Ergänzende Materialien zur Vorlesung Theoretische Mechanik, WS

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Ergänzende Materialien zur Vorlesung
Theoretische Mechanik, WS 2005/06
Dörte Hansen
Seminar 5- Teil I
1 Einige Beispiele zum Arbeiten mit dem -Pseudotensor und
mit dem ∇-Operator
Auf allgemeinen Wunsch sollen hier nochmals einige Beispiele zum Arbeiten mit dem
-Pseudotensor1 sowie mit dem ∇-Operator demonstriert werden.
Einige Bemerkungen zum Begriff des Operators
Ein in der Physik sehr häufig verwendeter Begriff ist der des Operators. Ein Operator
A : f (n) (I) → f (I) ordnet jeder Funktion f ∈ f (n) (I) eines Funktionenraumes eine
Funktion A(f ) ∈ f (I) zu. Ganz allgemein gesprochen, beschreibt ein Operator also die
Abbildung zwischen zwei Funktionenräumen. Für die Physik sind insbesondere Differentialoperatoren von Interesse. In der Tat kann man jede lineare Differentialgleichung in
Form einer Operatorgleichung schreiben. So lautet beispielsweise die Operatorform der
berühmten Differentialgleichung des gedämpften harmonischen Oszillators
Lx(t) = 0
Man sagt, der Operator
2
mit
L = dtd 2 + 2γ dtd + ω02 .
L(t) wird auf die Funktion x(t) angewendet.
Beispiele zur Arbeit mit dem ∇-Operator
Beispiel 1: ∇ · (f (r)A(r))
Gegeben sei eine Funktion F, die sich als Produkt einer skalaren Funktion f (r) und
eines Vektorfeldes A(r) darstellen läßt. Wir wollen nun die Divergenz dieser Funktion F
1
Dieser Pseudotensor ist auch als Levi-Civita Tensor bekannt, benannt nach dem italienischen Mathematiker Tullio Levi-Civita (29.3.1873-29.12.1941).
1
berechnen. Die Divergenz aber läßt sich als Skalarprodukt des Nabla-Operators mit F
auffassen,
divF = ∇ · F =
3
X
i=1
=
3
X
∂i Fi =
3
X
∂i (f Ai )
i=1
[(∂i f )Ai + f (∂i Ai )]
i=1
= (∇f ) · A + f (∇ · A)
= grad f · A + f div A.
Beispiel 2: ∇ ∧ (f (r)A(r))
Als nächstes betrachten wir die Rotation der Funktion F. Im ersten Seminar haben
wir gelernt, dass sich Kreuzprodukte mit Hilfe des -(Pseudo)Tensors in einer besonders
eleganten Form schreiben lassen,
a∧b=
3
X
ei ijk aj bk .
i=1
Diese Regel trifft natürlich auch auf die Rotation eines Vektors zu, die als vektorielle
Multiplikation des Nabla-Operators mit diesem Vektor aufgefaßt werden kann. In unserem Fall bedeutet das
X
rot F = ∇ ∧ F =
ei ijk ∂j (f Ak )
ijk
=
X
ei ijk (∂j f )Ak + f (∂j Ak ) .
ijk
Der erste Term
X
ei ijk (∂j f )Ak ,
ijk
läßt sich auch wie folgt schreiben:
X
X
ei ijk (∂j f )Ak =
ei ijk (∇f )j Ak = (∇f ) ∧ A, ,
ijk
ijk
so dass
rot F = (∇f ) ∧ A + f (∇ ∧ A)
ist.
2
Beispiel 3: Eine nützliche Identität in der Elektrodynamik
Bekanntlich gilt in der Elektrodynamik die Kontinuitätsgleichung
∂ρ(r, t)
+ ∇ · j(r, t) = 0,
∂t
wobei ρ(r, t) die elektrische Ladungsdichte und j(r, t) die vektorielle Stromdichte ist.
Hängt ρ nicht explizit von der Zeit ab, so folgt daraus sofort ∇ · j(r, t) = 0, d.h. j ist
quellenfrei. Wir wollen nun zeigen, dass
∇ · jr = j
(1)
ist2 . Der Beweis kann leicht erbracht werden, indem man sich die linke Seite der Gl. (1)
in Indexschreibweise aufschlüsselt. Man findet dann
X
X
X
∇ · j(r, t)r =
∂j (jj xi ei ) =
[ei xi (∂j jj ) + jj ∂j xi ei ] = r(∇ · j) +
δij jj ei
i,j
ij
ij
= r(∇ · j) + j = j,
wobei wir im letzten Schritt die Quellenfreiheit der Stromdichte j vorausgesetzt haben. Wir wollen nun diese Identität (1) verwenden, um zu zeigen, dass das magnetische
Feld B keinen Monopolanteil in sich trägt. Bekanntlich läßt sich das quellenfreie BFeld (Maxwell-Gleichung: ∇ · B = 0) als Rotation eines Vektorpotentials A darstellen.
Dieses Vektorpotential kann ganz allgemein in Form der folgenden Integraldarstellung
wiedergegeben werden:
Z
µ0
j(r0 , t)
A(r, t) =
dV 0 ,
(2)
4π
|r − r0 |
wobei eventuell noch die jeweils zutreffenden Randbedingungen berücksichtigt werden
müssen. Leider ist dieses Integral nur in sehr wenigen Fällen explizit lösbar. Da wir uns
jedoch nicht in, sondern außerhalb der Stromverteilung befinden und uns auch nur dieser Außenbereich für Messungen zugänglich ist, genügt es in den meisten Fällen, eine
Fernfeldanalyse des Vektorpotentials zu betrachten. Die Idee ist dabei: wie sieht das
Vektorfeld aus sehr großer Entfernung aus, und wie ändert es sich, wenn sich der Beobachter der Stromverteilung weiter annähert. Diese Überlegung führt auf die sogenannte
Multipolzerlegung. Für |r| |r0 | läßt sich der Integrand von Gl. (2) in eine Taylorreihe
um r0 = 0 entwickeln,
1
1 X (xi − x0i ) 1 1 X ∂2
0
= −
· (−xi ) +
· (−x0i )(−x0j ) + · · ·
|r − r0 |
r
|r − r0 |3 0
2
∂xi ∂xj r − r0 | r0 =0
i
ij
r =0
δij
xi xj
1 X xi x0i 1 X
= +
+
− 3 +3 5
x0i x0j + · · · .
r
r3
2
r
r
i
2
ij
Diese etwas ungewohnte Notation bedeutet, dass der Nabla-Operator zwar skalar mit j multipliziert
wird, jedoch auf alle Funktionen, die rechts von ihm stehen, wirkt. In (1) steht also keinesfalls die
Divergenz von j.
3
Setzen wir diese Entwicklung in (2) ein, so ergibt sich


Z
2
0
X
X
3xi xj − δij r 0 0
1
xi xi 1
µ0
j(r0 , t)  +
+
xi xj + · · ·  dV 0 .
A(r, t) =
4π
r
r3
2
r5
i
(3)
ij
Der erste Term,
A
(0)
Z
µ0
=
4πr
j(r0 , t)dV 0
entspricht dem Monopolanteil des Vektorfeldes3 . Formen wir diesen Term mit Hilfe von
Gl. (1) in eine totale Divergenz um, so finden wir in der Tat
Z
Z X
j(r0 , t)dV 0 =
∂k (jk (r0 )r0 )dV 0 = 0,
k
wobei wir die Grenzen des Volumens V 0 ins Unendliche geschoben haben. Das Verschwinden dieses Terms verdeutlicht die Nichtexistenz magnetischer Monopole in der
klassischen Maxwell-Theorie.
Vom Arbeiten mit dem Kronecker-δ
Im dritten Term der Multipolentwicklung (3) kam bereits der Ausdruck
X
(3xi xj − δij r2 )x0i x0j
ij
vor. Da
X
ij
δij r2 x0i x0j =
X
r2 x0i x0i = r2 r02 ,
i
kann man in obigem Ausdruck auch xi und x0i vertauschen, so dass
X
X
(3xi xj − δij r2 )x0i x0j =
(3x0i x0j − δij r02 )xi xj
ij
ij
gilt. Dieser kleine Trick wird bei der noch zu besprechenden Dynamik des starren Körpers
helfen, die Elemente des dort auftretenden Trägheitstensors zu definieren.
3
Diese Bezeichnung wird beim Blick auf die Elektrostatik verständlich. Das Potential Φ des elektrischen
R
0
,t)
Feldes hat ebenfalls eine Integraldarstellung der Form ρ(r
dV 0 , wobei die elektrische Ladungsdich|r−r0 |
te ρ an die Stelle Rder Stromdichte j tritt. Der führende Term in der Taylorentwicklung um r0 = 0 lautet
in diesem Fall r1 ρ(r0 , t)dV 0 = Q
, was gerade dem POtential einer Punktladung - eines elektrischen
r
Monopols – entspricht.
4
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