«Versuchen Sie, Ihr Kind zu verstehen!» Isabel Willemse, Medienpsychologin an der ZHAW, hat die Daten der JAMES-Studie 2012 vertieft ausgewertet, um die Rolle von Medien in der Eltern-Kind-Beziehung zu untersuchen. Wir haben mit ihr gesprochen. Interview Michael In Albon Frau Willemse, welche wichtigen Erkenntnisse für Eltern ergab Ihre Sonderauswertung der JAMES-Daten? Zwei Dinge sind wichtig: Eine gute und vertrauensvolle Beziehung hilft Jugend­ lichen, in der Welt der digitalen Medien zurechtzukommen. Und es ist gut, wenn Eltern ihre Kinder mitreden lassen. Inwieweit mitreden? Kinder brauchen klare Regeln. Wichtig ist dabei, dass sie mitbestimmen können. Etwa wenn es darum geht, wie lange sie ein Spiel spielen oder einen Film schauen dürfen. Wenn Eltern ihren Kindern ver­ mitteln, sie dürfen mitreden, sind diese auch eher bereit, Regeln einzuhalten. Das ist für viele Eltern eine Heraus­ forderung. Absolut. Vor allem bei mehreren Kindern in unterschiedlichem Alter. Gerade hier ist Transparenz aber entscheidend, denn jüngere Geschwister lernen so: Wenn ich älter bin, darf ich auch mehr. Was ist denn eine gute Eltern-KindBeziehung? Eine Beziehung, in der eine Bindung be­ steht; in der ein liebevoller Umgang Die Medienpsychologin Isabel Willemse ist wissenschaftliche Mitarbeiterin mit Forschungsschwerpunkt Medien­ psychologie an der ZHAW. Sie hat zusammen mit Gregor Waller die Sekundäranalyse der JAMES-Studie durchgeführt. Fritz+Fränzi, # 3 im April 2014 herrscht und offen kommuniziert wird. Und eine Beziehung, in der Kinder alters­ entsprechende Freiheiten ausleben dür­ fen. Dann spüren sie: Ich kann meine Eltern alles fragen, sie sind für mich da. Wie bleibt eine Beziehung wohlwollend, wenn Eltern eine aus ihrer Sicht heikle Mediennutzung ansprechen wollen? Wichtig sind Offenheit und echtes Inter­ esse. Nehmen wir das Extrembeispiel Sex­ ting: Ein junges Mädchen schickt ihrem Freund ein Halbnackt-Foto; nach der Trennung schickt dieser das Foto anderen weiter. Wichtig ist in diesem Fall, dass Eltern ihrer Tochter keine Schuld zuwei­ sen, sondern versuchen, sie zu verstehen: Wieso hattest du das Gefühl, du müsstest das tun? Gab es bei der Datenauswertung auch überraschende Ergebnisse? Ja, ein Zusammenhang hat mich über­ rascht: Jugendliche, die häufig und regel­ mässig Abo-Zeitungen lesen, haben eine gute oder eine eher gute Beziehung zu ihren Eltern. Das gemeinsame Interesse scheint verbindend zu wirken. Die JAMES-Studie (Jugend, Aktivitäten, Medien – Erhebung Schweiz) führen die Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften ZHAW und Swisscom alle zwei Jahre durch. www.swisscom.ch/james Der Ratgeber Medien wird präsentiert von Illustration Jürg Lindenberger 32 Ratgeber Medien