1 Die Sterne und ihre Regenbogenfarben Die weite des Alls, die Sterne, das Universum – seit alters her beschäftigen sich Menschen mit diesen faszinierenden Erscheinungen. Von Dichtern gepriesen und Sängern besungen, sind sie Quellen der Inspiration, fragen nach dem woher und wohin. Fragen, wo wir stehen und wer wir sind. Viele Male änderten sich die Weltbilder im Zuge gesellschaftlicher, politischer, sozialer und technischer Entwicklungen der Menschheit. Einmal Anhalten, einmal Um- und Zurückschauen, das Vergangene würdigen, um das heutige genauer sehen und zielgerichteter in das morgen gehen zu können, dazu möchte diese Ausstellung beitragen. Bild 1. Das Sternbild Orion und das erste direkte Bild eines, von der Sonne verschiedenen, anderen Sterns – des Sterns Betelgeuze im Orion. Dem Licht kommt dabei eine besondere Rolle zu. Als Bote der Sterne enthüllt es uns Schritt für Schritt seine Geheimnisse, erleuchtet nicht nur unseren Nachthimmel sondern ebenso unser Wissen über unsere kosmischen Ursprünge. Der Potsdamer Astrophysiker Erwin Freundlich schrieb 1924: „Den einzigen Zugang in das Problem des Wesens der Materie und der von ihr ausgehenden Wirkungen eröffnet uns das Studium des Lichtes und aller ihm nahe verwandten Strahlungsvorgänge.“ Das Sternenlicht, so wie wir es beobachten, ist aus verschiedenfarbigem Licht zusammengesetzt. Das wird beim Durchgang durch Gitter oder Prismen (Bild 2) sichtbar. Entsprechend ihrer unterschiedlichen Energien und Wellenlängen (Bild 3) werden die verschiedenfarbigen Anteile unterschiedlich stark gebeugt oder gebrochen. Das wohl bekannteste und immer wieder eindrucksvolle Naturphänomen des Regenbogens veranschaulicht diese Brechung des Sonnenlichtes immer wieder. Bild 2. Ein Prisma zerlegt weißes Licht, z.B. das Sonnenlicht, in seine Spektralfarben. Bild 4. Objektivprismenaufnahme. Wird vor das Objektiv des Beobachtungsgerätes ein Prisma (oder Gitter) angeordnet, erhält man anstelle der vergrößerten Sternbilder die entsprechenden Spektren. Bild 3. Der Abstand zwischen zwei benachbarten Wellenbergen (oder –tälern) entspricht der Wellenlänge. Wird ein Prisma oder Gitter vor dem Objektiv des Beobachtungsgerätes befestigt, erhält man im Brennpunkt des Gerätes keine vergrößerten Abbilder der Sterne (Bild 1) sondern ihre entsprechenden Spektren (Bild 4). Diese Sternspektren enthalten eine Vielzahl vormals unbekannter und ungenutzter Informationen. Erst mit der Entwicklung der Spektralanalyse um 1860 stand eine Technik zur Entschlüsselung der spektralen Informationen zur Verfügung. Die Nutzung und Auswertung spektraler Daten in der Astronomie führte zu einem neuen Gebiet in dieser Wissenschaft – zur Astrophysik. Mit dieser Entwicklung veränderte sich der Charakter der jahrtausendealten Astronomie von einer beobachtenden Wissenschaftsdisziplin, in der die Lagen und Bewegungen der Himmelskörper beschrieben wurden, zu einer analysierenden. In Potsdam wurde zur Förderung dieses Trends 1874, vor 125 Jahren, nicht mehr ein astronomisches sondern ein astrophysikalisches Observatorium gegründet. Damit zählt Potsdam zu den Geburtsstätten der deutschen Astrophysik. 2 Strukturen in den Spektren In heißen Körpern strahlen die Atome Licht aus. Die Farben bzw. ihre Frequenzbereiche und ihre Intensitäten sind von den physikalischen Bedingungen wie z.B. Druck und Temperatur abhängig. Neben dem kontinuierlichen Spektrum der Temperaturstrahlung (Bild 1, a) lassen sich Linienspektren beobachten (Bild 1, b und c). Die Emissions- (Bild 1, b) und Absorptionslinien (Bild 1, c) sind für jedes chemische Element charakteristisch. Eine Linienanalyse erlaubt demnach eine Bestimmung der chemischen Zusammensetzung eines bestimmten Sterns. Weitere Aussagen wie z.B. Angaben über den vorherrschenden Druck und die Temperatur lassen sich aus den Intensitätsprofilen der einzelnen Linien bestimmen. In Bild 3 ist am Beispiel der Sonne dargestellt, wie gut die Intensitätsverteilung im kontinuierlichen Spektrum der theoretischen Temperaturstrahlung eines „schwarzen Körpers“ entspricht. Eine Kurvenanpassung erlaubt die Bestimmung der Temperatur des sichtbaren Teils der Sonne – der Photosphäre. Bild 1. Schematische Darstellung der Spektrenarten: das kontinuierliche Spektrum (1), das Emissionsspektrum (2) und das Absorptionsspektrum (3). Die letzten beiden Spektrenarten werden auch Linienspektren genannt. Am häufigsten werden bei Sternen Absorptionsspektren gefunden. Diese ergeben sich daraus, daß das von einem Stern ausgehende Licht, das kontinuierliche Spektrum, die oberflächennahen Schichten durchquert. Dabei absorbieren diese Schichten entsprechend ihrer chemischen Zusammensetzung und ihres Zustandes ein Teil des Spektrums. Derartige Bereiche erscheinen dem Beobachter auf der Erde als dunkle Linien. Beispiele für Energieverteilungen anderer Sterne sind in Bild 2 dargestellt. Für Sterne mit höherer Temperatur liegt das Intensitätsmaximum bei höheren Energien als für Sterne mit tieferen Temperaturen. Auf den sichtbaren Spektralbereich bezogen heißt das, daß wir heißere Sterne bläulich scheinend wahrnehmen, weniger heiße dagegen rötlich. Bild 2. Kontinuierliche Spektren von Sternen unterschiedlicher Temperatur. Verschiedene Temperaturen führen zu veränderten spektralen Intensitätsverläufen. Bild 3. Das Spektrum der Sonne (rot) im Vergleich mit dem Temperaturspektrum eines idealen – schwarzen – Körpers der Temperatur von 5800 K. 3 Vorstoß in das Unsichtbare Lediglich ein Teil des elektromagnetischen Spektrums ist für uns als sichtbares Licht wahrnehmbar (Bild 3). In Richtung der höheren Energien und damit kürzeren Wellenlängen schließen sich an den sichtbaren blauen der für unsere Augen unsichtbare Bereich der ultravioletten und dann die Röntgenund Gammastrahlung an. Für kleinere Energien und die damit verbundenen größeren Wellenlängen geht das sichtbare Rot in das unsichtbare Infrarot über. Es schließen sich Mikrowellenund die verschiedenen Radiowellenbereiche an. Die verschiedenen Bereiche der elektromagnetischen Strahlung wechselwirken, aufgrund anderer Energien, unterschiedlich mit der Materie. Daraus resultieren unter anderem die verschiedenen Eindringtiefen der elektromagnetischen Strahlung in die Erdatmosphäre (Bild 2). Es ergeben sich, nach unserem heutigen Erkenntnisstand, sinnvolle Gebiete für die Aufstellung und den Betrieb moderner Beobachtungstechnik, die ebenfalls in Bild 2 schematisch dargestellt sind. Die unterschiedlichen Größenbereiche der Wellenlängen erfordern für die einzelnen Spektralbereiche andere astronomische Geräte. Bild 1. Die nächstgelegene Radiogalaxie Centaurus A. Die Überlagerung des optischen Bildes mit dem Radiobild (Konturlinien) zeigt unterschiedliche Strukturen in den beiden Frequenzbereichen. Bild 2. Die Strahlung der verschiedenen Frequenzbereiche dringt unterschiedlich tief in die Atmosphäre ein. Die Ergebnisse der Wechselwirkungen elektromagnetischer Strahlung mit Materie zeigen sich nicht nur auf der Erde sondern im gesamten Universum. So sind beispielsweise weite Bereiche unserer Milchstraße einer Beobachtung im sichtbaren unzugänglich, da das Licht durch dazwischenliegende Staubteilchen und Gase absorbiert wird. Im infraroten Spektralbereich absorbieren sie hingegen wesentlich schwächer, so daß die hinter den Gas- und Staubwolken befindlichen Sterne beobachtet werden können. Weiterhin können Eigenschaften und Strukturen erkannt werden, die nur in einem charakteristischen Spektralbereich auftreten. Ein Beispiel aus der Radioastronomie ist in Bild 1 dargestellt. Während die Radiogalaxie Centaurus A im sichtbaren keine besonderen Merkmale besitzt, zeigen Radiountersuchungen prägnante Strukturen hoher Intensität. Diese resultieren aus dem gerichteten Anteil der Radiowellenabstrahlung. Erst eine Kenntnis der Eigenschaften und Strukturen im gesamten Spektralbereich der elektromagnetischen Strahlung könnte zu einer adäquaten Beschreibung und Erklärung der Vorgänge im Universum führen. Bild 3. Schematische Darstellung der verschiedenen Frequenzbereiche mit ihren unterschiedlichen Wellenlängen. Zur Veranschaulichung der Größenverhältnisse werden die verschiedenen Wellenlängen mit charakteristischen Objekten ähnlicher Größe verglichen.