Habilitationsvortrag (Eichtheorien und das Standardmodell der

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Das Standardmodell
Eichtheorien – geometrisch und physikalisch
Beispiele
Eichtheorien und das Standardmodell der
Elementarteilchenphysik
Mark Hamilton
21. Juli 2014
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Das Standardmodell
Eichtheorien – geometrisch und physikalisch
Beispiele
Inhaltsverzeichnis
1
Das Standardmodell
2
Eichtheorien – geometrisch und physikalisch
3
Beispiele
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Das Standardmodell
Eichtheorien – geometrisch und physikalisch
Beispiele
Das Standardmodell
Das Standardmodell ist die erfolgreichste Theorie der
Elementarteilchenphysik. Die Vorhersagen wurden in
zahlreichen Experimenten an Teilchenbeschleunigern bestätigt.
Es beschreibt alle bekannten elementaren Wechselwirkungen
zwischen Elementarteilchen, bis auf die Gravitation.
Die mathematische Grundlage des Standardmodells ist eine
Eichtheorie, die auf der Symmetriegruppe
U(1) × SU(2) × SU(3) basiert.
Die Teilchen des Standardmodells bestehen aus drei
Generationen von Fermionen (Elektron, Neutrino, Quarks,
etc.), den Eichbosonen (Photon, Gluonen, etc.), welche die
Wechselwirkung unter den Fermionen vermitteln und dem
Higgs-Boson, das ein Teil des Higgs-Feldes ist, welches den
Fermionen und einigen der Eichbosonen eine Masse verleiht.
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Das Standardmodell
Eichtheorien – geometrisch und physikalisch
Beispiele
Die Teilchen des Standardmodells
Abbildung: Die Elementarteilchen des Standardmodells
(aus: en.wikipedia.org)
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Das Standardmodell
Eichtheorien – geometrisch und physikalisch
Beispiele
Geschichte
1940er Jahre: Entwicklung der Quantenelektrodynamik.
1954: Yang und Mills entwickeln nicht-abelsche Eichtheorie.
1956: Lee, Wu und Yang entdecken Chiralität der schwachen
Wechselwirkung.
1961: Glashow vereinigt elektromagnetische und schwache
Wechselwirkung.
1964: Gell-Mann und Zweig postulieren Existenz von Quarks.
1964: Higgs und andere entwickeln den Higgs-Mechanismus.
1967: Salam und Weinberg kombinieren Glashows Modell mit
dem Higgs-Mechanismus.
1972: t’Hooft und Veltman beweisen Renormierbarkeit der
elektroschwachen Wechselwirkung.
1973-74: Entwicklung der Quantenchromodynamik.
Mehrere Nobelpreise für Entwicklung des Standardmodells (unter
anderem 1979 für Glashow, Salam und Weinberg, 1999 für t’Hooft und
Veltman sowie 2013 für Higgs und Englert).
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Das Standardmodell
Eichtheorien – geometrisch und physikalisch
Beispiele
Eichtheorien als Feldtheorien
Eichtheorien sind Feldtheorien, die zwei Arten von Symmetrien
haben:
Lorentzinvarianz
Eichinvarianz
Wir werden im Folgenden zwei Modelle für Eichtheorien
beschreiben:
Geometrisches Modell, in dem die Symmetrien implizit sind
Physikalisches Modell, in dem die Symmetrien explizit sind.
Außerdem beschreiben wir den Übergang vom geometrischen zum
physikalischen Modell. Wir werden nur die klassische Feldtheorie
beschreiben, insbesondere die Lagrangedichte. In der Physik wird
die Feldtheorie quantisiert (Quantenfeldtheorie), wobei von der
Lagrangedichte ausgehend die Feynman-Regeln abgeleitet werden.
Die Elementarteilchen entsprechen Quanten, d.h. minimalen
Anregungen der Felder.
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Das Standardmodell
Eichtheorien – geometrisch und physikalisch
Beispiele
Bündel
Eichtheorien werden geometrisch in der Sprache der Bündel über
Mannigfaltigkeiten formuliert, insbesondere mit Prinzipalbündeln
und Vektorbündeln (Spinorbündel, assoziierte Bündel). Es gilt
dabei folgende fundamentale Tatsache:
Bemerkung
Alle Bündel über M = R4 sind trivial, d.h. ein Produkt M × Σ aus
der Basis M und der Faser Σ, da R4 zusammenziehbar ist. Sie sind
aber nicht kanonisch trivial. Mit anderen Worten: Es gibt
Trivialisierungen, aber im allgemeinen ist keine von ihnen
ausgezeichnet.
Damit ähneln Bündel anderen mathematischen Objekten. Zum
Beispiel hat jeder Vektorraum eine Basis, aber im allgemeinen keine
ausgezeichnete. In der Physik wählt man in der Formulierung oft
Trivialisierungen und die (geometrische) Unabhängigkeit von der
Wahl einer solchen zeigt sich dann in Invarianzen und Symmetrien.
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Das Standardmodell
Eichtheorien – geometrisch und physikalisch
Beispiele
Das geometrische Modell
Das geometrische Modell einer Eichtheorie besteht aus folgenden
Daten:
1
Die Raumzeit (M, η), eine differenzierbare Mannigfaltigkeit
mit einer Metrik der Signatur (+, −, . . . , −), und das
Spinorbündel S über M.
2
Die Eichgruppe G, eine kompakte, halbeinfache Liegruppe.
3
Das Eichbündel P → M, ein G-Prinzipalbündel.
4
Eine unitäre Darstellung G × V → V auf einem komplexen
Vektorraum V .
5
Das assoziierte Bündel E = P ×G V .
6
Das Fermionenbündel oder Multiplettbündel F = S ⊗ E .
7
Das Eichbosonenfeld, ein Zusammenhang A auf dem
Prinzipalbündel P mit Krümmung FA .
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Das Standardmodell
Eichtheorien – geometrisch und physikalisch
Beispiele
Spinorbündel
Das Spinorbündel ist ein gewisses komplexes Vektorbündel
über der Mannigfaltigkeit M (es existiert, falls M spin ist).
Auf dem Spinorbündel existiert eine Clifford-Multiplikation
TM × S → S, (v , ψ) 7→ v · ψ,
so dass
v · (v · ψ) = −2η(v , v )ψ.
Ist (M, η) =
dann ist S ∼
= M × C4 nach Wahl
eines Inertialsystems.
In diesem Fall ist die Clifford-Multiplikation mit einem
Basisvektor eµ in einem Inertialsystem gegeben durch
Multiplikation eines Spinors in C4 mit iγµ , wobei γµ gewisse
4 × 4-Dirac-Matrizen sind, die
(R4 , ηMink ),
{γµ , γν } = γµ γν + γν γµ = 2ηµν Id
erfüllen.
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Beispiele
Prinzipalbündel
Ein G-Prinzipalbündel ist eine Mannigfaltigkeit P mit einer
Projektion π : P → M und einer Wirkung P × G → P, so dass
gilt:
1
2
Jede Faser von P ist diffeomorph zu G und die Wirkung von G
erhält die Fasern und ist auf ihnen einfach transitiv.
P ist über kleinen offenen Mengen U in M von der Form
U × G. Mit anderen Worten, P ist lokal trivial.
Ist (M, η) = (R4 , ηMink ), dann ist P global trivial. In diesem
Fall gilt P ∼
= M × G, zusammen mit der Standardwirkung von
G.
Es ist wichtig, dass diese Trivialisierung nicht kanonisch ist:
Eine Trivialisierung ist gegeben durch einen globalen Schnitt
s : M → P. Jedes Element von P erhält man dann durch
s(x ) · g, für x ∈ M.
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Eichtheorien – geometrisch und physikalisch
Beispiele
Eichung
Definition (Eichung)
Wir nennen einen globalen Schnitt s des Prinzipalbündels P eine
Eichung. Jede Eichung definiert eine Trivialisierung von P.
Der Begriff der Eichung ist von zentraler Bedeutung in der
Eichtheorie (Standardbegriff?). Er spielt dieselbe Rolle wie der
Begriff des Inertialsystems für die Relativitätstheorie. In beiden
Fällen gibt es eine Mannigfaltigkeit, die in gewissem Sinne trivial
ist, für die es aber keine bevorzugte Trivialisierung gibt. Der
Wechsel zwischen zwei Trivialisierungen wird durch Lorentz–
bzw. Eichtransformationen beschrieben. Die Wahl einer Eichung ist
die Wahl eines Koordinatensystems. Eichinvarianz wird später
bedeuten: Unabhängigkeit von der Wahl einer Eichung.
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Das Standardmodell
Eichtheorien – geometrisch und physikalisch
Beispiele
Assoziierte Bündel
Sei G × V → V eine Darstellung. Dann operiert G auf P × V von
rechts durch
(p, v ) · g = (p · g, g −1 · v ).
Das assoziierte Bündel ist der Quotient
E = (P × V )/G = P ×G V .
Es ist ein Vektorbündel über M mit Faser isomorph zu V .
Ist (M, η) = (R4 , ηMink ), dann ist E trivial, E ∼
= M × V.
Eine Trivialisierung ist nicht kanonisch, sondern durch
eine Eichung gegeben: Ist s : M → P eine Eichung, dann
entsprechen Schnitte Φ : M → E gerade Abbildungen
φ : M → V , durch
Φ = [s, φ].
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Beispiele
Fermionenbündel
Das Fermionenbündel F ist gegeben durch F = S ⊗ E . Sei
(M, η) = (R4 , ηMink ). Wir wählen ein Inertialsystem und eine
Eichung s : M → P. Sei r die komplexe Dimension des
Darstellungsraumes V . Dann ist ein Schnitt Ψ in F gegeben durch
ψ1
 .. 
Ψ =  . ,
ψr


wobei jede Komponente ψi : M → C4 ein Spinor ist. Ein Fermion,
d.h. ein Schnitt in F , wird also durch einen Vektor beschrieben, der
r Komponenten hat, von denen jede ein Spinor ist (Multiplett).
Die Darstellung von G ”mischt” diese Komponenten.
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Beispiele
Zusammenhang und Krümmung I
Ein Zusammenhang A auf dem Prinzipalbündel P ist eine gewisse
invariante 1-Form auf P mit Werten in der Liealgebra g. Die
Krümmung von A ist definiert durch
1
FA = dA + [A, A].
2
Hier ist der Kommutator in g zu nehmen. Die Krümmung FA ist
eine 2-Form auf P mit Werten in g.
Man kann die Krümmung als 2-Form auf der Basis M mit Werten in dem
assoziierten Bündel
Ad(P) = P ×G g,
das durch die adjungierte Wirkung definiert wird, auffassen. Die Differenz
zweier Zusammenhänge ist eine 1-Form auf M mit Werten in diesem
Bündel. Man sagt deshalb, dass Eichbosonen in der adjungierten
Darstellung der Eichgruppe G transformieren.
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Beispiele
Zusammenhang und Krümmung II
Sei (M, η) = (R4 , ηMink ) und s : M → P eine Eichung. Dann
definiert das Differential von s die folgenden Formen auf M mit
Werten in der Liealgebra g:
A = A ◦ ds
F A = F(ds(·), ds(·)).
Mit
Aµ = A(eµ ),
A
Fµν
= F A (eµ , eν )
gilt die fundamentale Gleichung
Krümmung
A = ∂ A − ∂ A + [A , A ].
Fµν
µ ν
ν µ
µ
ν
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Eichtheorien – geometrisch und physikalisch
Beispiele
Kovariante Ableitung
Jeder Zusammenhang A auf P definiert eine kovariante Ableitung
∇A auf dem assoziierten Bündel E : Sei (M, η) = (R4 , ηMink ) und
s : M → P eine Eichung. Dann wird jeder Schnitt Φ in E durch
eine Abbildung φ : M → V beschrieben, so dass
Φ = [s, φ].
In einem Inertialsystem ist die entsprechende kovariante Ableitung
Kovariante Ableitung
∇A
µ φ = ∂µ φ + Aµ φ.
Auf der rechten Seite wirkt die g-wertige Funktion Aµ auf der
V -wertigen Funktion φ durch die Darstellung der Gruppe G.
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Beispiele
Eichfelder
Sei n die Dimension von G. Wählt man eine Basis T a von g, mit
a = 1, . . . , n, dann kann man schreiben
Aµ = Aaµ T a
(Einstein Summenkonvention).
Der Zusammenhang Aµ entspricht dadurch über die Lorentzmetrik
n Vektorfeldern
A1µ , A2µ , . . . , Anµ
auf M.
Diese Vektorfelder beschreiben die Eichbosonen. Es gibt also
genau dim(G)-viele Eichbosonen in der Eichtheorie.
Die analoge kovariante Ableitung auf F = S ⊗ E beschreibt
die Kopplung der Eichbosonen an die Fermionen (Fermionen
wechselwirken mit dem Eichfeld und dadurch indirekt
miteinander, Emission/Absorption von Eichbosonen).
Der Term [Aµ , Aν ] beschreibt die Wechselwirkung der
Eichbosonen untereinander in nicht-abelschen Eichtheorien.
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Das Standardmodell
Eichtheorien – geometrisch und physikalisch
Beispiele
Dirac-Operator
Die kovariante Ableitung ∇A auf E definiert mit dem
Spinorzusammenhang ∇S auf dem Spinorbündel S eine kovariante
Ableitung ∇F auf dem Fermionenbündel F = S ⊗ E . Diese definiert
mit der Clifford-Multiplikation einen getwisteten Dirac-Operator
D A : C ∞ (S ⊗ E ) −→ C ∞ (S ⊗ E ).
Wir brauchen nur die Formel für (M, η) = (R4 , ηMink ): Sei
s : M → P eine Eichung. Dann gilt in einem Inertialsystem
Dirac-Operator
ψ1
 .. 
für Ψ =  .  .
ψr

µ
D A Ψ = iγ µ ∇A
µ Ψ = iγ (∂µ + Aµ )Ψ,

Die Dirac-Matrizen γµ wirken hier auf jeder 4-Spinor Komponente
ψi , die Eichfelder Aµ auf den r Komponenten von Ψ.
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Eichtheorien – geometrisch und physikalisch
Beispiele
Lagrangedichte I
Wir können jetzt die Lagrangedichte L der Eichtheorie aufstellen.
Die Lagrangedichte ist eine reellwertige Funktion auf M. Sie ist
gegeben durch
L = LFermion + LYM
mit
LFermion = hΨ, (D A − m)Ψi
c
LYM = 2 FA · FA .
4g
Hier ist h· , ·i ein hermitesches Skalarprodukt auf F = S ⊗ E , m die
Masse des Fermions, c eine von der Gruppe G abhängige
Konstante, g die Kopplungskonstante und · ein Skalarprodukt
auf den Ad(P)-wertigen 2-Formen auf M.
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Beispiele
Lagrangedichte II
Wir können die Lagrangedichte auch für (M, η) = (R4 , ηMink )
formulieren. Wir wählen eine Eichung s : M → P und ein
Inertialsystem. Dann gilt
LFermion = Ψ̄(iγ µ ∇A
µ − m)Ψ
1
1
Aa
A
LYM = 2 F Aaµν Fµν
= 2 tr(F Aµν Fµν
).
4g
2g
Hier ist Ψ̄ = Ψ† γ 0 , damit Terme wie
Ψ̄Ψ und Ψ̄γ µ ∇A
µΨ
als Skalar transformieren. Außerdem wählen wir eine Basis T a der
Matrixalgebra g, so dass tr(T a T b ) = 12 δ ab ist. Dann schreiben wir
A
Aa a
Fµν
= Fµν
T .
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Das Standardmodell
Eichtheorien – geometrisch und physikalisch
Beispiele
Das physikalische Modell
Das physikalische Modell ist gerade durch diese zweite
Lagrangedichte gegeben. Es soll folgende Symmetrien haben:
Definition (Lorentzinvarianz)
Die Lagrangedichte ist unabhängig von der Wahl des
Inertialsystems.
Definition (Eichinvarianz)
Die Lagrangedichte ist unabhängig von der Wahl der Eichung.
Es ist klar, dass die Lagrangedichte lorentzinvariant ist. Wir
müssen nur die Eichinvarianz überprüfen.
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Eichtheorien – geometrisch und physikalisch
Beispiele
Eichinvarianz I
Seien s, s 0 : M → P zwei Eichungen. Dann gibt es eine
Eichtransformation U : M → G, so dass s = s 0 · U. Ist Φ ein
Schnitt in E , dann wird Φ beschrieben durch φ, φ0 : M → V mit
Φ = [s, φ] = [s 0 , φ0 ].
Es gilt daher φ0 = U · φ. Der Zusammenhang A wird in den
Eichungen durch 1-Formen A, A0 auf M beschrieben mit
A = A ◦ ds,
A0 = A ◦ ds 0 .
Man rechnet nach (für eine Matrixgruppe G):
A0µ = U · Aµ · U −1 + U · ∂µ (U −1 ).
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Das Standardmodell
Eichtheorien – geometrisch und physikalisch
Beispiele
Eichinvarianz II
Es folgt
0
0
A
−1
· φ0 )
∇A
µ φ = U · ∇µ (U
0
A
A
Fµν
= U · Fµν
· U −1 .
Aus diesen Gleichungen folgt die Eichinvarianz der Lagrangedichten
LFermion und LYM (für LFermion geht ein, dass die Darstellung von
G auf V unitär ist).
Satz
Die Lagrangedichte L = LFermion + LYM ist eichinvariant.
Das war aus der geometrischen Formulierung implizit klar.
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Das Standardmodell
Eichtheorien – geometrisch und physikalisch
Beispiele
Normierte Eichfelder
Oft verwendet man in der Physik die normierten Eichfelder
1
Aµ
ig
1 A
.
= Fµν
ig
Wµ =
W
Fµν
Dann gilt
W
Fµν
= ∂µ Wν − ∂ν Wµ + ig[Wµ , Wν ]
∇W
µ φ = ∂µ φ + igWµ φ
i
Wµ0 = UWµ U −1 − U∂µ (U −1 )
g
1
W
LYM = − tr(F W µν Fµν
).
2
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Das Standardmodell
Eichtheorien – geometrisch und physikalisch
Beispiele
Beispiele
In diesem Abschnitt beschreiben wir einige Beispiele für
Eichtheorien sowie das Standardmodell der
Elementarteilchenphysik. In jedem Beispiel geben wir insbesondere
die Liegruppe G und
den Vektorraum V
an. Die Darstellung von G auf V hängt von gewissen (rationalen)
Zahlen ab, die Ladungen heißen.
Beispiel (Ladungen)
Die Quantenelektrodynamik hat Eichgruppe U(1). Die Ladung Q
heißt elektrische Ladung. Die elektroschwache Wechselwirkung hat
Eichgruppe U(1)Y × SU(2)L . Die Ladungen heißen schwache
Hyperladung Y und schwacher Isospin T3 . Es gilt Q = T3 + Y2 .
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Eichtheorien – geometrisch und physikalisch
Beispiele
QED
Das einfachste Beispiel ist die Quantenelektrodynamik (QED).
Es ist
G = U(1) (abelsch). Die 1-Form Wµ hat Werte in u(1) ∼
= R,
ist also nach Wahl einer Basis von R eine gewöhnliche
1-Form. Das Eichfeld Wµ heißt Photon. Die Krümmung Fµν
wird als Feldstärke aufgefaßt.
V = C. Daher ist F = S ⊗ E = S, d.h. Fermionen werden
durch 4-Komponenten-Spinoren Ψ beschrieben.
Es gilt g = e (Elementarladung).
Häufig schreibt man Aµ statt Wµ . Es gilt
L = LFermion + LYM
1
= Ψ̄(iγ µ ∇µ − m)Ψ − F µν Fµν
4
mit ∇µ = ∂µ + iqAµ (Ladung q) und Fµν = ∂µ Aν − ∂ν Aµ .
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Eichtheorien – geometrisch und physikalisch
Beispiele
QCD I
Das nächste Beispiel ist die Quantenchromodynamik (QCD).
Sie beschreibt die starke Wechselwirkung der Quarks. Es ist
G = SU(3). Das Eichfeld Wµ hat dim(SU(3)) = 8
Komponenten (Gluonen). Da die Gruppe nicht-abelsch ist,
gibt es eine Wechselwirkung der Gluonen untereinander.
V = C3 mit der Standarddarstellung. Ein Quark (Schnitt in
F = S ⊗ E ) ist von der Form


qr
 gf 
qf =  qf  ,
qfb
wobei f = u, d, c, s, t, b eines von sechs Flavours, r , g, b eine
der drei Farben (rot, grün, blau) und qfi ein
4-Komponenten-Spinor ist. Die Gruppe SU(3) mischt die
Farben.
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Das Standardmodell
Eichtheorien – geometrisch und physikalisch
Beispiele
QCD II
Die Bezeichungen “Farbe” und damit “Quantenchromodynamik”
kommen von der Dreiheit der Grundfarben und dass man immer
nur weiße Kombinationen in der Natur beobachtet (color
confinement). Man schreibt häufig Gµ statt Wµ . Es gilt
L = LFermion + LYM
=
X
f
1
q¯f (iγ µ ∇µ − mf )qf − tr(F µν Fµν )
2
mit
∇µ = ∂µ + igGµ
Fµν = ∂µ Gν − ∂ν Gµ + ig[Gµ , Gν ].
Die Emission eines Gluons kann die Farbe eines Quarks ändern, anders als
die Emission eines Photons die elektrische Ladung.
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Das Standardmodell
Eichtheorien – geometrisch und physikalisch
Beispiele
Chiralität
Jeder 4-Komponenten-Spinor Ψ (Dirac-Spinor) über einer
4-Mannigfaltigkeit M mit einer Lorentzmetrik zerfällt in die direkte
Summe von zwei 2-Komponenten-Spinoren (Weyl-Spinoren) ΨR
und ΨL ,
!
ΨR
,
Ψ=
ΨL
die Eigenvektoren unter dem Chiralitätsoperator γ 5 = iγ 0 γ 1 γ 2 γ 3
(Orientierung) zu den Eigenwerten ±1 sind (rechts- und
linkshändige Spinoren). In den bisherigen Beispielen
transformieren rechts- und linkshändige Spinoren in derselben
Darstellung der Eichgruppe, weswegen man sie zu einem
4-Komponenten-Spinor zusammenfassen kann. Die
elektroschwache Wechselwirkung dagegen ist eine chirale
Eichtheorie – rechts- und linkshändige Spinoren transformieren in
verschiedenen Darstellungen der Eichgruppe.
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Das Standardmodell
Eichtheorien – geometrisch und physikalisch
Beispiele
Elektroschwache Wechselwirkung I
G = U(1)Y × SU(2)L . Man schreibt Bµ für das Eichboson, das
zu U(1)Y gehört (mit Kopplungskonstante g 0 ) und Wµ für die
Eichbosonen, die zu SU(2)L gehören (Kopplungskonstante g).
Die Darstellungen von G unterscheiden zwischen rechts- und
linkshändigen Spinoren. Für linkshändige Spinoren ist
V = C2 mit der Standarddarstellung von SU(2). Die
Fermionen sind von der Form
νeL
eL−
!
,
uL
dL0
!
.
Hier ist νe das Elektron-Neutrino, e − das Elektron, u das
Up-Quark und d das Down-Quark. Analoge Doublets gibt es
für die anderen Generationen. Jede Komponente ist ein
linkshändiger 2-Komponenten-Spinor. Der Isospin ist T3 = ± 12 .
Die Hyperladung ist Y = −1 (Leptonen) bzw. Y = 13 (Quarks).
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Das Standardmodell
Eichtheorien – geometrisch und physikalisch
Beispiele
Elektroschwache Wechselwirkung II
Für die linkshändigen Quarks gilt




dL
d0


 L0 
s
=
V
·
 sL 
 L 
bL
bL0
mit der sogenannten CKM-Matrix V . Ein Quark von Typ uL
kann so über die schwache Wechselwirkung zu verschiedenen
Quarks von Typ dL werden und umgekehrt (Änderung des
Flavours, β-Zerfall d → u + e − + ν̄e ).
Für rechtshändige Spinoren ist V = C mit der trivialen
Darstellung von SU(2). Die Fermionen sind rechtshändige
2-Komponenten-Spinoren von der Form
eR− , uR , dR
(mit T3 = 0 und Y = −2, 43 , − 23 ).
Es wurde kein rechtshändiges Neutrino beobachtet (steril).
Analoge Singlets gibt es für die anderen Generationen.
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Das Standardmodell
Eichtheorien – geometrisch und physikalisch
Beispiele
Das Higgs-Feld I
Es gibt zwei Probleme:
In chiralen Theorien sind nur Massenterme mit m = 0 in der
Lagrangedichte eichinvariant. Alle Fermionen bis auf die
Neutrinos haben aber eine Masse ungleich Null.
In Eichtheorien haben die Eichbosonen Masse Null. Man
beobachtet aber, dass die Eichbosonen W ± , Z 0 der
schwachen Wechselwirkung eine Masse ungleich Null haben.
Lösung: Die Fermionen und Eichbosonen haben “an sich” Masse
Null und bekommen eine Masse erst durch Wechselwirkung mit
einem skalaren Feld (Higgs-Feld). Dieses Feld hat als einziges
einen Vakuum-Erwartungswert ungleich Null (das Vakuum mit
Higgs-Feld gleich Null ist instabil). Da das Feld im Vakuum einen
Wert ungleich Null hat, ist das Vakuum nur noch unter einer
Untergruppe U(1)em von U(1)Y × SU(2)L invariant (spontane
Symmetriebrechung). Außerdem entsteht ein weiteres Teilchen,
das Higgs-Boson, mit Masse ungleich Null.
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Das Standardmodell
Eichtheorien – geometrisch und physikalisch
Beispiele
Das Higgs-Feld II
Die Lagrangedichte des Higgs-Feldes φ =
φ1
φ2
!
ist:
1
1
1
L = (∇µ φ)† (∇µ φ) − V (φ), mit V (φ) = − µφ† φ + λ(φ† φ)2 .
2
2
2
Das Minimum des Potentials (Vakuum) liegt bei v = |φ| =
Die Masse der Fermionen und schwachen Eichbosonen sind
√
proportional zu v . Die Masse des Higgs-Bosons ist µ.
q
µ
2λ .
Abbildung: Das Potential V (φ) des Higgs-Feldes
(aus: en.wikipedia.org)
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Das Standardmodell
Eichtheorien – geometrisch und physikalisch
Beispiele
Weitere Themen
Feldquantisierung, Störungstheorie: freie Felder →
wechselwirkende Felder (Pfadintegrale, Feynman-Diagramme,
Renormierung).
Grand Unified Theories (SU(5) → U(1) × SU(2) × SU(3),
Protonzerfall p → e + + 2γ).
Supersymmetrie, Minimal Supersymmetric Standard Model
(MSSM, Superpartner: Squark, Slepton, Gluino, etc.),
Kandidaten für Dunkle Materie (WIMPs, Weakly Interacting
Massive Particles) neben sterilen Neutrinos.
Quantentheorie der Gravitation, Superstrings.
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Das Standardmodell
Eichtheorien – geometrisch und physikalisch
Beispiele
Literatur
Helga Baum, Eichfeldtheorie, Springer-Verlag 2014.
Ulrich Mosel, Fields, Symmetries, and Quarks, Springer-Verlag
1999.
Vielen Dank!
Stehempfang in ca. einer Stunde in 7.530 (Seminarraum IGT).
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