalente Diese Kennzahl ermittelt die Anzahl der inner- und außerbetrieblichen Aus- und Weiterbildungstage, auch Workshops zur Qualitätsverbesserung sollten erfasst werden (vgl. Klinger 2009, S. 125). Formel 37: Kosten pro internen Trainingstag Gesamtkosten für int erne Aus und Weiterbild ung Anzahl int ern durchgefüh rter Ausbildung stage Zu den Gesamtkosten zählen Personal-, Infrastruktur- oder Kosten für Lehrmittel. Die Schulungen werden von internen Trainern durchgeführt. Diese Ermittlung lässt einen Vergleich zwischen externen und internen Schulungen ermitteln. Eine Anreicherung dieser Kennzahl mit Qualitätskomponenten würde die Aussage erhöhen (vgl. Klinger 2009, S. 128). Formel 38: Kosten pro extern durchgeführten Trainingstag Gesamtkosten für externe Aus und Weiterbild ung Anzahl extern durchgefüh rter Ausbildung stage Diese Kennzahl ist das Pendant zu den internen Kosten und setzt sich aus den Aufwendungen für die Ausbildungsmaßnahme (Kurskosten und Abwesenheit) 150 zusammen. Eine Anreicherung dieser Kennzahl mit Qualitätskomponenten würde die Aussage erhöhen (vgl. Klinger 2009, S. 129). Formel 39: Angebotene und stattgefundene Schulungsmaßnahmen Angebotene Schulungen 100 % stattgefun dene Schulungen Diese Kennzahl ermittelt, ob angebotene Schulungen zustande kommen. Ist hier eine steigende Tendenz erkennbar, sollte eine tiefergehende Analyse stattfinden. Korrelationen zu Arbeitsüberlastungen und dem falschen Angebot oder qualitativ schlechten Trainern kann gegeben sein. Formel 40: Durchgeführte Mitarbeiterbeurteilungen Durchgeführte Mitarbeite rbeurteilu ngen 100 % Anzahl der Mitarbeite r Diese Kennzahl zeigt, ob das Instrument im Unternehmen regelmäßig angewendet wird. Das Mitarbeitergespräch ist für die Leistungsbeurteilung und Leistungsorientierung eines Unternehmens wichtig. Neben einer reinen Durchführungskennzahl muss auch eine inhaltliche Auswertung erfolgen (vgl. Klinger 2009, S. 34), diese könnte dann in ein A-B-C-Modell einfließen. Formel 41: Verhältniszahl zur Nachfolgeplanung Anzahl der Mitarbeite r mit strategischen Qualifikationen Anzahl Schlüsselp ositionen Die Anzahl der Schlüsselpositionen wird ins Verhältnis zu Nachfolgekandidaten gestellt und gibt Auskunft über die Qualität der Nachfolgeplanung. Sie ist eine wichtige Kennzahl aus der Betrachtung des Personalrisikos. Voraussetzung dafür ist das Wissen und Kennen der Schlüsselpositionen (vgl. Klinger 2009, S. 35). Formel 42: Aufgabendeckungsziffer (Strategic Job Coverage Ratio) Anzahl der Mitarbeite r mit strategisch wichtigen Qualifikat ionen IST 100 % Anzahl der Mitarbeite r mit strategisch wichtigen Qualifikat ionen SOLL Diese Kennzahl dient der Beurteilung des Qualifikationsbedarfs im Rahmen der Mitarbeiterweiterbildung bzw. externem Personalbedarf und die wichtigen Schlüsselkompetenzen und –mitarbeiter müssen bekannt und erfasst sein. Gute Kennzahl zur Einschätzung des Personalrisikos (vgl. Klinger 2009, S. 40). 151 Formel 43: Netto-Personalbedarfsbestimmung Brutto Personalbedarf Vollzeitäq uivalente Personalbes tan d Vollzeitäq uivaltente feststehen de Abgänge feststehen de Zugänge Netto Personalbedarf Diese Kennzahl zeigt eine Personalüber- oder –unterdeckung und dient der Planung des Personalbedarfs, der Kosten- und Budgetplanung. Stark schwankende Zahlen können mit anderen Ursachen in Verbindung gebracht werden (vgl. Klinger 2009, S. 39). Formel 44: Durchschnittliche Vakanzdauer bis zur Stellenbesetzung Summe der Monate aller Vakanzen Anzahl Zugänge Einstellun gen pro Jahr Fehlende Human-Kapazitäten werden durch die Anzahl der unbesetzten Stellen mal den Monaten der Nichtbesetzung ermittelt. Mit dieser Kennzahl wird die durchschnittliche Dauer bis zur Besetzung einer Stelle ermittelt, gibt Hinweise auf die Effizienz im Rekrutierungsprozess, da hohe Vakanzdauern auch hohe Kosten verursachen können (vgl. Klinger 2009, S. 64). Steigt diese Kennzahl muss eine Ursachenforschung betrieben werden. Formel 45: Quote für HR-Auslagerungskosten Aufwendung en für HR Outsourcing 100 % HR Gesamtkosten Diese Kennzahl zeigt, ob die verursachten Auslagerungskosten, also Outsourcing sich tatsächlich rechnet, da Outsourcing nicht in jedem Fall zu einer Kostenersparnis führt Diese Rechnung kann mit jeder Abteilung, die ausgelagert werden soll, aufgestellt werden (vgl. Klinger 2009, S. 56). Eine Korrelation zum möglichen Wissensverlust muss hergestellt werden. 152 Kennzahlen für „War of Talent“ Formel 46: Blindbewerbungsindikator (Spontanbewerbungen) Summe der Blindbewer bungen pro Jahr Vollzeitäq uivalente eines Unternehmens, auch Blindbewerbungen sind ein Summe Indiz für die Attraktivität wenn sie HR-Abteilungen stark belasten. Die Anzahl hängt auch mit der Arbeitsmarktlage zusammen, bekommen jedoch Unternehmen mit einem guten Image mehr Blindbewerbungen. Die Dauer der Behandlung einer Bewerbung ist auch ein Indikator für Attraktivität und sollte zusätzlich betrachtet werden (vgl. Klinger 2009, S. 61). Formel 47: Gesamtbesetzungskosten einer Stelle (Interne und externe Kosten) Gesamtkosten int erne und externe für Re krutierung Anzahl Zugänge Einstellun gen pro Jahr Die Kosten für die Rekrutierung setzen sich aus den Löhnen der HR-Mitarbeiter und der Inserats-, Werbungs- und Personalvermittlerkosten zusammen. Hat eine hohe Aussagekraft hinsichtlich des Rekrutierungsprozesses (vgl. Klinger 2009, S. 62). Formel 48: Anzahl Bewerber pro Inserat Anzahl der Bewerber via Inserat Anzahl Inserate Ob Inserate erfolgreich sind, zeigt diese Kennzahl. Da es sein kann, dass über diesen Kanal keine qualitativen Bewerber mehr angelockt werden oder das Profil im Markt nicht verfügbar ist, muss ermittelt werden. Diese Kennzahl kann auch auf andere Medien (z.B. Internet) ausgeweitet werden, um deren Reichweite festzustellen (vgl. Klinger 2009, S. 66). Formel 49: Effizienz der Rekrutierungs-Interviews Anzahl der Interviews pro Jahr Anzahl Zugänge Einstellun gen pro Jahr Zeigt wie viel Interviews notwendig sind, bis es zu einer Anstellung kommt. Eine weitere Unterteilung in Zweit- oder Dritt-Interview bzw. Teilnahme AssessmentCenter wären von Vorteil. Die Beurteilung des Bewerbers über die Maßnahmen wird nicht berücksichtigt (vgl. Klinger 2009, S. 67). 153 Formel 50: Einstellungseffizienz pro Rekrutierungskanal Anzahl der Einstellun gen pro Re krutierungskanal 100 % Anzahl Zugänge Einstellun gen pro Jahr Diese Kennzahl zeigt über welchen Rekrutierungskanal (z.B. Hochschule, Spontanbewerbung …) eingestellt wird. Gibt interessante Informationen über das Bewerberverhalten (vgl. Klinger 2009, S. 68). Formel 51: Einstellungsquote Anzahl der Zugänge Einstellun gen pro Jahr 100 % Anzahl der Mitarbeite r Diese Kennzahl gibt Informationen über den möglichen Integrationsbedarf (z.B. Mentorenkonzepte) (vgl. Klinger 2009, S. 69). Formel 52: Externe Zugangsquote Anzahl der Einstellun gen externer Personen 100 % Anzahl Zugänge Einstellun gen pro Jahr Formel 53: Interne Zugangsquote Anzahl Einstellun gen int erner Personen 100 % Anzahl Zugänge Einstellun gen pro Jahr Diese Kennzahlen geben Aufschluss darüber, woher die rekrutierten Personen kommen. Eine hohe externe Quote zeigt von geringer interner Durchlässigkeit (JobRotation), was auch Nachteile mit sich bringen kann. Die interne Zugangsquote lieferte gute Informationen über Entwicklungs- und Förderungspläne (vgl. Klinger 2009, S. 70-71). Formel 54: Anstellungsquote der Hochschulabsolventen Anzahl der rekrutierten Hochschulabsolventen 100 % Anzahl Zugänge Einstellun gen pro Jahr Hier wird der Bedarf an Akademikern ermittelt, eine weitere Unterteilung in Hochschulen wäre zusätzlich interessant (Rekrutierungskanal). Ist eine zentrale Analysekennzahl für den Erfolg von Hochschulmarketing (vgl. Klinger 2009, S. 73). 154 Anhang 7: Hypothesen Folgende Hypothesen lassen sich aus den empirischen Ergebnissen ableiten: Demografischer Wandel: - Demografischer Wandel wird mit einer älter werdender Gesellschaft und mit älter werdenden Mitarbeitern assoziiert. Die Sicherung des Verlustes von Erfahrungswissen wird nicht primär damit verbunden. - Unternehmen beschäftigen sich mit dem demografischen Wandel projekthaft. - Älteren Arbeitnehmern werden Seminare mit dem Titel 45+ zur Standortbestimmung angeboten. - Die Wirtschafts- und Finanzkrise bzw. Unternehmenskrisen stellen das Thema „Demografie und seine Auswirkungen“ in den Hintergrund“ - Mitarbeiter werden aus Kostengründen früher in Pension geschickt, der Verlust des Erfahrungswissens wird dabei nicht berücksichtigt. - Werden Sozialpläne flächendeckend im Unternehmen angewendet, kann es zu einem enormen Wissensverlust kommen, der das Unternehmen insgesamt träger macht. - Sozialpläne und der damit verbundene Mitarbeiterabbau schaden dem Image eines Unternehmens. - Das Modell der Altersteilzeit wird in Unternehmen als Blockteilzeit angewandt. - Frühpensionierung und Altersteilzeit stellen Maßnahmen zum demografischen Wandel in Frage. - Junge Unternehmen sehen den demografischen Wandel in Form des „War of Talent“ auf sie zukommen. Altersstruktur und Fluktuation: - Fluktuation, Krankenstand-, Weiterbildungstage und Pensionierungen sind die am Häufigsten ausgewerteten Kennzahlen. - Eine hohe Fluktuation birgt die Gefahr, dass wesentliche Prozesse nicht mehr reibungslos ablaufen. - Es werden nur jene Kennzahlen ausgewertet, die auch leicht ermittelbar sind. - Je mehr Kennzahlen ausgewertet werden, desto höher ist der Aufwand. 155 Alternde Belegschaft: - Ein Mitarbeiter ab 40 Jahren ist ein älterer Mitarbeiter, stellt aber noch nicht die große Hürde bei einer Neuanstellung dar. - Das Alter spielt bei einem Außendienst-Mitarbeiter kaum eine Rolle. - Ob ein Mitarbeiter alt oder jung ist, hängt nicht nur vom Lebensalter ab, sondern auch von seiner Individualität. - Je älter ein Mitarbeiter ist, desto mehr Lebens- und Berufserfahrung, Gelassenheit und Know-how hat er. - Je älter ein Mitarbeiter ist, desto weniger IT-Affinität und Begeisterungsfähigkeit hat er. - Junge Mitarbeiter haben das neue Wissen und sind innovationsfähig. - Je älter ein Mitarbeiter ist, desto teurer ist er. Erfahrungswissen und Risikomanagement: - In der Praxis herrscht ein starkes abteilungsorientiertes Denken vor. - Das interne Risiko wird nicht strategisch behandelt. - Die Identifikation von Schlüsselpositionen und –kräften hat Einzug in der Praxis gefunden, vielfach liegt die Betonung nach wie vor auf den Führungskräften und nicht auch auf den Experten. Wissensverlust und Wissenssicherung durch Transfer: - Pensionierungen sind planbar, daher kann auch der Wissenstransfer frühzeitig geplant werden. - Das Erfahrungswissen und seine Ausprägungen sind an die Person gebunden. - Ältere Arbeitnehmer werden oft als interne Trainer eingesetzt. - Nicht jeder älterer Arbeitnehmer ist Experte oder besitzt wertvolles Wissen. - Dokumentationen sind ein häufiges angewendetes Mittel der Wissenssicherung, finden allerdings nur abteilungsbezogen und sehr individuell statt. Gesetzliche Erfordernisse verschärfen auch die Struktur der Dokumentationsabläufe. - Besprechungen in der richtigen Dosis sind ein wichtiges formelles Wissenstransfer-Mittel. - Informelle Treffen, wie Kaffeepausen, sind ein wichtiges Wissenstransfer-Mittel und fördern ein abteilungsübergreifendes und somit universelles unternehmerisches Denken und Handeln, werden aber nicht offiziell anerkannt. 156 - Patenprogramme werden in der Praxis selten angewandt. - Die Einführung neuer Mitarbeiter erfolgt aus einem Gespann, das aus Führungskraft und Lernpartner besteht. - Job-Rotation wird nur auf Basis von Einzelinitiativen oder im Rahmen von Trainee-Programmen angewendet. - Die Entwicklungsplanung ist ein wichtiges Instrument, um Mitarbeiter an das Unternehmen zu binden und zur Identifikation von Schlüsselpersonen bzw. -positionen. - Im Außendienst findet der optimale Wissenstransfer vor Pensionierung durch Teambuilding im Familienverbund statt. - Vertretungsregeln sind bei wichtigen Schlüsselpositionen (Führungskräfte und Experten) erforderlich. - „Wissens-Ist-Macht“ entsteht, wenn Unternehmen viele Mitarbeiter abbauen. - Wissensverlust entsteht durch Pensionierung, Kündigung und Unternehmensumstrukturierungen, wenn dadurch viele Mitarbeiter das Unternehmen verlassen. Wissensbewertung: - Der Wert Wissen ist in der klassischen Bilanz nicht erkennbar. - Aufgrund mangelnder Bewertbarkeit scheiden ältere Mitarbeiter früher aus dem Unternehmen aus, um Kosten einzusparen. - Eine Kennzahl zur Wissensbewertung, die von nicht allzu vielen Faktoren abhängig ist, wäre für die Praxis ein Zugewinn. - Die mangelnde Berücksichtigung des Wertes Wissen hängt mit befristeten Vorstandsverträgen zusammen und damit steht das kurzfristig, möglich erreichbare, finanzielle Ergebnis, im Vordergrund. - Das Senioritätsprinzip in den Gehaltskosten stellt eine Hürde dar, Mitarbeiter länger in Beschäftigung halten zu wollen. - Balanced Scorecard-Konzepte sind zwar bekannt, aber in Unternehmen, wo diese eingeführt sind, werden sie selten ganzheitlich gelebt. 157 Literaturverzeichnis Ackermann, Benno (2009): Mitarbeiter gehen - wo bleibt ihr Wissen? In: wissensmanagement, Jg. 2009, H. 01, S. 44–45. Ackerschott, Harald (2002): Karriere machen: Vertrieb 2003. 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