A B x y t1 a1 a2 t2 t3

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Festkörperphysik I
Prof. Klaus Ensslin
HS 2016
Verteilung: 16. November 2016
Nachbesprechung: 23./24. November 2016
9. Übungsblatt: Extraaufgabe
Aufgabe 1: Bandstruktur von Graphen in der Tight-Binding Näherung
2004 wurde an der Universität Manchester zum ersten Mal ein perfekter zweidimensionaler Kristall im Labor erstellt: Graphen ist eine Monolage aus Kohlenstoffatomen, die eine Bienenwabenstruktur bilden. Das
grosse Interesse an Graphen besteht nicht zuletzt aufgrund seiner ungewöhnlichen Dispersionsrelation, die nicht
parabolisch ist wie bei den meisten Halbleitern am Leitungsbandminimum bzw. Valenzbandmaximum. In dieser
Aufgabe werden wir die Dispersionsrelation im Rahmen einer tight-binding Rechnung herleiten und eine ihrer
ungewöhnlichen Eigenschaften untersuchen. Die regelmässige Bienenwabenstruktur mit den charakteristischen
120◦ -Winkeln bildet sich aus, da sich ein Kohlenstoffatom mit drei benachbarten Kohlenstoffatomen durch eine
sp2 -Bindung verbindet. Pro Kohlenstoff bildet dann das überschüssige vierte Valenzelektron ein pz -Orbital
aus, das stark um das jeweilige Atom lokalisiert ist. Daher ist eine tight-binding Berechnung der Bandstruktur
möglich.
A
a2
t2
t1
a1
B
t3
y
x
Wie von der Serie 1 schon bekannt, besteht das Bravaisgitter aus zwei Basisatomen
A und B. Das Gitter wird
√
aufgespannt durch die beiden Basisvektoren a1 = a(1, 0) und a2 = a(−1/2, 3/2) mit a = 2.46 Å, so dass ein
allgemeiner Gittervektor, der immer auf ein Atom der Sorte B zeigt, als R = n1 a1 + n2 a2 geschrieben werden
√
kann. A-Atome sind
√ offensichtlich durch R̃ =√n1 a1 + n2 a2 + t1 erreichbar. Die Vektoren t1 = a(0, 1/ 3),
t2 = a(−1/2, −1/(2 3)) und t3 = a(1/2, −1/(2 3)) verbinden nächste Nachbarn.
Aufgrund der Periodizität des Gitter machen wir einen Ansatz mit Bloch-Wellenfunktionen
1 ∑ ikR
ψk (r) = √
e ϕtot (r − R)
N R
für die Lösung der Schrödinger-Gleichung. Dabei ist N die Anzahl der Gitterplätze und ϕtot (r) die Wellenfunktion für eine Einheitszelle. Diese ist eine Linearkombination der pz -Wellenfuntionen ϕ(r − t1 ) und ϕ(r) der
beiden Gitteratome A und B, d.h.
ϕtot (r) = Aϕ(r − t1 ) + Bϕ(r).
Der Hamiltonian für das Kristallgitter ist durch
H=
∑
p2
+
(V0 (r − R − t1 ) + V0 (r − R))
2m
R
gegeben; dabei beschreibt V0 das von einem Atom erzeugte Potential.
a) Um das Eigenwertproblem zu lösen, wenden wir H zunächst auf ϕ(r) an. Zeigen Sie, dass
∑
Hϕ(r) = ∆VB ϕ(r) mit ∆VB = V0 (r − t1 ) +
[V0 (r − R − t1 ) + V0 (r − R)] ,
R̸=0
Hϕ(r − t1 ) = ∆VA ϕ(r − t1 ) mit ∆VA = V0 (r) +
∑
[V0 (r − R − t1 ) + V0 (r − R)]
R̸=0
gilt.
Hinweis: Wir können den Nullpunkt der Energie beliebig wählen, so dass ein beliebiger Energie-Offset
subtrahiert werden kann.
b) Stellen Sie das komplette Eigenwertproblem Hψk (r) = Eψk (r) auf, indem Sie es auf die beiden Zustände
ϕ(r) und ϕ(r − t1 ) projizieren. Formen Sie die beiden Gleichungen um zu
[∫
]⋆
∫
d3 rψk⋆ (r)∆VB ϕ(r) = E d3 rϕ(r)⋆ ψk (r)
[∫
]⋆
∫
3
⋆
d rψk (r)∆VA ϕ(r − t1 ) = E d3 rϕ(r − t1 )⋆ ψk (r).
c) Betrachten Sie nun nur noch die Wechselwirkung eines Elektrons mit seinem eigenen Atom und seinen
nächsten Nachbarn (tight-binding Näherung). In der Gesamtwellenfuntion ψk , auf die der Zustand ϕ(r)
projiziert wird, muss man dann nur noch die Terme
]
1 [
ψk (r) = √
Aϕ(r − t1 ) + Bϕ(r) + Aeik(t2 −t1 ) ϕ(r − t2 ) + Aeik(t3 −t1 ) ϕ(r − t3 )
N
berücksichtigen. Wie lautet entsprechend ψk , wenn man die Projektion auf ϕ(r − t1 ) betrachtet? Zeigen
Sie, dass das Eigenwertproblem nun auf die Matrixgleichung
(
)(
)
σ−E
α⋆ (k)(γ ⋆ − Es)
A
=0
α(k)(γ − Es)
σ−E
B
reduziert werden kann. Hierbei wurden die Abkürzungen
∫
σ = 3 d3 rϕ⋆ (r)V0 (r − t1 )ϕ(r)
∫
γ = d3 rϕ(r − t1 )V0 (r − t1 )ϕ⋆ (r)
∫
s = d3 rϕ⋆ (r)ϕ(r − t1 )
α(k) = 1 + eik(t2 −t1 ) + eik(t3 −t1 )
eingeführt. Die pz -Orbitale können reell gewählt werden, so dass gilt γ = γ ⋆ und s = s⋆ . Nutzen Sie die
Symmetrie des Gitters aus; so gilt z.B.
∫
∫
3
⋆
d rϕ (r)V0 (r − t1 )ϕ(r) = d3 rϕ⋆ (r)V0 (r − t2,3 )ϕ(r),
∫
∫
d3 rϕ⋆ (r)V0 (r − t1 )ϕ(r − t1 ) = d3 rϕ⋆ (r)V0 (r − t2,3 )ϕ(r − t2,3 ).
d) Das Überlappintegral s zwischen zwei pz -Orbitalen ist klein, so dass man (γ − Es)2 ≈ γ 2 setzen kann.
Dann gibt σ nur einen Energie-Offset, der subtrahiert werden kann. Die Eigenwertgleichung vereinfacht
sich zu
(
)(
)
(
)
0
α⋆ (k)
A
A
γ
=E
.
α(k)
0
B
B
Berechnen Sie die Energieeigenwerte und plotten Sie den Verlauf der Energie in der ersten Brillouin-Zone.
Valenz- und Leitungsband berühren sich in den sechs Ecken der ersten Brillouin-Zone (die erste BrillouinZone des Hexagonalgitters ist wieder ein Sechseck), die abwechselnd aus den inäquivalenten reziproken
Gitterpunkten K und K ′ bestehen.
a)
ky
b)
b2
K
Energy
b1
G
M
kx
K G
K’
ky
1. Brillouin
zone
K'
kx
reciprocal
lattice points
Aufgabe 2: Graphen – ein System mit nicht-parabolischer Dispersion für geringe Energien
In der vorhergehenden Aufgabe haben wir für die Koeffizienten A und B, die Einhüllende der Wellenfunktion,
eine Bestimmungsgleichung hergeleitet; sie lautet
(
)(
)
(
)
0
γα⋆ (k)
A
A
=E
.
γα(k)
0
B
B
mit der Konstanten γ und α(k) = 1 + eik(t2 −t1 ) + eik(t3 −t1 ) . Durch Lösen der Säkulargleichung erhält man die
Dispersionsrelation zu
√
[√
]
E(k) = ±γ 1 + 4 cos2 [kx a/2] + 4 cos [kx a/2] cos 3ky a/2 .
Die beiden Bänder berühren sich an den sechs Ecken der ersten Brillouinzone. Wie im direkten Raum bestehen
auch diese aus zwei Klassen
inäquivalenter Punkte, den sogenannten K- und K ′ -Punkten. Diese sind gegeben
√
2π
durch K = a (1/3, 1/ 3) und K ′ = 2π
a (2/3, 0).
a) Plotten Sie E(k). Wo liegt die Fermienergie?
Hinweis: Hier ist keine Rechnung notwendig; vielmehr reicht es aus, sich zu überlegen, wie viele Elektronen
pro Brillouin-Zone am Ladungstransport teilnehmen können, und Spinentartung zu beachten.
b) Da die Fermienergie bei E(k) = 0 mit k = K oder k = K ′ liegt, ist eine Entwicklung der obigen
Matrixgleichung für kleine Energien möglich. Schreiben Sie dazu k = K + q und führen Sie eine Taylorentwicklung bis zur ersten Ordnung in q durch. Man erhält einen effektiven Hamiltonian HK für die
Einhüllende um K. Dieser kann sehr kompakt mit Hilfe von Paulis Spinmatrizen σ = (σx , σy ) ausgedrückt
werden.
c) Berechnen Sie die Energieeigenwerte und geben Sie einen Ausdruck für die effektive Geschwindigkeit der
Ladungsträger an. Wie gross ist sie (a = 2.46 Å, γ = 2.9 eV)?
√ (
)
d) Zeigen Sie, dass der Eigenzustand um den K-Punkt als Φq = (Aq , Bq ) = 1/ 2 ±e−iϕ/2 , eiϕ/2 mit ϕ =
arg (qx + iqy ) geschrieben werden kann. Berechnen Sie das Matrixelement für Rückstreuung der Einhüllenden, nämlich ⟨Φq |Φ−q ⟩. Was schliessen Sie daraus qualitativ für die Mobilität und die Leitfähigkeit von
Graphen?
e) Welche Teilchen beschreibt der effektive Hamiltonian und die neuartige Dispersionsrelation typischerweise?
Denken Sie an die Teilchenphysik.
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