RUHEN ODER RENNEN -SPORT IN DER KREBSNACHSORGE Seit kurzem liegen neue Untersuchungsergebnisse vor, die besagen, dass durch ein bestimmtes krankengymnastisches Training diese Beschwerden der Chemotherapie-Patienten deutlich gelindert werden können. Dieses Training bietet die Klinik für Hämatologie und Onkologie und das Euregio-RehaTeam am St.-Antonius-Hospital jetzt an. Neues Training für Chemotherapie-Patienten „No sports“, wird der ehemalige britische Premierminister Winston Churchill gerne zitiert. Heute wissen wir, dass der passionierte Zigarrenraucher zumindest in dieser Frage irrte. Wer sich fünf- bis sechsmal pro Woche mindestens eine Stunde lang sportlich betätigt, ist weniger krebsanfällig als Menschen, die den „inneren Schweinehund“ nicht überlisten können. Zwar gibt es heute noch keine absolut gesicherten wissenschaftlichen Erkenntnisse darüber, wie sich Sport in der Chemotherapie auswirkt, aber auch hier tut sich etwas. Dabei wird die körperliche Aktivität pro Stunde in MET (Intensitätseinheiten) gemessen. Die Bewertung reicht vom Ruheumsatz 1 MET für ruhiges Sitzen bis zu 11 MET für eine Stunde Laufen (ca. 11 Kilometer). Medizinische Studien zur Verbesserung der Abwehrlage und Krebserkrankungen kommen zum Ergebnis, dass sich körperliche Betätigungen von 18 MET pro Woche nachweislich günstig auf die gesundheitliche Gesamtsituation des Patienten auswirken. Dem Krebs kann man sicher nicht davon laufen. Trotzdem sind immer mehr Krebspatienten sportlich aktiv, weil die Bewegung ihr Wohlbefinden steigert. Noch bis vor wenigen Jahren lauteten die Empfehlungen, frühestens sechs Monate nach dem Ende einer Chemo- oder Strahlentherapie mit dem Sport wieder zu beginnen. Diese Einstellung hat sich inzwischen komplett geändert. Offenbar nutzt der Sport den Patienten in vielerlei Hinsicht, wenn zwei Voraussetzungen erfüllt sind: erstens muss die gewählte Sportart Spaß machen und zweitens sollte die körperliche Belastung eher mäßig sein, Spitzenbelastungen sind zu vermeiden. Mit Unterstützung der Sporthochschule Köln wurde für dieses Training in der sechsten Etage des Krankenhauses ein Übungsraum eingerichtet, in dem auch wissenschaftliches Arbeiten im Rahmen einer Studie möglich ist. „Diese Studie in Zusammenarbeit mit der Kölner Sporthochschule ist in Deutschland zur Zeit einzigartig“, berichtet Oberärztin Dr. Petra Heinen. Aus Untersuchungen an Sportlern weiß man, dass kontrollierte körperliche Aktivität das Immunsystem stärkt, die Sauerstoffversorgung der Zellen und des gesamten Organismus verbessert. Sportlich aktive Menschen fühlen sich insgesamt wacher und leistungsfähiger. Das neue PNP-Kleingruppentraining findet zweimal wöchentlich statt. Die Übungen sind so konzipiert, dass viele davon auch ohne Probleme daheim ausgeführt werden können, um eine langanhaltende Besserung zu erzielen. Das sogenannte sensomotorische Training, vergleichbar mit einem Gleichgewichtstraining, eignet sich für Patienten jeden Alters. Bei der Behandlung mit verschiedenen Chemotherapien kann es zu Gefühlsstörungen in Händen und Füßen kommen, die der Mediziner Polyneuropathe (PNP) nennt. Diese Nervenstörungen machen sich beim Patienten als kribbelndes, brennendes oder taubes Gefühl bemerkbar und können ohne hinreichende Therapie zu lebenslangen Beschwerden führen, die oft die Lebensqualität beeinträchtigen. „ Diese Studie in Zusammenarbeit mit der Kölner Sporthochschule ist in Deutschland zur Zeit einzigartig “ Dr. Petra Heinen Dr. med. Petra Heinen Fiona Streckmann, Sporthochschule Köln PD Dr. med. Thomas Elter, Uniklinik Köln PD Dr. med. Peter Staib 30 31 Die Übungen stimulieren mit ihren kurzen Zyklen (20 Sekunden Training, eine Minute Pause) die Nervenbahnen und verbessern die motorischen Reflexe. Die sportlich aktiven Chemotherapie-Patienten fühlen sich im Allgemeinen weniger schlapp und müde. Das oft beschriebene Fatigue-Syndrom, also die krankheits- und therapiebedingte Müdigkeit, kommt bei ihnen seltener vor. Außerdem, und das ist das Wichtigste: Die Patienten spüren selbst, dass sie trotz ihrer Krankheit noch leistungsfähig sind. Der Sport lenkt sie von der Erkrankung ab, sie sind weniger schmerzempfindlich, kurz: Sie steigern mit dem Sport ihr allgemeines Wohlbefinden und nach neuesten Erkenntnissen auch ein positives Ergebnis der Krebstherapie. Trainiert wird insgesamt eine Stunde an Kleingeräten. Zu erwarten sind keinerlei Nebenwirkungen, denn für dieses neue PNP-Training sind weder besondere sportliche Fähigkeiten, noch besondere körperliche Fitness notwendig. Angeboten wird der Kurs am Eschweiler Krankenhaus sowohl für stationäre wie ambulante Onkologie-Patienten. Sicher ist auf jeden Fall, dass auch das spezielle PNP-Training beweist, dass Sport treiben gesünder ist, als bloß Sportschau gucken. Wenn das Winston Churchill gewusst hätte…