MAT111.4 - Lineare Algebra, SS 07 Prof. Joachim Rosenthal Lösung zu Übungsblatt 7 Aufgabe 1 Sei ϕ : V × V → R eine symmetrische Bilinearform auf einem reellen Vektorraum V . Für die Vektoren v1 , . . . , vn ∈ V gelte ϕ(vi , vj ) = 0 für i 6= j, d. h. v1 , . . . , vn sind orthogonal. Weiter gelte ϕ(vi , vi ) 6= 0 für alle i. Zeige, dass v1 , . . . , vn linear unabhängig sind. Lösung zu Aufgabe 1 Seien λ1 , . . . , λn ∈ R mit n X λi vi = 0. i=1 Für j ∈ {1, . . . , n} gilt wegen der Bilinearität von ϕ ³ 0 = ϕ(vj , 0) = ϕ vj , n X i=1 ´ λi vi = n X λi ϕ(vj , vi ) = λj ϕ(vj , vj ), i=1 da ϕ(vi , vj ) = 0 ist für i 6= j. Da nun nach Voraussetzung ϕ(vj , vj ) 6= 0 ist, folgt λj = 0. Da j beliebig war, folgt λ1 = · · · = λn = 0, was zu zeigen war. Aufgabe 2 Sei V ein reeller Vektorraum und ϕ : V × V → R eine symmetrische Bilinearform mit ϕ(v, v) ≥ 0 für alle v ∈ V (man sagt, ϕ ist positiv semidefinit). Zeige: a) Für alle v, w ∈ V gilt die Cauchy-Schwarz’sche Ungleichung ϕ(v, w)2 ≤ ϕ(v, v) · ϕ(w, w). b) U := {v ∈ V | ϕ(v, v) = 0} ist ein Untervektorraum von V . c) Durch ϕ : V /U ×V /U → R, ϕ(v +U, w +U ) := ϕ(v, w) wird ein Skalarprodukt auf dem Quotientenvektorraum V /U definiert. Lösung zu Aufgabe 2 a) Seien v, w ∈ V . Für ein beliebiges λ ∈ R gilt 0 ≤ ϕ(v + λw, v + λw) = ϕ(v, v) + 2λϕ(v, w) + λ2 ϕ(w, w). • Ist ϕ(w, w) = 0 und ϕ(v, v) = 0, so gilt 0 ≤ 2λϕ(v, w) für alle λ ∈ R, also insbesondere auch für λ = −ϕ(v, w). Dann folgt aus 0 ≤ −2ϕ(v, w)2 jedoch, dass ϕ(v, w) = 0 ist, womit die Ungleichung in diesem Fall erfüllt ist. 1 • Andernfalls ist ϕ(v, v) 6= 0 oder ϕ(w, w) 6= 0. Ohne Einschränkung nehϕ(v,w) ; damit men wir ϕ(w, w) 6= 0 an. In diesem Fall wählen wir λ := − ϕ(w,w) ist ϕ(v, w)2 ϕ(v, w)2 ϕ(v, w)2 + = ϕ(v, v) − , 0 ≤ ϕ(v, v) − 2 ϕ(w, w) ϕ(w, w) ϕ(w, w) womit (da ϕ(w, w) > 0 ist) gilt 0 ≤ ϕ(v, v)ϕ(w, w) − ϕ(v, w)2 , was zu zeigen war. b) Wir bemerken zuerst, dass ϕ(u, v) = 0 für alle u ∈ U und v ∈ V gilt, da nach Teil (a) ϕ(u, v)2 ≤ ϕ(u, u)ϕ(v, v) = 0 · ϕ(v, v) gilt. Seien u, v ∈ U und λ ∈ R. Dann gilt ϕ(λv, λv) = λ2 ϕ(v, v) = 0, womit λv ∈ U ist, und es gilt ϕ(u + v, u + v) = ϕ(u, u) +2 ϕ(u, v) + ϕ(v, v) = 0, | {z } | {z } | {z } =0 =0 =0 womit u + v ∈ U ist. Da wegen ϕ(0, 0) = 0 weiterhin 0 ∈ U ist, ist U somit ein Untervektorraum von V . c) Wir zeigen zuerst, dass ϕ wohldefiniert ist. Dazu seien u, u′ , v, v ′ ∈ V mit u + U = u′ + U und v + U = v ′ + U ; wir müssen zeigen, dass ϕ(u, v) = ϕ(u′ , v ′ ) ist. Nun ist ϕ(u, v) − ϕ(u′ , v) = ϕ(u − u′ , v) mit u − u′ ∈ U , womit dies gleich 0 ist. Analog ist ϕ(u′ , v) − ϕ(u′ , v ′ ) = ϕ(u′ , v − v ′ ) = 0, da v − v ′ ∈ U ist. Damit ist jedoch ϕ(u, v) = ϕ(u′ , v) = ϕ(u′ , v ′ ). Dass ϕ bilinear und symmetrisch ist folgt direkt aus der Definition, da ϕ diese Eigenschaften hat. Es verbleibt also zu zeigen, dass ϕ positiv definit ist. Dazu sei v + U ∈ V /U . Per Definition ist nun ϕ(v + U, v + U ) = ϕ(v, v) ≥ 0, da ϕ positiv semidefinit ist. Ist ϕ(v + U, v + U ) = ϕ(v, v) = 0, so ist v ∈ U (per Definition von U ), womit v + U = U ist. Aber dann ist v + U gerade die Null in V /U , was zu zeigen war. 2 Aufgabe 3 Sei A ∈ Matn×n (R) eine positiv definite, symmetrische Marix. Zeige, dass es eine positiv definite, symmetrische Matrix B ∈ Matn×n (R) mit B 2 = A gibt. Lösung zu Aufgabe 3 Nach einem Satz aus der Vorlesung gibt es ein orthogonales T ∈ Gln (R) so, dass λ1 0 ... T t AT = T −1 AT = =: D 0 λn ist, wobei λ1 , . . . , λn ∈ R die Eigenwerte von A sind. Ist nun vi die i-te Spalte von T , also ein Eigenvektor zu λi , so gilt λi hvi , vi i = vit (λi vi ) = vit Svi > 0, da S positiv definit ist und vi 6=√0. Da hvi , vi i > 0 ist, muss auch λi > 0 sein. Definiere λ̂i := λi , i = 1, . . . , n, und setze λ̂1 0 ... D′ := . 0 λ̂n Setze weiterhin B := T D′ T −1 ; dann ist B positiv definit (da die Eigenwerte positiv sind) und symmetrisch, da B t = (T D′ T −1 )t = (T −1 )t (D′ )t T t = T D′ T ist (Diagonalmatrizen sind immer symmetrisch, und T −1 = T t ). Nun ist B 2 = T D′ T −1 T D′ T −1 = T D′ D′ T −1 = T DT −1 = A, womit B alle gewünschten Eigenschaften hat. Anmerkung zu Aufgabe 3 Hier ist es bei der Wahl von T wichtig, dass T t AT in Diagonalform ist (andernfalls wäre B nach obiger Wahl nicht notwendigerweise symmetrisch) und dass T t T = En ist, also dass T t = T −1 ist (anderfalls wäre nicht notwendigerweise B 2 = A). Deswegen kann man hier auch nicht den Sylvesterschen Trägheitssatz anwenden (beachte die Anmerkung zu Aufgabe 6): in dem Fall wäre im Allgemeinen nicht T t T = En . 3 Aufgabe 4 Finde die kritischen Punkte für die folgenden Funktionen und untersuche, ob ein lokales Minimum, ein lokales Maximum oder ein Sattelpunkt vorliegt. a) g : R2 → R, g(x, y) := x3 + y 3 − 3xy. b) h : R3 → R, h(x, y, z) := x2 + 2xy + y 2 + 5z 2 + 6. Lösung zu Aufgabe 4 a) Es ist Damit ist grad g = (3x2 − 3y, 3y 2 − 3x). grad g = (0, 0) ⇐⇒ x2 = y ∧ y 2 = x, womit x4 = y 2 = x ist, also x = 0 oder x = 1. Da y = x2 ist, sind die möglichen Kanidaten für kritische Punkte (x, y) = (0, 0) und (x, y) = (1, 1). Wie man sofort sieht, sind beide Punkte tatsächlich kritische Punkte. Weiter ist ¶ µ 6x −3 . Hg = −3 6y ¶ µ 0 −3 , und pH g(0,0) (x) = x2 − 9 = (x − 3)(x + 3), • Es ist H g(0, 0) = −3 0 womit die Hessematrix indefinit ist. Damit hat f eine Sattelpunkt bei (0, 0). ¶ µ 6 −3 . Nach Jacobi-Hurwitz ist H g(1, 1) positiv • Es ist H g(1, 1) = −3 6 definit, da det(6) = 6 > 0 und det H g(1, 1) = 62 − 32 > 0 ist. b) Es ist grad h = (2x + 2y, 2x + 2y, 10z). Damit ist grad h = (0, 0, 0) ⇐⇒ x = −y ∧ z = 0. Die kritischen Punkte sind also alle Punkte auf der Geraden {(t, −t, 0) ∈ R3 | t ∈ R}. Weiter ist 2 2 0 H h = 2 2 0 . 0 0 10 Nun ist pH h (t) = t(t − 4)(t − 10), womit H h positiv semidefinit ist; damit ist ersteinmal keine Aussage über die kritischen Punkte möglich. Jedoch ist h(x, y, z) = (x + y)2 + 5z 2 + 6 ≥ 6, womit man sieht, dass jeder Punkt (x, y, z) mit x = −y und z = 0 ein globales Minimum von h ist. Damit ist jeder kritische Punkt ein (globales) Minimum. 4 Anmerkungen zu Aufgabe 4 a) Um zu testen, ob eine symmetrische Matrix positiv definit oder negativ definit ist, reicht es nicht aus, die Determinante zu berechnen. Ist jedoch die Determinante 0, so ist nach Jacobi-Hurwitz klar, dass die Matrix weder positiv definit noch negativ definit sein kann. Daraus folgt jedoch noch nicht, dass die indefinit ist. (Die Determinante von H h ist 0, jedoch ist H h positiv semidefinit.) b) Die symmetrische Matrix 0 0 0 0 1 0 0 0 −1 zeigt, dass es kein Jacobi-Hurwitz-Kriterium für positiv (bzw. negativ) semidefinite Matrizen gibt: die Determinanten der oberen linken Untermatrizen sind alle ≥ 0, jedoch hat die Matrix auch einen negativen Eigenwert. Um also zu testen, ob eine Matrix positiv semidefinit (bzw. indefinit) ist, kann man (oft) am einfachsten kontrollieren, ob die Eigenwerte ≥ 0 sind (bzw. ob es sowohl positive als auch negative Eigenwerte gibt). Aufgabe 5 Gegeben sei die reelle symmetrische Matrix 2 1 −1 G = 1 3 2 . −1 2 3 a) Bestimme den Rang und die Signatur von G. b) Finde eine Matrix T ∈ Gl3 (R) so, dass T t GT in Sylvester-Form ist. Lösung zu Aufgabe 5 a) Es ist pG (x) = x(x − 3)(x − 5). Damit ist die Signatur 2 = 2 − 0 und der Rang ist 2 = 2 + 0. b) Es ist und Mit T := √2 √16 6 −1 √ 6 Eig(G, 0) = ker G = h(1, −1, 1)t i, Eig(G, 3) = ker(G − 3E3 ) = h(2, 1, −1)t i Eig(G, 5) = ker(G − 5E3 ) = h(0, 1, 1)t i. 0 √1 2 √1 2 √1 1 3 −1 0 1 0 5 0 √1 5 0 √2 0 3 2 0 = √1 1 3 2 −1 √ 3 2 0 √1 10 √1 10 1 −1 1 ist also 1 0 0 T t GT = 0 1 0 . 0 0 0 Aufgabe 6 a) Sei q : Rn → R eine quadratische Form. Zeige: Es gibt eine Matrix T ∈ Gln (R) und paarweise verschiedene Indizes i1 , . . . , is , j1 , . . . , jt so, dass q(T x) = x2i1 + · · · + x2is − x2j1 − · · · − x2jt für alle x = (x1 , . . . , xn ) ∈ Rn . b) Sei die quadratische Form q : R3 → R gegeben durch q(x, y, z) := 35 xy + 45 yz. Finde eine Matrix T ∈ Gl3 (R) so, dass q(T x) in der Form von a) ist. Lösung zu Aufgabe 6 a) Nach einem Lemma aus der Vorlesung wird q durch eine symmetrische Bilinearform ϕ : Rn × Rn → R induziert, d.h. für alle v ∈ Rn gilt q(v) = ϕ(v, v). Sei G die Gramsche Matrix von ϕ; dann gilt ϕ(v, w) = v t Gw für alle v, w ∈ Rn . Nach dem Sylvesterschen Trägheitssatz gibt es ein T ∈ Gln (R) so, dass Es −Et T t GT = 0u×u ist (mit s, t, u ∈ N und s + t + u = n). Damit ist gerade t t t q(T v) = ϕ(T v, T v) = (T v) G(T v) = v (T GT )v = s X i=1 vi2 − t X i=1 wenn v = (v1 , . . . , vn )t ∈ Rn ist. b) Die Gramsche Matrix G hat für q die Form 3 0 10 0 3 4 0 10 G = 10 . 4 0 10 0 Es ist pG (x) = x(x − 12 )(x + 12 ) und und Eig(G, 0) = ker G = h(4, 0, −3)t i, Eig(G, 21 ) = ker(G − 12 E3 ) = h(3, 5, 4)t i Eig(G, − 12 ) = ker(G + 12 E3 ) = h(3, −5, 4)t i. 6 2 , vs+i Nun ist ° ° ° ° ° 3 ° ° 3 ° √ ° ° ° ° °5° = 5 2 = °−5°. ° ° ° ° ° 4 ° ° 4 ° Mit T := 3 √ 5 2 √1 2 4 √ 5 2 ist also 3 √ 5 2 − √12 4 √ 5 2 √ 1 4 |1/2| 0 0 −3 0 0 √ 1 |−1/2| 0 0 3 3 5 5 0 = 1 −1 1 4 5 4 5 4 0 −3 1 0 0 T t GT = 0 −1 0 , 0 0 0 womit nach (a) q(T (x, y, z)t ) = x2 − y 2 ist. Anmerkung zu Aufgabe 6 Zum Anwenden des Sylvsterschen Trägheitssatzes wird die Sylvesterform nur von T t AT angenommen, und im Allgemeinen nicht von T −1 AT (wenn dort eine Diagonalmatrix herauskommt, befinden sich die Eigenwerte auf der Diagonalen, und diese sind bei allgemeinen symmetrischen Matrizen nur selten ±1 oder 0). Weiterhin kann man ebensowenig fordern, dass T orthogonal sein soll, da dann T t = T −1 ist und wiederum die Eigenwerte von A auf der Diagonalen T t AT stehen. Man kann also T nur dann orthogonal wählen, wenn wenn die Eigenwerte von A in {−1, 0, 1} enthalten sind. 7