Einführung in die Algebraische Geometrie Prof. Ch. Okonek Inhaltsverzeichnis 1 Affine Varietäten 1.1 Affine K-Varietäten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.2 Die Zariski-Topologie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.3 Affine Varietäten mit algebraisch abgeschlossenem Koordinatenkörper . . . . . 3 3 4 7 2 Spektren 2.1 Spektrum eines Ringes, Zariski Topologie 2.2 Morphismen zwischen Spektren . . . . . . 2.3 Topologische Eigenschaften von Spektren 2.4 Fasern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.5 Dimension . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.6 Spektren von Koordinatenringen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10 10 11 13 16 17 18 3 Reguläre und rationale Funktionen 3.1 Eigenschaften der Zariski-Topologie . . 3.2 Reguläre Funktionen . . . . . . . . . . 3.3 K-Morphismen . . . . . . . . . . . . . 3.4 Lokale Ringe algebraischer Varietäten 3.5 Rationale Funktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20 20 21 22 23 24 4 Projektive Varietäten und Proj 4.1 Projektive Räume . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.2 Graduierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.3 Projektiver Nullstellensatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.4 Projektiver Abschluss . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.5 Homogene Lokalisierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.6 Reguläre und rationale Funktionen auf projektiven Varietäten 4.7 Gewichtet projektive Räume . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.8 Veronese- und Segre-Einbettungen . . . . . . . . . . . . . . . 4.9 Das projektive Spektrum eines graduierten Ringes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27 27 29 32 34 35 38 43 44 46 . . . . . . . . . . 5 Schemata 50 5.1 Garben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 50 5.2 Schemata . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 54 2 Kapitel 1 Affine Varietäten 1.1 Affine K-Varietäten Definition 1.1. Sei L ein Körper; dann heisst An(L) := {x = (x1, . . . , xn) | xi ∈ L} n-dimensionaler affiner Raum über L. A n (L) heisst Definition 1.2. Sei K ⊂ L eine Körpererweiterung. Eine Teilmenge V ⊂ genau dann affine K-Varietät, wenn es Polynome F1 , . . . , Fm ∈ K [X1 , . . . , Xn ] gibt, so dass V = V (F1 , . . . , Fm ) := {x ∈ An(L) | Fi(x) = 0 ∀ i = 1, . . . , m}. K heisst Definitionskörper, L Koordinatenkörper, Fi (X1 , . . . , Xn ) = 0 (i = 1, . . . , m) ein definierendes Gleichungssystem von V. A n (L) eine K-Varietät und A ⊂ L ein Unterring. Ein Punkt Definition 1.3. Sei V ⊂ x = (x1 , . . . , xn ) ∈ V heisst A-rational :⇔ xi ∈ A ∀ i = 1, . . . , n. A C Beispiel 1.4. V = V (X d + Y d − Z d ) ⊂ 3 ( ) heisst Fermat-Varietät. Das Fermat-Problem lautet dann: Gibt es nicht-triviale -rationale Punkte in V ? Z Beispiel 1.5. Durch eine Gleichung F ∈ K [X1 , . . . , Xn ] , F 6= const. definierte Varietäten V (F ) heissen K-Hyperflächen. Bemerkung 1.6. Jede affine R-Varietät in An(R) ist eine Hyperfläche. Definition 1.7. Sei I ⊂ K [X1 , . . . , Xn ] ein Ideal. Die Nullstellenmenge An(L)| F (x) = 0 ∀ F ∈ I} aller Polynome in I heisst Varietät von I in An (L). Definition 1.8. Für eine beliebige Teilmenge V ⊂ An (L) heisst V (I) := {x ∈ J(V ) := {F ∈ K [X1 , . . . , Xn ] | F (x) = 0 ∀x ∈ V } 3 KAPITEL 1. AFFINE VARIETÄTEN 4 (Verschwindungs-)Ideal von V in K [X1 , . . . , Xn ] . Bemerkung 1.9. J(V ) ist Radikalideal. Lemma 1.10. Ist L ein unendlicher Körper, n ≥ 1, so gibt es ausserhalb jeder K-Varietät V ⊂ n (L) mit V 6= n (L) unendlich viele Punkte. A A Proposition 1.11. A i) J(∅) = (1); J( n (L)) = (0), falls L unendlich. p ii) J(V ) = J(V ) für jede Teilmenge V ⊂ n (L). A iii) Für jede K-Varietät V ⊂ An(L) gilt V = V (J(V )). iv) Für K-Varietäten V1 , V2 gilt V1 ( V2 ⇔ J(V1 ) ) J(V2 ). v) Für K-Varietäten V1 , V2 gelten J(V1 ∪V2 ) = J(V1 )∩J(V2 ) und V1 ∪V2 = V (J(V1 )·J(V2 )). T P vi) Für jede Familie (Vλ )λ∈Λ von K-Varietäten gilt λ∈Λ Vλ = V λ∈Λ J (Vλ ) . Corollar 1.12. Die Zuordnung V 7→ J(V ) definiert eine injektive, inklusionsumkehrende n (L) in die Menge der Radikalideale I ⊂ Abbildung der Menge der K-Varietäten V ⊂ K [X1 , . . . , Xn ] . A Definition 1.13. Sei V ⊂ heisst An(L) eine K-Varietät mit Ideal J(V ) ⊂ K [X1, . . . , Xn] . Dann K [V ] := K [X1 , . . . , Xn ] /J(V ) (affiner) Koordinatenring von V . A Bemerkung 1.14. Sei V ⊂ n (L) eine affine K-Varietät. K[V ] ist ein reduzierter Ring und eine K-Algebra von endlichem Typ. 1.2 Die Zariski-Topologie Definition 1.15. Sei X eine Menge. Ein Mengensystem T ⊂ P(X) heisst Topologie auf X, wenn die folgenden Bedingungen erfüllt sind: i) ∅, X ∈ T ; ii) U, V ∈ T ⇒ U ∩ V ∈ T ; S iii) (Ui ∈ T ∀i ∈ I) ⇒ iI Ui ∈ T . Definition 1.16. Ist T eine Topologie auf einer Menge X, so heisst (X, T ) topologischer Raum; die Mengen U ∈ T heissen offen, ihre Komplemente X \ U werden abgeschlossen genannt. Definition 1.17. Seien (X, T ) und (X 0 , T 0 ) topologische Räume. Eine Abbildung f : X → X 0 heisst i) stetig :⇔ Urbilder f −1 (U 0 ) ⊂ X von in X 0 offenen Mengen U 0 ⊂ X 0 sind offen in X; ii) offen :⇔ Bilder f (U ) ⊂ X 0 von in X offenen Mengen U sind offen in X 0 ; KAPITEL 1. AFFINE VARIETÄTEN 5 iii) abgeschlossen :⇔ Bilder f (A) ⊂ X 0 von in X abgeschlossenen Mengen A sind abgeschlossen in X 0 . Bemerkung 1.18. Eine Abbildung f : X −→ X 0 zwischen topologischen Räumen X und X 0 ist genau dann stetig, wenn Urbilder f −1 (A0 ) von in X 0 abgeschlossenen Mengen A0 in X abgeschlossen sind. Definition 1.19. Ist (X, T ) ein topologischer Raum und Y ⊂ X eine Teilmenge, so heisst T |Y := {U ∩ Y | U ∈ T } Spurtopologie von (X, T ) auf Y . Bemerkung 1.20. (Y, T |Y ) ist topologischer Raum. Definition 1.21. Ein topologischer Raum (X, T ) heisst Noethersch, wenn jede absteigende Kette A1 ⊃ A2 ⊃ . . . abgeschlossener Mengen stationär wird. Definition 1.22. Sei (X, T ) ein topologischer Raum und Y ⊂ X eine Teilmenge. T Y := A⊃Y abgeschlossen A heisst abgeschlossene Hülle von Y . Definition 1.23. Eine Teilmenge Y ⊂ X in einem topologischen Raum (X, T ) heisst dicht, wenn Y = X. Lemma 1.24. Sei (X, T ) ein topologischer Raum. Für eine offene Teilmenge U ⊂ X sind äquivalent: i) U ist dicht in X; ii) U ∩ U 0 6= ∅ ∀ U 0 ⊂ X offen mit U 0 6= ∅. Definition 1.25. Ein topologischer Raum (X, T ) heisst: i) zusammenhängend :⇔ ∀ U, V ∈ T \ {∅} gilt (U ∪ V = X ⇒ U ∩ V 6= ∅); ii) irreduzibel :⇔ ∀ U, V ∈ T \ {∅} gilt U ∩ V 6= ∅. Bemerkung 1.26. Irreduzible topologische Räume sind zusammenhängend. Proposition 1.27. Für einen nicht leeren, topologischen Raum (X, T ) sind die folgenden Aussagen äquivalent: i) (X, T ) ist irreduzibel; ii) ∀ abgeschlossenen Mengen A, B ⊂ X gilt X = A ∪ B ⇒ X ∈ {A, B}; iii) Jede offene Menge U ⊂ X ist, bzgl. der Spurtopologie, ein zusammenhängender topologischer Raum; iv) Jede nicht leere, offene Menge U ⊂ X ist dicht in X. Lemma 1.28. Sei (X, T ) ein topologischer Raum und Y ⊂ X eine beliebige Teilmenge. Dann gilt KAPITEL 1. AFFINE VARIETÄTEN 6 (Y, T |Y ) ist irreduzibel ⇔ (Y , T |Y ) ist irreduzibel. Definition 1.29. Eine irreduzible Komponente eines topologischen Raumes ist eine (bzgl. Inklusion) maximale, irreduzible Teilmenge. Proposition 1.30. Sei (X, T ) ein topologischer Raum. i) Irreduzible Komponenten sind abgeschlossen. ii) Jede irreduzible Teilmenge ist in einer irreduziblen Komponente enthalten. iii) X ist Vereinigung seiner irreduziblen Komponenten. iv) Bilder irreduzibler Mengen unter stetigen Abbildungen sind irreduzibel. Proposition 1.31. Ein Noetherscher topologischer Raum besitzt nur endlich viele irreduzible Komponenten, von denen keine in der Vereinigung der übrigen enthalten ist. Lemma 1.32. Sei (X, T ) ein Noetherscher topologischer Raum. Für U ∈ T gilt U ist dicht in X ⇔ U trifft jede irreduzible Komponente von X. A Definition 1.33. Sei K ⊂ L eine Körpererweiterung . Die K-Topologie auf n (L) (ZariskiTopologie von n (L) bzgl. K) ist diejenige Topologie, deren abgeschlossenen Mengen gerade die affinen K-Varietäten V ⊂ n (L) sind. Ist V ⊂ n (L) eine affine K-Varietät, so heisst die Spurtopologie der K-Topologie auf n (L) Zariski-Topologie auf V. A A A A Proposition 1.34. Eine affine K-Varietät V ⊂ ist ein Noetherscher topologischer Raum. An(L), versehen mit der Zariski-Topologie, A Lemma 1.35. Eine nicht leere affine K-Varietät V ⊂ n (L) ist genau dann irreduzibel in der K-Topologie, wenn J(V ) ⊂ K [X1 , . . . , Xn ] ein Primideal ist. Insbesondere ist V genau dann irreduzibel, wenn K[V ] ein Integritätsring ist. Beispiel 1.36. V (X 2 + 1) ⊂ -Topologie. C A1(C) ist irreduzibel in der R-Topologie, nicht aber in der A Bemerkung 1.37. Sei V ⊂ n (L) eine affine K-Varietät mit Koordinatenring K[V ]. Elemente f ∈ K[V ] können als polynomiale Funktionen auf V mit Werten in L aufgefasst werden: f : V → L, x 7→ F (x), wobei f = F . Lemma 1.38. Der Abschluss einer beliebigen Teilmenge V ⊂ gegeben durch: V = V (J(V )). Bemerkung 1.39. Sind V ⊂ An(L) in der K-Topologie ist An(L) und W ⊂ Am(L) durch Gleichungen Fi ∈ K [X1 , . . . , Xn ] (i = 1, . . . , r), bzw. Gj ∈ K[Y1 , . . . , Ym ] (j = 1, . . . , s) definierte affine K-Varietäten, so ist das Cartesische Produkt V ×W ⊂ An(L) × Am(L) = An+m(L) die durch die Gleichungen Fi ∈ K [X1 , . . . , Xn ] ,→ K[X1 , . . . , Xn , Y1 , . . . , Ym ] (i = 1, . . . , r) und Gj ∈ K[Y1 , . . . , Ym ] ,→ K[X1 , . . . , Xn , Y1 , . . . , Ym ] (j = 1, . . . , s) definierte, affine K-Varietät. Bemerkung 1.40. Die Zariski-Topologie auf V × W ist nicht die Produkttopologie. KAPITEL 1. AFFINE VARIETÄTEN 1.3 7 Affine Varietäten mit algebraisch abgeschlossenem Koordinatenkörper Theorem 1.41 (Hilbertscher Nullstellensatz in körpertheoretischer Form). Sei k ein Körper, A eine k-Algebra von endlichem Typ. Ist A ein Körper, so ist A ⊃ k eine endliche Körpererweiterung. Theorem 1.42 (Hilbertscher Nullstellensatz). Ist L ⊃ K algebraisch abgeschlossen und I ⊂ K [X1 , . . . , Xn ] ein eigentliches Ideal, so ist V (I) ⊂ n (L) nicht leer. A Corollar 1.43. Sei K ⊂ L eine Körpererweiterung und L algebraisch abgeschlossen. Ein polynomiales Gleichungssystem Fi (x) = 0 (i = 1, . . . , m), Fi ∈ K [X1 , . . . , Xn ] hat genau dann eine Lösung in An(L), wenn (F1, . . . , Fm) 6= K [X1, . . . , Xn] ist. Corollar 1.44. Sei m ∈ m-Spec ( K [X1 , . . . , Xn ] ). i) K [X1 , . . . , Xn ] /m ⊃ K ist algebraisch. ii) Ist K algebraisch abgeschlossen, so gibt es ξ1 , . . . , ξn ∈ K mit m = hX1 − ξ1 , . . . , Xn − ξn i. Corollar 1.45 (Verschärfung des Nullstellensatzes). Sei K ⊂ L eine Körpererweiterung , L algebraisch abgeschlossen und I ⊂ K [X1 , . . . , Xn ] ein Ideal. Dann gilt √ J(V (I)) = I. Corollar 1.46. Ist K ⊂ L eine Körpererweiterung und L algebraisch abgeschlossen, so gelten für affine K-Varietäten V1 , V2 ⊂ n (L) p i) J(V1 ∩ V2 ) = J(V1 ) + J(V2 ); p ii) J(V1 ∪ V2 ) = J(V1 ) · J(V2 ). A Corollar 1.47. Sei K ⊂ L eine Körpererweiterung und L algebraisch abgeschlossen. Die Zuordnung V 7→ J(V ) definiert eine Bijektion der Menge aller affinen K-Varietäten V ⊂ n (L) auf die Menge aller Radikalideale I ⊂ K [X1 , . . . , Xn ] . A Proposition 1.48. Sei K ⊂ L eine Körpererweiterung, L algebraisch abgeschlossen. Die Zuordnung n (L) ⊃ V 7→ J(V ) ⊂ K [X1 , . . . , Xn ] induziert eine Bijektion zwischen der Menge der nichtleeren, irreduziblen K-Varietäten in n (L) und Spec( K [X1 , . . . , Xn ] ). A A Proposition 1.49. Ist L algebraisch abgeschlossen, so definiert die Zuordnung An(L) 3 (a1, . . . , an) 7→ hX1 − a1, . . . , Xn − ani ∈ m-Spec (L[X1, . . . , Xn]) eine Bijektion An (L) ∼ = m-Spec (L[X1 , . . . , Xn ]). KAPITEL 1. AFFINE VARIETÄTEN 8 Definition 1.50. Sei R ⊂ S eine Ringerweiterung und I ⊂ R ein Ideal. Dann heisst X I e := I · S = aj sj | aj ∈ I, sj ∈ S, J endlich j∈J Erweiterungsideal von I in S. Corollar 1.51. Sei K ⊂ K 0 ⊂ L eine Körpererweiterung und L algebraisch abgeschlossen. Sei J(V ) ⊂ K [X1 , . . . , Xn ] das Verschwindungsideal der K-Varietät V ⊂ n (L) . Dann ist V auch eine K 0 -Varietät mit Verschwindungsideal p J(V ) · K 0 [X1 , . . . , Xn ] A in K 0 [X1 , . . . , Xn ]. Corollar 1.52. Sei K ⊂ K 0 ⊂ L eine Körpererweiterung und L algebraisch abgeschlossen. Ist V ⊂ n (L) eine affine K-Varietät, so gilt K 0 [V ] = K 0 ⊗K K[V ] red . A A n (L) , Corollar 1.53. Sei L algebraisch abgeschlossen, und seien K-Varietäten V ⊂ m W ⊂ (L) mit Verschwindungsidealen J(V ), J(W ) gegeben. Das Ideal der K-Varietät V × W ⊂ n+m (L) ist dann gegeben durch p J(V × W ) = J(V )e + J(W )e ⊂ K[X1 , . . . , Xn , Y1 , . . . , Ym ]. A A Corollar 1.54. Sei K ⊂ L eine Körpererweiterung und L algebraisch abgeschlossen. Sind V ⊂ n (L) , W ⊂ m (L) affine K-Varietäten, so gilt A A K[V × W ] = (K[V ] ⊗K K[W ])red . Definition 1.55. Sei V ⊂ An(L) affine K-Varietät mit Koordinatenring K[V ]. i) Ist I ⊂ K[V ] eine beliebige Teilmenge, so heisst VV (I) := {x ∈ V |f (x) = 0 ∀f ∈ I} ⊂ V Nullstellenmenge von I auf V. ii) Ist W ⊂ V eine Teilmenge, so heisst JV (W ) := {f ∈ K[V ]|f (x) = 0 ∀ x ∈ W } ⊂ K[V ] Verschwindungsideal von W auf V. Bemerkung 1.56. Es gilt JV (W ) = J(W )/J(V ). Ist W ⊂ V eine K-Untervarietät, so induziert die Einschränkungsabbildung resW : K[V ] → K[W ] einen Isomorphismus K[W ] ∼ = K[V ]/JV (W ). A n (L) eine affine K-Varietät und L algebraisch abgeschlossen. Theorem 1.57. Sei V ⊂ Die Abbildung W 7→ JV (W ), die jeder K-Untervarietät W ⊂ V ihr Verschwindungsideal JV (W ) ⊂ K[V ] zuordnet, ist eine inklusionsumkehrende Bijektion der Menge aller K-Untervarietäten von V auf die Menge aller Radikalideale in K[V ]. Zudem gelten KAPITEL 1. AFFINE VARIETÄTEN i) JV (V (I)) = √ 9 I ⊂ K[V ] für jedes Ideal I ⊂ K[V ]; ii) Eine nicht leere K-Untervarietät W ⊂ V ist genau dann irreduzibel (in der K-Topologie von V ), wenn JV (W ) ein Primideal ist. A n (L) Bemerkung 1.58. Die irreduziblen Komponenten einer affinen K-Varietät V ⊂ entsprechen unter der Zuordnung V ⊃ W 7→ J(W ) ⊃ J(V ) genau den minimalen Primteilern von J(V ). Corollar 1.59. Jede reduzierte, affine K-Algebra ist Koordinatenring einer geeigneten, affinen K-Varietät. A Definition 1.60. Sei V ⊂ n (L) eine affine K-Varietät und L algebraisch abgeschlossen. Ein Punkt ξ = (ξ1 , . . . , ξn ) ∈ V heisst K-algebraisch, wenn die ξi (i = 1, . . . , n) algebraisch über K sind. A Bemerkung 1.61. Sei V ⊂ n (L) eine affine K-Varietät und ξ ∈ V . Betrachte die Auswertungsabbildung ev(ξ) : K[V ] −→ L, f 7→ F (ξ), wobei f = F . Es gelten: i) pξ := ker ev(ξ) ∈ Spec K[V ]; ii) im ev(ξ) = K[ξ1 , . . . , ξn ]. Insbesondere sind also äquivalent: i) pξ ∈ m-Spec(K[V ]); ii) K[ξ1 , . . . , ξn ] ist ein Körper; iii) ξ ist K-algebraisch. Lemma 1.62. Sei K ⊂ L eine beliebige Körpererweiterung und V ⊂ K-Varietät. Dann ist die Abbildung ev : V −→ HomK -Alg (K[V ], L), ξ 7→ ev(ξ) bijektiv. An(L) eine affine Kapitel 2 Spektren 2.1 Spektrum eines Ringes, Zariski Topologie Definition 2.1. Sei A ein kommutativer Ring mit Eins. Dann heisst Spec(A) := {p ⊂ A| p ist Primideal } Spektrum von A. Definition 2.2. Sei I ⊂ A ein Ideal. Dann heisst V (I) := {p ∈ Spec(A) | p ⊃ I} Varietät von I. Bemerkung 2.3. Sei A ein Ring. P i) Ist (Ij )j∈J eine Familie von Idealen in A, so gilt ∩j∈J V (Ij ) = V ( j∈J Ij ). ii) Sind I, J ⊂ A Ideale, so gilt V (I) ∪ V (J) = V (I · J). Definition 2.4. Sei A ein Ring. Die Zariski-Topologie auf Spec(A) ist diejenige Topologie, deren abgeschlossenen Mengen die Varietäten V (I), I ⊂ A ein Ideal, sind. Definition 2.5. Sei T ⊂ Spec(A) eine beliebige Teilmenge. Dann heisst \ J(T ) := p p∈T Verschwindungsideal von T . Lemma 2.6. Sei A ein Ring. i) Für jedes Ideal I ⊂ A gilt J(V (I)) = √ I. ii) Das Verschwindungsideal von Spec(A) ist das Nilradikal NA von A. iii) Ist T ⊂ Spec(A) eine beliebige Teilmenge, so ist T = V (J(T )). Proposition 2.7. Sei A ein Ring. Dann induziert die Zuordnung A ⊃ I 7→ V (I) ⊂ Spec(A) eine inklusionsumkehrende Bijektion zwischen der Menge der Radikalideale in A und der Menge der abgeschlossenen Teilmengen von Spec(A). Unter dieser Bijektion entsprechen sich die nicht leeren irreduziblen Teilmengen von Spec(A) und die Primideale von A. 10 KAPITEL 2. SPEKTREN 2.2 11 Morphismen zwischen Spektren Definition 2.8. Sei ϕ : A → B ein Morphismus von Ringen. i) Ist b ⊂ B ein Ideal, so heisst bc := ϕ−1 (b) ⊂ A Kontraktion von b. ii) Ist a ⊂ A ein Ideal, so heisst ae := hϕ(a)i ⊂ B Extension von a. Bemerkung 2.9. i) ae = hϕ(a)i = o b ϕ(a ) | b ∈ B, a ∈ a . i i i i i∈I,|I|<∞ nP ii) b ∈ Spec(B) ⇒ bc ∈ Spec(A). iii) b ∈ m-Spec(B) ; bc ∈ m-Spec(A). iv) a ∈ Spec(A) ; ae ∈ Spec(B). Proposition 2.10. Sei ϕ : A −→ B ein Morphismus von Ringen, und seien a ⊂ A und b ⊂ B Ideale. Es gelten: i) a ⊂ aec ; ii) b ⊃ bce ; iii) ae = aece , bc = bcec ; iv) C bezeichne die Menge der kontrahierten Ideale in A und E die Menge der erweiterten Ideale in B. Dann gelten: C = {a ⊂ A Ideal | a = aec } ; E = {b ⊂ B Ideal | b = bce } . Die Zuordnungen a 7→ ae b 7→ bc definieren zueinander inverse Bijektionen zwischen C und E. Definition 2.11. Sei ϕ : A → B ein Morphismus von Ringen. Spec(ϕ) : Spec(B) → Spec(A), Spec(ϕ)(q) := qc heisst von ϕ induzierte Abbildung. Lemma 2.12. Sei ϕ : A → B ein Morphismus von Ringen. i) Für jedes Ideal a ⊂ A gilt Spec(ϕ)−1 (V (a)) = V (ae ). ii) Spec(ϕ) : Spec(B) → Spec(A) ist eine stetige Abbildung. iii) Für jedes Ideal b ⊂ B gilt V (bc ) = Spec(ϕ)(V (b)). Definition 2.13. Eine stetige Abbildung f : (X, T ) → (X 0 , T 0 ) zwischen topologischen Räumen heisst KAPITEL 2. SPEKTREN 12 i) Homöomorphismus :⇔ Es existiert eine stetige Umkehrabbildung f −1 : X 0 → X; ii) abgeschlossene Einbettung :⇔ f : X → f (X) ist ein Homöomorphismus und f (X) ⊂ X 0 ist eine abgeschlossene Teilmenge; iii) offene Einbettung :⇔ f : X → f (X) ist ein Homöomorphismus und f (X) ⊂ X 0 ist eine offene Teilmenge. Lemma 2.14. Sei ϕ : A → B ein surjektiver Morphismus von Ringen. Dann ist Spec(ϕ) : Spec(B) → Spec(A) eine abgeschlossene Einbettung mit Bild V (ker(ϕ)). Corollar 2.15. Genau dann induziert ein surjektiver Morphismus von Ringen ϕ : A → B einen Homöomorphismus Spec(ϕ), wenn ker(ϕ) ⊂ NA gilt. Corollar 2.16. Spec(A) ∼ = Spec(Ared ). Lemma 2.17. Sei ϕ : A −→ B ein Morphismus von Ringen. Genau dann ist Spec(ϕ)(Spec(B)) dicht in Spec(A), wenn ker(ϕ) ⊂ NA . Lemma 2.18. Sei ϕ : A −→ B ein Morphismus von Ringen. Dann gilt im(Spec(ϕ)) = Spec(A) ∩ C. Lemma 2.19. Sei A ein Ring, I ⊂ A ein Ideal, S ⊂ A ein multiplikatives System. i) Ist ε : A −→ A/I der kanonische Restklassenepimorphismus, so gilt: im(Spec(ε)) = Spec(A) ∩ C = {p ∈ Spec(A) | p ⊃ I} = V (I). ii) Ist λS : A → AS die Lokalisierungsabbildung, so gilt: im(Spec(λS )) = {p ∈ Spec(A) | p ∩ S = ∅}. Beispiel 2.20. Sei p0 ∈ Spec(A) und λp0 : A −→ Ap0 die Lokalisierungsabbildung. Dann gilt o n im(Spec(λp0 )) = p ∈ Spec(A) | p0 ∈ {p} . Das Bild von Spec(λp0 ) entspricht somit der Familie aller irreduziblen, Zariski-abgeschlossenen Mengen V (p) ⊂ Spec(A), welche den Punkt p0 enthalten. Lemma 2.21. Sei S ⊂ A ein multiplikatives System. Dann induziert Spec(λS ) einen Homöomorphismus von Spec(AS ) mit dem Unterraum {p ∈ Spec(A) | p ∩ S = ∅} ⊂ Spec(A), versehen mit der Spurtopologie. Lemma 2.22. Seien A und B Ringe. Dann gilt Spec(A × B) ∼ = Spec(A) q Spec(B). KAPITEL 2. SPEKTREN 2.3 13 Topologische Eigenschaften von Spektren Basis der Zariski-Topologie Definition 2.23. Sei (X, T ) ein topologischer Raum. Eine Teilmenge B ⊂ T heisst eine Basis der Topologie, wenn für jede offene Teilmenge U ∈ T Mengen Bi ∈ B (i ∈ I) S existieren mit i∈I Bi = U . Definition 2.24. Seien A ein Ring, X := Spec(A) und f ∈ A. Dann heisst Xf := X \ V (f ) Basismenge zu f. Lemma 2.25. Sei A ein Ring und X := Spec(A). Dann ist {Xf | f ∈ A} eine Basis der Zariski-Topologie auf X. Lemma 2.26. Sei ϕ : A → B ein Morphismus von Ringen und f ∈ A ein Element. Dann gilt Spec(ϕ)−1 (Spec(A)f ) = Spec(B)ϕ(f ) . Lemma 2.27. Sei A ein Ring und f ∈ A. Die Lokalisierungsabbildung λf : A → Af induziert eine offene Einbettung Spec(λf ) : Spec(Af ) → Spec(A) mit Bild Spec(A)f . Bemerkung 2.28. Sei A ein Ring und X = Spec(A). Für Elemente f, g ∈ A gelten i) Xf = ∅ ⇔ f ∈ NA ; ii) Xf = X ⇔ f ∈ A× ; p p iii) Xf = Xg ⇔ hf i = hgi; iv) Xf ∩ Xg = Xf g . Quasi-Kompaktheit Definition 2.29. Ein topologischer Raum X heisst quasi-kompakt, wenn jede offene Überdeckung von X eine endliche Teilüberdeckung enthält. Lemma 2.30. Sei A ein Ring. Dann ist Spec(A) quasi-kompakt. Corollar 2.31. Sei A ein Ring und f ∈ A ein Element. Dann ist Spec(A)f quasi-kompakt. KAPITEL 2. SPEKTREN 14 Generische Punkte Definition 2.32. Sei X ein topologischer Raum und Y ⊂ X eine abgeschlossene Teilmenge. Ein Punkt y ∈ Y heisst generischer Punkt von Y , wenn {y} = Y gilt. Lemma 2.33. Für eine nicht leere abgeschlossene Teilmenge V ⊂ Spec(A) sind folgende Aussagen äquivalent: i) V besitzt einen generischen Punkt; ii) das Verschwindungsideal J(V ) ⊂ A ist ein Primideal; iii) V ist irreduzibel. Besitzt V einen generischen Punkt p ∈ V , so ist dieser eindeutig bestimmt und es gilt p = J(V ). Corollar 2.34. Genau dann besitzt Spec(A) einen generischen Punkt, wenn das Nilradikal NA ⊂ A ein Primideal ist. Ist insbesondere A ein Integritätsring, so ist h0i der generische Punkt von Spec(A). Corollar 2.35. Die Zuordnung Spec(A) 3 p 7→ V (p) ⊂ Spec(A) definiert eine Bijektion von Spec(A) auf die Menge der nicht leeren abgeschlossenen, irreduziblen Teilmengen von Spec(A). Die Umkehrabbildung Y 7→ J(Y ) ordnet jeder nicht leeren irreduziblen, abgeschlossen Teilmenge ihren generischen Punkt zu. Trennbarkeitsaxiome Definition 2.36. Sei X ein topologischer Raum und x ∈ X ein fester Punkt. Eine Teilmenge T ⊂ X heisst eine Umgebung von x, wenn T eine in X offene Menge U ⊂ T enthält mit x ∈ U. Definition 2.37. Ein topologischer Raum X heisst i) Kolmogoroff- (oder T0 -)Raum :⇔ von je zwei verschiedenen Punkten in X besitzt einer eine Umgebung, die den anderen Punkt nicht enthält. ii) Fréchet- (oder T1 -)Raum :⇔ je zwei verschiedene Punkte in X besitzen Umgebungen, die den jeweils anderen Punkt nicht enthalten. iii) Hausdorff- (oder T2 -)Raum :⇔ je zwei verschiedene Punkte in X besitzen disjunkte Umgebungen. Lemma 2.38. Sei X ein topologischer Raum. i) X ist ein Fréchet-Raum ⇔ alle Punkte in X sind abgeschlossen. ii) X ist ein Hausdorff-Raum ⇔ die Diagonale 4X ⊂ X × X ist abgeschlossen bezüglich der Produkttopologie. Lemma 2.39. Sei A ein Ring und Spec(A) mit der Zariski-Topologie versehen. i) Spec(A) ist ein Kolmogoroff-Raum. ii) Genau dann ist Spec(A) ein Fréchet-Raum, wenn jedes Primideal maximal ist. Q iii) Spec(A) ist Noethersch und Hausdorffsch ⇔ Ared = ri=1 Ki mit Körpern K1 , . . . , Kn . KAPITEL 2. SPEKTREN 15 Zusammenhang Bemerkung 2.40. Ein topologischer Raum X ist zusammenhängend, wenn ∅ und X die einzigen offenen und abgeschlossenen Teilmengen von X sind. Definition 2.41. Sei A ein Ring. Ein Element e ∈ A heisst idempotent :⇔ e2 = e. Lemma 2.42. Sei A ein Ring. i) e ∈ A ist idempotent ⇔ 1 − e ist idempotent. ii) Gibt es Elemente e1 , e2 ∈ A, die keine Einheiten sind, und für welche 1 = e1 + e2 und e1 · e2 ∈ NA gelten, so existiert ein idempotentes Element in A \ {0, 1}. Proposition 2.43. Für einen Ring A sind folgende Aussagen äquivalent: i) Spec(A) ist nicht zusammenhängend. ii) Es existiert ein idempotentes Element e ∈ A \ {0, 1}. iii) Es existieren Ringe A1 , A2 6= {0} mit A ∼ = A1 × A2 . Corollar 2.44. Ist A ein lokaler Ring, so ist Spec(A) ein zusammenhängender topologischer Raum. Corollar 2.45. Spektren Spec(A) von Integritätsringen A sind zusammenhängend. Z Z Beispiel 2.46. Spec( ) und Spec( [i]) sind zusammenhängend. Sei j : sion. Für die stetige Abbildung Z Z −→ Z[i] die Inklu- Z Spec(j) : Spec( [i]) → Spec( ) gelten Z Z i) Spec(j) bildet den generischen Punkt von Spec( [i]) auf jenen von Spec( ) ab; ii) Spec(j)−1 (h0i) = {h0i}. iii) Spec(j)−1 (hpi) = V (hpie ). Z Z Für die Erweiterungsideale hpie ⊂ [i] der Primideale hpi ⊂ gilt: p1 · p2 , wobei p1 6= p2 ∈ m-Spec( [i]), im Fall p ≡ 1 (mod 4); e hpi = hpi ∈ m-Spec( [i]), im Fall p ≡ 3 (mod 4); 2 h1 + ii , h1 + ii ∈ m-Spec( [i]), p = 2. Z Z Z Für die Varietäten V (hpie ) erhalten wir {p1 , p2 }, e V (hpi ) = {hpi}, {h1 + ii}, im Fall p ≡ 1 (mod 4); im Fall p ≡ 3 (mod 4); p = 2. Lemma 2.47. Ist Y ⊂ X zusammenhängend, so auch Y . KAPITEL 2. SPEKTREN 16 Definition 2.48. Sei X ein topologischer Raum. Eine bezüglich der Inklusion maximale, zusammenhängende Teilmenge Y ⊂ X heisst Zusammenhangskomponente. Bemerkung 2.49. Zusammenhangskomponenten sind abgeschlossene Teilmengen. Ein topologischer Raum ist die disjunkte Vereinigung seiner Zusammenhangskomponenten. Bemerkung 2.50. Sei A ein Ring. Die Zerlegung Q von Spec(A) in seine Zusammenhangskomponenten entspricht einer Produktzerlegung A ∼ = i∈I Ai . Irreduzible Komponenten Definition 2.51. Sei A ein Ring und I ⊂ A ein Ideal. Ein Primideal p ∈ Spec(A) heisst genau dann minimaler Primteiler von I, wenn i) p ⊃ I; ii) für alle q ∈ Spec(A) mit q ⊃ I gilt (p ⊃ q ⇒ p = q). Proposition 2.52. Sei A ein Ring und I ⊂ A ein Ideal. i) Die irreduziblen Komponenten von V (I) sind die Varietäten der minimalen Primteiler von I. ii) Die minimalen Primteiler von I sind die generischen Punkte der irreduziblen Komponenten von V (I). Corollar 2.53. Jedes eigentliche Ideal I ( A besitzt minimale Primteiler. Z Beispiel 2.54. Sei A = [X]/hX 2 −1i. Dann ist Spec(A) zusammenhängend und besitzt zwei irreduzible Komponenten, die beide zu Spec( ) homöomorph sind. Z Lemma 2.55. Sei R ein reduzierter Ring mit nur endlich vielen minimalen Primidealen p1 , . . . , ps . Es gelten: T i) si=1 pi = h0i; S ii) si=1 pi = {r ∈ R | r ist Nullteiler }. Corollar 2.56. Sei K[V ] der (homogene) Koordinatenring einer affinen (projektiven) KVarietät V. Ein Element f ∈ K[V ] ist genau dann ein Nullteiler, wenn eine irreduzible Komponente W ⊂ V existiert mit f ∈ JV (W ). 2.4 Fasern Definition 2.57. Sei ϕ : A → B ein Morphismus von Ringen und p ∈ Spec(A) ein Primideal. Dann heisst der Teilraum Spec(ϕ)−1 (p) := {q ∈ Spec(B)|ϕ−1 (q) = p} von Spec(B), versehen mit der Spurtopologie, Faser von Spec(ϕ) über p. KAPITEL 2. SPEKTREN 17 Proposition 2.58. Sei ϕ : A → B ein Morphismus von Ringen und p ∈ Spec(A) ein Primideal. Betrachte das multiplikative System S := ϕ(A \ p) ⊂ B und setze Bp := S −1 B. Sei λS : B → Bp die zugehörige Lokalisierungsabbildung und ε : Bp → Bp /pBp die Restklassenabλ ε S bildung. Dann induziert der Ringmorphismus B −→ Bp − → Bp /pBp einen Homöomorphismus ∼ = Spec(Bp /pBp ) − → Spec(ϕ)−1 (p). Definition 2.59. Sei A ein Ring und p ∈ Spec(A) ein Primideal. Dann heisst k(p) := Q(A/p) Restklassenkörper von p. Bemerkung 2.60. Sei ϕ : A → B ein Ringmorphismus. i) Es bestehen die folgenden kanonischen Isomorphismen von Ringen: Bp ∼ = B ⊗A k(p); k(p) ∼ = Ap /pAp ; ii) ϕ : A → B induziert eine k(p)-Algebra Struktur k(p) → Bp /pBp ; iii) Ist p ∈ m-Spec(A), so existiert ein natürlicher Isomorphismus B/pB ∼ = Bp /pBp . 2.5 Dimension Definition 2.61. Sei (X, T ) ein nicht leerer, topologischer Raum. i) Die kombinatorische (Krull-)Dimension dim(X) von X ist das Supremum der Längen n von Ketten X0 % X1 % . . . % Xn nicht leerer, abgeschlossener und irreduzibler Teilmengen Xi ⊂ X. ii) Sei Y ⊂ X ein nicht leerer, abgeschlossener und irreduzibler Teilraum. Die Codimension codimX (Y ) von Y in X ist das Supremum der Längen n von Ketten X0 % X1 % . . . % Xn = Y nicht leerer, abgeschlossener und irreduzibler Teilmengen Xi ⊂ X. iii) dim(∅) := −1. iv) codimX (∅) := ∞. Bemerkung 2.62. Die Krulldimension von Hausdorffräumen ist 0. Definition 2.63. Sei A ein Ring und p ∈ Spec(A) ein Primideal. Dann heisst i) dim(A):= dim Spec(A) die Krull-Dimension von A; ii) ht(p) := codimSpec(A) V (p) die Höhe von p in A. Lemma 2.64. Ist A ein Ring und p ∈ A ein Primideal, so gilt ht(p) = dim(Ap ). KAPITEL 2. SPEKTREN 18 Bemerkung 2.65. Sei A ein Ring. i) Ist A ein lokaler Ring mit maximalem Ideal m, so gilt ht(m) = dim(A). ii) dim(Ared ) = dim(A). Definition 2.66. Sei A ein Ring und I ⊂ A ein Ideal. Dann heisst ht(I) := inf{ht(p) | p ⊃ I} die Höhe von I. Lemma 2.67. Sei X ein topologischer Raum. S i) Ist X = i∈I Zi die Zerlegung von X in seine irreduziblen Komponenten, so gilt dim(X) = sup{dim(Zi ) | i ∈ I}. ii) Sei Y ⊂ X ein irreduzibler, abgeschlossener und nicht leerer Teilraum. Dann gilt dim(Y ) + codimX (Y ) ≤ dim(X). iii) Sei X irreduzibel und von endlicher Dimension dim(X) < ∞. Eine abgeschlossene Teilmenge Y ⊂ X ist genau dann von X verschieden, wenn dim(Y ) < dim(X) gilt. Q Bemerkung 2.68. Ist Ared = ni=1 Ki ein Produkt von Körpern Ki , so gilt dim(A) = 0. Lemma 2.69. Ist A ein Hauptidealring und kein Körper, so gilt dim(A) = 1. Beispiel 2.70. Z ii) dim(Z[i]) = 1. i) dim( ) = 1 Bemerkung 2.71. Sei A ein Integritätsring. Dann gilt dim(A[X]) > dim(A). 2.6 Spektren von Koordinatenringen A Definition 2.72. Sei V ⊂ n (L) eine affine K-Varietät. Ein Punkt x = (ξ1 , . . . , ξn ) ∈ V heisst über K zu y = (η1 , . . . , ηn ) ∈ V konjugiert, wenn ein Isomorphismus von K-Algebren ∼ = ϕ : K[ξ1 , . . . , ξn ] − → K[η1 , . . . , ηn ] mit ϕ(ξi ) = ηi ∀i = 1, . . . , n existiert. L Theorem 2.73. Sei K ⊂ L eine Körpererweiterung, L algebraisch abgeschlossen, K := K . Sei V ⊂ n (L) eine affine K-Varietät mit Koordinatenring K[V ] = K[X1 , . . . , Xn ]/J(V ). Für einen Punkt x = (ξ1 , . . . , ξn ) ∈ V sei A ev(x) : K[V ] → L, f 7→ F (x), wobei f = F , die Auswertungsabbildung. Setze px := ker(ev(x)) = J({x})/J(V ) ∈ Spec(K[V ]). Die Vergleichsabbildung ε : V → Spec(K[V ]), x 7→ px hat folgende Eigenschaften: KAPITEL 2. SPEKTREN 19 i) ε ist stetig und für ein Ideal I ⊂ K[V ] gilt ε−1 (V (I)) = {x ∈ V | px ⊃ I} = {x ∈ V |x ∈ V (I)} = VV (I) ⊂ V ; ii) Ist x ∈ V und p ∈ Spec(K[V ]), so gilt genau dann ε(x) = p, wenn V (p) = {x}. iii) Sind x, y ∈ V zwei Punkte, so gilt genau dann ε(x) = ε(y), wenn x und y zueinander über K konjugiert sind; An(K) = ε−1(m-Spec(K[V ])); v) ε|V ∩A (K) : V ∩ An (K) → m-Spec(K[V ]) ist surjektiv; vi) m-Spec(K[V ]) ∼ = V ∩ An (K)/ Gal(K/K); iv) V ∩ n vii) Ist L = K, so gilt m-Spec(K[V ]) ∼ = V / Gal(K/K); viii) Ist K = K, so gilt m-Spec(K[V ]) ∼ =V ∩ An(K); ix) Ist L = K, so gilt m-Spec(K[V ]) ∼ =V. Beispiel 2.74. Sei V ⊂ gation. Dann gilt An(C) eine affine R-Varietät und − : An(C) → An(C) die Konjum-Spec(R[V ]) ∼ = V /h−i. Kapitel 3 Reguläre und rationale Funktionen 3.1 Eigenschaften der Zariski-Topologie Notation 3.1. Im folgenden bezeichne X eine affine K-Varietät oder das Spektrum eines Ringes, versehen jeweils mit der Zariski-Topologie. Definition 3.2. i) Ist X eine affine K-Varietät und f ∈ K[X], so sei Xf := {x ∈ X | f (x) 6= 0}. ii) Ist X ein Spektrum und f ∈ R, so sei Xf := {p ∈ X | f ∈ / p}. Xf heisst durch f definierte Basismenge. Bemerkung 3.3. i) Xf ⊂ X ist offen. ii) Xf ·g = Xf ∩ Xg . iii) Xf n = Xf ∀n ∈ N>0. iv) Es gilt Xf = ∅ ⇔ f ist nilpotent. Lemma 3.4. i) Die Basismengen Xf bilden eine Basis der Zariski-Topologie. ii) Für affine K-Varietäten und Spektren von Noetherschen Ringen ist jede offene Menge U ⊂ X eine endliche Vereinigung von Basismengen Xf . Lemma 3.5. Die Basismengen Xf sind quasi-kompakt. Corollar 3.6. Affine K-Varietäten und Spektren sind quasi-kompakt. Corollar 3.7. Ist R ein Noetherscher Ring, so sind alle Teilmengen von Spec(R) quasikompakt. 20 KAPITEL 3. REGULÄRE UND RATIONALE FUNKTIONEN 21 Lemma 3.8. Sei X = Spec(R). Dann gilt [ \ X= X fλ ⇔ V (fλ ) = ∅ ⇔ hfλ | λ ∈ Λi = R. λ∈Λ λ∈Λ Lemma 3.9 (Vermeiden von Primidealen). Sei I ⊂ R ein Ideal eines Ringes R und X := Spec(R). Seien pi ∈ X \ V (I) (i = 1, . . . , n). Dann gibt es ein f ∈ R mit pi ∈ Xf ⊂ X \ V (I) ∀ i = 1, . . . , n. Proposition 3.10. Sei X eine affine K-Varietät oder das Spektrum eines Noetherschen Ringes R. Dann enthält jede dichte, offene Menge U ⊂ X eine dichte Basismenge Xf . Lemma 3.11. Sei X eine affine K-Varietät oder das Spektrum eines reduzierten, Noetherschen Ringes. Genau dann ist eine Basismenge Xf ⊂ X dicht, wenn f kein Nullteiler ist. 3.2 Reguläre Funktionen Definition 3.12. Sei V eine nicht leere affine K-Varietät und U ⊂ V eine offene Teilmenge. Eine L-wertige Funktion r : U → L heisst regulär in einem Punkt x0 ∈ U , wenn Elemente f, g ∈ K[V ] existieren, so dass i) x0 ∈ Vg ⊂ U ; ii) r(x) = f (x) g(x) ∀x ∈ Vg ; erfüllt sind. Die Funktion r heisst regulär auf U, wenn sie in jedem Punkt x ∈ U regulär ist. Notation 3.13. Sei V eine affine K-Varietät und U ⊂ V eine nicht leere, offene Teilmenge. i) OV (U ) := {r : U → L | r ist regulär auf U }; ii) OV (∅) := {0}. Bemerkung 3.14. Sei V eine affine K-Varietät und U ⊂ V eine nicht leere, offene Teilmenge. Zu einer auf U regulären Funktion r ∈ OV (U ) gibt es Elemente f1 , . . . , fn und g1 , . . . , gn ∈ K[V ], so dass S i) U = ni=1 Vgi ; ii) r = fi gi auf Vgi ∀i = 1, . . . , n; gelten. Lemma 3.15. Sei V eine affine K-Varietät und U ⊂ V eine offene Teilmenge. i) OV (U ) ist eine K-Algebra. ii) OV (U )× = {r ∈ OV (U ) | r(x) 6= 0 ∀x ∈ U }. Bemerkung 3.16. Sei V eine affine K-Varietät und seien U 0 ⊂ U ⊂ V offene Teilmengen von V. Ist r ∈ OV (U ) eine auf U reguläre Funktion, so ist ihre Einschränkung r|U 0 ∈ OV (U 0 ) eine auf U 0 reguläre Funktion. 0 Wir erhalten also Restriktionsabbildungen %U U 0 : OV (U ) → OV (U ). 00 0 Für in V offene Teilmengen U ⊂ U ⊂ U sind die Bedingungen KAPITEL 3. REGULÄRE UND RATIONALE FUNKTIONEN 22 i) %U U = idOV (U ) ; 0 U U ii) %U U 00 ◦ %U 0 = %U 00 ; erfüllt. Proposition 3.17. Sei V eine affine K-Varietät und g ∈ K[V ]\{0}. Es gibt einen natürlichen f (x) f ∼ Isomorphismus von K-Algebren K[V ]g = OV (Vg ), definiert durch gν 7→ x 7→ g(x) ν . Corollar 3.18. Sei V eine affine K-Varietät und g ∈ K[V ]. Dann ist OV (Vg ) eine reduzierte Noethersche K-Algebra. Corollar 3.19. Ist V eine affine K-Varietät, so gilt K[V ] ∼ = OV (V ). Lemma 3.20. Sei V eine affine K-Varietät, U ⊂ V eine offene Teilmenge und r ∈ OV (U ). Dann ist Z(r) := {x ∈ U | r(x) = 0} ⊂ U eine in U Zariski-abgeschlossene Teilmenge. Theorem 3.21 (Identitätssatz). Sei V eine affine K-Varietät, seien Ui ⊂ V offene Teilmengen und ri ∈ OV (Ui ) (i=1,2) reguläre Funktionen. Wenn es eine in U1 ∩ U2 dichte und offene Menge U ⊂ U1 ∩ U2 gibt mit r1 |U = r2 |U , so gilt r1 |U1 ∩U2 = r2 |U1 ∩U2 . 3.3 K-Morphismen Definition 3.22. Seien V und W nicht leere, affine K-Varietäten. Eine Abbildung f : V → W heisst K-Morphismus :⇔ i) f ist stetig bezüglich der K-Topologien auf V und W; ii) für jede offene Teilmenge U ⊂ W mit f −1 (U ) 6= ∅ gilt r ∈ OW (U ) ⇒ r ◦ f ∈ OV (f −1 (U )). Bemerkung 3.23. i) Ein K-Morphismus f : V → W induziert für jede offene Teilmenge U ⊂ W einen Morphismus von K-Algebren f # : OW (U ) → OV (f −1 (U )), r 7→ r ◦ f. ii) Sind f : V → W und g : W → Z K-Morphismen, so ist auch g ◦ f : V → Z ein K-Morphismus. A A n (L) und W ⊂ m (L) affine K-Varietäten. Für eine Proposition 3.24. Seien V ⊂ Abbildung f : V → W sind folgende Aussagen äquivalent: i) f ist ein K-Morphismus; KAPITEL 3. REGULÄRE UND RATIONALE FUNKTIONEN 23 ii) Es existieren Polynome F1 , . . . , Fm ∈ K[X1 , . . . , Xn ] mit f (x) = (F1 (x), . . . , Fm (x)) ∀x ∈ V. Corollar 3.25. Seien V und W affine K-Varietäten. Dann definiert die Zuordnung f 7→ f # eine Bijektion zwischen der Menge der K-Morphismen V → W und HomK -Alg (K[W ], K[V ]). Definition 3.26. Seien V und W affine K-Varietäten. Ein K-Morphismus f : V → W heisst i) dominant, wenn f (V ) ⊂ W dicht ist; ii) abgeschlossene Einbettung (in der Kategorie der K-Varietäten), wenn f (V ) ⊂ W eine K-Untervarietät ist und die induzierte Abbildung f 0 : V → f (V ) ein K-Isomorphismus ist. Proposition 3.27. Sei f : V → W ein K-Morphismus zwischen affinen K-Varietäten mit zugehörigem Morphismus von K-Algebren f # : K[W ] → K[V ]. i) f # ist injektiv ⇔ f ist dominant. ii) f # ist surjektiv ⇔ f ist abgeschlossene Einbettung. Lemma 3.28. Sei V eine affine K-Varietät. Es gibt eine Bijektion zwischen der Menge der abgeschlossenen Einbettungen V ,→ N (L) und der Menge der Erzeugendensysteme der Länge N von K[V ] als K-Algebra. A Beispiel 3.29. Betrachte die durch die Gleichungen X12 − X2 , X13 − X3 , . . . , X1n − Xn A definierte affine K-Varietät V ⊂ n (L). Die Zuordnung Xi 7→ T i definiert einen Isomorphismus von K-Algebren K[V ] = K[X1 , . . . , Xn ]/hX12 − X2 , X13 − X3 , . . . , X1n − Xn i ∼ = K[T ], und damit eine Einbettung von 3.4 ∼ = A1(L) −→ V ,→ An (L) A1(L) als Normkurve vom Grad n. Lokale Ringe algebraischer Varietäten Definition 3.30. Sei V eine affine K-Varietät und W ⊂ V eine nicht leere, irreduzible Teilmenge. Seien ri ∈ OV (Ui ) (i = 1, 2) reguläre Funktionen mit Ui ∩ W 6= ∅. r1 , r2 heissen genau dann bezüglich W äquivalent (r1 ∼ r2 ), wenn eine offene Teilmenge W U ⊂ U1 ∩ U2 existiert mit U ∩ W 6= ∅, so dass r1 |U = r2 |U gilt. Sei r ∈ OV (U ) mit U ∩ W 6= ∅. Dann bezeichnen wir die Äquivalenzklasse von r mit [r]W := {r0 ∈ OV (U ) | r0 ∼ r}. W Weiterhin schreiben wir OV,W := {[r]W | r ∈ OV (U ), U ∩ W 6= ∅} für die Menge der Äquivalenzklassen. OV,W heisst der lokale Ring der Varietät V in W und ist in natürlicher Weise eine K-Algebra. KAPITEL 3. REGULÄRE UND RATIONALE FUNKTIONEN 24 Bemerkung 3.31. Wichtige Spezialfälle: W = {x}, und W = V , falls V irreduzibel ist. Proposition 3.32. Sei V eine affine K-Varietät und W ⊂ V eine nicht leere, irreduzible Teilmenge. Sei pW := {f ∈ K[V ] | f (x) = 0 ∀x ∈ W }. Dann gilt OV,W ∼ = K[V ]pW . Bemerkung 3.33. Ist W eine nicht leere, irreduzible Teilmenge von V , so gilt pW = pW . Corollar 3.34. Sei V ⊂ zible Teilmenge. Dann gilt An(L) eine affine K-Varietät und W ⊂ V eine nicht leere, irredu- OV,W ∼ = K[X1 , . . . , Xn ]J(W ) /J(V ) · K[X1 , . . . , Xn ]J(W ) . Corollar 3.35. OV,W ist eine reduzierte lokale Noethersche K-Algebra mit maximalem Ideal mV,W := {[r]W | r ∈ OV (U ), r(x) = 0 ∀x ∈ U ∩ W }. Proposition 3.36. Es gibt eine kanonische, inklusionsumkehrende Bijektion von der Menge aller irreduziblen Untervarietäten V 0 ⊂ V mit W ⊂ V 0 auf Spec(OV,W ), gegeben durch V 0 7→ [r]W ∈ OV,W | r(x) = 0 ∀x ∈ V 0 . Corollar 3.37. Die minimalen Primideale von OV,W entsprechen den irreduziblen Komponenten von V , welche W enthalten. Corollar 3.38. Genau dann ist OV,W ein Integritätsring, wenn es genau eine irreduzible Komponente von V gibt, welche W enthält. 3.5 Rationale Funktionen Bemerkung 3.39. Sei V eine affine K-Varietät und U ⊂ X eine offene und dichte Teilmenge. Eine Fortsetzung einer auf U regulären Funktion r ∈ OV (U ) ist eine reguläre Funktion r0 ∈ OV (U 0 ), welche auf einer U umfassenden, offenen Teilmenge U ⊂ U 0 ⊂ V definiert ist und r0 |U = r erfüllt. Es gibt eine eindeutig bestimmte, maximale Fortsetzung r0 ∈ OV (U0 ). Definition 3.40. Eine rationale Funktion auf einer affinen K-Varietät V ist eine reguläre Funktion r ∈ OV (U ), welche auf einer offenen und dichten Teilmenge U ⊂ V definiert ist, und die sich nicht auf eine echt grössere, offene Menge regulär fortsetzen lässt. U heisst der Definitionsbereich von r und wird mit Def(r) bezeichnet, V \ Def(r) nennen wir die Polstellenmenge von r. R(V ) sei die Menge aller rationalen Funktionen auf V . Bemerkung 3.41. R(V ) ist in natürlicher Weise eine K-Algebra. Bemerkung 3.42. Wir erklären wie folgt eine Äquivalenzrelation ∼ auf der Menge aller Paare (U, r), wobei U ⊂ V eine dichte, offene Teilmenge und r ∈ OV (U ) sei: (U1 , r1 ) ∼ (U2 , r2 ) :⇔ ∃ U 0 ⊂ U1 ∩ U2 offen und dicht mit r1 |U 0 = r2 |U 0 . Die Menge der Äquivalenzklassen hU, ri ist eine zu R(V ) kanonisch isomorphe K-Algebra. KAPITEL 3. REGULÄRE UND RATIONALE FUNKTIONEN 25 Bemerkung 3.43. Seien r ∈ R(V ) und W ⊂ V eine K-Untervarietät. Liegt keine irreduzible Komponente von W in der Polstellenmenge von r, so ist die Einschränkung r|W von r auf W wie folgt erklärt: Sei r ∈ OV (U ) mit U ⊂ V offen. Dann ist U ∩ W ⊂ W dicht. Es gilt r|U ∩W ∈ OW (U ∩ W ). Dann ist r|W definiert als die maximale reguläre Fortsetzung von r|U ∩W . Proposition 3.44. Sei V = V1 ∪ . . . ∪ Vs die Zerlegung der affinen K-Varietät V in ihre irreduziblen Komponenten. Dann ist durch R(V ) −→ s Y R(Vi ), r 7→ (r|Vi )si=1 i=1 ein K-Algebra Isomorphismus gegeben. Lemma 3.45. Die rationale Funktion r ∈ R(V ) habe den Definitionsbereich U . Dann gibt es einen Nichtnullteiler g ∈ K[V ] mit Vg ⊂ U und r = gfν auf Vg , wobei f ∈ K[V ], ν ∈ . N Proposition 3.46. Sei V eine affine K-Varietät und Q(K[V ]) der volle Quotientenring. Dann gibt es einen natürlichen Isomorphismus R(V ) ∼ = Q(K[V ]). Beispiel 3.47. Sei V ⊂ An(L) eine irreduzible K-Varietät. Dann ist K[V ] = K[X1 , . . . , Xn ]/J(V ) = K[x1 , . . . , xn ] ein Integritätsring und R(V ) = Q(K[V ]) = K(x1 , . . . , xn ) ein algebraischer Funktionenkörper. Lemma 3.48. Seien V ⊂ Funktion auf V und An(L) eine irreduzible affine K-Varietät, r ∈ R(V ) eine rationale Pr := {h ∈ K[V ] | hr ∈ K[V ]}. Dann ist Pr ein Ideal in K[V ] und die Varietät V (Pr ) stimmt mit der Polstellenmenge von r überein. Corollar 3.49. Sei V ⊂ An(L) eine irreduzible affine K-Varietät. Dann gilt K[V ] = \ K[V ]px ⊂ Q(K[V ]). x∈V An(L) heisst genau dann faktoriell, wenn ihr Definition 3.50. Eine affine K-Varietät V ⊂ Koordinatenring K[V ] ein faktorieller Ring ist. A Bemerkung 3.51. Ist V ⊂ n (L) eine faktorielle K-Varietät und r ∈ R(V ) eine auf V rationale Funktion, so gibt es eine Darstellung r= f mit f, g ∈ K[V ], g 6= 0, ggT (f, g) = h1i, g welche bis auf einen gemeinsamen Faktor c ∈ K ∗ eindeutig ist. Der Definitionsbereich von r ist demnach Def(r) = Vg und die Polstellenmenge von r ist die Hyperfläche V (g). Ist V nicht faktoriell, so müssen Polstellenmengen rationaler Funktionen keine Hyperflächen sein. KAPITEL 3. REGULÄRE UND RATIONALE FUNKTIONEN 26 Proposition 3.52. Sei V eine irreduzible affine K-Varietät. Dann gelten: i) R(V ) = OV,V ; ii) OV,x ⊂ R(V ) ∀x ∈ V ; T iii) OV (U ) = x∈U OV,x für alle offenen Teilmengen U ⊂ V ; iv) OV,W /mV,W ∼ = R(W ) für alle irreduziblen K-Untervarietäten W ⊂ V . Lemma 3.53. Seien V, W irreduzible affine K-Varietäten und f : V → W ein K-Morphismus. Ist f dominant, so ist f # : R(W ) ,→ R(V ) eine Körpererweiterung. Definition 3.54. Zwei irreduzible affine K-Varietäten V1 und V2 heissen genau dann birational äquivalent, wenn ein K-Algebra Isomorphismus zwischen ihren rationalen Funktionenkörpern R(V1 ) ∼ = R(V2 ) existiert. Definition 3.55. Eine irreduzible affine K-Varietät V heisst rational, wenn R(V ) über K rein transzendent ist. Bemerkung 3.56. Eine irreduzible affine K-Varietät V ist genau dann rational, wenn gilt R(V ) ∼ = R( An(L)), wobei n = trdegK R(V ). A Beispiel 3.57. Sei V = V (X13 − X22 ) ⊂ 2 (L). V ist eine rationale K-Varietät, der Isomorphismus R(V ) = Q(K[V ]) ∼ = Q(K[T 2 , T 3 ]) = Q(K[T ]) = K(T ) = R( 1 (L)) A ist induziert durch ∼ = K[V ] = K[X1 , X2 ]/hX13 − X22 i −→ K[T 2 , T 3 ] ⊂ K[T ], X1 7→ T 2 , X2 7→ T 3 . Kapitel 4 Projektive Varietäten und Proj 4.1 Projektive Räume Definition 4.1. Seien L ein Körper, V ein L-Vektorraum und v ∈ V \ {0}. i) hvi := {λv|λ ∈ L} heisst die durch v bestimmte Gerade in V. P(V ) := {hvi|v ∈ V \ {0}} heisst projektiver Raum von V. iii) dimL P(V ) := dimL V − 1 heisst (projektive) L-Dimension von P(V ). iv) Ist W ⊂ V L-linearer Teilraum, so heisst P(W ) ⊂ P(V ) projektiver Unterraum von P(V ). Beispiel 4.2. Ist W ⊂ V ein (d + 1)-dimensionaler L-Untervektorraum, so ist P(W ) ⊂ P(V ) ii) ein d-dimensionaler projektiver Teilraum. Speziell gelten also: P(V ) sind 0-dimensionale projektive Teilräume. ii) Projektive Geraden in P(V ) sind 1-dimensionale projektive Teilräume. iii) Ist W ⊂ V ein L-linearer Teilraum der Codimension 1, so heisst P(W ) ⊂ P(V ) proi) Punkte in jektive Hyperebene. Definition 4.3. Sei L ein Körper. Dann heisst projektiver (Standard-)Raum über L. Pn(L) := P(L⊕(n+1)) n-dimensionaler Notation 4.4. Für x = (x0 , . . . , xn ) ∈ L⊕(n+1) \ {0} schreibe hx0 , . . . , xn i := hxi ∈ Pn(L). Das (n + 1)-Tupel (x0 , . . . , xn ) heisst ein System homogener Koordinaten für den Punkt hxi ∈ n (L). P Definition 4.5. Seien W1 , W2 ⊂ V Untervektorräume. Dann heisst P(W1) + P(W2) := P(W1 + W2) Verbindungsraum von P(W1 ) und P(W2 ). 27 KAPITEL 4. PROJEKTIVE VARIETÄTEN UND PROJ 28 Proposition 4.6 (Dimensionsformel für projektive Unterräume). Sind W1 , W2 ⊂ V endlich-dimensionale Untervektorräume, so gilt P dim( (W1 ) ∩ P(W2)) = dim(P(W1)) + dim(P(W2)) − dim(P(W1) + P(W2)). Corollar 4.7. Sind W1 , W2 ⊂ V Untervektorräume endlicher Dimension mit dim(W1 ) + dim(W2 ) > dim(V ), so gilt (W1 ) ∩ (W2 ) 6= ∅. P P Bemerkung 4.8 (Zentralprojektion). Seien V ein (n + 1)-dimensionaler L-Vektorraum, (U ) ⊂ (V ) ein d-dimensionaler projektiver Unterraum und (W ) ⊂ (V ) ein projektiver Unterraum der Dimension n − d − 1 mit (U ) ∩ (W ) = ∅. Erkläre die zugehörige Zentralprojektion mit Zentrum (U ): P P P P π: P P P P(V ) \ P(U ) −→ P(W ) : hxi 7→ P(W ) ∩ (hxi + P(U )). Bemerkung 4.9 (Koordinatentransformation). Sei V ein L-Vektorraum. Ein Automorphismus α ∈ AutL (V ) induziert eine Bijektion P(α) : P(V ) −→ P(V ) : hvi 7→ hα(v)i, die projektive Koordinatentransformation heisst. Bemerkung 4.10. Wir betten den n-dimensionalen affinen Raum in den n-dimensionalen projektiven Raum n (L) ein: Für 0 ≤ r ≤ n betrachte P An(L) folgendermassen An(L) −→ Pn(L) : (x1, . . . , xn) 7→ hx1, . . . , xr−1, 1, xr , . . . , xni. Diese Abbildung ist injektiv mit Bild Pn (L) \ P(Hr ), wobei jr : Hr := {(z0 , . . . , zn ) ∈ L⊕(n+1) |zr = 0} ⊂ L⊕(n+1) eine lineare Hyperebene ist. Die Punkte in dem Bild von jr werden Punkte im Endlichen bzgl. jr genannt, während (Hr ) unendlich ferne, projektive Hyperebene zu jr heisst. P Konvention 4.11. Im folgenden sei K ⊂ L stets eine Körpererweiterung und L algebraisch abgeschlossen. P Definition 4.12. Ein Punkt hxi ∈ n (L) heisst Nullstelle des Polynoms F ∈ K [X0 , . . . , Xn ] , wenn F (x0 , . . . , xn ) = 0 für alle Systeme homogener Koordinaten (x0 , . . . , xn ) ∈ hxi . P Bemerkung 4.13. Genau dann ist ein Punkt hxi ∈ n (L) Nullstelle eines homogenen Polynoms F ∈ K [X0 , . . . , Xn ] , wenn F (x0 , . . . , xn ) = 0 für ein System homogener Koordinaten (x0 , . . . , xn ) ∈ hxi gilt. P Definition 4.14. Eine Teilmenge V ⊂ n (L) heisst genau dann projektive K-Varietät, wenn homogene Polynome F1 , . . . , Fm ∈ K [X0 , . . . , Xn ] existieren mit V = V+ (F1 , . . . , Fm ) := {hxi ∈ Pn(L) | hxi ist Nullstelle von Fi ∀i = 1, . . . , m} Die Fi (i = 1, . . . , m) heissen ein definierendes Gleichungssystem für V, und V heisst definiert über K. KAPITEL 4. PROJEKTIVE VARIETÄTEN UND PROJ 29 Beispiel 4.15. Durch eine homogene Gleichung F ∈ K [X0 , . . . , Xn ] von positivem Grad d := deg(F ) > 0 definierte projektive Varietäten V+ (F ) heissen K-Hyperflächen vom Grad d. Ist zudem d = 1, so heisst V+ (F ) K-Hyperebene. Bemerkung 4.16. Projektive K-Varietäten sind endliche Durchschnitte projektiver K-Hyperflächen. P Definition 4.17. Ein Punkt hxi ∈ n (L) heisst K-rationaler Punkt, wenn ein System homogener Koordinaten (x0 , . . . , xn ) für hxi existiert mit xi ∈ K. P P Bemerkung 4.18. Die Inklusion K ⊂ L induziert eine Einbettung n (K) ⊂ n (L). Punkte hxi in n (K) sind projektive K-Varietäten. Ein definierendes Gleichungssystem für den Punkt hxi ∈ n (K) ist etwa xi Xj − xj Xi = 0 (i, j = 0, . . . , n). P P Definition 4.19. Sei V ⊂ Pn(L) eine nicht leere Teilmenge. Dann heisst J+ (V ) := {F ∈ K [X0 , . . . , Xn ] | F (x0 , . . . , xn ) = 0 ∀(x0 , . . . , xn ) mit hx0 , . . . , xn i ∈ V } Verschwindungsideal von V. Setze zudem J+ (∅) := hX0 , . . . , Xn i. P Bemerkung 4.20. Sei V ⊂ n (L) eine nicht leere Teilmenge. Dann ist J+ (V ) ⊂ K [X0 , . . . , Xn ] ein homogenes Radikalideal. 4.2 Graduierung Definition 4.21. Sei (A, +, 0) eine abelsche Gruppe. Eine A-Graduierung auf einem Ring R ist eine Familie (Rα )α∈A von Untergruppen Rα ⊂ R, für welche folgende Bedingungen erfüllt sind: i) R = ⊕α∈A Rα ; ii) ∀ α, β ∈ A : Rα · Rβ ⊂ Rα+β . Bemerkung 4.22. Sei (R, (Rα )α∈A ) ein A-graduierter Ring. Ein Element r ∈ R besitzt eine eindeutige Darstellung X r= rα (A0 ⊂ A endlich , rα ∈ Rα \ {0}) α∈A0 als Summe seiner homogenen Komponenten rα ∈ Rα vom Grad S α. h Bezeichne die Menge der homogenen Elemente von R mit R := α∈A Rα . Definition 4.23. Seien ein A-graduierter Ring (R, (Rα )α∈A ) und ein Element α0 ∈ A gegeben. Dann heisst R(α0 ) := ⊕n∈Z Rnα0 α0 -ter Veronese Ring. Definition 4.24. Sei (A, <) eine geordnete abelsche Gruppe. i) Eine A-Graduierung (Rα )α∈A auf einem Ring R heisst positiv, wenn Rα = 0 ∀ α < 0. KAPITEL 4. PROJEKTIVE VARIETÄTEN UND PROJ 30 P ii) Ist r = i=1,...,nr rαi ∈ R die Zerlegung eines Elementes r ∈ R in seine homogenen Komponenten mit α1 < . . . < αnr , so heissen αnr ∈ A Grad und rαnr Gradkomponente von r. Lemma 4.25. Sei (A, <) eine geordnete, abelsche Gruppe und R = ⊕α∈A Rα ein A-graduierter Ring. i) R ist genau dann ein Integritätsring, wenn (r, s ∈ Rh \ {0} ⇒ rs 6= 0) gilt. ii) Ist R ein Integritätsring, so gilt (rs ∈ Rh \ {0} ⇒ r, s ∈ Rh ). iii) Ist R ein Integritätsring, so sind Teiler homogener Elemente homogen. Beispiel 4.26. i) Sei P ein Ring. Dann ist auf dem Polynomring R = P [X0 , . . . , Xn ] durch nX o Rd := ai0 ,...,in X i0 · · · X in ai0 ,...,in ∈ P i0 +...+in =d die Standard-Graduierung definiert. Dabei ist A = Z und deg(Xi) = 1 ∀i = 0, . . . , n. ii) Sei P ein Ring und R = P [X0 , . . . , Xn ] der Polynomring in n + 1 Unbestimmten über R. Sei γ = (γ0 , . . . , γn ) ∈ n+1 ein Gewicht. Für d ∈ bezeichne o nX Rd := pi0 ...in X0i0 . . . Xnin pi0 ...in ∈ P Z Z i0 γ0 +...+in γn =d die quasi-homogenen Polynome vom Gewicht γ und vom Grad d. Die Rd definieren eine -Graduierung auf R für welche deg(Xi ) = γi (i = 0, . . . , n) gilt. Weiterhin gilt für alle (x0 , . . . , xn ) ∈ P n+1 Z F ∈ Rd ⇒ F (λγ0 x0 , . . . , λγn xn ) = λd F (x0 , . . . , xn ) ∀λ ∈ P. Rd ist bereits durch diese Beziehung charakterisiert, wenn P ein unendlicher Integritätsring ist. Z n . Ist P iii) Betrachte die lexikographische Ordnung < auf ein Ring und R = P [X1 , . . . , Xn ] der Polynomring in n Unbestimmten über P , so definiere eine ( n , <)-Graduierung auf R durch Z Rα := P X1α1 · · · Xnαn für α ∈ Nn und Rα := 0 für alle α ∈ Zn \ Nn. iv) Auf jedem Ring R und für jede Gruppe A ist durch Rα := 0 für α 6= 0 und R0 := R die triviale A-Graduierung erklärt. Lemma 4.27. Sei R ein A-graduierter Ring. i) R0 ⊂ R ist ein Unterring mit 1 ∈ R0 . ii) Jedes Rα ist ein R0 -Modul. iii) R ist eine R0 -Algebra. Z Lemma 4.28. Sei R = ⊕α∈Z Rα ein positiv -graduierter Ring. Dann sind folgende Aussagen äquivalent: KAPITEL 4. PROJEKTIVE VARIETÄTEN UND PROJ 31 i) R ist ein Noetherscher Ring; ii) R0 ist ein Noetherscher Ring und ⊕α>0 Rα ist ein endlich erzeugbarer R-Modul; iii) R0 ist ein Noetherscher Ring und R ist eine R0 -Algebra von endlichem Typ. Bemerkung 4.29. Sei R = ⊕n∈N Rn ein positiv Z-graduierter Ring. i) R+ := ⊕n>0 Rn ⊂ R ist ein homogenes Ideal; ii) R/R+ ∼ = R0 . Definition 4.30. Sei R = ⊕α∈A Rα ein A-graduierter Ring und M ein R-Modul. Eine AGraduierung auf M ist eine Familie (Mα )α∈A von Untergruppen Mα ⊂ M , welche i) M = ⊕α∈A Mα ; ii) Rα · Mβ ⊂ Mα+β ∀α, β ∈ A; erfüllt. Definition 4.31. Seien M = ⊕α∈A Mα und N = ⊕α∈A Nα A-graduierte R-Moduln. Ein Morphismus von R-Moduln ϕ : M −→ N heisst graduiert von Grad α0 , wenn ϕ(Mα ) ⊂ Nα+α0 ∀α ∈ A. Ein graduierter Morphismus vom Grad 0 von graduierten Ringen heisst auch homogen. Definition 4.32. Ein R-Untermodul U eines A-graduierten R-Moduln M heisst graduierter oder homogener Untermodul, wenn für jedes Element X u= uα ∈ M ( wobei uα ∈ Mα und A0 ⊂ A eine endliche Teilmenge ist), α∈A0 die Beziehung (u ∈ U ⇒ uα ∈ U ∀α ∈ A0 ) gilt. Lemma 4.33. Sei U ein graduierter R-Untermodul eines A-graduierten R-Moduln M . i) U = ⊕α∈A (U ∩ Mα ) ist ein A-graduierter R-Modul. ii) Die Familie (Mα + U /U )α∈A ist eine A-Graduierung auf M/U . Corollar 4.34. Für einen R-Untermodul U eines A-graduierten R-Moduln M sind folgende Aussagen äquivalent: i) U ist ein graduierter Untermodul; ii) U ist erzeugbar durch homogene Elemente; iii) (Mα + U /U )α∈A definiert eine A-Graduierung auf M/U . Lemma 4.35. Sei R = ⊕α∈A Rα ein A-graduierter Ring. Sind I, J ⊂ R graduierte Ideale, so sind auch I + J und I ∩ J graduierte Ideale. Proposition 4.36. Sei (A, <) eine geordnete abelsche Gruppe und R = ⊕α∈A Rα ein Agraduierter Ring. i) Ein homogenes Ideal I ⊂ R ist genau dann ein Primideal, wenn I 6= R und für a, b ∈ Rh (ab ∈ I ⇒ (a ∈ I) oder (b ∈ I)) gelten. KAPITEL 4. PROJEKTIVE VARIETÄTEN UND PROJ 32 ii) Für p ∈ Spec(R) ist p∗ := hph i ein homogenes Primideal. iii) Die minimalen Primteiler homogener Ideale sind homogen. Proposition 4.37. Sei (A, <) eine geordnete abelsche Gruppe und R = ⊕α∈A Rα ein Agraduierter Ring. √ i) Ist I ⊂ R ein graduiertes Ideal, so ist auch I ein graduiertes Ideal. ii) Rred ist ein graduierter Ring. 4.3 Projektiver Nullstellensatz Definition 4.38. Sei I ⊂ K [X0 , . . . , Xn ] ein homogenes Ideal. Dann heisst V+ (I) := {hx0 , . . . , xn i ∈ Nullstellenmenge von I in Pn(L) | F (x0, . . . , xn) = 0 ∀ homogene P olynome F ∈ I} Pn(L). Bemerkung 4.39. Ist I ⊂ K [X0 , . . . , Xn ] ein homogenes Ideal, so ist V+ (I) eine projektive K-Varietät. A Definition 4.40. Eine Teilmenge W ⊂ n+1 (L) heisst genau dann K-Kegel mit Spitze in (0, . . . , 0), wenn homogene Polynome F1 , . . . , Fm ∈ K [X0 , . . . , Xn ] mit W = {(x0 , . . . , xn ) ∈ An+1(L) | Fi(x0, . . . , xn) = 0 ∀i = 1, . . . , m} existieren. A Bemerkung 4.41. Eine Teilmenge W ⊂ n+1 (L) ist genau dann ein K-Kegel, wenn mit jedem Punkt x ∈ W auch die Gerade {λx | λ ∈ L} durch x in W liegt. Pn(L) eine projektive K-Varietät. Dann heisst Ṽ := {(x0 , . . . , xn ) ∈ An+1 (L)|hx0 , . . . , xn i ∈ V } ∪ {0} Definition 4.42. Sei V ⊂ affiner Kegel von V . Bemerkung 4.43. Pn(L) eine projektive K-Varietät. Dann gilt J(Ṽ ) = J+(V ) ⊂ K [X0, . . . , Xn] . ⊂ An+1 (L) ein K-Kegel mit Spitze in (0, . . . , 0), so ist W der affine Kegel der i) Sei V ⊂ ii) Ist W projektiven Varietät V, wobei V = {hx0 , . . . , xn i ∈ Pn(L) | λ(x0, . . . , xn) ∈ W ∀λ ∈ L}. iii) Die Zuordnung V 7→ Ṽ definiert eine Bijektion zwischen den projektiven K-Varietäten in n (L) und den K-Kegeln mit Spitze (0, . . . , 0) in n+1 (L). P A Theorem 4.44 (Projektiver Nullstellensatz). Die Zuordnung V 7→ J+ (V ) definiert eine inklusionsumkehrende Bijektion zwischen der Menge der projektiven K-Varietäten V ⊂ n (L) und der Menge aller homogenen Radikalideale I √ ⊂ hX0 , . . . , Xn i. Für jedes homogene Ideal I ⊂ hX0 , . . . , Xn i gilt I = J+ (V+ (I)). P KAPITEL 4. PROJEKTIVE VARIETÄTEN UND PROJ Bemerkung 4.45. Die leere Menge ∅ ⊂ hX0 , . . . , Xn i ⊂ K [X0 , . . . , Xn ] . Pn(L) Corollar 4.46. Die projektiven K-Varietäten V ⊂ einer Topologie auf n (L). P 33 entspricht dem irrelevanten Ideal Pn(L) sind die abgeschlossenen Mengen P Definition 4.47. Die K-(Zariski-)Topologie auf n (L) ist diejenige Topologie, deren abgeschlossenen Mengen die projektiven K-Varietäten in n (L) sind. P Bemerkung 4.48. Wir versehen projektive K-Varietäten V ⊂ der K-Zariski-Topologie auf n (L). Pn(L) mit der Spurtopologie P Proposition 4.49. Sei V ⊂ Pn (L) eine projektive K-Varietät. Dann gelten: i) V ist ein Noetherscher topologischer Raum; ii) V besitzt eine bis auf Reihenfolge eindeutige Zerlegung in endlich viele irreduzible Komponenten, von denen keine in der Vereinigung der übrigen enthalten ist; iii) V ist genau dann irreduzibel, wenn J+ (V ) ein Primideal ist; iv) Die Verschwindungsideale der irreduziblen Komponenten von V sind gerade die minimalen Primteiler von J+ (V ). A Bemerkung 4.50. Die irreduziblen Komponenten eines K-Kegels W ⊂ n+1 entsprechen den minimalen Primteilern des Verschwindungsideals J(W ) ⊂ K [X0 , . . . , Xn ] und sind ebenfalls K-Kegel. Ist V ⊂ n (L) eine projektive K-Varietät mit affinem Kegel Ṽ , so entsprechen sich die Zerlegungen in irreduzible Komponenten von V und von Ṽ . P Definition 4.51. Sei V ⊂ Pn(L) eine projektive K-Varietät. Dann heisst K[V ] := K [X0 , . . . , Xn ] /J+ (V ) projektiver Koordinatenring von V . Bemerkung 4.52. i) Der projektive Koordinatenring einer projektiven K-Varietät ist eine reduzierte, positiv graduierte K-Algebra von endlichem Typ. P ii) Ist V ⊂ n (L) eine projektive K-Varietät mit affinem Kegel Ṽ , so gilt K[V ] = K[Ṽ ]. Elemente des projektiven Koordinatenrings können deshalb als L-wertige Funktionen auf dem affinen Kegel Ṽ aufgefasst werden, nicht aber als Funktionen auf V . P Bemerkung 4.53. Sei V ⊂ n (L) eine projektive K-Varietät. Dann definiert die Zuordnung W 7→ J+ (W )/J+ (V ) eine Bijektion von der Menge der K-Untervarietäten W ⊂ V auf die eigentlichen, homogenen Radikalideale von K[V ]. Unter dieser Bijektion entsprechen sich irreduzible K-Varietäten W ⊂ V und homogene Primideale I ⊂ K[V ]. KAPITEL 4. PROJEKTIVE VARIETÄTEN UND PROJ 4.4 34 Projektiver Abschluss Bemerkung 4.54. Die Abbildung j0 : An(L) ,→ Pn(L) : (x1, . . . , xn) 7→ h1, x1, . . . , xni ist injektiv mit Bild j0 ( An(L)) = Pn(L) \ V+(X0). An(L) via j0 mit seinem Bild. Definition 4.55. Sei V ⊂ An (L) eine affine K-Varietät. Der Abschluss V ⊂ Pn (L) von V in der K-Topologie von Pn (L) heisst projektiver Abschluss von V ; die Punkte hxi ∈ V \ V Wir identifizieren heissen unendlich ferne Punkte von V . Definition 4.56. Sei F ∈ K [X1 , . . . , Xn ] ein Polynom vom Grad deg F = d. Dann heisst F ∗ ∈ K [X0 , . . . , Xn ] mit F ∗ (X0 , . . . , Xn ) := X0d F (X1 /X0 , . . . , Xn /X0 ) Homogenisierung von F bezüglich X0 . Definition 4.57. Ist G ∈ K [X0 , . . . , Xn ] ein homogenes Polynom vom Grad deg G = d, so heisst G∗ ∈ K [X1 , . . . , Xn ] , G∗ (X1 , . . . , Xn ) := G(1, X1 , . . . , Xn ) Dehomogenisierung von G bezüglich X0 . Lemma 4.58. Für F ∈ K[X1 , . . . , Xn ]≤d und G ∈ K[X0 , . . . , Xn ]d gelten i) (F ∗ )∗ = F ; d−deg(G∗ ) ii) (G∗ )∗ X0 = G. Bemerkung 4.59. i) Sei V = V (F1 , . . . , Fm ) ⊂ An(L) eine affine K-Varietät. Setze ∗ V ∗ := V+ (F1∗ , . . . , Fm ) ⊂ Pn (L). Dann gilt V ⊂ V ⊂ V ∗ . ii) Seien Gi ∈ K [X0 , . . . , Xn ] homogene Polynome und W = V+ (G1 , . . . , Gm ) ⊂ die durch sie definierte, projektive K-Varietät. Setze W∗ := V (G1∗ , . . . , Gm∗ ) ⊂ Dann gilt W∗ = W ∩ An(L). Pn(L) An(L). A iii) Für eine affine K-Varietät V ⊂ n (L) gilt (V ∗ )∗ = V , während für eine projektive K-Varietät W ⊂ n (L) nur (W∗ )∗ ⊂ W gilt. P A P iv) Die K-Topologie auf n (L) ist die Spurtopologie der K-Topologie von n (L) via die Abbildung j0 . Diese Abbildung ist also eine offene Einbettung von topologischen Räumen. KAPITEL 4. PROJEKTIVE VARIETÄTEN UND PROJ 35 A P Proposition 4.60. Die Zuordnung V 7→ V , die einer affinen K-Varietät V ⊂ n (L) ihren projektiven Abschluss V ⊂ n (L) zuordnet, definiert eine Bijektion zwischen der Menge der nicht leeren K-Varietäten in n (L) und denjenigen projektiven K-Varietäten in n (L), die keine irreduzible Komponente in V+ (X0 ) besitzen. P A A n (L) eine affine K-Varietät mit Verschwindungsideal Proposition 4.61. Sei V ⊂ J(V ) ⊂ K [X1 , . . . , Xn ] . Dann gilt J+ (V ) = hF ∗ |F ∈ J(V )i. Lemma 4.62. Sei F ∈ K [X1 , . . . , Xn ] ein Polynom vom Grad deg(F ) = d mit homogener Komponentenzerlegung F = F0 + . . . + Fd , Fi ∈ K[X1 , . . . , Xn ]i , Fd 6= 0. Fd heisst Gradform von F und wird mit G(F ) := Fd bezeichnet. Es gilt G(F ) = F ∗ (0, X1 , . . . , Xn ). A Lemma 4.63. Sei V ⊂ n (L) eine affine K-Varietät mit projektivem Abschluss V ⊂ Dann gilt n o V \ V = h0, x1 , . . . , xn i (x1 , . . . , xn ) ∈ V (hG(F )|F ∈ J(V )i) \ {0} . Pn(L). A Beispiel 4.64 (Rationale Normkurve in 3 (L)). Betrachte die parametrisierte Kurve 1 (L) 3 t 7→ (t, t2 , t3 ) ∈ 3 (L). Ihr Bild ist die affine K-Varietät C := V (Z − X 3 , Y − X 2 ). A A i) Es besteht ein Isomorphismus K[C] = K[X, Y, Z]/hZ − X 3 , Y − X 2 i −→ K[T ], der induziert ist durch die Zuordnungen X 7→ T, Y 7→ T 2 , Z 7→ T 3 . Insbesondere ist C ⊂ A3(L) eine irreduzible Kurve. ii) C = V+ (X 2 − U Y, Y 3 − 2XY Z + U Z 2 ). P3(L) | hy, zi ∈ P1(L)}. Bemerkung 4.65 (Koordinaten für Pn (L)). Sei 0 ≤ i ≤ n. Setze Ui := Pn (L) \ V+ (Xi ). Die Abbildung ji : An (L) ,→ Ui ⊂ Pn (L), (y1 , . . . , yn ) 7→ hy1 , . . . , yi , 1, yi+1 . . . , yn i iii) C ∗ = C ∪ {h0, 0, y, zi ∈ ist dann eine offene Einbettung von topologischen Räumen mit Umkehrabbildung Zudem gilt 4.5 P A ui : Ui → n (L), hx0 , . . . , xn i 7→ (x0 /xi , . . . , x[ i /xi , . . . , xn /xi ). S n (L) = i=0,...,n Ui . Homogene Lokalisierung Definition 4.66. Sei A eine abelsche Gruppe, R ein A-graduierter Ring und S ⊂ Rh eine multiplikativ abgeschlossene Teilmenge. Ein Element rs ∈ RS heisst homogen, wenn r ∈ Rh homogen ist. Weiterhin heisst deg der Grad von rs . r := deg(r) − deg(s) s KAPITEL 4. PROJEKTIVE VARIETÄTEN UND PROJ 36 Bemerkung 4.67. Sei A eine abelsche Gruppe, R ein A-graduierter Ring und S ⊂ Rh eine multiplikativ abgeschlossene Teilmenge. Dann ist durch nr o r r (RS )α := ∈ RS | homogen, deg = α s s s eine Graduierung RS = ⊕α∈A (RS )α auf RS definiert. Definition 4.68. Sei A eine abelsche Gruppe, R ein A-graduierter Ring und S ⊂ Rh eine multiplikativ abgeschlossene Teilmenge. Dann heisst nr o r R(S) := (RS )0 = ∈ RS | ist homogen , deg(r) = deg(s) s s homogene Lokalisierung von R bezüglich S. Beispiel 4.69. Sei R ein A-graduierter Ring. i) Sei S := {s ∈ Rh | s ist kein Nullteiler } ⊂ Rh . Dann heisst Qh (R) := R(S) homogener, voller Quotientenring; ist R ein Integritätsring, so heisst Qh (R) homogener Quotientenkörper von R. ii) Sei f ∈ Rh und S := {f n | n ∈ N}. Dann heisst R(f ) := R(S) homogene Lokalisierung von R bezüglich f. iii) Sei p ∈ Spec(R) ein homogenes Primideal und S := {s ∈ Rh | s ∈ / p}. Dann heisst R(p) := R(S) homogene Lokalisierung von R an der Stelle p. R(p) ist ein lokaler Ring mit maximalem Ideal nr o m := | r, s ∈ Rh , s ∈ / p, r ∈ p . s Z Lemma 4.70. Sei R ein -graduierter Ring und S ⊂ Rh eine multiplikativ abgeschlossene Teilmenge. S enthalte ein Element f 6= 0 mit deg(f ) = 1. Dann existiert ein Isomorphismus von R(S) -Algebren RS ∼ = R(S) [T, T −1 ]. Z Bemerkung 4.71. Sei R ein -graduierter Ring und S ⊂ Rh eine multiplikative Teilmenge. S enthalte ein Element f 6= 0 mit deg(f ) = 1. Dann ist fd R(S) −→ (RS )d , r r 7→ f d s s ein Isomorphismus mit Umkehrabbildung (RS )d → R(S) , r r 7→ d . s sf KAPITEL 4. PROJEKTIVE VARIETÄTEN UND PROJ 37 Z Corollar 4.72. Sei R ein -graduierter Ring und S ⊂ Rh eine multiplikative Teilmenge, die ein Element f 6= 0 vom Grad deg(f ) = 1 enthalte. Dann existiert ein Isomorphismus Rf ∼ = R(f ) [T, T −1 ]. Bemerkung 4.73. Seien R ein A-graduierter Ring, M ein A-graduierter R-Modul und S ⊂ Rh eine multiplikative Teilmenge. i) Sei MS die S-Lokalisierung von M. Dann ist MS = ⊕α∈A (MS )α ein A-graduierter RS -Modul, wobei nm o ∈ MS | m ∈ M h , deg(m) = deg(s) + α (MS )α = s sei. ii) M(S) := (MS )0 ist ein R(S) -Modul. iii) Sei U ⊂ M ein graduierter Untermodul. Dann ist nu o U(S) := US ∩ M(S) = | u ∈ U h , deg(u) = deg(s) s ein R(S) -Untermodul von M(S) . Ist insbesondere I ⊂ R ein homogenes Ideal, so ist I(S) ⊂ R(S) ein Ideal. iv) Sei N ⊂ MS ein graduierter Untermodul und λ : M → MS die Lokalisierungsabbildung. Dann ist U := λ−1 (N ) ⊂ M ein graduierter Untermodul und es gilt N = US . v) Sei N 0 ⊂ M(S) ein R(S) -Untermodul. Dann ist N := RS · N 0 ⊂ M ein graduierter RS -Untermodul mit N ∩ M(S) = N 0 . Lemma 4.74. Seien R ein A-graduierter Ring, M ein A-graduierter R-Modul und S ⊂ Rh eine multiplikative Teilmenge. i) Alle graduierten RS -Untermoduln von MS sind von der Form US , wobei U ⊂ M ein graduierter R-Untermodul ist. ii) Alle R(S) -Untermoduln von M(S) sind von der Form U(S) , wobei U ⊂ M ein graduierter R-Untermodul ist. Corollar 4.75. Ist M ein Noetherscher R-Modul, so ist M(S) ein Noetherscher R(S) -Modul. Corollar 4.76. Ist R ein Noetherscher Ring, so auch R(S) . Bemerkung 4.77. Ein graduierter Morphismus von graduierten R-Moduln vom Grad 0 ϕ : M → N induziert einen Morphismus von R(S) -Moduln ϕ(S) : M(S) −→ N(S) , Ist ϕ injektiv, surjektiv oder bijektiv, so auch ϕ(S) . m ϕ(m) 7→ . s s KAPITEL 4. PROJEKTIVE VARIETÄTEN UND PROJ 38 Proposition 4.78 (Vertauschbarkeit von Lokalisierung und Restklassenbildung). Seien R ein A-graduierter Ring, M ein A-graduierter R-Modul und S ⊂ Rh eine multiplikative Teilmenge. Sei U ⊂ M ein graduierter Untermodul mit zugehöriger Restklassenabbildung εU : M → M/U . Dann induziert (εU )(S) einen Isomorphismus von R(S) -Moduln ∼ = M(S) /U(S) −→ (M/U )(S) , m+U m + U(S) 7→ . s s Bemerkung 4.79. Sei I ⊂ R ein homogenes Ideal, εI : R → R/I der kanonische Ringepimorphismus und S ⊂ Rh eine multiplikativ abgeschlossene Teilmenge. Dann ist S := εI (S) ⊂ R/I ein multiplikatives System homogener Elemente, und es existiert ein kanonischer Isomorphismus von Ringen (R/I)(S) ∼ = (R/I)(S) . Proposition 4.80. Sei R ein A-graduierter Ring und S ⊂ Rh ein multiplikatives System. i) Ist p ⊂ R ein homogenes Primideal und gilt p∩S = ∅, so ist auch pS ⊂ RS ein homogenes Primideal. Falls p ∩ S 6= ∅, so gilt pS = RS . ii) Die Zuordnung p 7→ pS definiert eine Bijektion von der Menge aller homogenen Primideale p ⊂ R mit p ∩ S = ∅ auf die Menge aller homogenen Primideale von RS . Z iii) Gilt A = und enthält S ein Element f 6= 0 vom Grad 1, so definiert die Zuordnung p 7→ p(S) eine Bijektion von der Menge aller homogenen Primideale p ⊂ R mit p ∩ S = ∅ auf Spec(R(S) ). 4.6 Reguläre und rationale Funktionen auf projektiven Varietäten Eigenschaften der Zariski-Topologie Definition 4.81. Seien V eine projektive K-Varietät und f ∈ K[V ] homogen. Man setzt Vf := {x ∈ V | f (x) 6= 0}. Vf heisst durch f definierte Basismenge. Bemerkung 4.82. i) Vf ⊂ V ist offen. ii) Vf ·g = Vf ∩ Vg . iii) Vf n = Vf ∀n ∈ N>0. iv) Sei deg(f ) > 0. Es gilt Vf = ∅ ⇔ f ist nilpotent. Lemma 4.83. Sei V eine projektive K-Varietät. i) Die Basismengen Vf bilden eine Basis der Zariski-Topologie. ii) Jede offene Menge U ⊂ V ist eine endliche Vereinigung von Basismengen Vf , f homogen, deg(f ) > 0. KAPITEL 4. PROJEKTIVE VARIETÄTEN UND PROJ 39 Lemma 4.84. Sei V eine projektive K-Varietät. Dann sind die Basismengen Vf , f homogen, deg(f ) > 0, quasi-kompakt. Corollar 4.85. Projektive K-Varietäten sind quasi-kompakt. Z Lemma 4.86 (Vermeiden von Primidealen). Sei R ein positiv -graduierter Ring und I ⊂ R ein homogenes Ideal. Seien pi ∈ X \ V+ (I) (i = 1, . . . , n). Dann gibt es ein f ∈ Rh mit deg(f ) > 0 mit pi ∈ Xf ⊂ X \ V+ (I) ∀ i = 1, . . . , n. Proposition 4.87. Sei V eine projektive K-Varietät. Dann enthält jede dichte, offene Menge U ⊂ V eine dichte Basismenge Vf , mit f homogen, deg(f ) > 0. Z Definition 4.88. Sei R ein positiv -graduierter Ring. Ein Element f ∈ Rh heisst Nullteiler von R+ , wenn es ein homogenes Element g ∈ R+ \ {0} gibt mit f g = 0. Lemma 4.89. Sei V eine projektive K-Varietät. Genau dann ist eine Basismenge Vf ⊂ V dicht, wenn f kein Nullteiler von K[V ]+ ist. Reguläre Funktionen Definition 4.90. Sei V eine nicht leere, projektive K-Varietät und U ⊂ V eine offene Teilmenge. Eine L-wertige Funktion r : U → L heisst regulär in einem Punkt x0 ∈ U , wenn homogene Elemente f, g ∈ K[V ] vom gleichen Grad existieren, so dass i) x0 ∈ Vg ⊂ U ; ii) r(x) = f (x) g(x) ∀x ∈ Vg ; erfüllt sind. Die Funktion r heisst regulär auf U, wenn sie in jedem Punkt x ∈ U regulär ist. Notation 4.91. Sei V eine projektive K-Varietät und U ⊂ V eine nicht leere, offene Teilmenge. i) OV (U ) := {r : U → L | r ist regulär auf U }; ii) OV (∅) := {0}. Bemerkung 4.92. Sei V eine projektive K-Varietät und U ⊂ V eine nicht leere, offene Teilmenge. Zu einer auf U regulären Funktion r ∈ OV (U ) gibt es homogene Elemente f1 , . . . , fn und g1 , . . . , gn ∈ K[V ] vom gleichen Grad, so dass S i) U = ni=1 Vgi ; ii) r = fi gi auf Vgi ∀i = 1, . . . , n; gelten. Lemma 4.93. Sei V eine projektive K-Varietät und U ⊂ V eine offene Teilmenge. i) OV (U ) ist eine K-Algebra. ii) OV (U )× = {r ∈ OV (U ) | r(x) 6= 0 ∀x ∈ U }. KAPITEL 4. PROJEKTIVE VARIETÄTEN UND PROJ 40 Bemerkung 4.94. Sei V eine projektive K-Varietät und seien U 0 ⊂ U ⊂ V offene Teilmengen von V. Ist r ∈ OV (U ) eine auf U reguläre Funktion, so ist ihre Einschränkung r|U 0 ∈ OV (U 0 ) eine auf U 0 reguläre Funktion. 0 Wir erhalten also Restriktionsabbildungen %U U 0 : OV (U ) → OV (U ). 00 0 Für in V offene Teilmengen U ⊂ U ⊂ U sind die Bedingungen i) %U U = idOV (U ) ; 0 U U ii) %U U 00 ◦ %U 0 = %U 00 ; erfüllt. Proposition 4.95. Sei V eine projektive K-Varietät und g ∈ K[V ] homogen mit deg(g) > 0. Es gibt einen natürlichen Isomorphismus von K-Algebren K[V ](g) ∼ = OV (Vg ), definiert durch f (x) f g ν 7→ x 7→ g(x)ν . Corollar 4.96. Sei V eine projektive K-Varietät und g ∈ K[V ]. Dann ist OV (Vg ) eine reduzierte Noethersche K-Algebra. Lemma 4.97. Sei V eine projektive K-Varietät, U ⊂ V eine offene Teilmenge und r ∈ OV (U ). Dann ist Z(r) := {x ∈ U | r(x) = 0} ⊂ U eine in U Zariski-abgeschlossene Teilmenge. Theorem 4.98 (Identitätssatz). Sei V eine projektive K-Varietät, seien Ui ⊂ V offene Teilmengen und ri ∈ OV (Ui ) (i=1,2) reguläre Funktionen. Wenn es eine in U1 ∩ U2 dichte und offene Menge U ⊂ U1 ∩ U2 gibt mit r1 |U = r2 |U , so gilt r1 |U1 ∩U2 = r2 |U1 ∩U2 . K-Morphismen Definition 4.99. Seien V und W nicht leere, projektive K-Varietäten. Eine Abbildung f : V → W heisst K-Morphismus :⇔ i) f ist stetig bezüglich der K-Topologien auf V und W; ii) für jede offene Teilmenge U ⊂ W mit f −1 (U ) 6= ∅ gilt r ∈ OW (U ) ⇒ r ◦ f ∈ OV (f −1 (U )). Bemerkung 4.100. i) Ein K-Morphismus f : V → W induziert für jede offene Teilmenge U ⊂ W einen Morphismus von K-Algebren f # : OW (U ) → OV (f −1 (U )), r 7→ r ◦ f. ii) Sind f : V → W und g : W → Z K-Morphismen, so ist auch g ◦ f : V → Z ein K-Morphismus. KAPITEL 4. PROJEKTIVE VARIETÄTEN UND PROJ 41 Lokale Ringe projektiver Varietäten Definition 4.101. Sei V eine projektive K-Varietät und W ⊂ V eine nicht leere, irreduzible Teilmenge. Seien ri ∈ OV (Ui ) (i = 1, 2) reguläre Funktionen mit Ui ∩ W 6= ∅. r1 , r2 heissen genau dann bezüglich W äquivalent (r1 ∼ r2 ), wenn eine offene Teilmenge W U ⊂ U1 ∩ U2 existiert mit U ∩ W 6= ∅, so dass r1 |U = r2 |U gilt. Sei r ∈ OV (U ) mit U ∩ W 6= ∅. Dann bezeichnen wir die Äquivalenzklasse von r mit [r]W := {r0 ∈ OV (U ) | r0 ∼ r}. W Weiterhin schreiben wir OV,W := {[r]W | r ∈ OV (U ), U ∩ W 6= ∅} für die Menge der Äquivalenzklassen. OV,W heisst der lokale Ring der Varietät V in W und ist in natürlicher Weise eine K-Algebra. Bemerkung 4.102. Wichtige Spezialfälle: W = {x}, und W = V , falls V irreduzibel ist. Proposition 4.103. Sei V eine projektive K-Varietät und W ⊂ V eine nicht leere, irreduzible Teilmenge. Sei pW := {f ∈ K[V ] | f (x) = 0 ∀x ∈ W }. Dann gilt OV,W ∼ = K[V ](pW ) . Bemerkung 4.104. Ist W eine nicht leere, irreduzible Teilmenge von V , so gilt pW = pW . P Corollar 4.105. Sei V ⊂ n (L) eine projektive K-Varietät und W ⊂ V eine nicht leere, irreduzible Teilmenge. Dann gilt OV,W ∼ = K[X0 , . . . , Xn ](J+ (W )) /J+ (V ) · K[X0 , . . . , Xn ](J+ (W )) . Corollar 4.106. OV,W ist eine reduzierte lokale Noethersche K-Algebra mit maximalem Ideal mV,W := {[r]W | r ∈ OV (U ), r(x) = 0 ∀x ∈ U ∩ W }. Proposition 4.107. Es gibt eine kanonische, inklusionsumkehrende Bijektion von der Menge aller irreduziblen Untervarietäten V 0 ⊂ V mit W ⊂ V 0 auf Spec(OV,W ), gegeben durch V 0 7→ [r]W ∈ OV,W | r(x) = 0 ∀x ∈ V 0 . Corollar 4.108. Die minimalen Primideale von OV,W entsprechen den irreduziblen Komponenten von V , welche W enthalten. Corollar 4.109. Genau dann ist OV,W ein Integritätsring, wenn es genau eine irreduzible Komponente von V gibt, welche W enthält. Rationale Funktionen Bemerkung 4.110. Sei V eine projektive K-Varietät und U ⊂ X eine offene und dichte Teilmenge. Eine Fortsetzung einer auf U regulären Funktion r ∈ OV (U ) ist eine reguläre Funktion r0 ∈ OV (U 0 ), welche auf einer U umfassenden, offenen Teilmenge U ⊂ U 0 ⊂ V definiert ist und r0 |U = r erfüllt. Es gibt eine eindeutig bestimmte, maximale Fortsetzung r0 ∈ OV (U0 ). KAPITEL 4. PROJEKTIVE VARIETÄTEN UND PROJ 42 Definition 4.111. Eine rationale Funktion auf einer projektiven K-Varietät V ist eine reguläre Funktion r ∈ OV (U ), welche auf einer offenen und dichten Teilmenge U ⊂ V definiert ist, und die sich nicht auf eine echt grössere, offene Menge regulär fortsetzen lässt. U heisst der Definitionsbereich von r und wird mit Def(r) bezeichnet, V \ Def(r) nennen wir die Polstellenmenge von r. R(V ) sei die Menge aller rationalen Funktionen auf V . Bemerkung 4.112. R(V ) ist in natürlicher Weise eine K-Algebra. Bemerkung 4.113. Wir erklären wie folgt eine Äquivalenzrelation ∼ auf der Menge aller Paare (U, r), wobei U ⊂ V eine dichte, offene Teilmenge und r ∈ OV (U ) sei: (U1 , r1 ) ∼ (U2 , r2 ) :⇔ ∃ U 0 ⊂ U1 ∩ U2 offen und dicht mit r1 |U 0 = r2 |U 0 . Die Menge der Äquivalenzklassen hU, ri ist eine zu R(V ) kanonisch isomorphe K-Algebra. Bemerkung 4.114. Seien r ∈ R(V ) und W ⊂ V eine K-Untervarietät. Liegt keine irreduzible Komponente von W in der Polstellenmenge von r, so ist die Einschränkung r|W von r auf W wie folgt erklärt: Sei r ∈ OV (U ) mit U ⊂ V offen. Dann ist U ∩ W ⊂ W dicht. Es gilt r|U ∩W ∈ OW (U ∩ W ). Dann ist r|W definiert als die maximale reguläre Fortsetzung von r|U ∩W . Proposition 4.115. Sei V = V1 ∪ . . . ∪ Vs die Zerlegung der projektiven K-Varietät V in ihre irreduziblen Komponenten. Dann ist durch R(V ) −→ s Y R(Vi ), r 7→ (r|Vi )si=1 i=1 ein K-Algebra Isomorphismus gegeben. Lemma 4.116. Die rationale Funktion r ∈ R(V ) habe den Definitionsbereich U . Dann gibt es einen homogenen Nichtnullteiler g ∈ K[V ] mit Vg ⊂ U und r = gfν auf Vg , wobei f ∈ K[V ], ν ∈ , f homogen, deg(f ) = ν deg(g). N Proposition 4.117. Sei V eine projektive K-Varietät und Qh (K[V ]) der volle homogene Quotientenring. Dann gibt es einen natürlichen Isomorphismus R(V ) ∼ = Qh (K[V ]). Proposition 4.118. Sei V eine irreduzible projektive K-Varietät. Dann gelten: i) R(V ) = OV,V ; ii) OV,x ⊂ R(V ) ∀x ∈ V ; T iii) OV (U ) = x∈U OV,x für alle offenen Teilmengen U ⊂ V ; iv) OV,W /mV,W ∼ = R(W ) für alle irreduziblen K-Untervarietäten W ⊂ V . Proposition 4.119. Sei V ⊂ Abschluss. Dann gilt: An(L) eine affine K-Varietät und V OV |V = OV . ⊂ Pn(L) ihr projektiver KAPITEL 4. PROJEKTIVE VARIETÄTEN UND PROJ A 43 P Proposition 4.120. Sei V ⊂ n (L) eine affine K-Varietät und V ⊂ n (L) ihr projektiver Abschluss. Dann existiert ein kanonischer Isomorphismus R(V ) ∼ = R(V ). Corollar 4.121. Jeder algebraische Funktionenkörper ist Körper der rationalen Funktionen einer irreduziblen, projektiven Varietät. Bemerkung 4.122. Eine solche Varietät heisst ein projektives Modell des algebraischen Funktionenkörpers. Definition 4.123. Zwei irreduzible projektive K-Varietäten V1 und V2 heissen genau dann birational äquivalent, wenn ein K-Algebra Isomorphismus zwischen ihren rationalen Funktionenkörpern R(V1 ) ∼ = R(V2 ) existiert. Definition 4.124. Eine irreduzible projektive K-Varietät V heisst rational, wenn R(V ) über K rein transzendent ist. Bemerkung 4.125. Eine irreduzible projektive K-Varietät V ist genau dann rational, wenn Pn(L)), R(V ) ∼ = R( wobei n = trdegK R(V ). Proposition 4.126 (Basissatz für endlich erzeugte Moduln über Noetherschen Ringen). Sei R ein Noetherscher Ring und M ein endlich erzeugbarer R-Modul. Dann ist jeder R-Untermodul von M endlich erzeugbar. P Theorem 4.127. Sei V ⊂ n (L) eine irreduzible, projektive K-Varietät und OV (V ) ⊂ R(V ) die K-Algebra der auf ganz V regulären Funktionen. Sei K ⊂ R(V ) der algebraische Abschluss von K in R(V ). Dann gibt es Inklusionen K ⊂ OV (V ) ⊂ K ⊂ R(V ), und OV (V ) ist ein endlicher Erweiterungskörper von K. Corollar 4.128. Sei K algebraisch abgeschlossen, V eine projektive K-Varietät und ` V = i∈I Vi die Zerlegung von V in ihre Zusammenhangskomponenten. Q Dann ist OV (V ) = i∈I K. 4.7 Gewichtet projektive Räume Bemerkung 4.129. Sei γ = (γ0 , . . . , γn ) ∈ Äquivalenzrelation ∼γ auf L⊕(n+1) \ {0} durch Nn+1 >0 mit ggt(γ0 , . . . , γn ) 3 1; definiere eine x ∼γ x0 :⇔ ∃λ ∈ L \ {0} mit (x00 , . . . , x0n ) = (λγ0 x0 , . . . , λγn xn ). Bezeichne die Klasse von (x0 , . . . , xn ) mit [x0 , . . . , xn ]. Die Menge n o n ⊕(n+1) \ {0} γ (L) := [x0 , . . . , xn ] | (x0 , . . . , xn ) ∈ L P heisst gewichtet projektiver Raum zum Gewicht γ. Jedes (x0 , . . . , xn ) ∈ [x0 , . . . , xn ] heisst ein System (gewichtet) homogener Koordinaten des Punktes [x0 , . . . , xn ] ∈ nγ (L). P KAPITEL 4. PROJEKTIVE VARIETÄTEN UND PROJ 44 Bemerkung 4.130. Sei K ⊂ L eine Körpererweiterung und L algebraisch abgeschlossen. n (L) der zugehörige gewichtet projektive Seien γ = (γ0 , . . . , γn ) ∈ n+1 γ >0 ein Gewicht und Raum. Wir versehen den Polynomring K [X0 , . . . , Xn ] mit der Graduierung, die durch die quasihomogenen Polynome vom Gewicht γ vom Grad d n o X i0 in K[X0 , . . . , Xn ]γ,d := ai0 ...in X0 . . . Xn | ai0 ...in ∈ K P N i0 γ0 +...+in γn =d gegeben ist. Definition 4.131. Seien F1 , . . . , Fm ∈ K[X0 , . . . , Xn ] quasi-homogene Polynome vom Gewicht γ. Dann heisst Vγ (F1 , . . . , Fm ) := {[x0 , . . . , xn ] ∈ Pnγ(L) | Fi(x0, . . . , xn) = 0 ∀i = 1, . . . , m} gewichtet projektive K-Varietät. Definition 4.132. Sei I ⊂ ⊕d≥0 K[X0 , . . . , Xn ]γ,d ein gewichtet homogenes Ideal. Dann heisst Vγ (I) := {[x0 , . . . , xn ] ∈ Nullstellenmenge von I in Pnγ(L) | F (x0, . . . , xn) = 0 ∀F ∈ I quasihomogen} Pnγ(L). Bemerkung 4.133. Die Nullstellenmenge eines gewichtet homogenen Ideals ist eine gewichtet projektive K-Varietät. Definition 4.134. Sei V ⊂ Pnγ(L) eine Teilmenge. Dann heisst Jγ (V ) := hF ∈ K[X0 , . . . , Xn ]hγ |F (x0 , . . . , xn ) = 0 ∀[x0 , . . . , xn ] ∈ V i Verschwindungsideal von V . Theorem 4.135 (Gewichtet projektiver Nullstellensatz). i) Die Zuordnung V 7→ Jγ (V ) definiert eine inklusionsumkehrende Bijektion zwischen der Menge aller gewichtet projektiven K-Varietäten V ⊂ nγ (L) und der Menge aller gewichtet homogenen Radikalideale I ⊂ hX0 , . . . , Xn i ⊂ ⊕d≥0 K[X0 , . . . , Xn ]γ,d . P ii) Für jedes gewichtet homogene Ideal I ⊂ hX0 , . . . , Xn i gilt √ I = Jγ (Vγ (I)). 4.8 Veronese- und Segre-Einbettungen Bemerkung 4.136 (Veronese-Einbettung). Sei d > 0, K[X0 , . . . , Xn ]d der K-Vektorraum der homogenen Polynome vom Grad d. Wähle die Basis X0d , X0d−1 X1 , . . . , Xnd , lexikographisch geordnet mit X0 > X1 > . . . > Xn . d Dann definiert die Zuordnung (x0 , . . . , xn ) 7→ (xd0 , xd−1 0 x1 , . . . , xn ) die Veronese-Einbettung vdn : d Pn(L) 7→ PN (L), hx0, . . . , xni 7→ hxd0 , xd−1 0 x1 , . . . , xn i, wobei N = dimK (K[X0 , . . . , Xn ]d ) − 1 = n+d d Indiziere die homogenen Koordinaten auf PN (L) durch Yi ···i − 1. 0 n , wobei i0 + . . . + in = d. KAPITEL 4. PROJEKTIVE VARIETÄTEN UND PROJ P 45 P n (L) N (L) ist eine abgeschlossene Einbettung mit Bild i) vdn : ,→ n Vd = V+ (hYi0 ···in Yj0 ···jn − Yk0 ···kn Yl0 ···ln |is + js = ks + ls ∀s = 0, . . . , ni) ⊂ N (L). P ii) Der homogene Koordinatenring von Vdn ist K[Vdn ] ∼ = K[X0 , . . . , Xn ](d) . Beispiel 4.137. i) Das Bild Vd1 der Veronese-Einbettung vd1 : kurve in d (L). P P P1(L) ,→ Pd(L) heisst rationale NormP P ii) Das Bild V22 der Veronese-Einbettung v22 : 2 (L) ,→ 5 (L) heisst Veronesefläche. Die Veronesefläche lässt sich singularitätenfrei in den 4 (L) projizieren: P2(L)EE v /V2 2 2 2 / EE EE EE E" 2 P5(L) \ {h0, . . . , 0, 1, 0i} / V2 π P4(L) P Theorem 4.138 (Severi, 1901). V22 ⊂ 4 (L) ist - bis auf Automorphismen von die einzige glatte Fläche, die als Bild unter einer Zentralprojektion πU : P4(L) - P(V ) \ P(U ) −→ P4(L) erhalten werden kann. Bemerkung 4.139 (Koordinatenfreie Beschreibung der Veronese-Einbettungen). Sei V ein L-Vektorraum der Dimension dimL V = n + 1 und S d V die d-te symmetrische Potenz von V . Die Zuordnung V → S d V, v 7→ v d induziert eine Abbildung v: P(V ) → P(S dV ); Ist speziell V = W ∨ = HomL (W, L) der Dualraum eines L-Vektorraumes W und eine Basis auf V gewählt, so gelten die Entsprechungen S d V ∼ = K[X0 , . . . , Xn ]d und v ∼ = vdn . Bemerkung 4.140 (Segre-Einbettung). Betrachte den zum L-Vektorraum der (n + 1) × (m + 1) Matrizen mit Einträgen in L gehörigen projektiven Raum (n+1)(m+1)−1 (L). Dann ist Σn,m := {hZij i ∈ (n+1)(m+1)−1 (L) | rg[Zij ] = 1} P P eine projektive K-Varietät. Definiere die Segre-Einbettung durch σn,m : Pn(L) × Pm(L) ,→ P(n+1)(m+1)−1(L), (hxi, hyi) 7→ hxiyj i. i) Die Segre-Einbettung ist eine injektive Abbildung mit Bild Σn,m . ii) Die Umkehrabbildung πn,m : Σn,m −→ Pn(L) × Pm(L) der Segre-Einbettung ist gegeben durch πn,m (hZkl i) = (hZ0j , . . . , Zij , . . . , Znj i, hZio , . . . , Zij , . . . , Zim i), P wobei hZkl i ∈ (n+1)(m+1)−1 (L) mit Zij 6= 0. Sie induziert Projektionen Σn,m −→ n (L) und Σn,m −→ P Pm(L). KAPITEL 4. PROJEKTIVE VARIETÄTEN UND PROJ iii) Die Segre-Einbettung ist kein Homöomorphismus für die Produkttopologie auf m (L) und die Spurtopologie auf Σ n,m . P 46 Pn(L) × P C Beispiel 4.141. Σ1,2 ⊂ 5 (L) wird durch drei Gleichungen beschrieben. Man kann zeigen, dass im Falle K = L = auch drei Gleichungen notwendig sind. Beispiel 4.142. Wir betrachten zwei disjunkte Geraden auf der Quadrik P3(L), beispielsweise L0 := σ1,1 (h0, 1i × P1 (L)) und L1 := σ1,1 (h1, 0i × P1 (L)). Es gibt keine Hyperflächen V (Fi ) ⊂ P3 (L) (i = 1, 2) mit Q ∩ V (Fi ) = Li (i = 0, 1). Q := Σ1,1 = V (Y0 Y3 − Y1 Y2 ) ⊂ Bemerkung 4.143 (Koordinatenfreie Beschreibung der Segre-Einbettung). Seien V und W L-Vektorräume der Dimensionen dimL (V ) = n + 1 und dimL (W ) = m + 1. Die Abbildung V × W → V ⊗ W, (v, w) 7→ v ⊗ w induziert eine Abbildung σ: P(V ) × P(W ) → P(V ⊗ W ). Ist V = U ∨ = HomL (U, L) der Dualraum eines L-Vektorraumes U und dimL (U ) = n + 1, so erhält man σ : (U ∨ ) × (W ) 7→ (HomL (U, W )), σ(hλi, hwi) = hλwi P P P und nach Basiswahlen resultiert die Entsprechung σ ∼ = σn,m . 4.9 Das projektive Spektrum eines graduierten Ringes Definition 4.144. Sei R = ⊕n∈N Rn ein positiv Z-graduierter Ring. Dann heisst Proj(R) := {p ∈ Spec(R) | p ist homogenes Ideal , p + R+ } projektives (homogenes) Spektrum von R. Bemerkung 4.145. Proj(R) ⊂ Spec(R) wird mit der Relativtopologie der Zariski-Topologie versehen. Die Elemente von Proj(R) heissen relevante Primideale. Definition 4.146. Sei R0 ein Ring und R0 [X0 , . . . , Xn ] versehen mit der Standardgraduierung. Dann heisst n R0 := Proj(R0 [X0 , . . . , Xn ]) P n-dimensionaler projektiver Raum über R0 . Bemerkung 4.147. Ist L ein algebraisch abgeschlossener Körper, so definiert die Zuordnung ha0 , . . . , an i 7→ J+ (ha0 , . . . , an i) = haj Xi − ai Xj | i, j = 0, . . . , ni eine Inklusion Pn(L) ,→ PnL = Proj(L[X0, . . . , Xn]). Bemerkung 4.148. Ist K ein Körper, so ist hX0 , . . . , Xn i das einzige homogene Maximalideal in K[X0 , . . . , Xn ]. KAPITEL 4. PROJEKTIVE VARIETÄTEN UND PROJ 47 Z Definition 4.149. Sei R = ⊕n∈N Rn ein positiv -graduierter Ring und I ⊂ R ein homogenes Ideal. Dann heisst V+ (I) := {p ∈ Proj(R) | p ⊃ I}, Nullstellenmenge des homogenen Ideals I. Z Lemma 4.150. Sei R = ⊕n∈N Rn ein positiv -graduierter Ring. Die abgeschlossenen Mengen in Proj(R) sind von der Form V+ (I), wobei I ⊂ R ein homogenes Ideal ist. Zudem gilt V+ (I) = V+ (I ∩ R+ ). Corollar 4.151. Sei I ⊂ R ein homogenes Ideal. Es gilt √ √ V+ (I) = V+ ( I) = V+ ( I ∩ R+ ). Definition 4.152. Sei T ⊂ Proj(R) eine beliebige Teilmenge. Dann heisst \ J+ (T ) := p ∩ R+ p∈T Verschwindungsideal von T. Bemerkung 4.153. Sei T ⊂ Proj(R) eine beliebige Teilmenge eines positiv Ringes R. Dann ist J+ (T ) ⊂ R+ ein homogenes Ideal. Proposition 4.154 (Eigenschaften von V+ und von J+ ). Sei R ein positiv Ring. Z-graduierten Z-graduierter i) Für eine Teilmenge T ⊂ Proj(R) gilt T = V+ (J+ (T )). ii) Die Zuordnung V 7→ J+ (V ) definiert eine inklusionsumkehrende Bijektion zwischen der Menge der √ abgeschlossenen Teilmengen V ⊂ Proj(R) und den homogenen Idealen I ⊂ R+ mit I ∩ R+ = I. iii) Sei I ⊂ R ein homogenes Ideal. Die Restklassenabbildung ε : R → R/I induziert eine abgeschlossene Einbettung Proj(R/I) ,→ Proj(R) mit Bild V+ (I). iv) Jede nicht leere, abgeschlossene und irreduzible Teilmenge V ⊂ Proj(R) besitzt genau einen generischen Punkt, nämlich p = J+ (V ). √ v) Für alle homogenen Ideale I ⊂ R+ gilt: V+ (I) = ∅ ⇔ I ⊃ R+ . vi) Proj(R) = ∅ ⇔ R+ ⊂ NR . vii) Proj(R) versehen mit der Zariski-Topologie ist ein Noetherscher topologischer Raum, falls R ein Noetherscher Ring ist. Notation 4.155. Im folgenden bezeichne X := Proj(R) das projektive Spektrum eines positiv -graduierten Ringes R, versehen mit der Zariski-Topologie. Z Definition 4.156. Für ein homogenes Element f ∈ Rh setzt man Xf := {p ∈ X | f ∈ / p}. Xf heisst durch f definierte Basismenge. KAPITEL 4. PROJEKTIVE VARIETÄTEN UND PROJ 48 Bemerkung 4.157. i) Xf ⊂ X ist offen. ii) Xf ·g = Xf ∩ Xg . iii) Xf n = Xf ∀n ∈ N>0. iv) Sei deg(f ) > 0. Es gilt Xf = ∅ ⇔ f ist nilpotent. Lemma 4.158. i) Die Basismengen Xf bilden eine Basis der Zariski-Topologie. ii) Für projektive Spektren von Noetherschen Ringen ist jede offene Menge U ⊂ X eine endliche Vereinigung von Basismengen Xf , mit f homogen, deg(f ) > 0. Lemma 4.159. Die Basismengen Xf , f homogen, deg(f ) > 0, sind quasi-kompakt. Corollar 4.160. Projektive Spektren sind quasi-kompakt. Z Proposition 4.161. Sei X das homogene Spektrum eines positiv -graduierten Noetherschen Ringes R. Dann enthält jede dichte, offene Menge U ⊂ X eine dichte Basismenge Xf , f homogen, deg(f ) > 0. Z Lemma 4.162. Sei X das projektive Spektrum eines positiv -graduierten reduzierten, Noetherschen Ringes. Genau dann ist eine Basismenge Xf ⊂ X dicht, wenn f kein Nullteiler von R+ ist. Lemma 4.163. Die Abbildung π : Proj(R) → Spec(R0 ), p 7→ p ∩ R0 ist stetig. Für q ∈ Spec(R0 ) gilt π −1 (q) ∼ = Proj(Rq /qRq ). Z Z Beispiel 4.164. Betrachte die Abbildung π : Proj( [X0 , . . . , Xn ]) −→ Spec( ). Es gelten: Z ii) π −1 (h0i) ∼ = Proj(Q[X0 , . . . , Xn ]). i) π −1 (hpi) ∼ = Proj( /hpi[X0 , . . . , Xn ]); Z Bemerkung 4.165. Sei nun ϕ : R → S ein homogener Morphismus von positiv -graduierten Ringen R und S, und sei q ∈ Proj(S) gewählt. Dann ist ϕ−1 (q) ⊂ R ein homogenes Primideal, und es gilt ϕ−1 (q) ⊃ R+ ⇔ q ⊃ ϕ(R+ ). Wir erhalten daher eine stetige Abbildung Proj(ϕ) : Proj(S) \ V+ (hϕ(R+ )i) −→ Proj(R). Z N Lemma 4.166. Sei R ein positiv -graduierter Ring, d ∈ >0 und R(d) = ⊕n∈N Rdn der d-te Veronese-Ring. Dann definiert die Zuordnung p → 7 p ∩ R(d) eine stetige Abbildung v (d) : Proj(R) → Proj(R(d) ), die d-te Veronese-Abbildung. KAPITEL 4. PROJEKTIVE VARIETÄTEN UND PROJ Z Proposition 4.167. Sei R ein positiv -graduierter Ring und d ∈ Veronese-Abbildung v (d) : Proj(R) → Proj(R(d) ) 49 N>0. Dann ist die d-te ein Homöomorphismus. Definition 4.168. Sei R ein positiv Z-graduierter Ring. Dann heisst g-dim(R) := dim Proj(R) die g(raduierte)-Dimension von R. Z Bemerkung 4.169. Sei R ein positiv -graduierter Ring mit Proj(R) 6= ∅. Die g-Dimension von R ist das Supremum der Längen n von Ketten p0 p1 ... pn relevanter Primideale pi ∈ Proj(R). P Bemerkung 4.170. Sei V ⊂ n (L) eine projektive K-Varietät mit homogenem Koordinatenring K[V ]. Dann gilt dim(V ) = g-dim(K[V ]). Kapitel 5 Schemata 5.1 Garben Definition 5.1. Eine Prägarbe von Mengen (Gruppen, Ringen, Moduln) auf einem topologischen Raum (X, T ) ist ein Paar (F, ρ), bestehend aus einer Familie von Mengen (Gruppen, Ringen, Moduln) F = (F(U ))U ∈T und einer Familie von Restriktionsmorphismen U 0 ρ = (ρU U 0 )U 0 ⊂U ∈T , ρU 0 : F(U ) −→ F(U ), so dass die folgende Bedingung erfüllt ist: 0 U U Sind U 00 ⊂ U 0 ⊂ U in X offene Mengen, so gilt ρU U 00 = ρU 00 ◦ ρU 0 . Notation 5.2. Ein Element f ∈ F(U ) heisst ein auf U definierter Schnitt. Ist U 0 ⊂ U eine offene Teilmenge von U 0 , so bezeichnen wir seine Einschränkung auf U 0 mit 0 f |U 0 := ρU U 0 (f ) ∈ F(U ). Definition 5.3. Eine Garbe von Mengen (Gruppen, Ringen, Moduln) auf einem topologischenSRaum (X, T ) ist eine Prägarbe (F, ρ), welche folgender Bedingung genügt: Ist U = λ∈Λ Uλ mit Uλ ∈ T ∀λ ∈ Λ, und ist (fλ )λ∈Λ eine Familie von Schnitten fλ ∈ F(Uλ ) mit fλ |Uλ ∩Uλ0 = fλ0 |Uλ ∩Uλ0 für alle λ, λ0 ∈ Λ, so existiert genau ein Schnitt f ∈ F(U ) mit f |Uλ = fλ ∀λ ∈ Λ. Beispiel 5.4. Sei X ein beliebiger topologischer Raum. Dann heisst CX mit i) CX (U ) := {f : U −→ R | f ist stetig} für alle U ⊂ X offen; 0 0 ii) ρU U 0 : CX (U ) −→ CX (U ), f 7→ f |U 0 Einschränkung von f auf U ; die Garbe der stetigen Funktionen auf X. Beispiel 5.5. Sei V eine affine oder projektive K-Varietät. Dann heisst OV mit i) OV (U ) := {r : U −→ L | r ist regulär auf U }; 0 ii) ρU U 0 : OV (U ) −→ OV (U ), f 7→ f |U 0 ; die Garbe der regulären Funktionen auf V . Bemerkung 5.6. Seien X, Y zwei topologische Räume und f : X −→ Y eine stetige Abbildung. Ist F eine Garbe von Mengen (Gruppen, Ringen, Moduln) auf X, so ist durch i) f∗ F(V ) := F(f −1 (V )) für alle V ⊂ Y offen; 50 KAPITEL 5. SCHEMATA 51 f −1 (V ) ii) ρVV 0 := ρf −1 (V 0 ) : f∗ F(V ) = F(f −1 (V )) −→ F(f −1 (V 0 )) = f∗ F(V 0 ) für V 0 ⊂ V ⊂ Y offen; eine Garbe f∗ F von Mengen (Gruppen, Ringen, Moduln) auf Y definiert. Sie heisst direkte Bildgarbe von F unter f . Definition 5.7. Seien (F, ρ) und (F 0 , ρ0 ) zwei Garben auf dem topologischen Raum (X, T ). Ein Morphismus von Garben von (F, ρ) nach (F 0 , ρ0 ) ist eine Familie α = (αU )U ∈T von Morphismen αU : F(U ) −→ F 0 (U ), so dass für alle Inklusionen V ⊂ U von in X offenen Mengen das folgende Diagramm F(U ) αU / F 0 (U ) ρU V F(V ) αV ρ0 U V / F 0 (V ) kommutiert. Definition 5.8. Ein geringter Raum ist ein Paar (X, OX ), bestehend aus einem topologischen Raum X und einer Garbe OX von Ringen auf X. OX heisst Strukturgarbe des geringten Raumes. Beispiel 5.9. Ein topologischer Raum ist zusammen mit der Garbe der stetigen Funktionen ein geringter Raum. Ebenso ist eine K-Varietät mit der Garbe der regulären Funktionen ein geringter Raum. Bemerkung 5.10. Sei X ein topologischer Raum und F eine Garbe auf X. Ist U ⊂ X eine offene Teilmenge, so ist durch F|U mit F|U (V ) := F(V ) für alle in U offenen Teilmengen V ⊂ U eine Garbe auf U definiert. Sie heisst Beschränkung von F auf U . Definition 5.11. Seien (X, OX ) und (Y, OY ) zwei geringte Räume. Ein Morphismus von geringten Räumen von (X, OX ) nach (Y, OY ) ist ein Paar (f, f ] ), bestehend aus einer stetigen Abbildung f : X −→ Y und einem Morphismus von Garben f ] : OY −→ f∗ OX . Bemerkung 5.12. Jede stetige Abbildung f : X −→ Y induziert einen Morphismus von geringten Räumen (X, CX ) −→ (Y, CY ) durch pull-back der auf V ⊂ Y stetigen Funktionen: CY (V ) −→ f∗ CX (V ) = CX (f −1 (V )), g 7→ g ◦ f . R R N k die Garbe der C k -Funktionen auf n (k ∈ Bemerkung 5.13. Sei X = n und CR ∪{∞}). n n Eine stetige Abbildung f : −→ R induziert genau dann - via pull-back - einen Morphismus k ) −→ ( , C k ), wenn f eine C k -Abbildung ist. von geringten Räumen (f, f ] ) : ( n , CR n R R R R Bemerkung 5.14. Sei (X, OX ) ein geringter Raum und j : U ,→ X eine offene Teilmenge. Dann definiert jV] : OX (V ) −→ j∗ OX |U (V ) = OX (U ∩ V ), f 7→ f |U ∩V (V ⊂ X offen) einen Morphismus von Garben j ] : OX −→ j∗ OX |U und damit einen Morphismus von geringten Räumen (j, j ] ) : (U, OX |U ) −→ (X, OX ), den wir eine offene Einbettung von (U, OX |U ) nach (X, OX ) nennen. KAPITEL 5. SCHEMATA 52 Bemerkung 5.15. Seien V, W affine oder projektive K-Varietäten. Ein K-Morphismus f : V −→ W induziert nach Definition einen Morphismus geringter Räume (f, f ] ) : (V, OV ) −→ (W, OW ). Bemerkung 5.16. Sei F eine Garbe auf einem topologischen Raum X und x ∈ X ein Punkt. Wir erklären eine Äquivalenzrelation ∼ auf der Menge aller Paare (U, s) von offenen x Umgebungen U ⊂ X von x und auf U definierten Schnitten s ∈ F(U ): (U, s) ∼ (V, t) :⇔ ∃ W ⊂ U ∩ V offen , x ∈ W mit s|W = t|W . x Die Äquivalenzklasse sx := {(V, t) | V ist eine offene Umgebung von x, t ∈ F(V ), (V, t) ∼ (U, s)} x heisst Keim des Schnittes s ∈ F(U ) in x; die Menge der Äquivalenzklassen Fx := {sx | s ∈ F(U ), U offene Umgebung von x } heisst Halm der Garbe F im Punkt x ∈ X. Beispiel 5.17. Sei V eine affine (oder projektive) K-Varietät und x ∈ V ein Punkt. Setze px := {f ∈ K[V ] | f (x) = 0}. Es gilt OV,x ∼ = K[V ]px (oder K[V ](px ) ). OV,x ist also eine lokale K-Algebra mit K ⊂ OV,x /mV,x ⊂ L. Definition 5.18. Sei (Λ, ≥) eine partiell geordnete Menge, so dass für alle λ, λ0 ∈ Λ ein λ00 existiert mit λ00 ≥ λ, λ0 . Ein direktes System von Mengen (Gruppen, Ringen, Moduln) über (Λ, ≥) ist ein Paar (M, ρ), bestehend aus i) einer Familie M = (Mλ )λ∈Λ von Mengen (Gruppen, Ringen, Moduln) und ii) einer Familie ρ = (ρλλ0 )λ0 ≥λ von Morphismen ρλλ0 : Mλ −→ Mλ0 , so dass die Bedingung 0 λ00 ≥ λ0 ≥ λ ⇒ ρλλ00 ◦ ρλλ0 = ρλλ00 , ρλλ = idMλ erfüllt ist. Beispiel 5.19. Sei F eine Garbe auf X und x ∈ X. Sei Λ := {U ⊂ X offen | x ∈ U }. Dann definiert U 0 ≥ U :⇔ U 0 ⊂ U eine partielle Ordnung auf Λ und (F(U ))U ∈Λ ist zusammen 0 0 mit ρU U 0 : F(U ) −→ F(U ) für alle offenen Umgebungen U ⊂ U von x ein direktes System über (Λ, ≥). Definition 5.20. Ein direkter Limes eines direkten Systems (M, ρ) über (Λ, ≥) ist ein Paar (M, ρλ ), bestehend aus i) einer Menge (Gruppe, Ring, Modul) M und 0 ii) einer Familie von Morphismen ρλ : Mλ −→ M für alle λ ∈ Λ mit ρλ = ρλ ◦ ρλλ0 ∀λ0 ≥ λ, KAPITEL 5. SCHEMATA 53 so dass gilt: Ist (N, σ λ ) ein weiteres solches Paar, so gibt es genau einen Morphismus h : M −→ N mit σ λ = h ◦ ρλ ∀ λ ∈ Λ. Mλ OWOWWWW OOO WWWWW OOO WWWσWλWW WWWWW OOO WWWW ρλ OO' _ _ _h _ _gW_Wg+3/ N ρλ M 7 λ0 ggg oo 0 gggg ρλ oooo g g g g ooo gggggλ0 ogogogoggggg σ Mλ0 Proposition 5.21. Jedes direkte System von Ringen (Moduln) besitzt einen direkten Limes, der bis auf eindeutige Isomorphie eindeutig bestimmt ist. Bemerkung 5.22. Ist (M, ρ) ein direktes System von Ringen (Moduln) über der partiell geordnete n Menge (Λ, ≥), so schreiben wir ! lim Mλ , ρλ : Mλ −→ lim Mλ −→ −→ λ∈Λ λ∈Λ für den direkten Limes. S Es gilt lim Mλ = λ∈Λ ρλ (Mλ ). −→ λ∈Λ Proposition 5.23. Sei X ein topologischer Raum, x ∈ X ein Punkt und F eine Garbe von Ringen oder Moduln. Dann gilt Fx = lim F(U ). −→ x∈U ∈T Bemerkung 5.24. Ein Morphismus geringter Räume (f, f ] ) : (X, OX ) −→ (Y, OY ) induziert für jeden Punkt x ∈ X einen Morphismus von Ringen fx : OY,f (x) −→ OX,x . Sind V, W affine K-Varietäten, ist f : V −→ W ein K-Morphismus und ist x ∈ V , so entspricht fx : OW,f (x) −→ OV,x die Lokalisierung fp]x : K[W ]pf (x) −→ K[V ]px , g f ] (g) 7→ ] . h f (h) Definition 5.25. Ein lokal geringter Raum ist ein geringter Raum (X, OX ), dessen Halme OX,x lokale Ringe sind. Definition 5.26. R, S seien lokale Ringe mit maximalem Ideal mR , bzw. mS . Ein Morphismus von lokalen Ringen von R nach S ist ein Morphismus von Ringen f : R −→ S mit f (mR ) ⊂ mS . Definition 5.27. Seien (X, OX ) und (Y, OY ) lokal geringte Räume. Ein Morphismus lokal geringter Räume von (X, OX ) nach (Y, OY ) ist ein Morphismus von geringten Räumen (f, f ] ), so dass für alle x ∈ X der induzierte Morphismus fx : OY,f (x) −→ OX,x ein Morphismus von lokalen Ringen ist. Bemerkung 5.28. Sind V, W affine oder projektive K-Varietäten und ist f : V −→ W ein K-Morphismus, so sind (V, OV ) und (W, OW ) lokal geringte Räume. Der durch f definierte Morphismus von geringten Räumen (f, f ] ) ist ein Morphismus von lokal geringten Räumen. KAPITEL 5. SCHEMATA 5.2 54 Schemata Bemerkung 5.29. Sei A ein Ring. Wir definieren eine Garbe OSpec(A) von Ringen auf Spec(A). Ist U ⊂ Spec(A) eine offene Teilmenge, so sei OSpec(A) (U ) die Menge aller Funktionen a s : U −→ Ap , p∈U welche für alle p ∈ U die folgenden Bedingungen erfüllen: i) s(p) ∈ Ap ; ii) es gibt Elemente a, f ∈ A, mit p ∈ Spec(A)f , so dass s(q) = a/f ∀q ∈ Spec(A)f . OSpec(A) (U ) ist in natürlicher Weise ein kommutativer Ring mit 1 und für offene Mengen V ⊂ U ⊂ Spec(A) gibt es natürliche Restriktionsabbildungen OSpec(A) (U ) −→ OSpec(A) (V ), welche OSpec(A) zu einem geringten Raum machen. Den geringten Raum (Spec(A), OSpec(A) ) nennen wir das Spektrum von A. Proposition 5.30. Sei A ein Ring und (Spec(A), OSpec(A) ) der zugehörige geringte Raum. Es gibt natürliche Isomorphismen von Ringen ∼ = i) Ap −→ OSpec(A),p für alle p ∈ Spec(A); ∼ = ii) Af −→ OSpec(A) (Spec(A)f ) für alle f ∈ A. Insbesondere ist das Spektrum eines Ringes ein lokal geringter Raum und es gilt OSpec(A) (Spec(A)) ∼ = A. Bemerkung 5.31. Ein Morphismus von Ringen ϕ : A −→ B induziert in natürlicher Weise einen Morphismus von lokal geringten Räumen Spec(ϕ) : (Spec(B), OSpec(B) ) −→ (Spec(A), OSpec(A) ) nämlich durch i) Spec(B) −→ Spec(A), q 7→ ϕ−1 (q); ii) OSpec(A) (V ) −→ Spec(ϕ)∗ OSpec(B) (V ), s 7→ ϕ ◦ s, für V ⊂ Spec(A) offen. Dadurch ist ein Funktor Spec : (Ringe)op −→ (lokal geringte Räume) erklärt. Definition 5.32. Ein lokal geringter Raum (X, OX ) heisst Schema, wenn jeder Punkt p ∈ X eine offene Umgebung U besitzt, so dass (U, OX |U ) isomorph zum Spektrum eines Ringes ist. Ist bereits (X, OX ) ∼ = (Spec(A), OSpec(A) ), so heisst (X, OX ) affines Schema. KAPITEL 5. SCHEMATA 55 Definition 5.33. Sei A ein Ring. Dann heisst das affine Schema AnA := Spec(A[X1, . . . , Xn]) n-dimensionaler, affiner Raum über A. Bemerkung 5.34. Ist (X, OX ) ein Schema und U ⊂ X eine offene Teilmenge, so ist auch (U, OX |U ) ein Schema. Definition 5.35. Seien (X, OX ) und (Y, OY ) zwei Schemata. Ein Morphismus von Schemata von (X, OX ) nach (Y, OY ) ist ein Morphismus von lokal geringten Räumen (f, f ] ) : (X, OX ) −→ (Y, OY ). Z Bemerkung 5.36. Sei R = ⊕n∈N Rn ein positiv -graduierter Ring. Wir definieren eine Garbe OProj(R) von Ringen auf Proj(R). Ist U ⊂ Proj(R) eine offene Teilmenge, so sei OProj(R) (U ) die Menge aller Abbildungen a R(p) , s : U −→ p∈U welche für alle p ∈ U die folgenden Bedingungen erfüllen: i) s(p) ∈ R(p) ; ii) es gibt homogene Elemente vom gleichen Grad a, f ∈ R, mit p ∈ Proj(R)f , so dass s(q) = a/f ∀q ∈ Proj(R)f . OProj(R) ist in natürlicher Weise eine Garbe von Ringen. Proposition 5.37. Sei R = ⊕n∈N Rn ein positiv definierte Garbe von Ringen auf Proj(R). Z-graduierter Ring und OProj(R) die oben i) Für alle p ∈ Proj(R) gibt es einen natürlichen Isomorphismus von Ringen ∼ = R(p) −→ OProj(R),p . ii) Für alle homogenen Elemente f ∈ R+ gibt es einen natürlichen Isomorphismus von lokal geringten Räumen ∼ = (Proj(R)f , OProj(R) |Proj(R)f ) −→ Spec(R(f ) ). iii) (Proj(R), OProj(R) ) ist ein Schema. Definition 5.38. Sei A ein Ring. Dann heisst das Schema PnA := Proj(A[X0, . . . , Xn]) n-dimensionaler projektiver Raum über A. Literaturverzeichnis [1] Atiyah, M.F. und I.G. MacDonald: Introduction to commutative algebra. AddisonWesley, Reading, Massachusetts, 1969. [2] Eisenbud, D.: Commutative algebra: with a view toward algebraic geometry. Springer, Heidelberg, 1995. [3] Eisenbud, D., Harris J.: The geometry of schemes. Springer, New York, 2000. [4] Hartshorne, R.: Algebraic Geometry. Springer, Heidelberg, 1977. [5] Kunz, E.: Einführung in die algebraische Geometrie. Vieweg, Braunschweig, 1997. 56