Allgemeine Psychologie III WS 2006/2007 VO09 am 24.01.2007 Zur Psychologie des Lernens IV Kognitiver Behaviorismus Beobachtungslernen Lernen durch Einsicht Wiederholung: Edward Chase Tolman „Kognitiver Behaviorismus“ “Purposive behaviour in animals and men“ (1932) „Ortslernen”: Lernen vom Verhalten des Vt im Labyrinth. Im Vortraining lernt die Ratte alle Wege im Labyrinth kennen. Wenn keine Sperre aktiv ist, nimmt die Ratte den kürzesten Weg (Weg 1). Wenn die Sperre A aktiv ist nimmt die Ratte in 90% der Fälle den nächst kürzeren Weg (Weg 2). Wie macht das die Ratte? Die Ratte bildet sich im Vortraining eine Kognitive Landkarte (cognitive map). Versuchstiere lernen keine Reiz-Reaktions-Verknüpfungen (wie beim Behaviorismus), sondern Beziehungen zwischen „Zeichen“ (signs). Das Lernen von Beziehungen zwischen Zeichen (innere Vorgänge) ist nicht direkt beobachtbar, weil - Latentes Lernen: Lernprozess, der sich zum Zeitpunkt seines Ablaufes nicht im Verhalten manifestiert. Wahrnehmungsgegebenheiten im Labyrinth (Zeichen) sollen das Vt zum Bezeichneten (Futter) führen. Kompetenz – Performanz Erwerb von Kompetenz (latentes Lernen). Performanz: Umsetzung der Kompetenz im Verhalten. „Lernen“ als Erwerb von Kompetenz (Tolman) vs. „Lernen“ als Änderung der Auftrittswahrscheinlichkeit eines Verhaltens (Skinner) Umsetzung von Kompetenz (Erlerntes) Konkretes Verhalten hängt ab von: • Trieb (wie bei Hull) • Erwartungen über die Konsequenzen von Verhaltensweisen • Wert des Zielobjekts (bewerten) Diese Theorie war schon in den 30er Jahren formuliert! Der Weg zur kognitiven Wende war damit geebnet. Beobachtungslernen (Lernen am Modell) Einleitung: Skinner: operantes Konditionieren In der Skinner-box: Ratte und Hebel. Das Spontanverhalten der Ratte wird beobachtet – Taste drücken mit beinhaltet (=Basisrate). Skinner geht davon aus, dass das Vt das Verhalten schon kann; Lernen ist also eine Änderung einer schon bestehenden Verhaltensweise. Seite 1 von 4 Allgemeine Psychologie III WS 2006/2007 VO09 am 24.01.2007 Wie entstehen neue Verhaltensweisen? Skinner: Entstehung neuer Verhaltensweisen durch: 2 Prinzipien: • Shaping: Lernprozess in kleinen Schritten: positive Verstärkung von Änderungen in Richtung neuer Verhaltensweisen. • Chaining: Verketten von elementaren Verhaltensweisen. Skinner hat eine umständliche Erklärungsweise für die Entstehung neuen Verhaltens. Durchschnittliche Anzahl von Nachahmungsaggressionen Albert Bandura (geb. 1925) Erstmals Experimente mit Menschen! Experiment: Kinder zwischen 4 und 5 Jahren sehen alleine einen Film an: (siehe Folien) Eine Frau traktiert eine Puppe (‚Modellperson’) und beschimpft die Puppe auch mit Neologismen (neu erfundenen Wörtern - Wortneuschöpfungen). Kinder aufgeteilt in: 2VG, 1KG VG 1: Ende des Filmes: Ein erwachsener Mann kommt ins Zimmer (im film) und lobt und belohnt die Frau für ihr Verhalten. VG 2: Ende des Filmes: Ein Mann kommt ins Zimmer, beschimpft die Frau und schlägt ihr mit der Zeitung auf den Kopf. KG: Film ohne Ende. Testphase: die Vpn werden im Anschluss in einen Raum geführt, in dem Spielsachen liegen unter anderem eine Puppe wie im Film und ein Holzhammer und andere Dinge die im Film benutz wurden. Spontanverhalten: die Kinder beginnen zu spielen. Ahmen die Kinder das Verhalten vom Film nach? Ja! Alle Kinder ahmen es nach. Sie beschimpfen die Puppe auch, sogar mit den Neologismen, die im Film benutzt wurden. Der einzige Unterschied liegt im Ausmaß der Nachahmung. ohne zusätzlichen Anreiz mit zusätzlichen Anreiz Vorbild Vorbild keine belohnt bestraft Konsequenzen Versuchsbedingungen KG + VG1 reagieren stark, VG2 weniger stark. 2. Phase: Die Kinder werden aufgefordert, so zu handeln wie im Film und bekommen eine Belohnung versprochen (Süßigkeiten). Bei VG2 (Bestrafung) ist kein unterschied mehr zu den anderen Gruppen. Spontanverhalten sagt also nicht direkt etwas über das Gelernte/Lernen aus. Seite 2 von 4 Allgemeine Psychologie III WS 2006/2007 VO09 am 24.01.2007 „Lernen“: Speicherung des an einem Modell beobachteten Verhaltens im Langzeitgedächtnis. = rein kognitiver Vorgang – nicht beobachtbar (anders als Behaviorist) Welche Faktoren beeinflussen die Speicherung im LZG? o Aufmerksamkeit o Bilder oder Sprache? o Art der Kodierung … Die kognitive Psychologie akzeptiert innere Vorgänge. (Das Erklären von Lernen ist einfacher.) Reicht beobachten zum Lernen aus? „Lernen“ eine notwendige, aber keine hinreichende Bedingung für die Ausführung einer Verhaltensweise (Nachahmung). Wovon hängt Nachahmungsverhalten ab? 1) Lernen 2) motivationale Faktoren = Verstärkungserwartung: erwartete Konsequenzen Verhalten ist konsequenzabhängig. Modell des Beobachtungslernens nach Bandura Siehe Folie (nur zum Verständnis, kein Prüfungsstoff) Europa: Gestaltpsychologie – Lernen durch Einsicht Psychologie des Denkens Wolfgang Köhler (1887-1967) Köhlers Karriere begann in Teneriffa. Er war 7 Jahre in der dortigen Anthropoidenstation und führte Experimente an Schimpansen durch. Seine theoretischen Überlegungen (wie Thorndike): Ein Tier sitzt in der Puzzlebox, die hinten offen ist. Auf der Vorderseite außerhalb des Käfigs liegt eine Belohnung. Köhler beobachtet das Abb. a Verhalten des Tieres. Sein Hund schaffte es auf direktem Weg. (siehe Abb. a). Auch seine Tochter ging auf direktem Weg zur Puppe. Abb. b stellt den Lösungsversuch eines Hühnerkükens. Das Küken „verirrte“ sich durch Zufall aus dem Käfig und gelangt zum Futter. Abb. b Köhler meinte deswegen: Das Lernprinzip von Thorndike ist wichtig, aber höher organisierte Lebewesen reagieren anders als einfache Lebewesen; sie lösen die Probleme nicht durch Zufall. Lernen durch Einsicht Seite 3 von 4 Allgemeine Psychologie III WS 2006/2007 VO09 am 24.01.2007 Schimpansenversuche: (siehe auch Bilder) Der Schimpanse ist im Gehege, der Zielgegenstand (eine Banane) hängt an der Decke. Der Schimpanse kann sie nicht durch springen erreichen. Es gibt aber Hilfsmittel (Köhler nannte sie „Werkzeuge“) = Kisten im Gehege. Können die Schimpansen die Kisten stapeln um die Banane zu erreichen? Ja! Sie stellen die Kisten übereinander, aber nicht sehr stabil. Wichtig: Sie lösten die Probleme allein: das Kistenstapeln hat ihnen keiner gezeigt! (Die Tiere beobachten sich aber gegenseitig.) Weitere Experimente: Ein Schimpanse sitzt im Käfig. Außerhalb des Käfigs liegt eine Banane, soweit weg, dass der Affe sie mit den Hilfsmitteln = Stöcke, nicht erreichen kann. Der Affe hat verschieden dicke Stöcke zur Verfügung, die ineinander gesteckt werden können und somit eine Verlängerung möglich wäre. Der Affe versucht mit einem Stock an die Banane ran zu kommen, es gelingt ihm aber nicht. Er ärgert sich und wendet sich von der Banane ab, spiel aber mit den Stöcken. Jedoch schaut er im Spiel immer wieder zur Banane (ständiger Kontakt zw. Stöcken und Zielobjekt. Im Spiel gelang es dem Schimpansen 2 Stöcke ineinander zu stecken (durch Zufall). Plötzlich springt er auf und holt sich mit dem verlängerten Stock die Banane. Lernen durch Einsicht. Er hat laut Köhler eine schlechte Gestalt in eine gute Gestalt übergeführt. Vorhandenes umgestalten in eine gute Gestalt. Ohne probieren stürmte der Affe hin und holte sich die Banane Einsicht. Er hat beim Anblick des längeren Stockes verstanden (eingesehen), dass er damit sein Futter erreicht. Ich wünsche allen viel Erfolg bei der Prüfung und natürlich viel Spaß beim Lernen ☺ ! Liebe Grüße Isabella ([email protected]) Seite 4 von 4