Lernen in Gruppen - Studienseminar Koblenz

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Lernen in Gruppen *)
http://paedpsych.jk.unilinz.ac.at/INTERNET/ARBEITSBLAETTERORD/LERNTECHNIKORD/LerneninGruppen.html
Warum ist Lernen in der Gruppe wichtig, welche Vorteile bietet es?
Wenn in Gruppen gelernt wird, geht es nicht einfach darum, mit anderen zusammen ein "Produkt" zu
erstellen (und diese Sache möglichst schnell hinter sich zu bringen), sondern das Lernen an sich sollte
im Vordergrund des Interesses stehen. Denn die Gruppensituation bietet die Möglichkeit, neue
Sichtweisen und Perspektiven kennenzulernen und vom Wissen anderer zu profitieren. Wenn sich die
Gruppenmitglieder gegenseitig unterstützen, kann jedes seine Kenntnisse und Fähigkeiten erweitern.
Obwohl von seiten der Wirtschaft hohe Anforderungen hinsichtlich der Team-, Kooperations- und
Kommunikationsfähigkeit an die StudienabgängerInnen gestellt werden, wird das Lernen in Gruppen
von Studierenden (aber auch z. T. von den Lehrenden) häufig rundweg abgelehnt. Dabei fallen die
Vorteile, die kooperative Lernformen sowohl auf kognitiver, als auch auf emotional-motivationaler und
sozialer Ebene mit sich bringen können, meist unter den Tisch:
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Das Lernen in einer Gruppe ist oft anregender und motivierender, als das Lernen alleine. Da
jedes Gruppenmitglied andere Vorkenntnisse, Ideen oder Ansichten hat, entsteht ein sog.
Gruppenvorteil hinsichtlich Qualität und Kreativität von Problemlösungen; man selbst wird auf
neue Gedanken gebracht.
Wer sich aktiv am Gruppengeschehen beteiligt, lernt, zu argumentieren, zu diskutieren und
sein Wissen verständlich und strukturiert vorzutragen. Dabei werden dann oft Wissenslücken
oder Verständnisprobleme aufgedeckt oder man lernt andere Interpretationen und
Einschätzungen kennen. Das eigene Wissen wird also überprüft, ergänzt oder verändert und
dabei stabilisiert.
Gruppen bieten auch die Möglichkeit zum sozialen Lernen: In Gruppendiskussionen lernt man
zu erkennen, dass es nicht nur eine "richtige", sondern mehrere mögliche Wahrheiten gibt.
Dies führt zu einer toleranteren Haltung gegenüber den Standpunkten anderer und zur
Klärung von Mißverständnissen und Konflikten.
Eine Gruppe kann die Lern- und Durchhaltemotivation steigern. Die von einer guten
Lerngruppe ausgehende soziale Unterstützung trägt dazu bei, dass man "bei der Stange
bleibt".
Allerdings stellen sich diese positiven Auswirkungen von Gruppenarbeit nicht von selbst ein. Es
müssen einige Voraussetzungen erfüllt sein, damit Gruppenarbeit auch funktioniert. Dazu müssen die
Gruppenmitglieder zum einen bereit sein, miteinander zu kooperieren, zum anderen müssen sie die
Gruppenarbeit aber auch organisieren.
Was sind wichtige Voraussetzungen für eine gute Zusammenarbeit in der Gruppe?
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Wichtig ist zunächst, dass die Gruppenmitglieder gemeinsame Ziele haben, die sie zusammen
erreichen wollen. Die Bereitschaft zur Kooperation ist die Grundvoraussetzung, damit
Gruppenarbeit überhaupt stattfinden kann.
Die Gruppenmitglieder müssen sich über ihre Ziele verständigen, also Informationen
austauschen und aufnehmen. Dazu ist ein Klima notwendig, in dem Akzeptanz und Vertrauen
vorherrschen.
Gruppenarbeit muss geplant und organisiert werden. Ein wichtiger Punkt hierzu ist die
Gruppengröße: Optimalerweise liegt sie bei 3-4 Personen und mehr als 7 Personen sollten es
nicht sein. Denn je größer eine Gruppe ist, desto schwieriger wird die Koordination der
Gruppenmitglieder. Auch wächst mit der Gruppengröße die Tendenz, dass ich einzelne
Mitglieder nicht mehr engagieren.
Die Gruppe sollte leistungsmäßig in etwa gleich zusammengesetzt sein, damit sie nicht von
einem "Star" dominiert wird, sondern alle die Chance haben, einen Beitrag zu leisten.
Das Arbeitsprogramm der Gruppe sollte hinsichtlich der Ziele, des Umfangs und des
Anspruchsniveaus möglichst klar und konkret festgelegt werden.
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Nicht zu unterschätzen bei der Gruppenarbeit ist der Aspekt der Informationsverarbeitung,
also das intensive Auseinandersetzen mit dem Lernstoff.. Die Gruppe muss dafür sorgen,
dass eine Informationsverarbeitung stattfindet, sonst entsteht schnell ein "Kaffeekränzchen".
Weiterhin ist es wichtig, dass die Aufgaben in der Gruppe von Sitzung zu Sitzung klar verteilt
werden (wer macht was bis wann und wie?).
Die Gruppe muss fähig sein, Störungen frühzeitig zu erkennen und zu beheben. Gruppen
entfalten ihre eigene Dynamik, die sogar dazu führen kann, dass die Gruppe
auseinanderbricht. Dies kann z.B. dann passieren, wenn einzelne Gruppenmitglieder
dominieren oder "trittbrettfahren", also selbst nichts beisteuern und von den anderen
profitieren. Ebenfalls gefährlich wird es, wenn Kooperation in Konkurrenz umschlägt. Deshalb
sollte zwischendurch das Gruppengeschehen also die Kooperation und Kommunikation
untereinander thematisiert und analysiert werden.
Von entscheidender Wichtigkeit ist auch, dass sich die Gruppenmitglieder gegenseitig
motivieren, z.B. indem sie sich verdeutlichen, warum das Ziel wichtig für die Gruppe ist und
inwieweit es bereits erreicht wurde. Auch ein paar aufmunternde Worte können Wunder
wirken!
Welche Schwierigkeiten können beim kooperativen Lernen auftreten?
Da beim kooperativen Lernen mehrere Individuen mit eigenen Bedürfnissen, Wünschen und
Vorstellungen zusammenarbeiten, kann es natürlich zu Schwierigkeiten kommen.
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Kooperatives Lernen ist, wenn es sinnvoll gestaltet wird, relativ zeitintensiv.
Koordinationsschwierigkeiten und eventuell ein "information overload" durch zu vielfältige
Ressourcen (besonders bei großen Gruppen).
Die Sach- und die Beziehungsebene stehen in einer engen Wechselbeziehung, die die
Gruppe in Konflikte und Spannungen bringen kann.
Hans Gruber (19**) beschreibt weiterhin folgende 6 Phänomene:
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Der-Hans-der-macht's-dann-eh-Phänomen (auch free-rider-Effect): Die Arbeit wird
denjenigen Gruppenmitgliedern überlassen, denen es wichtig ist, ein gutes Ergebnis zu
erzielen.
Ja-bin-ich-denn-der-Depp-Phänomen (auch succer-Effect): Es kann als Folge des free-riderEffects gesehen werden. Diejenigen, die die Hauptlast der Arbeit tragen, werden zunehmend
verärgert und verlieren die Motivation für das Projekt.
Da-mach-ich-es-doch-gleich-lieber-selbst-Phänomen (Matthäus-Effekt oder Scheren-Effekt):
StudentInnen mit höherer Motivation und besseren Eingangsvoraussetzungen übernehmen
oft die Hauptarbeit, da ihnen die Beiträge der anderen Gruppenmitglieder nicht gut genug sind
oder es ihnen zu langsam vorangeht. Die besseren Studenten arbeiten also mehr und lernen
daher mehr als ihre KommilitonInnen.
Das-kann-und-mag-ich-nicht-mach-du-Phänomen (intrapersonaler Matthäus-Effekt): Die
Arbeit wird oft so aufgeteilt, dass diejenigen, die etwas bestimmtes können auch diese Arbeit
ausführen. In dem Gebiet, das sie bereits können, vertiefen sie ihre Kenntnisse, was sie nicht
können, lernen sie auch nicht.
Ich-habe-meinen-Teil-erledigt-Phänomen: Manche Gruppenmitglieder weigern sich, weitere
Beiträge zu leisten, da sie der Meinung sind, ihren Teil bereits geleistet zu haben.
Aufgrund der Schwierigkeiten der Kooperation in den Lerngruppen sinkt die
Kooperationsbereitschaft für weitere Gruppensituationen.
Aus welchen Phasen besteht der Gruppenprozess?
Für denjenigen, der in einer Gruppe arbeiten will (oder muss) kann es sehr hilfreich sein, die
verschiedenen Phasen des Entwicklungsprozesses von Gruppen zu kennen. Du kannst dadurch z.B.
Dein eigenes Verhalten besser verstehen lernen. Weiterhin kann dieses Wissen auch bei der Analyse
von Konflikten nützlich sein.
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Phase 1: Ankommen, auftauen, sich orientieren
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Diese Phase ist gekennzeichnet durch abwartendes Verhalten. Um die neue Situation für sich
einfacher zu gestalten, werden zunächst einmal innerlich Etiketten verteilt, die die anderen in
ein gewohntes Schema einordnen: nett, intellektuell, Kumpel, Stockfisch etc. Mit diesen
Etiketten verschafft man sich zwar Übersicht, behindert aber gleichzeitig vorurteilsfreies
Zugehen auf die anderen. Der gemeinsame Nenner hinter diesem Verhalten heißt
Unsicherheit und Wunsch nach Orientierung, denn jeder der Teilnehmer ist auf der Suche
nach seinem Platz und seiner Rolle in der Gruppe. Alle wollen akzeptiert werden, jeder
möchte seine Werte und Vorstellungen berücksichtigt wissen. Der eine intensiver, der andere
mit größerer Distanz.
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Phase 2: Gärung und Klärung
Die Teilnehmer sind nun in der Gruppe vertrauter und zeigen ihr wahres ICH. Sie zeigen die
eigenen Interessen und Erwartungen. Diese Phase ist geprägt von Durchsetzungswillen,
Rollen- und Statusverteilungen, evtl. auch Aggressionen. Skeptische und konfrontative Fragen
werden gestellt. Da jeder seine Interessen klarer ausdrückt werden die Unterschiede in den
Erwartungen deutlicher. Rivalität und Durchsetzungswille, Rollen- und Statusverteilungen
beeinflussen das Klima. Die Gruppe kommt nur langsam voran, die Konfusion und
gegenseitige Blockade bringt die Gruppe zur ersten Krise und damit an einen wichtigen Punkt:
Es wächst die Einsicht und Bereitschaft, Entscheidungsregeln zu finden, Rollen und
Funktionen zu verteilen, akzeptable Normen für das Gruppenleben zu schaffen und
unterschiedliche Fähigkeiten zu akzeptieren. Die Gruppe beginnt, sich zu organisieren und als
Gruppe zu verstehen. Den TeilnehmerInnen wird klar, wofür sie in Bezug auf ihr Lernen und
den Fortschritt in der Gruppe Verantwortung übernehmen müssen.
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Phase 3: Arbeitslust und Produktivität
In dieser Phase wird die Unterschiedlichkeit der Personen als nutzbringend erkannt, und als
Vorteil für eine kreative Aufgabenbewältigung gesehen. Aufgabenteilung und
Rollendifferenzierung können stattfinden. Die Gruppe befindet sich in einer Phase relativ
stabiler Arbeitsfähigkeit, Aufgabenstellungen werden konstruktiv aufgegriffen und auf der
Sachebene bearbeitet. Das Klima ist von gegenseitigem Geben und Nehmen gekennzeichnet,
die Kommunikation funktioniert gut. Die Gruppe ist nicht mehr so anfällig für
Stimmungsschwankungen. Frustration und Konflikt können ertragen werden, ohne die
Arbeitsfähigkeit der Gruppe in Frage zu stellen.
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4.Phase: Abschluss und Abschied
Häufig ist das Ende der Gruppe durch die vorgegebene Dauer oder durch das Erreichen der
Ziele "vorprogrammiert". Abschluss, Transfer und Abschied sind die drei beherrschenden
Themen der Schlussphase. Abschluss heißt, die bisherigen Themen zu einem Ende zu
führen, auf der Sachebene ebenso wie auf der Beziehungsebene. Mit Transfer ist gemeint,
dass sich der Teilnehmer mit der Frage konfrontiert, was er mit dem bisher gelernten
anfangen will. Der Abschied braucht um so mehr Energie, je länger die Gruppe zusammen
war und je persönlicher die Themen und Beziehungen wurden. Emotionale Bande müssen zu
einem (vorläufigen) Abschluss gebracht werden.
Welche Hilfestellungen gibt es für eine kooperative, effektive Zusammenarbeit?
Gruppen sind soziale Systeme, die sowohl Aufgaben bewältigen, wie auch ihre inneren Beziehungen
strukturieren müssen. Wird eines dieser Ziele vernachlässigt, so leidet auch das andere darunter.
Ruth Cohn (1990) plädiert deshalb dafür, die drei Faktoren Person (Ich), die Gruppe (Wir) und das
Thema bzw. die Aufgabe (Es) gleichwertig zu behandeln. Solange ein dynamisches Gleichgewicht
dieser drei Faktoren immer wieder erarbeitet wird, existieren optimale Bedingungen für die
TeilnehmerInnen als Personen, für die Interaktion der Gruppe und für die Erfüllung der Aufgabe. Ein
besonderes Augenmerk gebührt auch dem Umfeld, denn Umfeld und Gruppe stehen auch in
Verbindung: eine Änderung in Deinem Verhalten wird für das Umfeld spürbar und es wird darauf
reagieren.
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Nützlich sind auch die von Ruth Cohn aufgestellten Spielregeln der Themenzentrierten Interaktion
(TZI). Sie helfen, die Interaktion zu erleichtern und sollen als Hilfe, nicht als zusätzlicher Stress
verstanden werden, auch wenn sie zunächst eingeübt werden müssen.
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Sei Dein eigener Chairman.
Dies bedeutet soviel wie "übernimm die Verantwortung für Dich selbst". Bestimme wann und
was Du sagen willst und bestimme Dein eigenes Vorgehen im Blick auf die Arbeit, die Gruppe
und alles, was für Dich wichtig ist. Nimm Deine Ideen, Gedanken, Wünsche und Gefühle
wichtig und wähle aus, was Du den anderen anbieten kannst und um was Du bitten möchtest.
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Störungen angemessen Raum geben.
Schmerzen, Abneigung oder Vorurteile können unter Umständen der aktuellen Mitarbeit in der
Gruppen ebenso im Wege stehen wie große Freude, denn sie schwächen unterschwellig die
Konzentration auf das eigentliche Vorhaben.
Deshalb: Unterbrich das Gespräch, wenn Du nicht wirklich teilnehmen kannst, wenn Du
gelangweilt, ärgerlich oder aus einem anderen Grund unkonzentriert bist. Die Gruppe weiß
dann, was in Dir vorgeht und welchen Anteil sie daran hat.
Werden Störungen nicht beachtet, so kann dies schwerwiegende Folgen haben, weil das
Lernen oder die Arbeit be- oder sogar verhindert werden. Die Gruppe kann Störungen zwar
ignorieren, wirksam sind sie trotzdem. Eine Gruppe, die die Störungen ihrer Mitglieder
bearbeitet, gewinnt die scheinbar verlorene Zeit durch intensivere und konzentriertere Arbeit
zurück.
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Vertritt Dich selbst in Deinen Aussagen: Sprich per "ich" und nicht per "man" oder per
"wir".
Die verallgemeinernden Redewendungen wie z.B. "jeder weiß", "man sagt", "wir alle wollen"
usw. sind häufig persönliche Versteckspiele; der Sprecher übernimmt nicht die volle
Verantwortung für das, was er sagt. Er versteckt sich hinter der öffentlichen Meinung oder
einer behaupteten Mehrheit um sich und andere zu überzeugen.
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Stelle möglichst nur Informationsfragen
Informationsfragen sind nötig, um etwas zu verstehen. Fragen, die kein wirkliches Verlangen
nach Information ausdrücken, sind unecht. Ausweichende Antworten oder Gegenfragen sind
die Folge, es kommt zum Interview, statt zum Dialog. Wenn anstelle von Fragen Aussagen
treten, inspiriert das zu weiteren Interaktionen. Versuche also, eigene Erfahrungen und
Gedanken anzusprechen.
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Seitengespräche haben Vorrang
Sie stören und sind zugleich meist wichtig, sonst würden sie nicht geschehen. Wenn
Teilnehmer Seitengespräche führen, so sind sie mit großer Wahrscheinlichkeit stark beteiligt
oder gar nicht. Es kann sein, dass ein Gruppenmitglied etwas sagen will, was ihm wichtig ist,
aber gegen schnellere Sprecher nicht ankommt und Hilfe braucht, um sich in der Gruppe zu
exponieren.
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Nur einer zur gleichen Zeit
Niemand kann mehr als einer Äußerung zur gleichen Zeit zuhören. Damit man sich auf
verbale Interaktionen konzentrieren kann, müssen sie nacheinander erfolgen. Sofern mehr als
einer gleichzeitig reden wollen, verständigt man sich in Stichworten über das, was gesagt
werden soll, und über die Reihenfolge der Sprecher.
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Sei authentisch und selektiv in Deiner Kommunikation. Mache Dir bewusst, was Du
denkst und fühlst, und wähle aus, was Du sagst und tust
Authentisch sein heißt, Kontakt zu den eigenen Gedanken und Gefühlen zu haben, die
Auskunft darüber geben, was ich jetzt brauche, wünsche oder tun sollte. Wähle aus, was Du
davon den anderen sagen oder zumuten willst. Alles, was Du sagst, sollte wahr sein, aber
nicht alles, was wahr ist, muss gesagt werden.
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Beachte die Signale Deines Körpers und achte auf solche Signale auch bei den anderen
Wer die Sprache seines Körpers kennt, versteht, wie Gedanken und Aussagen von
bestimmten Körpergefühlen begleitet werden und wie diese ihrerseits eine Aussage machen.
Auf die Sprache des Körpers zu achten, verschafft wichtige zusätzliche Informationen über
das Gesprochene und Gehörte hinaus. Körpersprache signalisiert Emotionen sehr deutlich
und in der Regel eher als sie ausgesprochen werden.
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Sprich Deine persönlichen Reaktionen aus und stelle Interpretationen so lange wie
möglich zurück
Sind Interpretationen inadäquat ausgedrückt, so erregen sie Abwehr und verlangsamen oder
unterbrechen den Gruppenprozess. Direkte persönliche Reaktionen aber, also Gedanken und
Gefühle, die das Gehörte bei Dir auslösen, führen immer zu weiteren Aktivitäten und fördern
die spontane Interaktion.
Eine weitere Möglichkeit, gruppenförderliches Verhalten zu lernen, ist es, in der Gruppe regelmäßig
Feedback-Runden durchzuführen.
Feedback geben und erhalten ist wichtig für unser Lernen und die persönliche Entwicklung.
Angemessenes Verhalten gegenüber Personen und Situationen lernen wir in hohem Maße dadurch,
dass wir die Auswirkungen des eigenen Verhaltens auf andere beobachten und die entsprechenden
Signale nutzen.
Feedback geben verbindet sich meist mit drei Zielsetzungen:
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Ich will den anderen darauf aufmerksam machen, wie ich sein Verhalten erlebe und was es für
mich bedeutet (im positiven wie im negativen Sinn).
Ich will den anderen über meine Bedürfnisse und Gefühle informieren, damit er darüber
informiert ist, auf was er besser Rücksicht nehmen könnte. So muss er sich nicht auf
Vermutungen stützen.
Ich will den anderen darüber aufklären, welche Veränderungen in seinem Verhalten mir
gegenüber die Zusammenarbeit mit ihm erleichtern würde.
Die positiven Wirkungen von Feedback liegen darin, störende Verhaltensweisen zu korrigieren und
somit die Zusammenarbeit effektiver zu gestalten. Allerdings ist es keine leichte Angelegenheit,
Feedback zu geben oder zu nehmen. Es kann manchmal sehr wehtun, peinlich sein, Abwehr
auslösen oder neue Schwierigkeiten heraufbeschwören. Auch muss der offene Umgang mit Gefühlen
häufig erst gelernt werden.
Auch beim Feedback sollten bestimmte Regeln beachtet werden:
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Das Problem und die eigene Reaktion darauf auf der Sachebene beschreiben, keine
Verurteilungen oder Anklagen.
Das Feedback muss im eigenen Namen erfolgen, sprich per ich, nicht per man oder wir.
Auf konkrete Geschehnisse beziehen und Verallgemeinerungen vermeiden (also nicht: "Du
unterbrichst ständig".)
Feedback sollte möglichst bald auf das aktuelle Geschehen erfolgen und nicht erst Wochen
danach
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Feedback bezieht sich auf Handlungen des anderen und nicht auf seine Persönlichkeit (also
"Du hast viel geredet" und nicht "Du bist ein Vielredner")
Feedback ist nur sinnvoll, wenn es sich auf Verhaltensweisen bezieht, die der andere auch
ändern kann.
Die Entscheidung, Feedback zu geben oder nicht, bezieht auch die Bedürfnisse des
Empfängers mit ein.
Die Menge der Information, die mit dem Feedback einhergeht, muss angemessen sein.
Weniger ist mehr.
Feedback bezieht sich auf hilfreiche Verhaltensweisen ebenso wie auf störende.
Wie können Konflikte bewältigt werden?
Konflikte treten in Gruppen recht häufig auf. Sie sind Teil der Gruppendynamik und führen nach einer
erfolgreichen Bewältigung meist zu einer produktiven Arbeit.
Konflikte entstehen dann, wenn die betroffenen Parteien voneinander abhängig sind und eine oder
beide Parteien zum gleichen Zeitpunkt Handlungen beabsichtigen oder Durchführen, die zur Folge
haben (könnten), dass sich die andere Partei behindert, blockiert, bedroht oder verletzt fühlt. Die
Bedingungen, die zum Konflikt führen können z.B. Werte, Visionen, Ziele, Einstellungen, Motive,
Wahrnehmungen oder Verhaltensweisen sein.
Solange ein Konflikt existiert, hält er die Gruppe davon ab, Ziele geschlossen anzustreben, Aufgaben
koordiniert abzuwickeln und Beziehungen vertrauensvoll zu gestalten. Eine konstruktive Konfliktlösung
ist deshalb anzustreben.
Zur Bewältigung eines Konflikts kommen zwei Strategien in Frage:
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Pokerstrategie
In jedem Konflikt gibt es Sieger und Verlierer. Es muss sich auf Kosten der anderen Partei
durchgesetzt werden
Problemlösestrategie
Jeder Konflikt stellt ein Problem dar, das grundsätzlich lösbar ist und dessen gemeinsame
Lösung beiden Seiten Vorteile bringt.
Hilfestellungen zur Konfliktbewältigung
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Erregung kontrollieren
Der andere kann kritisiert werden, es ist ihm aber als Person Respekt und Achtung
zuzusichern. Bleibe auf der Sachebene.
Vertrauen herstellen
Offenbare Dich selbst, zeige Deine Gefühle und schone somit den anderen
Kommuniziere offen, beachte dabei:
o Situation
Ist der Ort günstig? Steht genügend Zeit zur Verfügung? Will ich mir die Zeit nehmen?
Soll eine dritte Partei hinzugezogen werden? (Dies ist dann zu empfehlen, wenn sich
eine Seite hoffnungslos unterlegen fühlt, nicht weiß, wie sie den Konflikt anpacken
soll, von sehr starken Gefühlen beherrscht wird wie Angst oder Wut).
o Wahrnehmung
keine diffusen Vermutungen äußern, sondern beobachtbare Ereignisse und
nachprüfbare Fakten in die Argumentation einbauen
o Gefühle
eigene Gefühle ansprechen
o Einstellungen
Vorteile eines kooperativen, Nachteile eines konkurrierenden Konfliktaustrags
besprechen, an die Selbstachtung der anderen Partei appellieren
o Problem lösen
Ist das Problem verständlich und klar definiert oder gibt es mehrere
Problemdefinitionen? Werden sowohl die sachlichen als auch die persönlichen
Aspekte des Problems berücksichtigt? Haben sich die Parteien die Zeit genommen,
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o
alle notwendigen Informationen zu sammeln und auszutauschen? Sind die
Zielvorstellungen der Parteien allen klar und verständlich? Sind die Parteien bereit,
verschiedene Lösungsvorschläge zu bearbeiten? Sind die Parteien bereit, nach einer
gemeinsamen Lösung zu suchen? Herrscht Übereinstimmung über die Präferenzen
bei der Bewertung einer Lösung? Wird bei der Entscheidung über eine Lösung
berücksichtigt, ob sie neuartig ist, Kompensation enthält oder Kompromisse zuläßt?
Sind alle Beteiligten bereit, die Entscheidung zu akzeptieren und zu tragen?
Persönlich verarbeiten
Der Konflikt ist erst dann bereinigt, wenn alle betroffenen Personen sagen können,
dass sie mit der getroffenen Vereinbarung leben und arbeiten können und keinen
Konflikt mehr empfinden.
Was sind Methoden kooperativen Lernens?
Nachfolgend werden Dir zwei Methoden für kooperatives Lernen vorgestellt:
1. Gruppenpuzzle
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Der Lernstoff wird entsprechend der Zahl der Gruppenmitglieder- in möglichst gleich
umfangreiche und gleich schwierige Abschnitte oder Bereiche aufgeteilt.
Jedes Gruppenmitglied entscheidet sich für einen der Abschnitte/Bereiche, um sich mit ihm
genauer auseinanderzusetzen.
Nachdem jedes Gruppenmitglieder Experte in seinem Gebiet geworden ist, treffen sich alle
wieder.
Jeder berichtet über sein Gebiet alle haben etwas zu sagen und jeder ist einmal in der Lehrerund in der Schülerrolle. Dem jeweiligen Sprecher wird aufmerksam zugehört. Bei
Schwierigkeiten sollte er nicht verunsichert, sondern durch Fragen unterstützt werden.
2. Reziprokes Paarlernen
(für 2-er Gruppen gedacht, kann aber auch in größeren Gruppen durchgeführt werden)
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Beide Personen lesen zunächst (jede für sich) den gleichen Textabschnitt.
Eine der beiden Personen fasst nun den Textabschnitt zusammen und erklärt ihn dem
Partner.
Dieser gibt nun Rückmeldung, zu dem was er hört, z.B. weist er auf Unklarheiten, andere
Auffassungen oder Interpretationen etc. hin. Die Verstehensprobleme werden gemeinsam
gelöst, Erklärungen für schwierige Textstellen gesucht, Verbindungen zum Vorwissen
hergestellt, Vergleiche zu anderen Problemen gezogen etc.
Jede Person liest den nächsten Abschnitt für sich durch.
Anschließend werden die Sprecher/Hörer-Rollen getauscht: Wer vorher zugehört hat, fasst
jetzt den Text zusammen und erklärt ihn. Das wechselseitige Erklären wird so lange
fortgesetzt, bis der Text durchgearbeitet ist. Wichtig dabei ist, dass die Rollen getauscht
werden, denn sonst profitiert i.d.R. nur diejenige Person, die aktiv erklärt.
Checkliste für die eigene Sozialkompetenz
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Drücke ich mich verständlich aus?
Höre ich den anderen aufmerksam zu?
Versichere ich mich, ob ich den anderen richtig verstanden habe z.B. durch paraphrasieren (=
mit eigenen Worten das Gesagte wiedergeben)?
Gehe ich auf meine eigenen Körpersignale und die der anderen ein?
Interpretiere ich häufig?
Denke ich über die Wirkung nach, die das, was ich sage, bei den anderen hervorrufen kann?
Versuche ich, offen zu kommunizieren, statt versteckte Botschaften auszusenden?
Bin ich authentisch?
Bin ich kritikfähig?
Bin ich bereit meine eigenen Erkenntnisse oder Konzepte zu verändern?
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Bin ich bereit, mein Verhalten so anzupassen, dass effektiv gearbeitet werden kann?
Bin ich bereit, die Spielregeln, die in der Gruppe bestehen, einzuhalten?
Checkliste für gruppenförderliches Verhalten
für Phase 1 des Gruppenprozesses
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Ist ungezwungenes Reden über verschiedene Themen möglich?
Finde ich die Gruppenmitglieder sympathisch?
Kann ich mit diesen Menschen offen sprechen?
Profitiere ich von der Arbeit in dieser Gruppe?
Kann ich mir vorstellen, mit dieser Gruppe über einen längeren Zeitraum hinweg
zusammenzuarbeiten?
Sind die verschiedenen Ziele und Anliegen geklärt?
Wurde ein gemeinsames Ziel gefunden?
Stimmen meine Ziele und Anforderungen mit denen der anderen Gruppenmitglieder überein?
für die Phasen 2 und 3 des Gruppenprozesses
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Steht für die Gruppensitzungen genügend Zeit zur Verfügung?
Sind alle pünktlich?
Führen alle die zugeteilten Aufgaben zuverlässig aus?
Halten sich alle Mitglieder an die vereinbarten Regeln?
Unterstützen sich die Gruppenmitglieder gegenseitig, oder findet Konkurrenzverhalten statt?
Geben die Gruppenmitglieder konstruktive Rückmeldung zu den von den einzelnen erbrachte
Leistung?
Artikulieren die Gruppenmitglieder ihre Ergebnisse und wird darüber diskutiert? (Gegensatz:
schriftliche Ergebnisse, die nicht diskutiert werden?)
Wird auf die Erklärungen, Standpunkte und Perspektiven aller Gruppenmitglieder
eingegangen?
Nimmt sich die Gruppe genügend Zeit, um sich auszutauschen und über ihr Tun zu
reflektieren?
Bestehen genügend Freiräume für Gedankenspiele und freie Assoziationen, oder werden
solche Aktivitäten von der Gruppe kaum gebilligt?
Fühle ich mich wohl in der Gruppe?
Kann ich die von der Gruppe gestellten Anforderungen erfüllen?
Fühlt sich jedes Gruppenmitglieder gleichermaßen für das Gruppengeschehen verantwortlich?
Wird versucht, einen Konsens zu erarbeiten?
Werden die Meinungen und nicht die Personen kritisiert?
Literaturangaben
Langmaack, B & Braune-Krickau, M. (1995). Wie die Gruppe laufen lernt. Anregungen zum Planen
und Leiten von Gruppen. Weinheim: Beltz Psychologie Verlags Union.
Friedrich, H.F. & Ballstaedt,S-P. (1995). Strategien für das Lernen mit Medien. Tübingen: Deutsches
Institut für Fernstudienforschung an der Universität Tübingen (DIFF).
Berkel, K. (1992). Konflikttraining. Arbeitshefte Führungspsychologie.Band 15. Heidelberg: Sauer
Verlag.
Quelle: http://leguan.emp.paed.uni-muenchen.de/strategien/lernen_in_gruppen.html (00-08-09)
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