Zentrum für Strahlentherapie - Radioonkologie Rheine - Osnabrück Patientenleitfaden Perkutane Strahlentherapie beim Prostatakarzinom Zentrum für Strahlentherapie – Radioonkologie Rheine – Osnabrück Zentrum für Strahlentherapie - Radioonkologie Rheine - Osnabrück Sehr geehrter, lieber Patient, bei Ihnen wurde ein Prostatakarzinom festgestellt. Die Strahlentherapie des Prostatakarzinoms ist ein hochwirksames Behandlungsverfahren mit einer sehr guten Chance auf eine dauerhafte Heilung. Einige Patienten werden wegen eines Tumorrückfalls oder wegen verbliebenem Tumor nach einer Radikaloperation bestrahlt. Auch in diesen Fällen besteht, in Abhängigkeit von der Erkrankungssituation, eine gute Chance der Tumorrückbildung. Dieser Leitfaden soll Sie über Ihre Erkrankung, die strahlentherapeutischen Behandlungsverfahren, den Ablauf der Strahlentherapie und über mögli- che Nebenwirkungen der Therapie informieren. Der Leitfaden soll nicht das ausführliche Gespräch mit Ihrer behandelnden Ärztin oder dem behandelnden Arzt ersetzen, er dient vielmehr der Vertiefung und als „Gedächtnisstütze“. Bei Interesse an weiterführender Information und Beratung, haben wir einige Literaturvorschläge und Kontaktadressen auf den letzten Seiten des Leitfadens aufgeführt. Wir hoffen, daß die in diesem Leitfaden enthaltenen Informationen eine Hilfe für Sie sind, um diese für Sie persönlich schwierige Zeit leichter zu bewältigen. Für Ihre Zukunft wünschen wir Ihnen alles Gute Ihr Praxisteam Abb.: Ihr Praxisteam in Rheine Abb.: Ihr Praxisteam in Osnabrück Zentrum für Strahlentherapie - Radioonkologie Rheine - Osnabrück Inhaltsverzeichnis 4 5 6 7 10 11 13 14 Das Zentrum für Strahlentherapie und Radioonkologie Rheine-Osnabrück Kontakt Wissenswertes über die Prostata und das Prostatakarzinom 15 16 18 Prostatakrebs, Diagnose und Untersuchungen Therapiemöglichkeiten beim Prostatakrebs 20 Nebenwirkungen 21 22 23 03 Maßnahmen zur Schonung der Harnblase und des Enddarms Ablauf der Strahlentherapie Strahlentherapeutische Verfahren beim Prostatakarzinom 19 Argumente für die OP, Argumente für eine Strahlentherapie Vorbereitungsmaßnahmen vor Beginn der Strahlentherapie Die Therapieentscheidung Die Perkutane Strahlentherapie, Das Bestrahlungsgerät Was kann ich als Patient selber tun? Weitere Informationen; Selbsthilfegruppen, Literaturtipps (Auswahl) Selbsthilfegruppen, Beratungs dienste Das Zentrum für Strahlentherapie und Radioonkologie Rheine - Osnabrück 1999 wurde die Praxis für Strahlentherapie und Radioonkologie am Mathiasspital in Rheine durch die Strahlentherapeuten Dr. med. Klaus Ostkamp und Dr. med. Günter Hampel gegründet. Zu dem Zeitpunkt war die Praxisgründung eine der ersten Praxisgründungen für Strahlentherapie in Deutschland. Ausgestattet war die Praxis mit den zu der Zeit modernsten strahlentherapeutischen Geräten. Im Jahr 2007 wurde das Zentrum für Strahlentherapie und Radioonkologie am Klinikum Osnabrück in Betrieb genommen. Von Beginn an wurden dort die aktuell modernsten strahlentherapeutischen Behandlungsverfahren angeboten. Im September 2008 wurde ein weiterer Linearbeschleuniger der neusten Generation in Rheine installiert. Parallel wurde eine umfassende technische Aufrüstung auf den aktuellen Stand der strahlentherapeutischen Technik durchgeführt. Die beiden Praxen verfügen nun über insgesamt 3 Linearbeschleuniger zur perkutanen Strahlentherapie. Alle innovativen Behandlungsverfahren der Strahlentherapie (3-D-konformale Strahlentherapie, Intensitätsmodulierte Strahlentherapie = IMRT, bildgeführte Strahlentherapie = IGRT und stereotaktische Hochpräzisionsbestrahlungen im Gehirn und Körper) können durchgeführt werden. Die beiden Praxen verfügen über 33 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter (5 Fachärztinnen und Fachärzte für Strahlentherapie, 4 Medizinische Diplomphysikerinnen und Diplomphysiker, 16 medizinisch-technische Radiologieassistentinnen- und Assistenten und 7 Arzthelferinnen und Krankenschwestern. Pro Jahr behandeln wir insgesamt über 2000 Patientinnen und Patienten mit Krebserkrankungen, davon ca. 250 Patienten mit einem Prostatakarzinom. 04 Dr. med. G. Hampel Dr. med. St. Hesselmann Dr. med. T. Ph.Nguyen Dr. med. K. Ostkamp- Dr. med. A. Radmad Morgenthaler Kontakt Adresse Adresse Gemeinschaftspraxis für Strahlentherapie-Radioonkologie am Mathiasspital Rheine Sprickmannstrass 36 48432 Rheine Zentrum für Strahlentherapie, am Klinikum Osnabrück Am Finkenhügel 5 49076 Osnabrück Telefon 05971 160980 Telefon 0541 8004970 Fax 05971 1609890 Fax 0541 80049750 Mail [email protected] Mail [email protected] Internet www.strahlenbehandlung.de Internet www.strahlenbehandlung.de 05 Wissenswertes über die Prostata und das Prostatakarzinom Abb.: schematische Darstellung der Prostata und ihre Lagebeziehung zu den Beckenorganen Quelle: Takeda Pharma muskel (s. Abb.). Die Prostata ist eine Drüse und produziert Sekret für die Samenflüssigkeit. Die innere Schließmuskulatur verschließt bei der Ejakulation die Harnröhre und sorgt für den Ausstoß der Samenflüssigkeit über die Harnröhre nach außen. Bei einer Operation wird der innere Schließmuskel mit der Prostata entfernt. Dann kommt es zu einem „retrograden Samenerguss“ in die Harnblase. Die Prostata liegt zwischen Harnblase und Beckenboden und hat nach hinten Kontakt mit dem Enddarm. Bei einer vergrößerten Prostata kann sich die Prostata in die Harnblase oder den Enddarm vorwölben. Durch die Prostata zieht die Harnröhre, in diese münden die Samenleiter. Die Samenbläschen liegen hinten oberhalb der Prostata. Unterhalb der Prostata liegt der äußere, willentlich beeinflussbare Harnblasenschließ- 06 Ab der Pubertät kommt es unter dem Einfluss des männlichen Geschlechtshormons Testosteron zu einer Größenzunahme der Prostata. Bei ungefähr 50% der Männer kommt es ab dem 40. Lebensjahr zu einer weiteren gutartigen Vergrößerung der Prostata (Benigne Prostatahypertrophie, BPH). Die gutartige Vergrößerung geht von den Innendrüsen der Prostata aus und kann durch Druck auf die Harnröhre zu einem abgeschwächten Harnstrahl und gehäuftem, insbesondere nächtlichem Wasserlassen führen. Prostatakrebs, Diagnose und Untersuchungen Das Prostatakarzinom ist die häufigste Krebserkrankung beim Mann. Ab dem 50. Lebensjahr steigt das Risiko an einem Prostatakarzinom zu erkranken kontinuierlich an. Der Prostatakrebs kann sich ähnlich der gutartigen Prostatavergrößerung durch Beschwerden beim Wasserlassen bemerkbar machen. Dann liegt allerdings häufig schon ein fortgeschrittener Tumor vor. Im Gegensatz zur gutartigen Prostatavergrößerung entwickeln sich die Prostatakarzinome häufig in den Außendrüsen der Prostata und entwickeln erst spät Druck auf die zentral durch die Prostata verlaufende Harnröhre. Am häufigsten wird heutzutage der Verdacht auf das Vorliegen ein Prostatakarzinom durch eine im Rahmen der Früherkennung durchgeführte Bestimmung des prostataspezifischen Antigens (PSA) gestellt. 07 Abb.: Der Behandlungsraum des Zentrums für Strahlentherapie in Osnabrück Besteht wegen eines erhöhten PSA – Wertes der Verdacht auf ein Prostatakarzinom, werden weitere Untersuchungen durchgeführt (Abtasten der Prostata, Ultraschall). Wenn in Zusammenschau der Befunde der Verdacht auf ein Prostatakarzinom besteht, werden mit einer dünnen Nadel unter Ultraschallkontrolle Gewebeproben (Biopsien) aus der Prostata gewonnen und untersucht. Bei Diagnose eines Prostatakarzinoms in der Biopsie müssen u.U. weitere Untersuchungen durchgeführt werden um die genaue Tumorausdehnung zu bestimmen. Nur durch genaue Kenntnis der Tumorausdehnung kann eine optimale (an das Tumorstadium angepasste) Therapie erfolgen. Bei Vorliegen von Knochen- oder Organmetastasen ist eine dauerhafte Heilung der Erkrankung nicht möglich. Auch bei Vorliegen von Metastasen in benachbarten Lymphknoten ist eine Dauerheilung nur in seltenen Fällen möglich. 08 Für die weitere Therapie ist die Beantwortung folgender Fragen wichtig: ■ Wie groß ist die Ausdehnung des Tumors in der Prostata g Tumor in einem oder beiden Lappen, wieviel Prozent der Prostata ist befallen? ■ Ist der Tumor durch die Prostatakapsel nach außen gewachsen; ist er in die Samenblasen eingewachsen? ■ Sind benachbarte Lymphknoten vom Tumor befallen (Lymphknotenmetastasen)? ■ Sind Tumorzellen über die Blutbahn in andere Organe gelangt (insbesondere in die Knochen g Knochenmetastasen)? Anhand der Höhe des PSA - Wertes, des Befundes der Biopsie und des Tast- und Ultraschallbefundes kann man mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit voraussagen, ob ein fortgeschrittenes Tumorstadium vorliegt (Tumor außerhalb der Prostata, Lymphknotenmetastasen, Knochen- oder Organmetastasen). Zur genaueren Beurteilung der Erkrankungssituation werden von Ihrem Arzt ggf. zusätzliche Untersuchungen veranlasst: ■ Knochenszintigrafie g Nachweis von Knochenmetastasen ■ Computertomografie oder Kernspintomografie der Prostata, des Beckens und des Bauchraums g Nachweis eines Tumorbefalls außerhalb der Prostata, Befall der Lymphknoten oder anderer Organe Die oben genannten Untersuchungen haben nur eine begrenze Nachweiskraft, insbesondere bei Vorliegen von Lymphknotenmetastasen. In bestimmten Situationen ist es daher u.U. sinnvoll, zur genauen Beurteilung ob Lymphknotenmetastasen vorliegen, durch eine kleine Operation (endoskopisch, Schlüssellochchirurgie) Lymphknotengewebe zu entfernen und zu untersuchen. Bei nicht befallen Lymphknoten kann auf eine Bestrahlung der Lymphknoten verzichtet werden, was zu einer Verkleinerung des Behandlungsgebietes und besseren Verträglichkeit führt. 09 Therapiemöglichkeiten beim Prostatakrebs Bei der Therapie des Prostatakarzinoms kommen folgende Behandlungsverfahren zum Einsatz: bei heilbarer Tumorerkrankung g kurative (=auf Heilung abzielende) Therapieverfahren: ■ ■ ■ ■ Operation Bestrahlung bei Tumorrückfall nach der Operation Strahlentherapie (ggf. in Kombination mit einer Antihormontherapie) selten Kryotherapie (Kältebehandlung), HIFU (Ultraschall) bei nicht dauerhaft heilbarer metastasierter Erkrankung g palliative (auf Lebensverlängerung Linderung und Vorbeugung von Beschwerden abzielende Therapie) ■ ■ ■ ■ Antihormontherapie Chemotherapie palliative Bestrahlung (z.B. Knochenmetastasen) palliative Operation 10 bei gleichzeitiger Schonung des umliegenden Gewebes. Bei Vorliegen eines nicht metastasierten Prostatakarzinoms (keine Lymphknoten-, Knochen- oder sonstigen Organmetastasen) besteht eine sehr gute Chance der dauerhaften Tumorheilung. Dies hat dazu geführt, dass die Heilungsraten nach einer Strahlentherapie denen der Operation vergleichbar sind. Aber auch bei lokal fortgeschrittenen Erkrankungen (z.B. Tumordurchbruch durch die Prostatakapsel) kann eine effektive Therapie durchgeführt werden. Bis zu 40-60% der Patienten können noch geheilt werden; bei den übrigen kann das Tumorwachstum meistens über einen langen Zeitraum gestoppt werden. In diesen Situationen wird die Strahlentherapie häufig mit einer vorübergehenden oder dauerhaften Antihormontherapie kombiniert. Während bis vor 10-20 Jahren die Operation als fast alleinige Methode der Heilung in Deutschland galt, hat sich hier ein tiefgreifender Wandel vollzogen. Inzwischen ist die Strahlentherapie als alternative Behandlungsmöglichkeit anerkannt, da sie gleich gute Heilungsraten hat wie die Operation. Dies ist im Wesentlichen durch die Weiterntwicklung der Computertechnik und Bestrahlungsgeräte bedingt. Durch die zunehmende Präzision der Bestrahlung können höhere Strahlendosen an den Tumor gebracht werden 11 Die Therapieentscheidung Bei der kurativen Therapie des Prostatakarzinoms kommt sowohl die Operation als auch die Strahlentherapie als Behandlungsmaßnahme in Frage. Das therapeutische Vorgehen wurde / wird mit Ihnen in einem ausführlichen Gespräch mit Ihrem Urologen, dem Operateur und dem Strahlentherapeuten genauestens und umfassend erörtert. Dabei wird insbesondere auch auf Ihre persönlichen Einstellungen und Wünsaicht genommen. Folgende Faktoren sind bei der Therapieentscheidung zu berücksichtigen: ■ Alter (z.B. älter als 70 Jahre), Lebenserwartung ■ zusätzliche Erkrankungen (z.B. Herzerkrankung, Diabetes, Darmerkrankungen, etc.) ■ Ihre eigene Einschätzung und Wünsche Argumente für die Argumente für eine Strahlentherapie: OP: ■ Je höher das Alter, desto größer das Risiko für OP- Komplikationen ■ Bei schweren zusätzlichen Erkrankungen u.U. deutlich erhöhtes OP- Risiko, Bestrahlung dann ggf. besser ■ Bei fortgeschrittenen, die Prostatakapsel überschreitenden Karzinomen verbleibt häufig Tumorgewebe, dann muss u.U. eine Nachbestrahlung durchgeführt werden, dann Nebenwirkungen beider Verfahren; bei einem Teil der vor der OP als auf die Prostata beschränkten Karzinome stellt sich operativ ein kapselüber schreitendes fortgeschrittenes Karzinom dar ■ Potenz und Urinkontinenz leiden unter der OP stärker als unter der Strahlentherapie ■ Das wirkliche Tumorstadium kann nur durch die OP ermittelt werden (Lymphknotenbefall, kapselüberschreitendes Wachstum etc.), es kann dann ggf. eine stadienangepasste zusätzliche Therapie erfolgen ■ Wenn eine organbegrenzte Erkrankung vorliegt, insbesondere mit einer Lebenserwartung von mehr als 25 Jahren ist mit der OP prinzipiell eine sichere Heilung möglich. Aussagekräftige Langzeitergebnisse (>25J.) der Strahlentherapie liegen nur begrenzt vor ■ Weniger Nebenwirkungen am Darm ■ Bei einem Tumorrückfall im Prostatagebiet nach der OP kann eine Strahlentherapie zur Tumorheilung oder zum langfristigen Tumorstillstand führen; nach einer Strahlentherapie ist bei einem Rückfall in der Prostata eine Operation sehr schwierig 13 Strahlentherapeutische Verfahren beim Prostatakarzinom Bei der Bestrahlung des Prostatakarzinoms kommen drei strahlentherapeutische Behandlungsverfahren zum Einsatz: ■ Perkutane Strahlentherapie (Bestrahlung von außen) ■ Permanente Seedimplantation (dauerhafte Implantation radioaktiver Kügelchen in der Prostata) ■ Afterloadingtherapie mit Iridium 192 Im Zentrum für Strahlentherapie Rheine-Osnabrück wird am häufigsten die perkutane Strahlentherapie durchgeführt. Bei ausgesuchten Patienten mit einem kleinen Prostatakarzinom, niedrigem PSA - Wert und kleiner Prostata, führen wir auch die permanente Seedimplantation durch. Die Afterloadingtherapie mit Iridium 192 führen wir nicht durch. Diese wird in einigen Strahlentherapien als zusätzliches Bestrahlungsverfahren neben der perkutanen Bestrahlung, zur Erhöhung der Strahlendosis in der Prostata eingesetzt. Durch die von uns angewandten Techniken der perkutanen Strahlentherapie (3-D-konformale–Strahlentherapie; IMRT = Intensitätsmodulierte Radiotherapie- einer Weiterentwicklung der 3-D-konformalen–Strahlentherapie und der IGRT = Image Guided Radiotherapy) lassen sich alleine mit der perkutanen Strahlentherapie die notwendigen Strahlendosen schonend verabreichen. Im Folgenden werden wir den Behandlungsablauf der perkutanen Strahlentherapie darstellen. Für die Seed-Implantation gibt es eine spezielle Broschüre. 14 Die perkutane Strahlentherapie Das Bestrahlungsgerät Noch bis vor 10-15 Jahren wurden Prostatabestrahlungen teilweise mit Kobalt- 60- Bestrahlungsgeräten durchgeführt. Heutzutage wird die perkutane Bestrahlung fast ausnahmslos mit Linearbeschleunigern durchgeführt (s. Abb.). Ein Linearbeschleuniger ist ein Bestrahlungsgerät, mit dem Röntgenstrahlen einer sehr hohen Durchdringungskraft und Energie erzeugt werden. Diese so genannten „ultraharten Röntgenstrahlen“ sind in der Lage Tumorzellen zu zerstören. Durch modernste Computertechnik ist es möglich, die Strahlung mit Millimetergenauigkeit auf das Zielgebiet zu fokussieren und umgebendes empfindliches Körpergewebe zu schonen. Abb.: Linearbeschleuniger (in Rotation) im Behandlungsraum Abb.: schematische Darstellung einer Bestrahlung der Prostata - das Bestrahlungsgerät rotiert um den Patienten - die Bestrahlung erfolgt aus unterschiedlichen Winkeln Quelle: Takeda Pharma Vorbereitungsmaßnahmen vor Beginn der Strahlentherapie In Abhängigkeit von der Tumorsituation (sehr große Prostata, lokal fortgeschrittenes Karzinom) wird bei einigen Patienten eine 2-4 monatige antihormonelle Therapie (Tabletten / Spritzen) vor Beginn der Strahlentherapie und für die Dauer der Strahlentherapie durchgeführt. Bei lokal fortgeschrittenen Tumoren kann diese Behandlung für die Dauer von 2-3 Jahren oder lebenslang fortgesetzt werden. Ziel der Vorbehandlung ist zum einen die Verkleinerung einer großen Prostata (die Bestrahlungsfelder können dann verkleinert werden - weniger Nebenwirkungen). Zum anderen haben Studien gezeigt, dass bei lokal fortgeschrittenen Karzinomen durch eine antihormonelle Vorbehandlung und gegebenenfalls antihormonelle Nachbehandlung, die Heilungsraten oder die langfristige Tumorrückbildung deutlich besser sind. Vor dem eigentlichen Beginn der Strahlentherapie sind Vorbereitungsmaßnahmen erforderlich, um eine präzise Bestrahlung des Zielgebietes durchführen zu können. Diese Vorbereitungsphase besteht aus 2 Terminen: 1. Vorbereitungstermin: 2. Vorbereitungstermin: Festlegung und Markierung der Lagerung für die Bestrahlung am sogenannten Simulator; nach Anzeichnen der Lagerungslinien Durchführung der Planungscomputertomografie. Dauer ca. 1.5h. Einmessen (Simulation) der Bestrahlungsfelder und endgültiges Anzeichnen der Bestrahlungsfelder auf die Haut. Dauer ca. 1h. 16 Abb.: Eine Schicht der Planungscomputertomografie. Farbig die Intensität der Strahlendosis in der Prostata, die geraden Linien zeigen die Feldgrenzen der Bestrahlungsfelder Die Computerplanung der Bestrahlungsfelder (Bestrahlungsplan=Berechnung der Anzahl, Größe, Einstrahlrichtungen und Ausblendung der Bestrahlungsfelder, Berechnung der Teildosis pro Bestrahlungsfeld) erfolgt anhand der Bilder der Planungscomputertomografie (s. Abb.). Um eine bestmögliche Schonung von Harnblase und Enddarm zu gewährleisten, erfolgt die Bestrahlung über mehrere speziell an das Zielgebiet angepasste und aus unterschiedlichen Einstrahlwinkeln kommenden Bestrahlungsfeldern. 17 Maßnahmen zur Schonung der Harnblase und des Enddarms Um eine bestmögliche Schonung von Enddarm und Harnblase zu erreichen, bedienen wir uns zweier „Tricks“: ■ Die Bestrahlung wird mit gefüllter Harnblase durchgeführt; dadurch bewegt sich ein großer Teil der Harnblase aus dem Bestrahlungsgebiet heraus ■ Zur Schonung des Enddarms wird direkt vor jeder Bestrahlung ein aufblasbarer Ballonkatheter in den Enddarm eingeführt (nicht schmerzhaft). Hierdurch wird der Enddarm aufgeweitet und die Enddarmhinterwand kann größtenteils aus dem Bestrahlungsgebiet herausgehalten werden Bei der Harnblasenfüllung sind wir auf Ihre Mitarbeit angewiesen. Die Harnblase soll nicht übervoll, sondern mäßig gefüllt sein. Um eine konstante mäßige Harnblasenfüllung zu erzielen, haben wir folgende Regelung festgelegt: ■ 1.5 Stunden vor der Bestrahlung gehen Sie das letzte Mal zum Wasserlassen, dann erst wieder nach der Bestrahlung; es sollte keine zusätzliche Flüssigkeitszufuhr verfolgen ■ falls Sie unter gehäuftem Harndrang leiden und diese Zeit nicht einhalten können, werden wir Ihnen eine sogenannte Penisklemme verordnen ■ da wir in der Planungscomputertomografie die gleichen Verhältnisse (Harnblasenfüllung, Enddarmballonkatheter) wie bei der Bestrahlung zur genauen Berechnung der Bestrahlungsfelder benötigen, gilt diese Regelung auch für den 1. Vorbereitungstermin. Allerdings mit dem Unterschied, dass Sie nur 1 Stunde vor dem Termin das letzte Mal die Harnblase entleeren. Grund hierfür ist, dass das Planungs- CT erst nach der Lagerungsanzeichnung gemacht wird, so dass bis zur Durchführung der Computertomografie dann ca. 1.5 Stunden vergangen sind. 18 Ablauf der Strahlenbehandlung Nach Abschluss der Vorbereitungsphase beginnt die eigentliche Strahlentherapie. Bei Patienten, die eine alleinige Bestrahlung der Prostata erhalten, werden 40–43 Bestrahlungen durchgeführt. Die Bestrahlung erfolgt an 5 Tagen in der Woche (Montags-Freitags), so dass sich die Gesamtbehandlungszeit über einen Zeitraum von 8-9 Wochen erstreckt. Patienten die eine Bestrahlung direkt nach der Operation erhalten, werden in der Regel 33 Mal bestrahlt. Patienten, die eine Bestrahlung wegen eines PSA-Anstieges nach der Operation oder eines festgestellten sichtbaren Tumorrückfalls im ehemaligen Prostatagebiet nach der Operation haben, werden 36-40 Mal bestrahlt. In Abhängigkeit von der Erkrankungssituation, werden gegen Ende der Bestrahlung die Bestrahlungsfelder neu angepasst (in der Regel verkleinert). Hierzu wird das Planungsprocedere wie in der Vorbereitungsphase noch einmal wiederholt. Wann dies geschieht, wird Ihnen rechtzeitig mitgeteilt. Bei der 1. Bestrahlung werden die angezeichneten Bestrahlungsfelder mit einem speziellen Kontrollsystem am Bestrahlungsgerät noch einmal auf ihre korrekte Lage genauestens überprüft. Wenn alles passt, wird die erste Bestrahlung durchgeführt. Der 1.Bestrahlungstermin dauert wegen der Überprüfung in der Regel 15-30 Minuten. Die weiteren Bestrahlungssitzungen dauern in der Regel 10 Minuten, wobei die reine Bestrahlungszeit sehr viel kürzer ist. In regelmäßigen Abständen (meistens 1 Mal wöchentlich) werden die Bestrahlungsfelder mit dem Gerätekontrollsystem auf ihre weiterhin korrekte Lage überprüft. Bei der IMRT oder IGRT (siehe oben), werden diese Kontrollen täglich durchgeführt, so dass bei der IMRT und IGRT die einzelnen Bestrahlungssitzungen 15-20 Minuten dauern. 19 Nebenwirkungen Grundsätzlich ist die Strahlentherapie bei der Behandlung des Prostatakarzinoms eine gut verträgliche Therapie. Dennoch können im Verlauf der Strahlentherapie, aber auch nach Beendigung der Behandlung Nebenwirkungen auftreten. Man unterscheidet Akutnebenwirkungen, die während oder kurz nach der Behandlung auftreten von Spätnebenwirkungen, die erst Monate oder sogar Jahre nach Beendigung der Therapie in Erscheinung treten. Typische Akutnebenwirkungen sind, verursacht durch die Reizwirkung der Strahlung an Harnblase, Harnröhre und Enddarm, ein verstärkter Harn- und Stuhldrang mit gehäuftem Wasserlassen. Gegen Ende der Bestrahlung können auch Brennen und Schmerzen bei Wasserlassen und Stuhlgang auftreten (gehäuft bei Hämorrhoiden, dann auch Blutauflagerungen auf dem Stuhl möglich). Gelegentlich kann eine bakterielle Harnröhren- und Blasenentzündung die Beschwerden verstärken. Bei Bestrahlung der Lymphbahnen im Becken kann es Vorübergehend zu Verdauungsstörungen und Durchfall kommen (Dünndarmreizung). Sobald solche Beschwerden auftreten, sollten Sie sich beim Arzt melden. Zur Linderung und Behandlung der Beschwerden werden dann u.U. gezielt Medikamente verordnet. Die Akutnebenwirkungen klingen in der Regel 2-3 Wochen nach Beendigung der Bestrahlung ab. Selten kann es nach Jahren zu Spätfolgen am Enddarm oder der Harnblase und Harnröhre kommen. Diese können sich durch chronische Durchfälle, Blutbeimengungen im Stuhl oder Urin bemerkbar machen. Extrem selten sind Harnblasenschrumpfung und Harnröhrenverengung oder eine Verengung und Fistelbildung im Enddarm oder Dünndarm (Risiko 3-4%). Diese Veränderungen müssen dann u.U. operativ beseitigt werden. Auch die Potenz und die Harnkontinenz können durch die alleinige Bestrahlung negativ beeinträchtigt werden. Eine genaue Abschätzung des Risikos einer Potenzabschwächung ist schwierig, da bei den meisten Patienten im Alter zwischen 60-75 Jahren die Potenz auf natürlichem Wege nachlässt. Sie müssen damit rechnen, dass bei 30-50% der Fälle ein langsamer Potenzverlust innerhalb von 5 Jahren auftritt (in 75% medikamentös gut therapierbar). Das Risiko einer Harninkontinenz liegt bei weniger als 4% (OP deutlich höher). 20 Was kann ich als Patient selber tun? Wie bereits erwähnt, ist die perkutane Strahlentherapie der Prostata eine gut verträgliche Therapie. Eine wesentliche Beeinträchtigung der körperlichen Leistungsfähigkeit ist nicht zu erwarten. Dennoch gibt es einige Punkte die Sie beachten sollten. Grundsätzlich sind Sie körperlich normal belastbar. Sie sollten aber während der Strahlentherapie extreme oder starke körperliche Anstrengungen meiden (moderater Sport ist erlaubt, und sogar wünschenswert). Längere Radtouren sollten Sie während der Bestrahlung wegen einer möglichen Verstärkung der Bestrahlungsreaktion im Enddarmbereich meiden. Besuche in der Sauna oder im Schwimmbad sollten Sie ebenfalls meiden (u.U. verstärkte Hautreaktion, Anzeichnungen verschwinden). Weitere Fragen, Wünsche und Vorstellungen („…kann ich während der Bestrahlung weiter Arbeiten, kann ich selbst mit dem Auto zur Therapie kommen, gibt es Ernährungsratschläge...?“) sollten Sie mit dem Arzt besprechen. Kontrolluntersuchungen, Tumornachsorge Zur Beurteilung des Behandlungsansprechen und des weiteren Erkrankungsverlaufs ist es erforderlich, dass regelmäßige Kontrolluntersuchungen durchgeführt werden. Dies ist wichtig, damit ein mögliches Fortschreiten der Erkrankung frühzeitig erkannt und gegebenenfalls erforderliche Maßnahmen rasch eingeleitet werden können. Die Tumornachsorgeuntersuchungen werden durch Ihren Urologen durchgeführt, bei dem Sie sich nach Beendigung der Strahlentherapie wieder vorstellen sollten. Wenn zum Ende der Strahlentherapie Akutnebenwirkungen vorliegen, werden bis zum Abklingen dieser Nebenwirkungen kurzfristige Kontrolltermine in der Strahlentherapie vereinbart. Zur Erfassung und ggf. Behandlung seltener Spätnebenwirkungen werden durch den Strahlentherapeuten regelmäßige Kontrolltermine in allerdings größeren Abständen (mindestens 1x jährlich) vereinbart. 21 Weitere Informationen; Selbsthilfegruppen hilfegruppen besteht die Möglichkeit sich über alle Aspekte der Erkrankung mit Betroffenen auszutauschen. Dies erleichtert häufig die Bearbeitung und Verarbeitung von ganz praktischen Schwierigkeiten und Problemen, die im Verlauf der Therapie oder Nachsorge möglicherweise auftreten können. Das Bedürfnis sich über die eigene Erkrankung ausführlich zu informieren oder auszutauschen, hat in den letzten Jahren erheblich zugenommen. Durch das Internet und eine Vielzahl von Büchern und Informationsbroschüren besteht ein breiter Zugang zu vielfältigen Informationen. In Selbst- Literaturtipps (Auswahl) Ein Ratgeber zum Prostatakrebs Die Anleitung zum selbstbestimmten Patienten Autoren: Dr. med. Stephen B. Strum, D. Pogliano Herausgeber: Bundesverband Prostatakrebs Selbsthilfe e.V. Preis: 12,90 Euro ISBN: 3-00-017057-X Diagnose: Prostatakrebs Ein Ratgeber - nicht nur für Männer Autoren: Prof. Dr. Lothar Weißbach, Dr. Edith A. Boedefeld Verlag: W. Zuckschwerdt Verlag GmbH, Germering Preis: 19,90 Euro ISBN: 3-88603-907-2 Praxis der Männergesundheit Autor: Günther H. Jacobi Verlag: Thieme, Stuttgart Preis: 79,95 Euro ISBN: 3131322314 Krebszellen mögen keine Himbeeren Autoren: Prof. Dr. med. R. Beliveau, Dr. med. D. Gingras Verlag: Kösel-Verlag, München Preis: 19,95 Euro ISBN: 978-3466345021 Weitere Informationen und Fachliteratur erhalten Sie z.B. über den Bundesverband Prostataselbsthilfe e.V. 22 Fachärzte für Strahlentherapie Rheine Osnabrück Dr. med. G. Hampel Dr. med. St. Hesselmann Dr. med. T. Ph. Nguyen Dr. med. K. Ostkamp-Morgenthaler Dr. med. A. Radmad Selbsthilfegruppen, Beratungsdienste Informations- und Beratungsdienst der Deutschen Krebshilfe e.V. Thomas-Mann-Straße 40 Postfach 1467 53111 Bonn Telefon 0228 72990-95 (Beratungshotline) [email protected] Bundesverband Prostatakrebs Selbsthilfe e.V. (BPS) Gemeinnütziger Verein Alte Straße 4 30989 Gehrden Telefon 0180 5287574 [email protected] www.prostatakrebs-bps.de Aktuelle Informationen zu Selbsthilfegruppe finden Sie auch im Internet unter: www.prostata.de 23 Zentrum für Strahlentherapie - Radioonkologie Rheine - Osnabrück