Nr. 101 | Mittwoch, 4. September 2002 Das Expertenvotum Was die Wahlprogramme der Parteien für die Immobilie bedeuten Immobilien sind nicht nur die wichtigste private Investition, sondern auch die „Visitenkarte“ eines Landes. So wäre anzunehmen, die Immobilienbranche müsste den Politikern im Wahlkampf besonders am Herzen liegen. Die Wahlprogramme der Parteien sehen das aber anders. Zu diesem Ergebnis kommt der Bayreuther Jura-Professor Karl-Georg Loritz, der für Platow die Wahlprogramme von Union, SPD, FDP und Grünen analysiert hat. CDU: Das Wahlprogramm der CDU/CSU widmet der Förderung des Wohnungseigentums breiten Raum. Als Zielsetzung wird vor allem die Förderung des selbstgenutzten Wohnungseigentums genannt. Auch der soziale Wohnungsbau steht auf der Agenda. Größere und bezahlbare Wohnungen für Familien mit Kindern stünden nur zur Verfügung, wenn der Wohnungsbau für Vermieter wirtschaftlich interessant ist. Konkrete Maßnahmen sind: Die Beschränkungen der Verlustverrechnung für den Mietwohnungsbau sollen aufgehoben, die Abschreibungsbedingungen verbessert und die so genannte „Spekulationsfrist“ spürbar verkürzt werden. Ferner will die Union zulassen, einen größeren Erhaltungsaufwand bei vermieteten Objekten steuerlich auf mehrere Jahre zu verteilen. Erfreulicherweise ergibt sich lt. Loritz aus Äußerungen des Kanzlerkandidaten Edmund Stoiber im Wahlkampf, dass die Union nach einem Wahlsieg die Paragraphen 2b und 2 Abs. 3 EStG abschaffen will. Der entscheidende Punkt, dass der Wohnungsbau für den Kapitalanleger auch hinreichend rentabel sein muss, wird erkannt, jedoch immer noch unterbewertet. SPD: Das SPD-Programm fordert „bezahlbaren Wohnraum für Alle“. Auch die SPD will das selbstgenutzte Wohneigentum fördern. Bauen müsse wieder einfacher werden. Kein Wort findet sich im SPD-Programm hingegen zum Thema Förderung der Immobilie als Kapitalanlage. Die Politik der Kohl-Regierung in der frühen Phase des Aufbaus Ost wird als falsch bezeichnet. Dabei stellt sich jedoch die Frage, wie es hätte gelingen sollen, ohne Förderungen in wenigen Jahren den völlig maroden Immobilienbestand in den neuen Bundesländern in moderne Wohn- und Geschäftslandschaften zu verwandeln. Der Immobilien-Kapitalanleger hat von der SPD nichts zu erwarten. Da gerade Familien mit Kindern in Deutschland immer weniger in der Lage sind, selbst Wohnungen und Häuser zur Eigennutzung zu erstellen oder zu erwerben, geht ohne den Kapitalanleger nichts. Die SPD hat dies nicht erkannt. FDP: In ihrem Wahlprogramm fordert die FDP, die „steuerliche Fehlgeburt“ Bauabzugssteuer abzuschaffen. Auch die Liberalen fordern „Wohneigentum für Alle“. Ebenso wie die CDU/CSU will die FDP das Wohneigentum gleichberechtigt neben anderen Anlagemöglichkeiten in die Förderung der privaten Altersvorsorge einbeziehen. Erfreulich ist die Forderung nach „Entbürokratisierung und Änderung“ des Mietrechts. Der klassische soziale Wohnungsbau wird als Relikt der 50er Jahre und als zu teuer, zu ineffizient und nicht zielgenau gegeißelt. Für Loritz sind das richtige Maßnahmen, leider kommt der Kapitalanleger als wichtigster Part der Immobilienwirtschaft auch hier zu kurz. Bündnis 90/Die Grünen: Das Wahlprogramm der Grünen setzt sich für eine nachhaltige Entwicklung der Städte und Regionen ein. Die Eigenheimzulage soll reformiert, die Eigentumsbildung im Siedlungsbestand deutlich besser gestellt, die Neubauförderung regional differenziert und neue Wohnungsgenossenschaften verstärkt gefördert werden. Eine Reform der Grundsteuer soll gleichzeitig „Anreize zum sparsamen Umgang mit Boden geben und Baupotenziale im Siedlungsbestand mobilisieren“. Im Klartext bedeutet dies eine Anhebung der Grundsteuer! Loritz-Fazit: Die Immobilienwirtschaft genießt bei den Parteien offenbar nur begrenztes Interesse. Insbesondere gilt dies für den Kapitalanleger, ohne den in dieser Branche aber keine relevanten Kapitalströme zu bewegen sind. In ihren Programmen konzentrieren sich die Parteien vor allem auf die Förderung der eigengenutzten Wohnimmobilie. Die Vorhaben der SPD sind wenig operational und als Wahlziel nicht kontrollierbar. In keinem Wahlprogramm findet sich z. B. etwas darüber, wie das Grundübel, die grobe Unzuverlässigkeit der Finanzverwaltung, zu beseitigen sei. Das wenig praktikable Urteil des 9. Senats zum sofort abzugsfähigen Erhaltungsaufwand und vor allem die Urteile des 4. und 8. Senats zum Verbot des Werbungskostenabzugs bei geschlossenen Fonds sind zu korrigieren. ▲ Offene Immobilienfonds Auslandsanteil hat sich seit 1990 auf 36% verfünfzigfacht ▲ Das 4. Finanzmarktförderungsgesetz hat zahlreiche bislang bestehende Barrieren für Investitionen in außereuropäische Märkte beseitigt. Der Trend zu Auslandsinvestments kann dadurch weiteren Schub bekommen. Grund für einen Blick zurück: Von den zehn im Jahre 1990 bestehenden offenen Immobilienfonds investierten gerade einmal zwei im Ausland. Sie legten damals nur 0,66% ihres Immobilienvermögens international an. Der Anteil stieg auf 35,78% in 2001. Lediglich der iii-Fonds Nr. 1 und der Aachener Grundfonds legen ihre Mittel weiterhin ausschließlich in Deutschland an. Dies ergab eine von der Berliner Dr. ZitelmannPB.GmbH durchgeführte Umfrage. Die Zunahme des Auslandsanteils des Immobilienvermögens verlief bei den einzelnen Immobilienfonds unterschiedlich. Der DEGI-Grundwert-Fonds (Allianz Dresdner Immobiliengruppe) veränderte den Anteil seines ausländischen Immobilienbestandes seit Anfang der 90er Jahre kontinuierlich um 1 bis 5 Prozentpunkte p.a. Hans Brauwers, DEGI-Geschäftsführer, sieht im Platow-Backgroundgespräch auch aktuell im Ausland gute Investmentperspektiven mit deutlich höheren Mietanfangsrenditen als in Deutschland bei vergleichbarer Immobilien- und Risikostruktur. Bei anderen Fonds kam es zu einer schnelleren Erhöhung des Auslandsanteils. Der zum Teil sprunghafte Anstieg des Immobilienvermögens im Ausland war eine Reaktion der Fondsmanager auf den hohen Mittelzufluss der Jahre 1993, 1996 und 1999. Fehlende deutsche Investmentmöglichkeiten waren damals neben höheren Mietrenditen ein wesentliches Motiv für einen ersten Schritt ins Ausland. Die einzelnen Fonds unterscheiden sich allerdings auch heute noch stark. Der Deka ImmobilienFonds investierte im Jahr 2001 ca. 26% im Ausland. CS-Euroreal hat einen Auslandsanteil von 57%. Fast drei Viertel sind es mit 71,5% bei der CGI-Haus-Invest. Der grundbesitz-global der DB Real Estate (aufgelegt im Jahr 2000) erwirbt sogar ausschließlich ausländische Objekte. ZitelmannPB ermittelt einen engen positiven Zusammenhang zwischen Wertentwicklung/Fondsperformance und Auslandsanteil und wertet das Auslandsinvestment rein positiv. Dies mag im aktuellen Zahlenwerk durchaus noch stimmen. Wir fragen uns aber, inwieweit Wertentwicklungsperspektiven, Immobilienqualität, Lebensdauer und Vermietungsrisiken hier bereits eingeflossen sind. Im Vergleich zu den deutschen Beständen sind die Auslandsbestände nämlich noch jung. Hier sind erst Erfahrungen zu sammeln. Gleichzeitig ist zu berücksichtigen, dass deutsche Immobilien seit 1990 im Vergleich zum Ausland nur sehr schwach performed haben. Zu denken gibt die Wertentwicklung des ältesten Europa-Fonds Deka ImmobilienEuropa, der trotz eines sehr hohen Auslandsanteils (80,6%) nur die 13. Position in der Wertentwicklungsrangliste einnahm (5,5% Wertentwicklung). Andererseits hat der DIFA-Fonds Nr.1, welcher die drittbeste Wertentwicklung aufwies (6,1%), nur einen Auslandsanteil am Immobilienvermögen von 29,5%. Nach dem Hochwasser 40% der Büroflächen in Dresdener Altstadt von der Flut betroffen Meist können die Eigentümer aufatmen. Viele Hoffnungen von Vermietern leer stehender Gebäude, die Büroflutopfer würden bei ihnen Unterschlupf suchen, sind aber auch abgeflossen. Anders als übrigens in London, wo die Terroranschläge der frühen 90er Jahre Canary Wharf (Docklands) gerettet und zu einem heute interessanten Büround Wohnviertel gemacht haben. Dr. Lübke GmbH hat nach der Flutkatastrophe eine erste Bestandsaufnahme zum Dresdener Büroimmobilienmarkt gemacht. In der Altstadt sind indirekt etwa 100 000 qm von dem Hochwasser betroffen. Meist sind sie auf Grund von Strom- und Wasserausfall nicht betriebsfähig. Der größte Teil der Büroflächen wird deshalb schon bald wieder nutzbar sein. Nur wenige Büroflächen haben durch das Hochwasser direkt und nachhaltig Schaden genommen. Meist sind es Tiefgaragen, Lager und erdgeschossige Verkaufs- und Serviceflächen. Härter traf es die Projekt-Entwicklungen im Bau. So standen zum Beispiel mehrere Projekte am „Wiener Platz“ unter Wasser, wie etwa das geplante Büro- und Geschäftshaus der Oelschläger Immobilien GmbH mit einer Bruttogeschossfläche von 17 000 qm, das geplante Einkaufszentrum der Multi Development Corporation Niederlande (MDC) mit einer Bruttogeschossfläche von 45 000 qm sowie der geplante Büroneubau der DBM Holding mit etwa 16 500 qm BGF. Die Realisierung dieser Projekte wird sich lt. Dr. Lübke um mehrere Monate hinauszögern. Neubauprojekte am „Neumarkt“ und am „Altmarkt“ sind von dem Hochwasser weitgehend verschont geblieben. Auf viele Vermieter können je nach Versicherung erhebliche Kosten zukommen. Auch wenn im gewerblichen Bereich oft von der gesetzlichen Regelung, dass der Vermieter für die Instandsetzung der Mietsache verantwortlich ist, abgewichen wird, ist der Eigentümer bei höherer Gewalt für die Schadenbeseitigung am Mietobjekt regelmäßig verantwortlich. ▲ Verbandsgutachten Der neue Bauherrenerlass ist auf Medienfonds nicht anwendbar ▲ Naturgemäß anderer Ansicht als die Finanzverwaltung und die überwiegende Mehrheit aller uns bekannten Steuerfachleute und Praktiker ist der Verband Deutsche Medienfonds. Er sieht seine Mitglieder durch die neue Regelung des „Bauherrenerlasses“, den die Finanzverwaltung auch auf Medienfonds anwenden will, nicht betroffen. Ein VerbandsGutachten zu Fragen der steuerlichen Behandlung von Medienfonds stellt fest, „dass der Paragraph 42 Abgabenordnung (Gestaltungsmissbrauch) schon deshalb nicht auf Medienfonds angewandt werden könne, da die Anbieter keine Steuervorgaben umgehen, sondern sich akribisch daran halten.“ In diesem Fall gelte Paragraph 5 Abs. 2 EStG, der ein Aktivierungsverbot von immateriellen Vermögenswerten - hierzu zählen Filmproduktionskosten - zum Inhalt hat. Ferner sei, so das Gutachten, das geplante fiktive Abstellen auf den einzelnen Anleger statt wie bisher auf den Fonds eine Durchbrechung der Steuersystematik. Insgesamt bemängelt der Verband die Steuerverunsicherung, die durch den aktuellen Erlass-Entwurf des Finanzministeriums entstanden ist. Die Anbieter seien derzeit nicht in der Lage, neue Projekte zu planen. Hieran ändere auch eine Übergangsregel bis zum Jahresende nichts. Auch wenn die Verbandsmeinung steuersystematisch sicherlich richtig ist, dürfte am Ende die Finanzverwaltung am längeren Hebel sitzen. Das Neueste in Kürze Berlin: Die Deutsche BP hat für ihre Hauptstadtrepräsentanz über Jones Lang LaSalle in Top-Lage am Pariser Platz 3, im Gebäude der DZ Bank (Architekt: Frank O. Gehry) ca. 400 qm für 43,50 Euro angemietet. Das ist der höchste Mietpreis, der in Berlin in den ersten beiden Quartalen 2002 bezahlt wurde. + + + Die Olymp + Hades Textil GmbH mietete einen rd. 1 200 qm großen Flagship Store in der Wilmersdorfer Straße 124 (Eigentümer DIV) in BerlinCharlottenburg über die Retail-Berater von Atis Real Müller (ARM). Vormieter des Ladenlokals waren Hennes & Mauritz, die in die Wilmersdorfer Straße 115/116 umgezogen sind. + + + Ebenfalls in Charlottenburg vermietete ARM einen knapp 1 600 qm großen Bowlingbahnbetrieb am Kaiserdamm 80/81. ▲ Köln: Mehr als 2 000 qm Bürofläche mietete die CAP GmbH in einem Neubau am Sachsenring über Atis Real Müller. Das neu gegründete Unternehmen ist ein Zusammenschluss der Deutschen Telekom und Karstadt. Der Eigentümer des damit komplett vermieteten Bürogebäudes ist ein Kölner Privatinvestor. ▲