Dokumentation der Referate Organisatoren: o Deutsche Herzstiftung, o Dresdner Selbsthilfegruppe „Diabetes und Herz“, o WHO-Projekt “Gesunde Städte“, Landeshauptstadt Dresden Veranstaltungsort: Rathaus Dresden, Festsaal, 13. 09. 2008; 09.30 - 13.00 Uhr Inhalt 1. Grußworte 1.1 Grußwort von S. Schmidt, Selbsthilfegruppe „Diabetes und Herz“, Dresden 4 1.2 Grußwort von Martin Seidel, Beigeordneter für Soziales der Landeshauptstadt Dresden 5 2. 3. Anlagen 3.1 Kontakt zu Referenten und Organisatoren 25 3.2 Programm zur Veranstaltung 26 Dokumentation der Referate – Auszüge bzw. Zusammenfassungen 2.1 Gefäßveränderungen bei Diabetes mellitus, Referentin: Dr. med. M. Taut, CÄ, Klinik am Tharandter Wald, Niederschöna/OT Hetzdorf 6 2.2 Das Metabolisch-Vaskuläre Syndrom ist der „Silent Killer Nr. 1“, Referentin: Dr. med. U. Rothe, Fachkommission Diabetes Sachsen; TU Dresden, Universitätsklinikum 8 2.3 Die periphere arterielle Verschlusskrankheit bei Diabetes mellitus signalisiert hohes Risiko für Herzinfarkt u. Schlaganfall, Referent: Prof. Dr. med. habil. R. Sternitzky, Praxisklinik „Herz und Gefäße“, Akademische Lehrpraxis der TU Dresden 10 2.4 Sinnvolle Diagnostik u. zeitgemäße Therapie bei herzkranken Diabetikern - Bedroht Diabetes mein Herz? Referent: Prof. Dr. med. habil. T. Lohmann, Städtisches Krankenhaus Dresden-Neustadt 11 2.5 Aktuelles aus der Diabetes-Forschung - Regionale Präventionsprojekte – Wie können Herzinfarkt und Diabetes verhindert werden? Referent: Dr. med. P. Schwarz, Medizinische Klinik u. Poliklinik III, Universitätsklinikum Dresden; Leiter des Tumaini-Instituts GbR 15 2.6 Aufgaben und Ziele des Tumaini-Instituts für Präventionsmanagement GbR, Referent: U. Hühmer, Tumaini-Institut GbR 18 2.7 Gefahren des Metabolisch-Vaskulären Syndroms – Dem diabetischen Fuß vorbeugen Amputationen verhindern, Referent: Dr. med. A. Kirsten, Städtisches Krankenhaus Dresden-Neustadt 19 2.8 Hinweise zur ausgewogenen und abwechslungsreichen Ernährung Referentin: A. Schwerdtfeger, Tumaini-Institut GbR 22 3 1. Grußworte 1.1 Grußwort von Siegfried Schmidt, Selbsthilfegruppe „Diabetes und Herz“, Dresden Sehr geehrter Herr Bürgermeister, liebe Bürgerinnen und Bürger der Stadt Dresden, im Namen unserer Selbsthilfegruppe „Diabetes und Herz“ möchte ich Sie herzlich begrüßen. Besonders möchte ich Herrn Bürgermeister Seidel begrüßen und ihn zur Wahl zum Sozialbürgermeisters beglückwünschen. Bedanken möchte ich mich für die Unterstützung bei Frau Dr. Eberhard vom Sächsischen Sozialministerium sowie natürlich bei allen Referenten, die aus verschiedenen Gesundheitseinrichtungen unserer Stadt und von außerhalb kommen. Ein Dank geht auch an die Mitarbeiter des WHO-Projekts “Gesunde Städte“ in Dresden, die uns bei der Organisation dieser Aufklärungsveranstaltung unterstützt haben sowie an die Mitarbeiter der Deutschen Herzstiftung, die Medien, das Dresden Fernsehen, die Krankenkassen, Apotheken, Kliniken und nicht zuletzt an die Mitarbeiter aus den Gesundheitseinrichtungen der Landeshauptstadt, die heute an ihren Informationsständen im Erdgeschoss Beratungen und Messungen durchführen. Ziel der Veranstaltung ist es, ein Zeichen zu setzen, um auf das gefährliche Zusammentreffen von Übergewicht, Bluthochdruck, Überernährung, Fett- und Zuckerstoffwechselstörungen sowie mangelnde Bewegung hinzuweisen, das als Metabolischvaskuläres Syndrom bezeichnet wird. Dieses Syndrom, das mit einer erheblichen Einschränkung der Lebensqualität und mit einer Verringerung der Lebenserwartung verbunden ist, ist die „Krankheit“ Nummer Eins in unserer Gesellschaft. Die Initiierung der Veranstaltung erfolgte durch die Selbsthilfegruppe „Diabetes und Herz“, die sich mit den Gefahren dieses Syndroms auseinandersetzt und deren 17 Mitglieder sich regelmäßig treffen. Einige Worte zu dieser Selbsthilfegruppe, deren Mitglied ich bin. Sie wurde im Oktober 2007 mit Hilfe und Unterstützung von Ärzten und Mitarbeitern der Stadt in Dresden Prohlis gegründet. Der Erfahrungsaustausch und das persönliche kennen lernen stand in den ersten Gesprächskreisen im Vordergrund. Die Selbsthilfegruppe soll u. a. helfen, das manchmal angeschlagene Selbstwertgefühl der Mitglieder zu stärken, Mut zu machen und Kräfte zu wecken, die im Umgang mit der Krankheit ständig gebraucht werden. Wir haben uns vorgenommen, jede Gelegenheit zu nutzen, um uns zu bewegen. Wir wissen, dass die eigenverantwortliche Vorsorge einen immer höheren Stellenwert erhält. So fahren wir weniger Auto, laufen zum Einkaufen oder verlassen den Bus eine Haltestelle eher, um nach Hause zu laufen. Gemeinsam macht unser Sport mehr Spaß. Wir laden auch andere Bürger zu unseren Sportgruppen recht herzlich ein. Hinter dem Fachbegriff Metabolisch-Vaskuläres-Syndrom verbergen sich erhöhte Risiken insbesondere für Herzinfarkt, Schlaganfall und Diabetes. Unser zentrales Anliegen ist, die Bürger der Landeshauptstadt über die Gefahren dieses Syndroms aufzuklären und Aktionen und Projekte gemeinsam mit unseren Partnern zu organisieren. So ist es z. B. nie zu spät, sich selbst aktiv um den Typ-2-Diabetes zu kümmern, der wesentlich durch Bewegungsmangel und falsche Ernährung verursacht wird. Durch eine Veränderung des Lebensstils, das heißt vor allem Reduzierung von Übergewicht und Steigerung 4 der körperlichen Bewegung, kann mittelfristig der Ausbruch der Erkrankung erfolgreich verhindert bzw. hinausgezögert werden. Ein Schlüssel zur wirksamen Prävention des metabolischvaskulären Syndroms liegt in einer gesunden Ernährung nach dem einfachen Rezept: ! mehr Obst und Gemüse, ! mehr Vollkornprodukte und ! mehr fettarme Milchprodukte. Angesichts des dramatischen Anstiegs auf bald zehn Millionen Betroffene allein in Deutschland brauchen wir einen Bewusstseinswandel. Die Bürger müssen mehr Eigenverantwortung übernehmen. Wichtig ist für jeden Einzelnen, sein persönliches Risiko zu kennen, um frühzeitig geeignete Gegenmaßnahmen zu ergreifen. In Anbetracht der Zunahme von DiabetesErkrankungen auch in Sachsen und der fehlenden Möglichkeiten, Diabetes zu heilen, setzen wir gemeinsam mit allen Partnern in der Stadt den Schwerpunkt auf Prävention – also auf Vorbeugung. Unserer heutigen Veranstaltung wünsche ich einen guten Erfolg. 1.2 Grußwort von Martin Seidel, Beigeordneter für Soziales der Landeshauptstadt Dresden Sehr geehrter Herr Schmidt, sehr geehrte Teilnehmerinnen und Teilnehmer, werte Gäste, im Namen der Landeshauptstadt Dresden heiße ich Sie herzlich willkommen. Mit der Gründung der Europäischen Union und im Zuge voranschreitender Globalisierungsprozesse ist es auch für deutsche Städte von zunehmendem Interesse, partnerschaftlich mit den europäischen Nachbarn zusammenzuarbeiten, gemeinsame Wege für neue Entwicklungen zu finden und den internationalen Vergleich nicht zu scheuen. Die Landeshauptstadt Dresden beteiligt sich im Gesundheitsbereich mit verschiedenen Projekten in internationalen Städtenetzwerken. Im WHO-Projekt „Gesunde Städte“ ist Dresden seit 15 Jahren vertreten und arbeitet dort aktiv an der Umsetzung des Projektes mit. Die Weltgesundheitsorganisation definiert Gesundheit als einen Zustand körperlichen, geistigen und sozialen Wohlbefindens und nicht allein als die Abwesenheit von Krankheit. Diese Sichtweise menschlicher Gesundheit findet sich in allen Dresdner Stadtgesundheitsprofilen wieder und bedeutet, dass Gesundheitsberichterstattung nicht nur die Schau auf Entwicklungen und Krankheitsstatistiken ist, sondern ebenfalls eine Analyse sozialer Indikatoren. Die Deutsche Herzstiftung ist seit 1993 Ansprechpartner für Herz- und Kreislaufkrankheiten auch hier in Dresden und Umgebung. Der Aufbau von sechs Selbsthilfegruppen spricht dafür, dass ein reges Interesse auf diesem Gebiet besteht. In einem gemeinsamen Projekt des WHO-Büros für „Gesunde Städte“ und des Tumaini Institutes sind erste Schritte zur Früherkennung der Erkrankung vor allem bei sozial Benachteiligten in Dresden unternommen worden. Die heutige Veranstaltung ist ein weiterer Meilenstein zur Aufklärung über die Gefahren von Adipositas, Bluthochdruck und Fettstoffwechselstörungen. In verschiedenen Vorträgen erfahren Sie aber auch neueste Erkenntnisse zur Diagnostik bzw. zur Therapie von herzkranken Diabetikern oder erhalten Ernährungshinweise für diabeteserkrankte Patienten um hier an dieser Stelle nur einige Punkte zu nennen. Sehr geehrte Damen und Herren, ich wünsche Ihnen für die heutige Veranstaltung einen guten Verlauf, neueste Erkenntnisse und bedanke mich bei den Veranstaltern für die Organisation des heutigen Gesundheitstages. Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit. Typ 2 Diabetes, besser bekannt als Zuckerkrankheit, ist weltweit eine der häufigsten Stoffwechselerkrankungen, an der in Deutschland momentan etwa 6 Millionen Menschen leiden. Diese Zahl wird sich nach Expertenschätzungen im Jahr 2025 auf ungefähr 9 Millionen erhöht haben. Die Erkrankung beginnt meist schleichend und verursacht zunächst wenige Beschwerden, führt aber langfristig zu schwerwiegenden Folgen: Fußamputationen, Erblinden, Dialysefälle, Herzinfarkte, Schlaganfälle. Verbunden mit dem metabolischen Syndrom kommt es also ebenso zu einem dramatischen Anstieg von Herz-KreislaufErkrankungen. Damit geht nicht nur ein Verlust an Lebensqualität einher, sondern auch eine Verkürzung der Lebenserwartung. Deshalb ist es dringend erforderlich der DiabetesPrävention einen höheren Stellenwert einzuräumen und diese flächendeckend intensiv zu fördern. Viele Menschen wissen nicht, dass sie ein erhöhtes Risiko haben, an Diabetes zu erkranken. Deshalb ist neben einem gesunden Lebensstil, der sich vor allem durch gesunde Ernährung und Bewegung auszeichnet, die Wahrnehmung von Vorsorgeuntersuchungen wichtig, um die Früherkennung und frühzeitige Behandlung zu ermöglichen. Neuere Studien zeigen, dass der Typ 2 Diabetes und damit auch seine Folgen durch entsprechende Behandlungsmaßnahmen verhindert werden können. Die Landeshauptstadt Dresden hat es sich mit dem Stadtratsbeschluss zum Aktionsprogramm „Gesundes und aktives Altern“ in Dresden vom 24.01.2008 unter anderem zur Aufgabe gemacht, sich an der Prävention von Diabetes mellitus Typ 2 und der Umsetzung des entsprechenden Sächsischen Gesundheitsziels zu beteiligen. 5 2. Dokumentation der Referate 2.1 Gefäßveränderungen bei Diabetes mellitus Referentin: Frau Dr. med. M. Taut, CÄ, Klinik am Tharandter Wald, Niederschöna/OT Hetzdorf (Auszüge aus dem Vortrag wurden mit kleinen Veränderungen „verschriftlicht“; Bestätigung der Referentin konnte aus Zeitgründen nicht erfolgen) Was ist Diabetes? Als „Diabetes mellitus“ wird eine Gruppe von Stoffwechselerkrankungen bezeichnet, die zu erhöhten Blutzuckerwerten führt. Zu unterscheiden sind vor allem die beiden Typen ! Typ-1-Diabetes (insulinabhängiger Diabetes mell.): wird durch den absoluten Mangel am Hormon Insulin verursacht. Meist beginnt die Erkrankung im Kindes- und Jugendalter, kann sich aber auch erst im fortgeschrittenen Alter entwickeln. ! Typ-2-Diabetes (nicht insulinabhängiger Diabetes mell.): beginnt langsam und beruht auf einer zunehmenden Unempfindlichkeit der Zellen gegenüber Insulin. Mit dem Alter erhöht sich die Wahrscheinlichkeit, an Typ 2-Diabetes zu erkranken - deshalb wurde früher auch vom „Altersdiabetes“ gesprochen. Diese Bezeichnung ist nicht mehr angebracht, da sich der Trend abzeichnet, dass immer mehr jüngere übergewichtige Menschen erkranken. Zu erwähnen ist in diesem Zusammenhang Prädiabetes. Diese beginnende Stoffwechselstörung, die Vorstufe des Diabetes, ist durch Insulinresistenz und gestörte Glukosetoleranz gekennzeichnet. Bei vielen Prädiabetikern kommt ein erhöhter Blutdruck hinzu. Weil der Zustand des Prädiabetes aber (noch) nicht als krankhaft eingestuft wird und überdies weit verbreitet ist, wird er von Patienten und Ärzten oft ignoriert. Welche Bedeutung hat Insulin? Insulin ist für den Transport von Zucker (Glukose) in die Körperzellen verantwortlich. Fehlt Insulin oder sind die Zellen unempfindlich gegenüber Insulin, dann „hungern“ diese und Zucker bleibt im Blut, wird über den Urin ausgeschieden u. ist dort nachweisbar. Wie häufig kommt Diabetes vor? Diabetes–Erkrankungen nehmen zu - vor allem Typ 2 Diabetes und Prädiabetes. 8 bis 10 Prozent der Bevölkerung in Deutschland sind derzeit an Diabetes erkrankt bzw. es liegt eine Vorstufe vor. Weltweit sieht es nicht viel anders aus. Bis 2020 ist ein Zuwachs von 46 % zu erwarten. Wieso ist Diabetes auch eine Gefäßerkrankung? Der Diabetiker verstirbt heute kaum noch an einer Unter- oder Überzuckerung sondern eher an Gefäßveränderungen. Er verstirbt vor allem an Herzinfarkt und Schlaganfall, an den Folgen der peripheren arteriellen Verschlusskrankheit und an Nierenveränderungen bzw. -versagen. Welche Veränderungen treten durch Diabetes am Gefäßsystem auf? Die Gefäßveränderungen bei Diabetes u. dessen Folgeerkrankungen sind nicht nur darauf zurückzuführen, dass zu viel Zucker im Blut ist sondern es sind eine Reihe anderer Störungen, die in unterschiedlicher Häufigkeit und Ausprägung vorliegen und dadurch zu Veränderungen am Gefäßsystem führen. Es kommt zu zusätzlichen Veränderungen in Folge ! der Anwesenheit von zu viel Fett im Blut - viele Patienten sind übergewichtig, 6 ! von Bluthochdruck, ! vom Rauchen. Diese Veränderung der Blutzusammensetzung führt zu Hyperfibrinogenämie (erhöhter Fibrinogengehalt des Blutes) sowie zu Entzündungen im Bereich der Innenschicht des Gefäßsystems. Dieses ist dreischichtig aufgebaut und in Anwesenheit dieser verschiedenen Risikofaktoren kommt es zu unterschiedlichen Ausprägungen der Veränderungen innerhalb der Gefäße. Wir unterscheiden die Veränderungen an den kleinen und den großen Gefäßen. ! Bei den kleinen Gefäßen sind vor allem die Augengefäße, die Nierengefäße, die Gefäße der Geschlechtsorgane, der Nerven und der Füße betroffen. ! Bei den großen Gefäßen sind es vor allem die hirnzuführenden Gefäße, die kardiovaskulären Gefäße, die zu Erkrankungen am Herzen führen sowie die Gefäße der langen Beine. Welche Veränderungen und Folgen treten an einzelnen Organen bzw. Organsystemem auf? ! Augen: Im fortgeschrittenen Stadium treten bei fast allen Patienten Sehstörungen auf. Der Patient sieht die Bilder nicht mehr klar sondern verschwommen. Im Grunde genommen ist Retinopathie bei fast allen Diabetikern früher oder später vorhanden. Nach 15 bis 20 Jahren haben 85% der Typ 2-Diabetiker eine diabetische Retinopathie mit entsprechender Sehstörung oder sogar Blindheit. Folgen sind u. a. erhöhte Unfallgefahr und soziale Barrieren. ! Hirngefäße: Die Veränderungen beginnen meist mit Sehstörungen, Gesichtsfeldausfällen, Sprachstörungen, Gefühlsstörungen oder Kraftlosigkeit in Armen und Beinen. Der Patient sollte sofort in die Klinik gebracht und entsprechende Untersuchungen wie MRT1 oder CT2 durchgeführt werden. Manchmal sind es nur wenige Minuten, dass solche Gefühls-, Sprach- oder Sehstörungen anhalten – manchmal sind es einige Stunden. Der Patient muss nach Einlieferung in die Klinik unverzüglich diagnostiziert werden. Oft ist die Ursache in einer Veränderung der Halsgefäße zu sehen. Dort lösen sich kleine Partikelchen ab u. werden mit dem Blutstrom zum Gehirn verschleppt. Dadurch kann eine hochgradige Verengung der Arterie erfolgen, die das Blut zum Gehirn bringt. Diese fast nur millimeterbreite Zuflussmöglichkeit zum Gehirn muss sofort operiert werden. ! Sollten die Patienten einen Schlaganfall erlitten haben, so werden sie auf eine Stroke Unit gebracht. Hier wird versucht, den Schaden mit Medikamenten zu begrenzen. Im weiteren Verlauf ist es oft so, dass Defektheilungen bleiben wie Halbseitensymptomatik, Rollstuhlmobilisation, Sehstörungen mit Gesichtsfeldausfällen. Die Patienten haben eine umfassende Behandlung in Form von Physiotherapie, Ergotherapie, Sehtraining oder auch Sprachtraining nötig. Durch diese zerebrovaskulären Durchblutungsstörungen ist das Sterblichkeitsrisiko der Diabetiker um das Dreifache erhöht. ! Niere: Die Niere ist das Organ, das die harnpflichtigen Substanzen zur Ausscheidung bringt, Wasser ausscheidet und Albomine (Eiweiße) zurück hält. Bei Diabetikern kommt es frühzeitig durch Gefäßveränderungen zu einer Eiweißausscheidung, im fortgeschrittenen Stadium zu einer Blutarmut. Es kommt durch Enzymveränderungen u. durch Flüssigkeitsüberlagerungen zu Bluthochdruck, zur 1 2 MRT = Magnetresonanztherapie, CT = Computerthomographie ! Vermehrung des Blutfettgehaltes so dass hier auch ganz erhebliche Veränderungen vor allem der Lebensweise der Diabetiker eintreten können. Ca. 1/3 der Diabetiker entwickeln eine solche Veränderung. Diabetes ist heute die Hauptursache für die Neuzugänge zur Dialyse. Durch diese wird dem Patienten das Blut entgiftet, d.h. vor allem werden die harnpflichtigen Substanzen entfernt, so dass ein normales Leben überhaupt möglich ist. Fast 60% aller Patienten mit einer solchen Niereninsuffizienz, die sich zur Transplantation anmelden, sind Diabetiker. Kleine und große lange Gefäße: Veränderungen an den kleinen und an den großen langen Gefäßen führt zu einer Mischform, der peripheren arteriellen Verschlusskrankheit (pAVK). Hauptdiagnostik zumindest im Anfangsstadium ist der Blutdruck der Beine, der sogenannte corobrachiale Index. Dieser wird ermittelt, indem man den Blutdruckwert der Beine ins Verhältnis zum Armblutdruckwert setzt. Dieser Wert muss größer 1 sein, wenn pAVK vorliegt. Im Anfangsstadium ist das eine sehr gute Möglichkeit vorausschauend zu sagen, ob der Patient eine Durchblutungsstörung der Beine hat, die zunächst ohne Beschwerden vorhanden ist. In fortgeschritteneren Stadien kommen Beschwerden hinzu wie Ruheschmerzen bis hin zum Gewebeuntergang. Eine Gefäßdarstellung der Beine ist manchmal kaum möglich, da es durch die gleichzeitig vorliegende Nierenerkrankung oft schwierig ist, Kontrastmittel zu applizieren. Oft merken die Patienten gar nicht, dass eine Durchblutungsstörung bzw. pAVK vorliegt, da z. B. die entstandenen Druckstellen unter den Fußsohlen durch eine Störung der Schmerzwahrnehmung gar nicht bemerkt werden und es deshalb zu größeren Veränderungen kommen kann. Die Diabetiker haben ein zwei- bis dreifaches Risiko, eine pAVK zu erleiden. Ca. 1/3 der Diabetiker ist z. Z. daran erkrankt. Viele Diabetiker können trotz entsprechender Behandlung nicht ausreichend gesund werden. Bei einigen ist es notwendig, dass eine Amputation vom Vorfuß oder auch der Unter- oder Oberschenkel erfolgt. Störungen der Stumpfheilung treten danach häufig auf. Anschließend muss Gleichgewichts-, Prothesentraining usw. erfolgen mit erheblicher psychischer Belastung sowohl für die Betroffenen als auch für deren Angehörige. Was ist bei Herzerkrankung und Diabetes zu beachten? Die Herzerkrankung, speziell der Herzinfarkt, äußert sich beim Diabetiker anders als beim Nicht-Diabetiker. Oft fehlen z. B. die typischen Angina pectoris–Beschwerden, Leitsymptom können Übelkeit und Erbrechen sein. Herzinfarkt ist eigentlich ein plötzlicher Verschluss eines zuführenden Gefäßes zur Herzmuskulatur in der eine Deckplatte einreißt. Mit dem vorbeiströmenden Blut kommt es kurzfristig zu einer entsprechenden Blutpfropfbildung (Thrombus) und schließlich kommt es zum Ausfall der Blutversorgung des dahinter liegenden Gewebes. Im weiteren Verlauf kann der Patient dann eine schwere Herzinsuffizienz (Herzschwäche) entwickeln, weil dieses Muskelareal nicht mehr an der Pumpleistung teilnimmt und das Blut nicht mehr in die große Hauptschlagader auswerfen kann. Es kommt zum Rückstau des Blutes in die Lunge und zur Luftnot. In einigen Fällen ist es möglich, durch die Lysetherapie dieses Gerinnsel aufzulösen, wenn die Patienten keine wesentlichen Veränderungen am Augenhintergrund haben (kann ansonsten zu Einblutungen führen). Man wird vor allem versuchen, einen Herzkatheter einzuführen um die Engstelle zu finden und diese dann mit dem Ballon zu erweitern. Dieser Ballon kann über die Arm- oder Beingefäße bis kurz vor das Herz eingeführt und dann in die verschlossene Herzarterie eingebracht werden. Durch Aufblasen des Ballons wird das Gerinnsel dann wieder geöffnet bzw. das thrombotische Material an den Rand ge- drückt. Das Gefäß ist wieder frei und die Durchblutung kann stattfinden. Man setzt heute auch Stents ein, BypassOperationen sind auch möglich. 70% aller Diabetes-Patienten sterben derzeit trotz aller guter Technik an kardiovaskulären Erkrankungen. Wer gehört zu den Risikopatienten? Es sind in erster Linie die dicken Patienten, die sich nicht bewegen und die sich ungesund ernähren, Stress haben oder rauchen. Vor allem der Bauchumfang ist wichtig und die Fettverteilung. Das SterblichkeitsBerechnung BMI: Dieser Wert risiko von Patienten mit einem wird errechnet, indem man das Apfelformbauch ist höher als bei ! Körpergewicht (in kg) Patienten mit einem Birnendurch die formbauch, bei denen das Fett ! Körpergröße (in Metern, mehr auf den Hüften liegt. Wir zum Quadrat) teilt. Deutschen sind in Europa fast die dicksten, mehr als 20% der Männer und Frauen sind sogar fettsüchtig. Mit dem Body Mass Index (BMI) kann man entsprechende Werte ausrechnen. Bei 180 cm Körpergröße haben Sie bei 80 kg Gewicht ein Übergewicht, wenn Sie 96 kg wiegen sind Sie schon fettsüchtig. Was ist beim Blutdruck zu beachten? Der Blutdruck ist eine Herausforderung für die Internisten und Diabetologen, da durch die Veränderung der Nervenendigungen das Zusammenziehen der Gefäße nicht mehr richtig funktioniert. Eine entsprechend richtige Blutdruckeinstellung kann deshalb zu orthostatischen Dysregulationen wie Schwindelanfällen oder „schwarz vor Augen werden“ führen und der Patient wird die verschriebenen Medikamente nicht mehr einnehmen. Rein statistisch muss man aber sagen, dass eine optimale Blutdruckeinstellung mehr Nutzen hinsichtlich des Schutzes vor HK-Erkrankungen bringt als die Blutzuckereinstellung. Welche Behandlung ist bei Diabetes erforderlich? Neben Schulung der Diabetiker sind Ernährungstherapie, viel Bewegung, Gewichtsreduktion, Nikotinverzicht die Hauptsäulen der Behandlung. Was ist bei Prädiabetes zu beachten? Viele Ärzte oder Patienten sagen „ach, es liegt nur ein bisschen Diabetes“ vor, wenn ein Wert zwischen 6,1 und 7 mmol/Liter mit dem Nüchternblutzucker oder zwischen 7,8 und 11,1 nach dem Glukosebelastungstest vorhanden ist. Ttrotzdem muss der Patient alle entsprechenden Vorsichtsmaßnahmen einhalten, denn in diesem Stadium schreitet die Arteriosklerose fort, vor allem die der großen Gefäße und endet dann doch in dem kardiovaskulären Krankheitsstadium. Der manifeste Diabetes ist nur die Spitze des Eisberges. Es beginnt alles in unserer Wiege. Die Diabetesgene bekommen wir in die Wiege gelegt und wenn wir dann den entsprechenden falschen Lebensstil haben, vergehen 10 bis 20 Jahre bis die Arteriosklerose beginnt und man hat einen entsprechenden Prädiabetes und zum Schluss dann die Manifestation des Diabetes. Welche Kosten entstehen bei Diabetesbehandlung? Der gesetzlich krankenversicherte Nichtdiabetiker verursacht im Durchschnitt 1300 € Kosten/Jahr. Bei Diabetikern ohne Folgeerkrankungen ist es etwas mehr. Diejenigen, bei denen Veränderungen an den großen und kleinen Gefäßen vorliegen, haben 4,1-fach vermehrte Ausgaben im Vergleich zu Patienten ohne Diabetes. Somit ist diese Erkrankung nicht nur ein medizinisches sondern auch ein ökonomisches Problem. Vielen Dank. 7 2.2 Das Metabolisch-Vaskuläre Syndrom ist der „Silent Killer Nr. 1“ Fachdisziplinen aus ganz Deutschland die Praxis-Leitlinie MVS erarbeitet (s. Abb. 4). Referentin: Dr. med. U. Rothe, Fachkommission Diabetes Sachsen; TU, Universitätsklinikum (Zusammenfassung des Vortrags # erhalten von der Referentin) Das Metabolisch-Vaskuläre Syndrom (MVS) ist medizinisch und gesundheitspolitisch bedeutungsvoll und der „stille Killer“ Nr. 1. Das MVS, auch kurz „Metabolisches Syndrom“ oder „Wohlstandssyndrom“ genannt, besteht aus einem Bündel verschiedener Risikofaktoren für ein Herz- und Gefäß-Risiko: zu großer Bauchumfang, Diabetes, Bluthochdruck und erhöhte Blutfette (s. Abb. 1). Abb. 3: Problem Leitlinienflut beim Hausarzt Abb. 1: Tödliches Quartett Die Praxis-Leitlinie MVS soll eine praktikable und komplexe Handlungsanleitung für in der Praxis tätige, insbesondere Hausärzte sein, um Betroffene frühzeitig zu erkennen und sie rechtzeitig komplex zu behandeln, um Folgekrankheiten wie den Herzinfarkt zu verhüten. Die Erzielung besserer Diagnostikund Therapieergebnisse erfordert eine effektive interdisziplinäre Zusammenarbeit der Ärzte und somit auch eine komplexe Praxis-Leitlinie MVS, die nicht an den Grenzen einer Fachrichtung Halt macht. Dabei wird der sog. Risiko-Patient mit dem Syndrom in seiner Komplexität und Ganzheit betrachtet. Die Leitlinie erörtert den Paradigmenwechsel beim Diabetes mellitus von der Stoffwechselerkrankung hin zur Herz- und Gefäß-Erkrankung. Dieses „tödliche Quartett“ an Risikofaktoren kann sich wechselseitig verstärken und dadurch zum Herzinfarkt, Schlaganfall und zu weiteren Gefäßkomplikationen führen (s. Abb. 2). Abb. 4: Praxis-Leitlinie der Fachkommission Diabetes Sachsen Abb. 2: Folgen des Metabolischen Syndroms Trotz der großen Häufigkeit dieses Syndroms in der Bevölkerung (25 – 30 %) und seiner Krankheits-Bürde werden Risikopersonen immer noch zu spät erkannt und unzureichend behandelt. Das Problem liegt nicht allein in der mangelnden Kenntnis und der ungenügenden Aufklärung der Bevölkerung über dieses gefährliche Syndrom – z.T. auch bei Ärzten. Das Problem besteht auch in einer geradezu unüberschaubaren Flut praktikabler und weniger praktikabler nebeneinanderher bestehender Leitlinien (s. Abb. 3). Es wird immer schwieriger, sich in der zunehmenden Informationsflut zurechtzufinden und die Quintessenz für den Praxisalltag heraus zu filtern. Die Fachkommission Diabetes Sachsen der Landesärztekammer hat deshalb unter Mitarbeit von Kollegen verschiedenener 8 Diabetes und Herzinfarkt sind dabei zwei Seiten einer Medaille oder zwei Äste ein und desselben Baumes auf einem gemeinsamen Boden (s. Abb. 5). Eine der Hauptursachen ist unser derzeitiger Lebensstil mit Fehl- bzw. Überernährung und Bewegungsmangel, der schnell zum Übergewicht und dem gefährlichen zu großen Bauchumfang führt. 88 cm bei Frauen und 102 cm bei Männern sind dabei schon zu viel. Daraus ergibt sich die Notwendigkeit einer umfassenden kompletten Diagnostik aller Komponenten des Syndroms bereits beim Auftreten einer Komponente oder Krankheit, da ein Bündel von Risikofaktoren dann bereits (unerkannt) vorliegt. ! Abb. 8 : Beispiel für einen Hoch-Risikopatienten (> 30%) Quelle: www. chd-tascforce.de Abb. 5: Das Wohlstandssyndrom = gemeinsamer Boden für Diabetes und Herz-Kreislauf-Erkrankungen Zur Vermeidung von Fehl-, Unter- und Überversorgung werden Empfehlungen zur Risikoabschätzung gegeben, um danach die Therapieziele abhängig vom individuellen Risiko gemeinsam mit dem Patienten festlegen zu können, z.B. mittels des PROCAM-Scores, der auch online berechnet werden kann (s. Abb. 6-8). Was können wir tun? Mit Hilfe des FINDRISK-Bogens (s. Abb. 11) kann jeder ganz ohne Laborwerte zu Hause sein Diabetes- und HerzinfarktRisiko ermitteln. Wer im FINDRISK-Bogen auf mehr als 10 Punkte kommt, sollte sich professionelle Hilfe holen, die in Sachsen z.T. sogar von den Krankenkassen übernommen wird. Der Änderung des Lebensstils (s. Abb. 9 und 10) wird eine besondere Bedeutung bei der Behandlung aller Komponenten des Metabolischen Syndroms beigemessen, ist aber in der Praxis besonders problematisch umsetzbar. Abb. 9: Was können wir tun? – Basistherapie Abb. 6: Risiko-Abschätzung: PROCAM Score (online) Abb. 10: Was können wir tun? - Lebensstiländerung Abb. 7: Beispiel für einen Risikopatienten (> 20%) Quelle: www. chd-tascforce.de 9 Risiko-Test FINDRISK Testen Sie Ihr Erkrankungsrisiko für Metabolisches Syndrom, Diabetes und Herzinfarkt! Beantworten Sie bitte folgende Fragen und zählen Sie dann Ihre Punkte zusammen. 1. Wie alt sind Sie? 0 Punkte: Unter 35 Jahren 1 Punkt 35 bis 44 Jahre 2 Punkte: 45 bis 54 Jahre 3 Punkte: 55 bis 64 Jahre 4 Punkte: Älter als 64 Jahre 2. Wurde bei Mitgliedern Ihrer Bluts- Verwandtschaft Diabetes diagnostiziert? 0 Punkte: Nein 5 Punkte: Ja, bei leiblichen Eltern, Schwester, Bruder, Kind 3 Punkte: Ja, bei leiblichen Großeltern, Tante, Onkel, Cousine, Cousin 3. Welchen Taillenumfang messen Sie auf der Höhe des Nabels? Frau / Mann 0 Punkte Unter 80 cm / Unter 94 cm 3 Punkte 80-88 cm / 94-102 cm 4 Punkte Über 88 cm / Über 102 cm 4. Haben Sie täglich mindestens 30 Minuten körperliche Bewegung (in der Arbeit z.B. Verkaufsregale befüllen, im Haushalt z.B. Fensterputzen, in der Freizeit z.B. Radfahren, flott Spazierengehen, etwas anstrengendere Gartenarbeiten….)? 0 Punkte: Ja 2 Punkte: Nein 5 .Wie oft essen Sie Gemüse, Obst oder dunkles Brot (Roggenbrot oder Vollkornbrot? 0 Punkte: jeden Tag 1 Punkt: nicht jeden Tag 6 .Wurden Ihnen schon einmal Medikamente gegen Bluthochdruck verordnet? 0 Punkte: Nein 2 Punkte: Ja 7. Hatten Sie bei ärztlichen Untersuchungen schon einmal zu hohe Blutzuckerwerte (z.B. während einer Krankheit, während einer Schwangerschaft)? 0 Punkte: Nein 5 Punkte: Ja 8. Wie ist bei Ihnen das Verhältnis von Größe zu Gewicht (BodyMass-Index)? 0 Punkte: Unter 25 kg/m² 1 Punkt: 25 bis 30 kg/m² 3 Punkte: Höher als 30 kg/m² Abb. 11: FINDRISK-Test: Bei mehr als 10 Punkten sollte man sich professionelle Hilfe holen Eine frühzeitige Umstellung des Ernährungsstils und körperliche Aktivität sind besonders bei übergewichtigen Kindern und Jugendlichen wichtig und zielführend (s. Abb. 12). Damit sollte schon in Schule und Elternhaus begonnen werden. Abb. 12: Übergewicht bereits im Kindesalter erkennen und behandeln Schlussfolgerung: Dieser Gesundheitstag sollte neben der Leitlinie der Früherkennung von Risikopersonen dienen, um die Herz- und Gefäß-Komplikationen dieses gefahrvollen Syndroms wie Herzinfarkt, Schlaganfall und Beinamputationen wirksam zu verhindern. 10 2.3 Die periphere arterielle Verschlusskrankheit („PAVK“) bei Diabetes mellitus signalisiert hohes Risiko für Herzinfarkt u. Schlaganfall Referent: Prof. Dr. med. habil. Reinhardt Sternitzky (Zusammenfassung des Vortrags# erhalten vom Referenten) Das Schicksal der Diabetiker wird heute von Gefäßerkrankungen als Manifestation und Folgekomplikation der Zuckerstoffwechselstörung bestimmt, wobei insbesondere die Gefahr für Herz- und Hirninfarkt erhöht ist. Patienten mit Diabetes mellitus entwickeln in Abhängigkeit von weiteren Risikofaktoren, wie z. B. Bluthochdruck, Fettstoffwechselstörungen und Rauchen, häufiger, früher und zumeist schwerer eine Atherosklerose („Verkalkung“ der Arterien) als Nichtdiabetiker. Diabetes mellitus wird daher auch als „metabolisch-vaskuläres Syndrom“ angesehen, d. h. eine enge Verflechtung aus Stoffwechselstörung(en) und Gefäßerkrankung(en). Um rechtzeitig effektive vorbeugende Maßnahmen („Prävention“) einleiten zu können, sind die Früherfassung von Patienten mit erhöhtem Herz- und Hirninfarktrisiko und die Ermittlung des individuellen Gefährdungsgrades notwendig. Durchblutungsstörungen der Herzkranzgefäße, der Hirnarterien und der Becken-Bein-Arterien (PAVK) sind unterschiedliche Lokalisationsformen ein und derselben Grunderkrankung, der Atherosklerose. Bei zusätzlicher Blutgerinnselbildung („Thromben“) spricht man von „Atherothrombose“, die häufig akute Ereignisse auslöst. Resultierende Verengungen oder Verschlüsse der Arterien bestehen häufig gleichzeitig in mehreren der genannten Gefäßgebiete und signalisieren somit bei Nachweis in einer Region ein hohes Risiko für ein Auftreten in den jeweils anderen. In diesem Zusammenhang hat sich die periphere arterielle Verschlusskrankheit (auch „Schaufensterkrankheit“ genannt) als wichtiger Signalgeber für das Auftreten von Herz- und Hirninfarkt und somit ein hohes Erkrankungs- und Sterblichkeitsrisiko erwiesen. Dies trifft ganz besonders auch auf die PAVK bei Diabetes mellitus zu, die einige wenige Besonderheiten gegenüber der PAVK bei Nichtdiabetikern aufweist. Durchblutungsstörungen der großen Arterien („Makroangiopathie“) und kleinen Blutgefäße („Mikroangiopathie“) sind insbesondere bei „diabetischem Fußsyndrom“ Hauptrisikofaktoren für eine größere Beinamputation. Zur Erfassung von beschwerdefreien Patienten mit erhöhtem Herz- und Hirninfarktrisiko (z. B. Diabetiker) ist daher der Nachweis oder Ausschluss einer Beindurchblutungsstörung mit der Bestimmung des Knöchel-Arm-Index („ABI“) sehr hilfreich. Dieser Quotient aus Bein- und Armblutdruck hat sich als überwiegend zuverlässiger Gradmesser für die bestehende Gefahr des Auftretens bedeutsamer Durchblutungsstörungen auch und gerade in anderen Gefäßgebieten erwiesen. Eine Abhängigkeit der Prognose des Patienten vom Schweregrad der PAVK und vom ABI konnte mehrfach nachgewiesen werden. Die einfache und wenig aufwendige nichtinvasive Untersuchung ist mit speziellen mobilen Ultraschall-Geräten auch in Hausarztpraxen weitgehend problemlos zur Suche nach einer PAVK und der Beurteilung der Wahrscheinlichkeit der Atherosklerose / Atherothrombose in den anderen Gefäßregionen einsetzbar. Bei Verdacht auf Vorliegen oder Nachweis einer PAVK anhand des ABI ist im Rahmen der weiterführenden nichtinvasiven gefäßmedizinischen Funktionsdiagnostik die farbkodierte Duplexsonografie Methode der ersten Wahl zur Erfassung von Grad und Art der Verschlussprozesse. Bei unklaren Befunden und insbesondere vor geplanter invasiver Therapie (Gefäßdehnungen, Einsetzen von „Stents“, Gefäßoperation) kommen je nach Verfügbarkeit teilinvasive Verfahren, wie die kontrastmittelverstärkte Magnetresonanz-Angiografie (MR-A) bzw. ggf. Computer-Tomografie-Angiografie (CT-A) oder als invasive Methode die intraarterielle digitale Subtraktionsangiografie („DSA“ = Röntgen mit Kontrastmittel) zur Anwendung. Wenn spezifische Beschwerden auf gleichzeitige Durchblutungsstörungen im Bereich der Herzkranzgefäße oder der Hirnarterien hindeuten, ist auch diesbezüglich eine zunächst nichtinvasive Diagnostik zu empfehlen, beispielsweise ein Belastungs-EKG bzw. eine Farbduplexsonografie der Halsschlagarterien. Ergänzend können spezielle Untersuchungen zur Beurteilung der bei Diabetikern in Abhängigkeit von der Stoffwechselsituation oft deutlich gestörten Fließfähigkeit des Blutes hilfreich sein, die die „Übersterblichkeit“ an Gefäßleiden von diabetischen Patienten mit verursacht. Die Verbreiterung der inneren Gefäßwandschicht („IntimaMedia-Komplex“) der Halsschlagadern gilt ebenfalls als unabhängiger Hinweisgeber für eine im arteriellen Gefäßsystem insgesamt zu erwartende („generalisierte“) Arteriosklerose und insbesondere akute Ereignisse infolge Mangeldurchblutung der Hirnarterien, aber auch der Herzkranzgefäße. Sie ist durch erfahrene Untersucher mit der sogenannten B-ModeSonografie (Ultraschalluntersuchung) zuverlässig bestimmbar. 2.4 Sinnvolle Diagnostik und zeitgemäße Therapie bei herzkranken Diabetikern Bedroht Diabetes mein Herz ? Referent: Prof. Dr. med. habil. T. Lohmann, Städtisches Krankenhaus Dresden-Neustadt (vom Referenten bestätigter „verschriftlichter“ Vortrag) Auszüge aus dem Vortrag Eine Anmerkung: Den Vortrag habe ich zusammen mit Herrn Dr. Dörr von der Praxis-Klinik „Herz und Gefäße“ erarbeitet. Ich selbst komme vom Städtischen Krankenhaus DresdenNeustadt. Wir behandeln an unserem Standort am Weißen Hirsch gemeinsam Patienten mit Herzproblemen. Die Herzkatheteruntersuchung erfolgt in der Praxisklinik „Herz und Gefäße“, die stationäre Nachbetreuung (wenn erforderlich) im Krankenhaus. Zur Epidemiologie ! Jeder 3. Patient mit einem Gefäßereignis (Herzinfarkt, Schlaganfall, Amputation) hat Diabetes, ein weiteres Drittel hat einen bisher nicht bekannten Diabetes bzw. eine Vorstufe des Diabetes. 80% der Patienten mit Typ 2 Diabetes sterben an diesen Herz-Gefäß-Komplikationen! ! In einer eigenen Studie untersuchten wir bisher 750 Patienten, die zu einem „Routine-Herzkatheter“ kamen und bei denen ein Glukose-Belastungstest durchgeführt wurde. Bei 150 Patienten haben wir die schwerste Form einer Herzkrankheit, die 3-Gefäß-Erkrankung (3-GE) festgestellt. Diese Patienten müssen meistens zum Chirurgen. Weniger als die Hälfte hatte einen normalen Glukosestoffwechsel, 13 % hatten Diabetes und wussten das nicht, bei 42% lag eine Vorstufe des Diabetes vor (s. Abb. 1). Abb. 1: Glukosestoffwechsel bei Patienten mit koronarer 3-GE (n = 150) ! ! Die bekannten Diabetiker sind oft nur die Spitze des Eisberges. Untersucht der Hausarzt den Nüchtern- oder Zufallsblutzucker, so findet er immer noch 2/3 der Problempatienten nicht heraus. Das Herausfiltern der Risikofälle ist nur mit einem oralen Glukosetoleranztest3 möglich. Das größte bekannte Risiko für einen weiteren Herzinfarkt hatte bisher der Patient, der bereits einen Herzinfarkt erlebt hat– ein ebenso großer Risikofaktor ist heute der Diabetes mellitus. 3 Der orale Glukosetoleranztest (oGTT) ist ein Zuckerbelastungstest. Mit Hilfe dieser Untersuchung wird festgestellt, wie der Körper eine festgelegte, von außen zugeführte Zuckermenge verarbeitet. Der oGTT kann die Messung des Blutzuckerspiegels ergänzen. 11 ! ! ! ! Die Diabetesepidemie betrifft auch die Stadt Dresden. Ca. 50.000 Diabetiker leben allein hier, das sind etwa 10% der Bevölkerung. Sachsen hat die älteste Bevölkerung in Deutschland und das Durchschnittsalter steigt weiter. Vermutlich haben wir auf Grund der ungünstigen Altersstruktur noch mehr Diabetiker als im deutschlandweiten Durchschnitt, denn die Diabeteshäufigkeit steigt mit dem Lebensalter. 15-20% der über 65-Jährigen haben einen manifesten Diabetes. Hinsichtlich der Steigerung der Diabetesfälle gibt es eine zweite Säule. Es ist das Übergewicht bei Kindern und Jugendlichen, das zur Zunahme der Diabetes-Erkrankung auch in jüngeren Altersstufen führt. Erfreulich ist, dass durch die bessere medizinische Behandlung mehr Menschen Akutereignisse wie Herzinfarkt und Schlaganfall überleben. Das trifft auch auf herz- und gefäßkranke Menschen mit Diabetes zu. Aber auch dies führt zu einer Zunahme der Zahl von Menschen mit Diabetes und seinen Komplikationen. Die Diabeteslawine rollt ungebremst weiter. Das ist nicht nur ein Problem in Deutschland sondern ein weltweites Problem - aus Ländern wie China und Indien kommen die meisten Patienten dazu. Was sind die besonderen Probleme beim herzkranken Diabetiker? ! Klassische Symptome wie Brustschmerzen müssen nicht vorhanden sein – das erschwert die Diagnosestellung, ! Im Hintergrund ist in der Regel ein Risikoquartett vorhanden, d. h. neben Diabetes spielen eine Rolle: Bluthochdruck, Fettstoffwechselstörung, Übergewicht/Bauchumfang. Liegt letzterer bei Frauen über 88 cm und bei Männern über 102 cm, so ist man bereits im Risikobereich für Herz-Kreislauferkrankungen, ! ! ! ! Die Patienten sind besonders anfällig für Rhythmusstörungen z.B. durch eine Nervenerkrankung der inneren Organe (autonome Neuropathie), Durch eine diabetische Nervenschädigung merken Diabetiker ihre Herzerkrankung häufig zu spät oder gar nicht, Es stimmt nur bedingt, dass Frauen weniger anfällig sind für einen Herzinfarkt oder eine koronare Herzerkrankung. Frauen mit Diabetes mellitus haben sogar eine höhere Herzinfarkt-Sterblichkeit als Männer. Auch das ist eine Gruppe, um die wir uns besonders kümmern müssen, Die Sterblichkeit ist beim Diabetiker nach einem Akutereignis höher als beim Nichtdiabetiker. Wie sollte bei der Diagnosestellung vorgegangen werden? Wir empfehlen eine Stufendiagnostik, d. h.: wenn die Diabetesdauer mehr als 10 Jahre beträgt, sollten Patienten mit und ohne Beschwerden ! nach der Krankengeschichte (Anamnese) befragt, untersucht und ein EKG4 durchgeführt werden. ! Außerdem sollten nichtinvasive5 Untersuchungen erfolgen wie Herzultraschall, Fahrrad-Ergometrie6, Untersuchung der Halsschlagader, Blutdruckmessung zum Bein-ArmIndex, Myokardszintigraphie7, ! Im Zweifel – also auch bei nichttypischen Beschwerden oder bei pathologischen Befunden z. B. im Ultraschall oder bei der Fahrrad-Ergometrie – sollte sofort eine Herzkatheteruntersuchung durchgeführt werden – ggf. indem die weitere Diagnostik übersprungen wird! Was sind Besonderheiten bei der Behandlung von herzkranken Diabetikern? Bei Herzinfarkt ist die Prognose beim Diabetiker schlechter als beim Nichtdiabetiker. Das lag in der Vergangenheit auch daran, dass Diabetiker weniger aggressiv behandelt wurden. Bestimmte Prozeduren wurden auf Grund der schlechten Prognose bei ihnen nicht durchgeführt. Das ist grundfalsch – man muss diese Patienten eher aggressiv behandeln, d.h. schneller einen Herzkatheter oder einen Stent einlegen - ggf. die neuen medikamentenbeschichteten Stents (drug-eluting stents) verwenden, denn diese sind vorteilhaft für Diabetiker. Nach dem Ereignis muss man sich um Risikofaktoren wie Rauchen, Blutdruck, Blutfette, Diabetes kümmern, wenn es zuvor nicht getan wurde. Es stehen bestimmte Standardmedikamente zur Verfügung wie ASS/Iscover oder Plavix, Statin, ACE-Hemmer/ AT-Rezeptorblocker, Betablocker. Abb. 2: Das Risikoquartett Abb. 3: Der Bauchumfang lässt auf das Risiko für Herz-KreislaufErkrankungen und Diabetes schließen 12 4 Das Elektrokardiogramm (EKG) ist die Registrierung der Summe der elektrischen Aktivitäten aller Herzmuskelfasern. Mit dem EKG lassen sich vielfältige Aussagen zu Eigenschaften und Erkrankungen des Herzens treffen, 5 Prozeduren, bei denen Geräte oder Katheter nicht in den Körper eindringen, 6 EKG-Aufzeichnung während des Fahrradfahrens, 7 Die Myokardszintigrafie ist ein nuklearmedizinisches Untersuchungsverfahren, das je nach Durchführung Informationen über die Durchblutungsverhältnisse, Vitalität und Funktion des Herzmuskels liefert. Fallbeispiel: Herzinfarkt als Erstsymptom eines Diabetes mellitus Patient: 39-jähriger Mann, 1,67 m groß, 110 kg Körpergewicht Vorgeschichte: War nie ernsthaft krank, hat deshalb keinen Hausarzt. Am 23.05.2002, 7:00 Uhr erstmalig Übelkeit, Schweißausbruch, leichtes Druckgefühl in der Brust (Es klingt gar nicht gefährlich!) Gegen 24:00 Uhr Notarzt gerufen. Durch ihn erfolgt Einweisung unter Herzinfarktverdacht in die Klinik. Risikofaktoren: ! Die Untersuchung zeigt, dass der Patient Diabetiker ist (Erstdiagnose bei Blutzuckerwert von 15,5 mmol/l) – er selbst wusste es nicht. ! Außerdem liegt deutliches Übergewicht vor. EKG-Untersuchung: akuter Herzinfarkt8 Behandlung: Dabei geht es vor allem um Schnelligkeit zur Sicherung des Herzgewebes, um eine spätere Minderung der Herzleistung zu verhindern. Die Abbildungen unten zeigen das rechte Herzkranzgefäß vor und nach der Behandlung mit einem Stent. Wie kann der Patient dazu beitragen, Herzkomplikationen zu vermeiden? Ein gesunder Lebensstil ist von großer Bedeutung – evtl. muss eine generelle Lebensstiländerung erfolgen. Das allerwichtigste ist - neben viel Bewegung, evtl. Herzsport, gesunder Ernährung und Gewicht im „Normalbereich halten“ - mit dem Rauchen aufzuhören. Abb. 7: Lebensstiländerung – davon hängt es ab! Abb. 4: Verschluss: rechtes Herzkranzgefäß (RCA) Ich möchte mit einer positiven Botschaft enden: Es ist nicht sinnlos, mit dem Rauchen aufzuhören. Abb. 8 zeigt den Vergleich von Patienten, die nach einem Infarkt weiter geraucht bzw. damit aufgehört haben. Nach 13 Jahren sind ca. 90 % der Raucher gestorben; von denen, die mit dem Rauchen aufgehört haben, sind 70 % noch am Leben. Es ist also nie zu spät mit dem Rauchen aufzuhören. Mortalität in Prozent Zeit nach Herzinfarkt in Jahren Abb. 5: Stent-Implantation RCA Abb. 8: Sterblichkeit von Patienten, die nach einem Infarkt weiterrauchen (rot), im Vergleich zu denen, die nicht mehr rauchen (blau). Weitere Informationen Im Internet erhalten neben Ärzten auch Patienten Informationen unter www.khk.versorgungsleitlinien.de zum Vorgehen bei bestimmten Erkrankungen – Beispiel s. Abb. 9 „Herzdiagnostik bei Diabetikern“. Abb. 6: RCA offen, Durchblutung in die übrigen Herzgefäße erfolgt wieder 8 Akuter Hinterwandinfarkt (NSTEMI) 13 Diabetiker mit herzspezifischen Symptomen ! ! ! ! Instabile oder mäßig schwere Angina pectoris Milde Angina pectoris und Zustand nach Myokardinfarkt EKG mit eindeutigen Ischämiezeichen Milde Angina pectoris und Herzinsuffizienz Individuelle Strategieplanung durch Kardiologen, z. B. ! ! ! ! Echokardiographie Belastungs-EKG Stressechokardiographie Myokardszintigraphie ! ! Milde Angina pectoris und normales EKG Atypische Symptomatik und pathologisches EKG Echokardiographie Belastungs-EKG unauffällig pathologisch Stresskardiogramm oder Myokardszintigraphie unauffällig pathologisch Jährlich individuelle Strategieplanung durch Kardiologen, z. B.: ! ! ! ! Echokardiographie Belastungs-EKG Stressechokardiographie Myokardszintigraphie unauffällig pathologisch Linksherzkatheter (Lävokardiogramm, Koronarangiographie) ! Atypische Bauchschmerzen mit normalem EKG Echokardiographie Belastungs-EKG pathologisch Stresskardiogramm oder Myokardszintigraphie unauffällig pathologisch Weitere internistische Diagnostik Abb. 9: Herzdiagnostik bei Diabetikern (nach Leitlinie „Diabetes mellitus und Herz“ der Deutschen Diabetes Gesellschaft) 14 unauffällig 2.5 Aktuelles aus der Diabetes-Forschung Regionale Präventionsprojekte – Wie können Herzinfarkt und Diabetes verhindert werden?“ Referent: Dr. med. P. Schwarz, Medizinische Klinik u. Poliklinik III, Universitätsklinikum Dresden u. Leiter des Tumaini-Instituts (vom Referenten bestätigter „verschriftlichter“ Vortrag) Auszüge aus dem Vortrag Das Thema meines Vortrages beinhaltet eigentlich zwei Themen, die im Moment die entscheidenden Herausforderungen auf unserem Gebiet darstellen, nämlich „Neues in der Diabetologie“ und „Prävention von Diabetes“. Da wir tagelang darüber reden könnten, möchte ich einzelne Aspekte herausgreifen. ... Im Folgenden wird versucht, zusammenzufassen, warum Diabetes aus unterschiedlichen Sichtweisen heute ein Problem darstellt: Das Problem Diabetes - unterschiedliche Sichtweisen 1. 2. 3. 4. 5. 9 Die Prävalenz (Häufigkeit) des Typ 2 Diabetes mit seinen kardiovaskulären Komplikationen steigt in Deutschland drastisch - Jeder 2. im Jahr 2000 Geborene wird an Diabetes mellitus erkranken. Risikofaktoren für die Entwicklung des Typ 2 Diabetes haben substanziell zugenommen. Bereits bei Diagnosestellung haben fast alle Patienten bereits bestehende schwerwiegende (kardio-)vaskuläre Komplikationen. Die Behandlung der Erkrankung, insbesondere ihrer Komplikationen, ist ausgesprochen kostenintensiv – direkt und indirekt (Diabetes führt zu einer deutlichen 4%igen Reduktion des Bruttosozialproduktes). Immer mehr jüngere Menschen bekommen einen Typ-2Diabetes. Hierzu ist zu bemerken, dass ! jedes 2. im Jahr 2000 geborene Kind im Laufe seines Lebens an Diabetes mellitus erkranken und an Hand der Komplikationen dieser Erkrankung vom Alter her vor seinen Eltern versterben wird. Das ist etwas Neues, vor 5 Jahren haben wir dieses Problem noch nicht erkannt. ! Diabetes als Erkrankung ein Wirtschaftsfaktor geworden ist. In Deutschland geben wir z. Z. 17,3% bis 17,8% unseres Gesundheitsbudgets aus, um Diabetes oder damit verbundene Komplikationen zu behandeln. Vor 20 Jahren erkrankte der 65-jährige Rentner, heute ist es der 42Jährige, der im Arbeitsprozess steht. Wenn wir im Jahr 2000 jeden 2. Diabetiker nicht gehabt hätten, so wäre das Bruttosozialprodukt in Deutschland um 3,8% höher gewesen, d. h. wir hätten ein um 1,2% höheres Wirtschaftswachstum gehabt. Das sind viele Milliarden EURO, die durch eine eigentlich einfach zu verhindernde Krankheit vergeudet werden. 9 Quelle: Zimmet, P., K.G. Alberti, and J. Shaw, Global and societal implications of the diabetes epidemic. Nature, 2001. 414(6865): p. 782-7. Alberti, K.G., Yes we can prevent Type 2 diabetes. Diabetes Voice, December 2002, Volume 47, Issue 4 Welchen Anteil haben die Gene bzw. die Evolution? Manche sagen, wir sind unschuldig daran, dass die Entwicklung so verläuft, da hier Vieles mit unseren Genen bzw. der Evolution zusammenhängt. Das stimmt nur zum Teil. Mehr als 50 Millionen Jahre haben wir gebraucht, um uns zum Homo sapiens zu entwickeln. Für diesen war es ein Vorteil, wenn er in der Lage war, die aufgenommene Nahrung im Bauchfett zu speichern. Indianer haben z. B. zwei Wochen lang gejagt und nichts gefunden, manchmal wurde ein Bär erlegt. Dann war es gut, wenn sehr viel gegessen wurde – es war sogar von Vorteil, wenn man weiteressen konnte, obwohl man schon satt war. Energie wurde in Form von Fett gespeichert. Im Winter, wenn unsere Vorfahren in der Höhle gelebt haben, konnten sie dann davon zehren. Es war so, dass sie im Sommer bzw. Herbst immer wieder dick geworden sind, um im Winter wieder schlanker zu werden. Diese Lebensweise hat sich auf unsere Gene ausgewirkt - vor allem in den letzten 50 Jahren hat sich unsere „Art zu leben“ stark verändert. Heute müssen wir uns nicht mehr körperlich anstrengen, um in der Savanne einen Bären zu erlegen oder den Acker zu pflügen sondern wir gehen gemächlich zum Supermarkt und „erlegen“ dort den Joghurt oder Käse, manchmal Nahrungsmittel auf denen steht: „DU darfst“ und können davon so viel essen (weil es billig ist und gut schmeckt) wie wir wollen. Das führt dazu, dass wir immer dicker werden und nur 50 Jahre gebraucht haben, um zum Homo McDonald`s zu werden. Dieser hat vor allem am Bauch sehr viel Fett. Abb. 1: Die Evolution ist schuld? Dieses Fett ist dafür verantwortlich, dass viele Menschen Diabetes mit der häufigen Folge Herzanfall und/oder Schlaganfall bekommen. Es gibt in Deutschland sehr viele dicke Menschen - wir haben inzwischen die US-Amerikaner überholt und sind um 0,3% dicker als diese – noch schlechter sieht es in Europa lediglich bei den Engländern aus. Wie nimmt man ab? Man nimmt nur dann zu, wenn man sich mehr Energie zuführt als man verbrauchen kann. Energiezufuhr erfolgt fast immer über das Essen, ist viel Fett in der Nahrung, dann schmeckt es besser. Dadurch neigen wir dazu, mehr Fett zu uns zu nehmen. Um ca.18% ist heute in Sachsen das Essen fettiger als vor 20 Jahren. Es ist aber nicht einfach, das zu viel aufgenommene Fett wieder los zu werden - Abnehmen ist nur möglich, wenn mehr Energie abgegeben wird als aufgenommen wurde. Energie verliert man u. a. durch Wärmeproduktion, d. h. durch schwitzen. Will man z. B. die aufgenommene Energie eines „Hamburgers“ lediglich durch schwitzen verlieren, dann müsste man wahrscheinlich 4 Tage lang permanent schwitzen. Auch durch Stuhl und Urin verliert man Energie, aber relativ wenig. Der einfachste Weg, Energie wieder los zu werden, ist körperliche Aktivität. Die körperliche Betätigung ist das Geheimnis, wodurch man Fett wieder los wird. Ist man an Diabetes erkrankt, dann geht das allerdings ohne Hilfsmittel nicht auf diesem Weg. 15 ! hypoglykämischen Schock oder anderen Missempfindungen kommen – vor allem, wenn nichts dazu gegessen wurde. DPP-4-Inhibitoren (u. a. auch genannt: Inkretinhormone, GLP1-Antagonisten) sind neue hoffnungsvolle Medikamente für die Zukunft (seit ca. 2 Wochen auf dem Markt) deren Wirkungsweise auf eine Echse zurückgehen. Diese Hormone helfen, dass das Insulin im Körper besser wirkt. Es gibt diese Medikamente als Spritze oder in Tablettenform. Abb. 2: Gewichtsreduktion – ein Bilanzproblem Welche Medikamente werden bei der Diabetes-Behandlung eingesetzt? Mittlerweile gibt es ca.180 verschiedene Medikamente, mit denen wir Diabetes behandeln können. All diese Medikamente tun was Gutes für den Erkrankten, fast alle Medikamente haben aber auch Nebenwirkungen. Keiner von Ihnen kennt alle Substanzen, die auf dieser Liste stehen (s. Abb. 3) – auch bei vielen Ärzten ist das so. Es gibt aber unterschiedliche Wirkmechanismen – danach kann eine Einteilung erfolgen: Abb. 3: Medikamente zur Diabetesbehandlung nach Wirkmechanismen Einige Bemerkungen zu den Medikamenten: ! ! ! ! ! Ein Wirkstoff ist das Metformin. Dieses Medikament kann sogar dabei helfen, etwas abzunehmen. Gerade, wenn man etwas älter und übergewichtig ist. Insulin-Sensitizer sind Medikamente, die die Wirkungsweise des vom Körper erzeugten Insulins oder des gespritzten Insulins erhöht. Das führt dazu, dass der Körper evtl. weniger Insulin braucht - allerdings ist es nicht so gut, das Medikament zusammen mit „Insulinspritzen“ zu verabreichen. Die Einnahme von prandialen Glucoseregulatoren (kleine Tabletten, die zum Essen eingenommen werden) führt dazu, dass die Bauchspeicheldrüse des Patienten mehr Insulin ausschüttet. Resorptionsverzögerer behindern im Darm die Blutzuckeraufnahme (bzw. der Vorstufen). Das führt dazu, dass weniger Insulin gebraucht wird, falls man spritzen muss - unangenehme Nebenwirkungen wie Bauchschmerzen, häufiger Stuhldrang können auftreten. Sulfonylharnstoffe: von diesen Medikamenten gibt es sehr viele10. Bei ihnen kann es bei zu hoher Dosis zu einem 10 Sie kommen ursprünglich aus Dresden. In den Räumen der Universitätsklinik, in denen Frau Rothe und ich heute sitzen, hat Herr Rostowski 16 Abb. 4: Eine Echse half bei der Entwicklung neuer Medikamente ! Inselzelltransplantation ist eine weitere neue Behandlungsmethode bei der insulinproduzierende Zellen von Verstorbenen dem Diabetes-Patienten übertragen werden. Über diese Methode wird viel geschrieben - deshalb nehmen viele Diabetiker an, dass ihnen in Kürze wirkungsvoll geholfen werden kann. Dem ist aber nicht so. Es ist eine experimentelle Methode, die heute schon funktioniert, die aber für die 10 Millionen Diabetiker in Deutschland noch in weiter Zukunft liegt. Z. Z. ist diese Methode nur eine Alternative für ganz wenige Menschen mit Diabetes mellitus Typ 1 (bisher wurden weltweit 183 Patienten damit behandelt). In ca. 50 Jahren könnte dieses Verfahren in der Therapie einen hohen Stellenwert einnehmen. An wen wendet sich das Diabetes-Präventionsprogramm? Diabetes ist eine verhinderbare Erkrankung. Sachsen ist das einzige Bundesland, das ein Präventionsprogramm aufgelegt hat für Personen mit erhöhtem Risiko, an Diabetes zu erkranken. Die Basis für dieses Programm ist der Risikofragebogen (Beispiel s. S. 10). Zielgruppe sind z. B. Angehörige von Diabetikern, denn diese haben – egal ob Bruder oder Schwester, Kinder oder Enkel von Diabetes-Patienten – ein deutlich erhöhtes Risiko, ebenfalls Diabetes zu bekommen. Hat man nach diesem Fragebogen mehr als 10 Punkte erreicht, so liegt das Risiko, in den nächsten 5 Jahren ebenfalls an Diabetes zu erkranken bei 30%. Sind es mehr als 15 Punkte, so erhöht sich das Risiko auf bis zu 50%. Wie ist Diabetes zu verhindern? Bei der Diabetesprävention gibt es 5 Kernziele: 1. Gewichtsreduktion, 5-7% 2. Steigerung der körperlichen Aktivität, 150 min/Woche – die wichtigste Maßnahme, 3. Steigerung des Anteils faserhaltiger Ballaststoffe an der Nahrungsaufnahme, 15g/1000kcal 4. Reduktion des Fettanteils der tgl. Nahrung, <30% 5. Reduktion der gesättigten Fettsäuren an der tgl. Nahrung, <10%. Eine Bemerkung zu den Fettsäuren: Die gesättigten Fettsäuren sind in den fetthaltigen Nahrungsmitteln enthalten, die hart sind - dazu gehört z. B. Butter. Die zu 1921 die erste deutsche Diabetesklinik eröffnet. Hier wurden 30 Jahre später die Vorläufer dieser Medikamente entwickelt. bevorzugenden ungesättigten Fettsäuren sind z. B. im Oliven-, Raps- oder Sonnenblumenöl zu finden. Alles basiert darauf, Menschen zu motivieren, einen veränderten Lebensstil umzusetzen. Das ist so einfach und so problematisch wie der Ersatz von Olivenöl durch Butter. Hat man 30 Jahre lang nur mit Butter gebraten, so fällt es uns nicht leicht, das zu ändern. An dieser Stelle beginnt es aber, Diabetes zu verhindern. Auf welche Ergebnisse können wir verweisen? In einem großen Projekt mit 155 Personen haben wir in Sachsen gezeigt, dass Diabetes-Prävention funktionieren kann. Wir konnten zeigen, dass bei mehr als der Hälfte der Personen mit erhöhtem Diabetes-Risiko bei einer ganz normalen ärztlichen Versorgung die Erkrankung nicht auftrat. Abb. 5: Ergebnisse des Projektes zur Diabetesprävention (n =155) Wo finden Sie Hilfe und Informationen? Solch unterstützende Materialien wie Kalender zur Diabetesprävention oder spezielle Back- und Kochbücher z. B. vom Tumaini-Institut können bei einer gesunden Ernährung helfen. Informationen dazu erhält man auch über Krankenkassen, Apotheken, Hausarzt. Regelmäßiges Bewegungsprogramme bieten Sportvereine bzw. Fitness-Studios an. Diejenigen, die Internet haben, können sich beim Tumaini-Institut www.tumaini.de informieren aber z. B. auch auf den Webseiten www.diabetes-risiko.de bzw. www.nafdm.de . Damit danke ich Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit. Diskussion: Welche Rolle spielt Fett bei der Ernährung? Es wäre ein Trugschluss, anzunehmen, Sie brauchen kein Fett. Fett wird z. B. benötigt, um die im Darm enthaltenen Vitamine in die Blutbahn zu transportieren. Der Fettanteil sollte aber bei weniger als 30% der täglichen Nahrung liegen. In Sachsen nehmen wir im Durchschnitt 54% Fett zu uns. Bei Butter oder Öl ist zu sehen, was man zu sich nimmt - das Problem sind jedoch die versteckten Fette. Wenn Sie im Supermarkt einkaufen, so wissen Sie oft nicht, wie die Zusammensetzung der Nahrungsmittel ist – auch bei solchen, bei denen „Du darfst“ drauf steht. Das macht es gar nicht so einfach, einen gesünderen Lebensstil umzusetzen. Das trifft auch auf Kinder zu. So werden kleine Fruchtzwerge oder Milchschnitten für zwischendurch propagiert, obwohl das nicht bedeutet, dass das „gesunde Ernährung“ ist. Oft ist in solchen Nahrungsmitteln sehr viel Fett enthalten. Wie ist der Stand bei der Kennzeichnung von „gesunden Lebensmitteln“? Wenn ich Politiker wäre, so würde ich jetzt mächtig in Verlegenheit kommen, denn das ist ein ganz großes Problem, das Sie ansprechen. Stellen Sie sich mal vor, Sie würden zum Supermarkt gehen und an jedem Lebensmittel wäre ein roter, ein gelber oder ein grüner Punkt. Der grüne Punkt würde darauf hinweisen, das ist ein gesundes Nahrungsmittel, der rote Punkt darauf, dass dieses Nahrungsmittel nur einmal in der Woche gegessen werden sollte und der gelbe Punkt darauf, dass das Nahrungsmittel zwischen der Empfehlung „häufig essen“ oder „ganz selten essen“ liegt. Die EU-Kommission bemüht sich schon seit ca. 8 Jahren um die Einführung einer solchen Kennzeichnung. Zunächst waren alle für dieses Ampelsystem – sogar die Nahrungsmittelindustrie. Der jetzige Stand ist: ein Ampelsystem wird kommen, wird aber durch sehr viele Ausnahmeregelungen aufgeweicht sein. Wir unterstützen ganz nachhaltig die Kennzeichnung von Nahrungsmitteln, die es dem Verbraucher einfacher macht, zu entscheiden, liegt ein gesundes oder ein weniger gesundes Nahrungsmittel vor. Schade ist, dass wir lediglich ein Hilfsmittel bekommen werden für den intelligenten studierten Verbraucher aber nicht für den Großteil der Bevölkerung. Hier ist noch viel Arbeit zu leisten - vielleicht können wir in ca. 10 Jahren ein günstigeres Fazit ziehen? Ist die Ernährungspyramide gedreht worden? Herr Huehmer: Das ist immer schwierig mit solchen bildlichen Darstellungen, wenn die „gesunden Nahrungsmittel“ einheitlich dargestellt werden sollen (Ernährungspyramide s. S. 23). Richtig ist, dass sich manches verschoben hat. So wurde früher das Obst mehr in den Vordergrund gerückt. Heute weiß man, dass in unserer Gesamtnahrung ein Überschuss an Fruktose vorhanden ist. Es wird nach wie vor empfohlen, viel Obst zu essen, es sollte aber nicht nur Obst verzehrt werden, die sogenannte Mischkost ist nach wie vor das Beste. Prävention chronischer Erkrankungen – wie weit sind wir und wie geht es weiter? (Zusammenfassung # erhalten vom Referenten Dr. med. P. Schwarz) Prävention als gesellschaftliche Aufgabe Eine systematische und wirksame Prävention gilt politisch, wirtschaftlich und medizinisch als zentrale Herausforderung der Gesundheitsversorgung. Wir wissen heute, dass: ! chronische Erkrankungen mit unserem derzeitigen Wissen durch Maßnahmen der Gesundheitsförderung signifikant reduziert werden können. ! die vorhandenen und wissenschaftlich evaluierten Strategien der Prävention und Gesundheitsförderung wirksam und zugleich kosteneffektiv sind. Die weltweite Ausbreitung der Adipositas (Fettsucht) entspricht bereits einer Epidemie, bzw. Pandemie11. Nicht nur die Prävalenz (Krankheitshäufigkeit), auch das Ausmaß ist besorgniserregend und variiert je nach Definition zwischen 6 und über 20 Prozent. Bereits im Kindesalter sind immer jüngere Kinder betroffen mit immer größeren Extremgewichten. Die Problematik liegt darin, dass ein Großteil der Kinder und Jugendlichen das Übergewicht mit ins Erwachsenenalter nehmen. Dies bedeutet nicht nur für die Kinder Nachteile in ihren psychosozialen Möglichkeiten und die Gefahr von Erkrankungen vor allem des Bewegungsapparates, sondern zieht das Risiko von mit Adipositas-assoziierten Krankheiten im Erwachsenenalter mit sich. Die Implementierung von strukturierten PräventionsProgrammen ermöglicht eine flächendeckende Umsetzung der Pandemie - eine länder- und kontinentübergreifende Ausbreitung einer Krankheit. Im Gegensatz zur Epidemie ist eine Pandemie somit örtlich nicht beschränkt. 11 17 Intervention mit hohen Qualitätsstandards, ohne das Gesundheitsbudget stark zu belasten. Im Diabetessektor haben die Projektgruppe Prävention des Nationalen Aktionsforum Diabetes mellitus (NAFDM) in Kooperation mit der Arbeitsgemeinschaft Prävention des Diabetes mellitus Typ 2 (AG P2) der Deutschen Diabetes-Gesellschaft (DDG) sowie der Deutschen Diabetes-Stiftung (DDS) ein 3-schrittiges Konzept für ein nationales Präventionsprogramm entwickelt. Dieses Konzept wurde von der Arbeitsgruppe „gesundheitsziele.de“ als Vorlage für ein nationales Programm zur Prävention des Typ 2 Diabetes ausgewählt. Das Konzept besteht in ! einem ersten Schritt aus effektiven Maßnahmen zum Screening, um Risikopersonen mit einem erhöhten Diabetes Risiko zu finden. ! Darauf folgen in einem 2. Schritt zeitlich begrenzte Interventionen mit dem Ziel, eine Motivation für eine Lebensstil-Änderung aufzubauen. ! Der dritte Schritt beinhaltet kontinuierliche Maßnahmen, um eine Motivation zur Lebensstil-Änderung zu erhalten und zu verstärken und eine Umsetzung der LebensstilÄnderung effektiv zu begleiten. Dieser Schritt ist dabei für die Nachhaltigkeit der Intervention entscheidend. Dieses Vorgehen wird in Sachsen derzeit implementiert. 2.6 Aufgaben und Ziele des TUMAINI – Instituts für Präventionsmanagement GbR Referent: U. Hühmer, Tumaini-Institut GbR, Dresden (Zusammenfassung des Vortrags # erhalten vom Referenten) Das TUMAINI – Institut wurde von den Eheleuten, Dipl. psych. Jaqueline Schwarz und Dr. med. habil. Peter Schwarz 2003 gegründet, um wissenschaftliche Erkenntnisse so aufzubereiten, dass davon die breite Öffentlichkeit profitieren kann und somit vor allem aktuelle wissenschaftliche Forschungsergebnisse direkt für den Patienten umgesetzt werden können. Hauptaugenmerk liegt dabei auf der Entwicklung von praxisnahen Präventionsprogrammen, deren Umsetzung und die anschließende Überprüfung der Wirksamkeit und Nachhaltigkeit. Abb. 1: Aufgaben des TUMAINI – Instituts Abb. 2: Ziele des TUMAINI – Instituts Das Sächsische Präventionsprojekt Diabetes mellitus Typ 2 ist das derzeit umfangreichste Konzept das flächendeckend der Gesamtbevölkerung angeboten wird. Dabei wurde insbesondere darauf geachtet, dass ! in möglichst vielen Orten Sachsens Kurse stattfinden, ! die Kosten für die Teilnehmer gering ausfallen und ! die Betreuung der Teilnehmer auch längerfristig gewährleistet werden kann. 18 2.7 Gefahren des Metabolisch-Vaskulären Syndroms – Dem diabetischen Fuß vorbeugen - Amputationen verhindern Referent: Dr. med. A. Kirsten, Städtisches Krankenhaus Dresden-Neustadt, Akademisches Lehrkrankenhaus der TU Dresden (vom Referenten bestätigter „verschriftlichter“ Vortrag) Auszüge aus dem Vortrag Abb. 3: Ziele des Tumaini-Instituts – ein breit gestreutes Kursangebot Dabei werden auch neue Wege gegangen, wie z.B. ! die Einbindung von neuen Medien, ! die teilweise telefonische Betreuung der Teilnehmer, um Fahrtkosten zu sparen und ! verschiedene gesellige Gruppenveranstaltungen, um zwischen den Teilnehmern den Kontakt zu pflegen und daraus auch länger anhaltende gegenseitige Motivation zu generieren. Zur Entwicklung des Fußes Die Entwicklung des Fußes an sich ist eng mit der Entwicklung der Menschheit verbunden. Der Fuß besteht aus 26 Knochen und 31 Gelenken. Er trägt uns im Laufe unseres Lebens etwa 120 000 km durch die Welt – bei dem einen mehr, bei dem anderen weniger. Pro Tag hat er eine Last von etwa 1000 t zu tragen. Das älteste gefundene Fußskelett ist etwa 1,8 Millionen Jahre alt. Dort ist zu sehen, dass der Fuß bereits damals ein Standorgan war, denn die Großzehe ist nicht wie bei der Greifhand abgewinkelt. Der Fuß war zu Beginn das einzigste Fortbewegungsmittel, später das Wichtigste. Im Zeitalter der Industrialisierung hat die Bedeutung des Fußes leider immer mehr nachgelassen. Der Fuß war für unsere Vorfahren nicht nur ein Fortbewegungsmittel, sondern auch ein Mittel von Macht und Unterwerfung. So wurde der Besiegte dem Sieger zu Füßen gelegt oder der Sieger setzte den Fuß in den Nacken des Besiegten. Die alten Römer und Ägypter malten die Gesichter ihrer Feinde auf die Sohlen ihrer Sandalen, um diese regelrecht mit den Füßen zu treten. Abb. 1: Entwicklung des Fußes Zum Diabetischen Fuß Nach der Definition der Weltgesundheitsorganisation (WHO) ist der Diabetische Fuß eine Entzündung, ein Geschwür oder eine Zerstörung von tiefem Gewebe am Fuß - verbunden mit einer Nerven- und/oder Durchblutungsstörung am Bein. Wir gehen davon aus, dass in Deutschland knapp 60 000 Fußgeschwüre pro Jahr neu entstehen und etwa 45 000 Amputationen durchgeführt werden. Ca. 72 % der nichttraumatischen Amputationen sind auf Diabetes zurückzuführen. Das bedeutet nicht nur einen schweren Einschnitt in das soziale Leben der Patienten sondern ist auch ein sehr schwerer Einschnitt in die Ökonomie unseres Landes. 1,5 Milliarden € kostet in etwa die Behandlung des Diabetischen Fußes pro Jahr. Das macht etwa ein Viertel der stationären Krankenhauskosten aus sowie ca. 50% aller Krankenhaus-Tage von Diabetikern. Da der Diabetische Fuß nicht nur in Deutschland ein großes Problem ist, haben sich die europäischen Gesundheitsminister bereits 1989 zusammengesetzt und beschlossen, die DiabetesKomplikationen bis 1994 deutlich zu senken und die diabetesbedingten Amputationen der unteren Extremität um etwa 50% zu senken. Was hat man erreicht? 2002 sind in Deutschland ca. 41 500 Amputationen durchgeführt worden - 1 Jahr später ca. 45 00012. Die Zahlen sind nicht gesunken, sondern leider 12 Quelle: G. Heller et al Dtsch Med Wochenschr 2005; 130: 1689-1690 19 gestiegen, da u. a. die Prävention zu gering ist. Diese könnte bereits durch ganz einfache Maßnahmen verbessert werden. In den USA wurde z. B. eine Studie durchgeführt, bei der die Patienten barfuss in das Sprechzimmer ihres Hausarztes gehen mussten. Bereits dadurch, dass sie ihre Füße zeigen mussten und sich der Hausarzt diese anschauen durfte und musste, konnte die Amputationsrate nachweislich gesenkt werden. Was sind die Risiken beim Diabetischen Fuß? Dazu gehören Fußveränderungen wie Fußdeformitäten/Verformungen, Geschwüre, Risse, Rhagaden, Hornschwielen, Blasen, operative Eingriffe. Auch der Fußpilz spielt eine große Rolle, da daraus eine schwere Entzündung des Fußes entstehen kann. Außerdem gehören zu den Risiken: ! diabetische Nervenstörung und andere Spätfolgen bei schlechten Blutzucker-Werten, ! Durchblutungsstörungen der Beine, ! Fußgeschwüre in der Krankengeschichte sowie ! individuelle Risiken wie keine oder schlechte Fußpflege, inadäquates Schuhwerk, Übergewicht, Nikotin- und Alkoholgenuss, Bettlägerigkeit und Sehbehinderung. 30 bis 50 % der Fußgeschwüre entstehen durch nicht passgerechtes Schuhwerk. In Schottland wurde in einer Studie bei Diabetikern festgestellt, dass deren Schuhe zu klein oder zu schmal waren. 63% der Diabetiker13 trugen Schuhwerk, das in Bezug auf Länge und Weite nicht die korrekte Passform besaß. Man fragte auch, ob sich die Patienten jeden Tag ihre Füße anschauen. Lediglich bei 29% war das der Fall, 22% verneinten diese Frage. Welche Eigenschaften sollte Schuhwerk für Diabetiker haben? Diabetesadaptiertes Schuhwerk sollte sein: ! praktikabel (für den Patienten), ! akzeptabel (für Patient und Arzt) und ! indikationsgerecht, d.h. angepasst an Veränderungen bzw. bestimmte Erkrankungen. Schuhe für Diabetiker müssen nicht immer von einem Orthopädieschuhmeister angefertigt worden sein, es gibt auch spezielle Konfektionsschuhe für Diabetiker. Ein diabetischer Fuß muss im Team behandelt werden! Zuerst kümmert sich neben dem Hausarzt der Podologe (medizinischer Fußpfleger) darum. Gibt es hier Komplikationen, muss der Diabetologe mit ins Boot geholt werden. Er entscheidet, wie es weiter geht, d. h. ob ein Chirurg oder die Klinik gebraucht wird, ob Gefäße untersucht werden müssen. Braucht der Patient orthopädisches Schuhwerk, dann ist der Orthopädieschuhmachermeister gefragt oder evtl. ein Orthopädiemechanikermeister. Wichtig ist auch ein Psychologe, oft ist ein solcher Fuß auch ein psychologisches Problem. Darüber hinaus haben Diabetesberater die Aufgabe, die Patienten immer wieder auf dem Gebiet der gesunden und „krankheitsangepassten“ Lebensführung und über alle weiteren Belange des Diabetes mellitus zu schulen. Was sind die Ursachen für das diabetische Fußsyndrom? Als Ursache finden wir bei 2/3 der Betroffenen eine reine Diabetische Nervenstörung, die reine Durchblutungsstörung tritt nur in 10-20% der Fälle auf. Bei der Mischform - 30% der Fälle liegt sowohl eine Nervenstörung als auch eine Durchblutungsstörung vor. Bei dieser Form heilen die Wunden schlecht und die Patienten haben meist das Schmerzempfinden verloren. Gerade durch den Verlust dieses Warnsymptoms ist diese Erkrankung so schwerwiegend. 13 Leese G, et al. International Journal of Clinical Practice 20 Abb.2: Diabetische Nervenstörung ist die häufigste Ursache des diabetischen Fußsyndroms Welche Beschwerden treten beim Diabetischen Fußsyndrom infolge einer diabetischen Nervenstörung auf? Die Beschwerden äußern sich durch: ! taube und brennende Füße, Gefühl des Ameisenlaufens, Missempfinden, ! auftretende Schmerzen - vor allem nachts (Bettdecke oft zu schwer), ! Gangfehler, Gangunsicherheit, watschelnden Gang (durch Verformung des Fußes u. Nervenstörung), ! trockene, rissige u. warme Haut, ! geschwollenen Fußrücken und voluminösen Fuß, ! Deformierung der Zehen (Krallen- oder Hammerzehen), ! Geschwüre an der Fußsohle - scharf ausgestanzt mit Hornwall. Empfehlung an Patienten mit diabetischer Nervenstörung: Betroffene Patienten sollten immer in die Schuhe schauen, bevor sie diese anziehen. Der Referent hat dort schon Geld, Topfkratzer oder Glassplitter gefunden. Abb. 3: Fehlende Schmerzempfindung ist oft die Ursache schwerster Geschwüre, da Gegenstände in den Schuhen nicht bemerkt werden Fallbeispiel: Ein Patient berichtete, dass ihm beim Einreiben des Rückens die Verschlusskappe der Salbentube in die Hausschuhe gefallen war. Er konnte sie nicht selbst herausholen und hat den Vorfall bald danach vergessen. 3 Tage lief er mit dieser Kappe im Hausschuh herum, da er auf Grund der Nervenstörung keinen Schmerz bemerkte. Die Folge waren schwerste Geschwüre an den Zehen. Wie erfolgt die Diagnostik der diabetischen Nervenstörung? Eigentlich kann die Diagnose durch jeden Arzt gestellt werden, da die dazu benötigten Instrumente (s. Abb. unten von links nach rechts) auf jedem Schreibtisch liegen könnten. So kann getestet werden mit Hilfe ! der Stimmgabel - das Vibrationsempfinden, ! des Reflexhammers - die Nervenreflexe, ! von Kanüle und Wattebausch - ob Unterscheidung von spitz und stumpf möglich ist, ! ! des Monofilaments – das Druckempfinden an der Fußsohle, des Temperaturfühlers (ypsilonförmiges Gerät bei dem ein Fühler aus Plaste, der andere aus Metall ist) - ob Warmoder Kaltempfinden vorhanden ist. Abb. 4: Instrumente zur Diagnostik der diabetischen Nervenstörung Mögliche Auswirkungen des Diabetischen Fußsyndroms bei Nervenstörung Zunächst existiert eine diabetische Nervenstörung. Durch diese kommt es zu einer Fußverformung und Fehlbelastungen, besonders im Vorfußbereich. Es entstehen Minitraumata, die zu Verletzungen führen, wie Einblutung unter der Hornschwiele oder Blasen an den Füßen (z. B. bei neuen Schuhen). Wird hier kein Einhalt geboten, so entsteht ein Geschwür. Mitunter existiert eine Wundheilungsstörung und dann kann sich daraus eine schwerste Infektion entwickeln, die bis zur eitrigen Entzündung führt. Dieser Verlauf muss so schnell wie möglich unterbrochen werden, damit keine Amputation erfolgen muss. den, ob die Gefäße durchgängig sind oder eine Verengung vorliegt. Goldstandard15 ist, die Gefäße mit Kontrastmittel darzustellen. Das ist ein unter Lokalanästhesie durchgeführter Eingriff, bei dem in der Leistenbeuge ein Katheter eingeschoben wird. Unterbrechungen der Blutversorgung lassen sich dadurch schnell erkennen. In der gleichen Sitzung kann dann mit Hilfe eines eingeschobenen Ballons eine Aufdehnung erfolgen. Das ist eine sehr elegante, aber auch einfache Methode, die ohne Operation auskommt. Eine andere Methode ist, so wie beim Herzen, einen Stent zu legen. Dabei werden kleine Metallhülsen, die sich selbst entfalten, in das Gefäß eingeführt. Folge ist, dass dieses offen gehalten wird. Auch dieses Vorgehen erfolgt unter Lokalanästhesie, d. h. ohne Operation und damit ohne große Belastung des Patienten. Was sollten Patienten zur Vorbeugung eines Diabetischen Fußsyndroms unbedingt beachten? Zur Vorbeugung eines Diabetischen Fußsyndroms sollten Patienten mit diabetischer Nervenstörung und/oder Durchblutungsstörung darauf achten, dass: ! der Sensibilitätsverlust (z. B. Schmerzwahrnehmung) durch tägliches Anschauen der Füße ersetzt wird - wer sich nicht selbst bücken kann, sollte dafür einem Spiegel verwenden oder einen Partner um Hilfe bitten, ! Fußläsionen vermieden werden z. B. durch Barfußlaufen in der Wohnung oder in den Schuhen, ! regelmäßig eine podologische Fußpflege besucht wird, ! nur adäquates Schuhwerk verwendet wird (keine kaputten, zu kleinen oder sonstige ungeeignete Schuhe tragen), ! die Stoffwechseleinstellung optimal ist. Ggf. sollte eine Mitbehandlung in einer Fußambulanz oder fußerfahrenen diabetologischen Schwerpunktpraxis erfolgen. Worauf sollte außerdem geachtet werden? Wer eine Nervenstörung hat, sollte zur Pflege der Füße selbst keine Metallinstrumente verwenden. Diese dürfen nur von geschultem Personal, z. B. einem Podologen, eingesetzt werden. Abb. 5: Ursache-Wirkungs-Kette beim diabetischen Fußsyndrom Durchblutungsstörungen, Diagnose und mögliche Behandlung Neben der Nervenstörung spielt beim diabetischen Fuß auch die Durchblutungsstörung eine große Rolle. Sie tritt beim Diabetiker früher sowie 4 bis 5 mal häufiger auf als beim Nichtdiabetiker und schreitet schneller voran. Risikofaktoren sind: Diabetes mellitus, Fettstoffwechselstörung, Übergewicht, Bluthochdruck, Rauchen. Eine Durchblutungsstörung kann mit Hilfe der Duplexsonographie14 nachgewiesen werden. Es kann festgestellt wer- 14 Ultraschallverfahren, das nach einem Echolotverfahren funktioniert. Die Duplexsonographie dient der Beurteilung der Blutgefäße. Sie ist ein unblutiges diagnostisches Verfahren, welches ohne großen Aufwand durchgeführt werden kann. Aus der sonographischen Beschaffenheit Abb. 6: Metallinstrumente zur Fußpflege – sie sollten bei Vorliegen einer Nervenstörung nur von geschultem Personal und nie vom Patienten selbst eingesetzt werden. von Gefäßen lassen sich Rückschlüsse auf die Durchblutungssituation ziehen. Nach: http://www.charite.de/med_poli/Patinfo_35.html (6.10.08) 15 In der Medizin wird das jeweils beste Handeln bezüglich einer Krankheit als Goldstandard bezeichnet. 21 „August der Starke“ und Diabetes Noch eine Bemerkung zum sächsischen Kurfürsten und polnischen König „August der Starke“ (*1670 – +1733). Dieser hatte auf Grund von Diabetes einen entzündeten Fuß mit einer entzündeten Zehe. Seine Ärzte hoben die Schultern und wussten nicht, wie sie ihn behandeln sollten. Sein Leibchirurg und Babier dagegen handelte revolutionär, indem er eine Minimaloperation durchführte, bei der nur ein Teil der betroffenen Zehe entfernt wurde. Dieser Eingriff verlängerte das Leben des sächsischen Regenten um etwa 6 Jahre. Er starb an einem dritten Fußrezidiv (Rückfall). Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit. 2.8 Hinweise zur ausgewogenen und abwechslungsreichen Ernährung Referentin: A. Schwerdtfeger, Tumaini-Institut GbR, Dresden (Zusammenfassung des Vortrags # erhalten von der Referentin) Diabetes, Übergewicht und andere Erkrankungen des Metabolischen Syndroms nehmen heute immer mehr zu und auch die Zahl der Betroffenen in Deutschland steigt stetig an. Rechtzeitige Prävention ist deshalb besonders wichtig. Mit einem aktiven Lebensstil ist vorbeugen möglich. Aktiv bedeutet Kombination von ausreichend Bewegung mit abwechslungsreicher, ausgewogener Ernährung. Ziele ! ! ! ! Versorgung des Körpers mit Energie und Nährstoffen, Krankheitsvorbeugung, Körperliches Wohlbefinden, Vermeidung von Übergewicht, aber auch von Mangelernährung, … Abb. 1: Ziele bei abwechslungsreicher u. ausgewogener Ernährung Grundlegend bedeutet abwechslungsreich und ausgewogen ernähren: Es gibt keine Verbote. Alles ist erlaubt, vorausgesetzt die Menge stimmt. Abb. 2: Grundsätze einer gesunden Ernährung Um eine Übersicht zu bekommen, welche Lebensmittel reichlich verzehrt werden können und bei welchen Einhalt geboten ist, hilft die Ernährungspyramide. Je breiter die Kategorie der Lebensmittel in der Pyramide ist, desto häufiger können diese im täglichen Speiseplan vorkommen. 22 Abb. 5: Kategorie B/C der Ernährungspyramide Abb. 3: Ernährungspyramide – je breiter die Kategorie der Lebensmittel, desto häufiger können diese im täglichen Speiseplan vorkommen Die Getränke (A) bilden die Basis. Von ihnen darf es reichlich sein. Die Empfehlungen liegen bei ! 1,5-2 l Trinkflüssigkeit täglich. Dabei sollte möglichst wenig Energie zugeführt werden. Gut geeignet sind Mineralwasser, ungesüßte Tees oder selbstgemachte Saftschorlen. ! 2-4 Tassen Kaffee dürfen durchaus zur Deckung des Flüssigkeitsbedarfes gezählt werden. Cola oder andere stark gesüßte Getränke sind eher ungeeignet. Sie liefern zu viel Energie, Lightgetränke können da eine Alternative bilden. Sie enthalten statt Zucker meist Süßstoff und wirken somit nicht auf den Blutzuckerspiegel. Hier sollte vor dem Gebrauch trotzdem die Zutatenliste genau überprüft werden. ! Zu den weniger geeigneten Getränken zählt Alkohol. Er liefert mit 7 kcal/g sehr viel Energie. Alkoholische Getränke wirken außerdem appetitanregend. Da im Körper zuerst der Alkohol abgebaut wird, erfolgt die Fettverbrennung verzögert. „Nimm 5 am Tag“, lautet der Slogan für den Verzehr von Gemüse und Obst (D). Das bedeutet: ! zwei Mal täglich Obst und ! mindestens drei Mal täglich Gemüse. Eine Portion entspricht dabei etwa einer Handvoll. Gemüse und Obst liefern viele Mineralstoffe und Vitamine. Da Obst einen höheren Anteil an Energie liefert, liegt die Verzehrsempfehlung unter der des energieärmeren Gemüses. Hülsenfrüchte sind außerdem sehr gute Eiweißlieferanten und sättigen durch einen hohen Anteil an Ballaststoffen. Abb. 6: Kategorie D der Ernährungspyramide Milch und Milchprodukte liefern ebenfalls Eiweiß (E). Dieses tierische Eiweiß kann der Körper besser in eigenes Eiweiß umwandeln als pflanzliche Proteine. Außerdem ist das in der Milch enthaltene Calcium wichtig für den Aufbau von Knochen und Zähnen. Bevorzugt werden sollten fettarme Varianten. Damit wird nicht nur Fett, sondern auch Cholesterin gespart, das in allen tierischen Fetten enthalten ist. Abb. 4: Zu Kategorie A der Ernährungspyramide Die zweite Ebene der Pyramide bilden Getreideprodukte und Gemüse (B/C). Getreideprodukte, wie Brot oder Nudeln sättigen gut und lange, wenn sie viele Ballaststoffe enthalten. Vollkornprodukte liefern mehr davon, als stark verarbeitete Lebensmittel aus Getreide. Abb. 7: Kategorie E der Ernährungspyramide 23 Fleisch, Wurst, Fisch und Eier liefern ebenfalls hochwertiges Eiweiß (F). Das enthaltene Cholesterin kann, wenn über einen längeren Zeitraum in größeren Mengen verzehrt, bei genetischer Veranlagung zu erhöhten Cholesterinwerten führen. Diese Lebensmittel sollten deshalb maximal zwei bis drei Mal pro Woche verzehrt werden. Seefisch ist ein Lieferant für wichtige Omega-3- Fettsäuren. Diese sind lebenswichtig, da einige von ihnen vom Körper nicht selbst gebildet werden können. Da aus verschiedenen Gründen (z.B. Überfischung) Salzwasserfische als natürliche Reserve von Omega-3Fettsäuren immer weniger werden, sind Alternativen gefragt. Mit der richtigen Auswahl an pflanzlichen Ölen, kann der Bedarf auch gedeckt werden. Hierzu zählen z.B. Raps-, Soja-, und Walnussöl. Beim Fett ist aber die hohe Energiedichte zu beachten. Ein Gramm liefert etwa 9 kcal, deshalb sollte der Genuss von Fetten in kleinen Mengen erfolgen. Auch versteckte Fette, die man in Wurstwaren oder Chips findet, müssen beachtet werden. Abb. 8: Kategorie F der Ernährungspyramide Fett ist neben Zucker auch in vielen Süßwaren enthalten (G). Diese liefern somit auch sehr viel Energie. Außerdem besitzen Süßwaren eine hohe Blutzuckerwirksamkeit. Eine geringe Aufnahme ist deshalb günstig. Durch eine abwechslungsreiche und ausgewogene Ernährung in Verbindung mit täglichen Bewegungseinheiten kann vielen Erkrankungen vorgebeugt werden. Dabei spielt nicht nur die Reduktion von Fett eine wichtige Rolle. Es kommt auf die Gesamtenergieaufnahme an. Viele kcal werden oft durch Süßwaren zugeführt. Abb. 9: Kategorie G der Ernährungspyramide Übergewicht kann vermieden werden. Damit kommt es zu einer besseren Insulinwirkung und dem Diabetes mellitus Typ 2 kann ein Stück weit vorgebeugt werden. Das Risiko für Fettstoffwechselstörungen kann ebenfalls gemindert werden. Bluthochdruck und andere Herz-Kreislauferkrankungen treten seltener auf, zusätzlich wird das körperliche Wohlbefinden verbessert. 24 3 Anlagen 3.1 Kontakt zu Referenten u. Organisatoren Ulrich Hühmer, Tumaini-institut GbR, Freiberger Str. 39, 01067 Dresden, Tel.: 0351 3115051/ 4865500 [email protected] Dr. med. Andreas Kirsten, Städt. Krankenhaus Dresden-Neustadt, Akademisches Lehrkrankenhaus der TU Dresden, Med. Klinik, Industriestraße 40, 01129 Dresden, Tel: 0351 8562230; [email protected] Prof. Dr. med. Tobias Lohmann, CA Städt. Krankenhaus Dresden-Neustadt, Akademisches Lehrkrankenhaus der TU Dresden, Med. Klinik, Industriestraße 40, 01129 Dresden, Tel.: 0351 8562201 [email protected] Dr. med. Ulrike Rothe, Med. Fakultät der TU Dresden, 01307 Dresden, Fetscherstr. 74, Tel.: 0351 3177231, [email protected] Deutsche Herzstiftung e. V. Vogtstraße 50 60322 Frankfurt am Main Tel.: 069 955128-0 [email protected] www.herzstiftung.de Selbsthilfegruppe „Diabetes und Herz“, Dresden-Prohlis, Ansprechpartner: Siegfried Schmidt Tel.: 0351 2593513 WHO-Projekt „Gesunde Städte“, Landeshauptstadt Dresden, Geschäftsbereich Soziales, ! Postanschrift: PF 120020, 01001 Dresden ! Besucheranschrift: Dr.-Külz-Ring 19, 01067 Dresden Tel: 0351 488 7154 [email protected] www.dresden.de/WHO Siegfried Schmidt – Ehrenamtlicher Beauftragter der Deutschen Herzstiftung e. V., Pochmannstr. 14, 01219 Dresden, Tel.: 0351 2593513, Fax: 0351 2593513 Dr. med. Peter E.H. Schwarz, Medizinische Klinik III, Universitätsklinikum Carl Gustav Carus der TU Dresden, Fetscherstrasse 74, 01307 Dresden Tel.: 0351 4582715, [email protected] Prof. Dr. med. habil Reinhardt Sternitzky, Praxisklinik „Herz und Gefäße“, Akademische Lehrpraxis der TU Dresden, Forststraße 3, 01099 Dresden, Tel.: 0351 8064338, [email protected] www.praxisklinik-dresden.de Dr. med. Marianne Taut, CÄ Innere Medizin/Kardiologie, Klinik am Tharandter Wald, Herzogswalder Str. 1, 09600 Niederschöna/OT Hetzdorf Tel.: 035209 27 715 [email protected] Antje Schwerdtfeger, Tumaini-institut GbR, Freiberger Str. 39, 01067 Dresden, Tel.: 486 55 00 [email protected] 25 3.2 Programm 1. Dresdner Gesundheitstag der Deutschen Herzstiftung Eine Aufklärungsaktion über die Gefahren des Metabolisch-Vaskulären Syndroms Rathaus Dresden, Festsaal Samstag, den 13. 09. 2008 von 09.30 Uhr bis13.00 Uhr Moderation: Programm: 09:30 Uhr Frau Dr. med. U. Rothe; Herr Dr. med. habil. P. Schwarz Begrüßung, Herr Siegfried Schmidt, Leiter der Selbsthilfegruppe „Diabetes und Herz“ 09:35 Uhr Gefäßveränderungen bei Diabetes mellitus, Frau Dr. med. M. Taut, CÄ, Klinik am Tharandter Wald, Niederschöna/OT Hetzdorf 09:50 Uhr Das Metabolisch-Vaskuläre Syndrom ist der „Silent Killer Nr. 1", Frau Dr. med. U. Rothe, Wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Medizinischen Fakultät der TU Dresden 10:05 Uhr Die periphere arterielle Verschlusskrankheit des Diabetikers Signal für Herzinfarkt- und Schlaganfallgefahr, Herr Prof. Dr. med. habil. R. Sternitzky, Praxisklinik „Herz und Gefäße“, Akademische Lehrpraxisklinik der TU Dresden 10:20 Uhr Sinnvolle Diagnostik u. zeitgemäße Therapie bei herzkranken Diabetikern – Bedroht Diabetes mein Herz? Herr Prof. Dr. med. habil. T. Lohmann, Städtisches Krankenhaus Dresden-Neustadt 10:35 Uhr Pause 11:00 Uhr Aktuelles aus der Diabetes-Forschung - Regionale Präventionsprojekte – Wie können Herzinfarkt und Diabetes verhindert werden? Herr Dr. med. habil. P. Schwarz, TU Dresden, Med. Klinik u. Poliklinik III; fachlicher Berater des Tumaini-Instituts 11:15 Uhr Aufgaben und Ziele des Instituts für Präventionsmanagement, Herr U. Hühmer, Wissenschaftl. Mitarbeiter am Tumaini-Institut Dresden 11:30 Uhr Dem diabetischen Fuß vorbeugen - Amputationen verhindern, Herr Dr. med. A. Kirsten, Städtisches Krankenhaus Dresden-Neustadt, 11:45 Uhr Hinweise zur abwechslungsreichen und ausgewogenen Ernährung, Frau A. Schwerdtfeger, Wissenschaftliche Mitarbeiterin am Tumaini Institut Dresden 12:00 Uhr Fragen an die Referenten 9:30 – 13:00 Uhr Messaktionen, Infostände, Beratung 13:00 Uhr Ende 26 Impressum Herausgeber: Landeshauptstadt Dresden Die Oberbürgermeisterin Geschäftsbereich Soziales WHO-Projekt „Gesunde Städte“ Dresden Telefon (0351) 4 88 21 74 Telefax (0351) 4 88 22 82 E-Mail [email protected] Amt für Presse und Öffentlichkeitsarbeit Telefon (0351) 4 88 23 90 und (0351) 4 88 26 81 Telefax (0351) 4 88 22 38 E-Mail [email protected] Postfach 12 00 20 01001 Dresden www.dresden.de Redaktion Frau Kasimir-Glaeser Frau Wolff 1. Auflage, September 2008 Kein Zugang für elektronisch signierte und verschlüsselte Dokumente. Verfahrensanträge oder Schriftsätze können elektronisch, insbesondere per E-Mail, nicht rechtswirksam eingereicht werden. Dieses Informationsmaterial ist Teil der Öffentlichkeitsarbeit der Landeshauptstadt Dresden. Es darf nicht zur Wahlwerbung benutzt werden. Parteien können es jedoch zur Unterrichtung ihrer Mitglieder verwenden. 27