M A R K T U N D I N N O VAT I O N E N Forever Young? Jugendlich wirkende Zähne ohne Präparation Ein Beitrag von Dr. Wanderley de Almeida Cesar Jr., Maringá/Brasilien Die Arbeit mit Komposit erfordert vom Behandler neben den theoretischen Kenntnissen auch etwas Geduld und manuelles Geschick. Das gilt besonders bei der Gestaltung des Frontzahnbereiches. Es kommt darauf an, die jeweils angemessene Applikationsmenge an der richtigen Stelle zu platzieren und die einzelnen Schichten mit Bedacht zu legen. Generell gilt hierbei, das Ziel in Form, Design oder Bild vor Augen zu haben. Die ersten Arbeitsschritte einer Kompositrestauration im Frontzahnbereich sind das Wax-up und die Analyse der Zahnform, der Lippenschlusslinie sowie des Lächelns aus verschiedenen Perspektiven. Dazu gesellen sich Überlegungen zum Ergebnis. Selbstverständlich sollte das Anliegen des Patienten in der Behandlungsplanung berücksichtigt werden. Das Konzept Hat der Patient den Wunsch einer jugendlich optischen Wirkung der Frontzähne, kann dieser mit Komposit minimal- beziehungsweise noninvasiv erfüllt werden. Für das gewünschte Ergebnis bedarf es einer dreidimensionalen Form des Zahnes. Es darf auch nicht vergessen werden, dass ein als jugendlich charakterisierter Zahn eine höhere Transluzenz aufweist und in den bläulichen oder gräulichen Bereichen zwischen den Dentinmamelons das Licht absorbiert. Im Gegenzug reflektieren vor allem im Inzisalbereich die Mamelons das Licht. In den Approximalbereichen kann es in kleinerem Ausmaß erhöhte Lichtabsorptionseffekte geben. Um diese absorbierenden Bereiche zu immitieren, können wir Farbstoffe oder transluzente Komposite verwenden. Aber das Wichtigste ist, die Dentin- 1 | teamwork J CONT DENT EDUC 3/2012 massen von zervikal nach inzisal kontrolliert zu applizieren und Freiräume für transluzente Effekte zwischen den Mamelons zu lassen. Hierfür bedarf es eines Komposits, welches das Licht reflektiert ohne opak zu sein. Zur Anwendung kam im nachfolgend beschriebenen Fall Amaris (Voco), ein ästhetisches lichthärtendes Füllungsmaterial, welches im Aufbau mit opaken Grund- beziehungsweise Dentinfarben, transluzenten Schmelzfarben sowie Individualbeziehungsweise Effektfarben eine natürliche Zahnästhetik in einer einfach zu handhabenden Schichttechnik ermöglicht. Amaris ist vielseitig einsetzbar, leicht zu verarbeiten und erlaubt eine intuitive Farbauswahl. Das System besteht aus fünf Grund- beziehungsweise Dentinfarben, drei transluzenten Schmelzfarben und zwei Individual- beziehungsweise Effektfarben (letztere als fließfähige Komposite). Dieses Konzept hat eine Vorreiterrolle im aktiven Farbmanagement durch den Zahnarzt; selbst weniger erfahrenen Anwendern erleichtert es die richtige Farbauswahl ungemein. Intuitive Methode der visuellen Beurteilung Im Folgenden wird eine Sequenz des intuitiven Farbmanagements beschrieben. Die gleiche Vorgehensweise gilt auch für ein Restaurations-Mock-up: 1. Schichten des Dentins nach der Auswahl einer der opaken Grundfarben 2. Überprüfen der Farbe: Entspricht sie annähernd der gewünschten Zahnfarbe, kann die Schichtung fortgesetzt werden. Mit einem neutralen transluzenten Material (Translucent Neutral TN) kann der Farbeindruck beibehalten und Tiefe geschaffen werden. M A R K T U N D I N N O VAT I O N E N Abb. 1 Mit den Lippen in halb geöffnetem Zustand sind keine Oberkieferzähne sichtbar. Dies war das Hauptproblem aus Sicht des Patienten Abb. 2 Abgleich der Zahnfarbe mit einer Farbe aus der Vita Classical Skala (B3) Abb. 3 Vor der Zahnaufhellung erfolgte die Trockenlegung Abb. 4 Ergebnis nach der Zahnaufhellung Ist die Zahnfarbe zu hell, wird die Schichtung mit einem dunkleren transluzenten Material (Translucent Dark TD) fortgesetzt. Diese Farbe verringert die Helligkeit und Farbintensität der Restauration und gibt Tiefe. Ist die Zahnfarbe zu dunkel, wird die Schichtung mit einem helleren transluzenten Material (Translucent Light TL) fortgesetzt, denn dies erhöht die Helligkeit und Farbintensität unter Erhalt der notwendigen Tiefe und Transluzenz. 3. Im dritten Schritt kann die Restauration mit der gewählten transluzenten Farbe fertiggestellt werden. Alternativ können Effekte unter Verwendung der Individualfarben appliziert werden, zum Beispiel: zervikal mehr Farbintensität geben, die Helligkeit im mittleren Drittel erhöhen et cetera. Ruheposition oder in halb geöffnetem Zustand die oberen Zähne vollständig bedeckten (Abb. 2). Eine Präparation der Zähne lehnte der Patient von vornherein ab, was eine Versorgung mit Keramikveneers ausschloss. Klinischer Patientenfall In der hier präsentierten Situation äußerte der Patient den Wunsch einer ästhetischen Verbesserung. Unter anderem sollten seine Zähne beim Sprechen sichtbar sein (Abb. 1). Es störte ihn ungemein, dass die Lippen in der Mithilfe eines additiven Wax-up und einer Okklusionsanalyse wurde geprüft, ob eine Verlängerung der Frontzähne mit Komposit sowie die Schaffung von Inzisalkanten mit Opaleszenzeffekt und Absorptionsmassen möglich wären – ohne die Zähne zu präparieren. Ganz im Sinne des Patienten konnte wir die Therapie auf diesem noninvasiven Weg beginnen. Es wurde keine Zahnhartsubstanz präpariert, lediglich der Schmelz wurde angeätzt. Dies sollte die reine Schmelzhaftung sowie die Ergebnissicherheit unterstützen. Vor der Behandlung wurde eine lichtaktivierte Zahnaufhellung unter Verwendung einer UV-Lampe (Zoom 2!, Discus Dental) vorgenommen und das gewünschte Ergebnis in zwei Sitzungen erzielt. Die folgende Dokumentation zeigt die einzelnen Behandlungsschritte detailliert auf (Abb. 1 bis 20). teamwork 3/2012 | 2 M A R K T U N D I N N O VAT I O N E N Abb. 5 Die Kontur des Inzisalbereiches wurde nach dem Wax-up mit einem Silikonschlüssel festgehalten. Als Basis für die Charakterisierung des inzisalen Bereiches wurde das transluzente Komposit Amaris Flow HT (High Translucent) appliziert Abb. 6 Die Mamelons wurden mit einer Schicht Amaris O1 unter Beimischung einer kleinen Menge Flow HO (High Opaque) aufgebaut und so gestaltet, dass für die transluzenten Massen Platz vorhanden ist. Wichtig ist die dreidimensionale Gestalt der aufgetragenen Inkremente, die zervikal eine größere Dicke aufweisen und sich nach inzisal hin verjüngen Abb. 7 Ein dünner Strang Komposit der Farbe O2 wurde aufgetragen. So wurde ein opaker Hof gebildet, der häufig bei jugendlichen Zähnen zu finden ist. Die Farbe wurde eine Intensitätsstufe niedriger gewählt, da der Hof fast immer von der Opaleszenz des inzisalen Bereiches beeinflusst wird (durchscheinendes Licht) Abb. 8 Modellation mit einem Pinsel aus Marderhaar (Line Artiste, Hot Spot Design) Abb. 9 Ein Flow-Komposit (High Translucent) wurde zwischen den Mamelons aufgetragen Abb. 10 Es folgte etwas Schmelzmaterial: Im zervikalen Drittel wurde ein neutrales transluzentes, im mittleren Drittel ein helles transluzentes und im inzisalen Drittel wieder neutrales transluzentes Komposit gelegt Abb. 12 Mit einem Feinkorndiamanten wurde das Ausarbeiten begonnen. Ein zweifarbiger Buntstift (Hot Spot Design) wurde benutzt, um die Winkel für die Lichtreflexion an die richtige Stelle zu setzen Abb. 11 Für die anderen Zähne wurde die gleiche Vorgehensweise gewählt. Die Restauration mit transluzentem Komposit in den Zwischenräumen der Mamelons 3 | teamwork J CONT DENT EDUC 3/2012 Abb. 13 Die roten Striche wurden weggeschliffen. Sie dienten der Markierung von Überschüssen M A R K T U N D I N N O VAT I O N E N Abb. 14 Der Prämolar (Zahn 24) wurde optisch in einen Eckzahn und der Eckzahn optisch in einen seitlichen Schneidezahn umgewandelt Abb. 15 Nach Fertigstellung der anatomischen Grundform wurden die mesialen und distalen Längsrillen geschaffen Abb. 16 Ein Gummipolierer diente dazu, die bei der Formgebung hinterlassenen Spuren der Diamantschleifkörper zu verwischen. Mit demselben Polierer wurden die mesialen und distalen Rillen verbreitert Abb. 17 Mit einem Silizium-Karbid-Bürstchen wurde ein natürlicher Glanz erzeugt Abb. 18 Mit einer samtartigen Polierscheibe und einer Aluminiumoxid-Paste wurde auf Hochglanz poliert Abb. 19 Das Ergebnis unmittelbar nach der Behandlung Abb. 20 Die Zähne sind nun auch in Ruheposition der Lippen sichtbar teamwork 3/2012 | 4 M A R K T U N D I N N O VAT I O N E N Abb. 21 Der Eckzahn (Zahn 23) wurde optisch in einen seitlichen Schneidezahn (Zahn 22) und der Prämolar (Zahn 24) optisch in einen Eckzahn (Zahn 23) umgewandelt. Um den gingivalen Verlauf der geänderten Zahnform anzupassen, wurde der optisch umgewandelte „Ex-Eckzahn“ zervikal farblich charakterisiert Abb. 22 Detailansicht der vestibulären Flächen der mittleren Frontzähne. Man beachte die gleichmäßige Morphologie Abb. 23 Das Lippenbild des definitiven Ergebnisses Abb. 24 Mit dem Kompositsystem Amaris ist es auf noninvasivem Weg gelungen, ein ästhetisches Ergebnis zu erzielen Fazit Die Restauration – Komposit-Facetten im Oberkiefer bis zu den Prämolaren – wurde ohne Abtrag von Zahnhartsubstanz realisiert. Man beachte, dass Zahn 23, der optisch in Zahn 22 umgewandelt wurde, größer ist als sein Pendant Zahn 12 im gegenüberliegenden Quadranten. Das zeigt, dass der Eckzahn bei seiner Umwandlung in einen seitlichen Schneidezahn vorher tatsächlich nicht beschliffen wurde. Es soll noch einmal betont werden, dass diese Vorgehensweise auf Wunsch des Patienten gewählt wurde und seine Aversion gegen den Gebrauch von Schleifkörpern auch während der Behandlung unvermindert fortbestand. Mit dem verwendeten Material wurde es möglich, diese Patientenwünsche zu respektieren und trotzdem ein ästhetisches Ergebnis zu erzielen. 5 | teamwork J CONT DENT EDUC 3/2012 Korrespondenzadresse Dr. Wanderley de Almeida Cesar Jr., Avenida Euclides da Cunha 685 Zona 4 Maringá/Brasilien [email protected] Dieser Artikel wurde erstmalig veröffentlicht in Surya News, O Guia de Compras de Profissional de Odontologia (= magazine of Surya Dental, Brazil), (18), No 25, April 2011, Seite 90 - 101. Bei dem vorliegenden Text handelt es sich um den leicht gekürzten Beitrag.