Impl a n t o l o g i e Implantatbehandlung nach generalisierter chronischer Parodontitis Philipp Plugmann Indizes: chronische Parodontitis, Angulation Der Verlust von mehreren Zähnen durch eine generalisierte chronische Parodontitis kann sowohl zu Schaltlücken als auch Freiendlücken führen. Grundsätzlich lassen sich diese Situationen durch klassische Zahnersatzlösungen oder implantologisch versorgen. Dies hängt neben den medizinischen Gegebenheiten auch von der Akzeptanz der Patienten ab. Im folgenden Fall wird eine rein implantologische Lösung zum maximalen Schutz der Zahnhartsubstanz beschrieben. D ie 42-jährige Patientin stellte sich im Juli 2011 in unserer Praxis vor. Der Ausgangsbefund wies eine starke generalisierte chronische Parodontalerkrankung auf. Aufgrund der parodontalen Verhältnisse waren die Zähne 15, 16, 36, 37, 46 und 47 bereits verloren gegangen (Abb. 1). Der ebenfalls fehlende Zahn 25 war durch eine Brücke ersetzt – alle anderen fehlenden Zähne waren nicht ersetzt. Nach umfassender Aufklärung zur Mundhygiene wurde im Rahmen der parodontalen Vorbehandlung eine geschlossene Kürettage durchgeführt. Die Patientin verbesserte im Anschluss ihre Mundhygiene deutlich. Abbildung 2 zeigt die Ausgangssituation nach der erfolgreich abgeschlossenen Vorbehandlung. Die Ausgangssituation im Schlussbiss von frontal und lateral werden in den Abbildungen 3 bis 6 dargestellt. Die Patientin wurde umfassend über Therapiealternativen zur implantologischen Versorgung aufgeklärt. Da die Patientin herausnehmbaren Zahnersatz absolut ablehnte und das Beschleifen der Zähne vermeiden wollte, blieb nur die implantologische Lösung. Am 30. November 2011 erfolgte die Implantation zur Versorgung der fehlenden Zähne. Aufgrund der vorausgegangenen parodontalen Erkrankung schätzten wir das Risiko für einen möglicherweise weichen Knochen hoch ein. Zur Erreichung einer guten Primärstabilität in solchen Knochensituationen ist sowohl das Implantatdesign wie auch das Implantatgewinde von ausschlaggebender Bedeutung. Zur Anwendung kamen daher OsseoSpeed 4,0 S Implantate in regio 37, 46 und 47, die für solche Situationen gut geeignet sind. OsseoSpeed 3,5 S Implantate wurden in regio 15, 16 und 36 294 eingegliedert. Die Implantatlängen betrugen regio 16: 9 mm, regio 15: 11 mm, regio 37: 11 mm, regio 36: 13 mm und regio 46,47: je 13 mm. Die Mesialkippung der Zähne 17 und 18 ergab in regio 15,16 eine Schaltlücke mit einer Breite von 11,5 mm, daher waren die Platzverhältnisse für die zwei Implantate eingeschränkt. Des Weiteren war aufgrund der geringen Knochenhöhe in regio 16 ein interner Sinuslift indiziert (Abb. 7). Das Implantat in regio 15 wurde geneigt inseriert. Aufgrund der ausreichenden Distanz zur Wurzel des Zahnes 14 und der Mesialneigung der Implantatspitze des Implantates regio 15 konnte ein externer Sinusbodenlift vermieden werden. Der Patientin wurden eine zusätzliche chirurgische Maßnahme und damit möglicherweise einhergehende Risiken erspart. Diese Vorgehensweise, die Neigung von Implantaten im OK-Seitenzahnbereich in Nähe des Sinus maxillaris, wird auch im neu erschienenen Buch von Testori, Galli und del Fabbro zur Sofortbelastung (Quintessenz Verlag) dargestellt. Bei del Fabbro et al. trägt dabei das geneigte Implantat in Nähe des Sinus maxillaris eine größere Last als die einer Einzelkrone und nicht wie im vorliegenden Fall, bei dem die Implantate nach gedeckter Einheilung spätbelastet wurden, die Last einer Einzelkrone. Chirurgisches Vorgehen Vom Schleimhauttyp präsentierte sich eine dünne attached keratinisierte Gingiva. Nach dem Aufklappen zeigte sich eine vestibulär leicht atrophierte Zone im Ober- und Unterkiefer, es war jedoch keine Augmentation notwendig. Die knochenadäquate Aufbereitung des Implantatbetts gilt als Grundlage für das Erreichen der gewünschten PriDENT IMPLANTOL 17, 4, 294 - 297 (2013) Im plant o l ogi e Abb. 1: Ausgangssituation vor der Parodontalbehandlung. Abb. 2: Ausgangssituation nach abgeschlossener Parodontalbehandlung. Abb. 3: Ausgangssituation im Oberkiefer. Abb. 4: Ausgangssituation im Unterkiefer. Abb. 5: Ausgangssituation vor der Implantation (linke Seite.) Abb. 6: Ausgangssituation vor der Implantation (rechte Seite). Abb. 7: OPG nach Einbringen der sechs Implantate und dem internen Sinuslift regio 16. Abb. 8: Intraoperative Aufnahme nach Einbringen des Implantates und der Deckschraube in regio 37. DENT IMPLANTOL 17, 4, 294 - 297 (2013) 295 Impl a n t o l o g i e märstabilität. Die Knochenqualität nach Lekholm und Zarb wird eingeteilt in die Klassen D I bis D IV. Bei dieser Patientin war die Knochenqualität in der Maxilla D III und in der Mandibula D II-III. Für diesen eher spongiösen Knochen konnte eine reduzierte Aufbereitung des Implantatbettes durchgeführt und durch einen reduzierten Bohrdurchmesser ein höherer Drehmomentwiderstand erzielt werden, was zur gewünschten Primärstabilität führte. Abb. 9: Eingeschraubte Direct Abutments im Oberkiefer, bereits extraoral vestibulär beschliffen. Abb. 10: Eingeschraubte Direct Abutments im Unterkiefer. Die Schnittführung erfolgte trapezförmig zur Bildung der Mukoperiostlappen bei den Freiendlücken (Abb. 8) und bogenförmig krestal dicht neben den Papillen zu deren Schonung bei der Schaltlücke. Das Operationsgebiet wurde durch multiple 6.0er-Einzelknopfnähte (Polypropylene monofilament, nicht resorbierbar) verschlossen.Die Patientin verfügte über eine eingeschränkte Mundöffnung mit einer Schneidekantendistanz von nur 32 mm, was das chirurgische Vorgehen komplizierte. Das mit zahlreichen Instrumenten versehene Chirurgie- und Prothetikset des ASTRA TECH Implantatsystsms von DENT-SPLY Implants bietet jedoch auch für solche Fälle eine Reihe von Optionen, die eine erfolgreiche Beherrschung der Situation ermöglichen. Implantatprothetik Auf die Implantate wurden Direct Abutments aufgeschraubt und der Schraubenkanal anschließend mit Cavit abgedeckt (Abb. 9 und 10). Im Anschluss erfolgte eine Röntgenkontrolle (Abb. 11). Das ausgewählte Abutment-System war für die individuelle Situation der Patientin gut geeignet, da der Kieferbereich schräg atrophiert war. Die OK-Direct Abutments wurden extraoral vestibulär beschliffen, um später bei der Zahnersatzherstellung eine ästhetisch gleichmäßige vestibuläre Kronenform gewährleisten zu können. Abb. 11: Kontrollaufnahme (OPG) mit sechs Direct Abutments. Abb. 12: Fertige Suprakonstruktionen 15 und 16. 296 Die definitive prothetische Versorgung erfolgte mit VMK-Einzelkronen im Ober- und Unterkiefer. Die Kronen wurden nach einer sechswöchigen Probetragezeit fest zementiert (Abb. 12). Die Probetragezeit wurde aufgrund der parodontologischen Vorgeschichte und der bilateralen Freiendsituation gewählt, um im Falle von Beschwerden die Einzelkronen leichter abnehmen zu können. Das ästhetische und funktionelle Ergebnis war ausgesprochen gut und die Patientin mit ihrer neuen Versorgung hoch zufrieden. Die Einheilzeit der Implantate von 6 Monaten erfolgte gingivagedeckt und ohne Interimsersatz, da die Patientin herausnehmbaren Ersatz grundsätzlich nicht toleriert. Weiterhin lehnte sie nach Aufklärung eine Belastung der Implantate während der Einheilzeit ab, da sie nicht gewillt war, Risiken einzugehen. DENT IMPLANTOL 17, 4, 294 - 297 (2013) Abb. 13: Fertige Suprakonstruktionen regio 36, 37, 46 und 47. Fazit Der beschriebene Fall zeigt, dass bei entsprechender Vorbehandlung und einem geeigneten Implantatsystem auch prognostisch schwierige Fälle zufriedenstellend gelöst werden können. Die Angulation einzelner Implantate im OK-Seitenzahnbereich in Nähe des Sinus maxillaris kann, dies ist die Intention dieses Fallbeispieles, in dafür indizierten Fällen bei ausreichendem Abstand zu den Wurzeln der Nachbarzähne einen externen Sinusbodenlift vermeiden. Dies stellt für den Patienten einen Nutzen dar, indem eine zusätzliche chirurgische Maßnahme und die damit einhergehenden Risiken ausgeschlossen werden. Aus medizinischer Sicht ist es ein Erfolg, wenn im Rahmen der Evidence Based Dentistry (EBD) und Evidence Based Medicine (EBM) Risiken für den Patienten vermieden werden können. Die Technik geneigter Implantate kann dazu beitragen. Literatur auf Anfrage beim Autor Wer Recht behält, ist gut beraten. Unsere Dienstleistungen sind u.a.: · Gestaltung von Kooperationen · Wirtschaftlichkeitsprüfungen · Praxisbewertungen · Honorarverteilung · (Zahn-) Arzthaftpflichtrecht · umfassende Beratung in allen DR. PHILIPP PLUGMANN MSc MBA Ludwig-Erhard-Platz 1 51373 Leverkusen Tel. 0214 / 4 03 95 98 E-Mail: [email protected] (zahn-) ärztlichen Rechtsfragen VERWENDETE MATERIALIEN Implantatsystem OsseoSpeed 4,0 S und OsseoSpeed 3,5 S Implantate (DENTSPLY Implants, Mannheim) Abutments Direct Abutments (DENTSPLY Implants, Mannheim) Berater an Ihrer Seite kwm Münster [email protected] Telefon +49 2 51/5 35 99-0 kwm Berlin [email protected] Telefon +49 30/20 6143-3 kwm Hamburg [email protected] Telefon +49 40/20 94 49-0 DENT IMPLANTOL 17, 4, 294 - 297 (2013) www.kwm-rechtsanwaelte.de