Institut für Geld- und Kapitalverkehr der Universität Hamburg Prof. Dr. Hartmut Schmidt Seminar zur BBL und ABWL Wintersemester 2001/2002 Zuständige Mitarbeiterin: Dipl.-Kffr. Christina Carlsen Generalthema: Unternehmensbewertung und Finanzierung Thema 2: Bewertungsmodelle mit Fremdkapitalvariablen Gliederung A. Grundlagen I. Wert und Preis von Unternehmen und Unternehmensanteilen II. Bewertung mit der Barwertmethode B. Irrelevanz der Kapitalstruktur für den Unternehmenswert C. Relevanz der Kapitalstruktur für den Unternehmenswert I. Werterhöhung durch Steuerersparnis 1. Überblick: Modigliani/Miller (1963) als Quelle der KapitalkomponentenMethoden (DCF-Methoden) 2. Gesamtkapitalbewertungsansätze a. Methode des Adjusted Present Value b. Ansatz der Weighted Average Cost of Capital c. Ansatz des Total Cash Flow II. III. D. 3. Eigenkapitalbewertungsansatz 4. Zusammenfassung Theorie der optimalen Kapitalstruktur 1. Steuerersparnis und Kosten finanzieller Anspannung 2. Minimierung der Agency-Kosten Rangordnungstheorie Zusammenfassung und Ausblick Institut für Geld- u. Kapitalverkehr der Universität Hamburg -2 - Seminar WS 2001/2002 Thema 2 Fragen A. B. Grundlagen 1. Was halten Sie davon, zwischen Preisen und Marktpreisen zu unterscheiden? Im Zusammenhang mit den Kapitalkomponenten- (DCF-)Methoden wird häufig auch davon gesprochen, daß sie zur Ermittlung von Marktwerten dienen. Wie beurteilen Sie die Unterscheidung von Werten und Marktwerten? 2. Wie trägt die Barwertmethode einer unterschiedlichen Zeit- und Risikostruktur von Bewertungs- und Vergleichsobjekt Rechnung? Irrelevanz der Kapitalstruktur für den Unternehmenswert 1. Nennen Sie die Annahmen des Modells von Modigliani und Miller (MM 1958). 2. Erläutern Sie das Konzept der Risikoklassen. Wozu wird das Konzept benötigt? 3. Warum ist das Modell von MM ein Grundpfeiler der modernen Finanzierungstheorie? 4. a) Was besagt die These I des Modells? Geben Sie die Aussage auch formal wider. b) Vergleichen Sie die Formel zur Bestimmung des Unternehmenswerts mit den in Thema 1 vorgestellten Varianten der Barwertmethode. Welche Gemeinsamkeiten erkennen Sie, welche Unterschiede können Sie feststellen? c) Stellen Sie die Arbitragebeweise zur These I bei gegebenem persönlichen Mitteleinsatz für zwei verschiedene Marktungleichgewichte dar. d) Welche Bedeutung haben die Arbitragebeweise und somit die Gültigkeit von These I für die folgenden Thesen? 5. Was besagt die These II des Modells? Leiten Sie die grundlegende Gleichung formal her. 6. Erläutern Sie die These III des Modells. 7. a) Welche vier verschiedenen Renditebegriffe oder Kapitalkostensätze unterscheidet man im Modell von MM? Erläutern Sie deren Verlauf an einer Graphik. b) Wäre auch ein anderer Verlauf im Rahmen des Modells denkbar? Welche Annahme müßte dafür modifiziert werden? Begründen Sie Ihre Antwort. 8. Diskutieren Sie, ob es in dem Modell von MM (1958) eine optimale Kapitalstruktur gibt. Welche Kapitalstruktur ist unternehmens wertmaximal? Institut für Geld- u. Kapitalverkehr der Universität Hamburg C. -3 - Seminar WS 2001/2002 Thema 2 Relevanz der Kapitalstruktur für den Unternehmens wert I. Werterhöhung durch Steuerersparnis 1. 2. a) Stellen Sie die Auswirkung der Aufnahme von Fremdkapital auf die Zahlungen an die Kapitalgeber für ein Steuersystem dar, in dem Zinszahlungen nur auf Unternehmensebene abgesetzt werden dürfen. b) Bewirken Kapitalstrukturentscheidungen auf Unternehmensebene nun etwas, was die Anleger durch private Finanzierungsentscheidungen nicht auch erreichen könnten? a) Leiten Sie eine Bestimmungsgleichung für den Marktwert eines verschuldeten Unternehmens ab. b) Stellen Sie die unter a) abgeleitete Funktion graphisch dar. c) Erläutern Sie die Steuerersparnis durch Fremdkapitalaufnahme und ihren Wert. 3. Erläutern Sie den Verlauf der vier verschiedenen Renditebegriffe oder Kapitalkostensätze im Modell von MM (1963) an einer Graphik. 4. Gibt es in dem Modell von MM (1963) eine optimale Kapitalstruktur? Welche Kapitalstruktur ist unternehmens wertmaximal? Unterstützen Sie Ihre Aussage graphisch. 5. Erläutern Sie, wie Unsicherheit den Wert der Steuerersparnis verringern kann. 6. a) Halten Sie es für möglich, daß in einem anderen Steuersystem als dem von MM angenommenen eine geringere oder evtl. auch überhaupt keine Steuerersparnis durch die Verschuldung des Unternehmens auftritt? Erläutern Sie Ihre Antwort. b) Wenn Sie die Besteuerung der Kapitalgeber ausblenden: Welche Steuerarten bewirken im deutschen Steuersystem eine Steuerersparnis durch Unternehmensverschuldung? Versuchen Sie abzuschätzen, wie hoch sie ist. Ändert sich Ihre Antwort, wenn Sie persönliche Steuern berücksichtigen? 7. Welche üblicherweise als DCF-Methoden bezeichneten Bewertungs verfahren kennen Sie? Welcher Zusammenhang besteht zwischen dem Modell von MM (1963) und diesen Kapitalkomponentenmethoden? 8. Warum werden die Gesamtkapitalansätze auch als Entity-Verfahren bezeichnet? 9. a) Erläutern Sie, wie sich der Wert eines Unternehmens im MM-Fall mit der APV-Methode ermitteln läßt. Gehen Sie dabei noch einmal explizit auf die Annahmen von MM (1963) ein. Institut für Geld- u. Kapitalverkehr der Universität Hamburg 10. 11. 12. 13. -4 - Seminar WS 2001/2002 Thema 2 b) Welcher Grundgedanke steht hinter dem APV-Ansatz? c) Wie beurteilen Sie die Verwendung eines Zinssatzes für risikofreie Anlagen bei der Ermittlung des Barwertes der Steuerersparnis aus der Fremdfinanzierung? Berücksichtigen Sie Ihre Antwort aus 5. d) Welches Problem entsteht, wenn man den Renditeforderung der Eigenkapitalgeber im Rahmen der APV-Methode mit dem CAPM ermitteln möchte? a) Erläutern Sie, wie sich der Wert eines Unternehmens im MM-Fall mit Hilfe des WACC-Ansatzes ermitteln läßt. b) Welches Problem entsteht, wenn man die gewichteten Kapitalkosten ermitteln möchte? Wie läßt sich dieses Problem lösen? a) Erläutern Sie, wie sich der Wert eines Unternehmens im MM-Fall mit Hilfe des TCF-Ansatzes ermitteln läßt. b) Welches Problem entsteht, wenn man die gewichtete Renditeforderung der Kapitalgeber ermitteln möchte? Wie läßt sich dieses Problem lösen? a) Erläutern Sie, wie sich der Wert eines Unternehmens im MM-Fall mit Hilfe der Flow-to-Equity-Methode ermitteln läßt. b) Welches Problem entsteht, wenn man die Renditeforderung der Eigenkapitalgeber ermitteln möchte? Wie läßt sich dieses Problem lösen? c) Welche Gemeinsamkeiten bestehen zwischen der Flow-to-EquityMethode und dem bereits in Thema 1 vorgestellten Dividendendiskontierungsmodell, welche Unterschiede können Sie feststellen? Gehen Sie nicht nur auf formale, sondern auch auf konzeptionelle Aspekte ein! Die MM AG erwirtschaftet einen operativen Zahlungsüberschuß von € 7 Mio. p.a., aus dem jährlich Investitionen in Höhe von € 1 Mio. zu bezahlen sind. Die Erträge des Unternehmens unterliegen einer Besteuerung von einheitlich 30 % (Gehen Sie davon aus, daß die dem Zahlungsmittelbestand und dem Reinvermögenn zuzuordnenden Stromgrößen übereinstimmen). Das Unternehmen ist verschuldet, auf ihren ausfallrisikofreien und zu konstanten Konditionen revolvierenden Kredit fordern die Fremdkapitalgeber jährlich € 750.000,- Zinszahlungen. Der Zinsssatz auf risikofreie Anlagen beträgt 5 %. Die Eigenkapitalgeber fordern für ein unverschuldetes Unternehmen derselben Risikoklasse eine Risikoprämie von 11,47 Prozentpunkten. Ermitteln Sie den Unternehmens wert auf Grundlage - der APV-Methode - des WACC-Ansatzes Institut für Geld- u. Kapitalverkehr der Universität Hamburg 14. II. -5 - - des TCF-Ansatzes - der Methode des Flow to Equity. Seminar WS 2001/2002 Thema 2 Stellen Sie die Kapitalkomponentenmethoden einander gegenüber. a) Wie wird die Steuerersparnis in den einzelnen Verfahren abgebildet? b) Können Sie Vor- oder Nachteile feststellen, die mit der Verwendung eines bestimmten Verfahrens verbunden sind? Beachten Sie nicht nur formale, sondern auch konzeptionelle Aspekte. 15. Welche Probleme entstehen, wenn die Annahme konstanter Zahlungs überschüsse und Zinssätze aufgehoben wird? Hinweis: Ist die Annahme der Kapitalstrukturkonstanz haltbar? 16. Welche Bedeutung besitzt das Prinzip der Wertadditivität für die Kapitalkomponentenmethoden? Wie wichtig ist es für die in Thema 1 vorgestellten Verfahren? Theorie der optimalen Kapitalstruktur 1. Erläutern Sie die Kosten finanzieller Anspannung. Unterscheiden Sie dabei zwischen direkten und indirekten Konkurskosten. 2. Wie können sich die Kosten finanzieller Anspannung marktwertmindernd auswirken? 3. Welchen Einfluß haben die Kosten finanzieller Anspannung auf die marktwertmaximierende Kapitalstruktur? Stellen Sie die Zusammenhänge graphisch dar. Welche Achsenbzeichnungen wählen Sie? 4. Stellen Sie den Wert eines teilweise fremdfinanzierten Unternehmens in einer Welt mit Steuern und Kosten finanzieller Anspannung formal dar. Greifen Sie dabei auf die Vorgehensweise der APV-Methode zurück. 5. Erläutern Sie den Begriff der Agency-Kosten. 6. Welche Agency-Kosten sind mit der Aufnahme von Eigenkapital verbunden? 7. Welche Agency-Kosten sind mit der Aufnahme von Fremdkapital verbunden? 8. Stellen Sie einige Wege dar, auf denen sich Agency-Kosten reduzieren lassen. 9. Welche n Einfluß haben Agency-Kosten auf die marktwertmaximierende Kapitalstruktur? Können Sie die Zusammenhänge graphisch darstellen? Hinweis: Berücksichtigen Sie die Wechselbeziehungen zwischen eigenkapital- und fremdkapitalinduzierten Agency-Kosten. Institut für Geld- u. Kapitalverkehr der Universität Hamburg -6 - Seminar WS 2001/2002 Thema 2 10. Stellen Sie den Wert einer teilweise fremdfinanzierten Unternehmens in einer Welt mit Steuern, Kosten finanzieller Anspannung und AgencyKosten formal dar. Greifen Sie dabei auf die Vorgehensweise der APVMethode zurück. 11. Welche Unternehmen sollten nach der Theorie der optimalen Kapitalstruktur besonders hohe Verschuldungsgrade aufweisen? III. Rangordnungstheorie D. 1. Welche Annahmen liegen dem Modell von Myers/Mafluf (1984) zugrunde? 2. Wann würde das Management neue Aktien im Rahmen des Modells emittieren? 3. Beschreiben Sie die Rangordnungstheorie. 4. Welche Konsequenzen hat die Rangordnungstheorie für die Vorstellung von einer optimalen Kapitalstruktur? Worin ist diese Konsequenz begründet? 5. Welche Unternehmen sollten nach der Theorie der optimalen Kapitalstruktur besonders niedrige Verschuldungsgrade aufweisen? 6. Inwiefern sind die Rangordnungstheorie und die Theorie der optimalen Kapitalstruktur miteinander vereinbar? Zusammenfassung und Ausblick 1. Von welchem Leitgedanken würden Sie ausgehen, wenn Sie für die Kapitalstruktur eines Unternehmens verantwortlich wären? 2. Erläutern Sie, welche anderen Marktimperfektionen für die Wahl der Kapitalstruktur von Bedeutung sein können. 3. Erklären Sie, wie sich Transaktionskosten, inhomogene Erwartungen und unbefriedigte Präferenzen auf die Gestaltung der Kapitalstruktur des Unternehmens auswirken können. 4. Ordnen Sie die Kapitalkomponentenmethoden in die verschiedenen Theorien zur Kapitalstruktur ein. Welche Zielkapitalstruktur wird implizit angenommen, wenn diese Verfahren zur Unternehmensbewertung angewandt werden? Diskutieren Sie, inwieweit sich die DCF-Methoden modifizieren lassen, um die Implikationen anderer Theorien zu berücksichtigen. 5. Führen Sie sich noch einmal die in Thema 1 behandelten Multiplikatorverfahren vor Augen. Sie haben den Zusammenhang zwischen verschiedenen Multiplikatoren und dem Dividendendiskontierungs modell aufgezeigt. Sind auch Multiplikatoren denkbar, die sich auf die Kapitalkomponentenmethoden zurückführen lassen? Erläutern Sie Ihre Antwort. Institut für Geld- u. Kapitalverkehr der Universität Hamburg -7 - Seminar WS 2001/2002 Thema 2 Literatur Brealey, Richard A. und Stewart C. Myers [2000] ♦ Principles of Corporate Finance. 6. Auflage, New York u.a. 2000, S. 61 – 91 (The Value of Common Stocks), S. 153 – 256 (Risk), S. 541 – 579 (Financing and Valuation). (ZB-Signatur 9/49449) Drukarczyk, Jochen [1993] ♦ Theorie und Politik der Finanzierung. 2. Auflage, München 1993, S. 119 – 162 (Finanzierungsentscheidungen in Aktiengesellschaften – Kapitalstruktur, gesamter Marktwert und Kapitalkosten (ausgenommen Anteilseignerbesteuerung, deutsches Steuersystem)). (ZB-Signatur 12/3747 oder 22/486) Drukarczyk, Jochen [2001] ♦ (neue Auflage!) / ♣ Unternehmensbewertung. 3. Auflage, München 2001, S. 176 – 188 (Unternehmensgesamtwert und Kapitalstruktur – Einführung (ausgenommen Anteilseignerbesteuerung, deutsches Steuersystem)) und S. 204 – 230 (Discounted Cash-flow-Methoden – Überblick; Unternehmensgesamtwert und Finanzierungsstrategie). (ZB-Signatur 9/52121) Drukarczyk, Jochen und Dirk Honold [1999] Unternehmensbewertung, DCF-Methoden und der Wert steuerlicher Finanzierungsvorteile. Zur Leistungsfähigkeit von APV-, WACC- und Equity-Ansatz. In: Zeitschrift für Bankrecht und Betriebswirtschaft, 11. Jg. (1999), Nr. 6, S. 333 - 408. (ZB-Signatur 11/1380) Hamada, Robert S. [1969] Portfolio Analysis, Market Equilibrium and Corporation Finance. In: The Journal of Finance, Vol. 24 (1969), No. 1, S. 13 - 31. (ZB-Signatur 11/258) Hamada, Robert S. [1972] The Effect of the Firm’s Capital Structure on the Systematic Risk of Common Stocks. In: The Journal of Finance, Vol. 27 (1972), No. 2, S. 435 - 452. (ZB-Signatur 11/258) Modigliani, Franco und Merton H. Miller [1958] The Cost of Capital, Corporation Finance and the Theory of Investment. In: The American Economic Review, Vol. 48 (1958), No. 3, S. 261 - 297. (ZB-Signatur 11/407) Institut für Geld- u. Kapitalverkehr der Universität Hamburg -8 - Seminar WS 2001/2002 Thema 2 Modigliani, Franco und Merton H. Miller [1963] Corporate Income Taxes and the Cost of Capital: A Correction. In: The American Economic Review, Vol. 53 (1963), No. 3, S. 433 - 443. (ZB-Signatur 11/407) Myers , Stewart C. [2001] ♣ Capital Structure. In: Journal of Economic Perspectives, Vol. 15 (2001), No. 2, S. 81 - 102. (ZB-Signatur ???) Schmidt, Hartmut [1986a] ♣ Anteilsmärkte und Kreditmärkte. Gegenseitige Ergänzung oder Substitute? In: Jahrbuch für Sozialwissenschaft, 37. Jg. (1986), S. 354 - 367. (ZB-Signatur 11/219) Schmidt, Hartmut [1986b] Causes of Change and Innovation in the Mix of Financial Instruments: the New Emphasis on Small Company External Equity Financing and Its Impact on Capital Market Structure. In: Shifting Frontiers in Financial Markets, Hrsg. Don E. Fair, Dordrecht/Boston/Lancaster 1986, S. 65 - 78. (ZB-Signatur ???) Stützel, Wolfgang [1976] ♦ Wert und Preis. In: Enzyklopädie der Betriebswirtschaftslehre, Hand wörterbuch der Betriebswirtschaft, Teilband I/3, Hrsg. Erwin Grochla und Waldemar Wittmann, 4. Auflage, Stuttgart 1976, Sp. 4404 - 4425. (ZB-Signatur 2:6/57-3) ♦ Grundlagenliteratur ♣ Literatur wird ausgelegt